20
8 Blick von Nordwesten auf die Gegend zwischen heutigem Stre- semannplatz (links), und Flößaustraße mit dem zwischen 1909 und 1912 errichteten Gebäudekomplex Heinrichskirche, Harden- berg-Gymnasium und Frauenschule. Links davon ist der erste Bauvereinsblock aus den Jahren 1899-1920 zu erkennen, rechts die Kasernenanlagen. Die Erschließung der Südstadt ging von einzelnen »Bebauungsinseln« aus, zwischen denen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Brachflächen, Felder und vor allem zahlreiche Kleingärten lagen. Fotografie 1920er Jahre. rechts: Die Karolinenstraße 1–11 zwischen Schwabacher und Dambacher Straße, Fotografie 2017.

»Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

8

Blick von Nordwesten auf die Gegend zwischen heutigem Stre-

semannplatz (links), und Flößaustraße mit dem zwischen 1909

und 1912 errichteten Gebäudekomplex Heinrichskirche, Harden-

berg-Gymnasium und Frauenschule. Links davon ist der erste

Bauvereinsblock aus den Jahren 1899-1920 zu erkennen, rechts

die Kasernenanlagen. Die Erschließung der Südstadt ging von

einzelnen »Bebauungsinseln« aus, zwischen denen bis weit

ins 20. Jahrhundert hinein Brachflächen, Felder und vor allem

zahlreiche Kleingärten lagen. Fotografie 1920er Jahre.

rechts: Die Karolinenstraße 1–11 zwischen Schwabacher und

Dambacher Straße, Fotografie 2017.

Page 2: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

9

In Wald und FeldAls im Jahr 1887 der erste FürtherStadtarzt, Dr. Johann Emil FriedrichStark (1862-1939), seinen Dienst an-trat, bildete »im Süden«, wie er 1932 inseinen Erinnerungen festhielt, »eigent-lich die Bahnlinie die Grenze der Stadt;jenseits der Bahn dehnten sich vieleGärten und Felder.«2 Bebauung warnoch wenig vorhanden, der Medizinerzählt mehrere Häuser westlich der heu-tigen Schwabacher Straße auf sowie einGebäude an der Amalienstraße, »weitdraußen, zwischen Äckern und Fel-dern«3. Noch ein gutes Stück weiter, imSüdosten, »zeigten sich die ersten An-fänge der Leyher- u. Waldstraße mit dervor kurzem in Betrieb genommenenWiederer-Fabrik«4.

Zwar reichten die Kiefernwäldernicht mehr »fast bis an die letzten Häu-ser des Stadtkerns heran«5, wie es in ei-

ner anderen Beschreibung über die An-fänge der Südstadt heißt, doch ändertedies nichts an dem in jener Zeit nochweitgehend ländlichen Charakter derGegend, die die Fürther als beliebtesAusflugsziel und Erholungsort schätz-ten, in der Kleingärten das Bild be-stimmten und die Bauern von Weikers-hof und Höfen noch lange ihre Ackerund Felder bestellten.6

Mit Dampf in den SüdenEinige tausend Menschen waren um

1890 bereits auf dem Gebiet südlich derBahn ansässig,7 das wenige Jahre zuvorin manchen Plänen der Stadt Fürthnoch gar nicht eingezeichnet war. Vordem Ersten Weltkrieg sollte sich danndie Einwohnerzahl auf über 20.000mehr als verdreifacht haben und fast je-der dritte Fürther ein Südstädter sein.8

»Im zukunftsreichsten Stadterweiterungsgebiet«1

Die Entwicklung der Fürther Südstadt

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

Salzstraße, Ecke Schwabacher Straße: Die Metzgerei Georg Kupfer und ihr elektrobetriebenes

Lieferfahrzeug. Im 2. Stock wohnte Hermann Glockner mit seinen Eltern, Fotografie um 1915.

Text: Helga Zahlaus

Page 3: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

10

Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zuverzeichnen hatte. Waren 1871 geradeeinmal knapp 25.000 Menschen in derKleeblattstadt beheimatet, so war ihreZahl im Jahr 1910 auf 66.500, also mehrals das Zweieinhalbfache, gestiegen.9

Zurückzuführen war dieser imposanteAnstieg auf den erheblich gewachsenenBedarf an Arbeitskräften im Zusam-menhang mit der Industrialisierung.Diese hatte mit der Erfindung derDampfmaschine im 18. Jahrhundert inEngland ihren Anfang genommen undin der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-derts den deutschsprachigen Raum er-reicht. Die mit ihr einhergehende au-

ßerordentliche Steigerung von Produkti-onsvolumen und -geschwindigkeit warwiederum nur durch ein Mehrfaches anmenschlicher Arbeitskraft zu bewälti-gen. Der wirtschaftliche Aufschwung,der in der Zeit nach der Reichsgrün-dung 1871 einen Höhepunkt erreichte,führte zu Raumknappheit in den Pro-duktionsstätten vieler Fürther Betriebe.Die Vergrößerungsmöglichkeiten in un-mittelbarer Nähe der Altstadt warenbald ausgeschöpft. Ausreichend Platzboten dagegen die weitgehend unbe-bauten Flächen in dem Dreieck zwi-schen Flusslauf der Rednitz, Bahnlinieund Stadtgrenze zu Nürnberg. Die be-nötigten Arbeitskräfte stammten über-

wiegend von auswärts, hauptsächlichaus dem ländlichen Umland der Stadt,gefolgt von der Oberpfalz und Unter-franken.10 In der Altstadt war es, trotzBebauung noch freier Flächen, baldnicht mehr möglich, Wohnraum für dieVielzahl an Menschen zu schaffen, de-nen aus Mangel an öffentlichen Ver-kehrsmitteln außerdem daran lag, inmöglichst großer Nähe zu ihren Ar-beitsstätten zu leben. Zum Teil hatteauch die Verlagerung einer Produkti-onsstätte auf das Areal südlich der Bahneinen Umzug der Belegschaft dorthinbewirkt.

Eine in mehrfacher Hinsicht wich-tige Rolle bei diesen Prozessen spielte

Blick von der Alten Veste über den Rednitzgrund auf die Südstadt. Links ist der Turm der Heinrichskirche zu erkennen.

Die vielen Schornsteine zeugen von der reichen industriellen Vergangenheit der Südstadt. Postkarte 1930er Jahre.

Page 4: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

11

Auf der Karte von 1883 besteht die spätere Südstadt noch aus Feldern. Außer der parallel

zu den Bahngleisen verlaufenden Karolinenstraße zeichnet sich nur die Fortsetzung der

Schwabacher Straße südlich des alten Krankenhauses ab. Ganz im Süden war dort die

Fallmeisterei gelegen, zuständig für Beseitigung und Verwertung von Tierkadavern. Im

heutigen Straßenbild nicht mehr zu finden ist der Höfener Weg.

Page 5: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

12

die Eisenbahn. Einerseits bis heute dieTrennlinie zur übrigen Stadt, mit diesernur durch wenige Straßen und Unter-führungen verbunden, profitierte derStadtteil andererseits mit der 1865 eröff-neten Bahnstrecke Würzburg-Nürnberg,gefolgt von der Nord-Süd-Trasse, die seit1879 über Fürth verlief, zugleich in be-sonderem Maß von den Vorteilen, dieder nahe Gleisanschluss vor allem denaufstrebenden Industriebetrieben bot.

»Bessere Gegend« und»Glasscherbenviertel«

Die Ausdehnung der Stadt über dieBahngleise hinweg vollzog sich keines-wegs gleichmäßig, sondern ging viel-mehr von unterschiedlichen Siedlungs-schwerpunkten aus.

In einer ersten Phase entstand seitden 1870er Jahren eine brückenkopfar-tige Stadterweiterung im Bereich derSchwabacher-, Karolinen-, Johannis-,Amalien- sowie Dambacher Straße un-mittelbar südlich der Bahn. Wegen derNähe zu Rednitzgrund und Stadtzen-trum galt das Gebiet als »bessere Ge-gend«, wo sich vorwiegend Beamte undAngestellte, Fabrikantenwitwen, Priva-tiers und Offiziere niederließen. Der Be-reich der beiden Seiten der Ausfallstra-ßen im Anschluss an die Staatsbahnlehnte sich stilmäßig an die nördlich an-schließende Innenstadt mit ihrer cha-rakteristisch bebauten Doppelzeile anund lässt zudem die großstädtische Di-mension erkennen, zu der sich die bau-liche Entwicklung Fürths seit 1890 stei-gerte.11 In der Karolinenstraße findensich vornehme, fast ausnahmslos drei-geschossige Häuser mit kleinen Vorgär-ten an der Südseite, deren Architektur

Der Blick in die Amalienstraße zeigt ein gutbürgerliches Neubauviertel

der Jahrhundertwende, Postkarte (Ausschnitt) um 1900.

Blick in die Schwabacher Straße Richtung Bahnunterführung und Innenstadt. Rechts die

sogenannte »Pechhüttn«, die als das älteste Haus der Südstadt gilt. Das Gebäude wurde

1831 als Ausflugsgaststätte erbaut und war lange Zeit nur über einen Feldweg und eine

kleine Brücke über den Leyher Landgraben, ein von Nürnberg kommendes Fließgewäs-

ser, zu erreichen. Postkarte um 1900.

Page 6: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

13

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

typisch für die Gründerzeit ist. Weiterwestlich, zur Dambacher Straße hin,nehmen die nur zweigeschossigen Häu-ser sogar ausgesprochenen Villencha-rakter an. Als repräsentativstes Anwe-sen galt das des BrauereibesitzersHumbser in der Dambacher Straße.12

Die landschaftlich bevorzugte Lagewählte auch die Fürther Freimaurerloge»Zur Wahrheit und Freundschaft« alsPlatz für ihr prächtig im Stil des spätenHistorismus ausgestattetes, 1890/91 er-bautes Logengebäude.13

Bedingt durch die Eröffnung derSchule in der Schwabacher Straße 1892und den Bau des königlichen Bezirks-amtes 1900/01 in der Amalienstraße,Ecke Dambacher Straße siedelten sichnach der Jahrhundertwende weitere Be-amte und Angestellte an; auch die Nähezu Bahn, Post und anderen Behördenmachte sich dabei bemerkbar.14

Im östlichen Bereich der entstehen-den Südstadt, zwischen Karolinen-,

Leyher- und Waldstraße, wo sich mit In-dustrieansiedlungen ein Gewerbegebietausbreitete, dominierte hingegen die Ar-beiterschaft mit Anteilen von über 85Prozent der Bevölkerung, von denenwiederum die Beschäftigten im damalsbedeutendsten Zweig der Fürther Wirt-schaftslandschaft, der Spiegelglas- undSpiegelindustrie, ein Drittel ausmach-ten.15 Bis in die jüngste Zeit hat sich da-her für die Gegend die Bezeichnung»Glasscherbenviertel« gehalten.16

Ein Stadtteil wird geplant

Das Areal zwischen diesen beidenSiedlungskernen wurde bis zum ErstenWeltkrieg nur teilweise bebaut.17 Süd-lich der Flößaustraße entstanden seitdem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhun-derts immer mehr militärische Einrich-tungen und schlossen den sich formen-den Stadtteil vorerst in diese Richtungab.18 Dies bestätigt auch ein Zeitzeu-genbericht aus dem Jahr 1954: »Wie

sah es denn um den ersten Weltkrieg inder damaligen Südstadt aus? Da war sieeigentlich noch gar nicht da! EinzelneHäuser in der Fichten-, in der Ludwig-und in der Kornstraße und alles übrigevon der Fichtenstraße bis zu den Kaser-nen der ›21er‹ waren Gärten und Bau-plätze. An eine Kaiserstraße war über-haupt noch nicht zu denken. Und hin-ter den Kasernen war Fürth ›zuEnde‹«19.

Stadtplanerisch war die Gegend al-lerdings, wie die Karte aus den 1890erJahren zeigt, bereits erschlossen. DasKonzept war großzügig nach einemRastersystem angelegt, basierend aufbreiten, mit Bäumen bepflanzten Stra-ßenzügen.20 Als Zentrum war ein weit-läufiger runder Platz (der heutige Stre-semannplatz) vorgesehen, auf den dieumliegenden Straßen sternförmig zulie-fen. Als dominierender Straßenzug inOst-West-Richtung trat die Herrnstraßehervor, die von der Schwabacher Straße

Blick entlang der dichtbebauten Schwabacher Straße stadteinwärts. Links an der Ecke Bachstraße der

1901/02 errichtete Erweiterungsbau des Schulhauses. Kolorierte Postkarte um 1905.

Page 7: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

14

bis zur Gabelung der Jakobinen-, Ritter-und Waldstraße reicht.21

Bereits in der allgemeinen Bauord-nung von 1864 war festgelegt worden,alle Straßenzüge möglichst geradliniganzulegen; auch das erste Stadterweite-rungsgebiet hinter dem Rathaus war aufdiese Weise konzipiert worden.22 Manfolgte damit den allgemein vorherr-schenden Richtlinien für Stadterweite-rungspläne. Da die meisten Kommunenin Deutschland erst im 19. Jahrhundertin Folge der Industrialisierung über ihremittelalterlichen Ortsgrenzen hinauszu-wachsen begannen, dies aber, wie auchin Fürth zu beobachten, oftmals in

atemberaubender Geschwindigkeit, wa-ren schnelle Lösungen gefragt, die anerster Stelle auf praktischen Erwägun-gen, weniger auf ästhetischen Gesichts-punkten beruhten. Die Bebauungs-pläne, für einzelne Straßenzüge»Fluchtlinienpläne« genannt, folgtenbeispielsweise den Ausfallstraßen undlehnten sich an die Streckenführungender Eisenbahnen an. Nachdem der äu-ßere Rahmen gegeben war, wurden diePläne im Inneren hauptsächlich vonzwei Planungsvarianten ausgefüllt, demRechteck- und dem Dreiecksystem,häufig ergänzt durch Radialstraßen.23

Wie unschwer zu erkennen ist, wurde

auch bei den Planungen der FürtherSüdstadt dieser geometrische Schema-tismus befolgt.

Gegen dieses schablonenhafte Ver-fahren und die damit einhergehendeEintönigkeit beim Städtebau opponierteschon 1899 Camillo Sitte (1843-1903),der Direktor der Wiener Staatsgewerbe-schule, und forderte bei aller nötigenRationalität der Bebauungsplanung, ge-wisse ästhetische Grundsätze gleich-wohl nicht zu vernachlässigen. Er ver-langte mehr Unregelmäßigkeiten und»Schwingungen« in den Planungsmus-tern, die Bodenunebenheiten oder Was-serläufe berücksichtigen und nicht ge-

Auf dem Stadtplan aus der Zeit um 1890 erkennt man nicht nur die drei Siedlungsschwerpunkte, sondern auch das rechteckige

Straßenraster, das der Planung des Stadtteils zugrunde lag. Viele Straße liefen sternförmig auf den heutigen Stresemannplatz zu.

Im Süden reichen der Leyher und Höfener Wald noch weit in das Gebiet der heutigen Südstadt.

Page 8: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

15

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

waltsam eine rechtwinklige Straßen-struktur herbeizuführen versuchen soll-ten.24

Unter dem Einfluss Sittes bemühtesich um die Jahrhundertwende auch dieFürther Stadtverwaltung, das Stadtbildsüdlich der Staatsbahn durch Grünan-lagen, Spielplätze und gebogene Stra-ßen etwas aufzulockern sowie die Stra-ßen in Wohn- und Verkehrsstraßen zuunterteilen, was sich allerdings wegender vormals einheitlich gesetzten Stra-ßenbreiten von 17,5 Metern als nichtmehr durchführbar erwies. Wenigstensdie als unschön geltenden und einer ge-schlossenen Wirkung von Plätzen ent-gegenstehenden spitzwinkeligen Bau-blöcke konnten noch durch geeigneteEckausbildungen nachträglich ersetztwerden, was an der Abänderung derBaulinien am späteren Stresemannplatzgut abzulesen ist.25

Kritisiert wurde auch das Fehlen ei-nes Gesamtkonzeptes, das Fragen wiedie Verkehrsführung sowie die Auf-schlüsselung in Gewerbe- und Wohnge-

biete und anderes mehr in einem größe-ren Zusammenhang regelte und das Ge-lände nicht einfach, wie bisher gesche-hen, immer nur bedarfs- und stückweiseaufteilte. Nur schleppend wurde dieForderung nach einem Gesamtbebau-ungsplan für das Stadtgebiet umgesetzt,der erst 1916 vorlag und ohne verbind-liche Wirkung blieb.26 Noch länger ließdie Ausarbeitung und Aufstellung einesüberregionalen Generalbebauungspla-nes mit detaillierter Konzeption einesVerkehrsnetzes, der Bauflächenvertei-lung und Einbeziehung eines Grünflä-chensystems auf sich warten. Für dieStädte Nürnberg und Fürth wurde 1921damit der damals bekannteste deutscheStädtebauer, Professor Hermann Jansen(1869-1945) beauftragt.

Südlich der Militäranlagen sah der»Jansenplan« große Flächen für ge-werbliche Ansiedlung sowie ein Hafen-gelände vor, was jedoch nie verwirklichwurde.27 Anders verhielt es sich mit denVorhaben im östlichen Bereich der Süd-stadt, der als das vielversprechendste

Industrie- und Gewerbegebiet der ge-samten Stadt angesehen wurde und des-sen weitere Entwicklung man durch Re-duzierung von dort verlaufenden Quer-straßen vorantreiben wollte. Zu diesemZweck wurden die Billing- und die Ber-linstraße, beide zwischen Wald- undLeyher Straße verlaufend, aufgelassen.28

Die Bedeutung wächst

Wie der Plan aus den 1890er Jahrenmit seinem großräumig konzipiertenBauliniennetz deutlich werden lässt,stellte sich die Stadtverwaltung bereitszu diesem Zeitpunkt auf einen beträcht-lichen Anstieg der Bevölkerungszahlenund eine entsprechende Ausweitungdes Stadtgebiets ein. Auch in andererHinsicht wurde vorausschauend gehan-delt und 1884/85 an der SchwabacherStraße 86 ein Bauwerk errichtet, dasvorerst als Pfündneranstalt dienensollte, tatsächlich aber als Schulhausangelegt war. Rechtfertigten zu diesemZeitpunkt die Einwohnerzahlen derSüdstadt noch keine eigene Lehranstalt,so änderte sich dies binnen wenigerJahre, und im September 1892 konntedas Gebäude seiner ursprünglich zuge-dachten Bestimmung übergeben wer-den.29

Obwohl großzügig dimensioniert,bestand nur 15 Jahre später »das dring-liche Bedürfnis nach Beschaffung wei-terer Schulräume«30, und es erging derBeschluss, an der zwischen Kaiser- undFlößaustraße gelegenen Frauenstraße»ein größeres Schulhaus«31 zu errich-ten, das 1909 bezogen werden konnte.

In einer Zeit, als mit Badezimmerausgestattete Wohnungen noch Selten-

Der Städteplaner Hermann Jansen (1869–1955) entwarf in den 1920er Jahren einen Ge-

neralbebauungsplan für Nürnberg und Fürth. Fotografie um 1930.

Page 9: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

16

heitswert hatten,wurde zudem die Erbauung eines drit-ten städtischen Brause- und Wannenba-des unter hygienischen Gesichtspunk-ten als unabdingbar erachtet, da derStadtteil südlich der Bahn noch nichtüber eine solche Einrichtung verfügte.Da dieses »Volksbad« zugleich dieFunktion als Badeanstalt für Schulkin-der erfüllen sollte, wurde es direkt ne-ben dem neuen Schulgebäude in derFrauenstraße errichtet und auch eineTurnhalle darin untergebracht. 1911konnte es der Öffentlichkeit übergebenwerden und »erfreute sich sofort einesguten Besuchs, der auch angehaltenhat.«32

Unweit des neuen Volksschulgebäu-des entstand ab 1910/11 an der Kaiser-straße der Neubau der bisher in derAltstadt ansässigen, »ständig an Schü-lerzahl zunehmenden K[öniglichen]Realschule«, der seit 1849 eine Han-

delsabteilung angeschlos-sen war. Wie den

städtischen Kol-legien durch-aus bewusst

von oben: Schulhaus Schwabacher Straße 86/88 (nördlicher Teil errichtet 1884/85,

erweitert 1901/02), Schulhaus Frauenstraße 15 (erbaut 1909), Königliche Real-

schule (fertiggestellt 1912; heute Hardenberg-Gymnasium).

Page 10: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

17

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

war, befand sich der Bauplatz »zwarvom Zentrum der Stadt etwas entfernt«,doch die Lage »im zukunftsreichstenStadterweiterungsgebiet« schien dasausreichend zu rechtfertigen.33 Im Jahr1912 konnte dort der Unterricht aufge-nommen werden, acht Jahre späterwurde die Lehranstalt zur Oberreal-schule erhoben, die seit 1966 den Na-men »Hardenberg-Gymnasium« trägt.

Mit den beiden Unterrichtsgebäu-den, dem Bad und der im selben Zeit-raum in unmittelbarer Nachbarschafterrichteten katholischen Kirche St.

Heinrich und Kunigunde (Heinrichskir-che) wurde in der Südstadt ein – aucharchitektonisch bemerkenswerter –städtebaulicher Schwerpunkt geschaf-fen, wobei diesmal auch ästhetischeÜberlegungen im Sinne Camillo Sittesihren Niederschlag fanden. Es wurdeWert auf ein harmonisches Gesamtbildgelegt, bei welchem dem Gotteshaus»als monumentales Gebäude für denganzen Stadtteil, insbesondere für denals Mittelpunkt dieses Stadtteils gedach-ten Platz«34 erhebliche Bedeutung zu-gedacht war.

Die Heinrichskirche, deren Bauden religiösen Bedürfnissen des infolgeder beträchtlichen Zuwanderung starkgestiegenen katholischen Bevölke-rungsanteils Rechnung tragen sollte,war nicht der erste Kirchenbau derSüdstadt. Die dort ansässigen Protes-tanten hatten, nach mehrjährigen Pla-nungen, bereits gut zehn Jahre zuvorihr eigenes Gotteshaus St. Paul an derAmalienstraße, zwischen Simon- undWinklerstraße, erhalten. Beide Kirchenstellten Kristallisationspunkte der wei-teren Besiedelung der Südstadt dar, zo-

Das Schulhaus Frauenstraße mit dem gleichzeitig erbauten III. Städtischen Wannen- und Brausebad (Bildmitte),

in dessen Dachgeschoss die Schulturnhalle untergebracht war. Rechts die Kirche St. Heinrich. Blick von der späte-

ren Sonnenstraße nach Westen.

Page 11: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

18

1903 wurde ein eiserner Steg über die Bahngleise gebaut. Die Fotografie um 1914 zeigt die Verab-

schiedung der in den Krieg ziehenden Fürther Soldaten.

Rechts eine Fotografie des Bahnhofstegs nach dem Einsturz 1922.

Die 1896 für den Verkehr freigegebene Bahnunterführung Schwabacher Straße mit dem alten Zirndorfer Lokalbahnhof,

von dem aus man bis 1938 über Zirndorf nach Cadolzburg gelangte. Postkarte um 1900.

Page 12: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

19

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

gen also wiederum Wohnbebauungnach sich.35

Die stetig wachsende Bevölkerungs-zahl in der Südstadt erforderte dringendbessere Verkehrsanbindungen an dasnördlich der Bahn gelegene Stadtzen-trum. Bis 1896 bestanden lediglich zweischienengleiche Übergänge zwischenbeiden Teilen der Stadt, an der Schwa-bacher Straße sowie bei der Jakobinen-/Karolinenstraße, was sich, selbst in ei-ner Zeit noch ohne Autoverkehr, als äu-ßerst hinderlich erwies. Schon 1875verlangten daher die Bewohner südlichder Staatsbahn den Bau einer Unterfüh-rung, der allerdings erst 20 Jahre späterzur Ausführung kam. 1894 wurde das

aufwändige Projekt in Angriff genom-men, das eine Niveauabsenkung derSchwabacher Straße erforderte, wo-durch einige Häuser an den betroffenenStraßen nun weit höher über dem bis-herigen Straßenniveau lagen, was zu-sätzliche Baumaßnahmen nach sichzog. Die »Unterführungsanlage« konnteim März 1896 »für den Fuhrwerksver-kehr freigegeben« werden und erwiessich »in allen Teilen als wohlgelungenesund zweckentsprechendes Werk […],das sowohl der Gesamtbürgerschaft wieauch für den jenseits der Bahn liegen-den aufblühenden Stadtteil insbeson-dere von großem Nutzen gewordenist.«36

Die Pläne für die Unterführung ander Jakobinenstraße wurden bereits zweiJahre nach Fertigstellung der ersten Un-terführung eingereicht. Da die königlicheStaatsbahnverwaltung sie mehrfachenUmarbeitungen unterzog, verzögerte sichder Baubeginn jedoch um mehr als zehnJahre, bis 1907.37 Dann jedoch wurde dasProjekt als unaufschiebbar angesehen, dadie Verkehrsbehinderungen durch die Ei-senbahn »unerträglich geworden« seien,denn »der Schrankenschluss dauertenicht selten lange Zeit und Fußgängerund Wagen stauten sich an den Schran-ken.«38 Ausschlaggebend war letztlich,dass vor allem die Garnison eine bessereAnbindung an die Innenstadt wünschte.

Blick über die Bahngleise nach Süden in die Schwabacher Straße, im Hintergrund das Rednitztal und die Alte Veste. In der Bildmitte gut zu

erkennen ist das Mitte der 1950er Jahre erbaute sogenannte Letra-Haus. Hier befand sich der Sitz der 1950 gegründeten Firma Lederwaren

Trautner, ein Hersteller qualitativ hochwertiger Lederwaren. Fotografie 2017.

Page 13: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

20

Der neue Verkehrsweg wurde miteiner Breite von 18 Metern großzügigerals ursprünglich vorgesehen, ausgeführt.Als Begründung hieß es: »[…] wenn dieSüdstadt in höherem Maß ausgebautsein wird […], wird die Wichtigkeit die-ser Unterführung eine immer größeresein – wohl eine noch größere als jeneder Schwabacher Unterführung, derenBreite von 12 m heute schon als unge-nügend erkannt wird.«39

Der weite Abstand zwischen diesenbeiden Übergängen wurde schon früh-zeitig als problematisch erachtet undAbhilfe geschaffen: »Bei der großen,über 1 km betragenden Entfernung derbeiden Bahnübergänge an der Schwa-bacher und Leyher Straße und der zu-nehmenden Bebauung der Südstadt er-wies sich die Schaffung eines weiterenVerkehrsweges, wenigstens für Fußgän-ger […] als notwendig.«40 1903 wurdeein eiserner Fußgängersteg, der dieBahngleise vom Bahnhofplatz bis zurKarolinenstraße überspannte, dem Ver-kehr übergeben, der allerdings 20 Jahrespäter, nach dem Aufprall eines nichthinreichend gesicherten Kranwagens,einstürzte. Man entschied sich gegen ei-nen Wiederaufbau und stattdessen füreine Fußgängerunterführung an dersel-ben Stelle.

»Die rasche Entwicklung der Süd-stadt« sowie insbesondere die Errich-tung des neuen Realschulgebäudes »zei-tigte das Bedürfnis, zwischen der Unter-führung der Leyher Straße und demBahnhofsteg einen Fußgängerweg zurVerbindung der nördlich und südlichder Staatsbahn gelegenen Stadtteile her-zustellen«, wie es 1910 hieß.41 Da dieBahn aus betriebstechnischen Gründen

eine weitere Stegverbindung ablehnte,kam nur eine Unterführung in Betracht,die auf Höhe der Luisenstraße denNordteil der Stadt mit der Karolinen-/Benditstraße im Süden verbindenwürde; sie wurde 1913 für den Verkehrfreigegeben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmder Stellenwert des Stadtteils weiter zu.Die Gegend rund um den Stresemann-platz wurde geradezu zu einem »Behör-denviertel« aufgewertet. Hier fand 1959der notwendige Neubau des Finanzam-tes ebenso seinen Platz wie der des Ar-beitsamtes;42 1966 zog das Landratsamtvon der Amalienstraße an diesen Stand-ort, wo sich auch nach der Verlagerungdes Hauptsitzes der Dienststelle nachZirndorf 2003 noch eine Zweigstellebefindet. Zum Teil mussten für die Neu-bauten bis dahin noch bestehendeKleingartenanlagen weichen. Der Stre-semannplatz erfuhr damit eine grundle-gende Umgestaltung und erhielt ein mo-dernes Gesicht. Eine bislang letzte Er-neuerung der Platzanlage erfolgte 2007.

Die Baugenossenschaften –das Gesicht der SüdstadtDen stärksten Bevölkerungsanstieg

hatte Fürth um die Wende vom 19. zum20. Jahrhundert zu verzeichnen. DieKleeblattstadt zählte in jenen Jahren zuden am schnellsten wachsenden Ge-meinden Bayerns.43

Der private Wohnungsbau ver-mochte den durch den starken Zuzugvon außen entstehenden Mangel an be-zahlbaren Kleinwohnungen für Arbei-terfamilien bald nicht mehr auszuglei-chen. Im Gegensatz zur Versorgung mitGas und Elektrizität oder dem Ausbauder Kanalisation galt der Wohnungsbaunicht als öffentliche Aufgabe, sondernfiel, insbesondere der Kleinwohnungs-bau für die »minderbemittelten« Bevöl-kerungsschichten, in das Feld der Ar-menfürsorge und somit in den privatenBereich. Private Bauträger investiertenaber nur selten in den Bau von Arbei-terwohnungen, da ihnen die Rentabili-tät zu gering erschien. Weder von priva-ter noch von kommunaler Seite war

Das Finanzamt Fürth am Stresemannplatz 15 mit einem Erweiterungsbau aus dem Jahr

2013 (links). Fotografie 2016

Page 14: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

21

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

nennenswerte Hilfe bei der Beschaffungvon Wohnraum, insbesondere für diewachsende Zahl der Industriearbeiter,zu erwarten.

Es war die Eigeninitiative der Betrof-fenen gefragt, die in Form des Genos-senschaftswesens schon über eine lange

Tradition verfügte. Die Bestrebungen,den Lebensstandard der Arbeiter zu ver-bessern, reichen bis in die Zeit der Früh-industrialisierung zurück. Der Grundge-danke dabei war, die Güter, die ihnen imkapitalistischen System versagt blieben,durch wirtschaftliche Selbsthilfe zugäng-

lich zu machen, indem man sich dasWarengebot selbst organisierte und ge-meinschaftlich verwaltete.

Besonders vorteilhaft konnten diese Idee schon seit der Mitte des 19.Jahrhunderts die Konsum- und Sparver-eine verwirklichen. Auch die Überle-gung, bei der Arbeiterwohnungsfragemittels genossenschaftlicher Zusam-menschlüsse zu einer Lösung zu kom-men, war nicht neu. Erste Baugenossen-schaften entstanden schon um die Mittedes 19. Jahrhunderts auf Anregung vonPionieren der Bewegung wie VictorAimé Huber (1800-1869) und HermannSchulze-Delitzsch (1808-1883), denenallerdings, vor allem aufgrund von Fi-nanzierungsproblemen, zunächst nochkein längerfristiger Erfolg beschiedenwar.

Erst ein neues Reichsgenossen-schaftsgesetz sowie vorteilhafte Finan-

»Baugenossenschaft Volkswohl erbaut 1951« und »Spar- und Bauverein Fürth«: Stolz

verweisen die Fürther Baugenossenschaften mit ihren Beschriftungen auf die von ihnen

errichteten Wohnhäuser. Fotografien 2016/17.

Menschenfreundliche Architektur für die Genossenschaftsmitglieder: Ein Wohnblock des Bauvereins in der Flößaustraße 63-75,

Fotografie 1920er Jahre.

Page 15: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

22

zierungsmöglichkeiten boten 1889 derBewegung wieder entscheidende An-reize. Zusammen mit der Aufhebungder Sozialistengesetze und dem Beginneiner günstigeren Wirtschaftsentwick-lung führte dies zu einem Aufblühen derBaugenossenschaftsbewegung, die biszum Ersten Weltkrieg anhielt.44

In Fürth ergriffen im Jahr 1898Wohnungssuchende, zumeist aus demkleinbürgerlichen Milieu, die Initiativeund gründeten die erste Baugenossen-schaft, die – zunächst unter dem Na-men »Mieter- und HausbauvereinFürth« – ein Jahr später mit 321 Mit-gliedern ins Genossenschaftsregistereingetragen wurde.45 Es überrascht we-nig, dass das erste Vorhaben der neuge-gründeten Baugenossenschaft die Süd-stadt ins Auge gefasst hatte. Hier warnicht nur der Bedarf an bezahlbarenKleinwohnungen besonders hoch, auchstand hier genügend freier Baugrundzur Verfügung. Als erster Bauplatzwurde 1899 ein Areal zwischen spä-terem Stresemannplatz, Dr.-Beeg-,Frauen- und Kaiserstraße erworben, einzu dieser Zeit noch in keiner Weise er-schlossenes und ausgebautes Gelände.Ein Jahr später war das erste Wohnhausan der Kaiserstraße (Hausnummer 101)mit 16 Wohnungen fertiggestellt, derenZahl sich in den nächsten zehn Jahrenauf über 100 erhöhte. 1920 war die Be-bauung des Areals abgeschlossen. In 16Häusern waren insgesamt beinahezweihundert Wohnungen geschaffen, indenen fast ausschließlich Arbeiterfami-lien lebten. Einige dieser Wohneinhei-ten waren ausgesprochen modern, un-ter anderem mit Spülklosetts, ausgestat-tet.46 Noch im selben Jahr begann die

Bebauung eines weiteren Grundstückeszwischen Ludwig-, Kaiser-, Sedan- undErhard-Segitz-Straße. 1910 wurde derMieter- und Hausbauverein um eineSpareinrichtung ergänzt und änderteseinen Namen in »Spar- und Bauver-ein«.47

Zwar bedeutete der Erste Weltkriegzunächst eine Unterbrechung der regenBautätigkeit, doch dank der umsichti-gen Vorkehrungen des Vorstands nochwährend des Krieges konnten Neubau-vorhaben nach Kriegsende bald ver-wirklicht werden, was umso dringlicherwar, da sich der Wohnungsmangel inder Zwischenzeit zur Wohnungsnot ge-steigert hatte.48 Während des Krieges

war der Wohnungsbau praktisch zumErliegen gekommen, nun aber drängtenheimkehrende Soldaten und Flücht-linge aus den abzutretenden Gebietenauf den Wohnungsmarkt; die Zahl derHaushaltsneugründungen nahm über-durchschnittlich zu. Einige wenige Zah-len verdeutlichen, wie groß das Woh-nungselend gewesen sein muss: Für 18im Jahr 1921 vom Spar- und Bauvereinfertiggestellte Wohnungen – alle in derSüdstadt – gingen allein aus dem Kreisder Genossenschaftsmitglieder 200 Be-werbungen ein.49

Trotz der wirtschaftlich angespann-ten Lage der Nachkriegsjahre mit ihremHöhepunkt im Hyperinflationsjahr

Lebensgroße Skulpturen an den Eckhäusern 9 und 10 der Buschingstraße/Ecke

Flößaustraße. Die Buschingstraße entstand 1949 beim Bau der ersten Häuser der

ARGE als Verbindung zwischen Kaiser- und Flößaustraße. Die Figuren sollen ein

Gefühl der Geborgenheit und des Zuhauseseins vermitteln. Fotografien 2016.

Page 16: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

23

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

1923 gelang es dem Spar- und Bauver-ein, im Jahr seines 25-jährigen Beste-hens die Zahl von 266 Wohnungen zuerreichen, die Wohnraum für weit über1.000 Menschen boten.50

Wenn sich auch die enormen Steige-rungsraten der Bevölkerungszahlen frü-herer Jahre zwischen 1918 und 1938nicht fortsetzten, hielt die Nachfragenach bezahlbarem Wohnraum unver-mindert an. Während die private Bau-wirtschaft in der Südstadt nach 1924 in-folge der nach wie vor wirtschaftlich an-gespannten Situation praktisch völligzum Erliegen kam, entfaltete sich dieTätigkeit der Baugenossenschaftenumso lebhafter, wenn auch, wirtschaft-lichen Zwängen geschuldet, in kleine-rem Rahmen als oftmals erwünscht,und prägte das architektonische Bildder Südstadt nachhaltig. Auf diese

Weise entwickelte sie sich in den 1920erJahren zur am dichtesten besiedeltenWohngegend Fürths.51 Wie begehrt dieWohnungen nach wie vor waren, lassendie langen Wartezeiten von zwei Jahrenfür eine Zweizimmerwohnung und dreiJahre für eine Wohnung mit drei Zim-mern erahnen.52

Allen Einschränkungen zum Trotzwies der Spar- und Bauverein im Jahr1932 einen Bestand von 589 Wohnun-gen auf. Da das Angebot an Wohnun-gen auch in den Folgejahren stets deut-lich hinter der Nachfrage zurückblieb,wurden auch weiterhin Grundstückevon beträchtlicher Größe in der Süd-stadt erworben, der Ausbruch des Zwei-ten Weltkrieges verhinderte jedoch dieUmsetzung zahlreicher Bauvorhaben.Der Sparbetrieb wurde 1939 aufge-geben, der Name der Genossenschaft

lautete fortan »Bauverein Fürthe.G.m.b.H.«.53

Ein genossenschaftliches Anliegenwar stets, mehr als reinen Wohnraumzu bieten. In diesem Sinne wurden bei-spielsweise die Höfe der einzelnen Bau-blöcke so gestaltet, dass mit Rasenflä-chen, Ruhebänken und Wäschetro-cken- und Kinderspielplätzen ein ange-nehmes Wohnumfeld gegeben war. EineVielzahl der Wohnbauten bot Platz fürLadengeschäfte, in denen der Bedarfdes täglichen Lebens gedeckt werdenkonnte.54 Gastwirtschaften luden zumgeselligen Beisammensein ein, beispiels-weise das schlicht »Bauverein« be-nannte Lokal im 1905 errichtetenWohnblock der Genossenschaft in derKaiserstraße 95, Ecke Dr.-Beeg-Straße55

Einer der ersten Wirte, Gottfried Lang,betrieb auch eine Metzgerei.

Blick von der Kaiserstraße in die Ludwigstraße stadtauswärts auf einen Bauvereins-Wohnblock. Fotografie um 1935.

Page 17: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

24

Ebenfalls in der Südstadt ihren An-fang nahm die Baugenossenschaft»Volkswohl«, die 1920 gegründetwurde und bis 1940 über 400 Wohnun-gen hauptsächlich im Fürther Südenschuf. Die ersten entstanden in der Lud-wigstraße 94 und 96, gefolgt von weite-ren Bauten dort sowie an Kaiser-,Schwabacher-, Erhard-Segitz- und Steu-benstraße.56

1941 kam es zum Zusammenschlussmit der »Baugenossenschaft des Bayeri-schen Bundes der Kriegsbeschädigtenund Kriegshinterbliebenen, OrtsgruppeFürth«, wodurch sich der Wohnungsbe-stand auf gut 600, verteilt auf insgesamt95 Häuser, vergrößerte.57 Eine weitereFusion erfolgte 2010 mit der »Bau- undSiedlungsgenossenschaft Fürth e. G.«Unter dem Namen »Bau- und Sied-lungsgenossenschaft Volkswohl eG« be-wirtschaftet sie heute weit über 1.000Wohneinheiten, die sich ausschließlichin Fürth befinden, der Großteil nachwie vor in der Südstadt.58

Zu den beiden großen Baugenos-senschaften gesellten sich noch einigekleinere Unternehmen dieser Art, diesich die Schaffung von Wohnraum fürspezielle Berufsgruppen zum Ziel setz-ten. In den 1920er Jahren entstandenbeispielsweise in der LudwigstraßeWohnungen für Angestellte und auf dieInitiative der »Beamtenbaugenossen-schaft Fürth e.G.m.b.H.« dürfte der Bauder Häuser Amalienstraße 68 sowieWinklerstraße 21 und 23 zurückge-hen.59 Diese Genossenschaft ver-schmolz 1941 mit der seit 1920 be-stehenden »WohnungsgenossenschaftKriegerheimstätte«. Ein Jahr später er-hielt die Vereinigung den Namen »Ge-

meinnützige Wohnungsgenossenschafte.G.m.b.H. Fürth«. Seit dem Zusam-menschluss mit der »GemeinnützigenWohnungsgenossenschaft eG Unteras-bach« 2011 firmiert sie unter dem Na-men »Wohnungsgenossenschaft FürthOberasbach eG«. Der überwiegendenTeil ihrer über 1.000 Wohneinheiten fin-det sich allerdings nicht in der FürtherSüdstadt, sondern im Espan, im Ronhofund an der Alten Veste sowie selbstver-ständlich in Oberasbach. Die erwähn-ten Häuser in der Amalien- und Wink-lerstraße zählen jedoch nach wie vor zuihrem Bestand und wurden 2013 um-fangreichen Modernisierungs- und Re-novierungsmaßnahmen unterzogen.60

Zu erwähnen sind außerdem Stif-tungen wie die 1948 vom ErzbistumBamberg gegründete Joseph-Stiftung,die auch in der Fürther Südstadt tätigwurde, wo sich Mehrfamilienhäuser inder Erhard-Segitz-Straße 42-46 (erbaut1966) und in der Kaiserstraße 109 (er-baut 1972) in ihrem Besitz befinden.Zuständig ist sie zudem für die Verwal-tung der 1986 errichteten Gebäude Si-monstraße 20-24, wo sich auch dasHausverwalterbüro Fürth befindet, so-wie der aus dem Jahr 1958 stammendenWohnhäuser auf dem Grundstück zwi-schen Dr.-Beeg-, Zeppelin- und Flöß-austraße.61

Nicht zu vergessen in diesem Zu-sammenhang ist die »König Ludwig III.und Königin Marie Therese GoldeneHochzeit-Stiftung in Fürth«, 1918 insLeben gerufen von dem Fürther Wohl-täter Alfred Nathan (1870-1922) in Ver-ehrung für das bayerische Königspaar.In der Südstadt sind ihr in der Neu-mannstraße sechs Ein- bis Zweifami-

lienhäuser für Kriegsblinde mit Gärten,errichtet in den 1920er Jahren, zu ver-danken.62

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmdie Wohnungsnot in Fürth abermals be-sorgniserregende Ausmaße an. Tausendevon Ausgebombten, viele davon aus derNachbarstadt Nürnberg, sowie unzäh-lige Flüchtlinge und Vertriebene suchtenZuflucht im weitgehend unzerstörtenFürth, obwohl auch der dort vorhan-dene Wohnraum bei weitem nicht aus-reichte, um allen Hilfesuchenden, zu de-nen noch eine Vielzahl an Kriegsheim-kehrern kam, eine Bleibe zu bieten. Eingroßer Teil musste zunächst in Massen-unterkünften in Schulen, Turnhallenund Sälen untergebracht werden. In derSüdstadt dienten die Volksschulen inder Frauen- und Schwabacher Straßesowie die Landwirtschaftsschule an derJahnstraße diesem Zweck.63

Gedenktafel zur Erinnerung an die Grün-

dung der ARGE an der zur Buschingstraße

gelegenen Seite des Hauses Kaiserstraße

40.

Page 18: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

25

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

Binnen weniger Jahre überschrittdie Stadt, die vor dem Krieg noch gut82.000 Einwohner gezählt hatte, mit100.000 Menschen im Jahr 1948 dieGrenze zur Großstadt. Den Mangel anWohnungen in möglichst kurzer Zeit zubeheben und die bedrückenden Wohn-verhältnisse zu ändern, stellte sich da-her als eine der vordringlichsten Aufga-

ben der Stadtverwaltung dar. In dieserschwierigen Situation entschloss sichder Stadtrat zu einer großzügigen Lö-sung: Um eine schnelle und rationelleBauweise zu ermöglichen, stellte er vierortsansässigen Baugenossenschaftenein großes Grundstück zwischen Kai-ser-, Flößau- und Schwabacher Straßezur gemeinsamen und raschen Bebau-

Blick von Westen über die Südstadt.

Deutlich zu sehen sind in der Bildmitte

die von der ARGE 1949/50 errichteten

Wohnblöcke zwischen Kaiser- und

Flößaustraße. Doch noch immer prägen

Schrebergärten große Teile der Süd-

stadt. Fotografie Anfang der 1950er

Jahre.

Page 19: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

26

ung kostenlos zur Verfügung. Quantitätgenoss dabei absoluten Vorrang, wäh-rend das Aussehen der Häuser undWohnungen eine untergeordnete Rollespielten. Auch die geringen finanziellenMittel und der Mangel an Baumateria-lien erzwangen eine einfache undschlichte Form. Zur Verwirklichung desVorhabens riefen 1949 die vier Genos-senschaften – der Bauverein Fürth, dieBaugenossenschaft Volkswohl, die Ge-meinnützige WohnungsgenossenschaftFürth sowie die Baugenossenschaft »Ei-genes Heim« – die ArbeitsgemeinschaftFürther Baugenossenschaften GmbH,kurz »ARGE«, ins Leben, ein Zusam-menschluss, der sich bewähren sollte:Als einzige Vereinigung dieser Art inDeutschland arbeitet sie bis heute er-folgreich zusammen, die Geschäftsfüh-rung hat seit dem Beginn der BauvereinFürth inne.64

Alle vier waren und sind auch in derSüdstadt aktiv und trugen mit ihrer re-gen Bautätigkeit in der Nachkriegszeitin hohem Maße zur Linderung der

Wohnungsnot bei und prägten dasStadtbild südlich des Bahnhofs weiter.Neben den drei bereits beschriebenenGenossenschaften war es vor allem dieBaugenossenschaft »Eigenes HeimeG«, deren Schwerpunkt vor demZweiten Weltkrieg im Fürther Nord-westen auf der Schwand gelegen hatte,die zwischen 1953 und 1960 mit der Er-richtung von Mehrfamilienhäusern inder Leyher-, Schulze-Delitzsch- undFronmüllerstraße Wohnraum für über200 Familien schuf. Hier fanden in ers-ter Linie Heimatvertriebene und Flücht-linge, die zuvor jahrelang in Barackenund Lagern gelebt hatten, ein neues Zu-hause.65

Als der Baugrund in der Südstadtgegen Ende der 1950er Jahre allmählichaufgebraucht war, verlagerte sich derTätigkeitsschwerpunkt der Genossen-schaften, was Neubauten betraf, auf an-dere Stadtteile.66 Eine bedeutende Aus-nahme stellt der Neubau der Woh-nungsgenossenschaft Fürth OberasbacheG in der Winklerstraße 27 mit 16Mietwohnungen dar, der 2015 fertigge-

stellt wurde,67 womit eine der verbliebe-nen Baulücken in der Südstadt ge-schlossen wurde.

Bereits 1962 wurde als das letztegroße Gebäude des Bauvereins in derSüdstadt das neue Verwaltungsgebäudean der Herrnstraße eingeweiht, nach-dem die bisherige Geschäftsstelle amStresemannplatz wegen der ständigwachsenden Aufgaben räumlich an ihreGrenzen stieß.68 Ansonsten nehmen inder Südstadt seither Modernisierungs-maßnahmen den meisten Raum ein.Der älteste Baublock des Bauvereinsaus dem Jahr 1899 zwischen Kaiser-straße und Stresemannplatz musste inden 1970er Jahren abgerissen werden,da er wegen unzureichender sanitärerEinrichtungen und schlechter Lichtver-hältnisse einem zeitgemäßen Wohn-standard nicht mehr entsprach. Anseine Stelle trat ab 1979 das sogenannteVersuchs- und Vergleichsvorhaben. Mitbehindertengerechten Wohnungen undvielfältigen Gemeinschaftseinrichtun-gen wurden dabei neue Leitgedankendes Wohnungsbaus umgesetzt, was1982 mit einem Preis des Bundesminis-teriums für Raumordnung, Bauwesenund Städtebau belohnt wurde.69 BreitenRaum nimmt bei den Modernisierungs-maßnahmen seit Jahren auch der Um-weltschutz ein. EnergieeinsparendeWärmedämmung, die Installation vonPhotovoltaikanlagen und die sorgfältigeErhaltung und Pflege der Grünanlagensind hier als einige Beispiele zu nennen.Auch für dieses Engagement wurdedem Bauverein mit dem Umwelt- undNaturschutzpreis der Stadt Fürth2005/06 eine Auszeichnung zuteil.70

Sanierter Baugenossenschafts-Wohnblock in der Kaiserstraße, Fotografie 2017.

Page 20: »Im zukunftsreichsten...Text: Helga Zahlaus 10 Dies entspricht dem rasanten Bevöl-kerungsanstieg, den Fürth insgesamt zu verzeichnen hatte. Waren 1871 gerade einmal knapp 25.000

27

ST

AD

TE

NT

WI

CK

LU

NG

Ohne die Leistung der Baugenos-senschaften wäre der sowohl flächen-mäßig größte als auch mit heute etwa26.000 Bewohnern bevölkerungs-reichste Stadtbezirk der Kleeblattstadtnicht, was er heute darstellt, so darfman ohne Übertreibung festhalten. Erstdurch sie, die ganze Straßenzüge er-schlossen und mit Wohnungen verse-hen haben, erhielt der »Stadtteil südlichdes Staatsbahnhofs«71 sein Gesicht.

Und dieses Gesicht wandelt sichweiter. Heute sind es weniger die Ge-nossenschaften, die dem Stadtteil einenneuen architektonischen Stempel auf-drücken, sondern zahlreiche privateBauträger. Sie nennen ihre Objektewohlklingend »Klassikgärten«, »Park-

Carrée«, »Herrnhöfe« oder »Logengär-ten«. Die noch zahlreich vorhandenenBaulücken werden zu Spekulationsob-jekten. Und doch ist es sinnvoll, zu-nächst solche Grundstücke zu erschlie-ßen und damit die weitere Versiegelungunserer Kulturlandschaft zu verhindern.

Der Bauboom ist auch optisch anden zahlreichen Kränen zu erkennen,die überall in den Himmel ragen. Fastwird man an die Gründerzeit erinnert,als die Südstadt schon einmal eine ein-zige Baustelle war. Man mag diesemWandel und seinen Folgen für die Infra-struktur kritisch gegenüberstehen, dochaufzuhalten ist er wohl nicht.

Dort, wo neuer Wohnraum entsteht,ziehen auch neue Geschäfte, teils in alte

Gemäuer, ein und zeigen, dass Denk-malschutz und Moderne sehr gut har-monieren können. Die »Malzböden«auf dem ehemaligen Brauereigelände ander Schwabacher Straße sind dafür eingelungenes Beispiel. Und die vielenMenschen, die nun in die Südstadt zie-hen, werden dem Stadtteil wieder einanderes Gesicht geben. Von »Gentrifi-zierung« sprechen die Soziologen. EineEntwicklung, der »alte« Südstädtermanchmal mit Argwohn begegnen.Eine Entwicklung aber auch, die vieleChancen birgt: Chancen, neue Formendes Zusammenlebens auszuprobieren,in neuen Lokalen und Läden, mitneuem Charme.

Der Blick vom Hochhaus der Sparkasse über die Südstadt: vorne die Karolinenstraße und die beiden Kirchtürme von St. Paul (vorne)

und St. Heinrich. Zwischen den beiden Türmen ist das Dach des Hardenberg-Gymnasiums zu erkennen. Fotografie 2017.