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~5. JULI ~93: KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. IO. J A H R G A N G . Nr. 30 1411 und Gewebe fiir die Schwankungen des Augendruckes beim diabetischen Koma und nach demselben maBgebend sind. Auch GRAFE, welcher ein Diabetikermaterial von I2OO eigenen F~tllen fiberblickt, kam zu dem SchluB, daB'die Augendruck- senkung im t™ der renalen W'asserabgabe parallel gehe. Die Steuerung dieser VorgXnge m6chte GRAF~ einer zentralen Regulation zuschreiben. Die retrobulbXre Neuritis bei Diabetes macht nach den Statistiken von SCI- und U~T~O~F iiber 1/4 aller diabetischen Augenerkrankungen aus, wird als prognostisch ungtinstig angesehen und soli sich durch das h~ufige Auf- treten eines Zentralskotoms im Gebiet zwischen Papille nnd Macula haupts~tchlich ffir Blau auszeichnen. Sie wird all- gemein auf die ira Blut kreisenden Toxine zuriickgefiihrt, durch MiBbrauch von Alkohol und Tabak begfinstigt, tritt h~ufiger bei 2vI~nnern und meist jenseits des 5o. Lebensjahres aul. vo~ NOORD~N nimmt an, dag der Sehnerv, durch die diabetischen Stoffwechselschlacken empfindtich gemacht, eher von den ihn auch sonst sch/~digenden EinI1/issen (Alkohol, Nicotin) beeintr~chtigt wird. DemgemXB ist bei der Be- handlung der diabetischen retrobulb~ren Neuritis der Entzug von Alkohol und Nicotin nebst sinngem~Ber DiXt und Insulin- behandlung das Wesentliche. Die Prognose ist um so giinstiger, je die Erkrankung entdeckt wird. Da erfahrungsgemAB einseitige Skotome getegentlich lange Zeit unbemerkt ver- laufen k6nnen, betont LICHWWlTZ die Notwendigkeit einer st~ndigen augen~irztlichen Kontrolle des Diabetikers. v. GRosz berichtet au~ Grund eines j~hrlichen Materials von IOO retro- bulb~ren Neuritiden fiber eine deutliche Abnahme der retro- bulb~ren Neuritiden bei Diabetes seit Einfiihrung des Insulins. Die bei Diabetes h~ufig auftretenden Adaptations- st6rungen erkl~rt sich GRAFE durch chemische VerXnderungen im Pigmentepithel und in den Sinneszellen der Netzhaut. Die nicht seltenen Akkommodationsst6rungen bei Dia- betes hat man teils durch die Schw~che des Ciliarmuskels, teils durch VerXnderungen der Linsensubstanz selbst zu erklXren versucht. Obzwar sie sich unter sachgem~Ber All- gemeinbehandlung rasch zu bessern pflegen, ist gelegentlich die Verordnung von Augengl/~sern frit kurze Frist nicht zu um- gehen, um dem Betroffenen die Arbeitsf~higkeit zu sichern. Augenmuskell~hmungen, wohl meist zentral bedingt, betreffen am h~tufigsten den Abducens, nicht selten den Oculomotorius in seinen verschiedenen Zweigen (RAsvAN sah komplette periodische Oculomolotoriusl~hmung einer schweren diabetischen Neurore• um i i Jahre vorangehen), selten den Trochlearis. Die Bedeutung des Diabetes fiir deren Atiologie wird durch die Tatsache, daB Augenmuskell/ihmun- gen nur bei Diabetes mit Hochdruck vorkommen, einiger- maBen beeintr~chtigt. Mit Recht erinnert ]~LSCHNIG daran, dag Hirnaffektionen (Tumor s. s., Lues, Tbe.) die gemeinsame Ursache eines Diabetes und gleichzeitiger Augenmuskel- st6rungen sein k6nnen. Je nachdem, ob es sich um direkte Kernsch~digung durch Meine Hirnherde oder nur um Fern- wirkung handelt, kann die St6rung eine dauernde oder in kfirzerer Frist vorfibergehende sein. Bei Diabetes auftretende Hemianopsien sind auf Tractus- bzw. Hirnherde zu beziehen, welche weniger dem Diabetes, als vielmehr der begleitenden Hirngef~iBerkrankung zuzuschreiben sind. Bel Diabetes auf- tretende Pupillenst6rungen deuten wohl meist auf Metalues. In den letzten Jahren ist mehrfach auf die sympathico- tonische t des Diabetikers hingewiesen worden, welche durch die leichte und langdauernde Mydriase auf geringe Adrenalininstillation charakterisiert ist. Dag nach Insulin gelegentlich Atropin wirkungslos wird, ist schon oben erw~ihnt worden und wird von Poos durch eine Steigerung des Sphinctertonus untel" Insulin erkl/~rt. Der VollstXndigkeit halber sei kurz der bei Diabetes nicht seltenen eitrigen Affek• im t3ereiche der Augenlider (Hordeola, Lidabscesse) gedacht und beil~iufig erw,ihnt, daB manche Autoren iiber charakteristische Bindehautkatarrhe bei Diabetes berichten (fadenziehendes Sekret, chronischer Ver- lauf), daB Bindehautblutungen bei Diabetes mehr den Gef” ver~nderungen als dem Diabetes selbst zuzuschreiben sind und daB man, sicherlich mit Unrecht, gewisse t™ ~tiologisch auf den Diabetes zurfickfiihren wollte. ~berblicken wir das ganze hier behandelte Gebiet, so erhellt mit gr6Bter Eindringlichkeit die Bedeutung der von der Prager Schule seit Jahrzehnten immer wieder unter- strichenen Notwendigkeit der innigen Zusammenarbeit des Augenarztes mit den fibrigen Disziplinen, hier im besonderen mit dem Chemiker, Physiologen und dem Internisten. 6FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. I~ROHGEBURT UND FRUHSTERBLICHKEIT*. Von Prof. Dr. ED. MARTIN. Aus der Rhein. Prov. Hebammenlehranstalt und Frauenklinik, Elberfeld. In der Literatur mehren sich an den verschiedenen Stellen Arbeiten, welche sich mit dem Gebiet ,,Friihgeburt und Frfih- sterblichkeit" befassen. Insonderheit handelt es sich um die Frfihsterblichkeit der vorzeitig geborenen t™ Wie bei allen auftauchenden Problemen zeigen die bis- herigen Ver6ffentlichungen, dal3 anerkannte Richtlinien fehlen. Das ist eine sich regelm~tl3ig wiederholende l?;rschei- nung. Ich erinnere nur an die ]3ek~mpfung des Geb~rmutter- krebses. Auch trier hat es einige Zeit gedauert, ehe die Zu- sammenstellungen auf einem gemeinsam anerkannten Unter- bau aufgerichtet wurden. Dann erst waren Vergleiche m6g- lich. Dann erst wurde die aufgewandte Miihe fruchtbar. Eine Einigung ist auf dem Gebiete der ,,Friihgeburt und Frfihsterblichkeit" um so mehr erforderlich, Ms hier ver- schiedene Arbeitszweige eingreifen. Es bedarI der einmiitigen Zusammenarheit des Geburtshelfers, des Kinder- wie des Ftirsorgearztes nnd mancher anderer Berufskre[se. Sie aile miissen sich bel der Erforschung dieser Aufgaben einheitlich anerkannter Unterlagen bedienen. * Nach einem Referat, gehalten in einer gemeinsamen Sitzung der ,;Niederrhehfiseh- Westf~tlisehen Gesellschaft der Kinder~irzte" tmd der ,,Niederrheinisch-Westf~lisehen Gesellschaft ftir Geburtshilfe und Gynfikologie". 5Iir erscheint vor allen Dingen notwendig, die Begriffe ,,Frtihgeburt" und ,,Frtihsterblichkeit" scharI zu kenn- zeichnen. Was heiBt ,,Fr ? Wie soll die Tatsache, daB ein Kind als Friihgeburt anzu- sehen ist, festgestellt werden? t3ei den ganz kleinen Kindern ist es nicht schwierig. Wie steht es aber mit den Neugeborenen von etwa 2ooo--25oo g ? Sie werden jetzt allgemein unter die Friihgeburten einge- rechnet. Untersucht man aber diese Kinder genau auf die Zeichen der Reife, so findet man relativ h~uIig , daB z. t3. die Fingern~gel fast fiberragen oder die Nasen- und Ohrenknorpel ann~ihernd entwickelt sind. Der gefiihlsgem~iBen Entschei- dung ist ein wissenschaftlich unzul~ssiger Spielra¨ ge- lassen. Hier ist zun~chst eine Einignng notwendig, wenn die L6sung der mannigfaltigen Fragen von verschiedenen Seiten aus angegriffen werden soll und muB. Will man allein das Gewicht nehmen, so fallen alle Be- obachtungen, welche sieh auf nicht klinisches Material stfitzen, von vornherein nus. Wissenschaftlich kommen die Gewichts- angaben, welche nicht durch die Spezialwaagen gewonnen worden sind, nicht in Betracht. Derartige Waagen sind aber auBerhalb der t™ nur ausnahmsweise vorhanden. Das L~ingenmafl allein kann auch nicht genfigen. Nament- lich ffir die Grenzf~lle zwischen den einzelnen EntwicMungs- stufen ist das Messen wissenschaftlich zu ungenau. Die mit

FrÜhgeburt und FrÜhsterblichkeit

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~5. J U L I ~93: K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . IO. J A H R G A N G . Nr. 30 1411

und Gewebe fiir die Schwankungen des Augendruckes beim diabetischen Koma und nach demselben maBgebend sind. Auch GRAFE, welcher ein Diabetikermaterial von I2OO eigenen F~tllen fiberblickt, kam zu dem SchluB, daB'die Augendruck- senkung im t™ der renalen W'asserabgabe parallel gehe. Die Steuerung dieser VorgXnge m6chte GRAF~ einer zentralen Regulation zuschreiben.

Die retrobulbXre Neuritis bei Diabetes macht nach den Statist iken von SCI-�9 und U~T~O~F iiber 1/4 aller diabetischen Augenerkrankungen aus, wird als prognostisch ungtinstig angesehen und soli sich durch das h~ufige Auf- treten eines Zentralskotoms im Gebiet zwischen Papille nnd Macula haupts~tchlich ffir Blau auszeichnen. Sie wird all- gemein auf die ira Blut kreisenden Toxine zuriickgefiihrt, durch MiBbrauch von Alkohol und Tabak begfinstigt, t r i t t h~ufiger bei 2vI~nnern und meist jenseits des 5o. Lebensjahres aul.

vo~ NOORD~N n immt an, dag der Sehnerv, durch die diabetischen Stoffwechselschlacken empfindtich gemacht, eher von den ihn auch sonst sch/~digenden EinI1/issen (Alkohol, Nicotin) beeintr~chtigt wird. DemgemXB ist bei der Be- handlung der diabetischen retrobulb~ren Neuritis der Entzug von Alkohol und Nicotin nebst sinngem~Ber DiXt und Insulin- behandlung das Wesentliche. Die Prognose ist um so giinstiger, je �9 die Erkrankung entdeckt wird. Da erfahrungsgemAB einseitige Skotome getegentlich lange Zeit unbemerkt ver- laufen k6nnen, betont LICHWWlTZ die Notwendigkeit einer st~ndigen augen~irztlichen Kontrolle des Diabetikers. v. GRosz berichtet au~ Grund eines j~hrlichen Materials von IOO retro- bulb~ren Neuritiden fiber eine deutliche Abnahme der retro- bulb~ren Neuritiden bei Diabetes seit Einfiihrung des Insulins.

Die bei Diabetes h~ufig auftretenden Adaptations- st6rungen erkl~rt sich GRAFE durch chemische VerXnderungen im Pigmentepithel und in den Sinneszellen der Netzhaut.

Die nicht seltenen Akkommodationsst6rungen bei Dia- betes hat man teils durch d i e Schw~che des Ciliarmuskels, teils durch VerXnderungen der Linsensubstanz selbst zu erklXren versucht. Obzwar sie sich unter sachgem~Ber All- gemeinbehandlung rasch zu bessern pflegen, ist gelegentlich die Verordnung von Augengl/~sern frit kurze Frist nicht zu um- gehen, um dem Betroffenen die Arbeitsf~higkeit zu sichern.

Augenmuskell~hmungen, wohl meist zentral bedingt, betreffen am h~tufigsten den Abducens, nicht selten den Oculomotorius in seinen verschiedenen Zweigen (RAsvAN sah komplette periodische Oculomolotoriusl~hmung einer schweren diabetischen Neurore• um i i Jahre vorangehen), selten den Trochlearis. Die Bedeutung des Diabetes fiir deren Atiologie wird durch die Tatsache, daB Augenmuskell/ihmun- gen nur bei Diabetes mit Hochdruck vorkommen, einiger- maBen beeintr~chtigt. Mit Recht erinnert ]~LSCHNIG daran,

d a g Hirnaffektionen (Tumor s. s., Lues, Tbe.) die gemeinsame Ursache eines Diabetes und gleichzeitiger Augenmuskel- st6rungen sein k6nnen. Je nachdem, ob es sich um direkte Kernsch~digung durch Meine Hirnherde oder nur um Fern- wirkung handelt, kann die St6rung eine dauernde oder in kfirzerer Frist vorfibergehende sein. Bei Diabetes auftretende Hemianopsien sind auf Tractus- bzw. Hirnherde zu beziehen, welche weniger dem Diabetes, als vielmehr der begleitenden Hirngef~iBerkrankung zuzuschreiben sind. Bel Diabetes auf- tretende Pupillenst6rungen deuten wohl meist auf Metalues.

In den letzten Jahren ist mehrfach auf die sympathico- tonische t �9 des Diabetikers hingewiesen worden, welche durch die leichte und langdauernde Mydriase auf geringe Adrenalininstillation charakterisiert ist.

Dag nach Insul in gelegentlich Atropin wirkungslos wird, ist schon oben erw~ihnt worden und wird von Poos durch eine Steigerung des Sphinctertonus untel" Insul in erkl/~rt.

Der VollstXndigkeit halber sei kurz der bei Diabetes nicht seltenen eitrigen Affek• im t3ereiche der Augenlider (Hordeola, Lidabscesse) gedacht und beil~iufig erw,ihnt, daB manche Autoren iiber charakteristische Bindehautkatarrhe bei Diabetes berichten (fadenziehendes Sekret, chronischer Ver- lauf), daB Bindehautblutungen bei Diabetes mehr den Gef” ver~nderungen als dem Diabetes selbst zuzuschreiben sind und daB man, sicherlich mit Unrecht, gewisse t™ ~tiologisch auf den Diabetes zurfickfiihren wollte.

~berblicken wir das ganze hier behandelte Gebiet, so erhellt mit gr6Bter Eindringlichkeit die Bedeutung der von der Prager Schule seit Jahrzehnten immer wieder unter- strichenen Notwendigkeit der innigen Zusammenarbeit des Augenarztes mit den fibrigen Disziplinen, hier im besonderen mit dem Chemiker, Physiologen und dem Internisten.

6FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. I~ROHGEBURT UND FRUHSTERBLICHKEIT*.

V o n

Prof. Dr. ED. MARTIN. Aus der Rhein. Prov. Hebammenlehranstal t und Frauenklinik, Elberfeld.

In der Literatur mehren sich an den verschiedenen Stellen Arbeiten, welche sich mit dem Gebiet , ,Friihgeburt und Frfih- sterblichkeit" befassen. Insonderheit handelt es sich um die Frfihsterblichkeit der vorzeitig geborenen t™

Wie bei allen auftauchenden Problemen zeigen die bis- herigen Ver6ffentlichungen, dal3 anerkannte Richtlinien fehlen. Das ist eine sich regelm~tl3ig wiederholende l?;rschei- nung. Ich erinnere nur an die ]3ek~mpfung des Geb~rmutter- krebses. Auch trier hat es einige Zeit gedauert, ehe die Zu- sammenstellungen auf einem gemeinsam anerkannten Unter- bau aufgerichtet wurden. Dann erst waren Vergleiche m6g- lich. Dann erst wurde die aufgewandte Miihe fruchtbar.

Eine Einigung ist auf dem Gebiete der ,,Friihgeburt und Frfihsterblichkeit" um so mehr erforderlich, Ms hier ver- schiedene Arbeitszweige eingreifen. Es bedarI der einmiitigen Zusammenarheit des Geburtshelfers, des Kinder- wie des Ftirsorgearztes nnd mancher anderer Berufskre[se. Sie aile miissen sich bel der Erforschung dieser Aufgaben einheitlich anerkannter Unterlagen bedienen. * Nach einem Referat, gehalten in einer gemeinsamen Sitzung der ,;Niederrhehfiseh- Westf~tlisehen Gesellschaft der Kinder~irzte" tmd der ,,Niederrheinisch-Westf~lisehen Gesellschaft ftir Geburtshilfe und Gynfikologie".

5Iir erscheint vor allen Dingen notwendig, die Begriffe ,,Frtihgeburt" und ,,Frtihsterblichkeit" scharI zu kenn- zeichnen.

Was heiBt ,,Fr�9 ? Wie soll die Tatsache, daB ein Kind als Friihgeburt anzu-

sehen ist, festgestellt werden? t3ei den ganz kleinen Kindern ist es nicht schwierig. Wie

steht es aber mit den Neugeborenen von etwa 2ooo--25oo g ? Sie werden jetzt allgemein unter die Friihgeburten einge- rechnet. Untersucht ma n aber diese Kinder genau auf die Zeichen der Reife, so findet man relativ h~uIig , daB z. t3. die Fingern~gel fast fiberragen oder die Nasen- und Ohrenknorpel ann~ihernd entwickelt sind. Der gefiihlsgem~iBen Entschei- dung ist ein wissenschaftlich unzul~ssiger Spielra¨ ge- lassen.

Hier ist zun~chst eine Einignng notwendig, wenn die L6sung der mannigfaltigen Fragen von verschiedenen Seiten aus angegriffen werden soll und muB.

Will man allein das Gewicht nehmen, so fallen alle Be- obachtungen, welche sieh auf nicht klinisches Material stfitzen, von vornherein nus. Wissenschaftlich kommen die Gewichts- angaben, welche nicht durch die Spezialwaagen gewonnen worden sind, nicht in Betracht. Derartige Waagen sind aber auBerhalb der t™ nur ausnahmsweise vorhanden.

Das L~ingenmafl allein kann auch nicht genfigen. Nament- lich ffir die Grenzf~lle zwischen d e n einzelnen EntwicMungs- stufen ist das Messen wissenschaftlich zu ungenau. Die mit

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d e m e in fachen Zen t ime te rma l3 g e f u n d e n e n W e r t e s ind n i c h t genau genug. A u c h h ie r fehlen in der P rax i s die I n s t r u m e n t e der Bllinik.

Viel zu wenig wird an die d u r c h a u s un t e r sch i ed l i che Ent- wieklung der t™ gedacht . E i n m a l w achs en die F r t i c h t e in den v e r s c h i e d e n e n Ze i ten der S c h w a n g e r s c h a ‡ ung le ich ; s o d a n n spie len die Erb]alctoren von V a t e r u n d 3/iutter in bezug auf Gewich t u n d L~nge n o c h eine aus sch l aggebende Rolle.

N a c h be iden R i c h t u n g e n geben die n a c h f o l g e n d e n Blurven vert ZANG~~~ISTER (aus Z. G e b u r t s h . 69, 13o n n d 13 I) ein k lares Bild.

W i r sehen, daB bel d e m E r b ~ a k t o r , ,k le in" z. t3. ein re l ies t™ a m E n d e de r I o m o n a t i g e n S c h w a n g e r s c h a f t n u r e twas m e h r als 2ooo g wiegen k a n n . N a c h oben g ib t es k a u m eine Grenze,.

J%hnlich v e r h a l t e n sich die L~ngenmalBe. Mi t 44 cm Lange k S n n e n wir schon ein reifes K i n d h a b e n . Zu b e a c h t e n i s t ™ dag Gewich t u n d Lange ke ineswegs para l le l ve r l an fen . Diese T a t s a c h e n d t i r fen naturgem~lB n i c h t auBer a c h t ge- lassen werden , w e n n wir aus Z u s a m m e n s t e l l u n g e n wissen- scha f t l i ch beg r f inde t e Schlfisse ziehen.

Mi t der B e r e c h n u n g der Schwangerscha#sdauer i s t es a u c h n i c h t ohne wei teres ge tan . Wi r mi issen d a r a n denken , daB

3000 g

2000

1000

Kurve I. Ge8amtgewicht. Kurve 2. Liinge.

die der a l lgemeinen B e r e c h n u n g z u g r u n d e gelegte Zei t von 28o Tagen s icher fa l sch ist. Wi r h a l t e n a n ih r n u r lest , weil wir n o c h n i c h t s Besseres h a b e n .

E ine F r u c h t k a n n e r s t e n t s t e h e n , w e n n eine Eizelle vor- h a n d e n ist . Die Eizelle re i f t zwischen d e m i2. bis 14. Tage n a c h d e m I. Tage der v o r a u s g e g a n g e n e n Regel. Es k a n n s o m i t von d iesem T e r m i n e a n eine B e f r u c h t u n g erfolgen. Die Eizel le s t i r b t bei phys io log i schem V o r g a n g m i t d e m Ein - se tzen der n ~ c h s t e n Regel. Wi r h a b e n also e inen we i t e r en S p i e l r a u m v o n 14 Tagen , d e m n a c h m i t e iner Schwange r - s c h a f t s d a u e r von 266 - -252 T a g e n zu r echnen . W a n n abe r KopI des S a m e n f a d e n s u n d Eizet le z u s a m m e n t r e f f e n , en t - z ieh t s ich unse re r Blenntn is u n d der E m p f i n d u n g de r F rau .

I) iese k u r z e n A n g a b e n zeigen, wie uns i che r die ]Berech- n u n g der S c h w a n g e r s c h a f t s d a u e r ist, wie wenig wir a u c h wieder besonde r s in den Grenz i~ l len m i t dieser B e r e c h n u n g a n f a n g e n k6nnen .

]?;inen zweiIellos gewichf igen AnfschluB geben die Zeichen der Tlei]e.

Will m a n in der vo r l i egenden F rage die Ze ichen der Reife ber f icks icht igen , se k o m m t m a n frei l ich n u r zu t E n t s c h e i d u n g : F r f i h g e b u r t oder re l ies Kind . U b e r r a g e n die N~gel die F inge r - sp i tzen , s ind die K n o r p e l von O hr u n d Nase e n t w i c k e l t oder n i ch t . E ine a u c h n u r a n n ~ h e r n d e Beur t e i l ung , aus welcher Ze i t der S c h w a n g e r s c h a f t das t™ s t a m m t , i s t n i c h t m6gl ich . A u B e r d e m h a b e n wir a n die o i t a u c h fiir den Gef ib ten n i c h t ganz le ich te E n t s c h e i d u n g , ob die Ze ichen v o r h a n d e n s ind oder n ich t , zu denken .

Das Gedeihen der F r i i h g e b u r t i s t n e b e n Gewicht , LS.nge u n d Ze ichen der Rel ie ffir den sorgf~l t igen u n d s a c h k u n d i g e n B e o b a c h t e r der be s t e MaBs tab , ein Ur te i l zu f~tllen, ob das vorze i t ig geborene K i n d e inem f r i iheren oder sp~te ren t(eife- z u s t a n d e n t s t a m m t . Diese E n t s c h e i d u n g k a n n n i e h t i ra vor- aus bei der G e b u r t oder i m Ver laufe de r e r s t en Tage ge- t rof fen , n o c h ffir wissenschaf t l i che Z u s a m m e n s t e l l u n g e n zahlen- m~Big e ingek le ide t weoEden. W i r s ind somi t gezwungen , diese b e d e u t u n g s v o l l s t e n Merkma le unbe r f i cks i ch t ig t zu lassen.

R I F T . Io. J A H R G A N G . N r . 3 ~ 25. JULI ~03~

Im Anschlul3 rn6gen zwei kennzeichnende Beispiele dafflr gegeben werden, daB die Gewichts- wie ZahlenmaBe nur bedingt zu verwerten sind: Ein Knabe wurde mit 2o6o g und 44 cm geborem Demnach h~tte das Kind einer Schwangerschaftsdauer von un~ gef~hr 9 5ionaten en ts tammen mtissen. Die genaueste IBerechnung nach den zuverlXssigen Angaben der Mutter lielB aber schlieBen, dag das Kind tatsXchlich 2 l~Ionate zu frflh geboren war. Die Schwierigkeit bel der Aufzucht entsprach der Berechnung. Das t™ ha t te einen auBergew6hnlich grogen Vater. Es handelte sich nach allem um ein mit dem Erbfaktor ,,grol3" behaftetes aber gewilB etwa 2 Monate zu Irfih geborenes I™

I n e inem a n d e r e n Fal le h a t t e ein t™ m i t 2o8o g u n d 48 cm G e b u r t s g e w i c h t u n d - lange die Ze ichen de r Reife f a s t v611ig en twicke l t . Die N~gel f ibe r r ag ten a n e inze lnen F i n g e r n deu t l i ch die t™ Bel E i n s c h ~ t z u n g der r e c h t genauen A n g a b e n wa r es v ie l le ich t 8 - - i 4 Tage zu frfih geboren .

Wie ans den K u r v e n von ZANGEM]~ISTER h e r v o r g e h t , k 6 n n e n de ra r t i ge Blinder, wofern sie d e m E r b f a k t o r , , k l e in" e r h a l t e n h a b e n , ans wei t v o r g e s c h r i t t e n e r S c h w a n g e r s c h a f t s t a m m e n . Sie gede ihen d a n n a u c h u n t e r den e i n f a c h s t e n MSgl ichke i ten ohne Schwier igke i ten .

N a c h a l l em g ib t es ffir das Minische Ma te r i a l zu t Zei t k a u m ein ande res Mi t t e l als Gewich t u n d L~nge, u m n a m e n t - l ich in der wi s senscha f t l i chen F o r s c h u n g u n d zah lengem~Ben E i n r e i h u n g eine K e n n z e i c h n u n g zu t re i fen . W i r mfissen uns abe r fiber den W e r t dieser Zah len k la r sein u n d ve r a l len Dingen eine a n e r k a n n t e E i n i g u n g fiber die Begr i f f sbes t im- m u n g zu erzie len ve r suchen .

AuBer den b i she r e r 6 r t e r t e n re in wi s senscha f t l i chen Er - w~gungen h a b e n wir n o c h re in prakti*che zu ber f icks ich t igen , w e n n wir au f das n i c h t k l in ische Mate r i a l zur t ickgre i fen wollen, Gewoll te u n d ungewol l t e Feh le r sch le ichen sich h ie r ein u n d k 6 n n e n eine bedenk l i che Rel ie spielen. Sie sind, wie ich sp~te r ausf f ihren werde, se mann ig fa l t i g , dalB diese Zah len das e igent - l iche Bi ld u n t e r Mien U m s t ~ n d e n versch le ie rn . Z u n ~ c h s t k o m m t es d a r a u f an, die R e s u l t a t e nus den v e r s c h i e d e n e n Berufsgeb ie ten , welche z u s a m m e n g e f a B t werden mtissen, in i h r en U n t e r l a g e n se e inhe i t l i ch zu ges ta l ten , dal3 eine wissen- schaf t l i che A u s w e r t u n g m6gl ich ist. D a k a n n es n i c h t aus- b le iben, dag m a n c h e fleiBige Arbe i t , welche sich auf e in n i c h t - Minisches Mate r i a l s t t i tz t , frit den Augenb l i ck beise i te gelegt werden mulB.

Ganz a l lgemein i s t n o c h die F rage zu b e a n t w o r t e n : Bel welchem Gewieht soll ange]angen werden? A u c h h ie r b e s t e h t zur Zei t n o c h ke ine E in igke i t . U n t e r s c h i e d l i c h werclen a u c h die in den ersten 2g Stunden gestorbenen Kinder b e h a n d e l t .

Werden die I™ unter iooo g Geburtsgewicht und die in den ersten 24 Stunden gestorbenen nicht mit aufgefflhrt, se Iallen die Resultate naturgemfLIB gfinstiger aus, als wenn beide Gruppen einbezogen werden. Wie man sich einig~;, ist schliel31ich belanglos, man mus sich nur einigen. Meines Erachtens sind alle I™ welche noch etwa x Stunde nach der Geburt gelebt haben, auch die unter iooo g Geburtsgœ177 zu bert~cksichdgen.

Sollen die klinischen Ergebnisse auf die nicht klinischen Ver- h~ltnisse ausgewertet werden, se sind gerade die ersten 24 Stunden von Bedeutung. Hier heiBt es den Geburtshelfern, den Hebammen und wer auch immer zu den Frt ihgeburten hinzugezogen wird, An- weisungen fiber Ern~hrung, WXrmehaltung usw. zu geben, welche auf Grund klinischer Erfahrungen das Uberleben nicht nur des ersten Tages erleichtern, sondern auch z. tB. die durch Abkfihlung und nachfolgende ErkXltung verursachten TodesfXlle vermindern lassen. Da dfirfen aber die eigenen klinischen Resultate bezfiglich des ersten Tages n icht verheimlicht werden.

AuBerordentlich wichtig ist es ferner in den Zusammenstellungen zu berfieksichtigen, ob die Frflhgeburten mit oder ohne Kunsthil/e geboren sind, d. h. ob es sich um eine spontane oder operative Geburt gehandel t hat .

Ich werde spXter an meinem eigenen NIaterial zeigen, daB die Mortalit~t der spontan geborenen Frt~hgeburten 21,4% und der durch I™ geborenen 46,1% betr~gt.

Diese A n g a b e n lassen sich gewil3 ohne wei teres in a l len F/t l len a u c h n a c h t r ~ g l i c h n o c h bei den A u f n a h m e n in den S~ugl ingsk l in iken u n d H e i m e n e rheben . I n al len e insch la - gigen A r b e i t e n wi rd der E inf luB des sog. G e b u r t s t r a u m a her- vo rgehoben . E ine T r e n n u n g in , , spon t an oder d u r c h K u n s t h i l f e g e b o r e n " er fo lg t abe r n ich t . Die Lehren , welche wir G e b u r t s - he l fe r fiir das p r a k t i s c h e Geschehen gerade aus d iesem Ver-

25. JULI 1931 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

gleich z iehen k 6 n n e n u n d mtissen, s ind v o n au l3erorden t l i cher B e d e u t u n g . S ind d a h e r diese w i c h t i g e n A n g a b e n in den bis- he r igen A r b e i t e n n i c h t v o r h a n d e n , k S n n e n ste a u c h naeh t rXg- l ich n i c h t e ingef i ig t werden , so mt issen diese A r b e i t e n ftir die wis senschaf t l i che A u s w e r t u n g ausfa l len .

Eine derartige Feststel lung ist z. ]3. besonders bedeutungsvoll, wenn wir Znsammenstel lungen �9 das Ergehen der Frfihgeborenen ans den letzten Jahren mit dene�9 friiherer Jahre, so derVorkriegSj ahre, vergleichen. Es ist verschiedentlich ffir die letzten Jahre eine h6here Sterblichkeit errechnet and daraus mancherlei SchlnBIolgerung, auch z. t3. auI die Tgtigkeit der Hebammen, gezogen worden. Es sind Trugschlflsse, weil die Art der Geburt, , ,spontane oder I™ hilIe", n icht bert icksichtigt worden ist. Durch die Feststel lung der Krankenkassen, diese sind einwa�9 ha t sich ergeben, dafi die Zahl der operativen Entb indungen von etwa 6% in der Vorkriegs~ zeit auI r and 66 % in den Ietzte�9 }ahren gestiegen ist. Mag gewiB nur eine geringe Zahl von Frt ihgebnrten hier betroffen werden, bei einer mal3geblichen Untersuchung, welche ein Steigen der Zahl der Frf ihgebnrten ergeben hat , darf diese Vermehrung der ,,Arzt- gebur ten" der , ,operativen Eingriffe" nicht au/3er acht gelassen werden.

I n e iner b e s t i m m t e n Zah l v o n F�9 wi rd die o p e r a t i v e B e e n d i g u n g de r G ebu r t , a u c h der F r i i h g e b u r t oder die d u r c h O p e r a t i o n zu u n t e r b r e c h e n d e S c h w a n g e r s c h a f t n i c h t zu be- seif igen sein. I c h werde auf diese m i t R t i cks i ch t au f L e b e n a n d G e s u n d h e i t de r Mi i t t e r n i c h t zu u m g e h e n d e Sch~d igung des K i n d e s n o c h z u r t i c k k o m m e n . H ie r h a n d e l t es s ich zu- n ~ c h s t n n r u m die G e s i c h t s p u n k t e n n d R ich t l i n i en , n a c h welchen die e inschl~gigen A r b e i t e n a n f g e b a u t w e r d e n sollen.

I n f a s t Mien V e r 6 f f e n f l i c h u n g e n w i rd v o n e iner Zunahme der 2'ri2hgeburten gesprochen . I n e in igen wi rd I re i l ich a n c h e r w g h n t , dal3 e ine U r s a c h e fiir diese E r s c h e i n u n g n i c h t ge- f u n d e n w e r d e n k o n n t e .

An e in igen S™ wi rd diese Z u n a h m e aus de r v e r m e h r t e n A u f n a h m e in die b e t r e f f e n d e n A n s t a l t e n gefolgert . Das i s t genau so ein TrugschluB, Ms w e n n m a n aus der s t e igenden Zah l der A n s t a l t s g e b u r t e n au f eine Z u n a h m e der G e b u r t e n schl ieBen woll te .

]?;in ]31tek in die Verhg l tn i s se de r P r a x i s draul3en 1~13t jedenfa l l s ifir eine Re ihe v o n F~ l l en das tZ~tsel ohne wei teres 16sen.

Z u n ~ c h s t die Meldung der Hebammen bei 2'r4~hgeburten. Als die H e b a m m e n n o c h e in e in ige rmaBen a n s r e i c h e n d e s E in - k o m m e n h a t t e n , w u r d e die M e l d u n g der I™ welche u m die Grenze de r v o r g e s c h r i e b e n e n 32 c m l ang waren , gewiB in d e m Sinne e twas vors icht{g ausgef i ihr t , Ms m a n c h e s I™ welches e igen t l i ch h ~ t t e geme lde t w e r d e n mtissen, e twas zu k u r z gemessen wurde . Die H e b a m m e n v e r d i e n t e n leidl ich. V o m P n b l i k u m w n r d e in de r B e z a h l u n g dieser Grenzfgl le ke in U n t e r s c h i e d gemach t . D u r c h die F e s t s t e l l u n g e iner F e h l g e b u r t , K i n d u n t e r 32 cm, w u r d e n Meldungen , fo lgende B e e r d i g u n g s k o s t e n u n d m a n c h e s a n d e r e e r spa r t . Die t™ hi l fen w a r e n a u c h n a c h dieser R i c h t u n g n o c h n i c h t so aus- gedehn t .

N a e h E i n f f i h r u n g a n d V e r a l l g e m e i n e r u n g de r t™ l e i s t n n g e n w e r d e n aile G e b u r t e n v o n I™ u n t e r 32 cm als F e h l g e b u r t e n angesehen . D a eine F e h l g e b n r t ein Arz t I a l l ist , w i rd eine H e b a m m e n l e i s t u n g n i c h t a n e r k a n n t u n d n i c h t bezah l t . Die m e n s c h l i c h ohne wei teres zu v e r s t e h e n d e Folge ist , daB de r geldl iche Ausfa l l m6g l i chs t v e r m i e d e n u n d die f r ag l i chen I™ z u n ~ c h s t m e h r Ms 32 cm l a n g s ind.

Die ~rauen erhal ten bei einer Fehlgeburt nur Kranke�9 bel Kindern ihber 32 cm Geburtsl~nge Wochengeld. Sterben die Friih- geburten, so werden jetzt t3eihitfen auch ffir die t3eerdigu�9 gezahlt. Somit erfolgt also bei der Meldung einer Frf ihgeburt unter allen 15mstanden eine geldliche Unterstt i tzung. Bleibt eine Frfih- gebnrt auch nur wenige T a g e am Leben, so erhal ten die Frauen auBerdem noch Stillgeld. Je mehr die Zugeh6rigkeit zu einer Kasse zunimmt, um so zahlreicher werden auch diese l~'~lle sein.

Zweifel los h a b e n a u c h die Standesbeamten ftir diese E in - s t e l l ung ein mensch l i ches Vers tAndnis . F r i i he r e r fo lg te die Me ldung der t™ u n t e r 32 cm, a u c h w e n n ste l e b e n d ge- b o r e n w u r d e n , n i ch t . J e t z t gesch ieh t es. Die Ans l egung der b e t r e f f e n d e n B e s t i m m u n g e n k a n n s t r i t t i g e r sehe inen . J e d e n - f ans wi rd die D u r c h f t i h r u n g ira g e d a c h t e n S inne v e r l a n g t .

RIFT. IO. JAHRGANG. Nr. 3o 1413

Die N e u g e b o r e n e n ge l ten d a n n n a t u r g e m ~ B ohne wei te res Ms F r i i h g e b u r t e n .

Das Publikum i s t n a c h dieser R i c h t u n g genau i m Bilde. W i r d eine F r a u v o n e inem I™ e n t b u n d e n , welehes u m ein weniges n n t e r 32 cm l ang ist, w i rd f a s t regelm~l?ig gebe ten , das t™ doch als F r i i h g e b u r t vo r Mlen D i n g e n de r Kasse gegenfiber zu beze ichnen , d a t a i t die e n t s p r e e h e n d e n ge ld l ichen V e r g t i t n n g e n er �9 Wie l e i ch t w i rd d iesem W u n s c h e Folge geleis tet .

F e r n e r i s t d a r a n zu denken , daB d u r c h die Vermehrung der S~uglingsheime und Kinderl~rankenhi~user, in we lchen Fr f ihgebur~en u n t e r g e b r a c h t w e r d e n k 6 n n e n , ans r e ine r t3e- q u e m l i c h k e i t diese vorze i f ig g e b o r e n e n t™ e iner A n s t a l t i i be rgeben w e r d e n u n d so v e r m e h r t zur I � 9 ge langen . Ganz gewiB h a t h ie r die P r o p a g a n d a ftir die E in l i e f e rung in den n i c h t k l i n i s c h e n Verh~ l tn i s s en schwier iger a n f z u z i e h e n d e n K i n d e r m a n c h e s f rag l iche L e b e n e rha l t en . I n der B e s p r e c h u n g de r ganzen Frage , n a m e n f l i c h w e n n eine s c h e i n b a r e Z u n a h m e der F r i i h g e b u r t e n fes tges te l l t wird , d t i r fen diese T a t s a c h e n abe r n i c h t auBer a c h t gelassen werden . Es k o m m t a u c h h ie r e in T rop fen z u m a n d e r e n .

W e i t e r i s t d a r a n zu e r i nne rn , dag die G e b g r e n d e n in ganz a n d e r e m U m f a n g e Ms fr f iher die geburtshil]lichen Anstalten auf snchen . A u c h auf diese Weise w i rd m a n c h e F r f i h g e b u r t erfaBt, welehe sons t e t w a s zu k u r z b e f u n d e n w o r d e n w~re.

SchlieBlich k a n n es k e i n e m Zweifel un• d a g ver- brecherische Eingri]]e, a r a das P r o d u k t e iner S c h w a n g e r s c h a f t zu bese i t igen , a u c h i m 6. bis 7. M o n a f erfolgen. ] ) e r E i h a u t - s t i eh i s t zu dieser Zei t l e i ch t u n d erfolgreich. Die F r u c h t b l e i b t m i t z ieml icher S i che rhe i t n i c h t a ra Leben .

Abgesehen v o n a l len diesen F~l len , welche die Zah l de r F r f i h g e b u r t e n v ie l le ieh t n u r f ropIenweise v e r m e h r e n , i s t n o c h ' a n eine E r f a h r u n g zu denken , welche wir G e b u r t s h e l f e r j e t z t z u n e h m e n d m a c h e n mfissen. Ste s ind k u r z Ms Spiitkriegs- schi~den zu beze ichnen .

Unzweifelhaft haben die schlechten ErnXhrungsjahre 1916 und 1917 nachhalt ig die weiblichen Jahrg~nge geschi~digt, welche 1916 und 1917 in den haupts~chlichen Entwicklungsjahren standen. Als solche sind die ] ah re 6- -8 und 12--14 anzusehen. St6rungen in der Entwicklung k6nnen nachgewiesenermaBen n icht wieder aus- geglichen werden. In ganz anderem Umfange als frfiher t re ten bei diesen Jahrg~ngen in der Schwangerschaft Erkrankungen ira Kreis- lauf- wie Stofiwechselsystem auf. Ungleich geringere Blutungen erzeugen r ie l h~ufiger ernste Erscheinungen. Es kann kei�9 Zweifel unterliegen, dag wie andere Organe auch die Geb~rmut ter in bezug auf die Austragnng einer Fruch t eine vermi�9 Leistungs- f~higkeit als Nachkriegsschaden aufzuweisen bat . Wenn wir auch noch nicht so weit sind, hier mit zahlenm~13igen Unter lagen Beweise ffihren zu k6nnen, so mfissen diese unsere ErIahrungen doch unter allen UmstXnden bert~cksichtigt werden. Geschieht es nicht , so sind Trugschliisse unvermeidliche Folgen.

Als besonders zutreffendes Beispiel kann die Zusammenstellu�9 von TELEKY in ,,Arbeit and Gesundhei t" H. 14 gelten. T. h a t den ,,EinfluB der Fabrikarbei t auf Schwangerschaft, Geburt und Kinderaufzucht" untersucht . Auf S. lO3, Abs. 2 kommt er zu- Iolgendem Schlul3: ,,Unter der Fabr ikarbei t der Frauen w~hrend der letzten Schwangersehaftswochen leidet die Entwicklung des I™ Die Zahl der Totgeburten ist wahrscheinlich grSBer, das Geburtsgewicht der I™ der noch in�9 der letzten Wochen arbei tenden Frauen ist ldei�9 als das der a�9 Frauen ."

Solange in einer derart igen Arbeit das Alter der Frauen and vor allen Dingen die erw~hnte Tatsache, daB die bezeichneten Jahr- goEnge SpXtsch~digungeu aufweisen, n icht ber~icksichtigt wird, muB das Resul ta t in der Lui t schweben. Man kann ohne weiteres a�9 �9 daB von den Fabr ikarbei ter innen die verhei ra te ten Franen noch in ~Iteren Jahren Kinder geb~ren nnd so nicht zu den be- zeichnete�9 Jahrg~.ngen geh6ren, w~hrend die nnverhe i ra te ten . Mfitter weitgehend zu den Geseh~digten zu rechnen sind. In welehem UmIange diese U�9 zutreffen, ist na tur - gem~tG ohne eingehende Bearbei tung nicht zu entscheiden. DaB ste aber das Resul ta t beeinIlussen, ist �9 der allgemeinen Er- f ah rung unzweiIelha�9

Ebenso gewiB ist, daB nicht aile von TELEKY erhal tenen Frage- bogen sachgem~tB ausgeIfillt worden sind. Die in der Arbeit wieder- gegebenen Fragebogen waren auch mir unmi t t e lba r zugesandt worde�9 Pers•nlich habe ich dringend geraten, von diesen r ie l zu ausftihrlichen Fragebogen Abstand zu nehmen. Wie ich mieh in meiner Ansta l t selbst iiberzeugt habe, bedeute t es eine rein zeit

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liche UiimSglichkeit, selbst in einem Betriebe, welcher weitgehend auf Forschung eingestellt ist, diese Fragebogen in auch IInr IIenliens- werter Zahl alisfiillen zu lassen. Zu eiliem Bogen verbraucht man gui 3/4 Stunde�9 Die Aiiffassung, dal3 diese Bogen in dem bezeich- netœ Umfange drauBen ordnungsgem~13 alisgefflllt worden sind, bedeutet eine vollkommene Verkennling der Tatsachen. Es er- t~brigt sich hier auf die verschiedenen Fragen n~her einzugehen; ich verweise auf mein in der Mschr. Geburtsh. 73 ver6ffenflichtes Gut- aehteli.

Der Begriff der ,,2~'r�9 '' u n t e r l i e g t heu re eben- falls e iner durcha•s u n t e r s c h i e d l i c h e n Aui fassung .

Abs i ch t l i ch un t e r l a s se ich es, e inze lne L i t e r a t u r s t e l l e n anzuf i ih ren . Fi i r das E n d r e s u l t a t , w e n n wir die S te rb l i ch- kei tszif fer b e r e c h n e n , b e d e u t e t es von v o r n h e r e i n e inen weit- gehenden Un te r sch i ed , ob wi r die F r i i h s t e r b l i c h k e i t m i t d e m %, 8., io. oder 14. Tage begrenzen . An sich e r s e h e i n t es er- wt inscht , die S p a n n e mSgl ichs t we i t zu n e h m e n . I ch persSn- l ich n n t e r s t r e i c h e auf G r u n d m e i n e r E r f a h r u n g e u die ]3e- o b a c h t u u g v o n LANGSTEIN, dal3 die 3. Lebenswoche eine auBe ro rden t l i ch hohe S te rb l i chke i t sz i f fe r ha t . W a s n i i t z t es schlieBlich i m H i n b l i c k au• die A u f z u c h t s m 6 g l i c h k e i t der F r i i h g e b u r t e n , w e n n wir die IKinder bis zum 7. L e b e n s t a g e als l ebend f t ihreu u n d sie a m 9. ode r IO. Tage oder in der 3. Woche s t e rben .

So b e d e u t u n g s v o l l es a u c h e r sche inen mag, ~iir die Fr t ih - s t e r b l i c h k e i t eine mSgl ichs t l ange Z e i t s p a n n e e inzuse tzen , so s ind doch einige p r a k t i s c h e E r w ~ g u n g e n ara P la t ze .

Werden z. 13. mehr als xo Tage genommen, so wiirdeli fiir die 13earbeitung dieser Frage Mie geblirtshilflichen Anstal ten von vornherein ausschalten, soweit sie sich wenigstens mit der Aufzucht der zu friih Geborenen befassen und sie IIicht ohne weiteres an eine mit ihnen im organischen Zusammenhalig stehende Kilider- klinik abgeben. Ganz allgemein werden die W6chnerinnen am fo. Tage entlassen. Wenn es auch m6glich wXre, eine Reihe der Frtihgeborelien, welche mit deli Miittern entlassen werden muBten, weiter zu verfolgen, so gibt der Wechsel der Lebensbedingungen bel einer wissenschaftlichen Bearbeitung der Frage doch ein uneiliheit- lichez lBild.

]3ei e iner sp~tteren H e r a n z i e h u n g der aufierldinischer~ ]3e- o b a c h t u n g e n wt i rdeu bel F e s t l e g u n g der Grenze i iber den IO. Tag h i n a u s die H e b a m m e n b f i c h e r ausfa l len . H ie r h a b e n wir abe r eine r e c h t e in fach zu e r fo r schende F u n d g r u b e . Der D i e n s t a n w e i s u n g e n t s p r e c h e n d mt issen die H e b a m m e u aile i n n e r h a l b der e r s t en io Tage g e s t o r b e n e n I™ e i n t r a g e n u n d melden .

Ans re in p r a k t i s c h e n E r w ~ g u n g e n h e r a u s beze ichne ich die Grenze m i t d e m IO. Tage a m gee igne t s ten . Dessert ungeach• h a l t e ich d a r a n lest , daB fiir die re in wissenschaf t l i che 13ear- b e i t u n g eine sp~tere besser w~ire. In de r n a c h f o l g e n d e n Zu- s a m m e n s t e l l u n g meines Mate r i a l s h a b e ich nus den erw~ihnten re in p r a k t i s c h e n Gr i i nden den IO. Tag als Grenze der Fr i ih - s t e rb l i chke i t gew~ihlt. Jedenfa l l s i s t es no twend ig , daB h ie r e ine E i n i g u n g erfolgt .

E in b e s o n d e r e r A b s c h n i t t i s t den Todesumaeherb zu widmen . A u c h h ie r i s t n u r das Minische Ma te r i a l zu v e r w e n d e n . Von wissensehaf t l i che r ]3edeu tung k 6 n n e n n u r die ]Fests te l lungen sein, welche au i G r u n d von Sek t ionen ge funden worden sind. Die a l lgemein i ibl iche Todesu r sache , ,LebensschwXche" dt i r f te n n r in den wen igs t en F~l len den T a t s a c h e n e n t s p r e c h e n .

Ich persSnlich bin der Uberzeugung, daB fast alle Fri ihgeburten, welche in den ersten IO Tagen sterben, einer Erk~ltung, einer Ab- kiihlung oder der Gebur~cssch~tdigung erliegen. Ziir Entwicklung einer Lnngenelitziindling z. B. kommt es bel diesen Neugeborenen, auch bel den reiferen Kilidern, gar nicht erst. Sie sterbœ vorher beim ersten Einsetzen der Entztindulig. Nur bel eiliem kleinen Teil ist die Arbeitsleistulig der einzelnen Organe ulid die Ziisammen- arbei t der lebenswichtigeli Organe so ungent~gend, dal3 sie dem unreifen Zustand erliegen. Dal3 die Minderwertigkeit des zu frfih geborenen Organismus und die dadurch bediligte geringe Wider- standskrafL die Erkrankungen leichter entstehen l~13t, ist natlir- gem~B. Das eine h~ngt gewil3 mit dem anderen zusammeli. Finden wir aber krankhaf te VerXnderungen in den Organeli, so haben sie auch als Todesursache zli gelten. Jedenfalls sind diese Feststellungen IIIIr beim klinisehen Material an der Hand von Sektionen m6glich. Hierffir wird die M6glichkeit in der Praxis nur in wenigen Aus- nahmef~llen gegeben sein.

K L I N I S C H E Y V O C H E N S C H R I F T . IO. J A K R G A N G . N r . 3 ~ 2EEs. JULI ~gsx

Dal3 draul3en der Au]zuchtswille nicht in allen F~llen grol3 genug ist, darf auch nicht vergessen werden, wenli wir nichtklinische Zn- sammenstellungen verwerten. Die allgemeine Einstellung des Volkes. geht nun einmal dahin, dal3 ans den kleineli Frfihgeburten doch nicht r iel wird. , ,Warum daher die Mtihe und die Unkosten."

In vielen einschl~gigen Er6rterungeli wird meines Erach tens der Lues eilie unverdient groBe lBedeutung zugemessen. Aus meiliem Material habe ich die in der Tabelle I niedergelegten Zahlen er- rechnet. Sie lassen sich mit der Gesamtzahl in TabeIle 2 nich~ gut vergleichen; die HShe ist zli ~nterschiedlich. Da innerhalb der ersten io Tage die Frage offenbleiben muB, oh diese der ,,Frt~h- sterblichkeit" zlim OpIer gefallenen Kinder luetisch waren oder nicht, so kann man dem Uiiterschied des in Tabelle I mit 37,0% und in der Tabelle 4 mit 16,1% angegebenen Satz keine ]3edelitling beimessen, Die Tabelle I mag ira wesentlichen ein Beitrag fti �8 weitere Zusammenstellungen gleicher Art sein. Es geht ails ihr jedenfalls zahlelim~tl3ig hervor, daB die Fri~hsterblichkei• du �9 die Lues nicht augenfXtlig belastet wird.

Tabelle 1.

Liietische KreiBende . . . . . . . . . . . . . i 157 Lebendgeborene Friihgeburteli (bis 250o g) . . . . ]i 27--17,2% Maceriert Geborene . . . . . . . . . . . . . . . !i i o - - 6,3% Von den Lebendgeborenen innerhalb der ersten i o Tage

gestorben . . . . . . . . . . . . . . . . . . , io--37,o %

Somi t s ind n a c h m e i n e r ~*berzeugung aile Z u s a m m e n - s te l lungen , welche die T o d e s u r s a c h e n ledigl ieh au f der U n t e r - lage de r T o t e n s c h e i n e bea rbe i t en , wert los .

H i e r m i t h a b e ich einige a l lgemeine G e s i c h t s p u n k t e be- sp rochen , welche u n b e d i n g t e iner 1Kl,,trung bedi i r fen. E in ig- ke i t u n d Kla rhe i t , g e m e i n s a m a n e r k a n n t e R ich t l i n i en mi issen ffir aile v o r h a n d e n sein, welche die P r o b l e m e : , ,Friihgeburt" u n d , ,F r i i h s t e rb l i chke i t " b e a r b e i t e n wollen. Nur d a n n w i rd ein zu i r i edens te l l endes R e s u l t a t zu erzie len sein.

I m Ansch luB gebe ich e inen B e r i c h t i iber me in eigene~ Material. I ch h a b e eine F o r m der Z u s a m m e n s t e l l u n g ge- wfihlt, aus welcher h e r a u s alle gewt insch ten F r a g e n zu b e a n t - w o r t e n s ind.

Aus den e inze lnen Tabe l l en k 6 n n e n d a n n wieder gen i igend u m g r e n z t e Zah len h e r a u s g e n o m m e n werden, u m b e s o n d e r e F r a g e n zu b e a n t w o r t e n .

Bel de r A u f z u c h t der F r i i h g e b u r t e n wi rd d e m Zweck der A n s t a l t e n t s p r e c h e n d grunds~ttzl ich Gewich t d a r a u f gelegt , daB die H e b a m m e n s c h i i l e r i n n e n die h ie r gewXhlten Hilfs- m i t t e l ohne wei teres in ih re r sp~iteren ]3erufs t~ t igkei t zu t Ver - I t igung h a b e n . Dasse lbe gi l t fiir die H e b a m m e n der F o r t - b i ldungskurse .

Die in der A n s t M t gebo renen F r f i h g e b u r t e n , b e s o n d e r s die minde rgewich t igen , werden sofor t au f die F r i i h g e b u r t e n - a b t e i I u n g gebrach t . Die )oEiitter en t l e e r en die B r u s t k i ins t l i ch , so daB jedes H e r u m t r a g e n de r K i n d e r v e r m i e d e n wird. I ) i e Zah l de r von d rauBen e inge l ie fe r ten F r i i h g e b u r t e n is t ver - gleichsweise n i c h t grog. D a j edesmal v o r h e r a n g e f r a g t wird~ u n d wir ftir den T r a n s p o r t somi t e n t s p r e c h e n d e Anwei sungen geben k6nnen , so s ind a n c h h ie r die Sch~d igungen bis zu t A u f n a h m e r e l a t i v ger ing.

De ln b i she r a l lgeme!n i ib l ichen Y e r f a h r e n e n t s p r e c h e n d h a b e ich aile K i n d e r bis z u m Gewich t von 25oo g, welche l~nger Ms eine S t u n d e ge leb t h a b e n , in die Z u s a m m e n s t e l l u n g einy gere ih t . Meine oben ge~uBer ten B e d e n k e n werden d a d u r c h n i c h t be r t ih r t . A u c h b in ich der A u f f a s s u n g gelolgt , das Ge- w i c h t als al lein mal3geblich a n z u s e h e n ohne Rt i cks ich t da r au f , ob in den e inze lnen F/i l len dieses oder jenes Zeichen der Re l i e v o r h a n d e n war oder n ich t , ebenfa l l s ohne Ri i cks ich t au I m e i n e oben n i ede rge leg ten Ans i ch t en .

Tabelle 2. Gesamti~bersieht i~ber das .Ergehe~ der trr�9 Gew, bis 2500.

Gesamt- I / geboren Tot geboren ] w~hrend [ vor zahl der [ Friihgeburten / Lebend Gestorben ~ der Geburt gestorben Geburten I

I6147 [ I I 3 9 = 7 % ! 9 5 6 = 8 3 , 9 % ! 1 8 3 = I 6 , X % 1 45 138

Die 2. Tabelle gibt die Gesamtfibersicht iiber die Zahl der Frgh- geburten auch im Prozentsatz zur Gesamtzahl der Geblirten. Mi~;

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den Zusammenstellungen aus anderen Anstalten besteht kein grol]er Unterschied.

Besonders aufgeft~hrt werden die ,,lebend" und ,,tot" geborenen Kinder. Wissenswert ist, ob diese letzteren �87 der Geburt, vor Einlieferung in die Anstalt tot waren oder erst wXhrend der Geburt gestorben sind.

Tabelle 3. Fr�9 (bis zum 10. Tage gestorben). I. Spontane Geburten, davon gestorben. 2. Operative Geburten, davon gestorben.

!

Spontane Gestorben ~ Operative Gestorben Geburten ] Geburten

724 I55 =2x,4% ] 232 xo7=46,1%

Die 3. Tabelle gibt fiir das Ergehen und die Aufzuchtsaussichten einen bedeutungsvollen AufschluB. Sie zeigt, dal] es ein erheblicher Unterschied ist, ob die Geburt mit oder ohne Kunsthilfe vonstatten gegangen ist. Bei den. spontan geborenen Friihgeburten haben wir eine Mortalit~t von 21,4% und bei den anderen mehr als doppelt so riel. Hier haben auch zun~chst die Bemt~hungen einzusetzen, um das Gesamtergebnis zu bessern.

Tabelle 4. Frfthgeburten nach Gewicht eingeteilt.

Lbis IOOO g 15oo g 2000 g 25 ~ g

Am Leben Gestorben geblieben

3 5 ~

147 499

56 = 94,9% 79 = 61,2% 69 = 21,8% 53 = 9,6%

Die 4-Tabelle bringe ich der VollstXndigkeit halber. Die Resultate unterscheiden sich nur wenig von denjenigen anderer Anstalten.

Tabelte 5. Behandlung der Friihgeburten mit ,, Unden".

Ohne Unden I Gestorben I Mit Unden I Gestorben

206 ] 76~36 ,9% I 198 I 40=20 ,2%

Die 5. Tabelle wird weiter unten besprochen. Sie ist hier ein- gereiht, um den Vergleich zu erleichtern.

Der bedeutungsvolle Unterschied zwischen den spontan und den durch KunsthilIe geborenen Friihgeburten veran- laBt einige Betrachtungen.

Zun~chst erscheint es mit durchaus m6glich, diese Feststellung ,,spontan" oder ,,durch Kunsthilfe" auch in den mitarbeitenden t™ zu erheben. Fflr die Geburtshilfe w~re es von Be- deutung, wenn die von mir gefundenen Unterschiede weiter nach- geprt~It wiirden.

Eine augenf~llige Besserung des Gesamtergebnisses muB dem- nach in erster Linie dadurch zu erreichen sein, dal3 die operativen Entbindungen eingeschr~nkt werden.

Eine erste Au]gabe besteht darin, daB mit allen zut Ver- fiigung stehenden Mitteln die t™ und nachfolgende praktische Auswertung durchgefiihrt wird: besonders fiir die Friihgeburten ist mehr noch sis sonst das Abwarten, die epontane Geburt zu erzielen.

In einer weiteren Au]gabe mfissen wir zu vermeiden suchen, dal3 zur Erhal tung von Leben und Gesundheit der Schwange- ren die Unterbrech~g der Sehwangerseha]t erforderlich ist. Wir mtissen erreichen, dal3 die erkrankten Schwangeren so rechtzeitig erfaBt werden, daB ihre Besserung oder Genesung ohne Einleitung der Geburt erfolgen kann. Hier handelt es sich im wesentlichen um Stoffwechselst6rungen, um Erkran- kungen von seiten des Kreislaufsysiemes, der Nieren oder der Atmungsorgane. Die Blutungen in der zweiten HMfte der Schwangerschaft scheiden hier freilich aus, welche Ursache auch immer vorliegen mag. Die Erfahrung bat geIehrt, daB bei Blutungen im Hinblick auf Leben und Gesundheit der 3/Iutter das kindliche Leben nicht geschont werden darf.

Die aufgez~&lten Erkrankungen stellen ein so weites GeNet dar und ~ordern jetzt noch so h~ufig die Unterbrechung der

Schwangerschait, weil die Frauen zu spot in die Behandlung des Arztes gelangen, dag hier allein schon riel erreicht werden kann.

Mit allen zur Verfiigung stehenden Mitteln nnd Kr~ften ist die Schwangeren]�9 aufzubauen. Dem VolksbewuBt- sein muB eingeimpft werden, daB eine sachgem~Be Beratung und Betreuung der schwangeren Frau, besonders in der zweiten Hglfte, ebenso erforderlich ist, wie die der jungen Mutter. M6gen hier und dort schon einige Ans~tze dieser Beratungsstunden vorhanden sein, in der Allgemeinheit sind aile bisherigen Bemtihungen erfolglos geblieben. DaB es ge- lingen muB und wird, die ,,Schwangerenberatung" so einzu- ffihren wie die , ,Mutterberatung", unterliegt mit keinem Zweifel. Das beweisen vor allen Dingen die wenigen vorhan- denen Einrichtungen, welche den Berichtell zufolge gut be- sucht werden. Das Ziel muB sein, den schwangeren Frauen i ne r s t e r Linie die Krankheitserseheinungen Mar zu machen, welche als erste Vorboten der oben erwghnten Erkranknng auch schon vom Laien beobachtet werden k6nnen. Es darf bei den Untersuchnngen nicht der allt~gliehe Wunsch, wie liegt das Killd, berficksichtigt werden. Die Beratungsstellen sind vor allen Dingen als Untersuchungsstellen im Hinblick auf die bezeichneten Erkrankungen einzurichten. Ohne Rtick- sicht auf diese oder jene Wiinsche beziiglich der Tgtigkeit der Beratungsstellen im allgemeinen, muB hier Leben und Gey sundheit der Schwangeren und weitergehend die Besserung der Resultate beztiglich der Frfihgebnrten allein maBgeblich sein. Die Tabelle 3 spricht eine zu deutliche Sprache.

Eine dritte Au]gabe besteht darin, bel den Krankenkassen zu erreichen, daB die Aufnahme in eine Anstal t auch einer gesunden Friihgeburt als Regelleistung angesehen wird. Solange aber ,,Lebensschw~che" nicht als zahlungspflichtiger Grund angesehen wird, solange ist aueh nicht zu erreichen, daB namentlich bei der heutigen Notlage der Eltern die er- heblichen Unkosten fiir die Anstaltsbehandlung einer Fr~ih- geburt aufgebracht werden.

Die 5. Tabelle erg~nzt meillen Bericht (Mschr. Geburtsh. 82) tiber die Aufzucht von Frfihgeburten mit , ,Unden".

, ,Unden" ist, um es kurz zu wiederholen, das Horm0n, welches im Blute der Schwangeren wie der Frucht kreiBt.

�9 y171 , ,Unden wird dem Airer der Frucht entsprechend zunehmend im Organismns der Schwangeren erzeugt. Die Schwangere scheidet , ,Unden" in groBen Mengen aus. Da die Frucht ge- wissermaBen in den Kreislauf der Mnttœ eingeschaltet ist, so ist auch im K6rper derselben das Hormon im ~berschul3 vorhanden. Die Neugeborenen scheiden , ,Unden" bis zum 3. und 4. Tage aus.

Dieser Tatsache folgend, habe ich den Frfihgeborenen das Hormon, dessen sie zweiiellos zu ihrem intrauter inen Aufy bau bedtirfen, vom I. Lebenstage an in der Menge gegeben, wie sie es ungei~hr in der Schwangerschaft erhalten.

Die Dosierung des von den I. G. Farbenfabriken herge- stel!ten Pr~parates ist so getroifen, daB I Tropfen des 01es, in welchem das Hormon vorhanden ist, einem Hundertstel des K6rpergewichts gleichzusetzen ist. Eine Frtihgeburt von 155 ~ g erh~lt also 15 Tropien. Mit zunehmendem Gewicht steigt die zu gebende Menge von , ,Unden" gleichlaufelld.

Der Unterschied ira Ergehen der Friihgeburten ist augen- fAllig. Bel der gleichen Behandlung und derselben grund- s~tzlichen Einstellung beztiglich der Aufzucht der Friih- geburten ist die Mortalit~t der ohne , ,Unden" aufgezogenen Kinder 36,9 % und der mit , ,Unden" gefiitterten 2o,2 %. Da es sich in der letzteren Gruppe um 188 F~lle handelt, so kann ein vollwertiger SchluB gezogen werden. Die mit , ,Unden" aufgezogenen Kinder haben, das ist bedeutnngsvoll, eine Gewichtskurve, wie sie dem physiologischen Anstieg in der Schwangerschait entspricht. Es ist weiter bemerkenswert, daB diese Unden-Kinder in der Aufzucht ungleich geringere Schwierigkeiten bereiten.

Der M6glichkeiten, die Lebensschicksale der Friihgeburten zu bessern und die Frtihsterblichkeit zu mindern, gibt es gewil3 noch manche. Hier sind nur diejenigen aufgeffihrt und be c sprochen, welche zunXchst als die augeniMligsten erscheinen,

I416 K L I N I S C H E \ V O C H E N S C H R I F T . Io. J A H R G A N G . Nf. 3o 25. JULI I93~

Ats Richttinien f~r eine auf breitester Unterlage aufge- baute Zusammenarbeit aller in Betracht kommenden Berufs- kreise stelle ich die nachfolgenden auf:

I. Ftir die wissenschaftliche Bearbeitung aller sich auf das Gebiet ,,Frfihgeburt" erstreckenden Fragen ist zun~chst nur das klinische Material zu verwenden.

2. Alle Frfihgeburten, ohne Grenze nach unten, welche die erste Stunde naeh der Geburt fiberlebt haben, sind zu beriicksichtigen.

3. Als MaBstab ist das Gewicht zu nehmen. Die obere Grenze ist festzulegen.

4. In den Zusammenstellungen sind die Kinder getrennt aufzuftihren, ob sie ,,spontan" oder durch ,,Kunsthilfe" ge- boren wurden.

5. Der 13egrifI ,,FriJhsterblichkeit" bedarf einer einheit- lichen Deutung. Alle Todesf~lle der Kinder, welche eine Stunde gelebt haben bis zur festzulegenden Grenze, sind ein- zureihen.

6. Die Todesursache ist lediglich auf Grnnd des Sektions- befundes festzustellen.

7. Eine 13esserung der Resultate ist in erster Linie von einer allgemein durchzufiihrenden Schwangerenffirsorge zu erwarten. Sie ist vor allen Dingen nach der gesundheitlichen Seite hin einzurichten.

8. Bel den Krankenkassen muB erreicht werden, dal3 die Aufnahme von gesunden Frfihgeburten als Pflichtleistung betrachtet wird. In diesem Sinne ist die 13ezeichnung ,,Le- bensschw~che" als Krankheit anzuerkennen.

Zum SchluB noch einen praktischen Vorschlag:

Von SELL~EIM und ROTT ist im Arch. soz. Hyg. 5, H. 6 ein Organisationsplan ffir einen neuen Aufbau der Schwange- ren- und S~uglingsffirsorge ver6ffentlicht worden. Der Plan ist ganz gewil3 auBerordentlich sorgfgltig ausgedacht und durchgearbeitet worden. Es liegt gewil3 auch im Sinne der SchSpfer des Vorschlages, bel der heutigen Notlage mit den erreichbaren l~litteln anzufangen und auszukommen.

Wollen wir aber etwas durchsetzen, so miissen wir zu- n~chst versuchen, Wege einzuschlagen, welche auch gangbar sind. Es kann leider heure nur darauf ankommen, Ziele an- zustreben, welche mit von vornherein zur Verfiigung steh• den Mitteln zu gewinnen sind. Dag diese allenthalben ~uBerst gering sind, da/3 selbst bel gr6Bter Einsicht und Bereitwilligkeit mehr oder weniger nichts vorhanden ist, dessen muB sich vor allen Dingen der bewuBt sein, welcher auf dš Gebiete der gesundheitlichen Fiirsorge neue Wege weisen will.

Ich habe oben nachgewiesen, daB wir im Aufgabenkreis ,,Frfihgeburt und Friihsterblichkeit" erheblich vorw~rts kommen, wenn wir durch eine neu aufzubauende Schwange- renffirsorge erreichen, daB die erkrankten Schwangeren so frfih- zeitig dem Arzte zugeftihrt werden, daB die Einleitung der vorzeitigen Geburt nicht eriorderlich ist, dag das t™ nicht als Frtihgebur% sondern als widerstandsf~higes Kind zur Welt kommt. Fangen wir zun~chst mit diesem Meinen Aus- schnitt des ganzen hier in Frage kommenden Gebietes a n .

Wir miissen in erster Linie versuchen, Wie seinerzeit bel der Einftihrung der Mutterberatungsstunden, d .h . Beratung der Mutter, damit das Kind nicht erst krank wird, den Ge- danken der Notwendigkeit, eine gesunde Schwangere zu be- raten, ira Volke einzubfirgern. Bel geeignetem Vo�9 wird es wie bel den Mutterberatungsstunden am Erfolge nicht fehlen.

Man kann diese Beratungsstellen, wie I™ und Mtinchen beweisen, durchaus zweckentsprechend recht ein~ach ein- riehten. Sie sind z. B. ohne weiteres in den zahlreichen ge- burtshilflichen Abteilungen der 5ffentlichen wie privaten Krankenh~tuser abzuhalten, dort wo die Mutterberatungs- stunden stattf inden oder in irgendwelchen R~umlichkeiten, in welehen andere fiirsorgerische Beratungen sich abspielen.

In erster Linie mfissen naturgemXB bei den beratenden Arzten Kenntnisse vorhanden sein, welehe den letzten, h6ch- sten Anforderungen der geburtshililieheI1 Wissenschaft ent- sprechen. Es sind Ierner ein Blutdruckme/3apparat, ein H6rrohr, eine Einrichtung zum Auffangen und Untersuchen des Urins auf EiweiB notwendig. Das genfigt zun~ichst durch- aus. Aile verd/~chtigen oder als krank erkannten Schwangeren werden sodann einem behandelnden Arzte fiberwiesen. Sach- kundig sollen die Schwangeren weiter belehrt werden, wie sie vor allen Dingen ira Hinblick auI das Gedeihen des Kindes sich ffir das N~hren vorbereiten mfissen. Sie sollen erfassen, warum sie auf die verschiedenen IKrankheitserscheinungen zu achten nnd beim ersten Auftreten eine I-tebamme oder einen Arzt aufsuchen miissen. Diese rein ~rztliche Beratung sol1 ira Vordergrund stehen. Erstrebenswert ist weiter die Betreuung in wirtschaftlicher und rechtlicher Beziehung.

Ich empfehle ferner so umfassend wie m6glich Plakate mit etwa dem nachfolgenden Inhal t aufznh/ingen z. B. in den Warter/iumen der ]3eratungs- und Ffirsorgestellen, in den R~umen der Krankenkassen, welche dem Publ ikum zug~ng- lich sind :

Schwanyere FroEuen achtet auf die nachstehend bezeichneten Krankheitserschei- nungen. Geht zeitig zur I-Iebamme, zum Arzt oder in die Beratungsstellen, datait Ench bel irgendwelchen St6rungen oder Erkrankungen rechtzeitiy geholfen werdœ kann, ehe Ihr ernsthaIt erkrankt seid.

I. Anschwellung von FiiBen oder I-I~nden, wenn die Schuhe oder Ringe zu eng werden. Das hat unter allen Um- st~nden etwas zu bedeuten.

2. Stirnschmerzen, Fl immern vor den Augen. Ein recht ernstes Zeichen.

3- Auffallend wenig Urin.

4. Kurzatmigkeit, wenn Ihr eine bis dahin gewohnte Arbeit nicht mehr so wie frfiher vollftihren k6n¡ wenn Euch das Treppensteigen schwer wird.

5. Wird im 3. oder 4- Monat der Schwangerschaft die Ent- leerung der Harnblase schwierig.

6. Lal3t Euer Blut auf vererbbare Erkrankungen, auf Sch~irfe im Blut untersuchen.

7. LaBt Euch grunds~itzlich fiber K6rper- nnd Brustpflege beraten, auch wenn keine der bezeielineten Erscheinungen vorliegen.

Es ist selbstverst~ndlich, dag die Schwangerenftirsorge in engem Zusammenhang stehen mur3 mit der t3etreuung der geborenen Friihgeburten.

Nicht geniigend kann hier belehrend eingewirkt werden au~ Arzte, Hebammen, Ffirsorgerinnen, auf alle diejenigen, welche sich unmit telbar oder mittelbar mit S~uglingen zu befassen haben. Dringend ist vor unzureichenden MaBnahmen zu warnen. Wenn ROTT z. ]3. den diesbeztiglichen Unterricht in den Hebammenlehranstal ten als ,,ungenfigend" bezeichnet und die vollgtiltige Ausbildung durch einen 3t~gigen Fort- bildungslehrgang fiber die ,,Frfihsterblichkeit" in der ,,Deut- schen Gesundheitsffirsorgeschule" erzielen will, in welchem auBerdem noch die ,,Sauglings- und t™ unter Berficksichtigung aller fiirsorgerischen Fragen" behandelt werden, so scheint mir dieses Vorgehen eine Verkennung der Tatsachen zu sein. Ist der Unterrieht in den Lehranstalten wirldich ,,ungenfigend", so helfen diese 3 Tage auch nichts. Den Luxus derartiger unzul~nglicher Mittel sollten wir scheuen.

Fangen wir zielbewuBt und schnell an einer durchffihr- baren Stelle des groBen Au{gabengebietes ,,Frtihgeburt and Friihsterblichkeit" an. Je lester wir durch die Tat zugreifen, um so sicherer wird der Erfolg sein.