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Fundamentale Ideen der Informatik
und
Modellierung im Informatikunterricht
Andreas SchwillInstitut für InformatikUniversität Potsdam
Überblick
• Motivation
• Das Konzept der fundamentalen Ideen
• Zum Begriff der fundamentalen Ideen
• Fundamentale Ideen der Informatik
• Anwendung
• Informatische Modellbildung
• Modellierung mit Unterrichtshilfen
1 Motivation
Informatikin der
Schule
Innovationsdruck der WissenschaftParadigmenwechsel
"Hilflosigkeit"der Lehrer
politischeVorgaben (ITG)
kein einheitlichesdidaktisches
Konzept
sequentielle Verarbeitung parallele Verarbeitung
Programmieren als Kunst Programmieren alsIngenieurwissenschaft
strukturierte Programmierung objektorientierteProgrammierung
imperative Programmierung deklarative Programmierung
produktorientierteSoftwareentwicklung
prozeßorientierteSoftwareentwicklung
beobachtet/gefordert von alt neu
Brauer 89,91
Claus 89
Floyd 89,94
Ausweg:
• Vermittlung gesicherter Aussagen und langlebiger Grundlagen der
Informatik
• Befähigung der Lehrer, neue Inhalte der Informatik in ihre vorhandene
kognitive Struktur einzubinden
• Loslösung von aktuellen Strömungen der Wissenschaft
• Befähigung der Lehrer, neue Entwicklungen hinsichtlich zukünftiger
Relevanz , Schuladäquatheit und pädagogischer Aspekte zu bewer-
ten
• Einbindung anderer Unterrichtsformen (z.B. ITG) in einen einheitli-
chen didaktischen Ansatz
• Klärung des Wesens der Informatik
=> Betonung der fundamentalen Ideen im Informatikunterricht und in der
Lehreraus-/-fort-/-weiterbildung Informatik nach J.S. Bruner 1960
2 Das Konzept der fundamentalen Ideen
Non scholae sed vitae discimus .
Übertragung früher erworbener Kenntnisse durch Adaption oder Erweite-
rung auf neue Situationen (Transfer ).
Nichtspezifischer Transfer .
• Relativ langfristiger (i.a. lebenslanger) Effekt
• Lernen von grundlegenden Begriffen, Prinzipien und Denkweisen (sog.
fundamentale Ideen )
• Ausbildung von Grundhaltungen und Einstellungen , z.B. zum Ler-
nen selbst, zum Forschen, zur Wissenschaft, zu Vermutungen,
Heuristiken und Beobachtungen, zur eigenen Leistung usw.
• später auftretende Probleme sind Spezialfälle dieser Grundkonzepte
• Einbeziehung einer Metaebene .
GrundprinzipDenkweise
IdeenichtspezifischerTransfer auf neue
Situation
...
Lerninhalte bilden Grundprinzipienund Einstellungen aus
Beispiel:
logisches Denken
Mathematik Latein Jura
Übertragung durch nichtspezifischen
Transferbilden eine Denkweise aus
Probleme :
• Was sind fundamentale Ideen (der Informatik)?
• Wie sind Curricula und Lehrerbildungsprogramme zu organisieren, um
die zugrundeliegenden Ideen sichtbar zu machen?
• Welche Inhalte sind auf den unterschiedlichen Schulstufen besonders
geeignet, um fundamentale Ideen sichtbar zu machen?
3 Zum Begriff der fundamentalen Ideen
Bruner’s Aussagen zu fundamentalen Ideen sind recht dürftig:
• keine einheitliche Terminologie
• keine Präzisierung des Begriffs
• kaum Kriterien
• keine konkreten Ideen
• kaum Anwendungen, Beispiele
• wissenschaftsübergreifend
Begriffder
fundamentalenIdeen
Philosophie Erziehungs-wissenschaften
Plato
(Hume)
(Locke)
(Leibniz)
Kant
Bruner 60
Schreiber 79
Schweiger 82
Nievergelt 90
Definition :
Eine fundamentale Idee bezgl. eines Gegenstandsbereichs (Wissen-
schaft, Teilgebiet) ist ein Denk-, Handlungs-, Beschreibungs- oder Er-
klärungsschema, das
(1) in verschiedenen Gebieten des Bereichs vielfältig anwendbar odererkennbar ist (Horizontalkriterium ),
(2) auf jedem intellektuellen Niveau aufgezeigt und vermittelt werdenkann (Vertikalkriterium ),
(3) zur Annäherung an eine gewisse idealisierte Zielvorstellung dient, diejedoch faktisch möglicherweise unerreichbar ist (Zielkriterium ),
(4) in der historischen Entwicklung des Bereichs deutlich wahrnehmbarist und längerfristig relevant bleibt (Zeitkriterium ),
(5) einen Bezug zu Sprache und Denken des Alltags und der Lebensweltbesitzt (Sinnkriterium ).
fundamentale Idee
Horizontal-kriterium
Sinnkriterium
Zielkriterium
ZeitkriteriumVertikal-kriterium
4 Fundamentale Ideen der Informatik
Ansatz: Analyse der konkreten Inhalte einer Wissenschaft
Problem
Anforderungsdefinition
Spezifikation
dokumentiertes Programm
modifiziertes Programm
Produkt gem. Anforderg.
"Verschrottung"
Problemanalyse
Entwurf
Funktions-/Leistungsüberprüfung
Installation, Abnahme
Implementierung
Wartung
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Sprache
Syntax Semantik
Erkennen
Erzeugen
Konsistenz
Transformation
Vollständigkeit
5 Anwendung
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6 Informatische Modellbildung
Informatik als Modellbildungswissenschaft
Modell
Entwerfen Beschreiben
Simulieren
strukturierteZerlegung Sprache
Algorithmisierung
Allgemeiner Modellbildungsprozeß
OriginalT
ModellM
SubjektS
ZweckP
Merkmale informatischer Modellbildung
Originale T .
• Sachverhalte aus einer vom Menschen geschaffenen Welt (Büro-
vorgänge, Fahrzeugströme an Kreuzungen, Bibliothekssysteme)
• keine „natürliche Einfachheit“, sondern willkürliche Komplexität, kaum
reduktionistische Regeln
• in hohem Maße diskret, hochgradig unstetig
• Bestandteile des Originals und sein Verhalten kaum zahlenmäßig zu
erfassen (Zahlbereiche nur geringe Rolle)
Zwecke P .
• Modellierung der realen durch eine realisitische, kaum idealisierte
künstliche Welt
• Beschreibung der Originale durch Sprache -->
Nachbildung der Originale, „wie sie sind“ (z.B. Akten bleiben Akten,
Karteikarten bleiben Karteikarten)
• bilden eigene (virtuelle) Realität und Ersatz ihrer Originale.
Modelle M .
Elementarbausteine
• Objekte, im wesentlichen übereinstimmend mit ihren Originalen, so wie
sie vom menschlichen Bewußtsein wahrgenommen und kognitiv erfaßt
und verarbeitet werden
Zeit
• stets Teil des Modells
• keine Elimination der Zeit durch Quantelung
• kein Zerhacken dynamischer Prozesse in Momentaufnahmen mit an-
schließend statischer Beschreibung
• dynamische Vorgänge auch im Modell dynamisch.
Beispiel : Der freie Fall.
Statisches Modell der Physik: Erklärung des Falls
v(t)=at,
s(t)=1/2 at2,
E(t)=1/2 m(v(t))2
Dynamisches Modell der Informatik: Virtuelles Fallen .
Modellierung des Steins, wie er in der Realität wahrgenommen wird, d.h.
als Objekt mit gewissen Eigenschaften und Operationsmöglichkeiten:
define Stein = objectliegt auf ...;hat räumliche Ausdehnung;ist grau;ist schwer;ist hart;kann man werfen;kann man mit hämmern;...
end.
Klassifikation von Modellen
SymbolischeModelle
Enaktive Modelle(virtuelle Welten)
Pj:=Pj[sj,x'"]•(x'",ya,x")•Pj[x",tj]
Veranschaulichung/Beschreibung
Ikonische Modelle
keine Erklärung
Erklärung
Voraussagen
keine Veranschaulichung
keine Erklärung
keine Voraussagen
7 Modellierung mit Unterrichtshilfen
Ziele :
• positive Erfahrungen in anderen Fächern
• Vergegenständlichung der rein abstrakten Denkobjekte der Informatik
• Affektive
Kognitive Aktivitäten
Psychomotorische
• Bau von Geräten =? Programmieren mit anderen
Grundoperationen
Etwas Theorie :
Piaget: Stadien der kognitiven Entwicklung
Alter Phase
0-2 Sensomotorische Phase
2-7 Präoperationale Phase
7-11 Konkret-operationale Phase
11-... Formal-operationale Phase
Die das Denken bestimmenden Operationen sind
verinnerlichte sensomotorische Aktivitäten
Psychogenetisches => Jeder Lernprozeß besteht aus
Grundgesetz den obigen Phasen
Beispiele :
1) Bucketsort
Merkmale :
• kein paarweiser Vergleich
• nur spezifische Sortierräume
• Linearzeit
• Programmaufbau: 2 Phasen
2) Lineare Listen
Merkmale :
• record-Struktur
• Zeigeroperationen (nil, Referenzstufe)
• Listenoperationen
• Allgemeine Zeigergeflechte