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FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014 1 Potentiodynamik Keine stationären Prozesse (konstantes Potential – konstante Reaktionsgeschwindigkeiten) mehr: Potentialsprungmeth oden zyklische Voltammetrie Polarographie Gemeinsame Eigenschaften: Vorhandensein und Ausnutzung von Transportprozessen Gesteuerte Potentialveränderung, Geschwindigkeit vergleichbar bzw. größer als die der Transportvorgänge mmenspiel von der Kinetiken von Durchtrittsreaktion und Diffusion

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PotentiodynamikKeine stationären Prozesse (konstantes Potential – konstante Reaktionsgeschwindigkeiten) mehr:

Potentialsprungmethoden

zyklische Voltammetrie

PolarographieGemeinsame Eigenschaften:

Vorhandensein und Ausnutzung von Transportprozessen

Gesteuerte Potentialveränderung, Geschwindigkeit vergleichbar bzw. größer als die der Transportvorgänge

Zusammenspiel von der Kinetiken von Durchtrittsreaktion und Diffusion

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PotentialsprungGrundprinzip: Sprung von einem Potential, bei der eine Reaktion praktisch nicht abläuft, zu einem Potential, bei dem sie sehr schnell abläuft:

t

E

E1

E2

x

C

E = E1

t = 0E = E2 , t1 > 0

t2 >t1

Verarmung des Reaktanden

Ausbreitung derDiffusionszone

Verringerung desGrenzstromes

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PotentialsprungDie Zeitabhängigkeit der Stromdichte lässt sich durch Lösen der Diffusionsgleichung bestimmen und führt zur so genannten Cottrell-Gleichung:

Linearität der Auftragung i gegen 1/t

Bestimmung des Diffusionskoeffizienten möglich

die effektive Dicke der Diffusionsschicht wächst mit der Quadratwurzel der Zeit:

t

CDnFti0A

Dttd

Zeit

Stro

mdi

chte

Abstand von der Elektrode

Kon

zent

ratio

n

0

1

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PotentialsprungFrederick Gardner Cottrell (1877-1948)  Oakland, Kalifornien

Studium in Berlin bei van‘t Hoffund in Leipzig bei Ostwald

Seine Gleichung: F.G.Cottrell, Z.Physik. Chem., (1902), 42, 385).

Professur in Chemie an der University of California, Berkeley

Erfinder des Elektrofilters

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Zyklische VoltammetrieGrundprinzip:

• Kein (unendlich schneller) Sprung von E1 nach E2, sondern eine Potentialverschiebung mit konstanter Geschwindigkeit: E(t) = E0 + vt, v = 0.01 bis 10 V/s

• Gleich anschließend eine umgekehrte Potentialverschiebung zurück zum Ausgangspotential E0 mit der gleichen Geschwindigkeit.

E

tE0

E1

Ziel: Bestimmung der Kinetik in einem größeren Potentialbereich mit nur einer Messung!

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Zyklische VoltammetrieWie sieht eine typische i(E)-Kurve beim Vorwärts-Sweep aus (Start bei einem Potential, bei dem keine Reaktion stattfindet)?

E

i

E1 E2E00

Cottrell-Kurve

Warum hat diese Kurve ein Maximum?

Phase 1: Anwachsen der Stromdichte mit Vergrößerung des Potentials EButler-Volmer-Kinetik

Phase 2: die Diffusionsschicht beginnt breiter zu werden, Verringerung der Stromdichte mit der Zeit nach der Cottrell-Gleichung

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Zyklische VoltammetrieDie verschiedenen Phasen beim Voltammogramm: irreversible Reaktion:

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

0

2

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

0

2

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

0

2

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

0

2

Konzentrationsverlauf

Abstand von Elektrode

0

1

Konzentrationsverlauf

Abstand von Elektrode

0

1

Konzentrationsverlauf

Abstand von Elektrode

0

1

Konzentrationsverlauf

Abstand von Elektrode

0

1

1. Butler-Volmer-Phase: exponentieller Anstieg2. Cotrell-Phase: Verarmung, wachsende Diffusionslänge, sinkender Grenzstrom

3. Anfang Rückscan: Fortsetzung der Cotrell-Phase4. Vollständiger Rückscan: exponentiell-asymptotische Nullpunktsannäherung

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Zyklische VoltammetrieMovies:

I vs. Zeit I vs. Potential

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Zyklische VoltammetrieWiederholte Scans: irreversible Reaktion:

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

0

2

0 0.5 1 1.5 2 2.55

0

5

t n

t n

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Zyklische VoltammetrieVerschiedene Scangeschwindigkeiten: irreversible Reaktion:

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

2.28

6.54

0 1.25

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

StromdichteButler-Volmer[A]

Voltammogramm

Spannung

10

0

2.28

6.54

Ik

r t k 2 U0 k

10

0 1.25

t k

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

StromdichteButler-Volmer[A]Spannung

Stromdichte vs. Zeit

Zeit

0

T1

langsamer Scan

zehnmal schnellerer Scan

gleiche Zeitskala wie oben

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Zyklische VoltammetrieVerschiedene Scangeschwindigkeiten: irreversible Reaktion:

1. Warum steigt die Peakhöhe mit der Geschwindigkeit?

Butler-Volmer-Phase: gleiche Ladungsmenge wird in kürzerer Zeit umgesetzt: höhere Stromdichte!

2. Warum verschiebt sich die Peaklage mit der Geschwindigkeit nach Rechts?

Cottrell-Phase: durch die höhere Scangeschwindigkeit werden höhere Potentiale erreicht, ehe die diffusive Verarmung greifen kann

AvDipeak

10301212 vvpromVEEE

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Zyklische VoltammetrieReversible Reaktion:

Nernst-Kinetik: es existiert ein Quasi-Nernst-Gleichgewicht an der Elektrodenoberfläche

Unterschied zum echten Gleichgewicht: die Oberflächenkonzentrationen sind nicht die Volumenkonzentrationen

Charakteristikum: es existiert ein versetzt symmetrischer negativer Peak im Rückscan

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Zyklische VoltammetrieReversible Reaktion:

Hier: die Lage der Maxima ändert sich nicht mit der Scan-Geschwindigkeit!

Epa – Epc = 2.2 RT/nF =57 mV/n (25 °C)

Epa – E½ = 57 mV/n

Epa – E00 = 28.5 mV/n

ipa = ipc , Epa = const.

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Zyklische VoltammetrieReversible Reaktion:

Auch hier steigt die Peakhöhe mit der Geschwindigkeit:Die Gesetzmäßigkeit aber hat eine andere Form (Randles-

Sevcik-Gleichung):

DvCRTnFnF44.0i 0

Ap

Der Anstieg ist steiler!

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Zyklische VoltammetrieReversible Reaktion:

Randles-Sevcik-Auftragung:

Linearität: Hinweis auf eine reversible Kinetik!

(Letzte drei Bilder entnommen aus: www-biol.paisley.ac.uk/marco/Enzyme_Electrode/Chapter1/Cyclic_Voltammetry1.htm)

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Zyklische Voltammetrie

reversibel irreversibel

Kein Rückpeak

Epa = const.

Vergleich zwischen vollständig reversibler (Nernst-Kinetik) und vollständig irreversibler Kinetik (Southampton Group):

vip vip

1ii pcpa

10vvfürmV30E 12pa

n / mV 57EE2

1pa / mV 48EE2

1pa

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Zyklische VoltammetrieVergleich zwischen vollständig reversibler (Nernst-Kinetik) und

vollständig irreversibler Kinetik:

Ein reversibles System kann, bei starker Vergrößerung der Scanrate, in ein irreversibles übergehen!

Reversibilität ist relativ!

Ip reversibel

irreversibel

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Zyklische VoltammetrieGeschichte:

John Edward Brough Randles (1912-1998) , A. Sevcik 1947 Randles-Sevcik-Gleichung: J. E. B. Randles, Trans. Faraday Soc. 44 (1948) 327. A. Sevcik, Collect. Czech. Chem. Commun. 13 (1948) 349.

R. S. Nicholson, L. Shain, Anal. Chem. 36 (1964) 706.

R. N. Adams: Electrochemistry at Solid Electrodes, New York 1971.A. J. Bard, L. Faulkner: Electrochemical Methods, New York 1980.

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Adsorbierte Spezies

Einfachster Fall: nur die adsorbierten Zustände sind elektroaktiv

Folgerungen: Diffusion spielt keine Rolle die Peaks verschieben sich nicht mit der Scanrate Hin- und Rückpeak an der gleichen Stelle Peakhöhe proportional zur Scangeschwindigkeit (nicht zur

Wurzel!)

Ursache des Stromabfalle ist hier nicht die Diffusion, sondern die endliche Stoffmenge des Adsorbates!

Ladung Q unter einem Peak Bedeckungsgrad

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Adsorbierte Spezies-i

-E

E0

Reduktion

Oxidation

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MetallabscheidungMetallabscheidung auf einem anderen, inertem Material, z.B. Blei auf Kohle

Hinscan: ähnlich einem normalen Reduktionsvorgang, allerdings:- Späterer Einsatz- Steilerer Anstieg

Ursache: Nukleationshemmung

Rückscan: sehr scharf (und hoch) und symmetrisch. „Stripping Peak“

Ursache: das aufzulösende Metall ist schon an der Oberfläche und muss nicht erst herandiffundieren

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Metallabscheidung-i

-E

E0

Nukleation / Wachstum

Auflösung (Stripping Peak)

Empfindlichkeit: ppb bis ppt

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Metallabscheidung