GENERATIVE GRAMMATIKTHEORIE.ppt

Embed Size (px)

Citation preview

  • GENERATIVE GRAMMATIKTHEORIE

  • Beschftigten sich die Hauptvertreter des Strukturalismus zunchst hauptschlich mit der Segmentierung und Klassifikation von Einheiten des Sprachsystems, so tritt mit der generativen Transformationsgrammatik Ende der fnfziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Frage nach den kombinatorischen Prinzipien der vom Strukturalismus isolierten Einheiten in den Mittelpunkt der theoretischen Entwicklungen.

    Diese Frage beginnt, die theoretische Linguistik in aen Kernbereichen mageblich zu bestimmen. Ihr Begrnder und bis heute magebender Vertreter ist deramerikanische Politologe und Linguist Noam Chomsky (*1928).

  • In der Phonologie stellt sich die Frage nach der Kombinatorik der einzelnen Laute zu Sben, die Morphologie interessiert sich fr die Bildung komplexer Wrter, aber vor aUem in der Syntax wird nach den grammatischen Regeln und Prinzipien gefragt, mit denen es den Sprechern einer Sprache gelingt, unendhch viele Stze zu verstehen und zu produzieren, obwohl nur endhch viele Wrter zur Verfgung stehen und diese Fhigkeit von Kindern in endhcher (und tatschhch relativ kurzer) Zeit mit endhchen Mitteln erworben wird. Auch in der Semantik wurde diese Fragestellung theoretisch anvisiert und wie wir im Abschnitt ber die Kategorialgrammatik gesehen haben - auf mathematisch elegante Weise beantwortet.

  • Die generative Transformationsgrammatik fragt aber nicht nur nach den Eigenschaften grammatischer Regelsysteme, sondern bettet die damit verbundenen Fragestellungen in die Theoriebildung ber die Struktur und Organisationsform des menschlichen Geistes ein. Grammatische Kenntnis wird als die komplexe Fhigkeit eines Menschen angesehen, der seine Muttersprache perfekt beherrscht,ganz analog zu den komplexen Prozessen und Fhigkeiten der visuellen Wahrnehmung (etwa bei der Erkennung von Gesichtern), der Ausbdung des motorischen Systems zur Steuerung komplexer Bewegungsablufe (wie etwa dem Kauen von Nahrung, dem Binden von Schleifen) oder dem FUen morahscher Urtee usw.

  • Die Sprachfhigkeit kann unter den endhchen Bedingungen nicht im strikten Sinne gelernt werden, sondern basiert auf einer fr die Spezies Mensch spezifischen genetischen Ausstattung, die sich endang bestimmter Entwicklungsschemata ausbildet. So beginnen die sprachlernenden Kinder in einer frhen Phase des Spracherwerbs zunchst mit einer sog. LaUphase, in der sie das gesamte Inventarvon Lauten aus natrlichen Sprachen produzieren. Im Laufe des Spracherwerbs werden aber nur diejenigen Laute beibehalten, die in der muttersprachetatschhch vorkommen. Spter, wenn die Kinder schon Zwei- oder Dreiwortuerungen produzieren, stimmen die Bauprinzipien, nach denen diese Wortsequenzen gebildet sind, nicht mit den grammatischen Regularitten der erwachsenen Sprecher berein, sondern es scheint der FaU zu sein, dass die Kinder ihre uerungen zunchst nach anderen Prinzipien strukturieren als die Grammatik erwachsener Sprecher. Dies fhrt zu der Annahme, dass Spracherwerb wesentlich auf Reifungsfaktoren und weniger auf Umweltfaktoren zurckzufhren ist.

  • Diese Hypothese fhrt aber auch das sog. Logische Problem des Spracherwerbs einer Lsung zu. Dieses besteht darin, dass Kinder in der Phase des Spracherwerbs nicht alle Fehler, die logisch mghch sind, auch tatschhch machen. Vielmehr scheinen sie nur einen ganz geringen Te von mghchen Fehlern tatschhch zu produzieren. Dies spricht dafr, dass bestimmte, vermutlich genetisch angelegte Strukturen den Spracherwerb in den wesentlichen Entwicklungen steuern, so dass das sprachlernende Kind nicht aUe Mghchkeiten der Strukturbildung auf der Basis von Versuch-und-Irrtum-Strategien durchprobieren muss, sondern von Beginn an ber universalgrammatische Prinzipien verfgt, die die Hypothesenbdung ber mgliche grammatische Strukturen wesentlich einschrnken.

  • Die generative Grammatiktheorie ist seit ihrem Beginn stets eine przise und genaue Theorie gewesen, deren Hypothesen auf der Basis der empirischen Datenlage gewonnen werden. Erst so wird die enorme Komplexitt natrlichsprachlicher Systeme sichtbar.

  • Betrachtet man eine Sprache wie das Deutsche, so steUt man leicht fest, dass ihre Ausdrucksmglichkeiten unendlich gro sind, d.h. die Menge der mghchen Stze, die in dieser Sprache gebdet werden knnen, ist nicht beschrnkt. Man macht sich dies leicht an einigen berlegungen klar. Natrhche Sprachen verfgen einerseits ber die Mglichkeit zur Iteration, wie bei der Koordination etwa von attributiven Adjektiven - sichtbar wird:

    (1) (i) Der Hund() Der kleine Hund(i) Der kleine, braune Hund(iv) Der kleine, braune, weigetupfte Hund(v) Der kleine, braune, weigetupfte, im Schatten sitzende Hundusw.

  • Die Grammatik des Deutschen beschrnkt die Anzahl der mghchen Adjektivphrasen vor dem Nomen nicht. Im Prinzip kann dort eine unbeschrnkte Anzahl solcher Phrasen auftreten, so dass an diesem Konstruktionstyp - gerade so wie an aUen anderen Koordinationsstrukturen deudich wird, dass die Anzahl dieser Konstruktionen beliebig gro werden kann. Natrliche Sprachen verfgen aber auch ber den Mechanismus der Rekursion, indem sie es erlauben, eine grammatische Regel wieder auf ihr eigenes Resultat anzuwenden. So ist es im Deutschen z.B. mghch, einen Satz in einen anderen Satz einzubetten und zwar so, dass wieder ein Satz entsteht, der seinerseits in einen Satz eingebettet werden kann usw.:

    (2) (i) Fritz schlft.() Maria glaubt, dass Fritz schlft,(i) Peter bestreitet, dass Maria glaubt, dass Fritz schlft.(iv) Karl hrt, dass Peter bestreitet, dass Maria glaubt, dass Fritzschlft,usw.

  • Auch der Einbettung von Stzen scheint von der Grammatik her keine Grenze gesetzt zu sein, so dass es den lngsten Satz nicht geben kann. Jeder Satz kann erneut eingebettet werden und hat damit auch eine neue Bedeutung. Dass es unendhch viele Stze gibt, lsst sich aber auch schon an den Eigenschaften von Zahlwrtern sehen, deren Konstruktion ebenfaUs auf den Prinzipien der Iteration und der Rekursion beruhen:(3) (i) Fritz sieht ein Schaf,() Fritz sieht zwei Schafe.(i) Fritz sieht dreitausendzweihundertfnfundvierzig Schafe,usw.

  • Diese Beobachtungen haben Chomsky in den Anfangsjahren der generativen Grammatiktheorie zu der berlegung gefhrt, die Eigenschaften natrlichsprachlicher Grammatiksysteme mit Strukturkonzepten aus der Mathematik zu beschreiben, denn gerade so wie sich die unendlich groe Menge der natrhchen Zahlen mit endhchen Mitteln rekursiv aufzhlen lsst, knnten sich ja auch die Stze einer Sprache mit endlichen Mitteln rekursiv aufzhlen lassen. Das Verfahren zur Definition der natrhchen Zahlen basiert auf den Axiomen des italienischen Mathematiker Giuseppe Peano (1858 1932), mit deren Hilfe sich die unendlich groe Menge der natrhchen Zahlen mit einer endhchen Menge von Stzen (genauer gesagt: mit fnf Stzen) definieren lsst:

  • Axiome von Peano:1. 0 ist eine natrhche Zahl.2. Zu jeder natrhchen Zahl n gibt es genau einen Nachfolger ', derebenfaUs eine natrhche Zahl ist.3. Es gibt keine natrhche Zahl, deren Nachfolger 0 ist.4. Zwei verschiedene natrhche Zahlen n und m besitzen stets verschiedeneNachfolger ' und m'.5. Enthlt eine Menge A die Zahl 0 und mit jeder natrhchen Zahl nauch stets deren Nachfolger n\ so enthlt A bereits aUe natrhchenZahlen.

  • Diese przise Charakterisierung eines unendlichen Gegenstandsbereichs macht wesendich Gebrauch von dem Konzept des Nachfolgers, der in der Arithmetik durch die Operation Plus 1 definiert werden kann und in der Rekursion immer wieder auftritt. Aus den Peano-Axiomen lsst sich ein Verfahren ableiten, mit essen Hilfe sich die natrhchen Zahlen effektiv konstruieren lassen. Die Idee dieses Verfahrens besteht darin, einerseits einige Basiselemente anzugeben und andererseits Operationen, nach denen diese Basiselemente verknpft werden. Mit den natrhchen Zahlen lsst sich das beispielsweise folgendermaen vornehmen:

  • Man whlt als Basiselement die 1 und als Operation ,+'. Mit diesen beiden Angaben kann man bereits zhlen, indem man 1 + 1 rechnet und 2 erhlt. Danach nimmt man die 2 und rechnet 2 + 1 und erhlt 3. Setzt man diese Sequenz von Operationen fort, so kann man jede natrhche Zahl mit einer endhchen Anzahl von Rekursionsschritten effektiv erreichen. Nun lassen sich aber nicht nur die natrhchen Zahlen auf diese Art und Weise mit endhchen Mitteln angeben, sondern auch andere, grere Zahlenbereiche. Dies lsst sich bewerkstelligen,indem man entweder die Menge der Basiseinheiten erweitert oder die Anzahl der Operationen erhht. Fgt man etwa die Operation ,' hinzu, so erhlt man die Menge Q der ganzen Zahlen, also auch negative Zahlen. Fgt man als weitere Operation die Division , / ' hinzu, so erhlt man auch Brche und damit einen wesentlich greren Zahlenbereich, die rationalen Zahlen. Der ganze Bereich auf dem Zahlenstrahl wird damit aber noch nicht abgedeckt, denn die Frage, welche Zahl zum Quadrat 2 ergibt, liee sich nicht beantworten. Man bentigt eine zustzliche Operation, das Wurzelziehen, um weitere, irrationale Zahlen erzeugen zu knnen.

  • Insgesamt ist der Zahlenstrahl dicht, d.h. er enthlt keine Lcher, weil zwischen zwei behebig dicht hegenden Zahlen immer noch eine Zahl anzutreffen ist. Da sich Wurzeln aber nur aus positiven Zahlen ziehen lassen, berlegte man, welcher Zahlenraum entstnde, wenn man auch Wurzeln aus negativen Zahlen zu ziehen erlaubte. Man definierte dazu eine neue Basiseinheit, nmhch die Wurzel aus 1. Durch Hinzufgen dieses Basiselements erhlt man die Menge der komplexen Zahlen.

  • Wir haben diesen Exkurs in die mathematischen Grundlagen der Arithmetik unternommen, we wir daran sehr schn die prinzipieUe Vorgehensweise in der generativen Sprachtheorie veranschauhchen knnen. Hier wie dort hat man es mit unendlich vielen Objekten Zahlen bzw. Stzen zu tun, und hier wie dort soU ein endhches Verfahren angegeben werden, welches es gestattet, die Menge der mghchen Objekte in den beiden Bereichen mit endhchen Mitteln zu onstruieren, oder anders gesagt, zu generieren. Der Begriff generativ hat hier seinen Ursprung und seine eigentliche Motivation. Betrachtet man das grammatische System, das einer Sprache zugrunde hegt, so fragt man demzufolge nach den Basiseinheiten fr den Satzbau und den Prinzipien ihrer Kombinatorik, um die (unendhch groe) Menge der Stze konstruieren zu knnen.

  • Dabei spielt die Kompetenz eines (idealisierten) Sprecher/Hrers die zentrale Rolle, denn es wird nicht danach gefragt, ob ein Sprecher in einer bestimmten Sprechsituation einen bestimmten Satz uern kann (Performanz), sondern danach, ob er prinzipiell in der Lage ist, eine bestimmte Wortkette als Satz zu identifizieren oder nicht. So lsst sich fr kompetente Sprecher des Deutschen z.B. Sehr leicht entscheiden, dass die Wortkette in (5)(i) ein Satz ist, die Wortkette in (5)() hingegen nicht: (5) (i) Der Hund hegt oft hinter dem Ofen.() *Hund Ofen hinter oft hegt dem der.

  • Diese Beispiele sind recht einfach zu entscheiden. Die generative Grammatiktheorie ist aber wesendich weiter fortgeschritten und hat Erkenntnisse ber die Eigenschaften natrlicher Sprache gewonnen, die weitaus differenzierter sind. Als instruktives Beispiel knnen wir etwa die Stze in (6)(i) bis (6)(iv) betrachten, bei denen es um die Interpretation des Pronomens ergeht:(6) (i) Paul woUte ins Bett gehen, nachdem er gegessen hatte,() Nachdem er gegessen hatte, woUte Paul ins Bett gehen.(i) Nachdem Paul gegessen hatte, woUte er ins Bett gehen,(iv) ErwoUte ins Bett gehen, nachdem Paul gegessen hatte.Die Stze in (i)-(i) erlauben eine Interpretation, in der sich das Pronomen er aufPaul bezieht. Diese Interpretation ist im Satz (iv) nicht mglich, und die Frage istnatrlich, warum dies so ist.

  • Kompetenz:sprachliches Wissen des kompetenten Muttersprachlers

    Performanz:tatsaechliches sprachliches Verhalten

  • Kompetenz und PerformanzDie Sprachfhigkeit hat nicht nur reproduktiven, sondern auch kreativen Charakter. Jeder Angehrige einer Sprachgemeinschaft kann nicht nur bereits gehrte Stze wiederholen, sondern auch Stze bilden und verstehen, die er vorher noch nie vernommen hat. Und er kann bei diesen Stzen auch beurteilen, ob sie grammatisch korrekt sind oder nicht. Diese Kreativitt untersucht man unter zwei Perspektiven: Sprachliche uerungen stimmen in bestimmten elementaren Strukturmerkmalen berein. Dies lsst darauf schlieen, dass eine mentale Grammatik existiert, die nur bestimmte Strukturen zulsst.

  • Unter dem Gesichtspunkt der Kompetenz fragt man danach, welche Prinzipien und Regeln dafr anzusetzen sind. Dabei wird von den situativen Einflssen oder persnlichen Besonderheiten der einzelnen Spracher abstrahiert. Oft wird in diesem Zusammenhang die Abstraktion des idealen Sprachers verwendet. (Das Adjektiv ideal ist hier in einem naturwissenschaftlichen Sinn gemeint, nicht in einem moralischen oder philosophischen!) Unter der Perspektive der Performanz wird danach gefragt, wie von der Sprachfhigkeit in bestimmten Situationen und Kontexten Gebrauch gemacht wird.