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Historische Entwicklung des deutschen Berufsbildungssystems Berufsbildungspoli tik und Berufsbildungsrech t Martin Fischer Internet: www.itb.uni-bremen.de/ Downloads/Studium/Fischer/BBPolitik2 Gliederung Die Konsolidierungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1920-1969) Die Gründungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1869 -1919) Aufstieg und Fall (?) der deutschen dualen Berufsausbildung (ab 1970) Ausbauphase (1970 - 1990) Krisensymptome (ab 1990) Fragen zum Thema

Historische Entwicklung des deutschen Berufsbildungssystems Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht Martin Fischer Internet:

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Historische Entwicklung des deutschen Berufsbildungssystems

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Internet: www.itb.uni-bremen.de/ Downloads/Studium/Fischer/BBPolitik2

Gliederung

Die Konsolidierungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1920-1969)

Die Gründungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1869 -1919)

Aufstieg und Fall (?) der deutschen dualen Berufsausbildung (ab 1970)

Ausbauphase (1970 - 1990)

Krisensymptome (ab 1990)

Fragen zum Thema

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Arnold, Rolf, u. a.: Berufspädagogik kompakt. Berlin: Cornelsen 1998, 1

Vereinfachung des „theoretischer“ werdenden Wissens (bekannt aus der mittelalterl. Dombauhütte; wahrschein-lich aber schon im ägypt. Pyramidenbau 4.000 v. Chr.).

Eine Person (Experte, Meister) ist für die Tradierung einer bestimmten Teilmenge gesellschaftlich notwen-diger oder wünschenswerter Qualifikationen verantwort-lich (Meisterlehre; Frühformen ca. 5.000 -10.000 v. Chr.).

Berufsbildung vor Beginn der Industrialisierung

Festlegung der Inhalte der Berufsausbildung (z. B. Zunftordnungen seit dem 14. Jh.).

Bewusste Beeinflussung des Vermittlungsprozesses mit Medien, z. B. Modeln, Vorlagen (erstmals anzutreffen im Kunsthandwerk der Renaissance, wahrscheinlich aber schon im antiken Bauwesen: Vitruv.

Personifizierung der Lehr-Lern-Beziehung:

Didaktisierung:

Methodisierung:

Kanonisierung:

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Nürnberger Museum für Geschichte

Die dreistufige Berufsausbildung (Lehrling, Geselle, Meister) wurde in den Zunftordnungen ab dem 14. Jh. vorgeschrieben. Während der Lehrzeit (3 - 4 Jahre) wohnte der Lehrling im Haushalt des Meisters; er musste den Beruf lernen, hart arbeiten und durfte auch körperlich gestraft werden. Nach der "Lossprechung" wurde der Lehrling zum Gesellen erklärt und auf Wanderschaft geschickt. Nur wenige Gesellen konnten auch Meister werden (Hürden: Meisterstück, Meisterprüfung, Nachweis von Hausbesitz und Bürgerrecht, Heirat).

Berufsausbildung vor der Industrialisierung

Die zünftige Lehrlingsausbildung

Das ganze Haus des Meisters als Sozialisations-instanz

Meister = Hausherr und Lehrherr, Imitation seiner beruflich-fachlichen Fähigkeiten und Identifikation mit seinen personalen Kompetenzen ist das geltende Modell beruflichen Lernens.

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Stratmann, K.: Die gewerbliche Lehrlingserziehung in Deutschland. Modernisierungsgeschichte der betrieblichen Berufsbildung. Band I: Berufs-erziehung in der ständischen Gesellschaft (1648-1806). Frankfurt a. M., 1993

Dem Lehrling eine andere Technik zu vermitteln, als sie der Meister für gut befand, hieß, ihn „verführen“, ihn vom rechten Weg abbringen und zu bösen Dingen verlocken. Anders zu arbeiten als der Meister war abwegig. Dessen Technik - und das bedeutet: dessen technisches Vermögen oder Unvermögen! - galt als normative Größe, der schlicht deshalb zu folgen war, „weil ich sein Her und Meister bin“, der alles „besser ... wissen muss“.

Berufsausbildung vor der Industrialisierung

Tradition zählt!

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das „deutsche System“ der Berufsausbildung. Baden-Baden: Nomos 1998, S. 45 ff.

Niedergang des Handwerks und der handwerklichen Lehre - 1875: ca. 60% aller Beschäftigten im Kleinhandwerk, 1895: ca 40%. Zudem: „große Depression“ und weitere Wirtschaftskrisen.

Die Gründungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1869-1919)

Die politische Antwort auf den Niedergang: die Mittelstandspolitik des Kaiserreiches: Zwischen Berücksichtigung wirtschaftlicher Expansion (durch wirtschaftsliberale Gesetzgebung) und Berücksichtigung mittelständischer Interessenverbände aufgrund national-konservativer Ideologie.

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das duale System der Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart: Holland+Josenhans 1995, S. 21 ff.

Die Gründungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1869-1919)

Zwischen Gewerbefreiheit und Restauration der Handwerksausbildung

Reichsgewerbeordnung von 1869

„Handwerkerschutzgesetz“ von 1897

Gewerberechtsnovelle von 1908

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Reichsgewerbe-ordnung von 1869

Reichsgewerbeordnung von 1869 des norddeutschen Bundes, ab 1871 nationale Gesetzgebung

reichseinheitliche Gewerbefreiheit, grundsätzliche Freizügigkeit, Niederlassungs- und Berufsausübungsfreiheit, Gewerbeangelegenheiten als Reichsgesetzgebung

„Betrieb eines Gewerbes ist Jedermann gestattet“ (§1), „Die Befugnis zum selbstständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes begreift das Recht in sich, in beliebiger Zahl Gesellen, Gehülfen, Arbeiter jeder Art und [...] Lehrlinge anzunehmen“ (§41)

Als Lehrling ist jeder zu betrachten, welcher bei einem Lehrherrn zur Erlernung eines Gewerbes in Arbeit tritt, ohne Unterschied, ob die Erlernung gegen Lehrgeld oder unentgeltliche „Hülfsleistung“ stattfindet, oder ob für die Arbeit Lohn gezahlt wird (§ 115).

Lehrling der „väterlichen Zucht“ unterworfen und zur „Folgsam-keit“ verpflichtet (§ 119); Recht auf Abbruch der Lehre „wider den Willen des Lehrherrn“ vor Ablauf der Lehrzeit, um zu anderen Gewerbe oder zu anderen Berufe überzugehen (§ 122)

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Handwerkerschutz-gesetz von 1897

Handwerkerschutzgesetz von 1897

Einrichtungen von Handwerkskammern als Körperschaften öffentlichen Rechts zur Vertretung der Interessen des Hand-werks des Bezirkes (§103) Aufgaben im Lehrlingswesen (§103e): Regelung Lehrlingswesen; Überwachung der Durchführung der Vorschriften im Lehrlingswesen; Bildung von Prüfungsausschüssen

Befugnis zum Anleiten von Lehrlingen nur für Personen, die in Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte waren (konnte entzogen werden) (§ 126)

Vermeidung der Lehrlingszüchterei, Möglichkeit der Untersagung der Aufnahme weiterer Lehrlinge durch die unteren Verwaltungsbehörde (§ 128)

Einschränkung Ausbildungsfreiheit v. 1869: Befugnis zur Anlei-tung von Lehrlingen nur für diejenigen Personen, welche mind. 24 Jahr alt sind [...], die vorgeschriebene Lehrzeit [...] zurück-gelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben“ (§129)

Lehrzeit wurde auf Regeldauer von 3 (max. 4) Jahren festge-legt Jahre (§130a), Regelung Gesellenprüfungswesen (§131b)

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Gewerberechtsnovelle von 1908

Gewerberechts-novelle von 1908

Zentrale Forderung der Handwerkerschaft nach Großem Befähigungsnachweis (Recht zum Betrieb eines Handwerksbetrieb erfordert Meistertitel) wurde vom Reichstag (1890) gebilligt, erhielt aber keine Zustimmung vom Bundesrat

Interessen der Mittelstandspolitik kollidierte mit den Grundsätzen der liberalen Wirtschaftspolitik (Große Befähigungsnachweis liege nicht im Verbraucher-Interesse)

Lösung war der Kleine Befähigungsnachweis: „In Handwerksbetrieben steht die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen nur denjenigen Personen zu, welche das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet und eine Meisterprüfung bestanden haben“ (§129)

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das „deutsche System“ der Berufsausbildung. Baden-Baden: Nomos 1998, S. 45 ff.

Die Fortbildungsschule

Die Gründungsphase der deutschen dualen Berufsausbildung (1869-1919)

Erziehungslücke zwischen Volksschule und Militärdienst

Vorläufer der Berufsschule seit ca. 1870

Reform in Richtung Berufserziehung durch Kerschensteiner u. a. um 1900

Das „Jugendlichenproblem“

Auflösung der ständischen Welt des „ganzen Hauses“

Öffentliche Diskussion über moderne Ver-gnügungen, Jugendkriminalität, Teilnahme an sozialistisch-revolutionärer Politik

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Kerschensteiner, G.: Theorie der Bildung, Leipzig 1926, S. 38 ff.

Kerschensteiners Theorie der Berufsbildung (I)

„Bezeichnen wir jene Bildung, welche die individuellen Veranlagungen, Triebe Neigungen, Interessen, aufgreift, um das physische Sein zu einer dauernden Leistungsfähigkeit für die Erhaltung des Lebens im Rahmen einer Gemeinschaft zu bringen, mit Berufsbildung, so ist damit nicht irgendein beliebiges Arbeitsgebiet gemeint, sondern ein solches, zu welchem der einzelne vermöge seiner Veranlagung tatsächlich ‚innerlich berufen‘ ist“.

„Indes findet der einzelne häufig genug in dem Arbeitsfelde, zu dem er innerlich berufen ist, nicht die Möglichkeit , sein leibliches Sein zu erhalten; oft genug ist er genötigt, in einen Beruf einzutreten, der seinem Wesen fremd ist und trotz aller Bemühungen fremd bleibt.“

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsGründungsphase 1869 - 1919

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Kerschensteiner, G.: Theorie der Bildung, Leipzig 1926, S. 198 ff.

Kerschensteiners Theorie der Berufsbildung (II)

„Bei den meisten Mädchen sind die mütterlichen und hauswirtschaftlichen Instinkte, Triebe, Neigungen genü-gend stark in ihrer Individualität gegeben, daß die Fort-bildungsschule mit bestem Erfolge diese innere Berufen-heit überall da aufgreifen kann, wo der Arbeitsberuf der weiblichen Jugendlichen keine Handhabe mehr bietet, die ‚Menschenbildung‘ aus ihm heraus zu gestalten.“

„Wahre Berufsbildung ist also Arbeits- und Sozialbildung zugleich.“

„Was aber die Berufenheit und Berufbarkeit zur Staats-gesinnung und damit zur rechten staatsbürgerlichen Betätigung betrifft, so fällt sie in ihrem Kerne zusammen mit der Berufenheit oder Berufbarkeit zur sittlichen Autonomie (...), denn in der sittlichen Autonomie liegt vor allem die Anerkennung unbedingt geltender Werte als organisierende Funktion für alle übrigen Werte“.

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Bis 1933 kein „System“ von Elektroberufen im Sinne eines einheitlich geordneten, umfassenden und klar abgegrenzten Gefüges;

Herausbildung eines „Systems“ regional- und betriebsspezi-fischer Berufe (bis 1933, am Beispiel der Elektroberufe)

Quelle: Howe, F.: Genese der Elektroberufe. Dissertation, Universität Bremen, 2001

Gewerbeordnung 1869 (zahlreiche Novellen) begründete Ausbildungsrecht unterschiedlicher Qualität u. Reich-weite für Handwerk & Industrie;

im Handwerk übernahmen Kammern/Innungen als Kör-perschaften öffentlichen Rechts die Aufsicht über die Ausbildung;

keine reichseinheitliche Abstimmung wegen dezentraler Selbstverwaltung in Bezug auf Gesellen- und Meisterprü-fung und Lehr- und Prüfungsinhalte (Regionalspezifik);

in der Industrie keine näheren Durchführungsbestimmun-gen und keine Selbstverwaltungsorgane zur Einhaltung der Überwachung der wenigen Festlegungen (stark betriebsspezifische industrielle Ausbildung).

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

eine jährliche Lehrlingsquote von 10 bis 12,5 % der Gesamtzahl der beschäftigten Facharbeiter zur Deckung des eigenen Bedarfs,

1912 verabschiedete der DATSCH seine „Leitsätze über die Lehrlingserzie-hung in der mechanischen Industrie“. Sie stellten die praktische, durch schul-mäßige Unterweisung lediglich ergänzte Ausbildung in den Mittelpunkt der Lehrlingserziehung und forderten u. a.:

eine drei- bis vier-jährige Lehrzeit,

eine über diese Quote hinausgehende Ausbildung in mechanischen Berufen für die Bedarfe der Betriebe, die in diesem Bereich über kein eigenes Ausbildungswesen verfügten (Zuckerindustrie, Elektrizitäts-werke, Verkehrsanstalten, Bergbau, chemische Industrie usw.),

das Abschließen eines schriftlichen Lehrvertrages sowie

das Absolvieren einer Abschlussprüfung.

Quelle: Howe, F.: Genese der Elektroberufe. Dissertation, Universität Bremen, 2001

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Aufgabe: Bedürfnisse und Anforderungen der Praxis in Industrie und Gewerbe zu ermitteln und daraus Wünsche und Vorschläge für die Ausbildung zu formulieren

DATSCH - Deutscher Ausschuss für Technisches Schulwesen

1908 Gründung des Deutschen Ausschusses für Technisches Schulwesen (DATSCH) Wendepunkt zu einer einheitlichen und systematischen konzeptionellen Arbeit im Bereich industriellen Ausbildungswesens

ab 1919 unterstützte der DATSCH die ausbildenden Unterneh-men mit Ausbildungsmitteln (Lehrgänge, Lehrtafeln, Merkblätter, etc.)

zunächst selbstständiger Ausschuss ohne Rechtsform, am 17. 3.1931 Umwandlung in e.V. (wg. finanzieller Schwierigkeiten)

Finanzierung durch freiwillige Beiträge der beteiligten Organisationen und größerer Firmen, ab 1921 auch mit Erlösen aus dem Lehrmittelvertrieb

1925 Gründung Arbeitsausschuss für Berufsausbildung (AfB) durch Industrie, Arbeitgeberverbände und DATSCH

Quelle: Howe, F.: Genese der Elektroberufe. Dissertation, Universität Bremen, 2001

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

horizontale Berufsabgrenzung (nach Arbeitsgebieten) durch die Einführung von Berufsbildern mit:

Berufskonstruktion durch den AfB ab 1925: Bemühung zur Vereinheit-lichung der industriellen Lehrlingsausbildung

Vertikale Berufsabgrenzung (sog. Berufsarten): Facharbeiter (Grundberuf und Sonderberuf), angelernte und ungelernte Arbeiter;

Berufsbezeichnung,

Lehr- bzw. Ausbildungszeit,

definierten Arbeitsgebieten anhand typischer Beispiele von Facharbeit in einem Beruf,

Quelle: Howe, F.: Genese der Elektroberufe. Dissertation, Universität Bremen, 2001

Fertigkeiten, die für die Ausübung solcher Arbeiten erforderlich waren und während der Ausbildungszeit zu vermitteln waren.

Berufsbild wurde zum zentralen Ordnungsmittel und die Grundlage für die Ausbildungs- und Prüfungspläne

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20.1.1934: Berufsausbildung als soziale und volkswirtschaftliche Aufgabe des Unternehmers (kein „Betriebsegoismus“ mehr):

Ausbildungsrecht im 3. Reich

Quelle: Howe, F.: Genese der Elektroberufe. Dissertation, Universität Bremen, 2001

alle Arbeit im Betrieb, auch die der Lehrlinge und Jungarbeiter, sollte nicht nur der Förderung der Betriebszwecke, sondern vor allem dem gemeinen Nutzen von Volk und Staat dienen (§ 1)

Betriebsinhaber hatten für das Wohl seiner Belegschaft, speziell der Jungarbeiter und Lehrlinge, zu sorgen und deren Können durch richtige Anleitung und ordnungsgemäßen Einsatz zu fördern (§ 2)

Unternehmer sollten also Verantwortung für eine ordnungsgemäße und einheitliche fachliche Ausbildung als Voraussetzung für eine hohe volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit übernehmen

Aber: Kompetenz- bzw. Apparatestreit zwischen Reichswirtschaftsministerium und Deutscher Arbeitsfront über ausschließliche Aufsicht der Berufsausbildung führte dazu, dass auch im Nationalsozialismus kein einheitliches und umfassendes Berufsbildungsgesetz geschaffen wurde.

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Etablierung eines Systems einheitlich und reichsweit anerkannter Elektroberufe (1933-1945)

Quelle:Quelle: Howe, F.: Genese der Elektroberufe. Dissertation, Universität Bremen, 2001

Verbindliche Festlegungen, in welchen Berufen ausgebildet werden durfte, durch das „Verzeichnis der Gewerbe, die handwerksmäßig betrieben werden können“ von 1934 und die seit 1938 geführte Liste „Anerkannte Lehr- und Anlernberufe in Handel und Gewerbe“

Handwerk: Reichswirtschaftsminister genehmigte per Erlass Fachliche Vorschriften für die Meisterprüfung und zur Regelung des Lehrlingswesens, die vom Reichsstand des Deutschen Handwerks und dem Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag erarbeitet wurden (Anerkennung galt reichsweit in allen Kammerbezirken)

Industrie: Anerkennung von Ausbildungsberufen zunächst durch den Leiter der Reichsgruppe Industrie; Dauer und Inhalt der industriellen Ausbildung wurden dabei durch Berufsbilder bestimmt, die vom DATSCH erarbeitet wurden; 1939 erhielt der Reichswirtschaftsminister eine Ermächtigung zu normativen bzw. rechtlichen Regelungen im Ausbildungswesen

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

1937 wurden die unterschiedlichen Benennungen der beruflichen Schulen einheitlich geregelt

Etablierung eines einheitlichen Berufsbildungssystems im dritten Reich

1938 wurde eine reichseinheitliche Berufsschulpflicht eingeführt

1940 wurde durch Erlass der zeitliche Umfang des Berufsschulunterrichts einheitlich festgelegt

Ab 1937 ging die zentrale Bürokratie auch daran, Betriebsausbildung und Berufsschulunterricht durch Schaffung gemeinsamer und einheitlicher Lehrpläne strikter aufeinander zu beziehen („Reichslehrpläne“); im gleichen Jahre wurde die wichtige Frage der Träger-schaft der Berufsschule bzw. ihre Finanzierung rechtlich vereinheitlicht

Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das duale System der Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart: Holland + Josenhans, 1995, S. 27

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das duale System der Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart: Holland+Josenhans 1995, S. 25

den Versuch von Unternehmern, Berufsschullehrern und staatlicher Bürokratie, eine entpolitisierte Berufsschule zu schaffen, die sich als „niedere Fachschule“ an den Qualifikationsbedürfnissen „der Wirtschaft“ orientiert;

Drei ausbildungspo-litische Handlungs-stränge (nach 1945)

den Versuch der Industrie, ein eigenes modernes, an rationalen Kriterien orientiertes Berufsausbildungsmodell für die eigenen Bedürfnisse aufzubauen, das ausschließ-lich der Verfügungsgewalt der Unternehmerschaft unterworfen ist;

den Versuch vor allem gewerkschaftlich orientierter Kräfte, Einfluss auf die Berufsausbildung über ein umfassendes Gesetz zu erreichen, das vor allem die Mitwirkungsrechte der gesellschaftlichen Interessen-vertreter der Arbeitnehmerschaft festschreibt.

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Arnold, Rolf, u. a.: Berufspädagogik kompakt. Berlin: Cornelsen 1998, 4

Empfehlungen des Deutschen Bil-dungsrats zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung von 1969 (I):

(1) Chancengleichheit im Zugang zu den Ausbildungsstätten und Bildungsinstitutionen des beruflichen Bildungswesens.

(2) Erreichen einer beruflichen Qualifikation für alle Lehrlinge; dafür sind Mindestnormen anzusetzen.

(3) Kritisches Verständnis des arbeitenden Menschen für technische, wirtschaftliche und soziale Prozesse im Betrieb sowie bewusste Mitwirkung an diesen Prozessen.

(4) Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte an eine sich wandelnde Wirtschaft und Gesellschaft (Mobilität).

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Arnold, Rolf, u. a.: Berufspädagogik kompakt. Berlin: Cornelsen 1998, 4

(5) Durchlässigkeit innerhalb des allgemeinen und beruflichen Bildungssystems sowie zwischen den beiden Bereichen.

(6) Flexibilität des Ausbildungssystems sowohl im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen als auch auf Wirtschafts- und Gesellschaftsveränderungen.

(7) Angemessene Beteiligung aller betroffenen und kompetenten Personenkreise an der Regelung der Ausbildungsverhältnisse.

Empfehlungen des Deutschen Bil-dungsrats zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung von 1969 (I):

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Kaiser, Franz-Josef / Pätzold, Günter (Hg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 1999, S. 103

1. Die Schaffung einheitlicher Strukturen für eine systematische und im Interesse der Mobilität breit angelegte betriebliche Berufsausbildung,

2. die Anerkennung und inhaltliche Regelung von Ausbildungsberufen durch als Rechtsverordnung ausgestaltete Ausbildungsordnungen zur Absicherung eines Mindeststandards im Qualifikationsniveau,

3. die rechtliche Absicherung der Dualität der Ausbildung durch Festlegung von Koordinierungsmechanismen zwischen betrieblichem und schulischem Ausbildungsteil,4. die Zusammenführung der an der Berufsausbildung beteiligten gesellschaftlichen Gruppen in paritätisch besetzten Gremien und die Mitwirkung der Sozialpartner bei der Fortentwicklung der Berufsausbildung,

Berufsbildungsge-setz (BBiG) von 1969 (I):

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsKonsolidierungsphase 1920 - 1969

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Kaiser, Franz-Josef / Pätzold, Günter (Hg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 1999, S. 103

5. die grundsätzliche Regelung der Rechte und Pflichten der Beteiligten am Ausbildungsvertrag,

6. die Einführung konkreter Eignungsanforderungen an Betriebe und Ausbilder (Ausbilder-Eignungsverordnung),

7. die erstmalige einheitliche Regelung auch wichtiger Bereiche der beruflichen Umschulung und Fortbildung, insbesondere der Prüfungen.

Berufsbildungsge-setz (BBiG) von 1969 (II):

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsAusbau (ab 1970) und Krise (ab 1990)

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das duale System der Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1995, S. 25

Ausbauphase (1970 - 1990):

Etablierung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB)

Neuordnung der Ausbildungsberufe

Unveränderte Übernahme des westdeutschen Berufs-bildungssystems in den ostdeutschen Bundesländern 1990

Berufliche Grundbildung und differenzierte Fachbildung

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsAusbau (ab 1970) und Krise (ab 1990)

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Quelle: Greinert, Wolf-Dietrich: Das duale System der Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1995, S. 33

Krisensymptome (ab 1990)

Schwankende Bewerberzahlen, teilweise dramatische Rückgänge

Rückgang des Lehrstellenangebots

Rückgang der durchschnittlichen Eingangsvoraus-setzungen in einigen Berufen

Vermehrter Ausstieg der Ausgebildeten aus dem Beruf

Massive Steigerung der Drop-Out-Quote

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsAusbau (ab 1970) und Krise (ab 1990)

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Baethge, M.: Zukunft der Erwerbsarbeit - Perspektiven der beruflichen Bildung und des dualen Ausbildungssystems. In: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hg.): Krise und Aufbruch in der beruflichen Bildung. Dokumenta-tion der GEW-Fachtagung am 3./4. Dezember 1999. Frankfurt am Main: GEW Hauptvorstand, Mai 2000, S. 24

Es zeigt sich in den 90er Jahren eine fortschreitende Konzentration der Berufsbilder, in denen die Betriebe noch ausbilden. Unter der Hand vollzieht sich in der Ausbildungs-praxis eine Reduzierung der Ausbildungsberufe, die etwa - bezogen auf die industriellen Metall- und Elektroberufe - unter der Zahl der in der Neuordnung von 1986/87 festgelegten Berufe liegt [...], zum Teil bis zu 50 Prozent der noch Anfang der 90er Jahre angebotenen Berufsbilder.

Erosion des Berufsprinzips? (I)

Fast alle Betriebe gehen gegenwärtig zu einer Verstärkung der Prozessorientierung in der Durchführung der Ausbildung über, d. h., sie verstärken die praktischen Anteile entweder durch Ausweitung der Zeiten in der Produktion bzw. den Fachbereichen oder sie holen mehr Aufträge in die Lehrwerkstatt („Ausbildung an der Produktion“).

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsAusbau (ab 1970) und Krise (ab 1990)

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Baethge, M.: Zukunft der Erwerbsarbeit - Perspektiven der beruflichen Bildung und des dualen Ausbildungssystems. In: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hg.): Krise und Aufbruch in der beruflichen Bildung. Dokumenta-tion der GEW-Fachtagung am 3./4. Dezember 1999. Frankfurt am Main: GEW Hauptvorstand, Mai 2000, S. 24

[...] das neue Kostenmanagement kann [in den Betrieben] schnell dazu führen, dass Ausbildung mehr als Kostenfaktor denn als Investition begriffen wird und Ausbildungskosten nicht mehr als Gemeinkosten verrechnet, sondern den abnehmen-den Bereichen und Abteilungen in Rechnung gestellt werden. Der Ausbildungsbedarf wird so unter Umständen unversehens über Kostenkalküle und weniger über funktionale Erfordernisse definiert.

Erosion des Berufsprinzips? (II)

Der Anstieg des durchschnittlichen Qualifikationsniveaus sowie die erhöhten Anforderungen an ökologische und Kunden-orientierung können dazu geführt haben, dass Kleinbetriebe die Voraussetzungen für Ausbildung nicht mehr erfüllen oder ihnen die Ausbildung zu teuer wird, da ihnen die Auszubildenden zu wenig im Betrieb zur Verfügung stehen oder sie auch nur mit Mühe qualifizierte Bewerber finden, und aussteigen.

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Entwicklung des deutschen BerufsbildungssystemsAusbau (ab 1970) und Krise (ab 1990)

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Quelle: Baethge, M./ Baethge-Kinsky, V.: Jenseits von Beruf und Beruflichkeit - Neue Formen von Arbeitsorganisation und Beschäftigung und ihre Bedeutung für eine zentrale Kategorie gesellschaftlicher Integration. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforscung 3/1998, S. 461-472.

„die spezifische Verbindung von (Berufs-)Fachlichkeit, sozialer Integration im Betrieb und gesellschaftlichem Status, die das traditionelle deutsche Berufskonzept ausgezeichnet hat, löst sich immer mehr auf und unterminiert damit das Berufskonzept in seiner Gültigkeit.

Erosion des Berufsprinzips? (III)

Die These bezieht sich wesentlich auf die soziale Seite des Berufs und läßt sich in der (vordergründig) parado-xen Formulierung zuspitzen: trotz in vielen Bereichen ansteigender Qualifikation erodieren jene Momente sozialer Orientierung, Sicherheit und Entwicklungsper-spektive, welche die deutsche Tradition der Berufskate-gorie ausmacht.“

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Historische Entwicklung des deutschen Berufsbildungssystems

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Starke Tradition im mittelalterlichen zünftigen Ausbildungswesen des Handwerks

Thesen zur histori-schen Entwicklung des deutschen Be-rufsbildungssystems (I)

Trotz Industrialisierung und Niedergang des Handwerks partielle Restauration dieser Tradition in der Gründungsphase

Industrie hatte zunächst kein Interesse an Berufsbildung, übernahm die im Handwerk Ausgebildeten.

Systematisierung der Berufsbildung durch National-sozialisten: Berufsbildung = Dienst am Vaterland.

Fortbildungsschule (Vorläufer der Berufsschule) als sozialpädagogisches und anti-revolutionäres Instrument, Reform in Richtung Berufserziehung um 1900.

Duales System (Betriebslehre und Berufsschule) begründet, im Unterschied zu anderen Staaten, eigenes Berufsbildungsrecht.

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Historische Entwicklung des deutschen Berufsbildungssystems

Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Akademische Ausbildung der Berufsschullehrer aufgrund der Durchsetzung standespolitischer Interessen (Studienrat)

Thesen zur histori-schen Entwicklung des deutschen Be-rufsbildungssystems (II)

Nach 1945 Rückkehr zur Ausbildungsgesetzgebung von ca. 1920, weitgehend in Zuständigkeit von Arbeitgeberor-ganisationen wie z.B. Handwerkskammern (HWO 1953).Berufsbildungsgesetz von 1969: Systematisierung und Anstoß zur Ausbauphase, aber: kein Bildungsauftrag im BBiG, keine Durchlässigkeit des Systems und zersplit-terte rechtliche Zuständigkeit für Bund und Länder.

Krisensymptome nach 1990 aufgrund konjunktureller (Lehrstellenangebot) und struktureller Probleme (schleppende Modernisierung der Berufsbilder).

Berufsbildungsgesetz von 2005?

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Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Welches waren nach Arnold u. a. erste Prinzipien der Berufsbildung vor Beginn der Industrialisierung ? (4)

Fragen zum Thema

Welches war das Modell beruflichen Lernens in der zünftigen Lehrlingsausbildung? (4)

Welche Gesetzgebung und welche politischen Absichten führten im deutschen Kaiserreich erst zur Auflösung und dann zur partiellen Restauration der traditionellen Lehrlingsausbildung? (15)

Welche Argumente sprechen nach Baethge für die Erosion des Berufsprinzips in Deutschland? Diskutieren Sie Für und Wider (20).

Was bezweckte der deutsche Staat mit der Einrichtung der Fortbildungsschule? (5)

Internet: www.itb.uni-bremen.de/ Downloads/Studium/Fischer/BBPolitik2