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Jens Köhrsen unter Mitarbeit von Martin Heidenreich und Jannika Mattes Innovations- und Wissensmanagement Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2016

Innovations- und Wissensmanagement · organisational, international and regional dilemmas (Peter Lang Verlag, 2010); der Artikel Die organisatorische Einbettung von Informationstechnologien

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Jens Köhrsen unter Mitarbeit von Martin Heidenreich und Jannika Mattes

Innovations- und Wissensmanagement

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2016

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Impressum

Autor: Jens Köhrsen unter Mitarbeit von Martin Heidenreich und Jannika Mattes Herausgeber: Arbeitsbereich Sozialstrukturanalyse und Europasoziologie an der Carl von Ossietzky

Universität Oldenburg Redaktion: Uda Lübben Layout: Andreas Altvater; Franziska Buß-Vondrlik Copyright: Vervielfachung oder Nachdruck auch auszugsweise zum Zwecke einer Veröffentli-

chung durch Dritte nur mit Zustimmung der Herausgeber, 2016. ISSN: 1869-2958

Oldenburg, April 2016

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Jens Köhrsen

Jens Köhrsen hat Soziologie, Philosophie und evangelische Theologie (Magister), Sozialwissenschaften (Diplom) sowie Wirt-schaftswissenschaften (Diplom) an der Carl von Ossietzky Uni-versität Oldenburg studiert. Gegenwärtig promoviert er im Fach Soziologie an der Universität Bielefeld und der École des hautes études en sciences sociales in Paris. Während des Studiums und der Promotion hat er Studien- und Forschungsaufenthalte in Salamanca (Spanien), Paris (Frankreich) und Buenos Aires (Argentinien) absolviert.

Seine akademischen Schwerpunkte liegen in der Wirtschafts- und Organisationssoziologie und der Religionssoziologie. Zu

seinen Veröffentlichungen zählt eine Studie zum Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik unter dem Titel „Paradigmenwechsel in der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung? Der Wandel wirtschaftspolitischer Diskurse zwischen 1990 und 2009“ und der Artikel „How religi-ous is the public sphere? A critical stance on the debate about public religion.” in der Fach-zeitschrift Acta Sociologica.

Prof. Dr. Martin Heidenreich

Prof. Dr. Martin Heidenreich hat Sozial- und Wirtschaftswissen-schaften in Bielefeld, Bologna und Paris studiert und anschlie-ßend in Bielefeld promoviert und habilitiert. Von 2000-2007 war er Professor für Sozialwissenschaftliche Europaforschung an der Universität Bamberg und ist seit 2007 Inhaber der Professur für Sozialstrukturanalyse an der Universität Oldenburg. Darüber hinaus besetzt er seit 2005 den Jean Monnet Chair for European Studies in Social Sciences und leitet seit 2008 das Jean Monnet Centre for Europeanisation and Transnational Regulations. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Sozialstrukturana-lyse, Organisations-, Regional- und Europaforschung.

Zu seinen aktuellen Veröffentlichungen im Bereich der Veranstaltung zählen die Bücher Inno-vation and Institutional Embeddedness of Multinational Companies (Herausgeber, Edward Elgar, 2012) sowie Multinational Enterprises and Innovation: Regional Learning in Networks (Koautor gemeinsam mit Barmeyer, Koschatzky, Mattes, Baier, Krüth; Routledge, 2012). Ande-re aktuelle Veröffentlichungen sind Changing European Employment and Welfare Regimes (Herausgeber mit J. Zeitlin, Routledge, London 2009); Europäisierung sozialer Ungleichheiten (Herausgeber, Campus, Frankfurt 2006); Regional Innovation Systems (Herausgeber mit Ph. Cooke und H.-J. Braczyk, Routledge, London 2004) sowie die Artikel The Renewal of Regional Capabilities. Research Policy 5/2005; Patterns of Regional Inequality in the Enlarged Europe. European Sociological Review 1/2008 (mit C. Wunder) und Open Method of Coordination, Journal of Common Market Studies 3/2008 (mit G. Bischoff).

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Prof. Dr. Jannika Mattes

Prof. Dr. Jannika Mattes vertritt die Juniorprofessur für die Sozio-logie Europäischer Gesellschaften an der Universität Oldenburg. Ihre Dissertation (2010) mit dem Titel „Innovation in multinational companies: organisational, international and regional dilemmas“ beschäftigt sich mit der internationalen und der regionalen Ein-bettung von komplexen Innovationsprojekten, die theoretisch und empirisch analysiert wurden. Jannika Mattes hat in Bamberg und Granada (Spanien) Europäische Wirtschaft studiert und während ihrer Promotionszeit Auslandsaufenthalte in London, Uppsala und Utrecht absolviert. Das Sommersemester 2012 verbrachte sie im Innovationsforschungszentrum CIRCLE in

Lund, Schweden. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Innovation, Regional- und Orga-nisationsforschung.

Zu ihren Veröffentlichungen zählen die Monographie Innovation in multinational companies: organisational, international and regional dilemmas (Peter Lang Verlag, 2010); der Artikel Die organisatorische Einbettung von Informationstechnologien in einem globalen Entwicklungspro-jekt (mit Martin Heidenreich und Brigitte Kirch, 2008, in Schulz-Schäffer/ Funken: Digitalisie-rung der Arbeitswelt. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften) sowie der Artikel Dimensi-ons of proximity and knowledge bases. Innovation between spatial and non-spatial factors (in Druck, Regional Studies). Sie wirkte auch an den oben erwähnten Büchern Multinational Enterprises and Innovation sowie Innovation and Institutional Embeddedness of Multinational Companies als Autorin mit.

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INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG ........................................................................ 8 

1  INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE .................................................. 11 

1.1  Was ist Innovation? ........................................................ 11 1.2  Klassische und moderne Innovationstheorien .............. 17 1.2.1  Der Schumpetersche Ansatz ................................................... 17 1.2.2  Technology-push Ansätze ....................................................... 20 

1.2.3  Demand-pull Ansätze .............................................................. 21 1.2.4  Evolutionäre Ökonomie ............................................................ 21 

1.2.5  Innovationssysteme ................................................................. 25 1.2.6  Innovationstheorien als unterschiedliche Perspektiven auf

Innovation ................................................................................ 26 

2  GRUNDLAGEN DES BETRIEBLICHEN INNOVATIONSMANAGEMENTS .............................. 30 

2.1  Bedeutung und Schwierigkeiten des heutigen Innovationsmanagements ............................................. 32 

2.2  Was ist Innovationsmanagement? ................................ 34 2.3  Die Aufgaben des Innovationsmanagements ............... 35 2.4  Strategien des internationalen

Innovationsmanagements ............................................. 40 

3  ORGANISATIONALES LERNEN UND WISSENSMANAGEMENT ........................................ 47 

3.1  Vom Wissen zum Wissensmanagement ....................... 47 3.2  Lernende Organisationen ............................................... 48 3.3  Drei Typen des Lernens.................................................. 52 3.4  Lernformen organisationalen Lernens ........................... 53 3.5  Wissensmanagement .................................................... 58 

4  DIE DILEMMATA VON INNOVATIONSPROZESSEN .................................... 66 

4.1  Die Dilemmata der Wissensgesellschaft ...................... 66 4.1.1  Zwischen Globalisierung und Regionalisierung:

Die Räume der Wissensgesellschaft ....................................... 67 4.1.2  Zwischen grenzüberschreitendem Lernen und Berechen-

barkeit: Die Organisationen der Wissensgesellschaft .............. 68 4.1.3  Zwischen funktionaler Differenzierung und struktureller

Kopplung: Die Institutionen der Wissensgesellschaft .............. 69 

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4.1.4  Zwischen Wissen und Nichtwissen: Die Risiken der Wissensgesellschaft ....................................... 70 

4.1.5  Zusammenfassung .................................................................. 71 

4.2  Die Dilemmata lernender Organisation und Innovation ....................................................................... 72 

4.3  Strategien zum Umgang mit den Innovationsdilemmata ................................................... 77 

5  WISSENSMANAGEMENT ALS BETRIEBLICHES SPIEL ...................................................................... 84 

5.1  Organisationsdilemmata als Machtkonflikte: Eine Machtperspektive auf Wandel und Innovationen .......... 84 

5.2  Widerstand gegen Veränderungen in Organisationen ........................................................... 86 

5.3  Routine- und Innovationsspiele ..................................... 88 

6  LINEARE UND REKURSIVE FORMEN DES INNOVATIONSMANAGEMENTS .............................. 93 

6.1  Lineare Innovationsmodelle ........................................... 93 6.2  Rekursive Modelle .......................................................... 95 6.2.1  Das Chain-linked Modell .......................................................... 95 

6.2.2  Das arenenbasierte Modell ...................................................... 97 6.2.3  Komplexe Innovationsmodelle und organisierte Anarchien ..... 98 

7  INNOVATIONSNETZWERKE .................................. 105 

7.1  Was sind Netzwerke? ................................................... 105 7.2  Märkte, Hierarchien und Netzwerke ............................ 107 7.3  Wissenserwerb und -kombination in den

unterschiedlichen Organisationsformen ..................... 109 7.4  Netzwerktypen ............................................................. 112 7.5  Regionale Netzwerke ................................................... 114 7.6  Netzwerke: ein Innovationsgarant? ............................. 116 

8  LITERATURVERZEICHNIS ..................................... 121 

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EINLEITUNG

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 8

EINLEITUNG

In einer globalen Wissensgesellschaft beruhen wirtschaftliche Vorteile immer mehr auf Innovationen, d.h. auf der „Umsetzung einer Idee in neue oder verbes-serte käufliche Produkte oder Dienstleistungen, in operationelle Verfahren in Industrie oder Handel oder in eine neue Form sozialer Dienstleistung“ (OECD). Organisationen sind der Brennpunkt der heutigen Wissensgesellschaft, da sie Kompetenzen aus unterschiedlichsten Bereichen systematisch zusammenführen können. Zentrale Formen einer verteilten Wissensproduktion sind Innovations-netzwerke und andere Formen der heterogenen Kooperation (insbesondere in Projektgruppen). Eine besondere Herausforderung für das Management von In-novationsprozessen erwächst daraus, dass diese immer weniger als lineare Abfol-ge von Grundlagenforschung, anwendungsbezogener Forschung, Entwicklung und Umsetzung organisiert werden können. Sie sind vielmehr durch Rückkopp-lungsschleifen, interaktive und rekursive Lernprozesse und Macht- und Aus-tauschprozesse gekennzeichnet. Innovationen setzen Lernen voraus, d.h. die Fä-higkeit, Wissen zu verarbeiten und anzuwenden sowie im gegenseitigen Aus-tausch zu erweitern. Ein wesentliches Ziel des betrieblichen Wissensmanage-ments ist daher die Erzeugung, organisationale Verbreitung und Umsetzung von Wissen in neue Produkte, Dienstleistungen und Systeme. Ziel des Moduls ist es zentrale Konzepte des Innovations- und Wissensmanagements aus sozialwissen-schaftlicher Perspektive zu vermitteln.

Das vorliegende Studienskript zum Modul ist in sieben Kapitel untergliedert. Das erste Kapitel klärt den Innovationsbegriff und gibt einen ersten knappen Über-blick über vorliegende Innovationstheorien. Auf die Darstellung der Theorien folgt mit dem zweiten Kapitel eine Einführung in die Grundlagen des betriebli-chen Innovationsmanagements. Wie sich zeigt, steht das betriebliche Innovati-onsmanagement heute vor der Aufgabe, eine Balance zwischen Stabilität und Wandel zu institutionalisieren, die dem dynamischen Umfeld eines Unterneh-mens im 21. Jahrhundert gerecht wird. Ins Zentrum rückt Wissen als die zentrale Ressource eines Unternehmens: Wissensmanagement stellt die Grundlage des Innovationsmanagements dar, indem es die „Gesamtheit organisationaler Strate-gien zur Schaffung einer ‚intelligenten‘ Organisation“ (Willke 1998: 39) umfasst, wie wir im dritten Kapitel besprechen werden. Beim Umgang mit diesem Wissen sind Unternehmen mit einem inhärenten Innovationsdilemma konfrontiert, das sich im Widerspruch zwischen Planbarkeit/Organisation und Kreativität/Innova-tion manifestiert. Im vierten Kapitel werden wir diese Dilemmata von Innovati-onsprozessen im Detail erörtern. Die betrieblichen Umgangsformen mit diesen Dilemmata basieren nicht nur auf betriebswirtschaftlichen Maximierungskalkü-len, sondern ergeben sich zugleich aus einer Vielzahl von Aushandlungsprozes-sen, wie im fünften Kapitel herausgearbeitet wird. Um mit der erhöhten Komple-xität von Innovationsprozessen umzugehen, bedarf es in der betrieblichen Praxis Handlungsmodelle zur Planung und Steuerung dieser betriebspolitischen Prozes-se. Ein hilfreiches Instrumentarium zur Organisation von Innovationsprozessen bilden lineare Innovationsmodelle. Sie vereinfachen jedoch zugleich die betriebli-

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EINLEITUNG

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 9

che Realität sehr stark und blenden mögliche Feedbackprozesse zwischen unter-schiedlichen Innovationsschritten aus. Im sechsten Kapitel stellen wir den linea-ren Modellen deshalb rekursive Innovationsmodelle gegenüber. Schließlich zeigt sich im siebten Kapitel, dass die Herstellung von Innovation heute immer weni-ger ein Prozess ist, der sich auf das einzelne Unternehmen beschränkt. Vielmehr findet Innovation zunehmend in Netzwerken statt, in denen unterschiedliche Akteure miteinander interagieren.

Die einzelnen Kapitel sind wie folgt aufgebaut: Am Anfang eines jeden Kapitels werden Lernziele formuliert, die dem Leser einen Überblick über die Lerninhalte des Kapitels geben. Die hierauf folgende Einleitung wirft die Grundfragen des Kapitels auf und skizziert den Verlauf des Kapitels. Nach der Einleitung beginnt der Hauptteil, der in verschiedene inhaltliche Abschnitte untergliedert ist. Am Seitenrand der Hauptteile sind zur Orientierung zentrale Inhalte vermerkt. In einem Fazit nach dem Hauptteil werden die wichtigsten Ergebnisse des Kapitels in Stichpunkten zusammengefasst. Darauf folgen Verständnisfragen, anhand de-ren der Leser überprüfen kann, ob er die Inhalte des Kapitels verstanden hat. Weiterhin bieten praxisbezogene Fragen dem Leser die Möglichkeit die frisch erworbenen Kenntnisse auf die eigene Berufspraxis zu übertragen. Ebenso kön-nen die Kenntnisse bei Bedarf und/oder Interesse anhand der am Ende vermerk-ten Literatur vertieft werden.

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KAPITEL 1: INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

Nach der Bearbeitung des Kapitels sollten Sie:

den Begriff Innovation definieren können,

verschiedene Unterscheidungskriterien zur Einordnung von Innovation kennen

und Innovation anhand unterschiedlicher Theorien beschreiben können.

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1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 11

1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

Innovation ist ein elementarer Bestandteil unserer Gegenwartsgesellschaft. Sie bildet die zentrale Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit von Nationen, Regio-nen und Unternehmen. Zugleich ist Innovation zu einem Teil des alltäglichen Sprachgebrauchs in Unternehmen, Politik, Medien und Hochschulen geworden. Der Begriff Innovation ist allgegenwärtig. Doch was steckt eigentlich hinter dem Begriff und wie beschreiben wissenschaftliche Theorien Innovation?

In dem vorliegenden Kapitel greifen wir diese Fragen auf und vermitteln die ers-ten Grundlagen unseres Seminars, auf die dann die folgenden Einheiten aufbauen werden. An erster Stelle steht dabei die Bestimmung des Begriffs „Innovation“, um einzugrenzen mit welchem Gegenstand wir uns überhaupt beschäftigen. Nachdem wir Innovation definiert haben, wenden wir uns im zweiten Teil unter-schiedlichen Innovationstheorien zu. Ziel ist es einen knappen Überblick über fünf verschiedene Ansätze zu liefern: den unternehmerischen Ansatz von Schum-peter, demand-pull sowie technology-push Ansätze, die evolutionäre Ökonomie und Ansätze, die Innovation aus der Perspektive von Innovationssystemen be-trachten. Am Ende des Kapitels fassen wir die Ergebnisse zusammen und schlie-ßen mit einigen Verständnisfragen.

1.1 Was ist Innovation?

Innovation ist zu einem diffusen Modebegriff geworden, der sich heute in aller Munde befindet und zum Teil für recht unterschiedliche Dinge verwendet wird. Im allgemeinsten Fall geht es schlichtweg um die Hervorbringung von Neuem. Etwas präziser ist eine von der OECD vorgeschlagene Definition. Diese definiert Innovation als:

„(…) die Umsetzung einer Idee in neue oder verbesserte käufliche Produkte, in neue Verfahren und in neue Dienstleistungen.“ (OECD 1992, zitiert nach Europäische Kommission 1995: 5)

Innovationen sind gemäß der Definition dadurch gekennzeichnet, dass sie neu sind oder zumindest Verbesserungen von etwas bereits Bestehenden darstellen. Mit dem Hinweis auf Verbesserungen nimmt die OECD eine grundlegende Er-kenntnis von J. Schumpeter auf: Innovationen sind nicht notwendigerweise grundlegende Neuerungen. Der Großteil der wirtschaftlich relevanten Innovatio-nen basiert auf der schrittweisen Verbesserung vorhandener Produkte oder Ver-fahren. Der Innovationsbegriff ist somit nicht auf radikale Innovationen be-schränkt. Weiterhin bezieht sich die Definition auf käufliche Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Innovationen haben somit einen Marktbezug. Nicht jede wissenschaftliche, künstlerische oder technische Neuerung ist somit schon eine Innovation; entscheidend ist die wirtschaftliche Verwendung. Wenn es einem Künstler gelingt, ein schwarz oder blau gemaltes, monochromes Bild zu verkau-fen, war er innovativ tätig; ansonsten ist ihm (im besten Fall) „nur“ gelungen, eine ästhetische Neuerung hervorzubringen. Drittens beschränkt sich diese Defi-

Innovationen sind…

…haben einen Marktbezug

…Neues oder Verbesserungen von Bestehenden

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1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 12

nition nicht nur auf neue Produkte, sondern bezieht ausdrücklich auch neue Ver-fahren und Dienstleistungen mit ein. Neben Produktinnovationen werden somit auch organisatorische Innovationen und neue Dienstleistungen als Innovationen verstanden, so etwa die Möglichkeit rasch Artikel, Bücher oder Musikstücke im Internet herunterzuladen.

Der Marktbezug von Innovationen wird in der folgenden Definition noch deutli-cher hervorgehoben. Edquist bestimmt Innovationen als

“new creations of economic significance of either a material or an intangible kind [which] (...) may be brand new but are more often new combinations of existing elements” (Edquist 2001: 219).

Über Innovationen wird somit im Wirtschaftssystem entschieden. Innovationen setzen keinesfalls eine neue Erfindung voraus. Auch in dieser Definition wird wieder betont, dass es sich nicht nur um völlig Neues handelt, sondern eben auch um Kombinationen von bereits Bestehenden. Eindeutig ist aber auch der ökono-mische Bezug. Die Definition hebt hervor, dass es sich bei Innovationen um Neu-erungen oder Neukombination von ökonomischer Bedeutung handelt.

Damit ist deutlich: Innovationen zeichnen sich durch einen ökonomischen Bezug aus. Sie haben kommerzielle Eigenschaften und müssen sich auf den Markt be-währen. Dabei müssen sie nicht etwas völlig Neues verkörpern, sondern können auch in der Verbesserung oder Neukombination bestehender Produkte, Dienst-leistungen oder Verfahren bestehen. Der Innovationsbegriff ist somit durch zwei Merkmale charakterisiert, die definieren, dass Innovationen einen

marktwirtschaftlichen Bezug haben und

etwas Neues, Verbessertes oder Neukombiniertes darstellen. Auch schrittwei-se, inkrementelle Neuerungen sind Innovationen.

Vieles kann anhand der beiden genannten Kriterien als Innovation bezeichnet werden. So etwa das I-Phone – das von vielen Ingenieuren anderer Handy-Hersteller nicht als eine „ernstzunehmende“ Innovation angesehen wurde – oder eine neue Ketchupsorte, die zwei verschiedene Geschmackstypen auf neue Weise miteinander kombiniert. Hinter der genannten Definition von Innovation verbirgt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Arten von Innovation. Um eine spezifische Innovation beschreiben und von anderen Arten der Innovationen zu unterschei-den, kann man Innovationen anhand unterschiedlicher Kategorien beschreiben. Fagerberg (2004) arbeitet die o.g. Überlegungen weiter aus. Er unterscheidet Innovation anhand der folgenden Kategorien:

1) Innovation vs. Erfindung

2) Produktinnovation vs. Prozessinnovation vs. Organisationale Innovation

3) Inkrementelle vs. Radikale Innovation

4) Innovation vs. Imitation

…bilden häufig Neu-kombinationen von Bestehenden

…beschränken sich nicht nur auf Produkte

Vier Dimensionen zur Beschreibung von Innovation…

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1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 13

1) Zunächst grenzt er Innovationen in Anlehnung an J. Schumpeter von Erfin-dungen ab. Nicht jede Erfindung ist zugleich eine Innovation. Zwar liegen die beiden Begriffe im Alltagsverständnis sehr nahe beieinander, sie sind jedoch aus innovationstheoretischer Perspektive vollkommen verschieden. Ein Erfin-der hat eine neuartige Idee, entwirft ein neuartiges Konzept oder erfindet ei-nen neuen Gegenstand. Doch setzt er seine Ideen notwendigerweise auch um und macht aus ihnen ein marktfähiges Produkt? In diesem Punkt unterschei-det sich die Erfindung von der Innovation. Zu einer Innovation gehört im Ge-gensatz zur Erfindung die Umsetzung in ein marktfähiges Produkt. So wird in diesem Zusammenhang auch oft von dem Unterschied zwischen Erfinder und Entrepreneur gesprochen. Der Entrepreneur setzt eine Idee in ein marktreifes Produkt um, während Erfindungen häufig lediglich Erfindungen bleiben, ohne jemals auf den Markt vorzudringen und damit zu Innovationen zu werden. Aber auch umgekehrt gilt, dass Innovationen nicht notwendig Erfindungen voraussetzen. Wie bereits oben in der Definition beschrieben, handelt es sich bei Innovation oft um eine Verbesserung oder Neukombination von bereits bestehenden Elementen. Einer Innovation liegt somit nicht notwendig eine grundlegend neue Erfindung zugrunde. Damit ergibt sich für uns, dass Inno-vationen und Erfindungen sich zwar überschneiden können, dies aber nicht müssen. Eine Erfindung kann zur Innovation werden, muss es aber nicht.

2) Als zweite Unterscheidung zur Beschreibung von Innovation schlägt Fager-berg (2004) vor, Innovationen je nach ihrem Sachbezug in verschiedene Typen zu unterscheiden. Dabei unterscheidet er zwischen drei Innovationsarten:

Produktinnovation

Prozessinnovation

Organisationale Innovation

Wie die Bezeichnungen bereits andeuten, beziehen sich Produktinnovationen auf Produkte, Prozessinnovationen auf Prozesse (wie etwa technische Ferti-gungsprozesse) und organisationale Innovationen auf aufbau- und ablauforga-nisatorische Strukturen. Beispiele für organisationale Innovation sind etwa die Einführung von flachen Hierarchien in Unternehmen. Empirisch lassen sich die Innovationstypen oftmals nicht klar voneinander trennen. So kann eine Produktinnovation in manchen Kontexten zu einer Prozessinnovation werden, wenn etwa ein neues Produkt (z.B. eine Maschine) dazu verwendet wird, ei-nen Herstellungsprozess neu zu gestalten.

3) Eine weitere Unterscheidung, die zur Beschreibung von Innovation genutzt werden kann, ist die Unterscheidung von inkrementeller und radikaler Innova-tion. Diese Unterscheidung beschreibt Innovationen anhand ihres Neuartig-keitsgrades. Bei inkrementellen Innovationen handelt es sich eher um kleine Verbesserungen oder Neukombinationen. Der Neuartigkeitsgrad ist hier eher gering. Radikale Innovation haben demgegenüber einen hohen Neuartigkeits-grad und setzen oft neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder Erfindungen vo-raus. Häufig werden radikale Innovationen im Vergleich zu inkrementellen

Innovation vs. Erfindung

Produkt- vs. Prozessinnovation

Inkrementelle vs. radikale Innovation

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1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 14

Innovationen als wichtiger dargestellt. Dies kann jedoch bezweifelt werden. Auch kann erst im Nachhinein beurteilt werden, welche Innovation eine radi-kale Innovation im Sinne von Schumpeter ist, d.h. eine Innovation, die eine ganz Schar von Folgeinnovationen nach sich zieht.

4) Als vierte Kategorie präsentiert Fagerberg (2004) die Unterscheidung von Imi-tation und Innovation. Um eine Imitation handelt es sich etwa, wenn Innovati-onen aus einem bestimmten kulturellen oder geographischen Raum in einen neuen Raum getragen werden. Dabei ist jedoch nicht ganz deutlich, ob es sich tatsächlich um lediglich eine Nachahmung (Imitation) oder doch um eine Inno-vation handelt. Schließlich stellt die Imitation in dem neuen kulturellen Raum eine Innovation dar und erfordert oft eine kulturelle Anpassungsleistung an das neue Umfeld. Dementsprechend könnte man bei der Übertragung von einer In-novation auf einen neuen kulturellen Kontext auch von einer Innovation reden. Die Unterscheidung ist somit nicht immer deutlich. Ob es sich um eine Imitati-on handelt, hängt dabei wesentlich vom Auge des Betrachters ab und ob es sich in dem kulturellen Bezugsrahmen um etwas Neues oder die Kopie von etwas bereits Bestehenden handelt.

Wir haben nun vier Klassifikationen zur Einordnung von Innovation besprochen. Diese Klassifikationen bieten eine erste Orientierung, um Innovation zu be-schreiben.

Wir können eine wichtige Voraussetzung von Innovation hinzuziehen: Lernen. Innovation basiert auf Lernen. Als Neukombinationen von vorhandenem Wissen stellen Innovationen ein manifestes Ergebnis von Lernprozessen dar. Wir werden näher auf den Zusammenhang von Lernen und Innovation im dritten Kapitel eingehen. Lernprozesse können sich auf vielfältige Art ergeben durch Suche, praktisches Probieren oder Interaktion zwischen Menschen oder Organisation. Lernen und Innovation sind somit sozial eingebundene Prozesse.

Damit kommen wir zur soziologischen Lesart von Innovationen. Soziologen legen bei der Betrachtung von Innovation häufig einen anderen Schwerpunkt als Wirt-schaftswissenschaftler. Sie sind mehr an den sozialen Voraussetzungen sowie den Wirkungen von Innovation interessiert. Wie kommt es zur Innovation? Welche Faktoren bedingen die Durchsetzung von Innovation? Was für soziale Folgen haben Innovationen für die Gesellschaft? Wie sind Innovationen in die moderne Gesellschaft eingebunden? Weyer formuliert diesen Gedanken wie folgt:

„Die Soziologie interessiert sich mehr als die Wirtschaftswissenschaft für die sozialen Voraus-setzungen und Konsequenzen von Innovationen, vor allem aber für die gesellschaftlichen Dy-namiken und Transformationen, die sich aus dem Einsatz und der Nutzung innovativer Technik (im Rahmen sozio-technischer Systeme) ergeben.“ (Weyer 2008: 55)

Die Soziologie hat somit ein Forschungsinteresse, das sich von dem eher prak-tisch orientierten Forschungsinteresse der Wirtschaftswissenschaften unter-scheidet. Sie will das Zusammenwirken von Gesellschaft und Innovation erfor-schen. Damit nimmt sie einen spezifischen Beobachtungsstandpunkt ein, um Innovation zu untersuchen. Der soziologische Blickwinkel führt auch zu einer spezifischen Beschreibung von Innovation.

Imitation vs. Innovation

Der soziologische Blick auf Innovation

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1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 15

So lässt sich Innovation aus systemtheoretischer Perspektive etwa in drei Dimen-sionen beschreiben:

Sozial

Sachlich

Zeitlich

In sozialer Hinsicht handelt es sich bei Innovationen um Neuerungen gegen (soziale) Widerstände. Innovationen müssen in der Gesellschaft oft gegen Beste-hendes (Regeln und Institutionen) und menschliche Widerstände (Gewohnhei-ten, Widerstreben) durchgesetzt werden. In sachlicher Hinsicht sind Innovatio-nen soziale Konstruktionen, die im Spannungsfeld zwischen quasi-autonomer technologischer Entwicklung (Technology-Push) und den Anforderungen des Marktes (Market-Pull) erzeugt werden. Wir werden weiter unten in diesem Kapi-tel auf den Unterschied zwischen Technology-Push und Market-Pull zu sprechen kommen. In zeitlicher Hinsicht schließlich durchlaufen Innovationen einen Le-benszyklus. Dieser Lebenszyklus besteht aus verschiedenen Phasen, beginnend mit dem Durchbruch über die Verbreitung der Innovation bis zur Routinisierung und Verstetigung der Innovation.

Aus soziologischer Perspektive sind Innovationen ein konstitutives Merkmal der modernen Gesellschaft. Die moderne Gesellschaft zeichnet sich durch die allge-genwärtige Präsenz des Neuen aus. Während in der vormodernen, traditionellen Gesellschaft das Neue noch weitgehend tabuiert war, wird es in der modernen Ge-sellschaft zu einem festen Bestandteil des alltäglichen Lebens. Die moderne Gesell-schaft und ihre Teilsysteme befinden sich in ständiger Erneuerung. Diese Tendenz zu ständigen Erneuerung ist besonders durch die funktionale Ausdifferenzierung der Gesellschaft in verschiedene Teilsphären bedingt. Funktionale Ausdifferenzie-rung bedeutet, dass die moderne Gesellschaft sich in voneinander getrennte soziale Teilsysteme ausdifferenziert, die jeweils eine bestimmte gesellschaftliche Funktion erfüllen. Beispiele für diese Teilsysteme sind Recht, Religion, Wirtschaft und Wis-senschaft. In jedem dieser Teilsysteme finden nun bereichsspezifische Spezialisie-rungsprozesse entsprechend der jeweiligen Systemlogik statt.

„Moderne Gesellschaften unterscheiden sich von vormodernen darin, dass ... sie besondere Handlungssphären ausdifferenzieren, um sie zu rationalisieren und um die Leistung jeweils frei von anderen Rücksichten zu steigern.“ (Rammert 1997: 401)

Diese Verselbständigung ermöglicht systemspezifische Rationalisierungsprozesse und kurbelt dadurch die Innovationsdynamik an. Anscheinend setzt gerade die Ent-lastung von der Notwendigkeit, auf andere gesellschaftliche Teilbereiche Rücksicht zu nehmen, bereichsspezifische Optimierungsprozesse frei und erleichtert so auch die Hervorbringung und Durchsetzung wirtschaftlich relevanter Innovationen.

So befindet sich etwa das Wissenschaftssystem in einer ständigen Erneuerung: Ständig müssen neue Forschungsergebnisse und Theorien produziert werden. Geradezu alltäglich entstehen in den verschiedenen Teilgebieten des Wissen-schaftssystems neue Ideen und Forschungsergebnisse, die in wissenschaftlichen Büchern und Aufsätzen veröffentlicht werden.

Innovationen in sozi-aler, sachlicher und zeitlicher Hinsicht

Die Allgegenwart der Erneuerung als kon-stitutives Merkmal moderner Gesellschaft

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1 INNOVATIONSTHEORIEN IN WIRTSCHAFT UND SOZIOLOGIE

INNOVATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 16

Neben dem Wissenschaftssystem steht besonders das Wirtschaftssystem unter dem ständigen Druck der Erneuerung. Der Innovationsdruck führt dazu, dass mehr und mehr wirtschaftlich relevante Innovationen entstehen. Um dem Inno-vationsdruck Genüge zu tun, kann das Wirtschaftssystem auch Neuerungen und Ideen aus den anderen Teilsystemen aufgreifen und diese zu marktfähigen Inno-vationen umgestalten. Die Neuerungsdynamik in den einzelnen Teilsystemen erhöht somit das Innovationspotenzial auf der Seite des Wirtschaftssystems. Das folgende Zitat von Rammert hebt die Rolle von Innovation in der modernen Ge-sellschaft hervor:

„Innovation ist eine Grundtatsache moderner Gesellschaft. Innovation ist Motor wirtschaftli-chen, politischen, sozialen und kulturellen Wandels. Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über den Wohlstand der Regionen und Nationen. Es geht nicht nur um die Innovation von Pro-dukten, Märkten und Börsen oder um die Innovation von Erzeugung, Verteilung und Vermitt-lung von Wissen. Das gesamte System der Innovation befindet sich im Umbruch. Der Prozeß der Innovation ist selbst zum Gegenstand der Innovation geworden.“ (Rammert 1997b: 7)

Innovation ist zu einem zentralen Faktor materiellen und sozialen Wohlstands geworden. Neben dieser zentralen Rolle von Innovation für die moderne Gesell-schaft hebt Rammert in dem Zitat hervor, dass der Prozess der Innovation auf Innovation selbst umschlage. Innovation – oder in Rammerts Worten: das System der Innovation – verändert sich und innoviert. Innovation macht auch vor sich selbst nicht mehr halt: Die Art der Hervorbringung und Durchsetzung von Inno-vationen wird selber zum Gegenstand von Innovationen. Im Zentrum heutiger Innovationsprozesse steht oftmals nicht mehr der kreative Unternehmer Joseph Schumpeters, das Labor der chemischen Industrie oder das industriell organisier-te Forschungsprogramm der Nachkriegszeit, sondern vernetzte, virtuell koordi-nierte Forschungsanstrengungen weltweit verteilter Individuen und Organisatio-nen. Hierauf verweist das Konzept der offenen Innovationen, das Chesbrough (2003) in den letzten Jahren bekannt gemacht hat.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich die Gesellschaft wirklich ständig erneuert Dies ist sicherlich nicht der Fall. Auch Innovationen sind auf stabile Strukturen wie Innovationssysteme und -paradigmen angewiesen. Zwar wandeln sich auch diese über die Zeit. Sie haben jedoch einen gewissen Bestand, so dass sie mittel- bis lang-fristig als ein gemeinsamer Bezugspunkt für das Handeln von Wissenschaftlern gel-ten können. Es wird also nicht alles jederzeit in Frage gestellt. Die innovative Erneu-erung in den gesellschaftlichen Teilbereichen muss begrenzt bleiben, um die Umset-zung und Nutzung von Innovationen nicht zu gefährden. Innovation besitzt somit trotz der allgegenwärtigen Innovationsrhetorik Grenzen.

In diesem Abschnitt haben wir uns mit unterschiedlichen Bestimmungsmöglich-keiten von Innovation beschäftigt und eine soziologische Einbettung des Themas vorgenommen. Wichtig ist hierbei, dass Innovationen zwei Eigenschaften besit-zen: Sie sind marktbezogen und verkörpern etwas Neues, Verbessertes oder Neukombiniertes. Zugleich beschäftigt sich die Soziologie aus einem bestimmten Blickwinkel mit Innovation, der besonders die soziale Einbettung von Innovation – deren soziale Entstehungsbedingungen und Konsequenzen – hervorhebt. Im folgenden Abschnitt wollen wir uns der Frage zuwenden, wie Innovationen theo-retisch beschrieben werden können.

Der Wandel von Innovation

Stabilitätsmomente in der modernen Gesellschaft

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1.2 Klassische und moderne Innovationstheorien

Nachdem wir nun eine Begriffsbestimmung von Innovation vorgenommen und gezeigt haben, was das Interesse der Soziologen an dem Thema Innovation ist, wollen wir in diesem Abschnitt nun verschiedene Innovationstheorien behan-deln. Ziel von Innovationstheorien ist es, die Bestimmungsfaktoren, den Verlauf und die soziale Einbettung von Innovationen wissenschaftlich zu beschreiben und zu erklären. Im Laufe der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema sind unterschiedliche Denkschulen entstanden. Jede dieser Schulen bildet einen Strang von Ansätzen, der Innovation aus einem spezifischen Blickwinkel interpretiert und damit einige Momente von Innovation hervorhebt, während er andere vernachlässigt. Wir unterscheiden hier in erster Annährung zwischen fünf verschiedenen Ansätzen, die wir im Folgenden kurz vorstellen wollen:

Innovationen als Produkt eines „Schumpeterschen“ Unternehmers

Technology-push Ansätze

Demand-pull Ansätze

Evolutionäre Ökonomie

Systemische Ansätze

1.2.1 Der Schumpetersche Ansatz

Joseph Alois Schumpeter (1883-1950) ist nicht nur einer der großen Klassiker der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, sondern leistete auch als einer der ers-ten Wissenschaftler bedeutsame Beiträge zur wissenschaftlichen Debatte über Innovation. Schumpeter betrachtete den Kapitalismus als einen Prozess der schöpferischen Zerstörung. Der Kapitalismus werde durch die ständige Erneue-rung von Produkten, Prozessen, Märkten etc. angetrieben.

„Der fundamentale Antrieb, der die kapitalistische Maschine in Bewegung setzt und hält, kommt von den neuen Konsumgütern, den neuen Produktions- oder Transportmethoden, den neuen Märkten, den neuen Formen der industriellen Organisation, welche die kapitalistische Unternehmung schafft.“ (Schumpeter 1950: 136f.)

Der Wachstumsmotor der modernen kapitalistischen Wirtschaft sei Innovation. Innovationen bestehen für Schumpeter in der Durchsetzung neuer Kombinatio-nen: neue Güter, neue Produktionsmethoden, neue Absatzmärkte, neue Bezugs-quellen oder neue Formen der Organisation. Diese müssen oft gegen Widerstand durchgesetzt werden:

„... die neuen Kombinationen, bzw. die sie verkörpernden Firmen, Produktionsstätten usw. (treten) nicht einfach an die Stelle, sondern zunächst neben die alten, die aus sich heraus meist gar nicht in der Lage wären, den großen neuen Schritt zu tun: es waren, um bei dem einmal ge-wählten Beispiel zu bleiben, im allgemeinen nicht die Postmeister, welche die Eisenbahnen gründeten.“ (Schumpeter 1935: 101)

Schumpeter betont hierbei den Unterschied zwischen Erfindung und Innovation. Letztere betrachtet er als die Durchsetzung von etwas Neuartigen, einer neuen Kombination.

Innovationstheorien als Hervorhebung unterschiedlicher Facetten von Innovation

Kapitalismus als schöpferische Zerstörung

Innovation als Durch-setzung von etwas Neuartigen

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„Es ist völlig bedeutungslos, ob eine Innovation wissenschaftliche Neuheit beinhaltet oder nicht… Innovation ist möglich ohne irgendeine Tätigkeit, die sich als Erfindung bezeichnen läßt, und Erfindung löst nicht notwendig Innovationen aus.“ (Schumpeter 1961: 92f.)

Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, führt Schumpeter die Figur des Unter-nehmers – bzw. Entrepreneurs – ein. Nicht jeder Kapitaleigner, Manager oder Erfinder ist notwendigerweise ein Unternehmer (bzw. Entrepreneur) im Schum-peterschen Sinne. Der Unternehmer zeichnet sich bei Schumpeter dadurch aus, dass er es versteht, eine (neuartige) Idee gegen Widerstände durchzusetzen und bis zu ihrer Vermarktung voranzutreiben. Zentral hierbei ist wieder, dass die Idee umgesetzt und vermarktet wird und nicht nur eine Idee bleibt. Der Unternehmer ist also nicht nur durch einen visionären Geist, sondern auch durch seine Durch-setzungsfähigkeit und Marktkenntnis gekennzeichnet.

Innovationen entstehen im Schumpeterschen Modell somit durch schöpferische Unternehmenspersönlichkeiten. Der Unternehmer ist Quelle von Innovation. Durch die schöpferische Tätigkeit halte der Unternehmer das Wirtschaftssystem am Laufen und stimuliere wirtschaftliche Entwicklung.

Weiterhin betont Schumpeter, dass Innovationen oft gehäuft auftreten. Nachdem eine erste durchbrechende Innovation erfolgt sei, würden andere Akteure diese aufgreifen und an sie mit weiteren Innovationen anknüpfen:

„Innovationen (haben) die Tendenz …, stoßweise und geballt aufzutreten, einfach weil zuerst einige und danach die meisten Unternehmungen im Fahrwasser erfolgreicher Innovation fol-gen.“ (Schumpeter 1961: 108)

Diese Idee von Schumpeter wurde im Phasenmodell der Innovation weiterentwi-ckelt. Das Phasenmodell der Innovation geht davon aus, dass zwischen der Inno-vationsrate von Produktinnovationen und Prozessinnovationen ein dynamischer Zusammenhang vorliegt.

Nach der Einführung einer großen Produktinnovation – einer neuen Technologie – würden viele Anbieter die Idee aufgreifen und versuchen ähnliche, aber leicht verbesserte Produkte zu einem geringeren Preis anzubieten. Es komme zu einem Preiswettbewerb. Um den nötigen Preisvorteil zu erringen, müssten Unterneh-men den Produktionsprozess für das fragliche Produkt innovieren. Hierzu sind Prozessinnovationen nötig, denn durch Prozessinnovationen können die Abläufe zur Herstellung von Produkten so innoviert werden, dass die Herstellungskosten fallen und Preisvorteile generiert werden. Somit komme es nach einschneidenden Produktinnovationen häufig zu Prozessinnovationen. Das Phasenmodell der In-novation beschreibt diesen Zusammenhang zwischen Produkt- und Prozessinno-vationen.

Eine graphische Darstellung dieses Zusammenhangs befindet sich in Abbildung 1. Die Abbildung orientiert sich an den Lebensphasen einer (neuen) Technologie und unterscheidet dementsprechend zwischen verschiedenen Phasen: fließende Phase, Übergangsphase und spezifische Phase. Jede Phase führt zu einer spezifi-schen Innovationsdynamik. In der ersten Phase liegt zunächst eine große Anzahl von Produktinnovationen vor. Die Innovationsrate fällt in der Übergangsphase. Es setzt sich ein dominantes Design durch. Weyer (2008) nennt hierzu das Bei-

Die schöpferische Unternehmens-persönlichkeit

Der Zusammenhang von Produkt- und Prozessinnovationen

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spiel des IBM-PC, der sich als dominantes Modell für den Homecomputer gegen andere Innovationen durchsetzt. Von diesem Moment an bezieht sich der Groß-teil der Produktinnovationen auf dieses dominante Design und ist somit in sei-nen Möglichkeiten begrenzt. Während die Produktinnovationsrate in der Über-gangsphase fällt, steigt die Prozessinnovationsrate. In der letzten Lebensphase fallen sowohl die Produkt- als auch die Prozessinnovationsrate. Die Möglichkei-ten für beide Innovationstypen sind nunmehr stark eingeengt.

Abbildung 1: Zusammenhang von Produkt- und Prozessinnovationsrate; Quelle: Specht 1997: 187.

Aus dem Phasenmodell ergeben sich unterschiedliche Strategien im Umgang mit Innovation:

First-to-market Strategie

Follow-the-leader Strategie

Mee-Too Strategie

Die First-to-market Strategie sieht es vor, Innovationen als erstes auf den Markt zu bringen, also den Fokus damit bereits auf die erste Phase zu legen. In der Follow-the-leader Strategie versucht ein Unternehmen, bereits frühzeitig neuen Innovationen zu folgen. Die Mee-Too-Strategie setzt darauf zunächst einmal ab-zuwarten und bei erfolgreicher Durchsetzung der Innovation auf Imitation zu setzen, um die Erfolgsmodelle zu kopieren.

Drei Innovations-strategien

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1.2.2 Technology-push Ansätze

Technology-push Ansätze erklären technologische Innovation durch die For-schungsaktivität von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Innovation wird aus dem Blickwinkel dieser Ansätze durch wissenschaftliche oder technologische Neuerungen angeregt und erzeugt. Die Nachfrageseite des Marktes (Marktbedürfnisse) wird dabei ausgeblendet und der Fokus stattdessen auf die Innovationsaktivität der Anbieterseite gelegt. Wissenschafts- bzw. techno-logiegetriebene Innovationen in der Grundlagenforschung führen kaskadenförmig zu Veränderungen in den nachgelagerten Bereichen, etwa in der angewandten Forschung, in der Entwicklung und in der Fertigung und dem Marketing. Das Modell unterteilt den Entstehungsprozess von Innovationen in verschiedene Pha-sen, blendet dabei aber die Wechselwirkungen zwischen diesen Phasen aus.

Abbildung 2: Kaskadenmodell technischer Entwicklung; Quelle: Weyer 2008: 150.

In Abbildung 2 findet sich eine Darstellung des Phasenmodells. Ein solches Inno-vationsverständnis ist zentral für das Innovationsmanagement von Unternehmen. In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird ein solches Modell als linear-sequenzielles Innovationsmodell beschrieben und kritisiert. Das linear-sequen-zielle Phasenmodel, so Weyer, setze voraus, dass „der Transfer von Wissen von einer Etappe zur nächsten (…) mehr oder minder selbsttätig abläuft, wenn ein-mal der Anstoß von Seiten der Grundlagenforschung gegeben ist.“ (Weyer 2008: 150). Weyer kritisiert, dass es unrealistisch sei anzunehmen Innovationsprozesse würden immer geradlinig ablaufen. Stattdessen gebe es Rückkopplungen und Querbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Ebenen des Innovationspro-zesses. Zugleich ist nicht klar, wieso technische Innovationen ohne Bezug zum Markt auftreten sollten, denn schließlich kann die technologische Entwicklung dem Markt keine Innovationen von außen aufzwingen. Die Ausblendung des Marktes und der Bedürfnisse von Kunden stellt ein großes Defizit des Ansatzes dar. Nicht zuletzt ist ein weiterer Schwachpunkt des Ansatzes, dass auch der Zusammenhang von Innovationen und ökonomischen Entwicklungen ausgeblen-det wird. Demand-Pull Ansätze greifen einige dieser Schwachpunkte auf.

Innovation als Produkt von Forschungsaktivität auf der Anbieterseite

Die Ausblendung der Marktanforderungen

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1.2.3 Demand-pull Ansätze

Demand-pull Ansätze beschreiben Innovation nicht als eine quasi autonome technologische Entwicklung, sondern als Ergebnis von Marktanforderungen. Die-sen Ansätzen folgend werden Innovationen durch die Nachfrageseite angeregt. Die Märkte und Kundenpräferenzen stimulieren bestimmte Innovationen. Tech-nischer Wandel wird in diesem Modell folglich durch den Wandel der Kunden-präferenzen erklärt. Der Wandel von Kundenpräferenzen und die damit verbun-denen Absatzmöglichkeiten würden Unternehmen dazu anregen neue Produkte zu entwerfen und zu vermarkten, die den gewandelten Präferenzen entsprechen. Der technische Fortschritt ist aus dieser Perspektive somit durch die Bedürf-nisstrukturen des Marktes und deren Wandel bedingt. Entgegen den Technology-push Modellen steht hier somit der Markt im Vordergrund, während die Aktivität der Anbieterseite weitgehend ausgeblendet wird.

Dieser Ansatz wurde von vielen Seiten kritisiert. Zunächst einmal ist bei grund-legenden Innovationen schwer nachzuvollziehen, wie es Bedürfnisstrukturen gelingt radikale Innovationen anzustoßen. Die Bedürfnisstrukturen sind oft selbst viel zu diffus, um als Auslöser von radikalen Innovationen fungieren zu können. Weiterhin wird technologische Innovation in diesem Modell als eine Art frei ver-fügbare Black-Box interpretiert, die je nach Bedürfnissen sofort die entsprechen-den Innovationen hervorbringt. Andere zentrale Faktoren, die Innovationsprozes-se beeinflussen können – wie etwa der Zeitaufwand und die Kosten von Innovati-on –, werden in dem Ansatz zunächst ausgeklammert. Grundsätzlich können diese Ansätze nicht erklären, warum grundlegende technische Veränderungen ohne Bezug zu Marktanforderungen auftreten.

1.2.4 Evolutionäre Ökonomie

Nachdem wir in den vorherigen Abschnitten drei klassische Theoriestränge be-schrieben haben, kommen wir nun zu den evolutionären Ansätzen in der heuti-gen Innovationsforschung. Evolutionäre Ansätze formieren sich seit den 70er Jahren und zeichnen sich durch ihren Rückgriff auf die biologische Evolutions-theorie und Theorien der Selbstorganisation aus. Dabei bildet der Bezug auf Evo-lution eine Metapher, die darauf hindeutet, dass soziale Neuerungsprozesse und Innovationen eine gewisse Analogie zu biologischen Evolutionsprozessen aufwei-sen, d.h. nach dem Schema von Variation, Selektion und Retention verlaufen. Evolutionäre Ansätze erzeugen eine neue Perspektive auf Innovation und erklä-ren hierbei, wie Innovationen aus sozialen Evolutionsprozessen heraus entste-hen, ohne dass diese notwendig als Produkt eines zentralen, steuernden Akteurs erscheinen: Bei Variationsprozessen geht es somit immer um gesellschaftliche Veränderungen; Selektion wird in der Regel als Auswahl in Abhängigkeit von sozialen Regeln und Normen verstanden und bei Retention geht es um die insti-tutionelle Stabilisierung erfolgreicher Produkte, Prozesse und Organisations-strukturen. Während die drei bisher genannten theoretischen Ansätze Innovation als Produkt externer Faktoren betrachten, heben evolutionäre Ansätze die endo-genen Faktoren von Innovation hervor. Innovativer Wandel wird als Ergebnis

Innovation als Produkt von Marktanforderungen

Technologische Innovation als Black-Box

Innovation als sozialer Evolutions-prozess

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inhärenter Veränderungsdynamiken und immanenter Beharrungsmomente er-klärt und nicht als eine passive Anpassung an externe Faktoren.

Eine besondere Stärke von evolutionären Ansätzen ist der Verweis darauf, dass sich nicht immer die besten („survival of the fittest“), sondern oft auch subopti-male Lösungen durchsetzen. Beispiele für die Durchsetzung von suboptimalen Lösungen sind die QWERTY-Schreibmaschinentastatur und das Microsoft Be-triebssystem MS-DOS. Obwohl diese Innovationen nach Effizienzmaßstäben an-deren Lösungen unterlegen sind, konnten sie sich durchsetzen. Evolutionäre An-sätze versuchen nun zu klären, wie das möglich ist. Hierzu führen sie verschiede-ne Faktoren an, die die Durchsetzung suboptimaler Lösungen erklären.

So geht die evolutionäre Ökonomie in Anlehnung an Simon (1979) und March (1978) davon aus, dass Akteure nur begrenzt rational handeln. Akteure suchen nicht nach den besten Lösungen, sondern geben sich oft mit hinreichenden Lösungen zu-frieden, solange ihre Mindesterwartungen erfüllt werden (satisficing statt optimi-zing). Zugleich spielen Institutionen eine zentrale Rolle in Innovationsprozessen. Institutionen strukturieren die Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten im Innovationsprozess. Dies bedeutet, dass Lösungen auf Dauer gestellt werden, die sich in bestimmten Situationen als suboptimal erweisen. Berechenbarkeit und Stabi-lität wird also gegen die beständige Suche nach dem jeweiligen situationsspezifi-schen Optimum eingetauscht. Die evolutionäre Ökonomie hebt weiterhin hervor, dass Innovationsprozesse nicht notwendig linear ablaufen. Oft entscheiden zufällige Ereignisse über den nächsten Schritt und es kommt zu einer Verfestigung der dann gefundenen Lösungen. Historische Ereignisse werden damit bedeutsam. Diese Ver-festigungen dokumentieren sich in einer dynamischen Perspektive in Pfadabhängig-keiten und Verriegelungseffekten, da es unmöglich und zu kostenintensiv ist, bereits getroffene Entscheidungen, Investitionen, Festlegungen, Regeln und Institutionen jederzeit zugunsten einer situativ besseren Lösung zurückzunehmen. Unternehmen greifen auf bereits vorliegende Wissensbestände zurück, um neue Produkte zu ent-wickeln. Die vorliegenden Wissensbestände bilden einen Pfad, der eingrenzt, in wel-cher Richtung nach neuen Lösungen gesucht wird.

Bei Innovationsprozessen geht es somit nicht immer um die Suche nach der perfek-ten Lösung – unter Ausblendung aller zeitlichen und finanziellen Restriktionen. Stattdessen handelt es sich um Lösungen, die aus einer soziokulturellen Evolution heraus entstehen, in der sich nicht notwendig die besten Innovationen durchsetzen.

Besonders das Begriffspaar „technological regimes“ und „technological trajectory” hat sich als erfolgreich zur Beschreibung von evolutionären Prozessen im techni-schen Bereich erwiesen. Diese beiden Begriffe wurden von Nelson und Winter einge-führt und verdeutlichen die Entstehung von Pfadabhängigkeiten in der technischen Evolution. Dosi definiert ein technologisches Regime wie folgt:

„a pattern of solution to selected technological problems based on selected principles derived from natural sciences and selected material technologies” (Dosi 1982: 152)

Ein technologisches Regime bildet somit eine Art Paradigma, auf deren Basis die Suche nach Lösungen vollzogen wird. Trajectories hingegen sind dominante Such- und Problemlösungsstrategien. Das Regime stabilisiert und orientiert die Trajec-

Erklärung suboptimaler Lösungen durch…

…begrenzte Rationalität

…Pfadabhängig-keiten

..Regimes und Trajectories

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tories. Zugleich sind Regime das Ergebnis der Ballung von Trajectories, also der Häu-fung von Suchstrategien in einem bestimmten Bereich. Durch deren Ballung erge-ben sich schließlich dominante Muster, die als Regime beschrieben werden.

Als Beispiel hierfür nennt Weyer (2008: 163f.) den PKW. Abbildung 3 veranschau-licht die Entstehung des Regimes PKW. Der PKW mit Verbrennungsmotor bildet von Anbeginn des zwanzigsten Jahrhunderts ein dominantes Muster, in dessen Rahmen neue Lösungen gesucht und Innovationen hervorgebracht wurden. Alter-nativen hierzu wie etwa der Elektroantrieb oder Dampfantrieb wurden kaum be-achtet. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Umbruchphase, in der das alte Re-gime des Verbrennungsmotors möglicherweise durch ein neues ersetzt wird.

Abbildung 3: Entstehung von Regimen, Quelle Weyer 2008: 165.

Tushman und Rosenkopf (1992) präsentieren ein Phasenmodell des evolutiven technischen Wandels (Abbildung 4). Dieses Modell verdeutlicht zentrale An-nahmen der evolutionären Ansätze und sieht vier Phasen des technischen Wan-dels vor:

1) Variation

2) Gärung

3) Selektion

4) Retention

In der ersten Phase entstehe Variation. Es komme zu zufälligen technologischen Durchbrüchen. Neue Konzepte und Produktmöglichkeiten werden erforscht und Ideen gesammelt. Die entstandenen technischen Errungenschaften gären nun in der folgenden Phase. Sie werden weiterentwickelt und auf ihre Potentiale hin untersucht. In dieser Phase herrscht noch Unsicherheit darüber, welches Design (Regime) sich letztlich als dominantes Design durchsetzen wird. Zwischen den unterschiedlichen Varianten besteht ein Wettbewerb um die Position des dominanten Designs.

Das Phasenmodell des technischen Wandels:

Variation und Gärung

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Abbildung 4: Organisationen und technologische Innovationen: Ein evolutionstheoretisches Modell, Quelle: Erstellt auf Grundlage von Tushman/ Rosenkopf 1992.

In der dritten Phase kommt es schließlich zur Selektion eines dominanten De-signs. Die Selektion des dominanten Designs hängt von verschiedenen Kon-textfaktoren ab:

Nutzerpräferenzen/Marktnachfrage

Marktmacht von Akteuren

Industrielle Standardisierungskomitees

Allianzen

Staatliche Regulierung (Vgl. Weyer 2008: 169)

Die Durchsetzung des dominanten Designs bildet einen sozio-politischen Aus-handlungsprozess. Nachdem sich ein Design als dominantes Design durchgesetzt hat, folgt mit der vierten Phase eine Phase der Retention und des inkrementellen Wandels. Der Begriff Retention bezeichnet einen partiellen Stillstand, denn Al-ternativen zu dem dominanten Design werden nun ausgeblendet. Die F&E Abtei-lungen des relevanten Bereichs fokussieren darauf, Verbesserungen innerhalb des bestehenden, dominanten Designs zu erzielen. In dieser letzten Phase spielen externe Einflüsse eine geringere Rolle als in den vorherigen Phasen. Nach der Phase der Retention wird das dominante Design durch neue Durchbrüche und Ideen schließlich wieder aufgebrochen. Das dominante Design gerät an seine Grenzen. Ein neues Design wird für nötig befunden und das bisherige dominante Design in Frage gestellt. Es beginnt wieder eine Phase der Variation und mit ihr der Kreislauf des technischen Wandels. Der technische Wandel befindet sich somit immer im Fluss zwischen den vier genannten Phasen.

Wir können dieses Modell etwa auf den Mobiltelefonmarkt übertragen, auf dem das einfache Mobiltelefon mit reiner Telefon- und SMS-Funktion lange Zeit das

Selektion und Retention

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dominante Design gebildet hat (Retention). Dann kam die Idee auf, dass es prak-tisch wäre, wenn das Telefon auch aufs Internet zugreifen könnte und damit sein Möglichkeitsspektrum ausdehnt (Variation). Mit dem Apple I-Phone, das zu-nächst nur eine Möglichkeit der Variation bildet, setzt sich ein neues dominantes Design durch: das Smartphone (Selektion). Im Rahmen des dominanten Designs „Smartphone“ findet nun ein inkrementeller Wandel statt: Apple verbessert zu-nehmend sein I-Phone, während andere Anbieter wie Samsung alternative Smart-phones mit neuen Zusatzfunktionen entwickeln.

Abbildung 5 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen den Phasen und dem Einfluss externer Faktoren. Die Abbildung verdeutlicht, dass der Einfluss von äußeren Faktoren – „social and organizational influence“ – in der Phase des in-krementellen Wandels am geringsten ist, während diese Einflüsse in der Gä-rungsphase wesentlich höher sind.

Abbildung 5: Technologischer Zyklus und gesellschaftliche Einflüsse, Quelle: Tushman/Rosenkopf 1992: 339, 342.

Evolutionäre Ansätze bieten somit eine neue Perspektive auf Innovation, die die endogenen Faktoren des Wandels hervorhebt und zugleich erklären kann, warum sich nicht immer die besten Lösungen durchsetzen. Dabei betonen die Ansätze, dass technologischer Wandel oft einer Eigendynamik folgt, die durch Pfadabhän-gigkeiten und Zufälle geprägt ist.

1.2.5 Innovationssysteme

Theorien der Innovationssysteme entwickeln eine neue Perspektive auf Innovation. Sie begreifen Innovation in einem größeren sozialen Zusammenhang. Innovations-prozesse werden als Ergebnis des Zusammenwirkens von Organisationen und in-stitutionellen Rahmenbedingungen innerhalb eines bestimmten Raums, Sektors

Technologischer Zyklus und gesellschaftliche Einflüsse

Innovation als System

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oder anders definierten Bereichs betrachtet. Die vielfältigen Interaktionen zwischen Organisationen und institutionellen Rahmenbedingungen stehen bei dieser Be-trachtungsweise im Zentrum. Lundvall definiert Innovationssysteme wie folgt:

“(…) a system of innovation is constituted by elements and relationships which interact in the pro-duction, diffusion and use of new and economically useful, knowledge (…).” (Lundvall 1992: 2)

Ein Innovationssystem besteht somit aus Beziehungsnetzen, die bei der Entste-hung und Produktion neuer Produkte und Verfahrensweisen zusammenwirken. Dabei heben Theorien von Innovationssystemen hervor, dass sich bestimmte Konstellationen von Institutionen und Organisationen fruchtbar auf die Entste-hung von Innovation auswirken können. So kurbelt etwa die Etablierung eines intensiven Wissensaustauschs zwischen Organisationen (etwa Universitäten, Forschungsinstitutionen und Forschungsabteilung in Unternehmen) die Entste-hung neuartiger Kombinationen an und trägt damit zur Innovation bei. Die Theo-rien der Innovationssysteme betrachten das Zusammenspiel von Organisationen und Institutionen im Hinblick auf ihre Innovationstätigkeit. Dabei kann es sich um lokale, regionale oder auch nationale Innovationssysteme handeln. Diese In-novationssysteme werden zentral durch Rahmenbedingungen mitgestaltet, die durch die Politik geschaffen werden. Politik kann somit Einfluss auf Innovations-systeme – etwa durch die Ausrichtung des Bildungs- und Hochschulsystems – und damit, auf die lokale, regionale oder nationale Innovationstätigkeit ausüben.

Vereinfacht gesprochen gibt es zwei Betrachtungsweisen auf Innovationssysteme. Beide setzen jeweils unterschiedlich breite Definitionen von Innovationssystemen voraus. Die enge Perspektive bezieht nur Institutionen, die für die Forschung und Entwicklungsaktivitäten (F&E) von Unternehmen zentral sind (etwa Universitä-ten, Forschungsinstitute, Entwicklungszentren, einschlägige Ausbildungseinrich-tungen), in ihre Betrachtungsweise ein. Die weite Perspektive hingegen bezieht sich auf alle Institutionen, die für organisatorische Lernprozesse wichtig sind und damit zu Innovation direkt oder indirekt beitragen. Hierzu gehören auch die loka-len Produktionsbedingungen, das Marketing, das Finanzsystem sowie institutio-nelle Rahmenbedingungen.

Wichtig ist bei Theorien der Innovationssysteme ihre neuartige Perspektive, die über das einzelne Unternehmen und die unmittelbare Unternehmensumwelt hinausgeht. Stattdessen begreifen diese Ansätze Innovationen als ein Geschehen in systemischen Netzwerken, in denen die beteiligten Elemente (Organisationen, Institutionen sowie politische Rahmenbedingungen) miteinander interagieren und durch diese Interaktion auf Innovationsprozesse einwirken.

1.2.6 Innovationstheorien als unterschiedliche Perspektiven auf Innovation

Wir haben nun fünf verschiedene Innovationstheorien betrachtet. Jede dieser Innovationstheorien beschreibt und untersucht Innovation aus einer spezifischen Perspektive. Schumpeter legt den Schwerpunkt seines Ansatzes auf das persönli-che Element von Innovation und betont hierbei besonders den Charakter des Unternehmers: Der schöpferische Unternehmer bringe Innovation mit Hilfe sei-

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ner Charaktereigenschaften – Durchsetzungsvermögen, visionärer Geist etc. – hervor. Die zwei folgenden Ansätze, die wir in diesem Kapitel behandelt haben, orientieren sich an den zwei Polen des Marktes: Nachfrage und Angebot. Wäh-rend Technology-Push Ansätze ganz auf die Angebotsseite fokussieren und beto-nen, dass Innovationen in F&E-Anstalten entstehen, heben Demand-Pull Ansätze hervor, dass letztlich die Marktnachfrage der entscheidende Faktor für die Her-vorbringung von Innovationen sei. Keiner dieser beiden Ansätze ist jedoch je-weils für sich genommen zufriedenstellend: Weder sind Innovationen nur reines Ergebnis von marktunabhängigen Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen, noch bilden sie lediglich ein reines Produkt von Nachfragepräferenzen. Demge-genüber erzeugen die beiden zuletzt in diesem Kapitel beschriebenen Ansätze eine umfassendere Perspektive auf das Thema Innovation. Sowohl die evolutionä-re Ökonomie als auch Forschungsansätze, die sich mit Innovationssystemen aus-einandersetzen, heben jeweils auf ihre Art die Bedeutung von Institutionen für die Entstehung und Durchsetzung von Innovation hervor. Durch die besondere Betonung von Institutionen und sozialen Faktoren nehmen sie eine stärker sozio-logisch geprägte Beobachtungsperspektive ein. So hebt die evolutionäre Ökono-mie die endogenen Faktoren des technologischen Wandels hervor. Innovativer Wandel wird als Ergebnis inhärenter Veränderungsdynamiken und Beharrungs-momente verstanden. Hierbei können Pfadabhängigkeiten entstehen, die dazu führen, dass sich letztlich suboptimale Lösungen durchsetzen. Von besonderer Bedeutung sind neben den Pfadabhängigkeiten das Begriffspaar Regime/Trajectory und das Phasenmodell des technischen Wandels. Forschungsansätze, die sich mit Innovationssystemen auseinandersetzen, betonen schließlich, dass die Entste-hung von Innovationen in einem komplexen institutionellen Kontext, der etwa Forschungs- und Bildungsinstitutionen sowie das Finanzsystem einschließt, ver-ankert ist. Insbesondere die beiden letzten Ansätze – evolutionäre Ökonomie und Innovationssysteme – sind somit durch ihre umfassende Perspektive und die be-sondere Berücksichtigung sozialer Faktoren für die soziologische Untersuchung von Innovation von großem Interesse.

Fazit

Man kann Innovation auf pragmatische Weise wie folgt definieren: Innovation ist „die Umsetzung einer Idee in neue oder verbesserte käufliche Produkte, in neue Verfahren und in neue Dienstleistungen.“ (OECD).

Innovationen können anhand verschiedener Kriterien unterschieden werden. Die Ein-teilungen sind jedoch nicht immer empirisch rechtfertigbar oder überprüfbar.

Innovation ist ein sozial eingebetteter Prozess und ein zentrales Merkmal moderner Gesellschaften.

Die Hervorbringung von Innovationen kann durch schöpferische Persönlichkeiten, Marktanforderungen, technologische Möglichkeiten, evolutionäre Dynamiken und sys-temische Vernetzungen erklärt werden.

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Verständnisfragen

1) Durch welche Eigenschaften zeichnen sich Innovationen aus?

2) Anhand welcher Kategorien lassen sich Innovationen beschreiben?

3) Wie verhalten sich Innovation und Erfindung zueinander?

4) Worauf richtet die Soziologie beim Thema Innovation ihren Fokus?

5) Welche Phasen nennt das Schumpetersche Phasenmodell und welche strategischen Al-ternativen ergeben sich hieraus für Unternehmen?

6) Was für Innovationsstrategien ergeben sich aus dem Lebensphasenmodell für technolo-gische Innovationen?

7) Worin unterscheiden sich Technology-Push und Demand-Pull Ansätze?

8) Durch welche Faktoren erklärt die evolutionäre Ökonomie die Durchsetzung von subop-timalen Lösungen?

9) Beschreiben Sie kurz die unterschiedlichen Phasen des Phasenmodells von Tushman und Rosenkopf.

10) Was ist ein Innovationssystem?

Aufgaben mit Bezug zur Berufspraxis

11) Welches der genannten theoretischen Modelle entspricht am ehesten Ihren Erfahrungen mit Innovationsprozessen? Erläutern Sie ihre Entscheidung.

Literatur zur Vertiefung

Fagerberg, Jan (2005): Innovation. A Guide To The Literature. In: Jan Fager-berg, David C. Mowery und Richard R. Nelson (Hg.): The Oxford handbook of innovation. Oxford, New York: Oxford University Press, S. 1–27.

Tushman, Michael L.; Rosenkopf, Lori (1992): Organizational determinants of technological change: toward a sociology of technological evolution. In: Rese-arch in Organizational Behavior 14, S. 311-347.

Weyer, Johannes (2008): Techniksoziologie. Genese, Gestaltung und Steue-rung sozio-technischer Systeme. 1. Aufl. Weinheim: Juventa.