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II...bergs. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verlieren Anleger jedes Jahr durch Falschberatung 20-30 Mrd. EUR. 2 1 Thomas

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II

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III

Anlageberatung imPrivatkundengeschäft

Herbert Berger Michael Legner (Hg.)

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IV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Besuchen Sie uns im Internet: http://www.frankfurt-school-verlag.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbe-

sondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen

Systemen.

ISBN (Print): 978-3-940913-32-6

ISBN (PDF): 978-3-940913-91-3

ISBN (ePub): 978-3-940913-92-0

1. Auflage 2011 © Frankfurt School Verlag GmbH, Sonnemannstraße 9-11, 60314 Frankfurt am Main

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V

Geleitwort

Die Bedeutung eines effizienten Verbraucherschutzes als Bürgerrecht im Finanzbereich

„In Deutschland herrscht Goldgräberstimmung“, schrieb am 04.03.2000 die SüddeutscheZeitung.1 „Privatanleger scheinen von einem Börsenwahn befallen zu sein“, fasst ThomasÖchsner in seiner Betrachtung die Stimmung an der Börse zusammen. Die Kurse warenin bislang ungekannte Höhen gestiegen – es herrschte ein wahres Kursfeuerwerk.

Aber wie es immer ist, wenn ein Feuerwerk unkontrolliert abgebrannt wird, droht ohneentsprechende Vorsichtsmaßnahmen Unheil und Zerstörung. Dann wird aus einem klei-nen Feuer schnell ein Flächenbrand.

Genau dies ist in der Finanzkrise passiert, als mittlerweile wertlose Papiere in immer neueFormen gegossen und weiterverkauft wurden. Der Begriff „Schrottpapiere“ wurde zumSynonym für die Vernichtung des Geldes. Und plötzlich war das mühevoll verdiente undgesparte Geld weg. Genau so ist es vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern inDeutschland und der Welt in den vergangenen Jahren gegangen.

Pech gehabt, mag mancher behaupten. Wer spekuliert, hat eben auf das falsche Pferdgesetzt und verloren, wenn die Spekulationsblase platzt. Und die Gier nach immer mehrGeld durch spekulative Anlageformen kann immer im Katzenjammer und Totalverlustenden. Denn eigentlich gibt es eine einfache Devise: Hohe Rendite, hohes Risiko – nied-rige Rendite, niedriges Risiko! Und Spekulation ist immer Risiko.

Dumm nur, wenn man gar nicht weiß, dass man spekuliert hat. Wenn sich ein Alters-vorsorgekonto plötzlich als hochspekulative Anlageform erweist, bei dem mit riskantenZertifikaten und Staatsanleihen aus Schuldenstaaten gehandelt wurde. Die Pleite derLehman Brothers und der totale Wertverlust ihrer Zertifikate war nur die Spitze des Eis-bergs. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz verlieren Anleger jedes Jahr durch Falschberatung 20-30 Mrd. EUR.2

1 Thomas Öchsner, Milchmädchen an der Börse, Süddeutsche Zeitung am 04.03.2000.2 Marco Habschick, Jan Evers unter Mitarbeit von Mirko Bendig und Sascha Behnk, Juristi-

scher Teil: Ulrich Krüger: Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität, bessere Ent-scheidungen, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Hamburg, September 2008, S. 12.

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Geleitwort

VI

Viele, die in der Finanzkrise Geld verloren haben, waren aber keine aktiven Spekulanten.Viele waren kleine Sparer, die nun durch den Absturz der Renditen bei der privatenAltersvorsorge im Alter doch nur wenig mehr als die staatliche Rente erhalten werden.Anlegerschutz ist somit immer auch Verbraucherschutz – und zwar für alle gesellschaft-lichen Schichten.

Und noch ein weiterer Aspekt sollte dabei nicht vergessen werden. Anlegerschutz istauch Steuerzahlerschutz. Denn letztlich sind es zu einem großen Teil die Steuerzahlergewesen, mit deren Geld nun der Flächenbrand der Finanzkrise gelöscht wurde und –siehe Griechenland – weiterhin wird.

Wenn wir die Frage stellen, wie wir Anleger zukünftig besser schützen wollen, dannlanden wir zwangsläufig auch bei der Frage, wie es zu diesem Flächenbrand überhauptkommen konnte. Dabei scheinen mir zwei Ursachen zentral:

1. Es fehlte an Brandschutzvorkehrungen. Finanzjongleure bekamen durch die rot-grüne Bundesregierung in den Jahren 1998-2005 immer weitere Aktionsspielräume,indem beispielsweise Hedgefonds in Deutschland zugelassen wurden. Transparenzund Informationen für Anleger waren als flankierendes Portfolio nicht vorgesehen.

2. Es gab keine funktionsfähigen Brandmelder. Zersplitterte Aufsichtsbehörden überganz Europa hinweg entpuppten sich als ineffizient. Die Finanzaufsicht war vielfachnur ein zahnloser Tiger. Susan Strange prägte einst den Begriff des „Casino Capita-lism“, aber wir befanden uns nicht in einem Kasino, sondern eher auf freier Wildbahn,quasi am Hütchenspielertisch. Denn am Roulettetisch gibt es zumindest den Crou-pier, der die Aufsicht über das Zocken führt. Verbraucherschutz in der Finanzaufsichtwar aber ein Fremdwort.

Nach der Finanzkrise haben nicht nur die Anleger umgedacht. Auch die Politik hatinzwischen reagiert und regulatorisch eingegriffen. Brandschutzvorkehrungen, also derAnlegerschutz, sowie Brandmelder, also die Finanzaufsicht, stehen im Fokus vonReformmaßnahmen, die längst noch nicht abgeschlossen sind.

Das Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und zur Verbesserung der Funktionsfähig-keit des Kapitalmarkts (AnsFuG) vom April 2011 bildete den Anfang der Regulierungs-maßnahmen im Sinne des Anlegerschutzes. Beratungsprotokolle und Produktinforma-tionsblätter wurden zur Pflicht, um Standards in der Anlageberatung zu verankern.

Als nächstes wird das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Ver-mögensanlagenrechts auch den so genannten „Grauen Kapitalmarkt“ aufsichtsrechtlichenRegelungen unterwerfen und die Anforderungen an freie Finanzvermittler erhöhen. So

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Geleitwort

VII

wird auch in diesem Bereich das Beratungsprotokoll und das Produktinformationsblattzur Pflicht. Auch ein Sachkundenachweis für freie Finanzberater wird zukünftig vor-geschrieben werden.

Durch (Re-)Regulierung wurde dafür gesorgt, dass hochspekulative Anlageformen nichtmehr ungehindert zirkulieren. Mit dem Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchlicheWertpapier- und Derivategeschäfte hat die christlich-liberale Regierung das Verbotungedeckter Leerverkäufe durchgesetzt. Außerdem werden mit dem Anlegerschutz-gesetz Haltepflichten bei offenen Immobilienfonds eingeführt. Den damit verbundenenRisiken für die Stabilität und die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte wird damit ent-gegen gewirkt.

Dies sind gute Anfänge, aber aus meiner Sicht als verbraucherschutzpolitischer Sprecherder FDP-Bundestagsfraktion gibt es weiterhin Baustellen, um das Ziel eines effizientenVerbraucherschutzes zu erreichen.

Auch die Banken sind gefordert, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucherzurückzugewinnen und die Politik davon zu überzeugen, dass die Kunden für die Ban-ken nicht nur Spielbälle sind. Bisweilen habe ich den Eindruck, einige Vertreter derFinanzbranche haben noch nicht begriffen, was sie vielen Verbrauchern und den Steuer-zahlern angetan haben.

Sowohl bei den Protokollen als auch bei den Beipackzetteln besteht weiterhin Verbesse-rungsbedarf. Viele sind zu unübersichtlich, für den Kunden nur schwer verständlich undzwischen verschiedenen Banken kaum vergleichbar. Letztlich bringt es dem Verbrauchernichts, wenn er 20-seitige Protokolle bekommt und sich die Banken im Kleingedrucktengegen alles und jeden absichern.

Produktinformationsblätter sind erst effizient, wenn sie branchenweit einheitlich sindund einheitliche Risikoklassen beinhalten. Mir ist besonders wichtig, dass den Verbrau-cherinnen und Verbrauchern eine bessere Einschätzung des Anlagerisikos ermöglichtwird. Daher setze ich mich für die Einteilung aller Finanzprodukte nach einheitlichenRisikoklassen ein. Dadurch würde an einer entscheidenden Stelle mehr Transparenzgeschaffen und eine Vergleichbarkeit von Finanzprodukten wäre gegeben.

Auch dürfen wir nicht weiter zulassen, dass die Banken bei ihren Produkten Etiketten-schwindel betreiben. Jedes Frühstücksei unterliegt in Deutschland strengeren Etikettie-rungsrichtlinien als eine Bank bei der Kennzeichnung ihrer Produkte. Wo aber „Alters-vorsorgekonto“ drauf steht, muss auch Altersvorsorge – also eine gewisse Sicherheit –drinstecken und keine hochspekulativen Zertifikate. Damit am Ende nicht die sichergeglaubte Zusatzrente in Flammen aufgeht.

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Geleitwort

VIII

Wie bekommen wir mehr Qualität in die Anlageberatung? Dies ist die entscheidendeFrage, mit der sich die Autoren in den folgenden Aufsätzen auseinandersetzen. Sind diebisher getroffenen Maßnahmen effizient genug, um die Anleger künftig besser zu schüt-zen? Oder: Was müssen wir noch tun, damit die Verbraucher nicht mehr die Verlierer derZocker sind und Kursfeuerwerke nicht mehr in Flächenbränden münden?

Der vorliegende Sammelband zeigt diese Baustellen ebenso wie mögliche Wege zu einembesseren Anlegerschutz auf und ist damit ein lehrreicher Fundus von Ideen. Die vielenFacetten des Anlegerschutzes vom Prozess der Anlageberatung über die Funktionsweisedes Kapitalmarktes und die Psychologie des Anlegers werden ebenso einer detailreichenAnalyse unterzogen wie einzelne Produktformen im Detail beleuchtet. Damit ist dieseSammlung eine überaus wertvolle Handreichung für die Akteure der Finanzwelt ebensowie für uns Entscheidungsträger auf politischer Ebene und v.a. auch für die Anleger undjede, die es werden wollen.

Berlin, im August 2011 Prof. Dr. Erik Schweickert, MdBVerbraucherschutzpolitischer Sprecher der

FDP-Bundestagsfraktion

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IX

Vorwort

Die Anlageberatung der Finanzdienstleister ist seit Ausbruch der Finanzkrise verstärktin die öffentliche Kritik und in den Fokus weiterer Regulierungsmaßnahmen geraten.Kann der regulatorische Rahmen gewährleisten, dass Anlageberatung künftig wiederüberzeugt und der Anleger wieder volles Vertrauen zu seinem Berater entwickelt? Oderbedarf es zusätzlicher freiwilliger Maßnahmen durch die Finanzindustrie?

Das Thema ist brisant und komplex. Aber, auf einen einfachen Nenner gebracht, geht esum den Nutzen des Anlegers und um den Nutzen des Finanzdienstleisters. Wir sind unsbewusst, dass es sowohl zwischen den verschiedenen Bankengruppen als auch innerhalbdieser Segmente große Unterschiede bei der Gestaltung der Anlageberatung gibt. Aller-dings fällt derzeit das Gesamturteil über die Qualität der Beratung nicht positiv aus.

Die Autoren dieses Fachbuches, das sich an Fachleute – Banker, Berater, Politiker,Verbraucherschützer und Fachjournalisten – richtet, das aber auch mit Gewinn für einbesseres Gesamtverständnis vom interessierten Anleger gelesen werden kann, sind derAuffassung, dass es in diesem Spannungsfeld Harmonie geben müsste. Die These einererfolgreichen Wertschöpfungspartnerschaft wird in verschiedenen Facetten des Bera-tungsprozesses erörtert. Es werden die einzelnen Problemstellungen aufgezeigt undpraxisorientierte Ansätze vorgestellt, die eine Basis für ein gedeihliches Miteinanderanstelle konfliktträchtiger Gegensätze bilden können. Die Vorschläge stützen sich sowohlauf persönliche langjährige Erfahrungen im Metier als auch auf Erkenntnisse aus Finanz-wissenschaft und Psychologie.

Zielsetzung ist nicht, alle Beratungsthemen (wie z. B. Private Finanzplanung oder Alters-vorsorgeberatung) zu behandeln, sondern den Fokus auf Aspekte zu richten, die für dieaktuellen Diskussionen über Beratungs- und Servicequalität eine besondere Rolle spie-len. Dabei geht es nicht nur darum, Kritik zu vertiefen und den aktuell unbefriedigendenZustand zu beschreiben. Wir wollen positive Akzente setzen, die in sich schlüssig sindund motivieren können, die Anlageberatung auf eine neue Basis zu stellen. ObwohlAnlageberatung kein neues Thema ist und auch sehr gute Zeiten gesehen hat, sind jetztneue Weichenstellungen erforderlich, die für mutige und leistungsfähige Akteure wiederPioniergewinne ermöglichen. Der Erfolg eines Anbieters dürfte eine Sogwirkung entfal-ten zum Nutzen der Anleger, der Vermögensanlage und damit zum volkswirtschaft-lichen Gesamtnutzen eines wichtigen Teilsegments beitragen.

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Vorwort

X

Mit einer erfolgreichen Anlage, die über Kursperformance und Ausschüttungen Werteschöpft, werden Anforderungen der Vermögensbildung und Vorsorge gelöst und derKreislauf von Sparen und Investieren gestärkt. Soziale Marktwirtschaft erfordert effek-tive Rahmenbedingungen, aber auch das couragierte Handeln des Einzelnen in einer star-ken Zivilgesellschaft und insbesondere die Stärkung von Eigeninitiative und Eigen-verantwortung. Alles andere artet in Ineffizienzen aus, die Freiheitsgrade einengen,Kreativität begrenzen und damit notwendige Innovationen verhindern.

Als Herausgeber dieses Buches bedanken wir uns bei unseren Mitautoren und derenInstituten für die hohe Bereitschaft, an dem Vorhaben einer Neufundierung von Anlage-beratung mitzuwirken, auf das herzlichste. Uns hat der mit Fachkompetenz gepaartePraxisbezug überzeugt. Das Zusammenwirken vieler Detailaspekte und Gedanken zueinem konsistenten Ganzen sollte Kräfte entfalten, die auch die Branche überzeugen unddamit zu einer Renaissance glaubwürdiger und vertrauensbildender Beratung führen.

Karben und Villmar, im September 2011 Herbert BergerMichael Legner

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XI

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VVorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IXInhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIAutorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

I Grundlagen der Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Was ist Anlageberatung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Ludwig Schnieders

Aspekte der Beratungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Michael Legner

Entwicklungen am Kapitalmarkt und beim Anlegerverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . 99Herbert Berger

II Rechtliche und volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen der Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Anlegerschutz im Fokus regulatorischer Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Adam Piechnik

Vermögensentwicklung der privaten Haushalte in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . 141Renate Finke

III Anlegermentalität in der Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

Überliste Dich selbst! – Erkenntnisse der Behavioral-Finance-Theorie für die Praxis der Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Hans-Jörg Naumer

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Inhaltsverzeichnis

XII

IV Management und Umsetzung der Anlageberatung . . . . . . . . . . . 189

Anlagemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191Herbert Berger

Produktmanagement und Vertriebsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217Herbert Berger/Michael Legner/Ludwig Schnieders

Einfluss von Vergütungssystemen auf die Finanzberatungsqualität . . . . . . . . . . . 251Peter Roßbach

Geschäftsabwicklung und Depotservices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275Hans-Wilhelm Ruland

V Chancen- und Risikoaspekte der Vermögensanlage . . . . . . . . . . . 329

Anlagechancen und Anlagerisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331Wolf Wössner

VI Produkte für die Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

Investmentfonds – Anlagelösungen für jedermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369Frank Bock/Panagiotis Siskos

Die Aktie in der Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379Rüdiger von Rosen

VII Anlageberatung als Wertschöpfungspartnerschaft . . . . . . . . . . . . 393

Erfolgreiche Wertschöpfungspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395Herbert Berger/Michael Legner

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XIII

Autorenverzeichnis

Herbert Berger Vormals Direktor und CIO, Dresdner Bank AG,Private Kunden, Frankfurt am Main

Frank Bock Abteilungsdirektor, BVI Bundesverband Investmentund Asset Management, Frankfurt am Main

Dr. Renate Finke Allianz Global Investors AG, München

Michael Legner Vormals Direktor, Dresdner Bank AG im Wertpa-piergeschäft mit Privatkunden, Frankfurt am Main;freier Unternehmensberater für den Bereich Anlage-beratung, Villmar

Hans-Jörg Naumer Leiter Kapitalmarktanalyse, Allianz Global Inves-tors, Frankfurt am Main

Adam Piechnik Rechtsanwalt, Partner, Kreuzkamp & Partner, Düs-seldorf

Prof. Dr. Peter Roßbach Frankfurt School of Finance & Management, Frank-furt am Main

Hans-Wilhelm Ruland Dozent, Frankfurt School of Finance & Manage-ment, Frankfurt am Main; vormals Leiter Wert-papier- und Servicebereich, Westfalenbank AG, Bo-chum

Ludwig Schnieders Investment Consulting, Wiesbaden; vormals Direk-tor, Dresdner Bank AG im Anlagemanagement fürPrivatkunden, Frankfurt am Main

Panagiotis Siskos Abteilungsdirektor, BVI Bundesverband Investmentund Asset Management, Frankfurt am Main

Prof. Dr. Rüdiger von Rosen Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, DeutschesAktieninstitut e.V., Frankfurt am Main

Prof. Wolf Wössner Leiter Studiengang BWL-Bank, Duale HochschuleBaden-Württemberg, Mosbach

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IGrundlagen

der Anlageberatung

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3

Was ist Anlageberatung?

Ludwig Schnieders

1 Thesen

2 Einleitung

3 Definition der Anlageberatung

4 Bedürfnisse der Kunden4.1 Persönliche Verhältnisse sowie Wissen und Erfahrung

4.1.1 Persönliche Verhältnisse4.1.2 Kenntnisse und Erfahrungen im Wertpapiergeschäft

4.2 Anlageziele des Kunden vor dem Hintergrund des magischen Dreiecks der Vermögensanlage

4.3 Beispiele für Anlegerprofile4.3.1 Vermögensaufbau, Vermögenswachstum, Vermögenserhalt4.3.2 Absolute Return

4.4 Investment Policy Statement (IPS)

5 Schritte der Anlageberatung im Überblick

6 Unterschiedliche Beratungsanlässe6.1 Einzelproduktberatung vs. Gesamtdepotberatung6.2 Komfortkunde vs. Selbststeuerer

7 Leistungsangebot und Qualitätskriterien

8 Fazit

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4

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5

1 Thesen

• Anlageberatung unterstützt die Kunden zuallererst in der nachhaltigen Erreichungihrer Anlageziele.

• Die Bedürfnisse des Kunden stehen konsequent im Mittelpunkt.

• Anlageberatung muss aufgrund der unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse undAnlageziele der Kunden immer individuell sein.

• Die Übernahme von Prozesselementen aus der Vermögensverwaltung (Anlegerprofil,Risikobudget, Gesamtdepotbetrachtung und Vergleichsmaßstab) kann auch in derAnlageberatung einen wichtigen Mehrwert leisten.

• Eine Nachverfolgung von Empfehlungen (Nachberatung) ist zwar keine Pflicht, abersinnvoll im Sinne des Risikomanagements und notwendig, um die Substanz des Ver-mögens nachhaltig zu bewahren.

• Die Beratungskür statt die -pflicht eröffnet Chancen im Kampf um Neukunden undMarktanteile. Ein kundenseitig erkennbarer Mehrwert bietet zudem die Möglichkeitfür neue Preismodelle.

• Im Status quo ist eine Vergleichbarkeit des Produkts Anlageberatung für den Kundennicht gegeben. Kriterien für einen Leistungskatalog sind zu entwickeln und letztlichVoraussetzung für einen Qualitätswettbewerb.

2 Einleitung

Anlageberatung, was ist das eigentlich? In der öffentlichen Diskussion sind mit demThema Anlageberatung heute sofort die Begriffe Beratungsprotokoll, Produktinforma-tionsblätter und Verbraucherschutz verknüpft. Regulatorische und aufsichtsrechtlicheFragestellungen und Anforderungen dominieren spätestens seit der Finanzkrise das Thema.Demgegenüber mangelt es aber an einer ernsthaften inhaltlichen Diskussion darüber, wasAnlageberatung tatsächlich zu leisten vermag, und was nicht. Anders als in der Ver-mögensverwaltung fehlt es in der Anlageberatung noch immer an messbaren Leistungs-kriterien für die Dienstleistung bzw. das Produkt Anlageberatung. Vielleicht liegt hierinauch ein Grund, warum sich eine Bepreisung der Anlageberatung (Honorarberatung) inDeutschland bisher noch nicht wirklich durchsetzen konnte und nach wie vor die (mehroder weniger transparente) Refinanzierung der Anlageberatung über Provisionen domi-niert.

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Ludwig Schnieders

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Qualitätsrankings und bewertbare Leistungskataloge als Vergleichsmaßstäbe fehlen imProdukt Anlageberatung fast völlig, so dass sich Beratungstests meist auf das Einhaltenregulatorischer Pflichten und die Analyse (ex ante) der empfohlenen Anlagestrategien ineinzelnen wenigen Testgesprächen zur Erstberatung (mystery shopping) beziehen.1 Einetatsächliche Messung und Überprüfung des Kundennutzens ex post findet jedoch nochviel zu selten statt. Die Vollständigkeit von Beratungsprotokollen und Produktinforma-tionsblättern vermögen jedoch nur bedingt etwas über die Qualität, den Nutzen und denAnlageerfolg der Beratung für den Kunden auszusagen.

Dennoch haben Kostentransparenz und Produktaufklärung als Maßnahmen des Ver-braucherschutzes für den Kunden zweifellos ihren Wert. Denn die Kenntnis der Kostenund des Risikos ermöglicht überhaupt erst eine sinnvolle Beurteilung und Auswahl vonAnlageprodukten. Deren Kenntnis zählt sozusagen zu den notwendigen Informationen,die der Kunde erhalten muss, um am Ende eine sinnvolle Anlageentscheidung treffen zukönnen. Ob dies aber bereits auch hinreichend ist, steht auf einem anderen Blatt.

Um Chancen und Risiken einer Anlage wirklich angemessen beurteilen zu können, istauch die Einbeziehung der Wechselwirkungen mit den anderen vorhandenen Wertpapierenim Kundendepot notwendig. Eine solche Portfoliosicht wiederum stellt Herausforde-rungen sowohl an die Qualifikation der Berater, als auch insbesondere an die Wert-papiersysteme der Banken und den Input der Fachabteilungen. Die ganzheitliche Port-foliosicht ist letztlich aber entscheidend für das Erreichen der Anlageziele des Kunden.Diese sind im Normalfall immer auf das gesamte Wertpapierportfolio und weniger aufdas einzelne Wertpapier bezogen. Eine diesbezügliche inhaltliche Diskussion und Aus-einandersetzung über die Qualität und den Mehrwert der Anlageberatung für den Kun-den wäre wünschenswert.

Welche Bank betrachtet die Anlageberatung heute wirklich als Herausforderung imQualitätswettbewerb um die Kunden? Ein Wettbewerb um die bessere Beratung findetkaum statt. Mangels inhaltlicher Standards und Definitionen fällt ein objektiver Ver-gleich der Beratungsleistungen für den Kunden denn auch schwer. Somit entscheidetüber eine „gute“ Beratung im Wesentlichen das subjektive „gefühlte“ Werturteil desKunden: Wie zufrieden ist der Kunde mit seiner Beraterin/seinem Berater und dem Serviceder Bank? In guten Börsenphasen steigt entsprechend meist die Kundenzufriedenheit, inschlechten Börsenphasen sinkt sie oft dramatisch. Ein objektiver Wertmaßstab für denAnlageerfolg und den Mehrwert der Beratung ist dabei systematisch nicht gegeben.

1 Vgl. stiftung warentest 8/2010, Capital 8/2010, manager magazin 3/2007.

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Was ist Anlageberatung?

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Ist die Anlageberatung in der Wertschöpfungskette der Finanzinstitute dann nur nochMittel zum Zweck? Und besteht die Herausforderung allein darin, diese nach industriel-len Maßstäben möglichst effizient zu organisieren? In den vergangenen zwanzig Jahrenhat die Industrialisierung in den Banken zweifellos auch vor der Anlageberatung nichthalt gemacht. Viele Techniken und Trends aus dem Verkauf von Konsumgütern – allenvoran das zielgruppenorientierte Produktmarketing – haben Eingang in die Beratungs-und Vertriebsprozesse der Banken gefunden. Die Berater mussten und haben das Ver-kaufen gelernt. Zahl der Kundenkontakte, Bedarfsanalysen, Cross-Selling, Produkteigen-schaften, Kundennutzen und deren Beweis hielten Einzug in die Ausbildungsprogrammeder Berater. Doch zeigte sich spätestens in der Finanzkrise 2008/2009, dass Anlagebera-tung mehr sein muss als bloßer Produktverkauf.

Es besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen der Anlageberatung und der Bera-tung und dem Verkauf eines Konsumguts. So kann beispielsweise der in Tests ermittelteund vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauch eines Automobils tatsächlich alsBeweis für dessen sparsamen Verbrauch gelten und der entsprechende Nutzen dürfte beiangemessener Fahrweise auch wirklich eintreffen. Die bei einer Anlageempfehlung inAussicht gestellte Rendite eines Fonds, eines Zertifikats, einer Aktie oder einer Anleihekann hingegen allenfalls über vergangene Zeiträume als „bewiesen“ gelten. Die zukünf-tige Rendite und damit der erwartete Nutzen sind aber in Abhängigkeit des jeweiligenWertpapiers mehr oder weniger unsicher. Der Aussagegehalt für die Zukunft hängt vomjeweiligen Kapitalmarktumfeld und dem Verhalten der Marktteilnehmer ab. Nur untergleichen Bedingungen und unter der Voraussetzung eines stabilen Anlegerverhaltens las-sen sich historische Wertentwicklungen als Näherungswerte für die Zukunft heranzie-hen. Stresstests und Szenarioanalysen sind zwar zusätzliche Möglichkeiten, die Robust-heit und Qualität eines Portfolios im Sinne der Zielerreichung zu beurteilen. Der konkreteAusgang einer Empfehlung bleibt gleichwohl unsicher. Aus den Vergangenheitsdatenlassen sich daher allenfalls Wahrscheinlichkeitsaussagen für zukünftige Wertentwicklun-gen ableiten.2

Der Beratungsprozess bei Wertpapieren ist somit um einiges komplexer und – wie nochgezeigt werden wird – auch individueller als in der klassischen Konsumwelt. Die notwen-dige Individualität in der Beratung und die systematische Unsicherheit hinsichtlich desAnlageerfolgs und Kundennutzens unterscheiden die Anlageberatung von der Konsum-beratung in zentralen Punkten. Auch die Auswirkungen auf die Vermögenssituation derKunden können in der Anlageberatung sehr viel gravierender sein. Daher ist immer einebesondere Sorgfalt geboten. Letztlich sollte es bei der Anlageberatung daher nicht nurum die Erfüllung regulatorischer Pflichten gehen, sondern um die Kür, die Anlagezieledes Kunden nachhaltig zu verwirklichen.

2 Vgl. den Beitrag von Wössner.

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Ludwig Schnieders

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3 Definition der Anlageberatung

Angesichts der Komplexität des Themas und was darunter verstanden werden kann, sindzunächst einige Abgrenzungen sinnvoll. Unter Anlageberatung soll daher in diesem Bei-trag ausschließlich die Beratung von Kunden für eine Investition in Wertpapieren (Aktien,Anleihen, Fonds, Zertifikate etc.) verstanden werden.

Oder wie es im zuständigen Kreditwesengesetz (KWG) heißt: „Die Abgabe von per-sönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mitbestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung derpersönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wirdund nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlich-keit bekannt gegeben wird.“3

Die Anlageentscheidung trifft dabei immer der Kunde selbst. Darin unterscheidet sichdie Anlageberatung in einem wesentlichen Punkt von der Vermögensverwaltung. In derVermögensverwaltung delegiert der Kunde per Vertrag die Anlageentscheidung an dieBank bzw. den Vermögensverwalter. Dafür bezahlt der Kunde eine (oft auf das Depot-volumen bezogene) Gebühr (management fee), die häufig noch durch eine erfolgsabhän-gige Komponente (performance fee) ergänzt wird. Im Vermögensverwaltungsvertragwird dann auch eine Spezifizierung der Anlagegrundsätze, der Vergleichsmaßstäbe sowieder Leistungen der Bank (u.a. Frequenz und Umfang des Reportings) vorgenommen.Der Kunde weiß wofür er bezahlt. Inzwischen gibt es v.a. im Segment Private WealthManagement Versuche, analog zur Vorgehensweise in der Vermögensverwaltung auch inder Anlageberatung einen expliziten Beratungsvertrag zu etablieren.

Nicht näher eingegangen wird im Folgenden auf die spezielle Dienstleistung der ganz-heitlichen Vermögensanalyse und -planung sowie die Vorsorgeberatung. Eine solchumfassendere Vermögensanalyse berücksichtigt neben der Wertpapieranlage auch dieThemen Immobilien und Versicherungen. Diese spezielle und oft einmalige Dienstleis-tung wird i.d.R. von erfahrenen Spezialisten ausgeführt und meist separat in Rechnunggestellt.

Im Mittelpunkt der Betrachtung hier stehen also allein das Wertpapierdepot des Kundenund seine diesbezüglichen Anlageziele und Bedürfnisse sowie die Leistungen der Bank.Auch damit bleibt das Thema Anlageberatung noch komplex genug, sind doch dieBedürfnisse der Kunden, deren Anlageziele, Risikobereitschaft und persönlichen Ver-hältnisse sehr vielfältig und verschieden.

3 Vgl. § 1 Abs. 1a S. 2 KWG.

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Rechtlich handelt es sich bei der Anlageberatung i.d.R. um einen stillschweigend geschlos-senen Beratungsvertrag. Ein solcher entsteht immer, wenn die Bank dem Kunden eineAuskunft erteilt, die für ihn von erheblicher Bedeutung ist und die der Kunde zur Grund-lage seiner Anlageentscheidung machen will. Ein solcher Beratungsvertrag kommt ent-sprechend nicht nur zu Stande, wenn der Kunde die Beratung ausdrücklich wünscht,sondern auch wenn die Bank bzw. der Berater sich an den Kunden wendet. Jedes Kun-dengespräch, das eine Anlageentscheidung vorbereiten soll, ist als stillschweigender Bera-tungsvertrag anzusehen, der mit Aufnahme des Gesprächs beginnt und mit Abschluss desBeratungsgespräches endet.4

Der stillschweigend geschlossene Beratungsvertrag stellt noch immer den Normalfall inder Anlageberatung dar. Daneben gibt es im Markt aber auch Beratungsmodelle miteinem expliziten Beratungsvertrag zwischen Bank und Kunden. Hieraus können zusätz-liche Rechte (für den Kunden) und Pflichten (für die Bank) resultieren. Im Regelfall wirdeine solchermaßen eigenständige Dienstleistung ähnlich der Vermögensverwaltung sepa-rat bepreist. Neben einer besseren Transparenz von Kosten und Leistungen für Bank undKunde geht damit aus Sicht der Bank auch das Ziel einher, die Umsatzabhängigkeit derErträge im Wertpapiergeschäft zugunsten höherer Bestandserträge zu reduzieren. DerVorteil solcher Beratungsmodelle für den Kunden liegt sicherlich darin, dass damit mög-liche Interessenkonflikte hinsichtlich der Umsatzabhängigkeit der Beratung zwischenBank und Kunde entspannt werden oder gar komplett aufgelöst werden.

Die Anlageberatung stellt in allen Fällen immer nur die Vorbereitung einer letztlich vomKunden zu treffenden Anlageentscheidung dar. Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)fordert dabei, dass eine Bank ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen gibt,soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art undUmfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. Dabei ist der Wissensstand desKunden zu berücksichtigen, d.h. es ist generell eine kundenindividuelle und Anlass-indi-viduelle Information gefordert.

4 Vgl. Beratungsstandards Wertpapierberater Cert. Dresdner Bank, 2002.

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4 Bedürfnisse der Kunden

4.1 Persönliche Verhältnisse sowie Wissen und Erfahrung

4.1.1 Persönliche Verhältnisse

Um eine anlegergerechte Beratung vornehmen zu können, muss zunächst eine Analyseder persönlichen Verhältnisse des Kunden und damit seiner Risikotragfähigkeit erfolgen.Dies ist die Basis, an der sich schließlich die Anlageziele und Wünsche des Kundenorientieren sollten.

Die Vermögensverhältnisse des Kunden geben einen wichtigen Anhaltspunkt dafür, wieviel Risiko er sich leisten kann. Das liquide Nettovermögen (Aktiva minus Verbindlich-keiten, ohne Immobilien oder ähnlich illiquide Vermögenswerte) und das so genanntefrei verfügbare Einkommen nach Abzug aller Ausgaben sind die in der Praxis relevantenGrößen zur Bestimmung der Risikotragfähigkeit des Kunden.

Persönliche Verhältnisse des Kunden sind:

• Vermögen;

• Einkommen;

• geplante Ausgaben/Investitionen/Liquiditätserfordernisse;

• sonstige Verpflichtungen;

• Vorsorgeüberlegungen.

Die Risikotragfähigkeit des Kunden kann als maximal tragbarer Verlust angesehen wer-den, ohne dass die Vermögenssubstanz des Kunden nachhaltig gefährdet wird. Andersherum betrachtet, könnte daraus auch ein Wertaufholgebot bzw. Substanzaufholgebotabgeleitet werden: Ist der Kunde mit dem verbliebenen Vermögen und dem frei ver-fügbaren Einkommen in der Lage, den erlittenen Verlust ohne das Eingehen zusätzlicherRisiken in einem überschaubarem Anlagezeitraum (z.B. ein bis drei Jahre) auszu-gleichen? Daran wird sofort klar, je höher das frei verfügbare Einkommen und je höherdas liquide Vermögen, desto höher ist die Risikotragfähigkeit des Kunden.

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4.1.2 Kenntnisse und Erfahrungen im Wertpapiergeschäft

Neben seinen persönlichen Verhältnissen ist der Kunde nach seinen Kenntnissen undErfahrungen im Wertpapiergeschäft zu befragen. Dies ist wichtig, da seitens der Banksicherzustellen ist, dass der Kunde in der Lage ist, die Tragweite seiner möglichen Anla-geentscheidungen abzuschätzen. Andererseits bemessen sich daran auch die Empfehlun-gen zur Anlagestrategie und die notwendigen Aufklärungs- und Informationspflichtender Bank gegenüber dem Kunden. So wie für jeden Anleger gelten sollte: Kaufe nur, wasDu auch verstehst, so sollte analog für die Bank gelten: Verkaufe dem Kunden nur, wasder Kunde auch versteht.

4.2 Anlageziele des Kunden vor dem Hintergrund des magischen Dreiecks der Vermögensanlage

Die Präferenzen der Kunden in Bezug auf die Variablen des magischen Dreiecks Rendite,Sicherheit und Liquidität sind eindeutig: könnte jeder frei wählen, so würden wahrschein-lich alle eine möglichst hohe Rendite, ein möglichst geringes Risiko und eine gleichzeitighoch liquide Anlage bevorzugen. Doch leider besteht zwischen den Größen Rendite,Sicherheit (Risiko) und Liquidität ein wechselseitiges Spannungsfeld, was die gleich-zeitige Erreichung aller drei Ziele quasi unmöglich werden lässt.

Abbildung 1: Magisches Dreieck der Vermögensanlage

Zielkonflikte bestehen insbesondere zwischen den Zielen Rentabilität und Sicherheitsowie zwischen Rentabilität und Liquidität. In rationalen Märkten ist eine hohe Renditenur mit dem Eingehen eines entsprechend höheren Risikos erzielbar. Andererseits weisensehr kurzfristig verfügbare Anlagen häufig einen Renditenachteil gegenüber wenigerliquiden Anlagen auf (Liquiditätspräferenz).

Rendite

Sicherheit Liquidität

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Angesichts dieser Zielkonflikte ist es nicht verwunderlich, dass die Zielvorstellungen desKunden nicht immer von vornherein im Einklang miteinander stehen. Oft werden Ren-diteziele zu hoch angesetzt und stehen im Widerspruch zur Risikobereitschaft des Kun-den oder widersprechen seiner tatsächlichen Risikotragfähigkeit. Hier ist es eine wesent-liche Aufgabe der Beratung, gemeinsam mit dem Kunden zu einer realistischen und insich konsistenten Einschätzung von Renditeziel, Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeitsowie Liquiditätswunsch zu gelangen. Denn diese Kriterien bilden letztlich die Grund-lage, auf der alle weiteren Beratungsschritte bis hin zur Strategie und konkreten Anlage-empfehlungen aufbauen.

Dabei sind durchaus unterschiedliche Vorgehensweisen zu beobachten. Zum einen kom-men Fragebögen zum Anlageverhalten/Kundenverhalten allgemein zum Einsatz, ausderen Ergebnissen dann Rückschlüsse auf die Risikobereitschaft des Kunden gezogenwerden. Zum anderen wird mit weich formulierten Auswahlkriterien gearbeitet (z.B.keine, geringe, erhöhte oder hohe Risikobereitschaft).

Häufig wird zur Veranschaulichung der Kriterien Rendite und Risiko dem Kundengegenüber auf Vergangenheitsdaten zurückgegriffen. So kann der Kunde sein Renditezielbeispielsweise aus vorgegebenen historischen durchschnittlichen Wertentwicklungen derverschiedenen Assetklasssen (Aktien, Anleihen, Geldmarkt) ableiten oder sich anhandverschiedener historisch effizienter Portfoliostrukturen (Effizienzlinie) positionieren. Imnächsten Schritt werden dann die zugehörigen Risiken aufgezeigt, die eingegangen werdenmussten, um eine entsprechende Wertentwicklung in der Vergangenheit zu erreichen.Dies geschieht anhand entsprechender Kennzahlen zu den historischen Renditeschwan-kungen wie die jährliche historische Volatilität oder auch historisch maximal eingetreteneVerluste (maximum drawdown).

Doch die Verwendung historischer Rendite- und Risikoziffern ist nicht unkritisch. Soanschaulich sie sind, sie müssen gleichwohl mit Vorsicht betrachtet werden. Auf derRisikoseite hat erst die jüngste Finanzkrise wieder gelehrt, dass historische Verluste inder Zukunft sehr wohl nochmals übertroffen werden können. Gleiches gilt für die Ren-diten. Aus Vergangenheitsdaten resultierende Renditeerwartungen sollten nicht ohneweiteres in die Zukunft extrapoliert werden. Besonders klar wird dies im derzeitigenNiedrigzinsumfeld bezüglich der Renditeerwartung von Anleihen und Geldmarktanlagen.

Um zu möglichst robusten Schätzern für die langfristigen Renditeerwartungen zu kom-men, werden häufig die Vergangenheitsrenditen über einen Zeitraum von zehn Jahrenbetrachtet, z.B. von Dezember 2000 bis Dezember 2010. Über einen solchen Zeitraum

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gleichen sich Jahre mit guter und schlechter Wertentwicklung erfahrungsgemäß bereitsein gutes Stück aus und streben einem langfristigen Mittelwert zu (mean reversion).5 Ver-schiebt man diesen Zeitraum immer um einen Monat weiter in die Vergangenheit(sogenanntes monatliches Rollieren) so lassen sich die Renditen über viele unterschied-liche Zehnjahreszeiträume berechnen. In der nachfolgenden Tabelle geschieht dies füralle Zehnjahreszeiträume bis zurück zu dem Zeitraum Januar 1970 bis Januar 1980.

Tabelle 1: Renditestreubreiten von Aktien, Anleihen und Geldmarkt in Deutschland (monatlich rollierende Zehnjahresrenditen von 1970-2010)

Quelle: Thomson Datastream, eigene Berechnungen

Die durchschnittlich zu erzielende Rendite am Geldmarkt in Deutschland über einenZeitraum von zehn Jahren betrug zwischen 1970 und 2010 im Minimum 2,9% und 7,6%im Maximum, woraus sich ein Durchschnitt von über 5% errechnet. Bei einem Dreimo-natszins von derzeit nur 1,25% (Mai 2011) als Ausgangsbasis wird es aber nahezuunmöglich sein, eine solche Rendite am Geldmarkt in den kommenden zehn Jahren imDurchschnitt zu erzielen. Dies gilt umso mehr bei noch kürzeren Anlagehorizonten.Ähnlich stellt sich die Situation am Anleihenmarkt dar. Einer durchschnittlichen histori-schen Verzinsung von über 7% (Minimum 4,4%, Maximum 8,9%) steht als Ausgangs-basis für die Zukunft derzeit bei fünfjährigen Bundesanleihen eine Rendite von nur 1,9%und bei zehnjährigen Bundesanleihen eine Rendite von 2,9% p.a. gegenüber. Beide liegenweit unterhalb des Renditeniveaus von 4,4%, das über vergangene Zehnjahreszeiträumemit Bundesanleihen im Minimum zu erreichen war.

Um später zu einer sinnvollen Anlagestrategie zu gelangen, ist es daher unbedingt gebo-ten, die Anlageziele des Kunden hinsichtlich der zukünftigen Renditeerwartung auf einerealistische Basis zu stellen. Dies kann in Bezug auf den Geldmarktzins und der Anlei-henrendite leicht durch einen Abgleich der historischen Daten mit der aktuellen Kapital-marktsituation geschehen. Die heutige Rendite einer fünfjährigen Bundesanleihe wird beiHalten bis Endfälligkeit auch tatsächlich realisiert werden können, eine Rückzahlung zu100% natürlich vorausgesetzt. Zu einer Verfeinerung der Renditeerwartung könnten alsnächstes Inflationsprognosen hinzugezogen werden, die längerfristig in einem stabilenZusammenhang zur Höhe von Geldmarktzins und Anleihenrenditen stehen.

5 Vgl. den Beitrag von Wössner, Anlagechancen und Anlagerisiken.

Dreimonatsgeld REXP DAX

+2,9% bis +7,6% p.a. +4,4% bis +8,9% p.a. –2,9% bis +18,3% p.a.

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Aber auch für die in der Vergangenheit erzielbaren Aktienrenditen ist ein Realitäts-Check möglich. Dies kann am einfachsten durch einen Abgleich des langfristigen durch-schnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) mit dem aktuellen Aktienmarkt-KGVgeschehen. Liegt das aktuelle KGV unter dem historischen Durchschnitt, so besteht übereine mögliche höhere Bewertung in der Zukunft (KGV-Ausweitung) das Potenzial füreine eher überdurchschnittliche Wertentwicklung des Aktienmarktes. Während ein inder Ausgangsbasis über dem historischen Durchschnitt liegendes KGV eher als Warnzei-chen betrachtet werden kann.6 Prognosen zum Wirtschaftswachstum und zum Gewinn-wachstum der Unternehmen können zusätzliche Anhaltspunkte zur Angemessenheit deraktuellen Bewertung liefern.

Abbildung 2: Deutscher Aktienindex (DAX) und Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Eine möglichst konkrete und realistische Benennung der Anlageziele und der Risiko-bereitschaft ist die Voraussetzung für die Schaffung eines späteren Kundennutzens.Zugleich sind die Zielvorgaben entscheidend für die Festlegung einer Kundenbench-mark, an der sich letztlich auch der Mehrwert der Beratung für den Kunden messenlassen sollte.

6 Vgl. Montier, Die Psychologie der Börse, S. 539 ff.

DAX (linke Skala), KGV (rechte Skala)

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4.3 Beispiele für Anlegerprofile

4.3.1 Vermögensaufbau, Vermögenswachstum, Vermögenserhalt

Ausgehend von den persönlichen Verhältnissen lassen sich die Anlageziele und Bedürf-nisse der Kunden allgemein unterteilen in:

• Vermögensaufbau;

• Vermögenswachstum;

• Vermögenserhalt.

Unter Vermögensaufbau wird dabei die langfristige Schaffung eines zusätzlichen Vor-sorgekapitals oder einer Kapitalreserve verstanden. Typischerweise geschieht dies überSparpläne, die aus dem laufenden Einkommen gesponsert werden. Der Anlagehorizontist entsprechend eher langfristig (größer sieben Jahre). Auf der Produktseite kommen v.a.Fondsbausteine zum Einsatz, die auch bei geringer monatlicher Sparleistung bereits eineeffiziente Umsetzung ermöglichen. Dies können dabei sowohl Anleihen-, Immobilien-oder Mischfonds als auch Aktienfonds sein. Der Sparplancharakter und der lange Anla-gehorizont erlauben hier eine stärkere Renditeorientierung und damit einen höherenAnteil risikobehafteter Assets. Der Cost-Averaging-Effekt an sich führt bereits zu einergewissen Zeitdiversifikation. Darüber hinaus kommt insbesondere bei der Aktienanlageder empirische Befund zum Tragen, dass sehr schlechte und sehr gute Kapitalmarktjahrehäufig in enger zeitlicher Abfolge stehen und sich so bei längerer Anlagedauer aus-gleichen.

Beim Vermögenswachstum stehen Rendite- und Risikogesichtspunkte gleichberechtigtnebeneinander. Einerseits besteht bereits ein Anfangsvermögen, welches für Anlage-zwecke zur Verfügung steht und eine gewisse Risikotragfähigkeit ermöglicht. Anderer-seits aber soll die Vermögensubstanz durch die einzugehenden Anlagerisiken auch nichtnachhaltig gefährdet werden. Am ehesten lässt sich diese Zielsetzung mit dem Wunschnach einer aktienähnlichen Rendite mit einem aber deutlich geringeren Risiko als demeiner reinen Aktienanlage beschreiben. Voraussetzung für die Realisation entsprechenderDiversifikationseffekte ist ein mindestens mittelfristiger (drei bis sieben Jahre) oder lang-fristiger (größer sieben Jahre) Anlagehorizont. Der klassische Lösungsansatz bestehtdann in der Risikostreuung über verschiedene Anlageklassen. Bei einem solchen Multi-Assetklassen-Ansatz wählt der Kunde zwischen vorgegebenen Ertrags-Risiko-Kombi-nationen, die jeweils durch eine langfristig optimierte (vergangenheitsoptimierte) Port-foliostruktur unterlegt sind. Diese strategische Allokation bestimmt im Wesentlichen dieweitere Wertentwicklung des Depots. Gleichwohl wird darauf im Beratungsalltag oft nurnoch selten reflektiert. Im Mittelpunkt der Folgeberatungen stehen dann vielmehr dietaktischen Abweichungen und Veränderungen dieser Allokation im Rahmen vorgegebe-

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ner Bandbreiten sowie Selektions- und Timingempfehlungen auf Basis aktueller Kapital-markteinschätzung. Eine Risikoüberwachung der strategischen Allokation findet hinge-gen allzu oft nicht statt, sondern verbleibt allein beim Kunden. Dies führt in Krisenzeitenregelmäßig zu Spannungen im Verhältnis Bank und Kunde. Eine Verbesserung könntehier durch ein auf das Gesamtdepot abgestelltes Risikomanagement geschaffen werden.

Besteht bereits ein nennenswertes Vermögen und sind größere Teile davon vorsorgege-bunden oder anderweitig zweckgebundenen für Anschaffungen und Investitionen (z.B.Immobilienerwerb) oder zur Erzielung eines laufenden Einkommens/Ausschüttung vor-gesehen, so rückt automatisch der Kapitalerhalt als Anlageziel in den Vordergrund. DasZiel kann dabei vor oder nach Steuern sowie nominal oder real (inflationsbereinigt) for-muliert sein. Im Spezialfall gemeinnütziger Stiftungen ist dies quasi gesetzlich vorgege-ben. Das Stiftungsvermögen ist in seiner Substanz ungeschmälert zu erhalten. Gleichzei-tig besteht ein jährliches Ausschüttungserfordernis zur Erfüllung des Stiftungszwecks.Dafür haben Stiftungen von Natur aus einen sehr langen Anlagehorizont, dies ermöglichtKapitalmarktschwankungen leichter auszusitzen. Die damit mögliche Zeitdiversifikationund die geringen Liquiditätserfordernisse machen sich denn auch viele Lösungsansätzezunutze. Am gebräuchlichsten ist der Weg über eine konservative Multi-Assetklassen-Struktur mit hohem Rentenanteil und einer Dividendenstrategie auf der Aktienseite. Inder jüngsten Finanzkrise erwies sich der hohe Rentenanteil gleichwohl noch nicht auto-matisch als großer Segen, es sei denn es handelte sich ausschließlich um Bundesanleihen.Viele andere Marktsegmente wie Pfandbriefe und Unternehmensanleihen litten mehrereQuartale unter großer Illiquidität und verzeichneten entsprechend starke Kursabschläge.Nicht immer gelang es den Entscheidungsträgern dabei die Struktur angesichts derzwischenzeitlichen Verluste durchzuhalten, auch wenn es sich letztlich gelohnt hätte.Dies zeigt, wie wichtig es ist, bei der Festlegung von Anlagezielen und Risikoprofil dieobjektive und die subjektive Risikotragfähigkeit des Kunden – d.h. seine Fähigkeit Ver-luste operativ und mental durchzustehen – nicht zu überfordern. Aus dieser Einsichtheraus entwickelte sich in den letzten Jahren nicht nur im Stiftungsbereich ein wachsen-des Angebot und entsprechende Nachfrage nach Absolute-Return-Lösungen.

4.3.2 Absolute Return

Zwei Börsencrashs innerhalb von zehn Jahren haben bei den Anlegern insbesondere hin-sichtlich ihrer Risikobereitschaft Spuren hinterlassen. Bei vielen steht inzwischen nichtmehr ein möglichst hoher Ertrag im Vordergrund, sondern zunächst die Verlustvermei-dung bzw. die Begrenzung des Risikos.

Relativ besser zu sein als ein Vergleichsindex, bedeutet aus Kundensicht nur einen sehrbegrenzten Nutzen, wenn insgesamt in einer Anlageperiode ein Verlust resultiert. Dadurchsind Ansätze entstanden, die absolut positive Erträge unabhängig vom Marktumfeld zumZiel haben. Anleger sind immer stärker an einem in der Hauptsache positiven Ertrag inte-