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SPIELZEIT 2018/19

 · Grußwort des Oberbürgermeisters _________________________________________ 2 Vorwort der Geschäftsführung ____________________________________________ 3

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  • S P I E L Z E I T 2018/19

  • 180129_OE_Spielzeitheft_Theater_OS_155x210_LT.indd 1 15.03.18 13:59

  • Grußwort des Oberbürgermeisters _________________________________________ 2Vorwort der Geschäftsführung ____________________________________________ 3

    Übersichten __________________________________________________________ 6 Premierenübersicht _____________________________________________________ 6Konzertübersicht _______________________________________________________ 9

    Schauspiel __________________________________________________________ 14Musiktheater ________________________________________________________ 38Tanz _______________________________________________________________ 54Konzert _____________________________________________________________ 66 Wohnton ____________________________________________________________ 83

    OSKAR – Kinder- und Jugendtheater _____________________________________ 96Familienkonzerte ____________________________________________________ 108Schulkonzerte _______________________________________________________ 111

    Theater Hautnah – Theaterpädagogik ________________________________ 112

    Theater Extra _______________________________________________________ 122Theater unterwegs ____________________________________________________ 126Theaterverein _______________________________________________________ 130 Musikverein ________________________________________________________ 132

    Mitarbeiter*innen ___________________________________________________ 136

    Service ____________________________________________________________ 142Theaterkasse ________________________________________________________ 143Preise/Sitzplan ______________________________________________________ 144Abonnements _______________________________________________________ 150Gruppen- und Firmenangebote _________________________________________ 171Familienangebote ____________________________________________________ 173Anfahrt/Impressum __________________________________________________ 176

    INHALT

  • 32

    Das Theater Osnabrück ist ein lebendiger und unverzichtbarer Botschafter unserer Stadt. Auf Initiative von Schauspieldirektor Dominique Schnizer gelang eine Kopro-duktion mit dem Teatro Avenida in Mapu-to: Medea² entstand im emma-theater und reist gleich zu Beginn der neuen Saison nach Mosambik. Mauro de Candia führte seine Dance Company gerade erst in die Welt-metropole des Balletts, nach St. Petersburg, um nun mit den Tänzer*innen in Chinas Hauptstadt Beijing und weiteren Orten die Qualität unseres Ensembles zu präsentieren. Das Musiktheater zeigt die Opernrarität Antigona in Amsterdam, Maastricht, Den Haag und sechs weiteren niederländischen Städten. Gleichzeitig locken Projekte wie Danse Macabre in der vorletzten Spielzeit, die neue Tanzproduktion zum Bauhausju-biläum 2019 Bauhaus | Bolero oder Aus-grabungen wie die Oper Guercœur ein überregionales Publikum nach Osnabrück und erhöhen so die Strahlkraft der Friedens-stadt. Dafür danke ich den Künstler*innen und allen Mitarbeiter*innen unseres Thea-ters von Herzen.

    Gemeinsam arbeiten wir daran, die Zukunft des Theaters zu sichern. Die Sanierung des Hauses am Domhof könnte eine der größten

    Herausforderungen der Stadt in den nächs-ten Jahren werden. Sie kann nur gelingen, wenn auch das Land Niedersachsen seiner Verantwortung gerecht wird. Das von Osna-brück initiierte Gutachten zur Finanzierung der Stadt- und Staatstheater hat deutlich ge-macht, dass hier viel Nachholbedarf besteht. In der Saison 2018/19 stehen nicht zuletzt Werke auf dem Spielplan, die uns allen, den Besucherinnen und Besuchern von nah und fern, vor Augen führen, wie prägend Kunst und Kultur für eine Gesellschaft sind. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 brach eine Welt zusammen, Autor*innen und Theatermacher*innen erzählten damals und erzählen heute von den Menschen, die all dies erlebten und erlitten und lassen uns heute mit ihnen lachen und weinen.

    Ich wünsche uns allen viele wunderbare Abende mit Schauspiel und Tanz, mit Kon-zert, Operette, Musical und großer Oper in unserem Theater!

    Wolfgang Griesert Oberbürgermeister

    vor hundert Jahren ging der Erste Weltkrieg zu Ende, es war zugleich das Ende einer Epo-che. Im November 1918 scheiterte der Ver-such einer Revolution in Deutschland. Er-eignisse, die Spuren hinterlassen haben, die bis zu den Konflikten der Gegenwart führen. Mit der Gesellschaft veränderten sich Thea-ter, Kunst und Literatur auf radikale Weise. In der neuen Spielzeit folgen wir diesen Spu-ren und blicken noch einmal hundert Jahre zurück, als zu Beginn des 19. Jahrhunderts Aufbruchsstimmung herrschte in Europa. Freiheitspathos und Hoffnung auf eine ge-rechte, bessere Welt sind die Kraftfelder, aus denen Schiller seinen Wilhelm Tell und Beethoven den Fidelio und die Neunte Sinfonie schuf. Der glühende Wunsch nach Veränderung und die schonungslose Analyse der Gegenwart bedingen einander. Autor*innen wie Kleist, Döblin, Jelinek haben sich daran die Finger und die Köp-fe wund geschrieben. Das Ende der Spiel-zeit erzählt noch einmal von den letzten Schlachten: König Lear und Guercœur. Es gehört zu den Wundern der Kunst, dass sie noch in den größten Katastrophen den Funken der Komik entfachen kann und gerade dadurch das zutiefst Menschliche zum Vorschein bringt: Der brave Soldat Schwejk erzählt ebenso davon wie das Musicalereignis The Producers.

    In der Friedensstadt Osnabrück stellt sich das Theater einmal mehr diesen Themen, die aktueller nicht sein könnten. Wir laden Menschen, die zu uns geflüchtet sind, im-mer wieder ein, mit uns gemeinsam Thea-ter zu machen und sind dankbar für diese Begegnungen. Die Ensembles des Theaters bauen Brücken in die Welt – die Tänzer*in-nen zeigen ihre Kunst in China, die Schau-spieler*innen reisen mit Medea² nach Mosambik und das Musiktheater zeigt Antigona in den Niederlanden.

    Unsere Arbeit wird möglich durch viele Partner in der Stadt und der Region: die Universität, die Hochschule, die Museen und die Stiftungen und Sponsoren, die uns unterstützen und mit uns auf die Suche ge-hen. Doch alles wäre nichts ohne Sie – unser Publikum. Mit Applaus und Zuspruch, mit kritischen Fragen und mit unermüdlichem Enthusiasmus machen Sie mit uns in Os-nabrück das Theater zu einem der Kraft-zentren der Stadtgesellschaft. Machen wir gemeinsam weiter so! Herzlichst Ralf Waldschmidt IntendantMatthias Köhn Kaufmännischer Direktor

    LIEBES PUBLIKUM,BOTSCHAFTER DER FRIEDENSSTADT

    VORWORT DER GESCHÄFTSFÜHRUNGGRUSSWORT DES OBERBÜRGERMEISTERS

  • 4 55

    Lisa Kläger (Orchester), Sabine Szacknys (Orchester), Markus Lafleur (Studienleiter) Titelbild: Rosa Wijsman (Tänzerin), Ayaka Kamei (Tänzerin) Susann Vent-Wunderlich (Sängerin)

    Ungewöhnliche Perspektiven: Menschen, die scheinbar die Schwerkraft außer Kraft setzen, und Bilder, bei denen Sie selbst entscheiden können, wo oben und wo unten ist das erwartet die Betrachter*innen dieser Spielzeitvorschau. Gehen Sie mit uns auf Entde-ckungsreise und werfen Sie neue Blicke auf die Welt!

  • 6 7

    UA = Uraufführung, DSE = Deutschsprachige Erstaufführung, AT = Arbeitstitel

    8 = Altersempfehlung bei Kinder- und Jugendstücken

    Schauspiel

    1.9.2018, Theater am DomhofWILHELM TELLFriedrich Schiller

    2.9.2018, emma-theaterAM KÖNIGSWEGElfriede Jelinek

    13.10.2018, Theater am DomhofDER BRAVE SOLDAT SCHWEJK (UA)Nach einem Roman von Jaroslav Hašek,David Gieselmann

    14.10.2018, emma-theaterDAS GEHEIMNIS DER IRMA VEPCharles Ludlam 14.12.2018, emma-theaterNÄHE (UA) Mario Wurmitzer

    2.2.2019, emma-theaterROSA UND KARL –EINE DEUTSCHE REVOLUTIONNach Alfred Döblin

    23.2.2019, Theater am DomhofVERBRENNUNGEN Wajdi Mouawad

    6.4.2019, emma-theaterDIE FAMILIE SCHROFFENSTEIN Heinrich von Kleist 18.5.2019, Theater am DomhofKÖNIG LEAR William Shakespeare

    25.5.2019, emma-theaterWER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF? Edward Albee

    Musiktheater

    29.9.2018, Theater am DomhofFIDELIOLudwig van Beethoven

    1.12.2018, Theater am DomhofDER BETTELSTUDENTCarl Millöcker 26.1.2019, Theater am DomhofTOSCAGiacomo Puccini 23.3.2019, Theater am DomhofTHE PRODUCERSMel Brooks, Thomas Meehan

    PREMIEREN

    Übersicht Premieren 2018/19

    11.11.2018, Theater am Domhof DER SATANARCHÄOLÜGENIALKO- HÖLLISCHE WUNSCHPUNSCH 6 Michael Ende

    16.2.2019, emma-theater DIE ERSTAUNLICHEN ABENTEUER DER MAULINA SCHMITT – MEIN KAPUTTES KÖNIGREICH 10 Finn-Ole Heinrich

    27.4.2019, emma-theaterNATIVES – UREINWOHNER 14 Glenn Waldron

    Musiktheater für Kinder

    2.5.2019, Theater am Domhof/Oberes Foyer DIE FEEN 8 Richard Wagner

    Sonderprojekte

    Herbst 2018, emma-theaterSUMPFLAND Nach einem Roman und mit Musik von Nick Cave

    10.11.2018, emma-theaterBILDER DEINER GROSSEN LIEBENach dem Roman von Wolfgang Herrndorf

    4.5.2019, Theater am DomhofORLANDO Georg Friedrich Händel

    15.6.2019, Theater am DomhofGUERCŒURAlbéric Magnard

    Tanz

    27.10.2018, Theater am DomhofBEETHOVENS NEUNTE (UA) Mauro de Candia

    9.2.2019, Theater am DomhofBAUHAUS | BOLERO (UA)Mary Wigman, Edward Clug, Mauro de Candia

    8.6.2019, emma-theaterOPEN WINDOWS VII (UA)Junge Choreograf*innen

    OSKAR – Junges Theater Stadt und Land Osnabrück

    15.9.2018, emma-theater KOMMT EINE WOLKE (UA) 8 Jens Raschke

    PREMIEREN

    Übersicht Premieren 2018/19

  • 8 9

    UA = Uraufführung, DSE = Deutschsprachige Erstaufführung, AT = Arbeitstitel

    8 = Altersempfehlung bei Kinder- und Jugendstücken

    Übersicht Wiederaufnahmen 2018/19

    WIEDERAUFNAHMEN

    Schauspiel

    18.8.2018, emma-theaterDIENSTAGS BEI KAUFLAND (DSE)Emmanuel Darley

    21.8.2018, Teatro Avenida, Maputo/MosambikMEDEA² (UA) Euripides, Paulina Chiziane; Koproduktion mit dem Teatro Avenida, Mosambik

    9.9.2018, Theater am DomhofMUTTER COURAGE UND IHRE KINDERBertolt Brecht

    22.9.2018, emma-theaterVATERFlorian Zeller

    28.9.2018, Theater am DomhofFRAU MÜLLER MUSS WEGLutz Hübner

    19.10.2018, Theater am DomhofSCHÖNE BESCHERUNGENAlan Ayckbourn

    Musiktheater

    23.8.2018, Theater am DomhofCHAPLIN (DSE)Christopher Curtis

    13.9.2018, Theater am DomhofANTIGONATommaso Traetta Koproduktion des Theaters Osnabrück mit der Opera Trionfo, Niederlande

    13.12.2018, Theater am DomhofDOKTOR FAUSTFerruccio Busoni

    Tanz

    11.5.2019, emma-theaterDIE SCHÖNE MÜLLERIN (UA)Samir Calixto

    21. + 23.11.18 Leverkusen / AschaffenburgDANSE MACABREMary Wigman, Marco Goecke, Mauro de Candia

    OSKAR – Junges TheaterStadt und Land Osnabrück

    21.8.2018, emma-theaterMATTI UND SAMI UND DIE DREI GRÖSSTEN FEHLER DES UNIVERSUMS 10Salah Naoura

    25.9.2018, emma-theater MONGOS 14Sergej Gößner

    Sinfoniekonzerte

    21. / 22.10.2018, OsnabrückHalle1. SINFONIEKONZERTGoldschmidt – Ullmann – MahlerDirigent Andreas HotzSolist Herbert Schuch ( Klavier)

    12.11.2018, OsnabrückHalle2. SINFONIEKONZERTRavel – Brahms Dirigent Andreas HotzSolist Alexander Krichel (Klavier)

    10.12.2018, OsnabrückHalle3. SINFONIEKONZERTGabrieli – Beethoven – Kurtág – Wagner – Ives – Honegger Dirigent Marc Niemann Solistin Nami Ejiri (Klavier) Moderation N.N.

    16. / 18.2.2019, Hoher Dom zu Osnabrück4. SINFONIEKONZERTBach – HaydnDirigent Clemens Breitschaft Solist*innen Erika Simons (Sopran), Katarina Morfa (Alt), Daniel Wagner (Tenor), Andreas Wolf (Bass) Mit Domkammerchor Osnabrück

    Übersicht Konzerte 2018/19

    KONZERTE

    4.3.2019, OsnabrückHalle5. SINFONIEKONZERTBartók – Preisträger*innenkonzert – MozartDirigent Andreas HotzSolist*in Preisträger*in des Osnabrücker Musikpreises

    31.3. / 1.4.2019, OsnabrückHalle6. SINFONIEKONZERTWidmann – SchubertDirigent Andreas Hotz

    13.5. / 2.6.2019, OsnabrückHalle7. SINFONIEKONZERTCopland – Dünser – DvořákDirigent Daniel InbalSolist Michal Majersky (Violine)

    28.6.2019, Domvorplatz8. SINFONIEKONZERTHolst – Tschaikowski – Williams Dirigent Andreas HotzSolist Tzimon Barto (Klavier)

    Zu den Sinfoniekonzerten am Sonntagvormittag haben Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Begleitung eines*einer Erwachsenen freien Eintritt.

  • 10 11Übersicht Konzerte 2018/19

    KONZERTE FÜR GROSS UND KLEIN

    Schlosskonzerte Hayden – Mozart aufgeklärt

    Dirigent Andreas HotzModeration Stefan Hanheide und Studierende der Universität Osnabrück Ort Aula der Universität, Schloss

    28.10.20181. SCHLOSSKONZERTMozart – Haydn

    23.2.20192. SCHLOSSKONZERTMozart – Haydn

    18.5.20193. SCHLOSSKONZERTHaydn – Mozart

    Kammerkonzerte

    7. / 8.9.2018WOHNTON 2018 Hausmusik im Festival-Format 4.11.2018Orchesterstudio1. KAMMERKONZERTNachtstücke

    24.2.2019Orchesterstudio2. KAMMERKONZERTDeep Brass

    17.3.2019Orchesterstudio3. KAMMERKONZERTCamerata Osnabrück

    23.6.2019Orchesterstudio4. KAMMERKONZERT Klavierquartett

    Liederabende

    29.10.2018Theater am Domhof/Oberes Foyer1. LIEDERABENDKlingende Landschaften

    Frühjahr 2019Theater am Domhof/Oberes Foyer2. LIEDERABENDDie Landschaft des Exils

    Sonderkonzerte

    23.12.2018, 17 Uhr Theater am DomhofWEIHNACHTSKONZERT

    KONZERTE FÜR GROSS UND KLEIN

    1.1.2019, 17 UhrOsnabrückHalle, EuropasaalKONZERT ZUM NEUJAHRSTAG 2019

    6.2.2019, 19.30 UhrOsnabrückHalle, EuropasaalA CAPELLA MEETS ORCHESTRA

    29.6.2019, 20.30 Uhr Domvorplatz15 JAHRE MORGENLAND FESTIVAL OSNABRÜCK

    Schulkonzerte

    7.2.2019, OsnabrückHalle ARTHUR HONEGGER UND CHARLES IVES: RAUM UND BEWEGUNG7.–9. Klasse

    27.5.2019, OsnabrückHalleJOSEPH HAYDN: LA POULE1.–4. Klasse

    1.6.2019LET‘S SINGEIN CHORPROJEKT FÜR SCHULEN6.–9. Klasse

    18.6.2019, OsnabrückHalleGUSTAV HOLST: DIE PLANETEN5.–6. Klasse

    Purzelkonzerte 0

    26.10.2018 + 21.2.2019Theater am Domhof/Oberes FoyerFORTISSIMO! PIANISSIMO!

    8.3. + 14.3.2019Theater am Domhof/Oberes FoyerDAS TAPFERE GEIGERLEIN

    16.5.2019Theater am Domhof/Oberes FoyerES WAR EINMAL Wiederaufnahme aus der Spielzeit 2017 / 18

    Strolchkonzerte 3

    20. + 22.9.2018 / 22.5.2019Theater am Domhof/Oberes FoyerVOM TUTEN UND SCHLAGEN Wiederaufnahme aus der Spielzeit 2017/18

    14.10.2018Theater am Domhof/Oberes FoyerSTROLCH-SPEZIAL: AUGE UND OHREN

    24. + 27.11.2018Theater am Domhof/Oberes FoyerFEUER, WASSER, LUFT

    17. + 27.1.2019Theater am Domhof/Oberes FoyerSING MIT!

    Übersicht Konzerte 2018/19

  • 12

    ist, sich persönlich zu kennen

    Jörg-Uwe Kerstein (Technischer Direktor) Stephanie Schümann (Regieassistentin)Daniel Wagner (Sänger), Jan Friedrich Eggers (Sänger)

    Rhys Jenkins (Sänger), José Gallisa (Sänger)

  • 14 15

    „Revolution stand auf unseren Fahnen, Re-volution stand uns im Gesicht. Wir haben erlebt, was andere nicht mal ahnen. Revolu-tion, weniger wollten wir nicht.“ (Kopfüber in die Hölle, Farin Urlaub)

    Gleichgültigkeit, Rückzug vor den heimi-schen Bildschirm: Sei es um durch das Fern-sehen zu zappen oder die neueste Netflix-Se-rie zu streamen. Der moderne Mensch zieht sich in seine vier Wände zurück, wie weiland der Bürger in der Biedermeierzeit. Derweil besetzen rechte, rückwärtsgewand-te Strömungen mit dem einst linken Wort ‚Revolution‘ die öffentlichen Plätze.

    Das Theater darf sich nicht verstecken, nicht zurückziehen. Unsere Aufgabe ist es, das Gegenwärtige zu spiegeln, eine Brücke aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft zu bauen. Wir wollen uns der Diskussion stellen – wir bieten die Stirn.

    Verstehen wir in Schillers Wilhelm Tell die Revolution als eine linke, auf Freiheit und Revolte abzielende Bewegung, oder sind die Eidgenossen nicht doch als Vor-boten der nationalistischen Abgrenzung zu sehen, der wir derzeit vermehrt begegnen? In Rosa und Karl sehen wir die Ikonen der linken Intellektuellen Opfer der Wirrungen

    und Repressalien einer unsicheren Zeit des Umbruchs werden. Auch in unserer Komödie im Großen Haus untersucht der viel gespielte Autor David Gieselmann in seiner Adaption von Jaroslav Haeks Roman Der brave Soldat Schwejk das Schicksal des Überlebenskünstlers im Cha-os des Ersten Weltkrieges, eines Krieges auf den eine Revolution von rechts folgte, die in den Wahnsinn des Zweiten führte.

    ‚Revolution‘ ist immer eine Zeit des Um-bruchs, der Verunsicherung und im besten Falle ein Aufbruch in eine neue, weltoffe-nere Zeit. Lassen Sie nicht die verbohrten, engstirnigen Menschen die Revolution führen. Überlassen Sie den öffentlichen Raum und das politische Leben nicht den Rückwärtsgewandten! Theater kann, ja muss, der Ort für eine Revolution sein. Eine, die die Welt größer und freier macht. Keine, die Neues und Fremdes kategorisch ablehnt. Lassen Sie uns gemeinsam die Mauern in den Herzen und den Köpfen sprengen! Kommen Sie zu uns – es lohnt sich! Diese Welt ist noch nicht verloren!

    Herzlichst,Ihr Dominique SchnizerSchauspieldirektor

    LIEBES PUBLIKUM,

    VORWORT SCHAUSPIEL

    SCHAUSPIEL

    Juliane Böttger (Schauspielerin), Philippe Thelen (Schauspieler), Oliver Meskendahl (Schauspieler)

    Scha

    uspi

    el

  • 16 17

    Inszenierung Robert Teufel Bühne Friederike Meisel Kostüme Rebekka Zimlich Dramaturgie Sven Kleine

    In den Schweizer Kantonen herrscht Verzweiflung. Allzu tyrannisch und rechtsverletzend gebärden sich die Landvögte, die als Statthalter von der Habsburger Krone eingesetzt wurden. Ohnmächtig nehmen die Bewoh-ner*innen hin, wie ihre uralten ver-bürgten Rechte und Freiheiten außer Kraft gesetzt werden und stattdessen willkürlicher Despotismus herrscht. Als das Maß des Erträglichen durch den Landvogt Gessler überschritten wird, formiert sich eine Opposition: Die Schweizer Kantone bekräftigen mit einem Schwur ihre Einheit und den Willen zum Widerstand. Doch die Ini-tialzündung zum Aufbegehren bleibt aus. Erst mit dem eigentlich unpoliti-schen Einzelgänger Tell, dem schweres Unrecht durch Gessler widerfährt, fin-det sich der Mann der Stunde und der Tat. In der gewaltsamen Revolte stellt sich allerdings auch die Frage, wie ein künftiges Gemeinwesen auszusehen hat. Ist die Vision der Schweizer allein rückwärts gewandt?

    Über 500 Jahre geht Friedrich Schiller in seinem letzten zu Lebzeiten veröf-fentlichten Drama Wilhelm Tell in die Vergangenheit zurück. Dort fand er den geeigneten Stoff, um die Suche nach Antwort auf historisch-politische Kernfragen der Menschheit poetisch zu gestalten. Anhand von Prozessen, die von der Geburt einer Nation erzäh-len, berührt Schiller das Problem einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. Pendelnd zwischen den Extremen (Gewalt-)Herrschaft und freiheitliche Vereinbarung, werden im Tell unter-schiedliche staatspolitische Entwürfe ausgelotet.

    Mit seinen Regiearbeiten Orest und Unterwerfung hat Robert Teufel dem Osnabrücker Publikum bereits gezeigt, wie präzise er zum wesentlichen Kern eines Stückes vordringen kann und da-durch anschlussfähige Lesarten für un-sere Zeit auf die Bühne bringt.

    PREMIERE 1.9.2018

    Theater am Domhof

    WILHELM TELL

    FRIEDRICH SCHILLER

    Inszenierung Felicitas Braun Bühne Timo von Kriegstein Kostüme Aleksandra Kica Dramaturgie Marie Senf

    Er wurde gewählt, um die Abgehängten wieder anzuhängen, er hat den Stimm-losen ein Stimmlos verkauft, um ihnen wieder eine Stimme zu geben, leider nur eine einzige, nämlich seine. Er ist der Blinde unter den Blinden, von sich selbst geblendet, vom Glanz seiner Immobilien, Golfplätze und Casinos. Blind auch das Volk, das ihn gewählt hat, blind darauf vertrauend, vom Joch der Arbeitslosigkeit und Kreditschul-den befreit zu werden. Blind auch die Intellektuellen, die den Sieg des Königs weder vorausgesehen noch verhindert haben und jetzt feststellen müssen, dass ihnen noch nie jemand zugehört hat: „Wer sind wir denn? Wer sind wir denn, dass wir sprechen? Das ist vorbei.“

    In einer furiosen Wutrede, die nichts und niemanden ausspart, entwirft No-belpreisträgerin Elfriede Jelinek das Bild eines politisch-finanzwirtschaftli-chen Komplexes, der durch und durch marode ist, eines Diskurses, in dem alles wahr und falsch zugleich, also nur noch beliebig ist. Eine künstlerische Antwort auf das Phänomen Trump, die

    sich nicht in moralischer Überlegenheit und Selbstgewissheit gefällt, sondern die Frage nach der (Un-)Möglichkeit von Wahrhaftigkeit und Hellsichtigkeit in einer Welt der Sprachspiele themati-siert. Gibt es überhaupt eine Antwort auf Hass, Wut und Gewalt? Im Refe-renzrahmen zwischen antiken Mythen, Shakespeare’schen Königsdramen und dem Rauschen von Twitter erweist sich der Königsweg als Scheideweg – oder als Holzweg. „Kein Haus mehr, kein Schutz mehr, keine Wahrheit.“

    Regie führt Felicitas Braun, die sich nach ihren Inszenierungen von Lucas and time und Sybille Bergs Und dann kam Mirna zum dritten Mal für das Theater Osnabrück eines brennend zeitgenössischen Stoffes annimmt.

    AM KÖNIGSWEG

    ELFRIEDE JELINEK

    PREMIERE 2.9.2018

    emma- theater

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  • 18 19

    Inszenierung Thomas Dannemann Bühne, Kostüme Justus Saretz Dramaturgie Jens Peters

    Die Figur des tschechischen Soldaten Schwejk ist der Inbegriff des gewitzten Schelms, der durch seine Redseligkeit, die Übererfüllung seiner Pflichten und sein unverwüstliches Gemüt die Absur-ditäten des Ersten Weltkriegs deutlich werden lässt. Mit traumwandlerischer Sicherheit marschiert er von Station zu Station, angefangen bei der Zwangsre-krutierung als Vaterlandsverräter über die verschiedenen Militärgefängnisse und Krankenhäuser, die ihm seine un-heilbare Dummheit schriftlich nach-weisen, und die verlotterten Heerlager in der Etappe hinter der Front, wo auf-geblasene Offiziere ihre Untergebenen knechten, bis ins eigentliche Kriegsge-schehen an der Ostfront. Überall, wo er ist, legt Schwejk mit entwaffnender Naivität den Finger in die Wunde der grassierenden Missstände. Am Ende wird er trotz aller Anfeindungen durch die Obrigkeit den Krieg unbeschadet überleben, im Gegensatz zu den vielen Toten und Verstümmelten dieses ersten weltumfassenden maschinellen Massa-kers.

    Passend zum Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs schreibt David Gieselmann eine neue Fassung des tschechischen Klassikers speziell für das Theater Osnabrück. Schon 2013 ver-fasste Gieselmann, dessen bekanntestes Stück Herr Kolpert ein weltweiter Er-folg war, für das Festival Spieltriebe 5 die Komödie Die Phobiker.

    Thomas Dannemann, Jahrgang 1968, ist Schauspieler und Regisseur. Er in-szenierte unter anderem am Deutschen Theater Göttingen und am Schauspiel Stuttgart, am Schauspiel Hannover, am Residenztheater München und am Deutschen Nationaltheater Wei-mar. Zuletzt führte er Regie bei Maria Stuart am Staatstheater Dresden. Mit Der brave Soldat Schwejk stellt er sich dem Osnabrücker Publikum vor.

    PREMIERE 13.10.2018

    Theater am Domhof

    DER BRAVE SOLDAT SCHWEJK

    DAVID GIESELMANN

    Nach einem Roman von Jaroslav Hašek

    Uraufführung

    Valentin Klos (Schauspieler) Milena Kowalski (Dramaturgieassistentin)Lisa-Marie Oliva (Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros), Patricia Vieregg (Chefdisponentin), Rona Ludin (Regieassistentin)

  • 2120

    Inszenierung Dominique Schnizer Bühne, Kostüme Christin Treunert Dramaturgie Sven Kleine

    „Mumien, Monstren, Mutationen...“ – Wer erinnert sich nicht an das schau-rig-schöne Gefühl, wenn dieser Trailer einen Klassiker des Horrorgenres im Fernsehen ankündigte?

    Lord Edgar, ein hochkarätiger Ägypto- und ‚Sarkophagologe‘ hat nach dem Tod seiner geliebten Gattin Irma Vep mit der ehemaligen Schauspielerin Lady Enid endlich eine neue Partnerin gefunden und sie geheiratet. Da jedoch die Haushälterin Jane Twisden, der Stallknecht Nicodemus Underwood und sogar Edgar selbst auf seinem An-wesen einen mysteriösen Kult um die verstorbene Irma betreiben, fühlt sich Enid als neue Dame des Hauses nicht besonders wohl. Als sich dann auch noch ein monströses Wesen an Enid vergreifen will, keimt ein fürchterli-cher Verdacht auf: Trachtet Irma Vep als Wiedergängerin Lady Enid nach dem Leben?

    Das Geheimnis der Irma Vep ist ein spannend-komisches Gruseldrama für zwei Schnellverwandlungskünstler.

    Alle Klischees, alle Mythen des Hor-ror-Genres werden hier gnadenlos ausgespielt: von den Edgar-Wallace- Filmen aus den Sechzigern über Alfred Hitchcocks Rebecca bis hin zu Roman Polanskis Meisterwerk Tanz der Vampire.

    Der US-amerikanische Film- und Theaterschauspieler, Dramatiker und Filmemacher Charles Ludlam gehört zu den Opfern der ersten AIDS-Welle, er verstarb 1987. Erfahrungen mit der Krankheit fanden auch Eingang in sein Werk. Die Früchte seines sparten- und genreübergreifenden Wirkens zeigen sich vor allem in seinem Meisterwerk Irma Vep.

    Schauspieldirektor Dominique Schni-zer wird sich in der kommenden Spiel-zeit wieder einem komödiantischen Stück im emma-theater widmen (wie bereits 2016 mit Frau Müller muss weg). Dabei wird dem Cineasten seine Affinität zur Filmwelt besonders zugu-te kommen.

    PREMIERE 14.10.2018

    emma-theater

    DAS GEHEIMNIS DER IRMA VEP

    CHARLES LUDLAM

    Deutsch von Frank Günther

    Valentin Klos (Schauspieler) Milena Kowalski (Dramaturgieassistentin) Jens Peters (Leitender Schauspieldramaturg)Marie Senf (Schauspieldramaturgin),

    Jens Peters (Leitender Schauspieldramaturg), Sven Kleine (Schauspieldramaturg)

  • 22

    Inszenierung Ron Zimmering Bühne Ute Radler Kostüme Benjamin Burgunder Dramaturgie Jens Peters

    „Früher war die Zukunft für uns noch größer als heute. Wir haben uns gefreut auf das, was noch kommt. Na ja. Da kam nicht genug.“ Lisa, die Protago-nistin von Nähe, verkörpert dieses Ge-fühl, das eine ganze Generation betrifft, par excellence. Sie ist in ihr Heimatdorf zurückgekehrt, das sie direkt nach der Schule mit dem Gefühl verlassen hatte, hier etwas zu verpassen. Konkreter An-lass für Lisas Rückkehr ist der Schlag-anfall ihres Vaters Heinz. Vielleicht ist dies die letzte Chance für sie, die Dis-tanz zwischen ihnen zu überwinden und zum ersten Mal das herzustellen, was das Stück so prominent im Titel trägt, eben weil es allen Figuren daran mangelt: Nähe. Doch Lisa und Heinz scheinen heillos in ihrer inneren Leere gefangen zu sein. Da bedarf es des Be-suchs diverser Wiedergänger aus ihrem Leben, um sie zueinander finden zu lassen.

    Der österreichische Autor Mario Wurmitzer, Jahrgang 1992, hat mit seiner Tragikomödie Nähe den Osnabrücker Dramatikerpreis 2017

    gewonnen. 2010 erschien sein Jugend-buch Sechzehn, im Frühjahr 2018 wird sein Roman Im Inneren des Klaviers publiziert. Seine Texte wurden mehr-fach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin.

    Ron Zimmering (geboren 1984) wird bei der Uraufführung von Nähe Re-gie führen. Schon zuvor hat er am Theater Osnabrück mit seinen Insze-nierungen von Der finstere Plan der Vintila Radulescu, Terror und Bandscheiben vorfall ein besonde-res Gespür für zeitgenössische Drama-tik bewiesen.

    PREMIERE 14.12.2018

    emma-theater

    1. Preisträger des Osnabrücker Dramatikerpreises 2017

    NÄHE

    MARIO WURMITZER Uraufführung

    Ein Förderprojekt des

    René B. Meyerkoort (Technischer Produktionsleiter), Jörg-Uwe Kerstein (Technischer Direktor)

    Anja Flemming (Inspizientin), Greta-Marie Nienstedt (Assistentin des Leiters der Dekorationswerkstätten)

  • 24

    Inszenierung Sophia Barthelmes Bühne, Kostüme Anthoula Bourna Dramaturgie Marie Senf

    „Während Liebknecht mit seinen Arbei-tern vor das Schloß zog und von einem Schloßfenster aus die Republik ausrief, stieg Scheidemann am Reichstag ans Fenster und rief sie von da aus. Zwei-mal war diese Republik ausgerufen; es konnte ihr an nichts fehlen.“

    Ein bitteres Werk des Exils, voller Nachtgedanken an Deutschland. Ein historischer Roman, der in jedem Au-genblick die Gegenwart meint – Alfred Döblins monumentales Epos Novem-ber 1918. Eine deutsche Revoluti-on. Erst 1978 erstmals vollständig ge-druckt, fokussiert der vierte und letzte Teil auf die 1919 von Freikorps-Offi-zieren ermordeten Spartakisten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Lieb-knecht, der sich in der Haft nach einem Hochverratsprozess mit preußisch an-mutender Disziplin aufrechterhält. Lux-emburg, die im Gefängnis in Breslau den Verstand zu verlieren droht. Und dazwischen Verlorene, Kriegsversehrte, Politiker, Kleinbürger und dann – die Revolution. Die, da sie eine deutsche ist, scheitern wird – scheitern muss?

    Zwischen 1937 und 1943 im franzö-sischen und amerikanischen Exil ver-fasst, beschreibt Döblins Werk die Zeit von November 1918 bis Januar 1919 als deutsche Ursünde, die die Weichen für den Nationalsozialismus und den Zwei-ten Weltkrieg stellt. Ein lyrisches, dra-matisches und reflexives Monument, das zwischen politischer Theologie und böser Satire sehr heutige Fragen stellt. Regisseurin Sophia Barthelmes, deren musikalisch-performative Textinstalla-tion Staging Love zu den High lights des Spieltriebe 7-Festivals gehörte, widmet sich mit Rosa und Karl nicht nur dem spezifisch „Deutschen“ des Scheiterns von 1918, sondern auch der Frage, welche Rolle Männer- und Frau-enbilder in diesem Scheitern spielen – und was das für eine heutige, erneut aus den Fugen geratene Welt bedeuten kann.

    PREMIERE 2.2.2019

    emma-theater

    ROSA UND KARL –EINE DEUTSCHE REVOLUTION

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    Andreas Hotz (Generalmusikdirektor)

    Alexander Wunderlich (Pers. Referent des Intendanten, Musiktheaterdramaturg), Christoph Lang (Leitender Musiktheaterdramaturg)

    Inszenierung Christian von Treskow Dramaturgie Sven Kleine

    Eine banale Testamentseröffnung ist der Auftakt dieser wahnwitzigen Ge-schichte. Mutter Nawal hat ihre Erb-schaft mit einem schrulligen Auftrag verknüpft. Widerwillig nehmen ihre Zwillingskinder Jeanne und Simon die testamentarische Verfügung entgegen, sich auf die Suche nach ihrem (tot ge-glaubten) Vater und einem weiteren Bruder zu machen (von dessen Exis-tenz beide bisher nichts wussten) und jeweils einen Brief zu überbringen. Das Unterfangen erweist sich als schwierig, da Nawal vor Jahrzehnten schwer trau-matisiert vor dem Libanonkrieg nach Frankreich geflohen war.

    Die nun beginnende Reise der beiden wird immer mehr zu einer existenziel-len Suche nach den Ursprüngen einer durch Gewalt, Vertreibung und Exil zerrissenen Familie. Sie gleicht dem Hinabsteigen in einem dunklen Schacht in die verborgene Geschichte von Ein-zelschicksalen und kollektiven Trauma-ta. Mit der Wucht antiker Tragik, die an Sophokles̓ König Ödipus denken lässt, offenbart sich den beiden ein Alp-

    traum als Wurzel ihres Seins und ihrer Herkunft.

    Das im In- und Ausland oft gespielte Gegenwartsstück hat (leider) seit sei-nem Erscheinen 2003 nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Ganz im Gegen-teil! Die politischen Erdbeben in der arabischen Welt fügten ihm eine neue Dimension hinzu.

    Kaum ein anderer Gegenwartsdramati-ker hat die schicksalhafte Unerbittlich-keit, mit der die Menschen als Spielball der Geschichte herumgeworfen wer-den, sprachgewaltiger eingefangen als der 1968 im Libanon geborene franko-kanadische Autor und Regisseur Wajdi Mouawad.

    Regisseur Christan von Treskow wird zum ersten Mal am Theater Osnabrück inszenieren. Seine bildstarke, körperin-tensive Regiehandschrift prädestiniert ihn für dieses dunkle Märchen, das sich aus der Schattenseite unserer Wirklich-keit speist.

    Deutsch von Uli Menke

    VERBRENNUNGEN

    WAJDI MOUAWAD

    PREMIERE 23.2.2019

    Theater am Domhof

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    PREMIERE 6.4.2019

    emma-theater

    Inszenierung Daniel Foerster Bühne, Kostüme Lydia Huller Dramaturgie Marie Senf

    Die Häuser der Familien Schroffenstein aus Rossitz und Warwand sind auf den Tod verfeindet: Ein Erbvertrag be-stimmt, dass im Falle der Auslöschung einer Familie deren gesamter Besitz an die andere fällt. Das ständig schwe-lende Misstrauen bricht erneut auf, als Peter, der Sohn des Hauses Rossitz, tot aufgefunden wird und der Verdacht so-fort auf das Geschlecht Warwand fällt. Diese Feindseligkeiten werfen auch einen Schatten auf die Liebe zwischen Agnes aus dem Hause Warwand und Ottokar aus dem Hause Rossitz. Der Versuch der Liebenden, sich zu retten und ihre Väter zu versöhnen, endet in einer Katastrophe.

    1804 in Graz uraufgeführt, sprengte bereits Kleists Erstling die Grenzen der konventionellen Ästhetik und rief ver-ständnislose Kritiker auf den Plan. Die Bedingungslosigkeit, mit der der junge Kleist gegen die Einheiten von Raum und Zeit verstieß und die stabile Reprä-sentationslogik aufbrach, sollte später auch Goethe zu dem Urteil veranlassen, es gäbe bei Kleist „etwas Unschönes

    in der Natur, etwas Beängstigendes“. Doch gerade die Paradoxie verzwei-felter Wahrheitssuche, die Exzesse un-genügender Vernunft, die auch Kleists spätere Stücke auszeichnen, wirken heute atemberaubend modern. Un-begreiflich ist weniger die Wirklich-keit per se als der Wahrheitsanspruch der Aussage über sie, etwa wenn Graf Sylvester aus dem Haus Warwand insistiert: „So sag s̓ mir einmal noch. Ist s̓ wahr, / Ist s̓ wirklich wahr?“.

    Regie führt Daniel Foerster, der bereits mit der Inszenierung von Sascha Hargesheimers Archiv der Erschöp-fung beim Spieltriebe 6-Festival Furore machte. Seitdem inszenierte er unter anderem in Frankfurt, Mainz, Leipzig und Freiburg und mit Die Familie Schroffenstein zum zwei-ten Mal am Theater Osnabrück.

    HEINRICH VON KLEIST

    DIE FAMILIE SCHROFFENSTEIN

    Luisa Rubel (Inspizientin), Johannes Bussler (Schauspieler),

    Ralf Berning (Tontechniker)

  • 30 31

    Inszenierung Dominique Schnizer Bühne, Kostüme Christin Treunert Dramaturgie Jens Peters

    Ein Reich zerfällt und ein Neuanfang ist nicht in Sicht. Denn es ist die Kälte, die den Platz einnimmt, den Lear voreilig verlassen hat. Er glaubte sich durch eine einfache Prüfung ein Altern in Würde und Ehre zu sichern: Welche seiner drei Töchter liebt ihn am meisten? Doch genau diese Frage legt Lears eklatantes Missverständnis des menschlichen Zu-sammenlebens frei, auf dem seine Re-gierung und sein Familienleben fußten. Denn Liebe lässt sich nicht quantifizie-ren – was messbar ist, was sich auszu-zeichnen sucht, wie die Bekundungen seiner beiden ältesten Töchter Goneril und Regan, ist nur äußerlich, ist nur Heuchelei. Nur seine jüngste Tochter Cordelia ist ehrlich – aber liegt hier Zuneigung zum alternden Vater? Oder nicht doch eher kalte Selbstgerechtig-keit? Lear wird verstoßen, verlassen und erkennt im Moment der größten Unbehaustheit, im Sturm auf der Heide: „Gestatte der Natur nicht mehr, als die Natur auch braucht. / Ein Menschen-leben ist so billig wie das eines Tiers.“

    Vielleicht gibt es Hoffnung, in Gestalt von Edgar, der sich – obwohl von ihm verstoßen – liebevoll und inkognito um seinen geblendeten Vater Gloster kümmert, der ebenso hochfahrend wie Lear mit seinen Kindern verfahren ist. Doch diese Hoffnung bleibt fragil und die Zukunft bis zum Ende ungewiss: „Unter der Last der schlimmen Jahre sind wir schwer entartet, / Wir müssen lernen, was uns drückt zu sagen, nicht, was man erwartet.“ Kann bei solch ei-ner Hypothek ein Neuanfang gelingen?

    Dominique Schnizer beschließt im Schauspiel die Spielzeit 2018/19 mit Shakespeares berühmtem Endspiel. Nach Nathan der Weise und Medea² befragt er wieder einen der ganz großen Klassiker auf seine Aktualität in einem Jahr, in dem sich das Ende des Ersten Weltkriegs, der Zerfall einer alten und die schwierige Geburt einer neuen Ord-nung in der Revolution von 1918 zum 100. Mal jährt.

    PREMIERE 18.5.2019

    Theater am Domhof

    KÖNIG LEAR

    WILLIAM SHAKESPEARE

    Inszenierung Elina Finkel Bühne, Kostüme Norbert Bellen Dramaturgie Marie Senf

    Liebe, Hass, Lügen und Alkohol: George, Professor für Geschichte an einem Provinz-College, und seine Frau Martha haben das junge Paar Nick und Honey nach einem offiziellen Fest zu einem nächtlichen Absacker in ihr Haus eingeladen. Doch anstatt einer Cocktail-Stunde zur Beförderung von Nicks akademischer Karriere, wird man zu Zuschauer*innen des fast schon ritu-ell anmutenden Ehekrieges der Älteren. Alkoholpegel und Aggressionslevel steigen, während Martha, die Tochter eines Universitätsprofessors, sich in den immergleichen Vorwürfen – Georges mangelnder Ehrgeiz, seine gescheiterte Karriere – und ihr Mann sich in zy-nischer Resignation ergeht. Doch in dieser Nacht geht das Spiel unversehens zu weit und fordert mehr als nur ein Opfer …

    Seit der New Yorker Uraufführung 1962 gilt Edward Albees preisgekrön-tes Stück als moderner Klassiker und Schauspielerfest, das die tiefsten Ge-heimnisse und Verletzungen seiner Protagonist*innen ans Licht zerrt und die Lügen und Abgründe der Bezie-hungen zugleich als deren Motor zeigt.

    Regisseurin Elina Finkel inszeniert u. a. in Oldenburg, Konstanz und Zürich und wurde für Regie und Neuüberset-zung von Tschechows Drei Schwes-tern mit dem Erlangener Theaterpreis ausgezeichnet. Mit Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, der ‚Mutter aller Zimmerschlachten‘, stellt sie sich erstmals am Theater Osnabrück vor.

    WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF?

    EDWARD ALBEE

    PREMIERE 25.5.2019

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  • 32Deutschsprachige

    Erstaufführung Uraufführung

    Medea² ist eine Koproduktion mit dem Goethe Institut (Internationaler Koproduktionsfonds).

    Gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes.

    Ralf Waldschmidt (Intendant)

    „Arrogante Europäerin oder unverschämte schwarze Flüchtlingsfrau? Je nachdem ob die schwarze oder die weiße Medea stolz in der Fremde umhergeht, werden eigene Klischees bewusst. Und so wird [Medea²]auf einmal zur universellen Erzählung da-rüber, wie Menschen allem Fremden mit Angst und Gewalt begegnen.“Deutschlandfunk

    WIEDERAUFNAHME 21.8.2018, Teatro Avenida, Maputo / Mosambik

    Inszenierung Dominique SchnizerBühne, Kostüme Christin TreunertKünstlerische Projektleitung Mosambik, Kostüme Manuela SoeiroMusik Ernst Bechert, Celso DurãoDramaturgie Jens Peters

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    Nach dem großen Erfolg beim 7. Spieltrie-be-Festival ist die Produktion in der Spiel-zeit 2018/19 im emma-theater zu sehen:

    „Marie-Pierre besucht jeden Dienstag ihren verwitweten Vater, macht bei ihm sauber und geht mit ihm zu Kaufland. Für den Vater ist das aber kein Glück, denn seine Tochter wurde als Jean-Pierre gebo-ren. Die Geschichte von Marie-Pierre und ihrem Vater ist von vielen Enttäuschungen geprägt. […] Durch de la Parras assoziati-onsreichen Umgang mit dem Text und die Rauminstallation von Schog gewinnt die Inszenierung jedoch die Distanz, die es braucht, damit sich auch all diejenigen im Publikum dem Thema stellen können, die damit bislang nicht in Berührung gekom-men waren.“ nachtkritik.de

    WIEDERAUFNAHME 18.8.2018, emma-theater

    Inszenierung Nina de la ParraBühne, Kostüme Berit SchogDramaturgie Alexander Wunderlich

    DIENSTAGS BEI KAUFLAND

    MEDEA²

    EMMANUEL DARLEY

    NACH EURIPIDES UND MIT TEXTEN

    VON PAULINA CHIZIANE

    Deutsch von Klaus GronauKoproduktion mit dem Teatro Avenida, Mosambik

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  • 34 35FLORIAN ZELLER

    VATER

    Eine Tragikomödie über Alzheimer aus der Perspektive eines Alzheimererkrankten – Florian Zeller gelingt mit seinem preisge-krönten Stück das scheinbar Unmögliche. Aus der Sicht des 80-jährigen Witwers André erzählt der Autor eine schmerzhaft komische Geschichte, in deren faszinieren-der Schachtelstruktur die Realität immer schwieriger auszumachen ist.Florian Zeller, Jahrgang 1979, gehört zu den erfolgreichsten zeitgenössischen Au-toren Frankreichs. Für Vater, dessen Tri-umphzug bis zum Broadway reicht, erhielt er den Prix Molière.Regisseur Tuğsal Moğul inszenierte am The-ater Osnabrück bereits Die unbekannte Stadt.

    WIEDERAUFNAHME 22.9.2018, emma-theater

    Inszenierung Tuğsal MoğulBühne, Kostüme Ariane SalzbrunnDramaturgie Jens Peters

    In Brechts Lehrstück schlägt sich die Titel-heldin durch die Wirren des Dreißigjähri-gen Krieges, um mit ihren Kindern in einer apokalyptischen Welt zu überleben. Dabei ist sie ein ‚kleines Rädchen‘ im großen Kriegsgetriebe. Als fahrende Händlerin, die im Tross der Soldaten ihre Geschäfte macht, treibt sie den Krieg an, wird aber auch von ihm getrieben.„Die kluge Inszenierung von Schirin Khodadadian hat gezeigt: So beklemmend aktuell kann Bertolt Brechts Mutter Courage und ihre Kinder von 1938/39 immer noch sein. […] Wie schon für Bernarda Albas Haus haben mit Mittler, Willi und Khodadadian drei Frauen ge-meinsam symbolstarke Bilder geschaffen.“ Neue Osnabrücker Zeitung

    WIEDERAUFNAHME 9.9.2018, Theater am Domhof

    Inszenierung Schirin KhodadadianBühne Carolin MittlerKostüme Charlotte Sonja WilliMusikalische Leitung Michael BarfußDramaturgie Sven Kleine

    MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER

    BERTOLT BRECHT

    Die Erfolgskomödie von Lutz Hübner aus den vergangenen beiden Spielzeiten ist auch 2018/19 wieder im Theater am Dom-hof zu erleben:„Pädagogik, Psycho, pointiert am Puls des alltäglichen Erziehungswahnsinns! […] Dominique Schnizer hat das Stück schnör-kellos inszeniert. Die Charaktere entlarven sich selbst. Die Bühne (Christin Treunert) zeigt im Breitbildformat ein typisches Klas-senzimmer mit Tafel, Pult und Sitzbänken, das Publikum hockt in langen Reihen davor. […] Gute Noten für ‚Frau Müller muss weg‘: Publikum amüsiert, grandiose Schauspieler, klare Inszenierung.“Osnabrücker Nachrichten

    WIEDERAUFNAHME 28.9.2018, Theater am Domhof

    Inszenierung Dominique SchnizerBühne, Kostüme Christin TreunertDramaturgie Maria Schneider

    „Fast könnte man meinen, dass die dar-gebotenen Szenen das Geschehen ad ab-surdum treiben, und dennoch zeigt sich, dass genau diese Situationen als partielle Kapitel der eigenen Familienbiographie durchgehen und realistischer kaum sein könnten. Mit ein wenig Abstand lässt sich dies vor der Bühne jedoch wesentlich besser ertragen und sorgt als großartige Inszenierung mit pointenreicher Situati-onskomik wunderbar für Kurzweil, die an mancher Stelle Tränen in die Augen treibt. ‚Schöne Bescherungen‘ ist eine wunderbare Komödie, die auf ganzer Linie dank cha-rakterstarker Schauspieler zu überzeugen weiß.“ www.kultura-extra.de

    WIEDERAUFNAHME 19.10.2018, Theater am Domhof

    Inszenierung Dominique SchnizerBühne, Kostüme Christin TreunertDramaturgie Sven Kleine

    FRAU MÜLLER MUSS WEG

    SCHÖNE BESCHERUNGEN

    LUTZ HÜBNER ALAN AYCKBOURN

    Mitarbeit Sarah NemitzDeutsch von Annette und Paul BäckerEine alljährliche KomödieDeutsch von Max Faber

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    Cornelia Kempers (Schauspielerin) Christof Stein (Leiter Kartenvertrieb), Björn Brönstrup (Kartenvertrieb)

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    Menschen in extremen Gefühlszuständen zu zeigen, ist eine besondere Stärke des Mu-siktheaters: Die Musik kann hier in Kom-bination mit einer Handlung ans Äußerste ihrer Ausdruckskraft gelangen. In extremen Welten leben alle Protagonist*innen der Premieren der Spielzeit 2018/19. Ihre priva-ten Konflikte sind Kondensate des sie umge-benden Weltgeschehens.

    Leonore lässt sich in Beethovens Fidelio unter falscher Identität als Gefängniswär-ter anstellen, um ihren zu Unrecht ein-gekerkerten Mann zu befreien. Am Ende befreit sie nicht nur ihren Gatten, sondern bringt ein ganzes System zu Fall. Gleiches gilt auch für den Bettelstudenten Symon, der in einem Intrigenspiel des Gouverneurs Ollendorf nicht nur die Gräfin Laura für sich gewinnen kann: Er sorgt in Millöckers Operette ganz unbewusst auch noch dafür, die sächsische Besatzung Polens zu beenden. Doch nicht immer geht die Sa-che gut aus: Tosca, die sich im Räderwerk von Kunst, Kirche und Politik zu behaupten versucht, wird am Ende Opfer des skrupel-losen Polizeichefs.

    In der Musicalproduktion der Spielzeit versuchen die Produzenten Leo und Max,

    einen Flop am Broadway zu produzieren und sich mit den Premiereneinnahmen abzusetzen. Doch ihr Stück Frühling für Hitler wird zu einem Hit und im Gefäng-nis produzieren sie ein weiteres erfolgrei-ches Musical.

    Orlando aus Händels gleichnamiger Oper überträgt den Kriegszustand in seiner Welt auch auf seine private Situation und lässt sich von Eifersuchtsfantasien leiten. Eine Opernrarität präsentieren wir Ihnen zum Spielzeitende: Der Titelheld aus Alberic Magnards Oper Guercœur hat die Reali-tät längst verlassen. Aus dem Jenseits blickt er auf seine ehemalige Heimat zurück. Er verzweifelt an den gesellschaftlichen Ent-wicklungen. Und doch ist sein letztes Wort, zugleich das letzte Wort der Oper und der Spielzeit: Espoir! Hoffnung!

    Als neuer Leitender Musiktheaterdrama-turg freue ich mich ganz besonders auf die kommende Spielzeit und hoffe, viele eindrückliche Theatermomente mit Ihnen teilen zu können.

    Ihr Christoph LangLeitender Musiktheaterdramaturg

    LIEBES PUBLIKUM,

    VORWORT MUSIKTHEATER

    MUSIKTHEATER

    Katarina Morfa (Sängerin), Erika Simons (Sängerin)

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    Musikalische Leitung Andreas Hotz Inszenierung Yona Kim Bühne Alexandre Corazzola Kostüme Falk Bauer Dramaturgie Ralf Waldschmidt

    Ludwig van Beethovens einzige Oper Fidelio ist wie seine Neunte Sinfonie Ausdruck der unstillbaren Hoffnung nach Freiheit und Gerechtigkeit. Mit der Kraft der Verzweiflung und der Liebe macht sich Leonore auf die Su-che nach ihrem Ehemann Florestan, der gegen jedes Recht und Gesetz ein-gekerkert ist. Um ihn zu retten, setzt sie das eigene Leben ein. Sie muss sich selbst verleugnen, um den Weg zu ihm zu finden: Als Mann verkleidet be-gibt sie sich unter dem Namen Fide-lio in das Gefängnis des Gouverneurs Pizarro. Sie spielt ihre Rolle so über-zeugend, dass Marzelline, die Tochter des Gefängniswärters Rocco, sich in den vermeintlichen Jüngling verliebt. Leonore kann im letzten Moment verhindern, dass Florestan ermordet wird. In einem überwältigenden Finale feiert Beethovens Musik den Triumph der Liebe und der Freiheit über Folter und Unrecht. Beethoven hat der Oper mit Fidelio einen neuen Weg gewie-sen, Drama und Musik durchdringen sich im Dienste einer großen Idee.

    Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) nahm mehrere Anläufe, bis schließlich 1814 unter seiner Leitung die endgül-tige Fassung im Wiener Theater am Kärntnertor uraufgeführt wurde. Da-bei trat der Singspielcharakter immer mehr in den Hintergrund, während Leonore immer weiter ins Zentrum rückte.

    Fidelio erzählt die Tragödie einer Frau, die alles versucht, um sich der Gewalt entgegenzustemmen und da-bei riskiert, sich selbst zu verlieren. Wie zu Anfang des 19. Jahrhunderts bleibt auch heute die Frage unbeant-wortet, ob aus der Utopie einmal die Wirklichkeit einer friedlichen Welt werden kann?

    Yona Kim inszeniert bereits zum vier-ten Mal am Theater Osnabrück, zuletzt wurde ihre Lohengrin-Regie von Presse und Publikum gefeiert. Aktu-ell arbeitet sie an der Hamburgischen Staatsoper und am Nationaltheater Mannheim.

    PREMIERE 29.9.2018

    Theater am Domhof

    Große Oper in zwei Aufzügen von Ludwig van Beethoven, op. 72 Text von Joseph Sonnleitner und Friedrich Treitschke

    FIDELIO

    LUDWIG VAN BEETHOVEN

    Lina Liu (Sängerin)

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    Musikalische Leitung Daniel Inbal Inszenierung Guillermo Amaya Bühne Margrit Flagner Kostüme Elisabeth Benning Dramaturgie Christoph Lang

    Ein ungewöhnliches Setting für eine Operette: Die politische Lage ist ange-spannt. Polen ist von den Truppen des sächsischen Königs August des Starken besetzt. Doch die Unterdrückten wis-sen sich zu wehren. Als der sächsische Gouverneur Ollendorf der armen, aber stolzen polnischen Gräfin Laura nach-stellt, erhält er eine schallende Ohrfeige zur Antwort.

    Ollendorf will das nicht auf sich sitzen lassen und schmiedet einen Racheplan. Er lässt einen studentischen Gefängnis-insassen mit aristokratischer Kleidung und entsprechenden Titeln ausstatten. Symon, so heißt der ‚Bettelstudent‘, soll Lauras Herz erobern und erst nach der Heirat seine wahre Identität preisgeben. Symon und Laura verlieben sich tat-sächlich ineinander und auch Symons Freund Jan und Lauras Schwester kom-men sich näher. Aber natürlich kommt es anders: Vor dem Hintergrund der politischen Verwirrungen hat Ollen-dorf sich nicht ausreichend über die wahre Identität von Symon und Jan in-

    formiert. Und so finden sich am Ende die richtigen Paare, und ganz nebenbei werden die Polen von den unliebsamen Besatzern befreit.

    Seit der Uraufführung im Jahre 1882 gehört Der Bettelstudent zu den beliebtesten Operetten überhaupt. Der Grund ist vor allem die umwerfende Musik, die den Charme der Wiener Operette mit dem satirischen Witz ei-nes Jacques Offenbach verbindet. Nicht nur Ollendorfs Lied „Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“ zählt zu den Höhepunkten der goldenen Ope-rettenära.

    Guillermo Amaya, der am Theater Osnabrück unter anderem bereits Donizettis Der Liebestrank und das Musical Jekyll und Hyde inszenier-te, kann als Regieexperte für außerge-wöhnliche amouröse Verwicklungen und im besten Sinne unterhaltsames Musiktheater gelten.

    PREMIERE 1.12.2018

    Theater am Domhof

    Text von Friedrich Zell und Richard Genée

    DER BETTELSTUDENT

    CARL MILLÖCKER

    PREMIERE 26.1.2019

    Theater am Domhof

    Musikalische Leitung Andreas Hotz Inszenierung Mascha Pörzgen Bühne, Kostüme Frank Fellmann Dramaturgie Christoph Lang

    Rom im Jahr 1800. Nachdem die Stadt kurzzeitig in der Hand der Anhänger der französischen Revolution war und eine Römische Republik errichtet wur-de, haben die Truppen der neapolita-nischen Königin mit brutaler Gewalt zurückgeschlagen und die Republik gestürzt. Fieberhaft sucht die Geheim-polizei unter Baron Scarpia nach ehe-maligen Republikanern.

    Aus Eifersucht gerät die Sängerin Floria Tosca in die perfiden Machenschaften der reaktionären Politik: Aus Liebe lässt sie sich zum Verrat an einem politisch Verfolgten erpressen. Aus abgrundtie-fer Demütigung heraus stellt sie sich dem politischen Machtapparat entge-gen und ermordet Scarpia, nachdem dieser ihr zuvor einen Passierschein ausgestellt hatte, mit dem Tosca und ihr Geliebter Cavaradossi die Stadt ver-lassen können. Doch Scarpias Bosheit überdauert sogar seinen eigenen Tod. Noch ist das Paar nicht gerettet …

    Mit atemloser Spannung, schonungs-loser Authentizität und emotionaler Eindringlichkeit verbildlicht Puccinis vielschichtige und kontrastreiche Mu-sik das drohende Unheil eines Macht-systems, in dem sich private und öf-fentliche Interessen infam miteinander verzahnen und eine eiskalte politische Intrige in Gang setzen. Auf derem tragi-schen Gipfel sieht Tosca keinen anderen Ausweg mehr, als sich selbst in den Tod zu stürzen. Ein wahrer Opernkrimi.

    Regisseurin Mascha Pörzgen war bereits in der Spielzeit 2016/17 am Theater Osnabrück zu Gast und zeich-nete hier mit Hans Gáls Das Lied der Nacht für eine überregional gefeierte Produktion verantwortlich.

    Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

    TOSCA

    GIACOMO PUCCINI

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  • EIN MEL BROOKS MUSICAL

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    Buch von Mel Brooks und Thomas Meehan, Musik und Gesangstexte von Mel Brooks, Originalregie und -choreographie von Susan StromanIn Übereinkunft mit StudioCanal, Deutsch von Nina Schneider

    Musikalische Leitung An-Hoon Song Inszenierung Dominique Schnizer Bühne Christin Treunert Kostüme Christin Treunert, Elisabeth Benning Choreografie Riccardo De Nigris Dramaturgie Alexander Wunderlich

    Ein Musical am Broadway zu inszenie-ren ist der große Traum des schüch-ternen Buchhalters Leo Bloom. Nun muss gerade er eine Steuerprüfung bei dem ehemals großen, jetzt ruinierten Musicalproduzenten Max Bialystock durchführen – und kommt dabei auf die Idee, einen Flop zu produzieren und dabei Gewinn einzufahren. Max Bialy stock ist begeistert und bietet Leo Bloom an, als Koproduzent einzu-steigen. Nun müssen für einen richtig guten Flop nur noch das schlechteste Stück, der schlechteste Regisseur und die schlechtesten Darsteller*innen ge-funden werden. Das Stück Frühling für Hitler. Eine heitere Romanze mit Adolf und Eva in Berchtes-gaden des Neonazis Franz Liebkind scheint genau das Richtige zu sein. Alles passt. Doch am Abend der Premiere stürzt der Hauptdarsteller die Treppe hinunter und der nervö-se Regisseur springt spontan für ihn ein. Der Abend wird ganz plötzlich zu einem großen Erfolg …

    Dominique Schnizer, Schauspieldirek-tor am Theater Osnabrück, wird mit dem Broadwayhit The Producers erstmals ein Musical inszenieren, eine spartenübergreifende Produktion der Ensembles des Musiktheaters, des Schauspiels sowie der Osnabrücker Dance Company und des Osnabrücker Symphonieorchesters.

    Die Musikalische Leitung liegt in den Händen des mittlerweile zum Musicalspezialisten gewordenen 2. Ka-pellmeisters An-Hoon Song. Der Cho-reograf Riccardo De Nigris wird sich erstmals dem Osnabrücker Publikum vorstellen.

    PREMIERE 23.3.2019

    Theater am Domhof

    THE PRODUCERS

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    Musikalische Leitung Daniel Inbal Inszenierung Felix Schrödinger Bühne, Kostüme Josefine Smid Dramaturgie Christoph Lang

    Der Kreuzritter Orlando sollte sich ei-gentlich auf sein kriegerisches Hand-werk konzentrieren. Aber er ist verliebt in die schöne Angelica, der er einst das Leben gerettet hat, und verliert darü-ber all seine Kraft. Denn Angelica ist bereits einem anderen Mann verspro-chen. Durch seinen Zwiespalt zwischen Krieg und Liebe, zwischen Mars und Venus, verfällt Orlando zunehmend dem Wahnsinn. Als sich ein Netz aus Verwirrungen, Zurückweisungen und Intrigen immer enger spannt, wird er sogar zum Mörder. Auch seine Gefühls-welt ist ihm zum Schlachtfeld gewor-den. Hier hilft nur noch die Magie, die der Zauberer Zoroastro verspricht …

    Händel hat Orlando und den Gestal-ten seiner tragikomischen Irrfahrt eine furiose, alle Register barocker Klang-welt ziehende Musik geschrieben. Mit dabei: die wohl erste Wahnsinnsszene der Operngeschichte. Der zur dama-ligen Zeit weit verbreitete und beim Publikum beliebte Stoff um Orlando

    furioso, zu Deutsch: Der rasende Roland, fiel Händel genau zur richti-gen Zeit in die Hände. Für sein neues Opernunternehmen in London war er auf der Suche nach neuen Wegen in der Opernmusik. Die extremen Gefühls-zustände der Figuren inspirierten ihn zu einer seiner fortschrittlichsten und mitreißendsten Kompositionen.

    Der junge Regisseur Felix Schrödinger, der zuletzt am Oldenburgischen Staats-theater Donizettis Regimentstoch-ter auf die Bühne gebracht hat, stellt sich mit Orlando zum ersten Mal dem Osnabrücker Publikum vor.

    PREMIERE 4.5.2019

    Theater am Domhof

    Libretto nach Ludovico Ariostos Orlando Furioso In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

    ORLANDO

    GEORG FRIEDRICH HÄNDEL

    Frank Lorenz (Orchester)Jürgen Pleger (Orchester)

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    Musikalische Leitung Andreas Hotz Inszenierung Dirk Schmeding Bühne Martina Segna Kostüme Frank Lichtenberg Dramaturgie Christoph Lang

    Eine Vielzahl selten gespielter Opern jenseits des Kernrepertoires harrt noch ihrer Wiederentdeckung, da zahlrei-che Komponisten aus verschiedensten Gründen in Vergessenheit geraten sind. Dazu zählt auch Albéric Magnard, des-sen Werke zu Lebzeiten noch sehr häu-fig gespielt wurden, wenngleich er in seiner französischen Heimat auch nicht unumstritten war. Tragische Umstände verhinderten eine größere Verbreitung seiner Werke: Als Magnard 1914 sein Haus gegen deutsche Soldaten vertei-digen wollte, wurde er erschossen und das Haus, in dem sich viele seiner Kom-positionen befanden, in Brand gesetzt.

    Unter den verbrannten Noten befan-den sich auch zwei Akte seiner Oper Guercœur. Deren gleichnamiger Ti-telheld, ein mittelalterlicher Herrscher, ist bei der Verteidigung seiner Stadt gefallen und bittet nun im Himmel darum, wieder auf Erden gelassen zu werden, um seine Untertanen zu be-schützen. Dieser Wunsch wird ihm ge-währt, doch in seiner ehemaligen Welt

    haben sich einige Dinge geändert: Seine Frau hat einen neuen Geliebten und die Korruption blüht. Als sich Guercœur auflehnt und die Zustände ändern will, wird er abermals getötet – diesmal von seinen eigenen Leuten. Desillusioniert kehrt er ins Jenseits zurück.

    Es ist Magnards Komponistenkollegen Ropartz zu verdanken, dass Guercœur dem Publikum noch immer zugänglich ist. Er rekonstruierte die verlorenen Akte und setzte das Stück 1931 in Paris wieder auf den Spielplan. Die Musik, die in ihrer Ästhetik stark an die deutsche Spätromantik erinnert, beeindruckt über 100 Jahre nach ihrer Entstehung und nach dem Tod ihres Schöpfers.

    Regisseur Dirk Schmeding ist erstmals zu Gast am Theater Osnabrück. Die von ihm inszenierte Oper Koma von Georg Friedrich Haas brachte ihm eine No-minierung für die ‚Beste Regie‘ in der Umfrage des Magazins Opernwelt ein.

    PREMIERE 15.6.2019

    Theater am Domhof

    Libretto vom Komponisten In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

    GUERCŒUR

    ALBÉRIC MAGNARD

    Genadijus Bergorulko (Sänger)

  • 5150

    DOKTOR FAUST

    FERRUCCIO BUSONI

    Deutschsprachige Erstaufführung

    Seit drei Generationen liegt ein Fluch auf dem Herrschergeschlecht Thebens. In Sophokles’ Antigone erreicht dieser die Nachkommen des Ödipus. Tommaso Traetta hat die Tragödie 1772 für die Opern-bühne komponiert. „Der Vorhang ist erst ein paar Augenblicke oben, da illustriert Regisseur Floris Visser schon seinen Denkansatz: Was folgt, ist zeit-los, universal verständlich. […] Jede Geste, jeder Blick ist klar gesetzt, bewusst, konzen-triert. Das Publikum soll Zeit haben, alles genau wahrzunehmen […]. Großartig.“ taz

    WIEDERAUFNAHME 13.9.2018, Theater am Domhof

    Musikalische Leitung An-Hoon SongInszenierung Floris Visser Bühne, Kostüme Dieuweke van ReijLicht Alex BrokChoreinstudierung Markus Lafleur Dramaturgie Alexander Wunderlich

    Eine Koproduktion des Theaters Osnabrück mit der Opera Trionfo, Niederlande

    „Die Swing-Nummern fetzen und die Balladen […] schmelzen und schluchzen. Einzigartig ist der Stoff, eben das Leben Charlie Chaplins […] Kostüme in knalli-gen Farben und grotesk auftoupierte Fri-suren überführen Chaplins Leben in die Bilderwelt des Puppen- und Comicmagiers Tim Burton. Fürs Auge bietet der Abend jedenfalls eine ganze Menge.“ Neue Osnabrücker Zeitung

    WIEDERAUFNAHME 23.8.2018, Theater am Domhof

    Musikalische Leitung An-Hoon SongInszenierung, Bühne Christian von GötzKostüme Sarah MittenbühlerChoreografie Kerstin RiedVideo Melanie KintzingerChoreinstudierung Markus Lafleur Dramaturgie Ulrike Schumann

    In Kooperation mit dem Institut für Musik der Hochschule Osnabrück.

    Eine echte Rarität ist Ferruccio Busonis (1866–1924) musikalisch wie inhaltlich beeindruckende Vertonung des Doktor Faust. Fausts Streben nach allumfassender Un-endlichkeit erfährt nach dem dämonischen Pakt mit Mephistopheles zumindest eine Zeit lang Befriedigung. Im Tausch gegen seine Seele lässt ihn Mephistopheles᾿ hölli-sche Magie in jene Räume vordringen, die menschlichem Wissen und Vermögen ver-schlossen sind. Doch am Ende seines viel zu schnell vergangenen Lebens zeigt sich Faust, wie teuer er den zweifelhaften Ruhm und seine flüchtige Attraktivität erkaufte.

    WIEDERAUFNAHME 13.12.2018, Theater am Domhof

    Musikalische Leitung Daniel InbalInszenierung Andrea Schwalbach Bühne Anne NeuserKostüme Stephan von Wedel Choreinstudierung Markus LafleurDramaturgie Ulrike Schumann

    CHAPLIN ANTIGONA

    CHRISTOPHER CURTIS TOMMASO TRAETTA

    Buch von Thomas Meehan und Christopher Curtis Musik und Liedtexte von Christopher CurtisDeutsch von Nico Rabenald

    Dichtung für Musik in zwei Vorspielen, einem Hauptspiel und drei Hauptbildernvon Ferruccio Busoni

    Tragedia per musica in drei AktenLibretto von Marco ColtelliniIn italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

    Mus

    ikth

    eate

    r

  • 52 5352 53

    Eline Brys (Solorepetitorin), Akira Nakamura (Solorepetitor) Mark Hamman (Sänger)

  • 54 5554 55

    Farben hören und Töne sehen können ist kein parapsychologisches Phänomen, son-dern eine besondere Sinneswahrnehmung: Synästhesie genannt. Zu den bekann-testen Synästheten Anfang des 20. Jahr-hunderts gehörte der Maler und spätere Bauhaus-Meister Wassily Kandinsky, der das Gebiet in seiner Kunst „erforschte“. In seinen abstrakten Gemälden brachte Kandinsky Farben und bewegte Formen zum „Klingen“ und setzte in seinen syn-ästhetischen Bühnenwerken auf das Zu-sammenspiel der Grundelemente Farbe, Bewegung, Licht, Musik als Inhalt seiner Kompositionen. Dieses Zusammenwirken weiter zu erkunden, ist Thema unserer sieb-ten Tanzspielzeit am Theater Osnabrück.

    Mit der Choreografie von Beethovens Neunter steht eines der bedeutendsten Werke der Musikgeschichte auf dem Tanz-spielplan. Es erklingt jedoch nicht in seiner originalen Orchesterfassung, sondern in der Klaviertranskription von Franz Liszt. Dieses ungewohnte Klangbild geht mit der tänze-rischen Bewegung im Raum eine neue syn-ästhetische Verbindung ein. Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit dem von Musik und Notenschrift beeinflussten Schaffen des bildenden Künstlers Rudolf Englert, dessen so genannte „Schlaufen“-Bilder und -Skulp-

    turen das Bühnenbild zu Beethovens Neunter inspirieren. Das 100-jährige Bauhaus-Jubiläum 2019 ist Anlass des dreiteiligen Tanzabends Bauhaus | Bolero. Die Folie bildet die Rekonstruktion von Mary Wigmans Grup-penwerk Die Feier, das die Protagonistin der Tanzmoderne 1927/28 in Auseinander-setzung mit den Bauhausideen Kandinskys choreografierte. Dem gegenüber stehen mit Handman (2016) des rumänischen Cho-reografen Edward Clug und mit einer eige-nen Uraufführung des Bolero zur Musik von Maurice Ravel zeitgenössische Adapti-onen zu bis heute relevanten Aspekten des Bauhauses. Nach Open Windows VII, dem Abend Junger Choreograf*innen, klingt die Spiel-zeit erstmals mit einer Tanzwoche aus. Zu unseren Gästen gehört u.a. die chinesische Kompanie BeijingDance/LDTX, mit der wir ein Austausch- und Kooperationsprojekt begonnen haben. Die Tanzwoche schließt mit unserer internationalen 7. Tanzgala.

    Wir freuen uns auf Sie!

    Ihr Mauro de CandiaKünstlerischer Leiter Dance Company und Ihre Patricia StöckemannTanzdramaturgin und Managerin

    LIEBES PUBLIKUM,

    VORWORT TANZ

    TANZ

    Neven Del Canto (Tänzer)

    Tanz

  • 56 57

    Choreografie Mauro de Candia Klavier Nami Ejiri Bühne, Kostüme Mauro de Candia, Margrit Flagner, nach Motiven von Rudolf Englert Choreografische Assistenz Leonardo Centi Dramaturgie Patricia Stöckemann

    Die 9. Sinfonie von Ludwig van Beetho-ven (1770–1827) ist heute eines der po-pulärsten Werke der klassischen Musik.Als sogenannte Sinfoniekantate mit dem Finalsatz zu Friedrich Schillers Gedicht An die Freude stellt das 1824 uraufgeführte Werk eine Zäsur in der Musikgeschichte dar und beeinflusste Generationen von Komponisten. Mit der Vertonung der Ode an die Freude hat Beethoven seine eigene humanis-tische Utopie formuliert: das Streben nach weltumspannender Freiheit und Brüderlichkeit, in Vernunft und in Freude. Zu den kardinalen Merkmalen seines Spätstils gehören Tanz, Varia tion und Fuge: Musikalische Parameter und Ideengehalt, die Mauro de Candia inspi-rieren, ein weiteres Mal mit dem Werk eines großen Komponisten in einen choreografisch-tänzerischen Dialog zu treten. Wie schon in seiner Sacre-Ver-sion wählt de Candia auch für seine 9. Sinfonie die Klavier-Trans kription statt der Orchesterfassung mit Chor und Gesangssolisten. Franz Liszt (1811–1886), international gefeierter Klaviervirtuose und Komponist, hatte

    mit seinen brillanten Klavierbearbei-tungen den Sinfonien Beethovens den Weg zu ernsten Musikkreisen weiter öffnen wollen. Die Transkription der ersten drei Sätze der 9. Sinfonie erstell-te er in den Jahren 1863/64, das Finale folgte 1865.

    Ein weiterer Ausgangspunkt des Tanz-abends ist das Schaffen des bildenden-den Künstlers Rudolf Englert (1921–1989), der im Osnabrücker Landkreis lebte und arbeitete. Als „Schlaufe“ bezeichnete Englert die skripturale, spiralförmige Bewegung seiner dyna-mischen Grundform. Er variierte sie wie „Noten“ als große Einzelform oder in unendlicher Reihung immer wieder neu und brachte sie zum „Klingen“. De Candia greift sie als Botschaft auf und überführt sie assoziativ in sein Bühnen- und Kostümbild der 9. Sinfonie.

    PREMIERE 27.10.2018

    Theater am Domhof

    BEETHOVENS NEUNTE

    MAURO DE CANDIA Uraufführung

    Musik Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 von Ludwig van Beethoven, Transkription für Klavier von Franz Liszt

    Mit freundlicher Unterstützung durch

    Thorsten Budischewski (Gewandmeister), Irina Julich (Schneiderin, Ankleiderin), Andreas Weimer (Stellv. Gewandmeister), Anja Peters (Schneiderin, Ankleiderin)

  • 58

    Choreografie Mary Wigman, Edward Clug, Mauro de Candia Rekonstruktion/Rekreation Henrietta Horn, Susan Barnett Bühne/Kostüme Mary Wigman, Edward Clug, Mauro de Candia, Margrit Flagner Choreografische Assistenz Leonardo Centi Dramaturgie Patricia Stöckemann

    Mit seinen geometrischen Gestaltungs-ideen und seiner Assimilationskraft hat das Bauhaus die Welt erobert und ist zu einem internationalen Begriff geworden. Nicht nur Architektur, Ma-lerei, Gestaltung, auch der Tanz spielte in den 1920er Jahren am Bauhaus eine wesentliche Rolle. Bis in unsere Ge-genwart sind die Einflüsse dieser Zeit wirksam. 2019 feiert das Bauhaus sein 100-jähriges Jubiläum und ist Anlass für den dreiteiligen Tanzabend Bauhaus | Bolero.

    Eröffnet wird er mit der Rekonstruktion von Mary Wigmans Gruppenwerk Die Feier (1927/1928). Wigman (1886-1973) hatte sich Mitte der 1920er Jahre nicht nur mit den konstruktivistischen Idealen des Bauhaus-Künstlers Wassily Kandinsky befasst, sondern auch mit den theatralischen Experimenten der Bauhaus-Bühne. Rückblickend schrieb sie über Die Feier: „Kaum ist mir der absolute Zusammenklang von Far-be, Form und Linie, von Körper- und Raumrhythmus wieder so rein gelun-gen wie in dieser Arbeit“.

    Der Feier steht Edward Clugs Tanz-stück Handman zur Musik von Mil-ko Lazar gegenüber, das gedankliche Verbindungslinien vom Bauhaus zum zeitgenössischen Tanz aufweist. 2016 kreierte der Rumäne und international renommierte Choreograf Edward Clug das Stück für das Nederlands Dans Theater und wurde damit für den ange-sehenen ‚Benois de la Danse‘ nominiert.

    Den Abschluss des Abends bildet die Uraufführung Bolero von Mauro de Candia zu Maurice Ravels gleichnami-ger Komposition (1928). Im Bolero wird ein einfaches Thema weder va-riiert noch entwickelt, sondern ein-fach 18 Mal wiederholt. Mit dem Sinn solcher Wiederholungen setzte sich Kandinsky in seinem theoretischen Werk Über das Geistige in der Kunst auseinander. De Candia geht in seinem Stück den musikalischen Pa-rametern des Bolero nach und gibt ihnen eine aus der strengen Struktur der Musik geschöpfte choreografisch- tänzerische Gestalt.

    BAUHAUS | BOLERO

    MARY WIGMAN / EDWARD CLUG / MAURO DE CANDIA Uraufführung59

    PREMIERE 9.2.2019

    Theater am Domhof

    Mauro de Candia (Künstlerischer Leiter Dance Company Theater Osnabrück), Patricia Stöckemann (Dramaturgin und Managerin Dance Company Theater Osnabrück), Leonardo Centi (Trainingsleiter, Choreografischer Assistent)

    Tanz

  • 6160JUNGE

    CHOREOGRAF*INNEN

    DANCE COMPANY THEATER OSNABRÜCK

    BEIJINGDANCE/LDTX

    OPEN WINDOWS VII

    Mit Beginn seiner Tanzdirektion am Theater Osnabrück hat Mauro de Candia das Format Open Windows auf den Spiel-plan gesetzt. Er gibt damit jungen Tänzer*in-nen der Dance Company den Raum und die Möglichkeit, sich als Choreograf*innen zu erproben und zu erfahren, was es bedeutet, ein eigenes Stück auf die Bühne zu bringen. Neben der choreografisch-tänzerischen Ar-beit heißt es, sich mit organisatorischen und technischen Abläufen bzw. Anforderungen sowie Beleuchtung, Kostüm- und Bühnen-bild auseinanderzusetzen.Zum siebenten Mal präsentieren sich in Open Windows VII junge Choreograf*in-nen ihrem Publikum. Die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles kommen aus unter-schiedlichen Ländern und Kulturen. Ihr gemeinsamer Tanzabend im emma-theater zeigt ihre unterschiedlichen Perspektiven und choreografischen Herangehensweisen.

    PREMIERE 8.6.2019, emma-theater

    SAMIR CALIXTO

    DIE SCHÖNE MÜLLERIN

    1823 vollendete Franz Schubert seinen berühmten Liederzyklus Die Schöne Müllerin. Gastchoreograf Samir Calixto setzte dieses ‚Drama‘ über die tragische Lie-be eines jungen Müllergesellen tänzerisch in Szene. Dabei geht es ihm um die emotio-nalen Zustände und Stimmungen, die sich in den einzelnen Liedern und im gesam-ten Zyklus ausdrücken. Der Müllergeselle folgt auf seiner Wanderschaft dem Lauf des Baches und gelangt zu einer Mühle. Dort verliebt er sich in die Tochter des Müllers, die sich aber für seinen Nebenbuhler, den besser gestellten Jäger, entscheidet. Verzwei-felt ertränkt sich der unglücklich Verliebte in dem Bach, der ihm im letzten Lied des Zyklus ein Wiegenlied singt. Ein Tanzabend mit der Dance Company, der Sängerin Gabriella Guilfoil und dem Pianisten Florian Appel. WIEDERAUFNAHME 11.5.2019, emma-theater

    Choreografie, Bühne, Kostüme Samir Calixto Probenleitung Leonardo CentiDramaturgie Patricia StöckemannGesang Gabriella GuilfoilKlavier Florian Appel

    Uraufführung Uraufführung

    Musik von Franz Schubert

    ORIENT/OKZIDENT ENDLICH TANZ!

    Zum Ende der Spielzeit richtet die Dance Company erstmals eine Tanzwoche aus. Vom 16. bis 22. Juni 2019 steht am Theater Osnabrück Tanz in seinen unterschiedli-chen Formen, mit verschiedenen Generatio-nen, vom Laientanz bis zum professionellen Spitzentanz, auf dem Programm. Endlich Tanz!, ein Projekt mit Amateur*innen, eröffnet die Tanzwoche; weiter geht es mit Gastspielen der Kompanie BeijingDance/LDTX aus Peking und des Landesjugend-balletts Berlin, den Open Windows VII der Jungen Choreograf*innen, einem Tanz-projekt 60+ und einer Präsentation des Ju-gendclubs Tanz. Das Finale der Tanzwoche bildet die 7. Ausgabe der Tanzgala, die tradi-tionsgemäß mit Tänzer*innen internationa-ler Kompanien aufwartet.

    BeijingDance/LDTX wurde 2005 von Wil-ly Tsao in Peking gegründet und ist Chinas erste von der Regierung unabhängige, pro-fessionelle moderne Tanzkompanie. Für ein Kooperationsprojekt hat sich die Dance Company Theater Osnabrück mit Beijing-Dance und dem Beijing Dance Festival zu einem künstlerisch-choreografischen Aus-tausch in drei Phasen zusammengetan. Er-möglicht wird dieser Kulturaustausch dank der großzügigen Förderung durch die Sie-vert Stiftung für Wissenschaft und Kultur. Ende Juli 2018 reist die Dance Company nach China, um dort erstmals im Rahmen des Beijing Dance Festivals zu gastieren und Workshops zu geben. Im Juni 2019 kommt die Kompanie BeijingDance/LDTX mit einem Tanzprogramm zum Gegenbe-such ins Theater am Domhof und ist Anlass von Symposium und Tanzworkshops zum Thema „Orient/Okzident“. Im Sommer 2020 soll ein gemeinsamer Tanzabend beider Ensembles entstehen. Mauro de Candia wird ein Stück mit Bei-jingDance/LDTX erarbeiten und ein chine-sischer Choreograf ein Stück mit der Dance Company entwickeln. Beide Arbeiten wer-den innerhalb eines Tanzabends sowohl in Peking als auch in Osnabrück präsentiert werden.

    Kooperation und Austausch der Tanzkompanien

    TANZWOCHE16. bis 22. Juni 2019

    Mit freundlicher Unterstützung durch

    Tanz

  • 62

    Vorhang auf – für festlichen Genuss!

    www.coppenrath-wiese.de

    Windbeutel-Schokolade Erdbeer-Joghurt

    Marco Liechti (Orchester), Stefan Mertin (Orchester)

  • 6564 65

    TANZ EXTRA

    Vis-à-Vis

    Auch in dieser Spielzeit setzen wir unsere Reihe Vis-à-Vis fort. Darin möchten wir Sie, unser Publikum, weiterhin an den Tanz und seine verschiedenen Ausdrucks-formen heranführen und mit Ihnen darü-ber in einen direkten Austausch kommen. Wir geben Einblicke in die Produktions-prozesse der auf dem Spielplan stehenden Tanzstücke sowie Einführungen, Vorträge und Video-Lectures zu Themen der Tanz-geschichte und aktuellen Tanzszene.

    Jugendclub Tanz

    Einmal pro Woche steht der Tanzsaal der Dance Company Theater Osnabrück Ju-gendlichen im Alter von 13 bis 18 Jah-ren zur Verfügung. Dort, wo die Profis tagsüber trainieren, proben und neue Tanzstücke erarbeiten, haben dann junge Akteur*innen Gelegenheit, sich selbst tan-zend zu erproben, über Tanz zu sprechen und Tanz hinter den Kulissen zu erleben. Profis der Dance Company leiten den Jugendclub Tanz. Mit ihnen entwickeln die jungen Akteur*innen eigene Tanzideen und erfahren, was es heißt, den Körper zu trainieren, choreografisch zu arbeiten, auf der Bühne zu stehen und Tanz als eigenes Medium zu entdecken.

    Offenes Training für 16+ und 60+

    Einmal im Monat öffnet die Dance Com-pany ihren Tanzsaal für ein offenes Trai-ning. Alle Interessierten ab 16 Jahren haben dann die Gelegenheit, mit den Tän-zer*innen des Osnabrücker Ensembles an einer Ballettklasse oder einem moder-nen Tanztraining teilzunehmen. Darüber hinaus bieten wir zweimal im Monat Tanz für Menschen ab 60 Jahren an.

    TANZPAT*INNEN – Eine beson-dere Osnabrücker Initiative

    Seit 2015 gibt es die Tanzpat*innen, dank der Initiative der Osnabrücker Juwelier-in Hilde Middelberg, mit deren Hilfe die jährliche Tanzgala finanziell unterstützt wird. Dies ermöglicht, dass mehr Einbli-cke in die zeitgenössische Tanzlandschaft gewährt und internationale Künstler*in-nen von Rang und Namen eingeladen wer-den können. Die Dance Company Theater Osnabrück und das Theater Osnabrück danken den Tanzpat*innen für ihre große Mithilfe und freuen sich über jede wei-tere Patenschaft, die mit ihrem Engagement zukünftig die Tanzgalas unterstützt möchte.

    Die genauen Termine werden in den Publikationen des Theaters, wie dem Monatsleporello, dem Theaterjournal und auf unserer Website bekannt gegeben.

    Ansprechpartnerin Tanzpat*innen Larissa Benszuweit Tel. 0541/76 00-304, [email protected]

    Ohad Fabrizio Caspi (Tänzer), Cristina Commisso (Tänzerin)

  • 66 67

    aus der Hölle ins Paradies, auf Entdeckungs-reise in die Neue Welt und darüber hinaus ins unermessliche Weltall, ein himmlischer Roman in mehreren Bänden oder ein ex-zessiver Tanz auf dem Vulkan: All das und vieles mehr lässt Sie das Programm der Sinfoniekonzerte in der neuen Saison er-leben. Hundert Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs setzt sich das Osnabrücker Symphonieorchester in seinem Verständ-nis als musikalischer Friedensbotschafter der Stadt Osnabrück erneut in mehreren Konzerten mit der Wechselwirkung von Geschichte und kulturellem Vermächtnis auseinander. In Kooperation mit musica pro pace beleuchten wir u.a. mit Ravels La Valse Zeitzeugnisse dieser Jahre, und im Domkonzert unternehmen wir mit Frie-densmusiken von Johann Michael Bach und Joseph Haydn den Weg dieser Auseinander-setzung zurück bis ins 17. Jahrhundert.

    In nicht weniger als vier Festivals werden wir mit spannenden Konzertprogrammen vertreten sein. Im ge planten Eröffnungs-konzert des neu gegründeten europäischen Festivals Vergessene Musik begegnen Ihnen Orchester werke verfemter Künst-ler. Gemeinsam mit jungen Talenten wird sich unsere zweite Orchesterakademie mit Antonín Dvořáks Sinfonie Aus der Neuen

    Welt als Abschlusskonzert des Deutschen Musikfests 2019 präsentieren. Zum 15-jäh-rigen Bestehen des Morgenlandfestivals halten wir es als das beste Geschenk, ein großes gemeinsames Open-Air-Konzert mit der All Star Morgenland Band zu ver-anstalten. Einen Abend zuvor bieten wir bereits Klassik unter freiem Sternenhimmel. Besonders froh bin ich, dass wir unser ganz eigenes Wohnton-Festival nach einem erfolgreichen Start vor zwei Jahren nun fortsetzen. Auch im Engagement für den musikalischen Nachwuchs haben wir ein neues Projekt gemeinsam mit dem Krokodil- Theater Tecklenburg entwickelt, das mir sehr am Herzen liegt.

    Und all das ist wie immer nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was sie in unseren Kon-zerten erwarten wird. Mit Hingabe und Leidenschaft wollen wir auch Sie für den unfassbaren Kosmos an Orchester musik begeistern, sei es mit Johannes Brahms 2. Sinfonie, Franz Schuberts Grosser C-Dur-Sinfonie, unserer moderierten Schlosskonzertreihe Haydn-Mozart auf-geklärt oder all dem, was Sie beim Durch-blättern dieser Seiten noch entdecken.

    Herzlichst,Ihr Andreas Hotz, Generalmusikdirektor

    LIEBES KONZERTPUBLIKUM,

    VORWORT KONZERT

    KONZERT

    Antje Hennenberg (Orchester), Birgit Grünwald (Orchester), Matthias Wernecke (Orchester)

    Kon

    zert

  • 68 69

    Dirigent Andreas Hotz Solist Herbert Schuch (Klavier)

    Das erstmals in Osnabrück veranstal-tete Festival vergessener Musik beschäftigt sich in erster Linie mit der Musik von Komponisten, die in der Zeit des Nationalsozialismus im besten Falle vergessen werden sollten, zum größten Teil aber emigrieren mussten oder gar deportiert und umgebracht wurden. Zum Auftakt des Festivals wird eine Kooperation mit dem Osnabrücker Symphonieorchester angestrebt.

    Berthold Goldschmidt, ein Schre-ker-Schüler aus Hamburg, musste 1935 seine Heimat verlassen und emigrierte nach England. Seine Passacaglia für Orchester entstand 1925 und wurde von Erich Kleiber, dessen Assistent Goldschmidt war, uraufgeführt.

    Der österreichische Komponist Viktor Ullmann, ein Schönberg- und Zemlins-ky-Schüler, wurde 1942 in das Konzen-trationslager Theresienstadt deportiert. Sein Klavierkonzert entstand in der Zeit der Annexion der Tschechoslowa-kei 1939, als er in Prag als Dirigent und Komponist tätig war.

    Gustav Mahler selbst musste die Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr erleben. Doch gehörten die Werke des aus einem jüdischen Elternhaus stam-menden Hofoperndirektors auch zu den verfemten Werken während des Dritten Reiches. Das Lied, der Tanz, die ironische Karikatur – Gustav Mahlers Inspirationsquellen und Querverweise sind zahlreich und begleiteten die Ent-stehung seines sinfonischen Erstlings über eine lange Zeit hinweg. Zunächst als sinfonische Dichtung angelegt, zwischenzeitlich mit dem Titel Titan überschrieben und mit programmati-schen Überschriften versehen, durch-lief das Werk eine ganze Reihe von Zwi-schenstadien, bis es schließlich 1899, zehn Jahre nach seiner Uraufführung, im Druck seine heute bekannte Form erhielt.

    21.10.201811 UHR

    22.10.201820 UHR

    OsnabrückHalle, Europasaal

    Berthold Goldschmidt Passacaglia op. 4, Viktor Ullmann Konzert für Klavier und Orchester op. 15, Gustav Mahler Sinfonie Nr. 1 D-Dur

    1. Sinfoniekonzert

    Dirigent Andreas Hotz Solist Alexander Krichel (Klavier)

    12.11.201820 UHR

    OsnabrückHalle, Europasaal

    VERFEMT UND VERGESSEN

    Maurice Ravel Klavierkonzert D-Dur für die linke HandMaurice Ravel La Valse. Choreographisches Gedicht für OrchesterJohannes Brahms Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73

    Die Werke dieses Konzertes stehen in Bezug zum Jahr 1918, das das Ende des Ersten Weltkrieges markiert.

    Der Pianist Ludwig Wittgenstein, der im Kriegsdienst seinen rechten Arm verlor, nutzte das familiäre Vermö-gen, Klavierwerke für die linke Hand in Auftrag zu geben. Es entstanden u.a. Werke von Prokofieff, Hindemith, Korngold, Britten und, als bekanntes-tes, Ravels Klavierkonzert. Diese Auf-tragswerke zeigen, wie Wittgenstein sich der Kriegsverwundung moralisch entgegenstellt und die eigene künstle-rische Beeinträchtigung überwindet.

    Ravel wollte mit La Valse zunächst eine Apotheose des Wiener Walzers komponieren. Nachdem sich das Hei-matland des Walzers und Frankreich in Feindseligkeiten verstrickt hatten, konnte diese Idee nicht aufrechter-halten werden. So wird der Walzer im Laufe des Stücks immer weiter ver-zerrt, nimmt mehr und mehr dunkle Klänge in sich auf und endet im Zu-sammenbruch. Ravel lässt im Bild des

    Wiener Walzers erkennen, wie sich die Donaumonarchie in einem unseligen Krieg selbst ein ungutes Ende gesetzt hat.

    Ab August 1914 stellten sich die Kon-zertprogramme vollends in den Dienst des Patriotismus. Aufgeführt wurden Werke, die Hymnen oder patriotische Lieder verarbeiten oder das siegreiche Hervorgehen aus dem Kampf themati-sieren, wie Beethovens 3. und 5. Sin-fonie. Im Jahre 1918 dagegen prägten Brahms-Sinfonien die Konzertpro-gramme allerorts. Sie entzogen sich einer politischen Vereinnahmung. Ihre vermehrte Aufführung 1918 ist ein Zeichen dafür, wie Menschen die Musik nutzten, um einen Gegenpart zu den betrüblichen Kriegserfahrun-gen zu finden.

    2. SinfoniekonzertKooperationsprojekt (in Planung)

    1918

    C U L T U R E C O N N E C T S

    In Kooperation mit In Kooperation mit

    Kon

    zert

  • 70 71

    Person Mustername (Sänger)und Person Mustername 2 (Sänger)

    Person Mustername (Sänger)und Person Mustername 2 (Sänger)

    Wolfram Bergmann (Leiter der Schlosserei), Aldo Mattana (Tischler), Alexander Gehring (Theaterplastiker), Daniel Meier (Tischler), Anne Hunds (Theatermalerin), Hans Michael van Eijsden (Leiter der Dekoration), Ruth Pieperhoff (Theatermalerin), Alexander Kubica (Leiter der Dekorationswerkstätten)

  • 72 73

    10.12.201820 UHR

    OsnabrückHalle, Europasaal

    Dirigent Marc Niemann Solistin Nami Ejiri (Klavier) Moderation N.N.

    KLANG_RAUM

    Giovanni Gabrieli Canzon a 20 Ludwig van Beethoven Klaviersonate Nr. 14 op. 27 (Mondscheinsonate), 1. Satz György Kurtág Quasi una fantasiaRichard Wagner Vorspiel und Karfreitagszauber aus Parsifal Charles Ives Central Park in the Dark und The Unanswered Question Arthur Honegger Pacific 231

    Im 3. Sinfoniekonzert fokussiert sich das Osnabrücker Symphonieorchester auf Werke, die per se die Orchester-strukturen aufbrechen und den Zuhö-renden zum Teilhabenden eines unge-wöhnlichen Klangerlebnisses werden zu lassen.

    Zu Beginn steht eines der ältesten veröf-fentlichten Orchesterwerke, ein Auszug aus Giovanni Gabrielis Symphoniae Sacrae und eindrückliches Beispiel der Venezianischen Mehrchörigkeit.Im Rückgriff auf Ludwig van Beet hovens Mondscheinsonate, deren erster Satz ebenfalls erklingen wird und in der Beet- hoven „quasi una fantasia“ die Motivik entwickelt hat, schuf György Kurtág seine Raumkomposition mit gleichem Titel wie der Beethovensche Untertitel.

    „Zum Raum wird hier die Zeit“ ist das Schlüsselwort zum Verständnis des Grals, das Gurnemanz seinem neuen Schützling Parsifal mit auf den Weg zu

    den Gralshütern gibt, und gleichzeitig für den Komponisten Richard Wagner der Leitfaden für die großartige Musik des Karfreitagszaubers.

    Unter dem Titel Two Contempla-tions führte Charles Ives zwei Kom-positionen zusammen, die ebenfalls das Thema „Raum“ interpretieren: Central Park in the Dark ist eine musikalische Umsetzung der Hörein-drücke einer Person, die sich abends im Central Park aufhält, während sich das Schwesterstück The Unanswered Question auf eine transzendentalere Ebene begibt und das ‚Schweigen der Druiden‘ thematisiert.

    Das zum Abschluss erklingende Pacific 231 des Schweizer Komponis-ten Arthur Honegger wiederum setzt die mechanischen Bewegungsaspekte einer Zugfahrt – Stillstand – Anfahren – Beschleunigen – Abbremsen – Anhal-ten – in Musik um.

    3. Sinfoniekonzert

    Solist*innen Erika Simons (Sopran) Katarina Morfa (Alt) Daniel Wagner (Tenor), Andreas Wolf (Bass) Mit Domkammerchor Osnabrück Dirigent Clemens Breitschaft

    16.2.201920 UHR

    18.2.201920 UHR

    Hoher Dom zu Osnabrück

    FRIEDENSMUSIK

    Johann Michael Bach Friedens-CantataJoseph Haydn Missa in Tempore Belli, Hob:22,9 Paukenmesse

    1796 näherte sich Napoleon Bonaparte mit dem französischen Heer von Ita-lien kommend den Toren Wiens und ein Dekret wurde erlassen, dass kein Österreicher von Frieden sprechen solle, bevor der Feind nicht in seine alten Grenzen zurückgedrängt sei. Die Möglichkeiten der Musik konnten die-ses Verbot jedoch umgehen.Nachdem der kulturfeindliche An-ton Esterházy verstorben war, bat sein Nachfolger Nikolaus II. 1794 den schon betagten Joseph Haydn, die 1790 aufgelöste Hofkapelle wieder-aufzubauen. Darüber hinaus be-schränkten sich Haydns musikali-sche Verpflichtungen am Hof darauf, jährlich eine Messe zum Namenstag der Fürstin zu komponieren. Haydns Alterswerk, sechs große Messen, ent-stand zu diesem Anlass. Die Missa in tempore Belli greift die politische Situation der napoleonischen Bedro-hung subtil auf: Die Friedensbitte des Agnus Dei wird von Paukenschlägen begleitet, die ein verlangsamtes Abbild der französischen Armeepaukenwirbel sind. Aufgrund dieses musikalischen

    Kommentars wurde die Messe auch unter dem Titel Paukenmesse be-kannt.

    Ebenfalls in Zusammenhang mit den napoleonischen Kriegen steht die Friedens-Cantate Johann Michael Bachs, die 1815 anlässlich des Kriegs-endes komponiert und in Elberfeld uraufgeführt wurde. In elf Sätzen the-matisiert das Werk, dessen Textdichter unbekannt ist, die Schrecken des Krie-ges mit Textzeilen wie „Noch fraß das Würgerschwert der Zukunft schönste Blüten“, um letztendlich die Güte Gottes zu beschwören: „Gott des Friedens, Gott der Liebe“.

    Die Leitung des Konzertes liegt in den Händen von Domkapellmeister Clemens Breitschaft.

    In Kooperation mit dem

    4. Sinfoniekonzert

    Kon

    zert

  • Dom Buchhandlung Domhof 2 · 49074 Osnabrück

    Telefon 0541 357 38 20Telefax 0541 357 38 [email protected]

    Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 9.30 – 18.30 Uhr, Sa. 9.30 – 14 Uhr

    Ein leidenschaftlicher Liebhaber des Theaters, der Literatur, der Musik und des Films stellt seine Lieblingswerke in einer neuen Serie vor: C. Bernd Sucher, der bekannte Journalist, Autor und Professor fürKulturkritik, hat mit Suchers Welt nun seinen Kanon verfasst: subjektiv, knapp und klug!

    Sucher ist seit 1996 Professor an der Hochschule für Fernsehen und Film in München und leitet an der Theaterakademie August Everding den Ergänzungsstudiengang Theater-, Film- und Fernsehkritik. Er ist PEN-Mitglied und hat zahlreiche Bücher verfasst.

    Suchers Welt: Der große Kultur-verführer im kleinen Format.

    Der MusikverführerKundig und kurzweilig: Musik für Einsteigerund Entdecker. Geschenkausstattung mit Lesebändchen. 49 leidenschaftliche Empfehlungen – von Beethoven bis zu den Beatles, von Puccini bis zu Edith Piaf.208 Seiten · Hardcover15 € (E-Book 12,99 €)

    Der FilmverführerWitzig und weltge-wandt: Filme für Kino-gänger und Serien-junkies. 49 leidenschaft-liche Empfehlungen, herausragende Filme