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Seite | 1 Handanweisung zur Skala zur Verständlichkeit im Kontext Intelligibility in Context Scale(ICS) McLeod, S., Harrison, L. J., & McCormack, J. (2012a). Intellibility in Context Scale. Bathurst, NSW, Australien: Charles Sturt University. Übersetzt von: Dr. Sandra Neumann, Universität zu Köln, Deutschland, 2012. Die Intelligibility in Context Scale(ICS, McLeod, Harrison, & McCormack, 2012a) ist eine subjektive Messung der funktionellen Verständlichkeit von Kindern mit Aussprachestörungen (SSDs). Der Fragebogen wird von den Eltern ausgefüllt und besteht aus 7 Items. Die ICS misst, inwiefern das Kind von unterschiedlichen Gesprächspartnern verstanden wird. Die Beurteilung findet an einer 5-stufigen Skala statt (siehe Anhang A). Ziel: Die ICS wurde für SprachtherapeutInnen/LogopädInnen (SLPs) entwickelt, um die Verständlichkeit von Kindern im Kontext klinisch einzuschätzen. Dadurch sollen Sie ein umfassenderes Bild von den Auswirkungen der Aussprachestörungen auf die Verständlichkeit im Alltag erhalten. Dabei berücksichtigt die ICS die unterschiedlichen Menschen, die mit Kindern kommunizieren und den Umweltkontext der alltäglichen Kommunikation, die die Verständlichkeit beeinflussen. Somit schließt die ICS Umweltfaktoren der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY, Weltgesundheitsorganisation [WHO], 2007) mit ein. Die ICS kann sowohl in der sprachtherapeutischen Praxis, als auch in wissenschaftlichen Untersuchungen Anwendung finden. Die ICS kann zusätzlich zu Messungen des Schweregrades der Störung (z.B. Errechnung des prozentualen Anteils an korrekten Konsonanten) verwendet werden. Dadurch erhalten Sie zusätzliche Informationen über die Verständlichkeit des Kindes. Außerdem kann die ICS ergänzend hinzugezogen werden, um Interventionen zu planen und um die Interventionsergebnisse zu evaluieren (z.B., um Realworteffekte der Intervention zu untersuchen). Sobald Normen für die ICS bestehen, kann es ebenfalls als Screening-Material in der Forschung und in klinischen Kontexten genutzt werden. Zielgruppe: Die ICS soll die Aussprache von Kindern beschreiben. Die ICS sollte von Eltern von Vorschul- und Schulkindern mit Aussprachestörungen ausgefüllt werden. Die ICS kann sowohl bei monolingualen Kindern, als auch bei multilingualen Kindern eingesetzt werden. Des Weiteren wurde die ICS in über 20 verschiedene Sprachen übersetzt (siehe Anhang B, Die aktuellste Liste befindet sich auf http://www.csu.edu.au/research/multilingual-speech/ics).

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Handanweisung zur

Skala zur Verständlichkeit im Kontext “Intelligibility in Context Scale” (ICS)

McLeod, S., Harrison, L. J., & McCormack, J. (2012a). Intellibility in Context Scale. Bathurst, NSW,

Australien: Charles Sturt University. Übersetzt von: Dr. Sandra Neumann, Universität zu Köln,

Deutschland, 2012.

Die „Intelligibility in Context Scale“ (ICS, McLeod, Harrison, & McCormack, 2012a) ist

eine subjektive Messung der funktionellen Verständlichkeit von Kindern mit

Aussprachestörungen (SSDs). Der Fragebogen wird von den Eltern ausgefüllt und

besteht aus 7 Items. Die ICS misst, inwiefern das Kind von unterschiedlichen

Gesprächspartnern verstanden wird. Die Beurteilung findet an einer 5-stufigen Skala

statt (siehe Anhang A).

Ziel:

Die ICS wurde für SprachtherapeutInnen/LogopädInnen (SLPs) entwickelt, um die

Verständlichkeit von Kindern im Kontext klinisch einzuschätzen. Dadurch sollen Sie

ein umfassenderes Bild von den Auswirkungen der Aussprachestörungen auf die

Verständlichkeit im Alltag erhalten. Dabei berücksichtigt die ICS die

unterschiedlichen Menschen, die mit Kindern kommunizieren und den Umweltkontext

der alltäglichen Kommunikation, die die Verständlichkeit beeinflussen. Somit schließt

die ICS Umweltfaktoren der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit,

Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY,

Weltgesundheitsorganisation [WHO], 2007) mit ein. Die ICS kann sowohl in der

sprachtherapeutischen Praxis, als auch in wissenschaftlichen Untersuchungen

Anwendung finden. Die ICS kann zusätzlich zu Messungen des Schweregrades der

Störung (z.B. Errechnung des prozentualen Anteils an korrekten Konsonanten)

verwendet werden. Dadurch erhalten Sie zusätzliche Informationen über die

Verständlichkeit des Kindes. Außerdem kann die ICS ergänzend hinzugezogen

werden, um Interventionen zu planen und um die Interventionsergebnisse zu

evaluieren (z.B., um Realworteffekte der Intervention zu untersuchen). Sobald

Normen für die ICS bestehen, kann es ebenfalls als Screening-Material in der

Forschung und in klinischen Kontexten genutzt werden.

Zielgruppe:

Die ICS soll die Aussprache von Kindern beschreiben. Die ICS sollte von Eltern von

Vorschul- und Schulkindern mit Aussprachestörungen ausgefüllt werden. Die ICS

kann sowohl bei monolingualen Kindern, als auch bei multilingualen Kindern

eingesetzt werden. Des Weiteren wurde die ICS in über 20 verschiedene Sprachen

übersetzt (siehe Anhang B, Die aktuellste Liste befindet sich auf

http://www.csu.edu.au/research/multilingual-speech/ics).

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Durchführung:

Die ICS wird von einem Elternteil ausgefüllt. Die Durchführungsdauer beträgt ca. 5

Minuten. Vor der Durchführung fragt der Therapeut die Familie welche

Sprache(n) vom Kind gesprochen wird bzw. werden1

Hinweis: Danach entscheidet sich welche Sprachversion zum Einsatz kommt. Denn

die Verständlichkeit des Kindes wird in der Sprache eingeschätzt, die der

Sprachversion der ICS entspricht.

1. Monolinguale deutsche Kinder:

Die Sprachtherapeutin gibt den Eltern die deutsche Version der ICS. Die Eltern

werden angeleitet, darüber nachzudenken, inwieweit die Sprechweise ihres Kindes in

den letzten Monaten verständlich war (oder inwieweit ihre Kinder verstanden

wurden). Die Eltern sollen den Grad der Verständlichkeit ermitteln, in der sie das

Kind und 6 andere Typen von Kommunikationspartnern (engste Familienkreis,

erweiterte Familienkreis, Freunde, Bekannte, Lehrern/Erziehern, Fremde) das Kind

verstehen. Diese Einschätzung geschieht anhand eine 5-stufigen Likert-Skala (1=

nie, 2= selten, 3= manchmal, 4= meistens, 5= immer). Dabei können die Eltern

selber die Fragen auf dem Fragebogen lesen und den geschätzten Wert einkreisen;

Ansonsten kann der Fragebogen von der Therapeutin verbal vorgetragen werden

und die Therapeutin kreist den vom Elternteil geschätzten Wert ein. Abbildung 1 zeigt

ein Beispiel dafür, wie die ICS ausgefüllt sein könnte.

2. Monolinguale Kinder, die eine andere Sprache als Deutsch sprechen:

Die Sprachtherapeutin versorgt die Eltern mit der Sprachversion der ICS, dessen

Sprache das Kind (und die Eltern) sprechen. Ein/e Dolmetscher/in könnte eventuell

benötigt werden, um die Therapeuten darin zu unterstützen den Eltern die

Instruktionen zu erklären, wenn diese die Sprache nicht spricht. Die Eltern werden

angeleitet, darüber nachzudenken, inwieweit die Sprechweise ihres Kindes in den

letzten Monaten verständlich war (oder inwieweit ihr Kind verstanden wurde). Die

Eltern sollen den Grad der Verständlichkeit ermitteln, in der sie das Kind und 6

andere Typen von Kommunikationspartnern (engste Familienkreis, erweiterte

Familienkreis, Freunde, Bekannte, Lehrern/Erziehern, Fremde) das Kind verstehen.

Diese Einschätzung geschieht anhand eine 5-stufigen Likert-Skala (1= nie, 2= selten,

3= manchmal, 4= meistens, 5= immer). Dabei können die Eltern selber die Fragen

auf dem Fragebogen lesen und den geschätzten Wert einkreisen. Ansonsten kann

der Fragebogen von der Therapeutin (oder dem/der Dolmetscher/in) verbal

1Bei multilingualen Kindern kann es nützlich sein, zwischen dem Erwerbsalter jeder Sprache

zu differenzieren (simultaner vs. sequentieller Bilingualismus), den Stand jeder Sprache des Kindes festzustellen und den die Kontexte herauszufinden, in denen das Kind die jeweiligen Sprachen typischerweise verwendet. Außerdem ist es nützlich herauszufinden, welche Sprachen das Kind versteht und welche in seiner Umgebung gesprochen werden. Für die ICS sind die Sprachen, die das Kind spricht, relevant.

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vorgetragen werden. Und auch die Therapeutin (oder der/die Dolmetscher/in) kreist

den vom Elternteil geschätzten Wert ein.

Abbildung 1: Musterlösung „Skala zur Verständlichkeit im Kontext: Deutsch“

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3. Multilinguale Kinder:

Sie als Therapeutin können entscheiden, ob Sie die ICS A. in der Muttersprache des

Kindes, oder B. in allen Sprachen des Kindes (wenn die Sprachversion verfügbar ist)

ausfüllen lassen.

A. Durchführung in der Muttersprache des Kindes:

Sie als Therapeutin geben den Eltern die ICS in der Sprache, die das Kind am

besten beherrscht. Wenn man möchte, kann man auch die bilinguale Version der

ICS verwenden (z.B. „Arabic + English“ oder „Spanish + English“), sodass Sie

eventuell gleichzeitig auch die Fragen lesen können. Ein/e Dolmetscher/in könnte

evtuell benötigt werden, um die Therapeutin darin zu unterstützen den Eltern die

Instruktionen zu erklären.

Hinweis: Das bedeutet, Sie stellen fest, welche Muttersprache das Kind hat. Dann

suchen Sie sich die entsprechende Sprachversion der ICS heraus. Diese Version der

ICS übergeben Sie dem Elternteil der dieselbe Muttersprache hat oder der die

Muttersprache des Kindes am besten beherrscht. Der Elternteil soll die

Verständlichkeit des Kindes in der Muttersprache einschätzen. Als Ergebnis

bekommt man die Einschätzung, inwiefern das Kind in seiner Muttersprache

verstanden wird. Generell ist es wichtig darauf zu achten dass alle 7 Items von den

Eltern eingeschätzt werden. Ansonsten Durchführung wie oben:

Die Eltern werden angeleitet, darüber nachzudenken, inwieweit die Sprechweise ihres

Kindes in den letzten Monaten verständlich war (oder inwieweit ihre Kinder verstanden

wurden). Die Eltern sollen den Grad der Verständlichkeit ermitteln, in der sie das Kind

und 6 andere Typen von Kommunikationspartnern (engste Familienkreis, erweiterte

Familienkreis, Freunde, Bekannte, Lehrern/Erziehern, Fremde) verstehen. Diese

Einschätzung geschieht anhand eine 5-stufigen Likert-Skala (1= nie, 2= selten, 3=

manchmal, 4= meistens, 5= immer). Dabei können die Eltern selber die Fragen auf

dem Fragebogen lesen und den geschätzten Wert einkreisen; Ansonsten kann der

Fragebogen von der Therapeutin mit der Hilfe eines/r Dolmetscher/in verbal durchgeführt

werden und die Therapeutin kreist den vom Elternteil geschätzten Wert ein.

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B. Durchführung in allen Sprachen, die das Kind spricht:

Sie geben den Eltern die ICS in allen Sprachversionen, die das Kind spricht (wenn

diese Sprachversionen verfügbar sind, siehe Anhang B). Vielleicht ist es sinnvoll

darauf zu achten, dass jedes Elternteil eine andere Sprachversion ausfüllt2.

Hinweis: Das bedeutet, Sie stellen zunächst fest wie viele und welche Sprachen das

Kind spricht. Dann suchen Sie sich von jeder Sprache jeweils die entsprechende

Sprachversion der ICS heraus. Diese Sprachversionen werden so an die Eltern

verteilt, dass die Eltern die ICS lesen können. Jeder Elternteil soll die

Verständlichkeit des Kindes in der Sprache einschätzen die der Sprachversion der

ICS entspricht (d.h. im besten Fall die Muttersprache). So bekommen Sie als

Ergebnis einen Vergleich, inwiefern das Kind in den unterschiedlichen Sprachen

verstanden wird. Die Abbildungen 2 und 3 zeigen ein Beispiel, wie die ICS in

unterschiedlichen Sprachen desselben Kindes ausgefüllt sein kann.

Ein/e Dolmetscher/in könnte eventuell benötigt werden, um die Therapeutin darin zu

unterstützen den Eltern die Instruktionen zu erklären.

Hinweis: Durchführung wie oben!

Die Eltern werden angeleitet, darüber nachzudenken, inwieweit die Sprechweise ihres

Kindes in den letzten Monaten verständlich war (oder inwieweit ihre Kinder verstanden

wurden). Die Eltern sollen den Grad der Verständlichkeit ermitteln, in der sie das Kind

und 6 andere Typen von Kommunikationspartnern (engste Familienkreis, erweiterte

Familienkreis, Freunde, Bekannte, Lehrern/Erziehern, Fremde) verstehen. Diese

Einschätzung geschieht anhand eine 5-stufigen Likert-Skala (1= nie, 2= selten, 3=

manchmal, 4= meistens, 5= immer). Dabei können die Eltern selber die Fragen auf

dem Fragebogen lesen und den geschätzten Wert einkreisen; Ansonsten kann der

Fragebogen von der Therapeutin mit der Hilfe eines/r Dolmetscher/in verbal durchgeführt

werden und die Therapeutin kreist den vom Elternteil geschätzten Wert ein.

2Zum Beispiel, wenn das Kind Englisch, Deutsch und Türkisch spricht, dann füllt der Vater

den Fragebogen in seiner Muttersprache (z.B. Deutsch) aus und die Mutter in ihrer Muttersprache (z.B. Türkisch). Und beide füllen die ICS in Englisch aus (wenn beide Elternteile diese Sprache beherrschen).

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Abbildung 2: Beispiel wie die ICS bei einem multilingualen Kind ausgefüllt sein

könnte (deutsche Version)

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Abbildung 3: Beispiel wie die ICS bei einem multilingualen Kind ausgefüllt sein

könnte (türkische Version)

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Auswertung:

Die ICS wird von Ihnen ausgewertet. Der zu errechnende Wert ist der

Durchschnittswert aller ausgefüllten Items. Für die Auswertung muss man alle Werte,

die von den Eltern ausgewählt wurden, zusammenzählen und das daraus

resultierende Ergebnis durch sieben teilen. Das ergibt den allumfassenden

Durchschnittswert der Messung.

Hinweis: Rechnungsbeispiel

Item Item 1: Item 2: Item 3: Item 4: Item 5: Item 6: Item 7:

geschätzter Wert

4

4

4

4

3

4

3

Rechnungsweg:

4+4+4+4+3+4+3 = 26

26÷7 ≈ 3,71

Es ist wichtig sicherzustellen, dass alle 7 Items ausgefüllt wurden. Falls Eltern ein

Item nicht ausgefüllt haben (z.B., könnten Eltern Item 6 auslassen, weil das Kind kein

Vor-/Schulkind ist), dann errechnet man den Durchschnittswert nur von der Anzahl

der ausgefüllten Items.

Hinweis: Rechnungsbeispiel

Item Item 1: Item 2: Item 3: Item 4: Item 5: Item 6: Item 7:

geschätzter Wert

4

4

4

4

3

-

3

Rechnungsweg:

4+4+4+4+3+3 = 22

22÷6 ≈ 3,67

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Interpretation der Ergebnisse:

Der ICS Wert zeigt das Level der funktionellen Verständlichkeit. Die Auswertung

kann Werte von 1,00 (niedrige Verständlichkeit) bis 5,00 (hohe Verständlichkeit)

ergeben. Wenn ein Kind einen Durchschnittswert von 3.5 erreicht, dann weist dies

darauf hin, dass das Kind meistens bis manchmal verstanden wird.

In einem Therapeutenbericht könnte stehen:

„Johns Mutter füllte die Skala zur Verständlichkeit im Kontext (Intelligibility in Context

Scale (ICS), McLeod, Harrison & McCormack, 2012) in Englisch und Russisch aus.

Die ICS besteht aus 7 Items, die anhand einer 5-stufigen Skala messen, im welchen

Maße das Sprechen des Kindes von unterschiedlichen Kommunikationspartnern

verstanden wird. Im Englischen liegt Johns Durchschnittswert bei 3, was darauf

hinweist, dass er manchmal verstanden wird. Im Russischen zeigt der

Durchschnittswert 2.5, dass er manchmal bis selten verstanden wird. Er wird besser

von seiner Mutter und anderen Personen aus seinem engsten Familienkreis

verstanden, als von seinem Lehren (aus Englisch), Bekannte und Fremde.“

Bitte beachte: Es wird gerade erst wissenschaftlich untersucht, bei welchem Wert der

Verständlichkeit, sich Auswirkungen auf die alltägliche Kommunikation des Kindes

ergeben. (Hinweis: Neumann, in Vorbereitung)

Evaluation der ICS an englisch-sprechende Kinder aus Australien

(für eine vollständige Dokumentation siehe: McLeod, Harrison und McCormack, 2012b)

Probanden:

Teilgenommen haben 120 Eltern von 4-5-jährigen Kindern aus Australien. Diese wurden aus der Studie zu

Lauteffekten (McLeod, Harrison, McAllister & McCormack, in Druck) rekrutiert. Von Allen Kindern hatten 109 laut

den Eltern oder Lehrern Probleme beim Sprechen und beim Produzieren von Sprachlauten. 11 Kinder hatten

keine Ausspracheprobleme. Es gab mehr männliche (n = 80, 66,7%) als weibliche (n = 40, 33,3%) Kinder. Dies

zeigt eine typische Verteilung im sprechtherapeutischen Bereich. Es wurden keine kognitiven Defizite,

Entwicklungsstörungen oder Hörbeeinträchtigungen diagnostiziert. Alle Kinder hatten Englisch als Muttersprache.

Mit 11 (9,2%) Kindern wurde zusätzlich in einer anderen Sprache gesprochen, 5 (4,2%) Kinder sprachen

zusätzlich eine andere Sprache und 4 (3,3%) Kinder waren einheimische Australier.

Verteilung der Durchschnittswerte der Kinder:

Der Durchschnittswert der normal entwickelten Kinder (n = 11) lag bei 4,69 (SD = 0,51) und der Durchschnittswert

der Kinder mit Ausspracheproblemen (n = 109) lag bei 3,85 (SD = 0,50). Diese Werte erfüllen mehrere Kriterien

einer Normalverteilung.

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Validität der ICS:

Konstruktvalidität: Eine Faktorenanalyse zeigte angemessene bis hohe Interkorrelationen (p < .01) zwischen 7

Testitems. Die folgende Tabelle zeigt die Konstruktvalidität.

Interkorrelationen der 7-Items der Skala zur Verständlichkeit (ICS) (vgl. McLeod et al., 2012b, p. 652)

Fragen 1 2 3 4 5 6

1. Verstehen Sie ihr Kind? -

2. Versteht der engste Familienkreis ihr Kind? ** -

3. Versteht der erweiterte Familienkreis ihr Kind? ** ** -

4. Wird ihr Kind von seinen Freunden verstanden? ** ** ** -

5. Verstehen andere Bekannte ihr Kind? ** ** ** ** -

6. Wird ihr Kind von seinen Lehrern/Erziehern verstanden? ** ** ** ** ** -

7. Verstehen Fremde ihr Kind? ** ** ** ** ** **

Beachte. ** Korrelation ist signifikant auf einem 0.01 Level

Kriteriumsvalidität: Die ICS korreliert positiv mit anderen validen Messungen zum Schweregrad von

Aussprachestörungen: Prozentualer Anteil der korrekten Phoneme (PPC p ≤ .01), prozentualer Anteil der

korrekten Konsonanten (PCC p ≤ .01), prozentualer Anteil der korrekten Vokalen (PVC p ≤ .01). Dies wurde mit

Hilfe der Werte von Kindern in der Diagnostik Evaluation der Artikulation und Phonologie (DEAP, Dodd, Hua,

Crosbie, Holm & Ozanne, 2012). Dies zeigt den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der

Aussprachestörung und der Einschätzungen der Eltern bezüglich der Verständlichkeit ihrer Kinder.

Inhaltsvalidität: Ein Literaturreview wurde gemacht, um die Bereiche der Verständlichkeit und Messinstrumenten

zu verstehen. Die Berücksichtigung der Kontextfaktoren für die Messung der Verständlichkeit wird von

Untersuchungen unterstützt, die davon ausgehen, dass die Verständlichkeit vom Zuhörer abhängt (Baudonck et

al., 2009; Flipsen, 1995; Kwiatkowski & Shriberg, 1992). Die Berücksichtigung der Umweltfaktoren stützt sich auf

der ICF-CY (WHO, 2007). Die elterliche Einschätzung der Verständlichkeit der Kinder war schon Gegenstand in

früheren Studien (Coplan & Gleason, 1988; Roulstone, Loader, Northstone, Beveridg, & The ALSPAC Team,

2002)

Reliability der ICS:

Interne Reliabilität: Die ICS erreichte ein hohes Level an interne Reliabilität (α = .93). Genutzt wurde Cronbach’s

Alpha.

Spezifität der ICS:

Die Werte der Kinder, bei denen von den Eltern bzw. Lehrern eine Aussprachestörung identifiziert wurde (M =

3,85), waren signifikant niedriger als die Werte der Kinder ohne Aussprachestörungen (M = 4,69). Das zeigt, dass

die ICS für die Unterscheidung zwischen Kindern mit und ohne Aussprachestörungen effektiv ist.

Adaptionen der ICS:

Multilinguale Versionen: Die ICS gibt es in vielen Sprachen. Die Übersetzungen waren möglich, weil viele Begriffe

aus der ICF-CY stammen. Die ICF-CY wurde für den internationalen Gebrauch erstellt. Zwei Methoden wurden

für die Übersetzung verwendet:

1. Die meisten Übersetzungen wurden von Untersuchern mit Fachwissen über Kinder mit

Aussprachestörungen durchgeführt. Jeder Untersucher (Übersetzer) bekam ein Muster um zwei

Versionen der ICS herzustellen: eine monolinguale Version (z.B. Spanisch) und eine multilinguale

Version (z.B. Spanisch + Englisch). Die Forscher (Übersetzer) diskutierten die Übersetzung mit ihren

Kollegen und mussten die Übersetzung zur Kontrolle Rückübersetzen (vgl. Su & Parham, 2002;

Weltgesundheitsorganisation, 2012). Die eingereichten monolingualen Versionen wurde zu einer

professionellen Übersetzungsfirme geschickt (Australian Multi Lingual Services), die „NAATI accredited

translators“ sorgten für eine Rückübersetzung. Alle Unterschiede zwischen den originalen Versionen und

den Zurückübersetzungen wurden beachtet und mit den ursprünglichen Übersetzern diskutiert bis eine

Einigung erzielt wurde.

2. Einige Übersetzungen wurden von den „NAATI accredited translators“ zusammen mit der „Australian

Multi Lingual Services“ unternommen, wenn Experten für kindlichen Aussprachestörungen nicht

verfügbar waren.

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Version für Erwachsene: Die ICS kann adaptiert werden, um die Verständlichkeit von Erwachsenen zu messen

(z.B. Erwachsene mit Dysarthrie oder Sprechapraxie), indem man das Wort Kind durch Partner oder

Ehefrau/mann ersetzt. Zum Beispiel Frage 1: „Verstehen Sie Ihren Partner?“. Frage 6: „Wird Ihr Kind von seinen

Lehrern/Erziehern verstanden?“ kann ausgelassen werden (und der Wert kann aus /30 anstatt /35 errechnet

werden). Oder man könnte „Lehrer/Erzieher“ durch jemanden ersetzen, der regelmäßigen Kontakt mit der Person

hat und eine Authoritätsposition besetzt (siehe Anhang C). Diese Version könnte vom Partner, von der/m

Ehefrau/mann oder einem anderen Familienmitglied, welches mit der Person lebt oder der Person sehr nahe

steht, ausgefüllt werden (z.B. erwachsene Tochter).

Evaluation der ICS:

Studien werden gerade geplant, um die ICS in anderen Sprachen zu evaluieren: Hong Kong (chinesisch:

vereinfacht), Schottland (UK), Slovenien, Süd-Afrika und USA. Wenn Sie Interesse daran haben die ICS für Ihre

Untersuchungen zu verwenden bitte kontaktieren Sie Professor Sharynne McLeod, Ph.D. ([email protected]).

Verfügbarkeit der ICS:

Die ICS ist auf der folgenden Internetseite frei verfügbar: http://www.csu.edu.au/research/multilingual-speech . Es

ist lizensiert unter der „Creative Commons Attribution – NonCommercial – NoDervis 3.0 Unported License“. Das

bedeutet, man darf es teilen, kopieren, verteilen und weitergeben unter den folgenden Bedingungen:

Zuschreibung – Sie müssen die Arbeit dem Autor oder Lizenser zuschreiben (aber nicht auf diese Weise, dass

dieser Ihre Arbeit verehrt). Nicht kommerziell verwenden – Sie dürfen diese Arbeit nicht zu kommerziellen

Zwecken benutzen. Die Arbeit nicht verändern – Sie dürfen an der Arbeit nichts verändern, umwandeln oder

hinzufügen.

Danksagungen:

Die englische Version der ICS und anfängliche Testungen wurden von der „Australian Research Council

Discovery Grant (DP0773978) (2007-2009)“ finanziert und Professor Sharynne McLeod, Professor Linda J.

Harrison und Professor Lindy McAllister zugeschrieben. Dr Jane McCormack war die Projektleiterin bei dieser

Unterstützung. Anschließende Entwicklungen, Dokumentationen und Übersetzungen der ICS wurden von der

„Australian Research Council Future Fellowship (FT0990588) (2010-2014) finanziert und Professor Sharynne

McLeod zugeschrieben.

Die originale englische Version der Handanweisung wurde verfasst mit der Unterstützung von Linda J. Harrison,

Jane McCormack und Nicole Limbrick. Die ICS Website wurde von Professor Sharynne McLeod in

Zusammenarbeit mit Dan Given und Jo Masters der Charles Sturt University in Australien erstellt.

Zusätzliche Informationen über die Aussprache von multilingualen Kindern:

Website zur Aussprache von multilingualen Kindern: http://www.csu.edu.au/research/multilingual-speech

Multilingual children with speech sound disorders: Position paper

International Expert Panel on Multilingual Children´s Speech (2012). Multilingual children with speech

sound disorders: Position paper. Bathurst, NSW, Australia: Forschungsinstitut für Berufspraxis, Lernen

und Erziehung (RIPPLE), Charles Sturt University. Aus http://www.csu.edu.au/research/multilingual-

speech/position-paper

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Referenzen

Baudonck, N. L. H., Buekers, R., Gillebert, S., & Lierde, K. M. V. (2009). Speech intelligibility of Flemish children

as judged by their parents. Folia Phoniatrica et Logopaedica, 61, 288‐295.

Coplan, J., & Gleason, J. R. (1988). Unclear speech: Recognition and significance of unintelligible speech in

preschool children. Pediatrics, 82, 447‐452.

Dodd, B., Hua, Z., Crosbie, S., Holm, A., & Ozanne, A. (2002). Diagnostic Evaluation of Articulation and

Phonology. London: The Psychological Corporation.

Flipsen, P., Jr. (1995). Speaker‐listener familiarity: Parents as judges of delayed speech intelligibility. Journal of

Communication Disorders, 28, 3‐19.

Kwiatkowski, J., & Shriberg, L. D. (1992). Intelligibility assessment in developmental phonological disorders:

Accuracy of caregiver gloss. Journal of Speech and Hearing Research, 35, 1095‐1104.

McLeod, S., Harrison, L. J., McAllister, L. & McCormack. J. (in press). Speech sound disorders in a community

study of preschool children. American Journal of Speech‐Language Pathology.

McLeod, S., Harrison, L. J., & McCormack, J. (2012). Intelligibility in Context Scale. Bathurst, NSW, Australia:

Charles Sturt University. Retrieved from http://www.csu.edu.au/research/multilingual‐speech/ics.

McLeod, S., Harrison, L. J., & McCormack, J. (2012b). The Intelligibility in Context Scale: Validity and reliability of

a subjective rating measure. Journal of Speech, Language, and Hearing Research, 55, 648‐656.

Roulstone, S., Loader, S., Northstone, K., Beveridge, M., & the ALSPAC team. (2002). The speech and language

of children aged 25 months: Descriptive data from the Avon Longitudinal Study of Parents and Children.

Early Child Development and Care, 172, 259‐268.

Su, C.‐T., & Parham, L. D. (2002). Case report: Generating a valid questionnaire translation for cross‐cultural use.

American Journal of Occupational Therapy, 56, 581–585.

World Health Organization. (2007). ICF‐CY: International classification of functioning, disability and health:

Children and youth version. Geneva: author.

World Health Organization. (2012). Process of translation and adaptation of instruments. Geneva: author.

Retrieved from http://www.who.int/substance_abuse/research_tools/translation/en/

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Anhang A: Skala zur Verständlichkeit im Kontext: Deutsch

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Anhang B: frei verfügbare Sprachversionen der ICS

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Anhang C: Beispiel der ICS adaptiert für Erwachsene