118
Niedersächsisches Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS) Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter/innen e.V. Dokumentation zur 4. Expertentagung 2005 03. – 04. Februar 2005 in Bad Salzdetfurth Kooperative Veranstaltung der Länder Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg Standards, Kompetenzen und Module

Kompetenzen und Module - nibis.de · 3 Dokumentation zur 4. Expertentagung 2005 Kooperative Veranstaltung der Länder Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg

Embed Size (px)

Citation preview

Niedersächsisches Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS)

Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter/innen e.V.

Dokumentation zur 4. Expertentagung 2005

03. – 04. Februar 2005

in Bad Salzdetfurth

Kooperative Veranstaltung der Länder Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg

Standards,Kompetenzenund Module

2

3

Dokumentation zur 4. Expertentagung 2005

Kooperative Veranstaltung der Länder Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg

Standards,

und ModuleKompetenzen

4

Herausgeber: Niedersächsisches Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS),

Keßlerstraße 52

31134 Hildesheim

Tel.: 05121/1695-0

Telefax: 05121/1695296

Redaktion: Jochen Pabst, Bad Salzdetfurth, [email protected]

Dieter Prokisch, Hannover, [email protected]

Dem Niedersächsischen Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS) und dem

BAK sind alle Rechte der Veröffentlichung, Übersetzung und die Speicherung und Ausgabe

in Datenbanken vorbehalten.

Die Herstellung von Kopien in Auszügen zur Verwendung an Bildungseinrichtungen, insbe-

sondere für Ausbildungszwecke, ist gestattet.

Diese Dokumentation können Sie als pdf-Datei (2 MB) aus dem Internet herunterladen:

www.nibis.de/nibis.phtml?menid=1562

Druck: November 2005

5

Inhalt Seite • Begrüßungsrede: Präsident Werner Niermann, Niedersächsisches 06

Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Hildesheim

• Eröffnungsrede: Ministerialdirigent Heinz-Wilhelm Brockmann, 09 Niedersächsisches Kultusministerium, Hannover

• Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften – Leitlinien 15

des KMK-Beschlusses vom 16.12.04: Prof. Dr. Cornelia Gräsel, Wuppertal

• Standards, Kompetenzen, Module: Prof. Jürg Sonderegger, Rorschach, CH 36

* Aus den Workshops

• Die KMK-Standards für die Lehrerbildung auf dem Prüfstand 54

Prof. Dr. Cornelia Gräsel – Bericht: Hans-Jürgen Jagau

• Was bedeutet das Setzen von Standards für die Unterrichtsarbeit? 55 Prof. Dr. Hanna Kiper – Bericht: Prof. Dr. Hanna Kiper, Oldenburg

• Forschender Habitus als Kennzeichen von Professionalität im 74

Berufsfeld Schule am Beispiel der Fachdidaktik Mathematik Dr. Johann Sjuts – Bericht: Dr. Johann Sjuts, Leer

• Die KMK-Standards als Möglichkeit der Kooperation der Phasen 82

Detlef Spindler und Prof. Dr. Jürgen Heumann, – Bericht: Detlef Spindler, Oldenburg

• Zwei Phasen treffen aufeinander: Integriertes Forschungspraktikum 85

der Universität und des Landesinstituts für Lehrerbildung in Hamburg Sabine Heinen-Ludzuweit – Bericht: Sabine Heinen-Ludzuweit, Hamburg

• Beispiele aus der modularisierten Ausbildung im Studienseminar 92

für das Lehramt an Gymnasien in Göttingen Dr. Sigrid Vogel – Bericht: Dr. Sigrid Vogel, Göttingen

• Subjektorientierung durch Teilmodularisierung. Erfahrungen aus 98

der Ausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in HH Barbara Fahland und Rainer Pillmann-Wesche – Bericht: Barbara Fahland und Rainer Pillmann-Wesche, Hamburg

• Modularisierung des Vorbereitungsdienstes im Rahmen der 105

Lehrerbildungsreform in Hessen Wolfgang Rupp, Fuldatal

• Abschlussworte: Marianne Huttel und Werner Niermann 111

• Auswertung zu den schriftlichen Rückmeldungen der Teilnehmer/innen 114 • Teilnehmerliste 116

6

Worte der Begrüßung Werner Niermann, Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS) Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich darüber, dass mir die Aufgabe zugefallen ist, diese Tagung eröffnen zu dürfen und erlaube mir dabei eine Begrüßung verschiedener Gruppen sowie einzelner Kolleginnen und Kollegen, die ich im Rahmen dieser Tagung kennen lernen werde oder schon kenne. Neben dieser Begrüßung würde ich gern einige Aussagen zur Struktur der Tagung und zu Fragen machen, die besonders im Mittelpunkt der heutigen Veranstaltung stehen. Ich werde sie selbstverständlich nur anreißen können, bin aber sehr gespannt auf den Prozess und die Ergebnisse der Tagung und werde ja am Ende Gelegenheit haben, die Dinge noch einmal ein wenig aus meiner Sicht zusammenzufassen und zu schauen, zu welchen Ergebnissen wir im Rahmen dieser Tagung gekommen sind.

Ich begrüße zunächst die Vertreterinnen und Vertreter der obersten Landesbehörden und Schulbehörden, allen voran Herrn Brockmann. Ich sehe in seiner Anwesenheit auch eine Wertschätzung der Bedeutung dieser Veranstaltung und der inhaltlichen Zusammenhänge, um die es jetzt geht. Wir werden sicherlich von Herrn Brockmann hören können, welche Entwicklungen im niedersächsischen Kultusministerium möglicherweise exemplarisch für das, was sich in anderen obersten Landesbehörden tut, zu erkennen sind.

Ich grüße die Lehrenden der Hochschulen. Ich glaube, dass Sie an dieser Tagung ein ganz besonderes Interesse haben, denn Sie haben einerseits die Möglichkeit, die Ergebnisse Ihrer Arbeit zu präsentieren. Sie sind andererseits aber auch Interessenten an dieser Veran-staltung und an deren Inhalten. Denn die Entwicklungen an den Hochschulen im Rahmen des Bologna-Prozesses werden dazu führen, dass sich die Frage nach inhaltlicher Ver-bindlichkeit von Lehrerausbildung auch an den Hochschulen mehr als je zuvor stellt.

Ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter des Bereichs der zweiten Phase der Leh-rerausbildung. Ich denke, dass Niedersachsen für die Entwicklung in vielen anderen Ländern und für das Interesse der Lehrenden und Ausbildenden in den Studienseminaren über Fra-gen der Verbindlichkeit inhaltlicher Zusammenhänge in der Lehrerausbildung zu diskutieren, exemplarisch ist.

Ich begrüße auch die, die die dritte Phase, die Lehrerfort- und Weiterbildung, vertreten, denn gerade in letzter Zeit ist der Zusammenhang zwischen dieser dritten Phase und den ersten beiden in der Lehrerausbildung im Rahmen der gesamten Lehrerbildung in verschiedenen Berichten - z. B. dem der „Terhart-Kommission“, der ja Grundlage für den Beschluss der KMK vom 16.12.2004 war, immer deutlicher geworden.

Ich habe gleichzeitig denen zu danken, die sich an der Vorbereitung dieser Veranstaltung beteiligt haben. Zunächst nenne ich unseren Kooperationspartner. Es entspricht der Philoso-phie unseres Hauses, sich bei Veranstaltungen der Unterstützung von und der Kooperation mit kompetenten Partnern zu vergewissern, und der Bundesarbeitskreis der Seminarleiter und Fachseminarleiterinnen ist mit Sicherheit ein Gremium, das schon früher Veranstaltun-gen dieser Art erheblich unterstützt und begleitet hat. In Herrn Pabst, den ich ausdrücklich besonders nennen darf, haben wir einen wesentlich Mitvorbereiter und Unterstützer dieser Veranstaltung. Ich begrüße gleichzeitig auch den Vorsitzenden des BAK, Herrn Huwendiek.

Wenn ich etwas sagen soll zu den Motiven, die uns dazu gebraucht haben, die Mitverantwor-tung für diese Veranstaltung zu übernehmen, dann sind es letztlich die, die unser Haus und dessen Entwicklung in den vergangenen Monaten geprägt haben. Auch das ist, so meine ich, exemplarisch zu sehen für die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern:

7

Zum 1. Februar 2004 wurden die beiden Landesinstitute oder Ämter, nämlich das Nie-dersächsische Landesprüfungsamt (NLPA) und das Landesinstitut für die Fortbildung (NLI), zum Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS) zusammengefasst. Dahinter ist zunächst ein organisatorischer, möglicherweise auch fiskalisch begründeter Akt zu sehen, aber er eröffnet uns die strukturelle Möglichkeit, alle Phasen der Lehrerbildung in den Blick zu nehmen. Das ist eine Entwicklung, die auch in anderen Bundesländern wie in Hamburg oder Hessen deutlich zu beobachten ist.

Wir z. B. waren bisher zuständig für die 1. Phase der Lehrerausbildung durch eine Zentrale und durch Außenstellen, die wir an den lehrerausbildenden Hochschulen haben. Im Rahmen des Bologna-Prozesses, also im Rahmen der Entwicklung von Bachelor- und Masterstudien-gängen, verändern sich diese Zuständigkeiten. Wir sind nicht mehr diejenigen, die die Prü-fungen durchführen - das wird die Aufgabe der Hochschulen sein, aber wir werden diejeni-gen sein, die die Studiengänge begleiten und über Fragen der Qualität von Prüfungen und des Anschlusses weiterer Aus- und Fortbildungsprozesse nachzudenken haben.

Im Bereich der 2. Phase haben wir bereits die Zuständigkeit für die Lehrämter an Gymnasien und berufsbildenden Schulen, d. h. nicht die dienstrechtliche Verantwortung für die Studien-seminare, sondern die für die 2. Staatsprüfungen. Wir werden sie jetzt für die Lehrämter des gehobenen Dienstes zum 1.5. dieses Jahres bekommen. Auch hier stellt sich wiederum die Frage, welchen Beitrag ein Landesamt leisten kann, auch die inhaltlichen Verbindlichkeiten im Rahmen der Ausbildung mit klären zu helfen.

Und in der 3. Phase haben wir - nicht nur im strukturellen Bereich - eine sehr deutliche Ver-änderung, die ausgerichtet ist auf den angemessenen Reflex auf die Entwicklung von selb-ständiger werdenden oder eigenverantwortlichen Schulen und die Tatsache, dass wir uns immer mehr entfernen von einer eher angebotsorientierten Fortbildung hin zu einer nachfra-georientierten, also weg von dem, was man die liebevolle Belagerung von Schulen nennen könnte, hin zu der Reaktion auf die selbstformulierten Ansprüche dieser Schulen.

Die strukturelle Entwicklung, darüber müssen wir uns im Klaren sein, ermöglicht nur einen weiteren Prozess. Wir haben uns nie sehr schwer getan über strukturelle, organisatorische Fragen - beispielsweise in der Lehrerbildung - nachzudenken. Wir haben uns aber umso schwerer getan, über inhaltliche Zusammenhänge zu reflektieren, und ich habe den Ein-druck, dass mit dem KMK-Beschluss v. 16.12.04 nunmehr ein wesentlicher Anstoß dafür ge-geben ist, dass wir uns jetzt auf inhaltliche Zusammenhänge, d. h. auf Bildungsstandards, auf die Beschreibung von Kompetenzen beispielsweise zu konzentrieren haben.

Da wir in den verschiedenen Ländern dafür inzwischen ausgezeichnete, strukturelle Voraus-setzungen haben, kommt es jetzt darauf an, den Prozess der weiteren Entwicklung zu orga-nisieren und mit Inhalt zu füllen und genau dies soll Gegenstand dieser Tagung sein.

Also sind an diese Tagung einige Fragen zu stellen, und damit will ich eigentlich schon schließen. Besonderes Zentrum und Aufgabe dieser Tagung wird sein, Begriffsklärung zu betreiben und die Konsequenzen dieser Begriffsklärung zu beleuchten, also die Frage nach der Definition von Standards und nach der Beschreibung von Kompetenzen sowie die Frage nach der Entwicklung von Modulen in den Vordergrund zu stellen.

Gleichzeitig wird aber auch zu klären sein, wie wir den Prozess der weiteren Entwicklung und der daraus sich entwickelnden Kommunikation so organisieren, dass Tagungen wie die-se nicht einmalige Ereignisse bleiben, sondern das Feuer, das aus solch einer Tagung und ihren Ergebnissen entsteht, weiterhin anzufachen und in einem Kommunikationsprozess auf Ergebnisse hin zu steuern, die wir in diesen zwei Tagen mit Sicherheit nicht erreichen wer-den.

Es wird darauf ankommen, Verantwortungen dafür zu vereinbaren. Es sollte gelingen, z. B. die Landesämter oder -institute, die es in allen Ländern gibt, als Institutionen, die Zuständig-

8

keiten für verschiedene Phasen der Aus- und Fortbildung haben, in diesen Prozess so ein-zubeziehen, dass sie sich an der Organisation von Kommunikationsprozessen, Strukturen und damit an der Beschaffung von Verbindlichkeiten verantwortlich beteiligen können. Dies kann ich sicherlich auch für Kolleginnen und Kollegen aus anderen Landesämtern, ohne dass wir uns dazu abgesprochen hätten, in Aussicht stellen:. Ich sehe darin die eigentliche Aufgabe dieser Institutionen, also nicht ausschließlich in der Organisation von Prozessen oder in der Klärung von Rechtsfragen.

In dieser Tagung wird es also im Wesentlichen um drei Aspekte gehen:

• Es wird um Phasen des Inputs durch die Berichte und Referate gehen, insbesondere aus dem Bereich der lehrerausbildenden Hochschulen.

• Es wird darum gehen, im besten Sinne des Begriffs „best practice“ vorzuführen, wel-che Entwicklungen in einzelnen Bereichen wie Studienseminaren aber auch Hoch-schulen bereits angefangen haben.

• Es wird darum gehen, den Diskurs miteinander zu beginnen, nicht abzuschließen, sondern eher eine Vereinbarung zu treffen, diesen Diskurs fortzuführen.

In diesem Sinne wünsche ich der Veranstaltung einen guten Verlauf.

9

Eröffnungsrede Ministerialdirigent Heinz-Wilhelm Brockmann, Niedersächsisches Kultusministerium, Hannover Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zunächst sie alle sehr herzlich willkommen heißen zu dieser Tagung des Bundes-arbeitskreises. Namens und im Auftrag der Landesregierung, ganz besonders von Herrn Kul-tusminister Busemann, möchte ich Ihnen allen „Herzlich willkommen in Niedersachsen“ sa-gen, vor allem denjenigen, die aus einem anderen Bundesland kommen. Meine Damen und Herren, in Niedersachsen gibt es, seit eine neue Landesregierung vor zwei Jahren begonnen hat, eine sehr intensive Diskussion um schulpolitische Fragen, und wie uns jetzt in den Schulen gesagt wird, ein enormes Tempo der Reformen, das - glaube ich - wie in allen Bundesländern der Versuch ist, eine Antwort auf die Situation zu geben, die uns alle, die wir in Schule tätig sind, in einer bestimmten Weise herausfordert. Der Punkt ist: Wir wissen, unsere Schulen sind nicht gut genug. Wir wissen, dass unsere Schulen nicht gut sind in Bezug auf drei Anforderungen, die nach übereinstimmender Meinung der Kultusmi-nisterkonferenz und der Untersuchenden in den verschieden Studien Schulen leisten müs-sen.

• Erstens: Schulen müssen für junge Leute Schlüssel zur Welt sein, wie Theodor Wil-helm schon vor vielen Jahren formuliert hat. Der Schlüssel muss aber auch passen. Es muss für junge Leute die richtige Chance aufbereitet werden, um theoretisch und praktisch forschend, entwickelnd, aber auch lebensbewältigend für ein späteres Le-ben und alle Veränderungen, die dann auf sie zukommen können, gerüstet zu sein.

• Zweitens: Schule muss das Maß an Innovationen und Weiterentwicklungen, die in einer Gesellschaft und in einem Land notwendig in Wirtschaft und in Forschung und Entwicklung in den nächsten Jahren auf uns zukommen, möglich machen und nicht schon im Ansatz verhindern. Das Forschungs- und Entwicklungspotential eines Lan-des wird in den Schulen grundgelegt. Das Innovationspotential eines Landes wird dort geschaffen.

• Und drittens: Schulen müssen zum wesentlichen Teil beitragen, dass es gelingt eine Integration verschiedener Richtungen, Strömungen und Menschen in einer Gesell-schaft zu schaffen.

Unter diesen drei Messlatten hat der Bericht der Kultusministerkonferenz über die Situation in Deutschland die Qualität von Schulen gestellt und unter diesem Aspekt werden wir, so scheint mir, in den nächsten Jahren die Qualität unseres Schulwesens umfassend diskutie-ren. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es wichtig ist - und das vollzieht sich in allen Ländern - dass wir nach diesen Kriterien entschiedene Reformen einleiten. Wir haben in unserem Bundesland einige strukturelle Formen vollzogen. Sie wissen, dass Niedersachsen noch eine Orientierungsstufe hatte. Wir haben diese Orientierungsstufe be-seitigt und die Eingangsphase an die weiterführenden Schulen gegeben. Wir haben eine Profilierung des dreigliedrigen Schulsystems mit einer gesetzlichen Verankerung im Schul-gesetz geschaffen. Wir haben die gymnasiale Schulzeit verkürzt, zentrale Abschlussprü-fungen nach der Klasse 10 für alle Schulformen und für das Abitur im Gymnasium eingeführt. Das sind die organisatorischen Dinge. Aber wir wissen alle, dass die Qualität des Schulwesens erheblicher weiterer Anstrengungen bedarf. Wir haben die Rahmenrichtlinien für alle Schulformen grundsätzlich geändert. Wir adaptieren die Standards jetzt, so weit sie für alle Schulformen inzwischen verabschiedet sind. Wir wissen, dass die Adaptation der Standards in allen Bereichen von allen Ländern erhebliche Arbeit verlangt, weil wir damit natürlich entschieden steuern müssen.

10

Aber wir sind auch entschieden dabei, Instrumente zu schaffen, damit Schulen die Qualitäts-entwicklung selbst steuern können. Für uns heißt das, dass wir in diesem Jahr mit den ers-ten 200 Schulen beginnen und mit Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung Eigenverantwort-lichkeit der Schulen mit einem erheblichen Maß an Selbstständigkeit und Entscheidungsfrei-heit für Inhalte, für Formen, für Organisation des Lernens und die Auswahl bzw. Beurteilung des Personals in die Schulen zu geben. Wir werden zugleich in diesem Jahr mit einer lan-desweiten Schulinspektion eine neue Einrichtung schaffen, die eine regelmäßige Außeneva-luation jeder Schule leisten soll. Und wir werden eine ganz veränderte neue Form von Schulaufsicht schaffen. Schulaufsicht in herkömmlicher Weise, die vor allem für das Personal zuständig war, kann nicht genug leisten für die Qualität des Schulwesens. Ich glaube, wir haben in allen Ländern die Schulen zu wenig als System angesehen, das bestimmte Leistungen nach außen bringt oder eben nicht genügend bringt und deswegen ist es nötig, die Schulen als System regel-mäßig von innen und außen zu evaluieren. Diese Bemerkungen über das, was in Niedersachsen geschieht, dienen nicht nur ihrer Infor-mation, wenn sie aus anderen Bundesländern kommen, sondern auch meinem Hinweis auf die Lehrerausbildung. Wir gestalten Lehrerausbildung nicht neu, weil es etwa einen Selbst-zweck hätte, oder weil europäische Erfordernisse das von uns verlangten, sondern aus-schließlich aus dem einen Grund, die Qualität der Lehrerausbildung zu verbessern. Aus-schließlich unter dieser Perspektive muss beurteilt werden, was in der ersten, zweiten und dritten Phase geschieht. Ich glaube, dass das Qualitätsproblem und die Herausforderung der Qualität die entschei-dende Frage ist. Deswegen gibt es ja in den meisten Bundesländern die Entscheidung, dass die erste Phase der Lehrerausbildung sich in der Struktur Bachelor/Master vollzieht. Ich glaube, wir haben alle diesen Veränderungszug an den Universitäten als einen etwas schnell rauschenden Zug erlebt, dessen differenzierte Planung nicht ganz in Übereinstimmung mit der Schnelligkeit des Antretens und Abfahrens war. Dennoch mag das einen Sinn machen. Es mag einen Sinn machen, wenn an den Universitäten hochschulpolitische Entscheidungen getroffen worden sind, um zu sagen, die zahlenmäßig große Masse der Studierenden, die für das Lehramt ausgebildet wird, kann sicherlich in der differenzierten Ansprache der Fächer einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass die Struktur Bachelor/Master für das universitä-re Studium insgesamt implantiert wird. Doch müssen wir, auch wenn die Bachelor-/Master-Ausbildung dadurch natürlich vor allem eine universitäre Angelegenheit und Zuständigkeit ist, nicht vergessen, dass es eine ge-meinsame Verantwortung von Universitäten und Staat für die Ausbildung von Lehrkräften gibt. Und es hat keinen Sinn, sich etwa in Diskussionen über die Frage, wer denn für was zuständig ist, schwarze Peter zuzuschieben oder aber auf der einen Seite von akademischer Freiheit und auf der anderen von hoheitlicher Zuständigkeit zu reden. Die Frage, wie die Lehrkräfte in der ersten Phase ausgebildet sind, die wir in den nächsten Jahren in großer Zahl einstellen werden, ist von so elementarer Bedeutung, dass wir uns solche Diskussionen im Grunde nicht leisten können. Es geht den meisten Bundesländern so wie Niedersachsen. Wir werden in den nächsten rund 12 Jahren 40% unserer Lehrerschaft durch Pensionierung verlieren und viele neue Lehrkräfte trotz zurückgehender Schülerzahlen - diese werden die Anzahl leicht vermindern - einstellen müssen. Und wenn das so ist, werden wir mit dieser großen Einstellungspraxis in den nächsten Jahren die Qualität der Schule ganz entscheidend mitbestimmen können. Dar-um ist es so wichtig, dass wir in dieser Neuorganisation nach Bachelor/Master für die erste Phase uns gemeinsam um diese Qualität bemühen, dass wir eine Einheit zwischen erster und zweiter Phase in verschiedenen Wegen suchen und dass wir die dritte Phase in der Verantwortlichkeit mit an die erste und zweite anschließen. Es ist für uns, und wir haben das in den Diskussionen in den verschiedenen Gremien der KMK-Beschlussphase eigens noch einmal durch eigene Anträge versucht in die Standards

11

über die Lehrerausbildung zu bekommen, völlig unstreitig, dass es eine eigene zweite Phase auf Dauer in der Lehrerausbildung geben muss und dass diese zweite Phase nicht nur ihren eigenen Wert, sondern ihre eigene Herausforderung dadurch hat, dass die systematische Reflexion von erlebter und erfahrener Praxis auf einem bestimmten Hintergrund in Ruhe und mit Anleitung und mit einer differenzierten Betreuung gelingt. Dies ist in Deutschland ein be-sonderer Schatz der Lehrerausbildung, den aufzugeben oder nur zu minimieren, glaube ich, niemand schadlos sich trauen sollte. Was die erste Phase angeht, so gibt es ja ein paar Diskussionen, die, so weit ich sehe, mehr und mehr im Konsens enden. Ich glaube, wir haben Konsens darüber erreicht, dass wir für die erste Phase die Praxisanteile für die gesamte Ausbildung brauchen. Diskussionen etwa der Art, zunächst findet in der Bachelor-Phase die fachwissenschaftliche und dann in der draufgesetzten Master-Phase die methodisch-didaktische Ausbildung statt, sind, denke ich, in allen Bundesländern vom Tisch, sie sind meines Erachtens auch nichts anderes als der Versuch, den hohen Standard deutscher Lehrerausbildung gegen ein Linsengericht auszu-tauschen. Wir werden unter allen Umständen daran festhalten, dass eine der Fachwissenschaft inhä-rente methodisch-didaktische Reflexion, und eine schulpraktische und schulpädagogische Reflexion von Anfang an stattfindet. Dazu gehört eine konkrete Erfahrung von Schulwirklich-keit, die der Reflexion dient, ob der Lebens- und Berufsweg hier richtig gewählt ist. Wir hal-ten in Niedersachsen an 18 Wochen Schulpraktikum und Sozialpraktikum in der ersten Pha-se fest. Wir werden für die erste Phase auch nicht darauf verzichten, dass es eine bestimmte Form der gemeinsamen Sicht und der insgesamt gelungenen Ausbildung in einem Fach gibt. Ich glaube, dass die Modularisierung der Studieninhalte eine reizvolle, richtige und auch klug systematisierende Weiterentwicklung von Studienwegen ist, aber sie hat die Gefahr, dass für die Studierenden die von ihnen studierte Wissenschaft in Einzelteile zerfällt. Wir brauchen aber die Lehrerinnen und Lehrer, die junge Leute in ein Fach einführen kön-nen. Die Erfahrungen, dass Kolleginnen und Kollegen für die Gestaltung ihres Leistungskur-ses die Unterlagen aus dem Oberseminar benutzen und sich etwas schwer tun, auf Fragen von Schülerinnen und Schülern Zusammenhänge darzustellen, gehören jetzt schon in die gymnasiale Oberstufe. Wir möchten aber, dass es für Studierende und dann künftige Lehr-kräfte ein Zusammensehen des Faches gibt. Es war nicht ganz leicht, aber inzwischen ha-ben wir durchgesetzt, - jedenfalls vorgestern in der Strukturkommission durch ein Signal ei-nes Vertreters der Universitäten - dass es in Niedersachsen eine mündliche Abschlussprü-fung am Ende der ersten Phase für alle Studierenden verbindlich geben wird. Diese soll ge-rade diese Anforderung noch einmal profilieren, nämlich dass junge Leute, die ein Fach eine lange Zeit studiert haben, auch den Gesamtüberblick, die Gesamtschau des Fachs in einem bestimmten Überblickswissen präsentieren können, um das zu vermeiden, was sich eben beschrieben habe. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist für mich eine unstreitige Anforderung von Prü-fungsleistungen schon in der ersten Phase, dass die Studierenden Inhalte angemessen ver-balisieren, angemessen verteidigen und in abgewogenen Urteilen begründen können. Schon das muss zum Lernprogramm der ersten Phase gehören. Es wird auch für die erste Phase, auch wenn diese natürlich eine deutlich universitäre Phase mit eigener universitärer Zustän-digkeit ist, nötig sein, dass wir die staatliche Verantwortung präzise wahrnehmen. Zur staatlichen Verantwortung gehört inzwischen wie selbstverständlich in den meisten Bun-desländern eine ständige Evaluation der Universitäten, die sie mit eigenen Kräften aber unter Anleitung und Transparentmachen des jeweiligen Landes leisten. Bei uns ist es die Zentrale Evaluationsagentur, die mit bemerkenswerten Ergebnissen die einzelnen Fakultäten evalu-iert. Die Berichte zu lesen und mit den Universitäten zu diskutieren, gehört zum wirklichen Aufgabenprogramm unseres Hauses und des Wissenschaftsministeriums, um daraus auch Konsequenzen zu ziehen.

12

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich nur einmal nebenbei sagen, ist z. B. bei der Dis-kussion über das Fach Pädagogik und Schulpädagogik deswegen nicht so ganz einfach, weil dieses Fach in der zentralen Evaluation an allen acht niedersächsischen Standorten bemer-kenswert schlecht abgeschnitten hat. Ich könnte mir denken, dass das in anderen Bundes-ländern auch so ist und wir deswegen unter allen Umständen in der Diskussion mit den Universitäten unseren Wunsch deutlich machen müssen, dass die künftigen Lehrkräfte in Schulpädagogik und Pädagogik wirklich in der ersten Phase systematisch und gut ausge-bildet werden. Das kann in der zweiten Phase nicht nachgeholt werden, es kann dann nur vertieft, verbreitert und verbessert werden. Wir werden darüber hinaus das Prüfungswesen für die erste Phase, auch das haben uns die Universitäten zugestanden, durch eigene Kräfte und unser eigenes Landesinstitut in eigener Verantwortung regelmäßig evaluieren. Wir möchten, dass wir regelmäßig Kenntnis darüber haben, wie sich eigentlich die Leistung eines Fachs z. B. an allen Standorten systematisch darstellt und in Prüfungen repräsentiert. Es muss uns dann möglich sein, etwa zu sagen, die Ausbildung im Fach Deutsch findet in Niedersachsen an allen Standorten schulformbezogen mit diesen Inhalten und solchen Qua-litäten, mit diesen Ergebnissen und solchen vielleicht feststellbaren Defiziten statt und wir müssen das mit den Universitäten dann systematisch erörtern. Ich glaube es ist sinnvoll, diese Form von Evaluation an die Stelle der Mitwirkung in Prü-fungsveranstaltungen oder in der Prüfung selbst zu setzen. Mein Eindruck ist, dass wir es uns nicht leisten können, staatliche Mitwirkung in allen Prüfungen so wahrzunehmen, dass es wirklich eine dichte und in jedem Einzelfall aussagekräftige Präsenz ist. Soweit ich sehe, hat es das nur für einige Zeit in Berlin gegeben. Aber alle Bundesländer haben mehr oder weniger deutlich sich aus der unmittelbaren Präsenz bei der ersten Staatsprüfung zurückge-zogen. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Mitwirkung bei der Gestaltung der ers-ten Phase für uns eine große Herausforderung für die nächsten Jahre ist. Aber nicht weniger ist es eine Herausforderung für uns, dass wir die zweite Phase intensiv neu erörtern und gestalten. Ich möchte zunächst sagen, dass aus unserer Wahrnehmung die zweite Phase von den Seminaren im Allgemeinen in großer Sorgfalt, in intensiver Arbeit, in großer Verant-wortung und mit einem nachweisbaren großen Erfolg geleistet wird. Ich glaube, dass dies ein besonderer Schatz der Lehrerausbildung in Deutschland ist und ich glaube, dass wir diesen Schatz auch deswegen weiter pflegen sollen, weil er mit der Persönlichkeitsentwicklung von künftigen Lehrkräften so unmittelbar verbunden ist. Diese zweite Phase wird aus unserer Sicht auch auf Dauer eigenständiges, die Ausbildung gestaltendes Personal brauchen. Die nächste Amtschefkonferenz wird sich mit einem Antrag Baden-Württembergs in Bezug auf die Frage beschäftigen, wie denn die Bezahlung der bei der Lehrerausbildung in der zweiten Phase Mitwirkenden in Zukunft sein soll. Ausgangspunkt ist die natürlich schwierige Situation, dass wir seit Jahren unverändert im gehobenen Dienst Fachseminarleiterinnen und –leiter nur mit Zulagen haben. Die Zulage ist seit, ich weiß nicht wie viel Jahren, unverändert geblieben und macht den Gegenwert von 150,00 DM, sprich, glaube ich, 72,00 € aus. Dieser Betrag wird noch einmal dann verändert und verringert, wenn die entsprechenden Personen teilzeitbeschäftigt sind. Es ist abstrus zu glauben, dass man auf diese Weise geeignetes Personal in ausreichendem Umfang hat, um bei der Lehreraus-bildung mitwirken zu können. Wir sind aber nicht der Überzeugung, dass es ein richtiger Weg ist, jetzt für alle in der Lehrerausbildung Tätigen nur noch ein Zulagensystem anzu-schaffen. Ich glaube, es hat keinen Sinn, auf diese Weise die Karriere von Lehrkräften zu gestalten, die wirklich mit großer Intensität, mit eigenem Herzblut und mit großer Kompetenz Lehrerausbildung gestalten wollen und können. Ich habe als Schulaufsichtsbeamter, so lange ich das war, immer gefunden, dass unter den Lehrkräften, für die ich zuständig war, es schon diese gibt, von denen man ahnt, sie sind in der Lehrerausbildung viel besser aufgehoben, als etwa künftig in einer Schulleitung. Man merkt es diesen Personen an, wie sie Unterricht in Schule gestalten und wie sie zu bestimm-ten Fragen Stellung nehmen. Sie zu fördern und ihnen eine Perspektive auf Dauer zu geben, halte ich für sehr klug, für notwendig und für einen großen Schatz in der zweiten Phase.

13

Dennoch möchte ich den Seminarleiterinnen und –leitern auch empfehlen zu sagen, sie brauchen, so meine ich, im eigenen Interesse eine größere Anzahl von Personen, die in be-grenzter Zeit im Studienseminar mitarbeiten und die nach einiger Zeit mit der Kenntnis in der Lehrerausbildung etwa in die Schulleitung zurückwechseln oder in die Schulaufsicht und dort weiterwirken, wissend und dieses weiter würdigend, dass sie eine sehr differenzierte Form von Erfahrung in der Lehrerausbildung gesammelt haben. Wir brauchen auch diejenigen, die quer in diesem Bereich tätig sind, also jemand - in Niedersachsen nennen wir sie Mitwirken-de –, der vier, fünf, sechs Jahre in der Lehrerausbildung mitgewirkt hat, und dann ein ganz anderer Schulleiter oder eine ganz andere Schulleiterin wird, wenn diese Erfahrung nicht ein-fach eine unbewältigte Vergangenheit bleibt. Deswegen möchte ich dazu anregen, dass wir auch diese Möglichkeiten nutzen und dann den Seminarleiterinnen und –leitern sagen, wir möchten euch dieses Instrument der Perso-nalsteuerung, der Personalführung und der mittel- und langfristigen Personalplanung an die Hand geben, mit der Bitte, überlegt euch doch selbst, wen ihr wann in welchem Fach auf Dauer und wen ihr wann, in welchem Bereich für eine gewisse Zeit zusätzlich oder über-haupt haben wollt. Ich glaube, dieses Mixtum an Stellen und Personen ist für die zweite Pha-se eine Bereicherung. Ich habe angefangen, das mit dem Seminarleitern zu diskutieren und in unserem Bundesland bisher keine Einwände dagegen zur Kenntnis genommen. Ich glau-be, dass es notwendig ist, dass wir in der zweiten Phase über die Frage der Curricula ge-meinsam diskutieren. Dass jedes Seminar ein eigenes Profil hat, ergibt sich von den Men-schen, den Regionen und den Anforderungen der Schule, aber ich glaube, wir brauchen auch ein gemeinsames Curriculum für ein ganzes Land, und wir müssen wissen, gemeinsam wissen und verantworten, welche Ziele wir darin unterbringen wollen. Und schließlich glaube ich, dass es nötig ist, dass die Handelnden und diejenigen, die für etwas verantwortlich sind, sich in der ersten, zweiten und dritten Phase begegnen. Wir ha-ben nicht das Landesinstitut für Lehrerfortbildung und das Landesprüfungsamt deswegen zusammengelegt, weil wir Geld sparen wollen, dieser Effekt ist willkommen, sondern deswe-gen und das ist der primäre Effekt, weil diejenigen, die Lehrerausbildung machen, auch Leh-rerfortbildung machen müssen und umgekehrt, weil die selben Fragen sich in den selben Zeiten stellen und deswegen unter allen Umständen die handelnden Personen gemeinsame Ziele formulieren müssen, gemeinsame Inhalte beschreiben müssen, gemeinsame Angebote und die Organisation der Angebote erörtern und festlegen müssen. Es ist wirklich nötig, dass wir in allen Phasen das Personal miteinander verbinden. Es ist relativ einfach zu sagen, wir ordnen einmal jemanden, der Fachleiterin oder Fachleiter ist, für eine Zeit an die Universität ab, und die Universität mag selbst entscheiden, wie sie oder er dort welche Tätigkeiten über-nimmt. Wenn sie das aber systematisieren wollen, und ich glaube, nur das hilft, dann brau-chen sie sehr viel mehr Vernetzung und Verbindung der handelnden Personen, und das muss man auch in Strukturen, auch in Ämtern und dann konkret in Projekten machen. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Wunsch, den die Veranstalter mir vor einigen Wochen genannt haben, gern benutzt, ein bisschen aus unseren Überlegungen mitzuteilen, um ihnen nicht nur eine kurze Begrüßung zu sagen, sondern ih-nen auch zu sagen und darzustellen, wie wir im Augenblick in Niedersachsen über die Leh-rerausbildung nachdenken, und ich denke, da sind viele Gemeinsamkeiten in anderen Län-dern. Sie ist für uns aus den genannten Gründen eine sehr wichtige Frage, und ich glaube, in dem Punkt sind wir uns einig, sie und wir, dass die Gestaltung dieser Ausbildung für das künftige lehrende Personal über die Frage, wie gut und wie schlecht Schule in Zukunft ist, wesentlich mitentscheidet. Ob Schule in Zukunft doch gut genug ist, hängt nicht zuletzt da-von ab, ob es uns gemeinsam gelingt, Lehrerinnen und Lehrer auf viele ganz neue und an-dere Herausforderungen vorzubereiten, die demnächst in eigenverantwortlichen Schulen, in Selbstevaluation und in einer systematischen Überprüfung der Leistungen eines lebendigen Systems Schule sich stellen. Ich glaube, dass sie in ihrem Bundesarbeitskreis dort eine Viel-zahl von vorzüglichen Ideen diskutiert haben, um dies vorzubereiten und ich hoffe, dass Salzdetfurth im Jahre 2005 eine Station ihrer weiteren Reflexion ist, die ihnen hilft, das eine oder andere zu akzentuieren.

14

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit hier in Niedersachsen, angenehme und erfolgreiche Bera-tungen, ich hoffe dazu auch einen sehr schönen Aufenthalt hier. Sie sind in der Nähe des Harzes. Wundern sie sich nicht, wenn ab morgen Tausende von Niedersachsen bei dem er-warteten guten Wetter in diese Gegend einfallen werden, um das Wochenende bei Schnee und Sonne im Harz hier zu genießen. Vielleicht wollen diejenigen, die aus einem anderen Bundesland kommen, die zwei Tage hier im Raum anhängen. Also, was immer sie hier tun: Viel Erfolg und Vergnügen.

15

Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Leitlinien des KMK-Beschlusses vom 16.12.2004 Prof. Dr. Cornelia Gräsel, Wuppertal

Ganz herzlichen Dank für die Einladung hierher, ganz herzlichen Dank auch für die Ein-leitung. Ich bin sicher deswegen hier eingeladen worden, weil ich ein Mitglied dieser Arbeits-gruppe war, die diese KMK-Standards mit erarbeitet hat. Das muss ich gleich eingangs sa-gen, damit Sie das wissen und natürlich muss ich dazu sagen, dass diese Arbeitsgruppe he-terogen besetzt war. Es waren Ländervertreter dabei, es waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei und natürlich wird nicht alles, was in den Papieren steht, von allen in gleicher Weise getragen. Ich werde an der einen oder anderen Stelle noch einmal darauf zu-rückkommen, was denn die Papierlage ist und das eine oder andere werde ich noch selbst kommentieren.

In meinem Vortrag möchte gerne folgendermaßen vorgehen. Ich möchte zunächst ein paar Worte darüber verlieren, warum denn Standards für die Lehrerbildung wichtig sind. Wir ha-ben dazu schon in der Einleitung etwas gehört. Daran möchte ich anknöpfen. Ich möchte Ihnen dann, das war sozusagen mein Auftrag, die Leitlinien des KMK-Papiers vorstellen und mache das schwerpunktmäßig an drei Themen. Ich möchte zeigen, was der Ausgangspunkt war, nämlich eine Orientierung an den Aufgaben von Lehrpersonen für die Formulierung der Standards. Diese phasenübergreifende Perspektive, wie wir sie uns dach-ten, ist zu erläutern, weil es hier einige Missverständnisse in der Wahrnehmung des Papiers gibt. Dann möchte ich einen kleinen Beitrag zur Begriffsklärung leisten, wie das heute schon an-gesprochen wurde, einen Beitrag zur Klärung von verschiedenen Begriffen, vor allem von Kompetenzen und Standards.

Ich möchte im 3. Punkt auf die konkreten Kompetenzen eingehen, die in diesem Papier for-muliert wurden. Ich werde das allerdings relativ kurz tun und mich abschließend mit der Per-spektive beschäftigen, wie die Standards denn weiterentwickelt werden können, wie sie möglicherweise auch implementiert werden können und das eine oder andere anreißen, was dann vielleicht in den Workshops diskutiert werden kann.

1 . W a r u m „ S t a n d a r d s f ü r d i e L e h r e r b i l d u n g “ ?

2 . L e i t l i n i e n d e s K M K - P a p i e r s

O r i e n t i e r u n g a n d e n A u f g a b e n v o n L e h r p e r s o n e n

P h a s e n ü b e r g r e i f e n d e P e r s p e k t i v e

G r u n d b e g r i f f e d e r „ K o m p e t e n z e n “ u n d „ S t a n d a r d s “

3 . D i e F o r m u l i e r u n g d e r K o m p e t e n z e n u n d S t a n d a r d s

4 . ( M ö g l i c h e ) W e i t e r e n t w i c k l u n g e n d e r S t a n d a r d s

Zum ersten Punkt: Warum Standards in der Lehrerbildung?

Es wurde vorher bereits angesprochen: Natürlich ist die Bemühung um Standards in der Lehrerbildung in erster Linie von bestehenden Reformbemühungen und Problemdiagnosen ausgegangen. Das Terhart-Gutachten ist auch für die Einsetzung dieser Arbeitsgruppe eine wichtige Grundlage gewesen. Auch andere Arbeiten, insbesondere die Schweizer Arbeiten

16

um Oelkers und Oser - Herr Oelkers war auch Mitglied der Arbeitsgruppe - waren natürlich zentral, also die Idee, inhaltliche Standards für die Lehrerbildung zu definieren. Ein wichtiges Motiv war dabei, in der Tat, und das haben Sie vorher schon angesprochen, dass man weg-kommt von den Strukturen oder nicht mehr sich so sehr auf die Diskussion um Ausbildungs-strukturen konzentriert. Wir haben in den letzten Jahren an den Universitäten im besonderen Maße sehr viel über BA und MA-Studiengänge diskutiert. Sie, Herr Brockmann, haben vor-her den „schnellen Zug“ angesprochen. Die Veränderungen in den Studienstrukturen haben wir an den Universitäten in der Tat nicht nur als Zug, sondern manchmal vielleicht sogar als Düsenjet erlebt. Eine Entwicklung, die über uns hinwegbraust ist. Jeder, der in diesem Pro-zess beteiligt war, kennt das, wenn man versucht Modulbausteine möglichst sinnleer hin und her zu schieben, damit 20 Credits auf jeden Fall noch irgendwie in ein Semester passen und ähnliche Problemlöseaufgaben. Diese Diskussion ist für die Modularisierung erforderlich, die fraglos viele Vorteile hat. Aber die Standards sollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Diskussion wieder inhaltlich ge-führt wird, dass man sich also fragt, welche inhaltlichen Ziele haben wir denn, was stellen wir uns unter einer guten Lehrperson vor, was sollte sie am Ende einer theoretischen oder einer ersten universitären Ausbildungsphase können, was am Ende der zweiten.

Strukturelle Fragen sind nur ein Gesichtspunkt; die Standards dienen der stärkeren Hinwen-dung zu den Inhalten, die möglicherweise noch schwieriger als die strukturellen Fragen sind. Ein 3. Motiv für die Kommission bestand darin, die Reformbestrebungen, die es in verschie-denen Bundesländern schon gibt und gab, zu vereinheitlichen, d. h. wirklich eine Idee von gemeinsamer Zielperspektive zu finden.

Last but not least möchte ich auf ein Argument eingehen, dass immer wieder angeführt wird, nämlich das Argument der Reaktion auf PISA und auf die internationalen Leistungsverglei-che. Ich möchte jetzt nicht sagen, dass es ein falsches Motiv ist, natürlich ist die defizitäre Qualität von Schulen auch ein Anlasspunkt, um über die Qualität der Lehrerbildung nachzu-denken bzw. über die Verbesserung von Lehrerbildung. Ich halte es nur für gewagt, aus kon-kreten PISA-Ergebnissen oder aus konkreten IGLU-Ergeb- nissen eindeutig und linear be-stimmte Konsequenzen nahe zu legen. Das geben beide Studien oder auch alle internatio-nalen Leistungsstudien - möglicherweise muss man sagen - noch nicht her. Wir wissen auch nach PISA 2003 noch zu wenig über die Lehrervariablen. Wenn die Studie vollständig aus-gewertet ist, genauere Berichte vorliegen, werden wir mehr wissen. Aber bisher ist unser empirischer und auch theoretischer Wissenstand nicht gut genug, um aus Leistungsver-gleichen wirklich ganz klar inhaltliche Kompetenzen ableiten zu können. Ich möchte davor warnen, weil ich es mit wachsendem Unbehagen sehe, dass jeder und jede aus PISA alle möglichen Konsequenzen zu ziehen anfängt, wie es ihnen gerade in den Kram passt.

W a r u m „ S t a n d a r d s f ü r d ie L e h r e r b i ld u n g “ ?

A u f g r e ife n b e s t e h e n d e r P r o b le m d ia g n o s e n u n d R e f o r m e m p fe h lu n g e n z u r L e h r e r b i ld u n g , z . B .

– P e r s p e k t iv e n d e r L e h r e r b ild u n g in D e u t s c h la n d ( „ T e r h a r t - G u ta c h te n “ )

– O s e r s o w ie O s e r u n d O e lk e r s

B is h e r ig e r F o k u s a u f A u s b ild u n g s s t r u k tu r e n = > H in w e n d u n g z u in h a lt l ic h e n F r a g e n

E in h e it l ic h e r R a h m e n fü r d ie R e f o r m e n in v e r s c h ie d e n e n B u n d e s lä n d e r n

[E in e h e r p r o b le m a t is c h e s A r g u m e n t: R e a k t io n a u f in t e r n a t io n a le L e is tu n g s v e r g le ic h e ]

17

Die Standards der KMK: Vielleicht ein paar Worte zum organisatorischen Rahmen. Ich habe schon gesagt, dass eine Arbeitsgruppe aus Ländervertretern und aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammengesetzt wurde. Die haben einen Auftrag bekommen, der sehr wichtig ist, um dieses Papier zu verstehen, nämlich erstens Standards für die Bildungs-wissenschaften zu definieren, also eine sehr absichtliche - und ich denke auch gut be-gründete - Ausklammerung der Fachwissenschaften. Es war also nicht die Idee der Kom-mission, sich auf die Bildungswissenschaften zu konzentrieren. Natürlich hat es in der Kom-mission immer Unbehagen über diese Konzentration gegeben, weil innerhalb der Kommissi-on auch durchaus artikuliert wurde, dass damit ein Bereich ausgewählt wird, der vielleicht besonders problematisch ist und auch nicht der ausschlaggebende Teil, in der universitären Ausbildung also ein vergleichsweise kleiner Teil. Es hat dabei auch Diskussionen um den Begriff gegeben: Sind es Bildungs- oder Berufswis-senschaften? Die Kommission hat sich auf Bildungswissenschaften verständigt, auch des-wegen, weil Berufswissenschaften ohne die Fachwissenschaften einhellig als problematisch erlebt wurden. Fachwissenschaften sind ein zentrales Element, um den Beruf ausüben zu können.

Eine große Frage, die Sie sich vielleicht auch schon gestellt haben, ist die Fachdidaktik. Sind die Fachdidaktiken in den Standards enthalten oder nicht? In der Kommission gibt es, das wissen Sie, zwei Arbeitsergebnisse, nämlich zum einen diese Standards für Lehrerbildung, die verabschiedet worden sind, und es gibt auch einen Bericht der Arbeitsgruppe.

Viele Informationen zu den Standards erhalten Sie sicher, wenn Sie sich den Bericht der Ar-beitsgruppe ergänzend ansehen - also beispielsweise die begrifflichen Klärungen im Bericht. Als die Kommission zusammen gesessen ist und die Kompetenzen konkret formuliert hat, waren die Fachdidaktiken eigentlich nicht inkludiert, sondern sie waren so mitgedacht, dass man auf der Basis der jetzt formulierten Standards und Kompetenzen dann die Fächer bzw. die Fachdidaktiken und die Fächer erweitern kann. Aber sie sind nicht dabei. Das ist mir ein ganz wichtiger Punkt, weil ich nämlich durchaus sehe, wie wichtig die Fachdidaktiken für die Professionalisierung von Lehrkräften sind und ich auf keinen Fall den Eindruck erwecken möchte, dass das, was bisher vorliegt, die Fachdidaktiken in irgendeiner Weise komplett ab-decken könnte. Im Gegenteil: Es waren einige Vertreterinnen und Vertreter in der Kommissi-on, die sehr vehement immer wieder aufgezeigt haben, dass das eben noch Dinge sind, die in nachfolgenden Kommissionen getan werden müssen, die die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken berühren.

D ie S t a n d a r d s d e r K M K

S t a n d a r d s f ü r d ie L e h r e r b i ld u n g : B i ld u n g s w is s e n s c h a f t e nw w w . k m k . o r g" S c h u le " / " V e r ö f f e n t l ic h u n g e n / B e s c h lü s s e " / " A n g e le g e n h e i t e n d e r S c h ü le r u n d L e h r e r " )

Z u s a m m e n s e t z u n g e in e r A r b e i t s g r u p p e

A u f t r a g

– S t a n d a r d s f ü r d ie „ B i ld u n g s w is s e n s c h a f t e n “

– K e in e V e r k n ü p f u n g m i t d e r E v a lu a t io n d e r S t a n d a r d s

E r g e b n is s e d e r A r b e i t s g r u p p e

– S t a n d a r d s

– B e r ic h t

18

Damit komme ich zu einigen Leitlinien für die Formulierung der Standards.

Ü b e rs ich t1 . W a ru m „ S ta n d a rd s fü r d ie L e h re rb ild u n g “?

2 . L e it lin ie n d e s K M K -P a p ie rs

O r ie n t ie ru n g a n d e n A u fg a b e n v o n L e h rp e rs o n e n

P h a s e n ü b e rg re ife n d e P e rs p e k t iv e

G ru n d b e g rif fe d e r „ K o m p e te n z e n “ u n d „ S ta n d a rd s “

3 . D ie F o rm u lie ru n g d e r K o m p e te n z e n u n d S ta n d a rd s

4 . (M ö g lic h e ) W e ite re n tw ic k lu n g e n d e r S ta n d a rd s

Die 1. Leitlinie ist die Orientierung an den Aufgaben. Ausgangspunkt war die Frage, was sind die jetzigen Aufgaben von Lehrpersonen und möglicherweise auch die zukünftigen Aufgaben von Lehrpersonen, die in den Standards abgedeckt sein müssen - so gut, wie wir das eben vorhersagen können. Wir haben die Aufgaben im bewussten Rückblick auf die gemeinsame Erklärung der Präsi-dentin der KMK und des Vorsitzenden der Lehrerverbände aus dem Jahr 2000 definiert. Es ist die erste und ganz zentrale Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer, Fachleute für Lehren und Lernen zu sein. Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Erziehungsaufgabe aus, das ist in der Originalformulierung etwas anders. Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Beurteilungsaufgabe gerecht und verantwortungsbewusst aus Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Kompeten-zen ständig weiter. Schließlich - und das ist im Standardpapier zusammengefügt - die 4. und 5. Kompetenz: Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an Schulentwicklung. Der bewusste Rückgriff auf diese Anforderungen erfolgte auch deswegen, weil sie sozusagen einen Kon-sens darstellten, der schon erarbeitet war und auf dessen Basis man dann Standards und Kompetenzen formulieren kann. Der zweite Punkt ist die phasenübergreifende Perspektive in den Standards. Damit möchte ich schon die Kompetenzen ansprechen oder den Begriff der Kompetenzen. Die zentrale I-dee und der zentrale Kompetenzbegriff ist ein Kompetenzbegriff, der sich zusammensetzt aus professionellem Wissen, Einübung eines breiten Handlungsrepertoires, berufsbezoge-nem Reflexionsvermögen und eigenständiger Urteilsfähigkeit. So definiert auch der Bericht der Arbeitsgruppe. Darin steckt die Idee, dass diese Kompetenzen in der 1. und 2. Phase ineinandergreifend entwickelt werden und natürlich auch in der 3. Phase aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Die 3. Phase ist als eigene Phase nicht ausgearbeitet, aber immerhin angedacht. Auch hier ist ein Spielraum für mögliche Erweiterungen.

Wenn Sie die Standards ansehen, dann werden Sie bei jeder Kompetenz zwei Schlagworte finden, die ein bisschen für Verwirrung sorgen. Sie finden eine formulierte Kompetenz, bei-spielsweise Lehrerinnen und Lehrer planen Unterricht fach- und sachgerecht und führen ihn sachlich und fachlich korrekt durch. Ich komme nachher noch einmal darauf zurück.

Und Sie finden darunter Standards für die theoretischen Ausbildungsabschnitte und Stan-dards für die praktischen Ausbildungsabschnitte. Da ergibt sich zu Recht der Einwand: Ist das eine Parallelisierung der 1. und 2. Phase? Wenn ja, warum und macht dann die 1. Pha-se nur die Theorie und die 2. Phase nur die Praxis? Was soll eigentlich der Unsinn und wa-rum muss man das trennen? Wenn wir geschrieben haben „theoretische Ausbildungsab-

19

schnitte“, dann bezieht sich das auf jene Teile, die eher der Theorieentwicklung dienen, un-abhängig davon, ob sie in der 1. oder 2. Phase liegen. Gemeint sind jene Teile, die letztend-lich zur Erweiterung von Wissen dienen. Und so sind die Standards in dieser Spalte auch formuliert. Das muss nicht in der Universität geschehen, andererseits müssen die prakti-schen Erfahrungen, die praktischen Reflexionen nicht unbedingt in der 2. Phase geschehen. Das wird der Schwerpunkt sein, das ist uns klar. Aber wenn sie an einige Modelle der Leh-rerbildung denken, in denen die Verzahnung enger wird, dann macht diese Einteilung mehr Sinn als eine Einteilung in Phasen.

Ph asen ü berg re ifen de Pe rspek tive

H e ra u sb ild u n g u n d W e ite re n tw ick lu n g

b e ru flich e r K o m p e te n z

P ro fe ss io n e lle sW isse n

E ig e n s tä n d ig eU rte ils fä h ig ke it

B e ru fsb e zo g e n e sR e fle x io n sve rm ö g e n

E in ü b u n g e in e s b re ite n H a n d -lu n g sre p e rto ire s

Im Papier werden Sie die Rahmendefinition, die hier im grünen Feld steht, finden. Kompe-tenzen sind die berufsbezogenen Fähigkeiten einer Lehrerin und eines Lehrers. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Kompetenzen hier berufsbezogen verstanden werden, dass man aber nicht dem Irrtum erliegen darf, dass diese Kompetenzen nur in der Ausbildung er-worben werden. Wir wissen gerade bei Lehrpersonen, wie unglaublich wichtig ihre eigenen Lernerfahrungen, ihre eigenen Lebenserfahrungen sind. Die eigene Biografie, die 13 Jahre oder 14 Jahre oder wie viel auch immer, die sie selbst in der Schule gesessen haben, bevor sie eine Lehramtsausbildung begonnen haben, dürften wahrscheinlich entscheidender sein als das, was wir ihnen in der Universität an pädagogischem und didaktischem Wissen nahe legen. Zumindest würde ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass wir mehr Einfluss hätten. Das wäre ganz interessante empirische Frage.

Damit ist der Kompetenzbegriff und wie wir ihn herleiten, zumindest umrissen.

20

Und nun auf dieser Basis zum schwierigeren Begriff der Standards. Der ist deshalb schwie-rig, weil wir sehen werden, dass es verschiedene Bedeutungsnuancen gibt, und zwar durch-aus auch im Papier selbst. Die allgemeine Bedeutung von Standards, wie Sie es auch in vie-len anderen Anwendungsfeldern finden, ist die Festlegung von Eigenschaften, die be-stimmten Qualitätskriterien genügen müssen. Das ist natürlich eine harte Definition.

Wenn Sie im Begleitpapier nachsehen, werden Sie sehen, dass Standards dort im Unter-schied zu Kompetenzen als Maßstäbe für einen Ausprägungsgrad definiert werden. Also - wenn Sie so wollen - als Messlatte, wie gut eine Kompetenz schon vorhanden ist.

Lehrerinnen und Lehrer planen Unterricht fach- und sachgerecht und führen ihn fachlich und sachlich korrekt durch - das wäre die Kompetenz.

Und die Standards würden dann die verschiedenen Ausbildungsgrade in verschiedenen Un-terdimensionen bestimmen. Das greift zurück auf verschiedene Formen von Definition von Standards, wie sie beispielsweise von Oser vorgelegt wurden.

21

D e r u n s t a n d a r d is ie r t e B e g r i f f d e r „ S t a n d a r d s “

A llg e m e in e B e d e u tu n g: P r ä z is e F e s tle g u n g v o n E ig e n s c h a fte n , d ie e in O b je k t o d e r P r o z e s s h a b e n m u s s , u m d e fin ie r te n Q u a litä ts k r ite r ie n z u g e n ü g e n .

I m B e g le it p a p ie r :

S ta n d a r d s e r fa s s e n d e n A u s p rä g u n g s g r a d e in e r K o m p e te n z ; s ie s in d M a ß s tä b e fü r d e n A u s p r ä g u n g s g ra d ( a n e in e m K r ite r iu m o r ie n tie r t) .

= > P e r s o n e n s ta n d a rd s ( fü r d ie A b s o lv e n te n )

= > In s titu t io n e n s ta n d a r d s ( fü r d ie A u s b ild u n g s in s titu t io n e n )

I m B e s c h lu s s p a p ie r :

A n fo rd e r u n g e n a n d a s H a n d e ln v o n L e h r k r ä fte n . S ie b e z ie h e n s ic h a u f K o m p e te n z e n u n d s o m it a u f F ä h ig k e ite n , F e r t ig k e ite n u n d E in s te llu n g e n , d ie e in e L e h r k r a ft z u r B e w ä lt ig u n g d e r A n fo r d e r u n g e n v e r fü g t.

Im Begleitpapier werden Sie noch eine Unterscheidung finden, die uns relativ wichtig war, nämlich eine Unterscheidung zwischen personenbezogenen und institutionenbezogenen Standards. Ein personenbezogenens Beispiel habe ich gerade eben formuliert: Eine Lehr-person hat eine bestimmte Kompetenz im fachlichen und sachlichen Unterrichten beispiels-weise.

Aber wir haben von Anfang gesagt, es wäre eigentlich auch interessant und wichtig, instituti-onenbezogene Standards zu formulieren. Die sind ein Gegenstand von, sagen wir einmal, eher kontroversen Diskussionen gewesen und daher haben sie im verabschiedeten Papier nicht mehr den Stellenwert, den sie in der Diskussion hatten. Aber ich denke, dass es sich durchaus lohnen würde, diese Diskussion in Zukunft wieder aufzugreifen und zu fragen: Was brauchen denn die Institutionen für einen Standard für Merkmale, um überhaupt qualifiziert Lehrer ausbilden zu können?

Wenn Sie das Beschlusspapier ansehen, ist es nämlich ein reduzierter Standardbegriff, den Sie vorfinden werden. Dort ist Standard definiert als Anforderung an das Handeln von Lehr-kräften. Er bezieht sich auf Kompetenzen und somit auf Fähigkeiten, Fertigkeiten und Ein-stellungen, über die eine Lehrkraft zur Bewältigung der Anforderungen verfügt. Das hängt damit zusammen, dass es sich als ungeheuer schwierig erwies, diese theoretische Idee der Unterscheidung zwischen Kompetenz und Standard tatsächlich real umzusetzen. Das muss man ganz klar sagen, da sind wir im Verhältnis zu anderen Kompetenzbereichen - auch was die Forschung und die Herangehensweise betrifft - noch ein gutes Stück hinterher.

Bei der Lesekompetenz haben wir 20 Jahre Forschung darüber, was Lesekompetenz ist. Da kann man gut definieren, was verschiedene Kompetenzbereiche sind, was jeweils verschie-dene Standards sind. So hat es beispielsweise PISA gemacht. Aber die Verantwortlichen von PISA haben sich auf viele vorliegende Forschungsarbeiten bezogen, die Internationale Lesestudie beispielsweise und Ähnliches mehr.

Man hat sich mit Lehramtskompetenzen nie noch nicht so ausführlich beschäftigt wie heute. Es gibt Ansätze - auch international. Vor allen Dingen sind Lehramtskompetenzen aber of-fensichtlich auch politisch und können politisch nicht ganz so einheitlich betrachtet werden wie beispielsweise die Lesekompetenz.

Die Idee, Kompetenzen zu formulieren und sie dann zu gradieren, ließ sich also nur in An-sätzen umsetzen. Sie werden sehen, dass wir für die eher theoretischen und eher prakti-schen Ausbildungsabschnitte bestimmte Gradierungen als Norm oder Regelfall vorgelegt

22

haben. Viele von Ihnen werden sagen, wir hätten möglicherweise denselben Fehler gemacht wie die Bildungsstandards für die Schülerinnen und Schüler, nämlich den Normfall festgele-gen und nicht die Mindeststandards, die erreicht werden müssen Das hatte bei uns tatsäch-lich auch den Grund, dass es sich schlichtweg unmöglich gestaltete, auf der Basis unseres jetzigen Wissens vernünftig und rational so etwas wie Mindeststandards zu formulieren. Ich denke, dazu muss man einfach noch über mehr Wissen verfügen, bevor man diese Normen formuliert. Noch eine letzte Anmerkung: In der praktischen Handhabbarkeit der Standards kann man sich durchaus an den Bildungsstandards orientieren, wie sie für die Schule formuliert werden - als Lernergebnisse „im Normalfall“ bzw. Kompetenzen.

Dass sich Bildungsstandards an wissenschaftlichen Kompetenzmodellen orientieren sollten, das halte ich prinzipiell für richtig, ich halte es auch für sehr wichtig, dass wir für die Lehrer-bildung diese wissenschaftlichen Kompetenzmodelle weiter entwickeln und da auch mehr Aufwand hineinlegen. Es sollte keine intuitive Entscheidung sein, was so ein Standard in der Lehrerbildung ist. Die Standards sollte man im Prinzip genauso rational herleiten können wie beispielsweise die Standards für Lesekompetenz oder Mathematik.

Orientierung an den „Bildungsstandards“ für die Schule

Bildungsstandards formulieren verbindliche Anforderungen für das Lehren und Lernen. Die B ildungsziele werden als Lernergebnisse bzw. Kompetenzen formuliert. Dabei sollten sich B ildungsstandards an wissenschaftlichen Kompetenzmodellen orientieren.

[wissenschaftliche Kompetenzmodelle befinden sich für die Lehrerbildung im Anfangsstadium.]

K liem e, E. u. a. (2003). Expertise zur Entwicklung nationaler B ildungsstandards. http://www.bmbf.de/pub/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf

In Anlehnung an:

Damit bin ich beim 3. Punkt. Hier will ich exemplarisch ein paar Formulierungen betrachten, wie sie für Kompetenzen und Standards in den theoretischen und praktischen Ausbildungs-teilen formuliert wurden. Ich mache das, wie gesagt, exemplarisch. Die Standards und Kompetenzen umfassen im KMK-Beschluss insgesamt, Sie kennen das Papier wahrscheinlich, mehrere Seiten. Es gibt nichts Langweiligeres, als eine Kompetenz nach der anderen vorzutragen. Das lesen Sie, glaube ich, besser selbst und diskutieren es noch in Ihren Arbeitsgruppen. Was ich tun möchte, ist, die 11 Kompetenzen darzustellen und exemplarisch den einen oder anderen Standard der theoretischen und praktischen Ausbil-dungsanteile zu betrachten.

23

D ie 1 1 K o m p e te n z e n u n d e x e m p la r isc h e S ta n d a rd s

1. L e h re r in n e n u n d L e h re r p la n e n U n te r r ic h t fa c h - u n d s a c h g e re c h t u n d fü h re n ih n s a c h lic h u n d fa c h lic h k o r re k t d u rc h .

Man merkt wirklichen vielen Formulierungen an, dass sie sehr konsensual entstanden sind. Hier fehlt vielleicht zum Beispiel noch, das hätte man noch anfügen können, fachliche und sachliche Lehre, um es noch einmal stärker zu betonen. Aber das war eben in vielen Kleinig-keiten wirklich ein Ringen um Formulierungen. Wenn Sie die darunter formulierten Standards betrachten, sehen Sie, dass wir hier folgende formuliert haben:

Absolventinnen und Absolventen kennen die einschlägigen Bildungstheorien,

verstehen bildungs- und erziehungstheoretische Ziele, so wie die daraus abzuleitenden Standards und reflektieren sie kritisch,

kennen allgemeine und fachbezogene Didaktiken.

Die Fachdidaktiken sind angesprochen, sie sind auch in der Erweiterung an einigen Stellen mitgedacht, aber wie gesagt, in der jetzigen Formulierung sind die Fachdidaktiken nicht voll-ständig enthalten.

Wissen, was man bei der Planung von Unterrichtseinheiten beachten muss. Dazu parallel das Ziel oder der Standard in der praktischen Ausbildungsphase:

Verknüpfen fachwissenschaftliche und fachdidaktische Argumente und planen und gestalten Unterricht.

Wie Sie sehen, ist dieser Standard stärker auf die Handlungen bezogen. Wieder in die theo-retischen Ausbildungsabschnitte:

Kennen unterschiedliche Unterrichtsmethoden und Aufgabenformen und wissen, wie man sie situations- und anforderungsgerecht einsetzt,

also das Kennen und das Wissen darum, wie man es einsetzt, während dann in den prakti-schen Ausbildungsabschnitten hier der Standard formuliert ist:

Wählen Inhalte und Methoden, Arbeits– und Kommunikationsformen aus, also das Wissen und dann die Handlungsorientierung.

Kennen Konzepte der Medienpädagogik und –psychologie. In der Praxis wieder eine Formulierung, die die Kenntnis über situationsgerechte und an-forderungsgerechte Einsatzbedingungen voraussetzt:

Integrieren, moderne Informations- und Kommunikationstechnologien didaktisch sinnvoll und reflektierenden eigenen Medieneinsatz.

Der letzte Punkt war der gesamten Kommission von großer Wichtigkeit:

kennen Verfahren für die Beurteilung von Lehrleistungen und Unterrichtsqualität als Aufgabe der theoretischen Bestandteile und

überprüfen die Qualität des eigenen Lehrens

24

als Aufgabe der praktischen Ausbildungsphasen und dann auch natürlich in der weiteren Be-rufstätigkeit.

• kennen die einschlägigen Bildungstheorien, verstehen bildungs- und erziehungstheoretische Ziele sowie die daraus abzuleitenden Standards und reflektieren diese kritisch.

• kennen allgemeine und fach-bezogene Didaktiken und wissen, was man bei der Planung von Unterrichtseinheiten beachten muss.

• kennen unterschiedliche Unterrichtsmethoden und Aufgabenformen und wissen, wie man sie situations- und anforderungsgerecht einsetzt.

• kennen Konzepte der Medienpädagogik und -psychologie…

• kennen Verfahren für die Beurteilung von Lehrleistung und Unterrichtsqualität.

Theoretische Ausbildungsabschnitte

Praktische Ausbildungs-abschnitte

Die Absolventinnen und Absolventen…

• verknüpfen fachwissenschaftliche und fachdidaktische Argumente und planen und gestalten Unterricht.

• wählen Inhalte und Methoden, Arbeits- und Kommunikationsformen aus.

• integrieren moderne Informations- und Kommunikationstechnologien didaktisch sinnvoll und reflektieren den eigenen Medieneinsatz.

• überprüfen die Qualität des eigenen Lehrens.

[Manchen Formulierungenmerkt man das Ringen um einen Kompromiss an.]

Die nächsten Kompetenzen möchte ich nur in den Rahmenkompetenzen ohne die Standard-formulierungen vorstellen.

Lehrerinnen und Lehrer unterstützen durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern, sie motivieren Schülerinnen und Schüler und befähigen sie Zusammenhänge herzustellen und Gelerntes zu nutzen.

Das ist eine eigenständige Kompetenz, um das Lernen noch einmal stärker im Gegensatz zum Schwerpunkt auf dem Lehren in der 1. Kompetenz zu pointieren; und das ist deshalb noch einmal eigenständig formuliert worden, um diesen motivationalen Aspekt: Interesse, Motivation und die Anwendung von Wissen in besonderer Weise zu betonen.

25

D i e 1 1 K o m p e t e n z e n u n d e x e m p l a r i s c h e S t a n d a r d s

1 . L e h r e r i n n e n u n d L e h r e r p l a n e n U n t e r r i c h t f a c h - u n d s a c h g e r e c h t u n d f ü h r e n i h n s a c h l i c h u n d f a c h l i c h k o r r e k t d u r c h .

2 . L e h r e r i n n e n u n d L e h r e r u n t e r s t ü t z e n d u r c h d i e G e s t a l t u n g v o n L e r n s i t u a t i o n e n d a s L e r n e n v o n S c h ü l e r i n n e n u n d S c h ü l e r n . S i e m o t i v i e r e n S c h ü l e r i n n e n u n d S c h ü l e r u n d b e f ä h ig e n s i e , Z u s a m m e n h ä n g e h e r z u s t e l l e n u n d G e le r n t e s z u n u t z e n .

3 . L e h r e r i n n e n u n d L e h r e r f ö r d e r n d i e F ä h ig k e i t e n v o n S c h ü l e r i n n e n u n d S c h ü l e r n z u m s e lb s t b e s t i m m t e n L e r n e n u n d A r b e i t e n .

Die 3. Kompetenz Lehrerinnen und Lehrer fördern die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern zum selbstbestimmten Lernen und Arbeiten, meint so etwas wie Lernstrategien, Strategien des selbst gesteuerten Lernens, aber auch Selbstmotivationsstrategien, Kenntnis darüber und dann auch die Reflexion und Anwendung.

Die 4. Kompetenz: Von hier an hier handelt es sich jetzt nicht mehr um die Aufgaben des Lehrens und Lernens, sondern um die Aufgabe des Erziehens.

Lehrerinnen und Lehrer kennen die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen von Schü-lerinnen und Schülern und nehmen im Rahmen der Schule Einfluss auf deren individuelle Entwicklung..

Lehrerinnen und Lehrer vermitteln Werte und Normen und unterstützen selbstbestimmtes Urteilen und Handeln von Schülerinnen und Schülern.

Das war, wie sie sich vorstellen können, eine Kompetenz, bei der besonders hart um jede Formulierung gerungen wurde, z.B. ob da noch demokratisch dazugehört, und wenn ja, wo und warum.

Lehrerinnen und Lehrer finden Lösungsansätze für Schwierigkeiten und Konflikte in der Schule.

Das ist eine Kompetenz, die vielleicht einige von Ihnen erstaunt hat, deshalb möchte ich sie kurz noch einmal entfalten und Ihnen die Standards dazu vorstellen. Ausgangspunkt war die Überzeugung, dass der Umgang mit Gesprächs- und Konfliktsituationen, seien sie im Klas-senzimmer, Stichwort Disziplinschwierigkeiten, seien sie im Kollegium, eine Kernkompetenz darstellt, der zunehmend auch Bedeutung im Lehrerhandeln zukommen wird. Daher wurde diese Kompetenz eigens formuliert.

Hier die Standards am Ende der theoretischen Ausbildungsabschnitte:

Die Absolventinnen und Absolventen verfügen über Kenntnisse zu Kommunikation und In-teraktion,

kennen Regeln der Gesprächsführung sowie Grundsätze des Umgangs miteinander, die im Unterricht Schule und Elternarbeit bedeutsam sind,

kennen Risiken und Gefährdungen des Kindes- und Jugendalters, sowie Präventions- und Interventionsmöglichkeiten,

26

also wenn sie so wollen, klinische Entwicklungspsychologie als Thema und

analysieren Konflikte und kennen Methoden der konstruktiven Konfliktbearbeitung und des Umgangs mit Gewalt.

Soweit die theoretische Seite, nun die praktische:

Absolventinnen und Absolventen gestalten soziale Beziehungen und soziale Lernprozesse,

erarbeiten mit Schülerinnen und Schülern Regeln des Umgangs miteinander und setzen sie um,

wenden im konkreten Fall Strategien und Handlungsformen der Konfliktprävention und Lö-sung an. Was hier noch einmal wichtig ist: Das bedeutet nicht eine Trennung von 1. und 2. Phase, sondern es sind theoretische Ausbildungsanteile und praktische Ausbildungsanteile. Das war ein Anliegen der Kommission, dass mit dieser Aufteilung auch die Kommunikation angeregt wird, nämlich die Kommunikation darüber, worauf wir uns bei Absolventen von unseren Uni-versitäten denn verlassen können. Mit welchen Kompetenzen in welcher Gradierung, mit welchen Standards, die Studierenden in die 2. Phase kommen und worauf wir dann aufbau-en können, sowohl an theoretischem Wissen, als auch möglicherweise schon an ersten Er-fahrungen. Diese Trennung hier, wie sie gedacht ist, war nicht eine Trennung, sondern die Möglichkeit, das Ineinandergreifen im Gespräch in den einzelnen Ländern zu klären oder zumindest diesen Prozess anzuregen bzw. auf Tagungen wie dieser.

• verfügen über Kenntnisse zur Kommunikation und Interaktion.

• kennen Regeln der Gesprächsführung sowie Grundsätze des Umgangs miteinander, die in Unterricht, Schule und Elternarbeit bedeutsam sind.

• kennen Risiken und Gefährdungen des Jugendalters sowie Präventions- und Interventionsmöglichkeiten.

• analysieren Konflikte und kennen Methoden der konstruktiven Konfliktbearbeitung und des Umgangs mit Gewalt.

Theoretische Ausbildungsabschnitte

Praktische Ausbildungs-abschnitte

Die Absolventinnen und Absolventen…

• gestalten soziale Beziehungen und soziale Lernprozesse in Unterricht und Schule.

• erarbeiten mit den Schülerinnen und Schülern Regeln des Umgangs miteinander und setzen sie um.

• wenden im konkreten Fall Strategien und Handlungsformen der Konfliktprävention und -lösung an.

27

Die nächste Rahmenkompetenz war die Diagnose. Hier ist es die Kompetenz:

Lehrerinnen und Lehrer diagnostizieren Lernvoraussetzungen und Lernprozesse von Schü-lerinnen und Schülern.

Sie fördern Schülerinnen und Schüler gezielt und beraten Lernende und deren Eltern.

Lehrerinnen und Lehrer erfassen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grund-lage transparenter Bewertungsmaßstäbe.

Der Bereich der Leistungsdiagnostik ist hier sehr eng formuliert, ist hier nur angesprochen.

Der letzte Aufgabenbereich, im Ursprungspapier waren es zwei, die wurden hier zu-sammengezogen zu einem, Innovieren:

Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre eigene Kompetenz weiter.

Das ist ein Beispiel, das Herr Oelkers, der auch Mitglied der Kommission war, bei anderer Gelegenheit als schlechtes Beispiel für eine Kompetenzformulierung und auch für die Stan-dardformulierung genommen hat. Ich stimme ihm da tendenziell zu. Formuliert ist es so:

Lehrerinnen und Lehrer sind sich der besonderen Anforderung des Lehrerberufs bewusst,

sie verstehen ihren Beruf als ein öffentliches Amt mit besonderer Verantwortung und Ver-pflichtung. Es wird nicht sehr viel besser, wenn man sich die konkreten Standards für die theoretische und praktische Ausbildungsphase anguckt. Wir haben hier, das ist jetzt die letzte Folie, die ich vorstelle, am Ende der theoretischen Ausbildungsabschnitte:

Absolventinnen und Absolventen kennen die Grundlagen und Strukturen des Bildungssys-tems und von Schule als Organisation,

kennen die rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit, z. B. Grundgesetz, Schulge-setze,

reflektieren ihre persönlichen berufsbezogenen Wertvorstellungen und Einstellungen und

kennen wesentliche Ergebnisse der Belastungs- und Stressforschung.

Hier hat Oelkers, wie ich finde, durchaus mit Recht gesagt, das riecht so ein bisschen nach Restkategorie, was uns noch eingefallen ist, das stecken wir irgendwie in Kompetenz neun.

Praktische Ausbildungsanteile:

Lernen mit Belastung umzugehen.

Ich denke, dieser Belastungsaspekt (unabhängig von der Frage, ob er denn zu Kompetenz 9 gehören muss), der Umgang mit Belastungen und auch das Sich-Schützen-Können vor Be-lastungen und vor Burnout, ist sicher eine Kompetenz, die ganz zentral ist und die auch im-mer wieder genannt wird. Alle in der Kommission haben darauf geachtet, dass dieser Aspekt in irgendeiner Weise in diesem Papier ist.

28

Setzen Arbeitszeit und Arbeitsmittel zweckdienlich und ökonomisch ein,

praktizieren kollegiale Beratung als Hilfe zur Unterrichtsentwicklung und Arbeitsentlastung sind die letzten Standards der praktischen Ausbildungsanteile.

• kennen die Grundlagen und Strukturen des Bildungssystems und von Schule als Organisation.

• kennen die rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit (z. B. Grundgesetz, Schulgesetze).

• reflektieren ihre persönlichen berufsbezogenen Wertvorstellungen und Einstellungen.

• kennen wesentliche Ergebnisse der Belastungs- und Stressforschung.

Theoretische Ausbildungsabschnitte

Praktische Ausbildungs-abschnitte

Die Absolventinnen und Absolventen…

• lernen, mit Belastungen umzugehen. • setzen Arbeitszeit und Arbeitsmittel

zweckdienlich und ökonomisch ein. • praktizieren kollegiale Beratung als

Hilfe zur Unterrichtsentwicklung und Arbeitsentlastung.

Damit ist ein kleiner Einblick in die Formulierungen der Kompetenzen und auch der Stan-dards gegeben. Es gibt viele Formulierungen, an denen können sich auch sofort - und das merke ich auch bei Ihnen - Diskussionen entzünden. Es geht mir ganz ähnlich. Ich würde am liebsten auch darüber diskutieren. Es ist aber insgesamt sehr positiv, dass es diesen Rahmen gibt und dass er auch so gesetzt wurde, dass man daran weiter arbeitet, dass man daran auch in den Formulierungen weiter arbeitet.

Die letzten beiden Kompetenzen:

Lehrerinnen und Lehrer, verstehen ihren Beruf als ständige Lernaufgabe und Lehrerinnen und

Lehrer beteiligen sich an der Planung und Umsetzung schulischer Projekte und Vorhaben.

. Das sind also jetzt wirklich alle Kompetenzen.

29

1 . L e h r e r in n e n u n d L e h r e r s in d s ic h d e r b e s o n d e r e n A n f o r d e r u n g e n d e s L e h r e r b e r u f s b e w u s s t . S ie v e r s t e h e n ih r e n B e r u f a ls e in ö f f e n t l ic h e s A m t m it b e s o n d e r e r V e r a n t w o r t u n g u n d V e r p f l ic h t u n g .

2 . L e h r e r in n e n u n d L e h r e r v e r s t e h e n ih r e n B e r u f a ls s t ä n d ig e L e r n a u f g a b e .

3 . L e h r e r in n e n u n d L e h r e r b e t e i l ig e n s ic h a n d e r P la n u n g u n d U m s e t z u n g s c h u l is c h e r P r o je k t e u n d V o r h a b e n .

Ich möchte dann zum Abschluss ein paar Weiterentwicklungen und auch ein paar Einsprü-che skizzieren.

Zunächst ein Überblick:

1 . B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r F a c h d i d a k t i k e n u n d F ä c h e r

2 . E n t w i c k l u n g v o n E v a l u a t i o n s v e r f a h r e n

3 . S t a n d a r d s f ü r d i e a n d e r L e h r e r b i l d u n g b e t e i l i g t e n I n s t i t u t i o n e n

4 . F o r s c h u n g z u „ w i s s e n s c h a f t l i c h e n K o m p e t e n z m o d e l l e n “

W a s k ö n n e n u n d w i s s e n „ g u t e L e h r p e r s o n e n “ ? : I n t e g r a t i o n b e s t e h e n d e r P e r s p e k t i v e n u n d w e i t e r e F o r s c h u n g !

5 . F o r s c h u n g z u m p r o f e s s i o n e l l e n L e r n e n ( u n d d e s s e n G e l i n g e n s b e d i n g u n g e n ) v o n L e h r k r ä f t e n

Mein 1. Punkt betrifft die Berücksichtigung der Fachdidaktiken und der Fächer.

Das Thema des Papiers waren die Bildungswissenschaften. Wir haben schon ein paar kriti-sche Worte über die Pädagogik gehört. Die Pädagogik ist natürlich nicht allein verantwortlich für den bildungswissenschaftlichen Bereich, das ist auch die Psychologie, da sind auch an-dere Disziplinen, wie bzw. Politologie, Philosophie, wenn auch in geringerem Umfang. Die Idee der Standardformulierung sollte jetzt aufgegriffen werden und für die Formulierung von Standards in den Fächern anschlussfähig gemacht werden. Das sehe ich als große Heraus-forderung.

Ein zweiter Punkt ist die Entwicklung von Evaluationsverfahren. Wir haben vorher viel von der Bedeutung von Evaluation gehört. Ich möchte hier auf eine Darstellung meines Kollegen Klieme zurückkommen, der anlässlich eines Papiers über die Bildungsstandards in Schulen deutlich gemacht hat, warum diese Evaluationsverfahren wichtig sind.

Das klassische Inputmodell von Steuerung ist, dass man Ressourcen vorgibt, Vorgaben vor-gibt, die zumindest einmal in der Idee der Planer für eine bestimmte Qualität der Ausbildung mit bestimmten Lernergebnissen sorgen.

30

INPUTRessourcen,

VorgabenQualität der Ausbildung

LernergebnisseWirkungen

Dieses Modell ist verändert worden in eine output-orientierte Steuerung, die Klieme einmal so in einer Grafik veranschaulicht hat.

Ziel ist, dass man die Lernergebnisse misst, um damit eine professionelle Entwicklung von Ausbildungsorten und/oder Schulen - je nachdem, wofür die Standards formuliert sind - zu erreichen. Der Input, worunter Bildungsstandards natürlich auch zu verstehen sind, wird hier ergänzt um eine Überprüfung der Lernergebnisse, eine Überprüfung der Wirkungen. Die Ü-berprüfung der Wirkungen soll dazu dienen, dass lokal vor Ort an den Hochschulen, an den Ausbildungseinrichtungen, die beteiligt sind, Qualität verbessert wird.

Das Ganze wird zumindest in den Schulen immer stark damit in Verbindung gebracht, dass Schulen angewiesen sind auf externale Unterstützung, beispielsweise auf die Unterstützung von Fortbildungseinrichtungen, auf die Moderation von Schulentwicklungsprozessen und Ähnliches mehr. Wenn man sich das jetzt für die Lehrerbildung ansieht, muss man sagen: Na gut, wir haben Standards. Was wir noch nicht haben, sind Testverfahren. Die sollen in einem Institut an der Humboldt-Universität in Berlin entwickelt werden. Das sind also zwei Dinge, die wir in jedem Fall noch brauchen: Test- und Rückmeldeverfahren.

Man kann aber auch fragen: Wie sieht es eigentlich in den Institutionen der Lehrerbildung, insbesondere in den Hochschulen, mit der Unterstützung aus? Wenn die Entwicklung von

31

Ausbildungsorten angeregt werden soll: Schaffen das die Ausbildungsorte alleine oder ist da nicht auch ein bisschen Kompetenz von außen erforderlich?

Was also zur Implementation dazukommt, ist zumindest eine Frage und man könnte natür-lich auch ganz boshaft sein und sagen: Na ja, so etwas wie der Prozess der Qualitätsent-wicklung ist vielleicht auch etwas, was jetzt erst in der einen oder anderen Institution ange-stoßen wird oder vielleicht noch gar nicht in dem Maße besteht.

Den 3. Punkt, der in meinen Augen wichtig für eine Weiterentwicklung wäre, habe ich auch schon angesprochen. Ich denke, dass es problematisch ist, nur Personenstandards zu for-mulieren. Man muss sich auch um institutionelle Rahmenbedingungen kümmern. Dazu liegt natürlich noch weniger Wissen vor. Ich habe ein paar Punkte aufnotiert, die für so eine Dis-kussion in den Universitäten im Moment im Gange sind und ich wollte dazu anregen, dass Sie vielleicht in den Workshops diskutieren, was denn Institutionsstandards für die 2. Phase der Ausbildung sein könnten, die für eine gelingende Ausbildung erforderlich sind.

In den Universitäten haben wir den Eindruck, es würde die „Lehrerbildung als Fremdkörper“ gesehen. So steht es auch im Bericht der Arbeitsgruppe. In der Tat ist es ja ein viel disku-tiertes Problem, dass die Universitäten sich der Aufgabe der Lehrerbildung immer mit eher halbherziger Motivation gewidmet haben, weil sie andere wissenschaftliche Ausbildungs-gänge vielleicht eher als ihr Klientel betrachtet haben, um es mal ganz vorsichtig zu formu-lieren. Insbesondere was die Pflichtschulausbildung betrifft, ist natürlich dieser Fremdkörper-charakter immer geblieben. Die Integration der Pädagogischen Hochschulen ist, glaube ich, nirgendwo so richtig gelungen, wo sie vorgenommen wurde.

Über diesen Fremdkörperstatus hinwegzukommen, institutionell hinwegzukommen, das halte ich persönlich für die große Herausforderung, der sich Universitäten gegenüber sehen. Das wird in meinen Augen nicht dadurch gelingen, dass wir schachspielartig Module formal zu-sammenstricken. Dabei werden solche Grenzen nur sehr eingeschränkt überwunden. Es wird auch nicht durch die Einrichtung von Zentren für Lehrerbildung gelingen. Ich bin selbst Mitglied in so einem Zentrum. In Wuppertal haben wir die relativ einmalige Situation, dass gesagt wurde, wir wollen kein klassisches Zentrum für Lehrerbildung, wir wollen es auch ver-knüpfen mit Bildungsforschung. Die Lehrerbildung muss sozusagen mit Bildungsforschung unterfüttert werden, sie muss mit ihr zusammen gehen, das ist die Idee der Bergischen Uni-versität, die ich auch sehr charmant und sehr schön finde. Das war auch mit ein Grund, wes-halb ich dorthin gewechselt bin. Aber es ist sehr schwierig, genau diese Bereiche miteinan-der zu verbinden und es stellt vor eine Fülle neuer Herausforderungen.

Ein paar andere Institutionenstandards möchte ich zumindest noch kurz ansprechen:

Die Standards, von dem die Hochschulen momentan betroffen sind, sind nicht die Standards der KMK, sondern die Standards, die mit der Umstellung auf BA- und MA-Studiengänge zu-sammenhängen. Diese Studiengänge bedeuten eine unendliche Zunahme an Prüfungen und eine unendliche Zunahme an Studierenden, und zwar nicht unbedingt wegen der erhöhten Semesterwochenstundenzahl. Die bleibt ja in den meisten Ideen relativ konstant, mal ein paar hin, ein paar her, aber das ist nicht so dramatisch. Ich komme ursprünglich aus Bayern. Da sind bestimmte Semesterwochenstunden vorgeschrieben; die sind völlig illusorisch. Wenn die Semesterwochenstunden von den Studierenden eingehalten würden, dann müsste man Pädagogik, Psychologie und die beteiligten Bildungswissenschaften ab morgen verfünf-fachen oder andere Lösungen finden. Die Studierenden studieren schlicht diese Curricula nicht. Das ist kein großes Geheimnis. In der BA – MA-Lösung werden sie aber gezwungen, sie zu studieren, weil sie nämlich jeden Credit-Point nachweisen müssen. Dieser Nachweis erfordert, das ist auch vorgeschrieben, Anwesenheit, sprich: die Studierenden sind plötzlich alle da. Das ist einerseits ganz großartig, wir freuen uns ja immer darüber, wenn uns jemand begeistert zuhört, aber das ist insofern nicht sehr großartig, weil die curricularen Normwerte,

32

- das bedeutet, wie viel Lehrpersonal gibt es für wie viel Studierende - auf Märchenzahlen aus den 80-ziger Jahren aufgebaut sind.

Ohne eine Anpassung dieser Zuordnung von Stunden zu Studierenden ist eine BA-MA-Lö-sung aus meiner Perspektive schlicht nicht oder nur ganz problematisch zu leisten. Es wun-dert mich, dass bisher so wenig Aufmerksamkeit darauf gelegt wurde. Die Berliner haben reagiert, die haben ganz dramatisch die curricularen Normwerte verändert und haben ganz dramatisch die Studierendenzahlen erniedrigt, wirklich ganz dramatisch. Andere Länder du-cken sich ein bisschen weg und sagen: Wird schon wieder vorbeigehen. Ich bin mir nicht si-cher, dass das mittel- und langfristig gut geht und glaube auch tatsächlich, dass die Qualität des Studiums darunter massiv leidet.

Wir können Standards formulieren, wie wir wollen. Wenn wir Seminare mit 80 bis 90 Leuten haben, weil sie plötzlich alle da sind, und vielleicht auch 200, wir können noch ein fröhliches Wettbieten machen, dann werden wir das an den Universitäten nicht umsetzen können.

Eine nächste Gefahr sollte man durch die Standarddiskussion nicht ganz aus dem Auge ver-lieren, nämlich die Frage der Wechselmöglichkeiten.

Der Bologna-Prozess strebt an, dass durch die BA-MA-Lösungen Studierende von, ich weiß auch nicht, Turku in Finnland nach Rom wechseln können und umgekehrt. Aber wenn es so weitergeht, ist es in vier Jahren nicht mehr möglich, von Bochum nach Wuppertal zu wech-seln oder umgekehrt.

Es gibt dann innerhalb eines Landes und landesübergreifend Differenzen, die vielleicht noch schwieriger sind. Man muss durchaus auch die Frage wieder diskutieren, wie denn nicht nur allgemein am Ende der Ausbildung bestimmte Kompetenzen erreicht werden sollen, sondern wie die angeordnet sind und wie Wechselmöglichkeiten durch Zusatzmodule oder durch An-gebote an Wechsler zumindest eröffnet werden können. Natürlich ist das mit der Modulari-sierung angedacht und ich glaube auch, dass die Modularisierung ein gutes Instrument ist, das prinzipiell zu ermöglichen. Nur muss man das dann auch noch konkret umsetzen. Wovor mir auch bangt ist, die Frage der Anerkennung von Wechseln. Das ist ja auch wieder ein Verwaltungsakt, der muss organisiert sein. Also da ist sicher auch noch relativ viel zu tun.

Ich habe vorher gesagt, Lehrerbildung sei an Universitäten immer noch so etwas wie ein Fremdkörper. Zentren für Lehrerbildung sind die derzeitig präferierte institutionelle Antwort auf dieses Fremdkörperdasein. Ich bin mir nicht sicher, ob das genügt. Ich finde diese Idee von professional schools, wie wir sie in anderen Bereichen haben, gut. Mediziner beispiels-weise werden auch sehr heterogen ausgebildet. Ein Anatom hat mit einem klinischen Psych-iater letztendlich nicht viel mehr gemeinsam als eine Erziehungswissenschaftlerin vielleicht mit jemandem aus der Chemiedidaktik, möglicherweise noch weniger. Trotzdem sind sie in einer Fakultät. Und die Ausbilder haben ein gemeinsam getragenes Ziel, nämlich gute Ärzte zu qualifizieren. Es wird ja auch innerhalb der Erziehungswissenschaft diskutiert, dieses Mo-dell von professional schools, also Fakultäten, Fachbereiche, die ein identifizierbares Ziel haben, wir erzeugen eine hohe Lehrerbildungsqualität. Ich könnte mir vorstellen, dass das eine Idee wäre, die man vielleicht ja zumindest an der einen oder anderen Stelle ventilieren sollte, nicht, um grundsätzlich so etwas umzusetzen, aber eben als ein Modell, das sich viel-leicht in der einen oder anderen Hochschule auch umzusetzen lohnt.

Für die 2. Phase habe ich ganz absichtlich keine Institutionsstandards formuliert, da sind Sie nämlich die weitaus größeren Expertinnen und Experten, als ich es bin. Aber ich möchte Sie dazu anregen, vielleicht auch ein wenig in den Workshops diese Frage zu diskutieren, was man denn an Institutionsstandards braucht.

33

E in ig e G e d a n k e n z u In s t i tu t io n e n s ta n d a r d s

U n iv e r s itä te n

– L e h r e r b ild u n g a ls „F r e m d k ö r p e r “ ?

– Z e n tr e n fü r L e h r e r b ild u n g

– C u r r ic u la r e N o r m w e r te

– M ö g lic h k e ite n d e s W e c h s e ls ( v ö llig in k o m p a t ib le B A /M A - R e fo r m e n )

– B ild u n g v o n „p r o fe s s io n a l s c h o o ls “

Z w e ite P h a s e ? ?

Der vorletzte Punkt meines Vortrags betrifft die Forschung zu wissenschaftlichen Kompe-tenzmodellen.

Wir wissen relativ wenig, was gute Lehrpersonen überhaupt auszeichnet. Es gibt sehr ver-schiedene Forschungsperspektiven, die diese Frage beantworten. Ich habe einmal bei-spielhaft zwei Perspektiven zusammengetragen.

Eine Perspektive, die kennen sie vielleicht, ist die so genannte Schuleffektivitätsforschung. Besonders die Holländer sind da sehr aktiv. Forschung zu „schol effectiveness“ versucht Schulleistungen der Schülerinnen und Schüler in Beziehung zu setzen mit bestimmten Schulmerkmalen und auch Lehrermerkmalen. Wenn man da guckt, was denn entscheidende Bedingungen an Schulen und Lehrkräften sind, gibt es ein paar Punkte, die wichtig sind. Die möchte ich kurz zumindest ansprechen.

Eine hohe Erwartungshaltung der Lehrkräfte, also so etwas wie eine positive Erwartung an die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, dass man anderen etwas zutraut, ist ein Punkt, der sich in vielen Studien als relativ wichtig erwiesen hat. Schulen, in denen Lehrper-sonen eher das Gefühl vermitteln, sie trauen ihren Schülerinnen und Schülern nichts zu, so schon nicht und auch keine Lernfortschritte, haben tatsächlich durch selbst erfüllende Pro-phezeiungen eher schlechtere „Lernergebnisse“.

Pädagogische Führung betrifft die Schulleitung. Konsens und Zusammenhalt im Kollegium betreffen die ganze Schulatmosphäre. Aber natürlich braucht man dafür auch bestimmte Konsequenzen. Zu dem Punkt gibt es auch widersprüchliche Ergebnisse.

• Qualität der Lerngelegenheiten ist ein Faktor,

• Schulklima,

• eine Evaluationsorientierung in den Studien, in denen das erfasst wurde und

• die Einbeziehung der Eltern.

Das war meine erste Antwort auf die Frage, was sind denn Bereiche, die notwendig sind. Aus dieser lassen sich ganz andere Kompetenzen ableiten und ganz andere Gradierungen für Kompetenzen und Standards als aus anderen Forschungsrichtungen.

34

Das ist das, was ich vorher meinte: Wir haben eigentlich noch relativ wenig Kompetenz-orientierung.

Schulleistungen der

Schüler/-innen

Erwartungshaltungder Lehrkräfte

(z. B. Scheerens, 2000; Scheerens & Bosker, 1997)

PädagogischeFührung

Konsens und Zusammen-halt im Kollegium

Qualität der Lerngelegenheiten

Schulklima

Evaluationsorientierung

Einbeziehung der Eltern

Eine Antwort der Schuleffektivi-tätsforschung

Es gibt auch andere Forschungsrichtungen, die sich mit der Frage beschäftigen, was gute Lehrer auszeichnet; beispielsweise die Forschung zur Lehrerexpertise. Bromme ist ein deut-scher maßgeblicher Vertreter. Die Expertiseforscher sind in anderen Disziplinen sehr wichtig, beispielsweise in der Medizin. Was diesen Forschungsansatz auszeichnet oder wie er vor-geht, ist, dass er Experten und Nichtexperten miteinander vergleicht, also klassischer Weise Personen innerhalb der ersten fünf Jahre ihres Berufsdaseins und Experten, die schon 15 Jahre in einer Schule lehren und die in irgendeiner Weise Qualität attestiert bekommen ha-ben - in der Regel durch Zuschreibungen der Kolleginnen und Kollegen. Man fragt ein Kolle-gium, wer ist ein guter Physik-, Chemie-, wie auch immer Lehrer. Man identifiziert dann Ex-perten und vergleicht Experten mit Novizen, also Anfängern. Was wir als ein zentrales Er-gebnis in diesen Studien sehen, was diese zwei Gruppen unterscheidet, ist das sogenannte fachspezifische, pädagogische Wissen: paedagogical knowledge. Und damit ist im Prinzip das fachdidaktische Wissen gemeint.

Aber die Frage des Wie ist nicht alles. Es gibt natürlich noch andere Expertisebereiche. Aber die Kompetenzen, Fachinhalte in das eigene Unterrichtshandeln zu übersetzen, gute Aufga-ben zu stellen, auf Aufgaben gute Rückmeldungen zu geben, haben sich als sehr wichtig er-wiesen. Dazu gehör auch zu diagnostizieren, was eine Schülerin oder ein Schüler falsch gemacht hat und wie ich versuchen kann, durch eine bestimmte Lerngelegenheit diesen Fehler zu korrigieren. Die Antwort der Expertiseforschung auf die Frage des „guten Lehrers“ fällt also ganz anders aus als das, was wir in der Schuleffektivitätsforschung vorher gesehen haben.

Eine dritte Antwort könnte man auf der Basis der Biografieforschung geben, die sich mit der Frage beschäftigt, wie das eigene Lehrerhandeln von der eigenen Biografie, der eigenen Lernbiografie und auch der Konstruktion der eigenen Biografie abhängig ist. Welches Ver-ständnis die einzelnen Personen von sich selbst haben und von ihrer Herkunft und Weiter-entwicklung. Auf dieser Basis lässt sich noch einmal eine ganz andere Antwort geben. Die Antwort, dass eine verarbeitete eigene Lerngeschichte vorliegen muss mit einer ja Einord-

35

nung der eigenen schulischen Erfahrungen in einen größeren Kontext einer Neubewertung, sich eigene Erinnerungen wachrufen und sich mit denen kritisch auseinanderzusetzen, so-wohl dazu Distanz einzunehmen, als auch positive Erfahrungen beispielsweise selbst weiter-zuführen oder einzufügen in anderes Wissen, das man über sein Lehrerhandeln hat.

A n d e r e A n t w o r t e n …E x p e r t is e f o r s c h u n g : B e d e u t u n g f a c h s p e z i f is c h e n p ä d a g o g is c h e n W is s e n s

B io g r a f ie f o r s c h u n g : B e d e u t u n g d e r e ig e n e n L e r n b io g r a f ie u n d d e r e ig e n e n K o n s t r u k t io n v o n B io g r a f ie

Was ich damit zeigen möchte, ist eine Veranschaulichung der vorher abstrakten Aussage, wir hätten noch kein sehr gutes Kompetenzmodell von Lehrerinnen und Lehrern. Wir dilletie-ren da ein bisschen, haben auch wirklich zu wenige empirische Forschungen. Die Fragestel-lung beginnt aber als Thematik gerade durchaus international wichtiger zu werden: Was zeichnet gute Lehrpersonen aus?

Und damit bin ich beim letzten Punkt. Wie können wir professionelle Lerngelegenheiten für Lehrerinnen und Lehrer gestalten? Eine aktuellere Studie aus den USA vergleicht Crash-Kurse für Seiteneinsteiger mit einer Gruppe mit einer standardisierten Hochschulausbildung in ihrer Effektivität. Beim Berufseinstieg gab es Unterschiede zwischen diesen beiden Grup-pen in der professionellen Kompetenz. Die Studierenden, die von einer regulären Ausbil-dungsinstitution kamen, wurden von den Schülerinnen und Schülern als besser beurteilt und haben sich selbst als etwas kompetenter erlebt als die Absolventinnen und Absolventen des Crash-Kurses. Aber der Unterschied war nicht unbedingt berauschend. Er hätte angesichts des Aufwandes, den man in die Ausbildung gesteckt hat, durchaus noch ein Nasenspitzchen größer ausfallen können.

Auch hier also wieder die Frage: Wir brauchen nicht nur ein Kompetenzmodell im Sinne von: „Das sind die Kompetenzen, die erreicht werden sollen.“ Sondern wir brauchen auch ein be-gründetes Modell dafür, wie man denn diese Kompetenzen denn erreichen kann.

Dazu existieren unglaublich tief sitzende intuitive und naive Vorstellungen, etwa, dass wir glauben, dass ein frühes Orientierungspraktikum wahnsinnig wichtig ist. Andere sagen, es ist, dass die Auszubildenden in einer zweistufigen Lehrerbildung erst einmal eine Fachaus-bildung machen und sich erst dann wieder mit der Frage der Schule auseinandersetzen müssen. Aber letztendlich haben wir wenig Ahnung, was richtig ist oder was für wen viel-leicht auch richtig ist.

Ich glaube, dass die Standards insgesamt ein erster durchaus wichtiger Schritt sind, diese Fragen in Zukunft zu beantworten. Sie sind kein perfekter Schritt, aber bieten zumindest An-lass für Weiterentwicklung; vielleicht auch für Kontroversen, aber das ist auch eine Weiter-entwicklung.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

36

Standards – Kompetenzen – Module in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Begriffe, Erfahrungen bei der Entwicklung und Umsetzung eines Ausbildungs-konzeptes Jürg Sonderegger, Pädagogische Hochschule Rorschach Bäume wachsen nicht in den Himmel … Die Lehrerinnen- und Lehrerbildung wächst – aber auch nicht in den Himmel. Der Vortragsstil und die Schweizer Rechtschreibung sind beibehalten worden. Die dazuge-hörende Power-Point-Präsentation kann von der Homepage des NiLS oder der des BAK ge-laden werden.

0. Einleitung Vorstellung Pädagogische Hochschule Rorschach (PHR): vor 1 ½ Jahren gestartet Ausbildung für Kindergarten und Primarschulstufe: Diplomtyp A: Kindergarten – 3. Klasse Diplomtyp B: 1. – 6. Klasse Allroundausbildung Modularisierte, einphasige Ausbildung mit Bachelor-Abschluss (Dauer: 3 Jahre) mit gros-sem Praxisanteil (25 %)

Der Baum ist gepflanzt, wächst und muss gedüngt und geschnitten werden … Was beschäftigt uns jetzt 1 ½ Jahre nach Ausbildungsbeginn?

1. Einblicke in meine Arbeit als Ausbildungsleiter in der letzten Woche Situationen in der letzten Woche:

• Montag: Studierende aus einer andern PH wollen nach dem 1. Jahr wegen Unzufrie-denheit nach Rorschach wechseln. Wir sitzen zusammen und überlegen uns, welche Ausbildungsmodule angerechnet und welche nachgeholt werden müssen. Ich sitze mit der Qualitätsverantwortlichen zusammen: Es herrscht eine recht grosse Unzufriedenheit bei den Studierenden des 3. Semesters. Sie haben das Gefühl, dass der Druck gegen Ende des Semester sehr gross war, dass die vielen Modulabschlüs-se und anstehenden Arbeiten sie kaum atmen lassen und zu einer Erledigungsmen-talität verführen. Ich diskutiere in der Folge mit verschiedenen Studierenden die Situ-ation.

• Dienstag: Die Aufsichtsbehörde verlangt einen Bericht, weshalb wir für die Zwischen- und Diplomprüfungen ECTS-Punkte vergeben. Dies sei so an den anderen Hoch-schulen nicht üblich.

• Mittwoch ist Jubeltag: Mit dem Informatiker und dem Sekretariat zusammen haben wir endlich eine angepasste Lösung gefunden, durch die die Administration der Mo-dule vereinfacht wird. Die Dozierenden füllen die Modulabschlussbestätigung aus, diese werden den Studierenden automatisch gut geschrieben.

• Donnerstag: Eine Studentin möchte ein Semester in Lausanne als Gastsemester ma-chen. Wir schauen, welche Module sie durch den Besuch von Veranstaltungen in Lausanne ersetzen könnte. Ich bespreche mit den Studienbereichs-/Fachbereichsverantwortlichen die Planung des nächsten Semesters. Wir bearbeiten die Module des nächsten Semesters und diskutieren insbesondere die Kompetenzanforderungen und Modulabschlüsse (Ver-

37

teilung, Art). Wir vereinbaren den Termin für definitive Ausschreibung der Module für das Sommersemester.

• Freitag: Einzelberatungen von 2 Personen: Eine ist Kindergartenlehrkraft und möchte sich mit einer Zusatzausbildung für den Unterricht in der Primarschule qualifizieren. Die andere hat einen universitären Abschluss als Heilpädagogin; sie hat aber keine Lehrbefähigung für den Unterricht an der Primarschule – sie kann beratend aber nicht über längere Zeit lehrend tätig sein und möchte einen entsprechenden Abschluss machen. Mit beiden erstelle ich ein Programm, welche Module in der Regelausbil-dung sie besuchen müssen, um zu diesem Abschluss zu kommen.

Soweit einige Einblicke, sie zeigen unterschiedliche Aspekte dieses Themas:

• Sequenzierung der Ausbildung • Eine Flexibilisierung und Individualisierung des Studiums • Ein sensibles Gefüge an Modulabschlüssen und Prüfungen • Koordinations- und Zusammenarbeitsbedarf • Administrationsbedarf

Soviel zur Einleitung, zu zentralen Themen, die uns im Folgenden beschäftigen werden. Gestatten Sie mir nun noch einen Bruch, einen Blick mit mehr Distanz aus einem andern Gebiet. Bäume fällen, um neuen Platz zu machen Was lernen wir von der Ausbildung zum Forstwart?

2. „Gefahrenarm Bäume fällen“ Ein Kollege von mir ist Förster und u.a. teilzeitig in der Ausbildung von Forstwarten / Forstwartinnen tätig. Er gibt dort einzelne Kurse. Z.B. „Gefahrenarm mit der Motorsäge Bäume fällen“. Nachfolgend eine Übersicht, die zu unserer Thematik überleiten wird: Kurseinheit: Bäume fällen

Modul

Inhalte der Kurseinheit • Ausrüstung • Gefahren und Sicherheitsmassnahmen • Techniken beim Fällen von Bäumen • Exkurs: Geschichte des Bäumefällens • ….

Kerncurriculum

Die Auszubildenden sind fähig, mit der Motorsäge in schwierigem Gelände gefahrenarm Bäume zu fällen.

Standard

Sie können: • Die Ausrüstung und das nötige Material bereit-

stellen • Das Gefahrenpotential im Gelände abschätzen • Angemessene Sicherheitsmassnahmen im Ge-

lände treffen • Den Seilzug richtig einrichten und befestigen • Den Sägeschnitt korrekt vorbereiten und durch-

führen • ….

Kompetenzen

Prüfungssituation: • Im Wald vor den Augen eines Experten/einer Ex-

pertin einen Baum fällen mit anschliessendem Prüfungsgespräch

Modulabschluss

38

Der Ausgangspunkt für das Konzipieren der Ausbildung der Forstwarte/innen war eine Be-rufsfeldanalyse. Im Zentrum stand die Frage: Was müssen die Berufsleute am Schluss der Ausbildung können. Das Können steht im Zentrum, nicht das Wissen, d.h. das Wissen steht im Dienst des Könnens. Wie sieht das nun im Lehrberuf aus? Haben wir eine Analyse der Anforderungen des Berufs-feldes erstellt? Haben wir Klarheit über Handlungskompetenzen, die nötig sind, im Beruf zu bestehen? Haben wir ein Kernwissen und -können, welches von allen Mitgliedern der Pro-fession geteilt wird? Solchen Fragen müssen wir uns in diesem Zusammenhang stellen. Den Wald verjüngen Was ist neu an der neuen Lehrer/innenbildung?

3. Lehrerinnen und Lehrerbildung (in der Schweiz) im Umbruch: zentrale Themen Die Ausbildung von Lehrpersonen ist in der Schweiz im Umbruch. Einige wenige Hinweise sind in unserem Zusammenhang zu beachten: Die Reform betrifft verschiedene Ebenen:

a) Strukturreform: Tertialisierung der Lehrer/innen und Lehrerausbildung Die Ausbildung der Lehrpersonen zumindest für die Kindergarten-/Primarschulstufe fand tra-ditionell in (Mittelschul-)Seminaren und damit auf der Sekundarstufe 2 statt. In den 90iger Jahren wurde durch die Schweizerische Erziehungsdirektorinnen und Direktorenkonferenz die Tertialisierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung beschlossen. Fortan sollte diese auf Hochschulstufe stattfinden, wobei die Pädagogischen Hochschule eine Zwitterstellung zwi-schen Universität und Fachhochschule einnehmen.

b) Systemreform: Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem Im Zug der Strukturreform erfolgte die Umstellung auf ein Bachelor- und Mastersystem, wo-bei Lehrkräfte des Kindergartens und der Primarschule (von Ausnahmen abgesehen) mit ei-nem dreijährigen Bachelorabschluss die Lehrbefähigung erhalten. Bei den Lehrkräften der Sekundarstufe 1 geht man in der Regel von einer 4jährigen Ausbildung aus. Deren Stellung im Bachelor/Mastersystem ist noch offen und umstritten. Im Zuge der Systemreform wurden wichtige Schritte in Richtung Europäisierung gemacht, indem an den meisten Orten das ECTS-System eingeführt wurde.

c) Inhaltliche Reform: verstärkte Wissenschaftsorientierung und wirkungsvoller Aufbau von Handlungskompetenzen

Mit der Verlegung auf die Tertiärstufe war inhaltlich die klare Vorgabe nach einer verstärkten Wissenschaftsorientierung vorgegeben. Der mit den Seminarien verbundene Vorwurf einer handgestrickten, praxisorientierten Ausbildung im Berufsbereich sollte durch eine Ausbildung ersetzt werden, welche sich vermehrt an wissenschaftlichen Kriterien misst. Ein Nationalfondsprojekt über die Wirksamkeit der Lehrerinnen- Lehrerbildung von Fritz Oser und Jürgen Oelkers (2001) hat vor 5 Jahren die Selbstgefälligkeit der schweizerischen Leh-rer/innenbildung nachhaltig erschüttert. Sie zeigte grosse Schwachstellen der bisherigen Ausbildungsgänge auf. Die Studie hatte unter Beizug von Expertinnen und Experten Stan-dards – zentrale Berufskompetenzen – formuliert und in Befragungen der Absolventinnen und Absolventen festgestellt, dass diese im Allgemeinen nur schwach ausgebildet wurden. Insbesondere wurde festgestellt, dass in der Ausbildung selten Theorie, Übung und Praxis miteinander verbunden und damit Handlungswirksamkeit erreicht wird.

39

In der Konsequenz forderte Oser (1997, 225): „Auch die Ausbildungsstruktur müsste sich ändern. Das Ziel wäre jetzt nicht mehr Inhalte zu ermöglichen, sondern das Ziel wäre die Hervorbringung von Experten, die in „performance oriented“ Examensteilen belegen könn-ten, dass sie Standards mit zufrieden stellender Qualität beherrschen.“ Nach dieser Studie waren wir Lehrer/innenbildner/innen fortan dem Verdacht ausgesetzt „kein ausgesprochen berufsbezogenes Programm zu vermitteln, sondern der Beliebigkeit zu frönen“. (Fuchs, M./Zutavern, M. 2003, 370). Dieser Schock sass tief. Die oft als handlungs- und praxisnah gelobte schweizerische Aus-bildung verpasste es, zentrale Standards des Lehrberufs handlungswirksam umzusetzen. Bei der Konzeption der neuen Ausbildungen wurden deshalb als Mittel zur Verringerung der Beliebigkeit Standards und damit verbunden Handlungskompetenzen formuliert. Sie sollten in der neuen Ausbildung wirkungsvoll umgesetzt werden. In diesen Diskussionen zeigt sich ein absolut zentraler Wandel in der Diskussion um die Leh-rer/innenbildung aber auch in der Bildungsdiskussion ganz generell. Es findet ein Wandel statt A. von der Input- zur Outcome-Orientierung B. von der Disziplinen- zur Professionsorientierung C. von der Allgemeinen Bildung zur Berufsbildung Wenn die zu erwerbenden Kompetenzen für die Ausbildung entscheidend sind, richtet sich der Blick auf das berufliche Können am Ende der Ausbildung, auf den Outcome. Die Lehrer/innenbildung orientiert sich damit in Zukunft als Berufsbildung und nimmt Ab-schied von einer langen Tradition der seminaristischen Ausbildung, die sich auch als Allge-meinbildung verstanden hat. In der Lehrer/innenausbildung wird damit eine Verwertungs-mentalität forciert. Ausbildung auf einen Zweck – die Berufsbildung - hin. Sie löst sich damit auch von einer Geistestradition, für die die deutsche Geistesgeschichte Pate steht. Holz konfektionieren Sind wir auf dem Weg zur genormten Lehrer/innenbildung?

4. Standards – Kompetenzen – Module: Zauberbegriffe der neuen Lehrerinnen-

und Lehrerbildung 4.1 Ein erster Überblick Standard Von der Profession begründete und eingeforder-

te Setzung für professionelles und nicht laienhaf-tes Handeln

Was muss eine Lehr-person wissen, kön-nen?

Kompetenz Verfügen von Wissensbeständen, Handlungsrou-tinen und Reflexionsformen, die professionelles Handeln erlauben

Wie zeigt sich professi-onelles Handeln bei der Lehrperson?

Module Kleinste Einheit in einem Ausbildungskonzept; die auf eine relevante Teilqualifikation / Hand-lungskompetenz ausgerichtet ist

Wie ist die Ausbildung aufgeteilt?

Kerncurricu-lum

Kernstudium: Verbindlicher minimaler inhaltlicher Kernbereich einer Ausbildung; Katalog von ver-bindlichen zentralen Inhalten und Methoden.

Was sind die zentralen Inhalte?

40

Euronorm Holz Entsteht eine Lehrer/innenbildung mit Euronorm?

4.2 Standards und Kompetenzen Oelkers (2003) konstatiert: „’Standards’ scheinen zu einer Art Lebensretter für das Bildungs-system zu werden. Wenigstens ist auffällig, dass vom Kindergarten bis zur universitären Leh-rerbildung seit kurzem immer von Standards die Rede ist, wenn notwendige und unverzicht-bare Reformen vorgeschlagen werden.“ Standards sind als Antwort gedacht gegen ein Kernproblem der heutigen Bildung, gegen die Beliebigkeit. Standards sind Festlegungen, die eine verbindliche Norm definieren. Was bei Industrieprodukten aber auch Dienstleistungen (z.B. Hotels) üblich ist, ist in der Bil-dung alles andere als selbstverständlich. Standards sind Ordnungskategorien, die gewähr-leisten, dass an verschiedenen Orten ein- und dieselbe Sache, ein- und dasselbe Angebot in etwa das Gleiche umfasst. Was meint der Begriff ‚Standards’ in der Lehrer/innenbildung? Fritz Oser (1997) hat den Beg-riff in der deutschsprachigen Lehrer/innenbildung etabliert. Er bezieht die Standards auf die Profession. „Wissensbestände, die in absolut notwendiger Weise angeeignet werden müs-sen und hierin auch einem handlungsorientierten Gütemassstab standhalten, nennen wir Standards. Standards sollten in komplexen und unterschiedlichen Situationen zur Anwen-dung kommen. Nur Experten verfügen über Standards, und insofern ein Laie ohne jegliche Voraussetzung das Gleiche in gleich guter Weise tun kann wie ein Professioneller, kann man nicht von Standards sprechen.“ (27/28). Der Begriff ‚Kompetenz’ wird unterschiedlich definiert (Berner, H./Isler,R. 2003, 395). So wei-chen z. B. die KMK-Definitionen der Begriffe „Standard“ und „Kompetenz“ erheblich von den Definitionen Oser / Oelkers ab. In der aktuellen Diskussion wird oft Bezug genommen auf die Definition von Ewald Terhart (2000, 54). Er beschreibt sie als „das Verfügen über Wissens-bestände, Handlungsroutinen und Reflexionsformen, die aus der Sicht einschlägiger Profes-sionen und wissenschaftlicher Disziplinen zweck- und situationsangemessenes Handeln gestatten“. Damit sind die Kompetenzen eng auf die Standards bezogen. Standards be-zeichnen die professionellen Setzungen, die Kompetenzen beziehen sich auf die Umsetzung in entsprechenden Handlungssituationen. Standards und die damit verbundenen Kompetenzen dienen also der Professionalisierung. Sie beziehen sich auf das Professionswissen und Können im Lehrberuf, fordern uns auf, darzustellen wie sich professionelles Handeln in komplexen Situationen zeigt und von Laien-handeln unterscheidet. Professionelle Standards müssen 4 Kriterien entsprechen (Oser, 1997,29): Kriterien für Standard:

1. Kriterium der Theorie: Abstützung auf Theorien (nicht-falsifizierte Hypothesensyste-me); bei Gruppenarbeiten z.B. auf Erkenntnisse der Sozialpsychologie)

2. Kriterium der Empirie: Vorliegen zumindest einzelner empirischer Forschungsresulta-te zu komplexen Handlungsformen

3. Kriterium der Qualität: Einhalten von Qualitätskriterien bei der Handlung 4. Kriterium der Ausführbarkeit: Einsetzbarkeit in der Praxis = Praxisrelevanz.

In der Folge hat Oser 88 Standards (aufgeteilt in 12 Gruppen) vorgelegt. Beispiel aus der Gruppe Lehrer-Schüler-Beziehungen

41

„Ich habe in der Lehrer/innenbildung gelernt zu verhindern, dass Schülerinnen und Schüler wiederholte Erfahrungen machen, die zu ‚gelernter Hilflosigkeit’ führen.“ Die Oser-Standards haben in der Schweiz dazu geführt, dass sehr viele der neuen Ausbil-dungsgänge nach diesen konzipiert worden sind. Dabei zeigten sich zwei Probleme: Sie wa-ren a) viel zu umfangreich als dass sie in der Ausbildung erreicht werden konnten, b) deck-ten sie vornehmlich den erziehungswissenschaftlichen Teil nicht aber den fachwissenschaft-lichen / fachdidaktischen Teil ab. (Vergl. dazu auch Terhard 2002, S. 22ff.) Wir in Rorschach haben wie andere auch in unserer Entwicklung die Oser-Standards als Steinbruch benutzt und weitere insbesondere aus dem Fachdidaktik-Bereich hinzugefügt. Andere Ausbildungsstätten (z.B. in Zürich und in der Zentralschweiz) haben als Grundlage die INTASC-Standards (1992) rezipiert und weiterentwickelt. So stehen heute in der Schweiz nach wie vor unterschiedliche Ausbildungssysteme einander gegenüber, die sich trotz aller Ausrichtung auf Standards stark unterscheiden. Es besteht eben trotz aller Diskussionen nach wie vor keine Einigkeit über die zentralen professionellen Standards im Lehrberuf. So besteht die Gefahr, dass mit dem Begriff Standard nur ein diffu-ser Anspruch verbunden wird möglichst hohe Ansprüche zu ereichen. Nichts desto trotz hat die ganze Diskussion dazu geführt, dass die Ausbildungssysteme sich Rechenschaft able-gen, was sie erreichen möchten. Ziele gab es schon bisher zuhauf. Neu ist, die Orientierung an Standards und damit verbundenen Handlungskompetenzen, die sich als Outcomes be-währen müssen. Mit einem Standardkonzept sind zwei zentrale Elemente verknüpft:

• Eine Aufforderung über das unabdingbare professionelle Wissen und Können im Lehrberuf nachzudenken und entsprechende Setzungen zu begründen und zu erfor-schen. Die Inhalte der Ausbildung müssen klar und eindeutig bestimmt und auf die einzelnen Phasen der Lehrerinnen- und Lehrerbiografie bezogen werden. Hier beste-hen auch bei uns erhebliche Lücken, indem Standards sich zum Teil auf den Lehrbe-ruf insgesamt, zum Teil auf die Ausbildung beziehen.

• Mit Zielsteuerung sind zwei Bedingungen verbunden: Erstens sind wir aufgefordert, Leistungsniveaus zu unterscheiden, zu zeigen, was minimale und maximale Erreichung bedeutet Dies haben wir in unserer Ausbildung im Gegensatz zum Konzept z.B. an der PH Zug bisher nicht gemacht. Zweitens besteht die Notwendigkeit einer regelmässigen internen und externen Eva-luation, wir müssen fortlaufend Rechenschaft über den Effekt der Ausbildung able-gen. Dieser Forderung kommen wir mit Hilfe eines laufenden Forschungsprojekts nach.

Beispiele Standards an der PH Rorschach: Anlehnung an Oser-Form (Anhang 1) Standards an der PH Zug: Anlehnung an INTASC-Form mit Niveauunterscheidungen (Anhang 3) Optimale Scheitergrösse Lässt sich Bildung aufspalten? 4.3 Modularisierung Die Idee der Modularisierung von Ausbildungen in einem Baukastensystem wurde in der Schweiz zuerst im Bereich der Weiterbildung in technischen Berufen umgesetzt. 1996 wurde unter Mitwirkung des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie die schweizerische Modulzentrale gegründet. Sie definierte Module als in sich geschlossene Lerneinheiten, die

42

als Teil eines umfassenden Ausbildungssystems den Nachweis über erworbene Kompeten-zen beinhalten. Zertifikate oder Diplome sollten fortan flexibel in einem Baukastensystem er-worben werden können. Mit der Modularisierung sollte ermöglicht werden, rascher auf den Wandel des Arbeitsmarktes zu reagieren (Müller, H.P. 2004, 37). Module werden in diesem Kontext auf der Basis von Tätigkeitsanalysen durch Festlegung von Teilqualifikationen im Berufsfeld entwickelt. Ein Modul bezweckt also die Erreichung ei-ner bestimmten Handlungskompetenz, als Teil eines Ganzen. (Marty, R. 2004, 48). Jedes Modul muss mit einem Kompetenznachweis abgeschlossen werden. Folgende Ziele sind mit einer modularisierten Aus- und Weiterbildung verbunden:

• Lebens- und berufsbegleitendes Lernen • Effizientes und effektives Lernen • Individualisiertes und autonom gesteuertes Lernen • Steigerung der Attraktivität von Weiterbildungen • Anerkennung bereits erbrachter Leistungen • Vergleichbarkeit und Transferierbarkeit von Ausbildungselementen und Durchlässig-

keit des Bildungssystems (a.a.O. 49)

Das aus der Weiterbildung stammende System erhielt mit der Bologna-Konferenz 1999 ei-nen geradezu kometenhaften Aufschwung und Ausweitung. Durch die klare Strukturierung der Studienprogramme in überschaubare und flexible Einheiten und die Erschaffung eines transparenten, europaweit kompatiblen Systems zur Beschreibung und Übertragung der er-brachten Studienleistungen durch ein Punktesystem sollte die Mobilität der Studierenden und die Transparenz der Studiensysteme erhöht werden. Das Punktesystem des European Cre-dit Transfer System (ECTS-Punkte) sollte fortan nicht mehr nur dem Studienaustausch die-nen, sondern auch als Akkumulationssystem gebraucht werden, indem ein Arbeitsaufwand von 25 - 30 Stunden mit einem ECTS-Punkt honoriert wurde. Ein Studienjahr entspricht 60 Credits oder 1500 - 1800 Stunden; ein Bachelor-Abschluss entspricht 180 ECTS-Punkten. Es bestehen keine Vorgaben bezüglich Modulgrösse. Zu kleine Module führen zu einer Zer-splitterung der Ausbildung und verhindern das Bearbeiten von themenübergreifenden kom-plexen Problemen und Erlernen komplexer Kompetenzen. Zudem entsteht eine Flut an Mo-dulabschlüssen, welche das Studium beeinträchtigen und eine Erledigungsmentalität nach sich ziehen. Zu umfangreiche Module behindern Profilierungen und Spezialisierungen und beeinträchtigen die Flexibilität. In den Empfehlungen der schweizerischen Fachhochschulen wird angeregt, einen Modulumfang von 5 Credits anzustreben. In Rorschach haben wir viel kleinere Module gemacht: ein Modul umfasst 2 Semesterwo-chenstunden oder eine Blockwoche. Dies hat den Vorteil, dass z.B. Kurzkurse angeboten werden können (z.B. Nachqualifikation im handwerklichen Bereich: Töpfern). So entstanden für die gesamte Ausbildung 124 Module. Eine allzu grosse Verstückelung der Ausbildung und eine Flut an Modulabschlüssen sollte durch das Schaffen von Modulverbindungen ver-hindert werden. Die eingangs erwähnten aktuellen Probleme zeigen, dass dies nur bedingt erreicht worden ist; im zu Ende gegangenen 3. Semester mussten Studierende bis zu 10 Modulabschlüsse machen. Es sei aber auch erwähnt, dass viele Studierende es schätzen, wenn nicht zu grosse Moduleinheiten bestehen, da sie lieber viele kleinere Einheiten ab-schliessen und sich davor fürchten, dass sie bei Nichtbestehen grosser Einheiten Studien-verzögerungen in Kauf nehmen müssen.

43

4.4 Beispiel: Modulausschreibungen Beispiel Modulbeschreibung Beurteilen und Fördern (Anhang 2) Beispiel Modulbeschreibung Wie Kinder lesen, schreiben und rechnen lernen (Anhang 2) Kernelemente:

• Standardbezug, wobei mehrere Module an den gleichen Standards arbeiten • Aufgliederung in Handlungskompetenzen • Praxisumsetzung • Verbinden von Modulen • Modulnachweis • ECTS-Punkte

4.5 Beispiel: Modularisierung in der Weiterbildung der Praxislehrpersonen Die PHR stellt ein grosses Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten bereit. Unter anderem liegt uns die Zusammenarbeit mit den Praxislehrpersonen sehr am Herzen. So sind praktizie-rende Lehrkräfte in verschiedenen Funktionen in die Ausbildung integriert:

• Praxislehrpersonen im wöchentlichen Halbtagespraktikum • Praxislehrpersonen für die mehrwöchigen Blockpraktika • Mitarbeitende in den Studienbereichen, in ausgewählten Modulen • Mitarbeiter/innen in den Regionalen Didaktischen Zentren • Lokale Mentor/innen in der Berufseinführungsphase

Für sie alle besteht ein Weiterbildungsangebot – natürlich ein modularisiertes, in dem erlang-te Qualifikationen bei weiterführenden angerechnet werden.

Beispiel: Modularisierte Weiterbildung PHR (provisorische Zuteilung)

44

Der Besuch der Kurse ist übrigens in Zukunft entschädigungsrelevant, indem Praxislehrkräf-te mit Ausbildung eine höhere Entschädigung erhalten. Die Anrechnung solcher Module geht weiter, gilt auch für andere Qualifikationsangebote: Wir bieten anerkannte Weiterbildungen für Erwachsenenbildung sowie für Supervision an. Auch dort werden obige Module z. T. angerechnet. Das Feuer brennt Wie Feuer fangen für den Aufbau der neuen Lehrer/innenbildung? 5. Ein erstes Fazit nach 1 ½ Jahren Erfahrungen – Wenn wir neu beginnen könnten, … … würden wir zu Beginn wiederum die Auseinandersetzung mit den Standards und den berufsrelevanten Kompetenzen ins Zentrum stellen, wieder in gemischten Grup-pen darum ringen, was gute Lehrpersonen wissen und können müssen…

aber

uns mehr Zeit nehmen für die Analyse des Berufsfeldes vermehrt mit anderen PHs, Wissenschaftler/innen und Aussenstehenden zusam-menarbeiten, um die relevanten Kompetenzen zu definieren bei den Kompetenzen stärker unterscheiden zwischen allgemeingültigen und sol-chen, die sich auf die Phasen der Berufsbiografie beziehen: Ausbildung – Berufsein-führung – Weiterbildung Unterscheidungen bezüglich Kompetenzniveaus vornehmen

… würden wir wieder Ja sagen zu einer Modularisierung und eine ähnliche Mischung zwischen verbindlichem Studienverlauf und offener Angebotsstruktur anstreben….

aber • hartnäckiger der Zerstückelung der Ausbildung entgegentreten (durch klare Vor-

gaben und intensiver Überzeugungsarbeit) • den Studierenden mehr Eigenverantwortung für ihr Lernen geben, indem die

durch Dozierende geführten Veranstaltungen begrenzt werden • uns viel Zeit nehmen, über sinnvolle, standardorientierte Modulnachweise nach-

zudenken • das Doppelsystem Modulabschlüsse einerseits und Zwischen-/Diplomprüfungen

andererseits besser aufeinander abstimmen • darauf beharren, dass mit der Einführung ein funktionierendes Administrations-

system aufgebaut ist. …. würden wir wiederum eine enge Verbindung zwischen Modulen an der PHR und der Arbeit in der Praxis anstreben

aber • den Kontaktschulen mehr Ausbildungsverantwortung zutrauen und zugestehen

… würden wir wiederum von Beginn weg mit den Studierenden kontinuierliche Ge-spräche über ihre Erfahrungen führen und ein Qualitätsmanagement aufbauen, bei dem die einzelnen Module evaluiert werden …

aber • verstärkt darauf pochen, dass die Studierenden vermehrt Eigenverantwortung für

die Weiterentwicklung des Systems übernehmen

45

• den Blick bei der Evaluation von Beginn weg nicht so stark auf die Einzelmodule sondern ebenso auch auf das Gesamtsystem richten

Und noch ein Aber: Ich empfinde es trotz aller Alltagsschwierigkeiten als absolutes Privileg bei einer grundlegenden Neukonzeption der Lehrer/innenbildung mitmachen zu können. Sol-che Chancen hat man selten – sicher nur einmal in der Berufskarriere. Bäume wachsen nicht in den Himmel … Die Lehrerinnen- und Lehrerbildung auch nicht.

Aber: Es ist eine erhellende, begeisternde Aufgabe, an der neuen Lehrerinnen- und Lehrer-bildung zu arbeiten. Ich wünsche Ihnen Feuer und die notwendige Energie, um die Leh-rer/innenbildung neu zu denken. Lassen Sie sich begeistern, damit sich die Begeisterung auf die Studierenden übertragen kann und sie dadurch eine zentrale Kompetenz für den Lehrbe-ruf erleben: Sich mit kritischem Enthusiasmus neuen Herausforderungen der Lebenswelt stellen.

46

Literatur Beck, E. / Sonderegger, J. (2004): Dozierende entwickeln ein Modul. In: journal für lehrerin-nen- und lehrerbildung 2, 59-65 Fuchs, M. / Zutavern, M. (2003): Standards als Möglichkeit zur Professionalisierung. In Bei-träge zur Lehrerbildung, 21 (3), 370-383 INTASC (Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium) (1992): Model Stan-dards for Beginning Teacher Licensing and Deveoloment. Washington, DC: Council of Chief State Officers. Lemmermöhle, D. / Schellack, A.(2004): Modularisierung – Zauberformel für die Lehrerbil-dung. In: journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 2, 7-15 Marty, R. (2004): Das schweizerische Baukastenmodell der beruflichen Aus- und Weiterbil-dung. In: journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 2, 47-50 Oelkers, J. (2003): Reformen der Lehrerbildung in der deutschsprachigen Schweiz. Vortrag am Europatag der PH Freiburg/Br. am 4.5.2004. www.paed.unizh.ch/ap/downloads/oelkers/vortraege/108_HfHStandards.pdf Oelkers, J. (2004): Standards für Ausbildungen im Schulbereich. Vortrag an der Interkanto-nalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich am 20.8.2003. www.paed.unizh.ch/ap/downloads/oelkers/vortraege/134_FreiburgBr.pdf Oser, F.(1997): Standards in der Lehrerbildung. Teil 1: Berufliche Kompetenzen, die hohen Qualitätsmerkmalen entsprechen. In: Beiträge zur Lehrerbildung 1/1997, 26-37 Oser, F.(1997): Standards in der Lehrerbildung. Teil 2: Wie werden Standards in der schwei-zerischen Lehrerbildung erworben? In: Beiträge zur Lehrerbildung 2/1997, 210-228 Oser, F. / Oelkers, J. (Hrsg.) (2001): Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderausbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Nationales Forschungspro-gramm 33. Rüegger Zürich Terhard, E. (2000): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Weinheim Berlin Terhart, E. (2002): Standards für die Lehrerbildung. Eine Expertise für die Kultusministerkon-ferenz. Ms. Münster

47

Anhang 1: Standards der PH Rorschach

Berufs- und Studienkompetenzen

Standards im Studienbereich Berufs- und Studienkompetenzen

Ich habe gelernt,

• mein Lernverhalten zu verstehen und mein Lernen zu optimieren

• mein Kommunikations- und Interaktionsverhalten in Studien- und Berufssituationen mir und der jeweiligen Situation angemessen zu gestalten

• meine Berufsvorstellungen zu konkretisieren, zu überprüfen und weiterzuentwi-ckeln

• Fragen und Probleme aus Praxis und Studium zu reflektieren und Massnahmen abzuleiten und umzusetzen

• eine erfahrungsorientierte Arbeit gemäss Vorgaben zu verfassen

Erziehungs- und Bezugswissenschaften

Standards im Studienbereich Erziehungs- und Bezugswissenschaften

Ich habe gelernt,

• gesellschaftlichen Wandel und Systemzusammenhänge zu erkennen, mich im Schulsystem zu orientieren und Interaktionen Situation angemessen mitzugestal-ten

• Grundformen des Lehrens und Lernens anzuwenden und zu evaluieren

• Lernen in unterschiedlichen Lernumgebungen zu gestalten und den Lernvoraus-setzungen anzupassen

• Entwicklungsbedingungen des Lernens zu klären, Lernende zu motivieren und ihr Verhalten und ihre Leistungen zu beurteilen

• Lern- und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren

• eine positive Atmosphäre zu schaffen, eine Klasse zu führen und auf Konflikte an-gemessen zu reagieren

• Wissen intersubjektiv und empirisch zu begründen

48

Sprachen und Mathematik

Standards im Studienbereich Sprachen und Mathematik

Ich habe gelernt,

• wie Schülerinnen und Schüler die Kompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen erwerben und im Laufe der Entwicklung ausdifferenzieren

• Schülerinnen und Schüler ins Lesen und Schreiben einzuführen und sie in ihrer weiteren Entwicklung bezüglich dieser Kompetenzen nachhaltig zu för-dern

• die Prozesse des Mathematisierens und Problemlösens im Unterricht umzu-setzen

• Schülerinnen und Schüler in die zentralen Aspekte der Mündlichkeit einzu-führen, beziehungsweise sie in ihrer weiteren Entwicklung dieser Kompetenz nachhaltig zu unterstützen

• die Schülerinnen und Schüler behutsam und reflektiert mit sprachlichen Normen zu konfrontieren, die notwendigen Lernprozesse auszulösen und zu unterstützen;

• bei Schülerinnen und Schülern fremdsprachliches Handeln in Alltagssituatio-nen stufengerecht zu initiieren und sie die Sprache als wichtiges Medium zum Verständnis einer Kultur erleben zu lassen

• die deutsche Sprache und Kultur unter dem Aspekt ihrer Fremdheit den Schülerinnen und Schülern so zu vermitteln, dass sie bereit und motiviert sind, die Sprache zu lernen und die Kultur kennen zu lernen

• Lernsoftware und andere Lernmaterialien zu beurteilen und sie im Unterricht wirkungsvoll einzusetzen

• originale Begegnungen im Erlebnisraum der Kinder zu gestalten und diese mit Fachwissen zu verbinden

• Zusammenhänge in Natur und Kultur zu erkennen, systematisch zu analy-sieren und den Kindern sichtbar zu machen

• zu Themen im Bereich Mensch und Umwelt unterschiedliche Zugänge und Lernwege einzusetzen

• mit den Kindern Wert- und Sinnfragen zu reflektieren und daraus hand-lungswirksame Konsequenzen abzuleiten

49

die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung im Gleichgewicht von Ökologie, Ökono-mie und sozialem Handeln für die Zukunft der Kinder nachvollziehbar zu machen

• zu Themen im Bereich Mensch und Umwelt unterschiedliche Zugänge und Lernwege einzusetzen

• mit den Kindern Wert- und Sinnfragen zu reflektieren und daraus hand-lungswirksame Konsequenzen abzuleiten

• die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung im Gleichgewicht von Ökolo-gie, Ökonomie und sozialem Handeln für die Zukunft der Kinder nachvoll-ziehbar zu machen

Gestaltung, Musik, Bewegung und Sport

Standards im Studienteilbereich Bewegung und Sport

Ich habe gelernt,

• wie Bewegungslernen ermöglicht wird und persönliche Fähigkeiten und Fertigkei-ten aufgebaut und erweitert werden

• wie man Bewegungsabläufe alleine oder in Gruppen gezielt aufbauen und bedürf-nisorientiert unterstützen kann und wie man die Erfahrungen der Lernenden mit regulärem Wissen verbindet

• Bewegungs- und Sportunterricht in verschiedenen Lehr- und Lernverfahren be-dürfnis- und entwicklungsgemäss zu gestalten und die Sportlehrmittel kriterienori-entiert im Unterricht einzusetzen

Standards im Studienteilbereich Musik

Ich habe gelernt,

• ausgehend vom Lied das Singen und Musizieren der Schüler und Schülerinnen zu initiieren, anzuleiten und zu entwickeln

• aktives Hören bei Kindern zu fördern und zu begleiten

• mit Bewegungen musikalisches Lernen zu unterstützen

• meine Stimme im Chorgesang zu kontrollieren und sie in den Chorklang zu integ-rieren

50

Standards im Studienteilbereich Rhythmik

Ich habe gelernt,

• Bewegung und Musik als Ausdrucks- und Kommunikationsformen im Unterricht transdisziplinär anzuwenden

• Wahrnehmungsleistungen der Schülerinnen und Schüler zu differenzieren und sie anzuleiten, diese Sinneseindrücke mit verschiedenen nonverbalen Formen auszudrücken

• Rhythmik als ein handlungs- und körperorientiertes Lernprinzip in Unterrichtssi-tuationen anzulegen und einzusetzen

Standards im Studienteilbereich Instrument/Sologesang

Ich habe gelernt,

• grundlegende Techniken und verschiedene Möglichkeiten der Klanggestaltung an-zuwenden

• mein Üben zu gestalten und dadurch andere im musikalischen Üben anzuleiten und zu fördern

• Inhalte des Faches Musik der Zielstufe mit meinem Instrument / meiner Stimme umzusetzen und anzuwenden

• Inhalte der Musiktheorie mit meinem Instrument / meiner Stimme umzusetzen und anzuwenden

51

Anhang 2: Modulausschreibung der PH Rorschach

52

Anhang 3

53

Anhang 4: Fazit nach 1 ½ Jahren Erfahrungen

54

Bericht zum Workshop 1: KMK-Standards für die Lehrerbildung auf dem Prüfstand Prof. Dr. Cornelia Gräsel Es war sehr wohltuend zu erleben, wie diszipliniert die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Gespräch führten. Dabei stand der Austausch im Vordergrund, nicht das Erreichen konkreter Ergebnisse. Schwerpunkte des Gesprächs waren die folgenden Gegenstände:

• Die babylonische Begriffsverwirrung (Standards, Kompetenzen, Qualifikationen etc.) – eine gewöhnliche Erscheinung in den Bildungswissenschaften. Zitat: "Wenn etwas nicht zwischen Menschen ausgehandelt wird, verkommt es zu blöden Sprachspie-len."

• Probleme der Entwicklung von Standards: Berufsfeldforschung als Basis und nach-folgend systematische Entwicklung von Standards versus "Formulieren wir Stan-dards und schauen dann mal.“

• Die Desiderata sind: fachdidaktische Perspektive, Anpassung an die je eigenen An-forderungen der verschiedenen Lehrämter.

• Das Problem der Operationalisierung und Überprüfung von Standards: Wer macht das und wie? Wie wird das Erreichen von noch zu definierenden Ausprägungsgra-den (benchmarks) überprüft?

• Fehlende institutionsbezogene Standards, damit fehlende Überprüfung der erforder-lichen Rahmenbedingungen für das Erreichen formulierter Standards.

• Standards im Spannungsfeld zwischen Beliebigkeit in Formulierung und Anwen-dung gegenüber der Gefahr technokratischer Festlegung.

• Probleme bei der Anwendung von Standards können aber erst dann real geortet werden, wenn die Wirksamkeit von Lehrerbildung anhand ausgewählter, konsens-fähiger Kompetenzen empirisch untersucht wird. Hessen: DIPF-Fragebogen (externe Evaluation) hilfreich, um Stärken-/Schwächenanalysen anzustoßen, ähnliche Untersuchungen in anderen Regionen. Wirkungsforschung müsste etabliert werden, um Kompetenzentwicklung zu klären.

• Phasenübergreifende Zusammenarbeit:

1. Hessen: positiv in Kassel (Zentrum für Lehrerbildung), 2. Phase über verordnete Modularisierung Vorreiter für Modularisierung der ersten Phase. Bündelnde Funk-tion des Amtes für Lehrerbildung, jedoch kein Einfluss auf Universitäten.

2. NRW: Phasen "betonmäßig" getrennt, es gibt nur runde Tische von Good-Will-Leuten, Zentren für Lehrerbildung (Bochum, Münster) können Chance bieten zur Kooperation.

3. HH: Sozietäten, die Zusammenarbeit pflegten, erlöschen wegen fehlender Mittel, Referendariat = Auslaufmodell: tendenziell einphasige Lehrerausbildung BA/MA + 1 Jahr

Hans-Jürgen Jagau, leitet das Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Hildesheim

55

Vom Lernzielorientierten zum Kompetenzorientierten Unterricht. Was bedeutet das Setzen von Standards für die Unterrichtsarbeit? – Überlegungen vor dem Hintergrund der KMK-Standards für die Lehrerbildung Hanna Kiper KMK-Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften Am 16. Dezember 2004 hat die Kultusministerkonferenz Standards für die Lehrerbildung in den Bildungswissenschaften verabschiedet. Ziel des Papiers ist es, die Qualität schulischer Bildung zu sichern, hier durch die Weiterentwicklung der Lehrerbildung. Die vorgelegten Standards für die Lehrerbildung formulieren Kompetenzen in den Bildungswissenschaften, die für die berufliche Ausbildung und den Berufsalltag von besonderer Bedeutung sind. „Die Standards für die Lehrerbildung werden von den Ländern zu Beginn des Ausbildungsjahres 2005/2006 als Grundlagen für die spezifischen Anforderungen an Lehramtsstudiengänge einschließlich der praktischen Ausbildungsteile und des Vorbereitungsdienstes in den Län-dern übernommen. Die Länder kommen überein, die hier vorgelegten Standards für die Leh-rerbildung zu implementieren und anzuwenden. Dies betrifft insbesondere die Studienord-nungen in den Lehramtsstudiengängen, den Vorbereitungsdienst und die Fort- und Weiter-bildung der Lehrerinnen und Lehrer. Die Länder kommen überein, die Lehrerbildung regel-mäßig auf der Grundlage der vereinbarten Standards zu evaluieren“ (Sekretariat der KMK vom 16.12.2004, 1). Mit den Standards für die Lehrerbildung definiert die Kultusministerkonferenz Anforderungen, die die Lehrerinnen und Lehrer erfüllen sollen (Sekretariat der KMK vom 16.12.2004, 2). Sie sind am Berufsleitbild, das in einer gemeinsamen Erklärung des Präsidenten der Kultusmi-nisterkonferenz und der Vorsitzenden der Lehrerverbände beschrieben wurde, orientiert. In der gemeinsamen Erklärung des Präsidenten der Kultusministerkonferenz und der Vorsit-zenden der Bildungs- und Lehrergewerkschaften sowie ihrer Spitzenorganisationen Deut-scher Gewerkschaftsbund (DGB) und DBB – Beamtenbund und Tarifunion: „Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern heute – Fachleute für das Lernen“ wird als Kernaufgabe die „Pla-nung, Organisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen sowie ihre individuelle Be-wertung und systemische Evaluation“ benannt. „Für die berufliche Arbeit sind umfassende fachwissenschaftliche wie auch pädagogisch-didaktische und soziologisch-psychologische Kompetenzen sowie kommunikative und soziale Fähigkeiten erforderlich“ (GEMEINSAME ERKLÄRUNG 2001, 276). Besonders eingegangen wird auf ihre Beurteilungsaufgabe. Ein-gefordert werden pädagogisch-psychologische und diagnostische Kompetenzen, die Fähig-keit zu motivierender Kommunikation und hilfreicher Beratung. Darüber hinaus wird explizit an der „Erziehungsaufgabe“ der Lehrerinnen und Lehrer festgehalten. Lehrkräfte werden als Personen beschrieben, die geeignete Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen und Kontakte zur Arbeitswelt pflegen. Besonders betont wird die Beteiligung der Lehrkräfte an der (inneren und äußeren) Schulentwicklung, an der Gestaltung einer lernförderlichen Schul-kultur, an der Übernahme von Aufgaben und Verantwortung bei der eigenen Verwaltung der Schule, an der Kooperation mit Experten und außerschulischen Einrichtungen (GEMEINSA-ME ERKLÄRUNG 2001, 277). Betrachtet man die Standards, die durch das Sekretariat der KMK verabschiedet wurden, fällt auf, dass sie nicht von einer Analyse des Berufs- und Handlungsfeldes Schule ausge-hen, sondern orientiert und bezogen auf das Leitbild formuliert sind. Dabei sind die Stan-dards nur bezogen auf die Bildungswissenschaften (Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Po-litik, Philosophie) ausformuliert. Die Standards sind nicht nach Lehrämtern differenziert. Es wird nicht unterschieden, welche Standards für das Studium, für das Referendariat, die Be-rufseinstiegsphase und für den/die Expertenlehrer/in gelten, d.h. sie sind nicht nach Kompe-tenzstufen oder Entfaltungsniveaus unterschieden. Die Wege zum Erreichen der Standards (vom Studierenden über den Berufsanfänger zum Experten) sind nicht mitgedacht. Die Stan-dards gehen nicht mehr davon aus, dass ein breites, allgemein bildendes Studium – neben den fachbezogenen Studien – für das Ausüben des Berufes qualifiziert; statt dessen werden Anforderungen aus dem Berufsfeld so umgedacht, dass sie auf die Ausbildung von „Kompe-

56

tenzen und somit auf Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, über die eine Lehrkraft zur Bewältigung der beruflichen Anforderungen verfügt“ zielen (Sekretariat der KMK vom 16.12.2004, 4). Der Anspruch, Standards zu formulieren, wird nur ansatzweise eingelöst. Würde dieser An-spruch eingelöst, müsste die inhaltliche Seite (content standards) benannt, die Leistungsan-forderungen (performance standards) konkretisiert und die Ressourcen (opportunity to learn standards), die vorhanden sein oder bereit gestellt werden müssen, ausgewiesen und Kom-petenzen auf verschiedenen Niveaus markiert werden. Soweit geht das Papier nicht. Es be-zieht sich im wesentlichen unter einer inhaltlichen Perspektive auf Kompetenzen und Stan-dards. Die curricularen Schwerpunkte der Bildungswissenschaften in der Ausbildung von Lehrerin-nen und Lehrern werden vom Sekretariat der KMK so angegeben:

• Bildung und Erziehung Begründung und Reflexion von Bildung und Erziehung in institutionellen Prozes- sen

• Beruf und Rolle des Lehrers

Lehrerprofessionalisierung; Berufsfeld als Lernaufgabe; Umgang mit berufsbezo- genen Konflikt- und Entscheidungssituationen

• Didaktik und Methodik Gestaltung von Unterricht und Lernumgebungen • Lernen, Entwicklung und Sozialisation Lernprozesse von Kindern und Jugendlichen innerhalb und außerhalb von Schule • Leistungs- und Lernmotivation Motivationale Grundlagen der Leistungs- und Kompetenzentwicklung • Differenzierung, Integration und Förderung Heterogenität und Vielfalt als Bedingungen von Schule und Unterricht • Diagnostik, Beurteilung und Beratung Diagnose und Förderung individueller Lernprozesse; Leistungsmessungen und Leistungsbeurteilungen • Kommunikation Kommunikation, Interaktion und Konfliktbewältigung als grundlegende Elemente der Lehr- und Erziehungstätigkeit • Medienbildung Umgang mit Medien unter konzeptionellen, didaktischen und praktischen Aspekten • Schulentwicklung

Struktur und Geschichte des Bildungssystems; Strukturen und Entwicklung des Bildungssystems und Entwicklung der einzelnen Schule

• Bildungsforschung Ziele und Methoden der Bildungsforschung; Interpretation und Anwendung ihrer Ergebnisse (vgl. Sekretariat der KMK vom 16.12.2004).

57

Betrachtet man diese Inhalte, kann festgehalten werden, dass sie ihren Ausgang nicht mehr bei den Fächern und ihren Fachkulturen nehmen, sondern sich am Berufsfeld orientieren und mit Blick auf das Berufsfeld und seine Anforderungen Inhalte integrieren. Die Inhalte for-dern dazu heraus, Prioritäten zu setzen, weil Studien- und Ausbildungszeiten begrenzt sind. „(…) wer einen Berufsfeldbezug konstatiert, muss von einer Hierarchie des Notwendigen, weniger Notwendigen und Überflüssigen ausgehen“ (Oelkers 2004, 9). Die Konzentration auf diese Inhalte sichert zumindest ein gemeinsames Wissen und eine geteilte Fachsprache für die Profession. Zugleich werden durch die Umstellung der Lehrerbildung in Bachelor- und Masterstudiengänge und durch die Einführung einer modularisierten Struktur Module zur Grundeinheit der Studienerfahrung. „Module vereinen Know How aus verschiedenen Diszip-linen und Professionen unter einer bestimmten Themen- und Zielvorgabe. Sie werden leis-tungsbezogen geprüft und müssen regelmäßig angeboten werden“ (Oelkers 2004, 9). Wenn wir davon ausgehen, dass ihre Inhalte über standardisierte Lehrmittel vermittelt werden, wird die Qualität der Ausbildung u.a. durch die der eingesetzten Lehrbücher vermittelt. Will man von Anfang an kompetenzorientiert studieren und Kompetenzen aufbauen, ist bei-des, nämlich das Studium an der Universität und das Sammeln von Erfahrungen im Zielbe-reich (Unterricht in Schulen) zu ermöglichen und aufeinander zu beziehen. Dazu müssten die Orte der Ausbildung, Universitäten und die Pädagogischen und Fachseminare der 2. Phase der Lehrerbildung, Leistungsnachweise im Sinne von Zielsteuerung und Evalution der Er-gebnisse erbringen. Es sind Standards bezogen auf die Anforderungen an die Institutionen und ihre Strukturqualität zu formulieren (vgl. auch Oelkers 2004) Es ist Verantwortung und Steuerung für die Entwicklung der Lehrerbildung aufzubauen durch Zielsteuerung, Entwicklung von Standards und deren interne und externe Evaluation und durch Akkreditierung der Institutionen der Lehrerbildung. Dazu gehört das Formulieren von Eingangsvoraussetzungen für die Studierenden, das Formulieren von Anforderungen bezo-gen auf die Kompetenzen der Absolventen des Studiums und des Referendariats und bezo-gen auf die Institutionen (vgl. Oelkers 2004). „Die neue Lehrerbildung versteht sich als kooperatives System mit einem integralen Ausbil-dungsauftrag. Die verschiedenen Teile und Phasen des Systems verfolgen identische Ziel-setzungen, die gemeinsam angestrebt werden. Das zentrale Ziel ist die möglichst hohe pro-fessionelle Qualität angehender Lehrkräfte (…). Die Berufsfertigkeit bei Beginn muss ge-währleistet sein, das Ziel ist nicht die >fertige<, sondern die lernfähige Lehrperson“ (Oelkers 2004, 14). Die Standards für die Lehrerbildung wurden zu einem Zeitpunkt verabschiedet (Dezember 2004), da in einigen Bundesländern und Universitäten schon Studienstrukturveränderungen vorgenommen werden und Studiengänge oftmals polyvalent, im Rahmen von Bachelor- und Masterstudiengängen, eingerichtet sind. Das neue Studium ist polyvalent angelegt und we-niger denn je auf einen Bereich wie die Schule ausgerichtet. Von daher stellt sich die Frage, wie dieser Ansatz eines am Lehrerberuf und den hier geforderten Kompetenzen ausgerichte-ten Studiums in Bachelor- und Masterstudiengänge implementiert werden kann, vor allem, da ein heftiger Kampf um die Ressourcen beginnt. Unterrichten - im Zentrum der Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaf-ten In den Standards werden vier Kompetenzbereiche und elf Kompetenzen genannt. Diese be-ziehen sich in einem Schwerpunkt auf die Unterrichtstätigkeit, einschließlich des Beurteilens, auf das Erziehen (Kompetenzbereich Erziehen) und auf das Innovieren und das Weiterent-wickeln der Kompetenzen (Kompetenzbereich Innovieren). Ich möchte hier die Angaben zum Unterrichten zitieren:

58

Kompetenzbereich Unterrichten: Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen. Kompetenz 1: Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen Kompetenz 2: Lehrerinnen und Lehrer unterstützen durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern. Sie motivieren Schülerinnen und Schüler und befähigen sie, Zusammenhänge herzustellen und Gelerntes zu nutzen. Kompetenz 3: Lehrerinnen und Lehrer fördern die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schü-lern zum selbst bestimmten Lernen und Arbeiten. Kompetenzbereich Beurteilen: Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Beurteilungsaufgabe kompetent, gerecht und verantwor-tungsbewußt aus. Kompetenz 7: Lehrerinnen und Lehrer diagnostizieren Lernvoraussetzungen und Lernpro-zesse von Schülerinnen und Schülern; sie fördern Schülerinnen und Schülern gezielt und beraten Lernende und deren Eltern. Kompetenz 8: Lehrerinnen und Lehrer erfassen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe (vgl. Sekretariat der KMK vom 16.12.2004). Eine erste Sichtung der Angaben zeigt, dass Lehrkräfte als verantwortlich für Lehren und Lernen verstanden werden. Es geht um ihre Fähigkeit, Lernsituationen zu gestalten und Schülerinnen und Schüler zum selbstbestimmten Lernen und zum Nutzen des Wissens an-zuhalten. Diagnostizieren der Lernvoraussetzungen, Begleiten und Beraten der Lernprozes-se und Messen und Beurteilen der Schülerleistungen werden dem Kompetenzbereich Unter-richten zugeordnet. Ich gehe davon aus, dass auf der Grundlage der Ergebnisse international vergleichender Schulleistungsstudien in neuer Weise über Unterricht nachzudenken ist. Es ist notwendig, auf empirisch gesicherter Grundlage über Unterricht nachzudenken (vgl. Wellenreuther 2004). Die Schulleistungsstudien haben den Focus auf Schulleistungen und die sie beein-flussenden Faktoren gerichtet. Sie zeigen aber keine Wege auf, wie Unterricht verbessert werden kann und muss. Die Diskussion im Anschluss an die Schulleistungsstudien zeigt, dass wir auch unser didaktisches Denken verändern müssen. Eine Neuausrichtung muss daran ansetzen, dass die Vorliebe der bundesrepublikanischen Bildungsdiskussion, vor allem auf Bildungsinhalte zu schauen, aber weniger darauf, auf wel-chem Niveau Wissen und Können vermittelt wird, zu problematisieren ist. In den Schulleis-tungsstudien wurde mit der Art der Messung ein Akzent gesetzt: es geht um Kompetenzen der Schüler/innen in verschiedenen fachlichen Domänen und um das Niveau der Kompe-tenz. Mit dieser Art der Messung wurde nicht nur ein bestimmter Focus gewählt; in der Folge setzte eine Diskussion über die spezifischen Mängel von Lehrplänen und Richtlinien in der Bundesrepublik und über den schulischen Unterricht ein. Durch die KMK wurden Standards für den mittleren Bildungsabschluss, für den Hauptschulabschluss und für das Wissen und Können am Ende der Grundschule formuliert. In den Kultusministerien der Länder wurde und wird an der Formulierung von Kerncurricula gearbeitet. Das bedeutet, dass auch die Ergeb-nisse der Unterrichtsarbeit stärker in den Blick genommen werden sollen. Die Ergebnisse des Unterrichts und deren Überprüfung wurden schon in der lernzielorientierten Didaktik stark beachtet, während sie in Konzeptionen schülerorientierten, offenen Unterrichts zu kurz kommen. Wenn wir neu über Unterricht nachdenken, muss der Gefahr begegnet werden, unter massi-vem Leistungsdruck, vor allem für gute Testergebnisse zu lehren ebenso wie der Gefahr, einen, auf der Oberfläche des Unterrichts, scheinbar interessanten, aber wenig lernwirksa-men Unterricht zu gestalten. Im Folgenden möchte ich Phasen der Diskussion über Unterricht nachzeichnen, um Akzent-verschiebungen in der Diskussion und das Wieder-Entdecken bestimmter Diskussionssträn-

59

ge deutlich zu machen und um Hinweise zu geben, wie meines Erachtens heute über Unter-richt nachgedacht werden muss (vgl. auch Kiper/Mischke 2004). Vom lehrzielorientierten zum kompetenzorientierten Unterricht Mitte der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde gefordert, durch eine präzise Be-schreibung der Unterrichtsziele den Lernprozess planmäßig zu steuern. „Was soll der Schü-ler aus der Fülle der ihm allein in der Schule gebotenen Informationen eigentlich lernen? Was soll er nach einem bestimmten Unterrichtabschnitt wissen, können? Auf welche Weise kann der Lehrer erfahren, ob seine Schüler wirklich das gelernt haben, was er sie zu lehren beabsichtigte?“ (Monzen/Rademacker 1965, VI) Monzen/Rademacker, die Übersetzer des kleinen Bandes von Robert F. Mager „Lernziele und Programmierter Unterricht“, beklagten die häufig anzutreffende Verschwommenheit oder Mehrdeutigkeit der Unterrichtsziele, die fehlende Klärung der Vorstellungen über die ge-wünschten Fähigkeiten und Fertigkeiten des Schülers, die Notwendigkeit der Offenlegung von Zielen des Unterrichts und Inhalten und Umfang des Lernstoffes gegenüber den Schüle-rinnen und Schülern mit dem Ziel der Erhöhung der Lernmotivation und der Intensivierung des Lernprozesses. Die Autoren stellten heraus, dass eine der wichtigsten und schwierigsten Bedingungen dabei „eine von subjektiven Maßstäben unabhängige Überprüfung des Lerner-folgs“ sei, „die einerseits dem Lehrer gestattet, Richtung und Erfolg seiner Tätigkeit zu kon-trollieren, und andererseits dem Schüler selbst eine objektive Beurteilung seiner Fähigkeiten ermöglicht“ (Monzen/Rademacker 1965, VI). Dabei sollte der Lehrer resp. die Lehrerin den Lernprozess der Schüler/innen erforschen und Ursachen für die Fehler der Schülerinnen und Schüler auch in den eigenen Lehrstrategien suchen. „Wenn ein Lehrer (...) seine Schüler etwas lehren will, so muss er, um Erfolg zu haben, be-stimmte Dinge tun. Er muss zunächst entscheiden, welche Ziele er mit seinem Kurs oder Programm erreichen will. Er muss dann Inhalte, Art des systematischen Vorgehens und Me-thoden auswählen, die für diese Ziele infrage kommen, und die Schüler unter Berücksichti-gung der Grundprinzipien des Lernprozesses veranlassen, sich mit entsprechenden Gegen- ständen aus einander zu setzen; schließlich muss er die Schülerleistung im Hinblick auf die ursprünglich ausgewählten Ziele messen und bewerten“ (Mager 1965, 1). Klar definierte Ziele sind die Grundlage für die Feststellung der Wirksamkeit des Unterrichts; sie ermöglichen, geeignete Inhalte, Methoden und Materialien auszuwählen (Mager 1965, 3) und helfen dem Schüler resp. der Schülerin dabei, an jeder Stelle des Unterrichts die eige-nen Fortschritte zu beurteilen und die eigenen Tätigkeiten auf das Ziel auszurichten (Mager 1965, 4). Mager forderte dazu auf, das gewünschte Lernergebnis in Form eines Verhaltens (ein-schließlich der Voraussetzungen und Bedingungen) zu formulieren, das der Schüler resp. die Schülerin am Ende des Unterrichts zeigen soll. Er konnte jedoch nicht konkretisieren, wie sich dieses Verhalten herstellen lässt, welche Denk- und Lernprozesse vorher abgelaufen sein müssen, damit Schüler/innen das gewünschte Verhalten zeigen und wie der Lehrer – im Prozess des Lehrens – das erreichte Wissen und Können der verschiedenen Schülerinnen und Schüler überprüfen kann. Die Formulierung von Lernzielen verhilft nicht dazu, sich zu vergegenwärtigen, welche Teil-kompetenzen die Schülerinnen und Schüler erwerben müssen, um das intendierte Verhalten am Ende zu zeigen. Einen ersten Versuch, diese Lücke zu füllen, tat Christine Möller. Unter Aufnahme von Lernzieltaxonomien versuchte sie, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Zielsetzungen von Unterricht verschieden anspruchsvoll sein können und dass Lehrerin-nen und Lehrer darum ringen müssen, anspruchsvolles Wissen und Können zu vermitteln. Lernzielorientierter Unterricht ist – laut Konzeption – durch Zielklarheit ausgewiesen. Die Zie-le einer Unterrichtsstunde oder einer Unterrichtseinheit werden ausgewiesen und überprüft.

60

Das bedeutet, dass ein Blick auf die Ergebnisse des Unterrichts gerichtet wird. Vorausset-zung dafür ist, nur eine kleine Zahl tatsächlich erreichbarer und überprüfbarer Ziele zu formu-lieren. Auch lernzielorientierter Unterricht ist nicht per se darauf ausgerichtet, dauerhafte Kompetenzen zu sichern, Kompetenzen, die – in lockerer Anlehnung an das schulische Cur-riculum – sich im Alltag, auf der Basis des Literacy-Ansatzes, überprüfen lassen. Lernzielori-entierter Unterricht richtet den Focus nicht auf den Lernweg zum Erreichen der Lernziele. Kompetenzorientierter Unterricht In den international vergleichenden Schulleistungsstudien wird nicht der Erfolg von Unterricht überprüft, sondern die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in ausgewiesenen Do-mänen erfasst mit dem Ziel eines Systemmonitoring des Schulsystems insgesamt. Auch wenn gegenwärtig vielfach mit dem Kompetenzbegriff gearbeitet wird, muss deutlich werden, dass dieser auch unterschiedlich verwendet wird und nicht so eindeutig ist, wie manchmal angenommen. Franz E. Weinert hat 1999 in einem umfangreichen Gutachten verschiedene Begriffsvarianten für Kompetenz vorstellt, nämlich „(1) Kompetenzen als allgemeine intellek-tuelle Fähigkeiten im Sinne von Dispositionen, die eine Person befähigen, in sehr unter-schiedlichen Situationen anspruchsvolle Aufgaben zu meistern. (2) Kompetenzen als funkti-onal bestimmte, auf bestimmte Klassen von Situationen und Anforderungen bezogene kogni-tive Leistungsdispositionen, die sich psychologisch als Kenntnisse, Fertigkeiten, Strategien, Routinen oder auch bereichsspezifische Fähigkeiten beschreiben lassen. (3) Kompetenzen im Sinne motivationaler Orientierungen (...). (4) Handlungskompetenz (...). (5) Metakompe-tenzen als Wissen, Strategien oder auch Motivationen, die den Erwerb und Anwendung von Kompetenzen in verschiedenen Inhaltsbereichen erleichtern. (6) Schlüsselkompetenzen“ (Klimme 2004, 11). Nach Franz Weinerts Vorschlag soll der Begriff der Kompetenzen „die bei Individuen verfüg-baren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001, 27 f), umfassen. Kompetenzen sind an spezifische Gegenstände, Inhalte, Wissens- und Fähigkeitsbereiche gebunden. Damit unterscheidet sich dieser Kompetenzbegriff deutlich von Ansätzen, bei denen eine all-gemeine Handlungskompetenz angenommen und diese mehrfach dimensioniert wird in Sachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz. Im Rückgriff auf den Kompetenzbegriff wird betont, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur über träges, sondern über intelligentes Wissen verfügen sollen, um produktiv Probleme lösen zu können. Handlungsfähig zu sein bedeutet sachkompetent zu sein, d.h. Informationen über relevante Sachverhalte zu erschließen und auf Probleme anzuwenden. Methodenkompetenz meint über Wege zur selbständigen Erschließung und Aneignung von benötigten Informatio-nen zu verfügen. Da Probleme in der Regel nicht allein gelöst werden können, ist Sozial-kompetenz erforderlich, um mit anderen zusammenarbeiten und kommunizieren zu können. In internationalen Schulleistungsstudien wird mit folgendem Kompetenzbegriff gearbeitet:

• Der Begriff der Kompetenz orientiert auf notwendiges Wissen und Können zur Be-wältigung von Alltagssituationen, ist also funktionalistisch gefasst und schließt nur bedingt an die Bildungstradition an (Literacy-Konzeption).

• Er bezieht sich auf eine Domäne, ist also inhaltlich (oder fachspezifisch) ausgerichtet. Es wird jeweils ausgewiesen, was unter Lesekompetenz, unter mathematischer und naturwissenschaftlicher Kompetenz gefasst wird.

61

• Kompetenz wird gegliedert in bestimmte Bestandteile. So wird z. B. in der PISA-Studie Lesekompetenz zerlegt in die drei Bereiche: Informationen ermitteln, textbe-zogen Interpretieren und Reflektieren und Bewerten. Von daher enthalten diese Kompetenzbegriffe verschiedene Teilkompetenzen.

• Kompetenz wird auf einer Skala abgebildet und in verschiedene Stufen unterteilt. Mit der Stufung ist eine normative Setzung verbunden, was am Ende der Grundschule (Primarbildung) oder am Ende des Sekundarbereichs I (Grundbildung) gewusst und gekonnt werden soll, um anschlussfähig weiter lernen zu können.

• Kompetenzmodelle verweisen auf das Gefüge der Anforderungen, deren Bewältigung von Schülerinnen und Schülern erwartet wird (Kompetenzenmodell); außerdem „lie-fern sie wissenschaftlich begründete Vorstellungen darüber, welche Abstufungen ei-ne Kompetenz annehmen kann bzw. welche Grade oder Niveaustufen sich bei den einzelnen Schülerinnen und Schülern feststellen lassen“ (Klieme u.a. 2003, 61).

• Kompetenz wird als messbar verstanden und durch bestimmte Sorten von Aufgaben erfasst.

„Jede Kompetenzstufe ist durch kognitive Prozesse und Handlungen von bestimmter Qualität spezifiziert, die Schüler auf dieser Stufe bewältigen können, nicht aber Schüler niedrigerer Stufen“ (Expertise 2003, 16). Nach Meinung der Autoren machen Kompetenzmodelle „Aus-sagen über die Dimensionen und Stufen von Kompetenzen, die prinzipiell mit Hilfe passen-der Aufgaben (...) empirisch überprüft werden können“ (Klieme u.a. 2003, 16). Es wird über den Aufbau dieser Kompetenz aus wissenspsychologischer Perspektive nach-gedacht. Neben der Beschreibung erwartbarer Lernergebnisse von Schülerinnen und Schü-lern in bestimmten Altersstufen in den jeweiligen Fächern geht es auch darum, wissenschaft-lich fundiert aufzuzeigen, „welche >Wege zum Wissen und Können< eingeschlagen werden können“ (Klieme u.a. 2003, 58). Es geht also darum, Grunddimensionen der Lernentwicklung in einem Gegenstandsbereich zu identifizieren. Curricula, die in diesem Sinne den Kompetenzgedanken aufnehmen, markieren das An-spruchsniveau, auf dem etwas gewusst und gekonnt werden soll. Wenn wir den von den Schulleistungsstudien verwendeten Kompetenzbegriff aufnehmen und für die Arbeit im Unterricht furchtbar zu machen suchen, besteht die Herausforderung darin, deutlich darüber nachzudenken, wie durch kumulativ angelegten Unterricht Kompe-tenzen aufgebaut werden können, wie die Lernprozesse zum Aufbau dieser Kompetenzen aussehen müssen, auf welchem unterschiedlichen Niveau dieses Wissen und Können je-weils angelegt sein kann und wie, für eine heterogene Schülerschaft, eine Kompetenzent-wicklung im Unterricht so angelegt wird, dass die Unterschiede zwischen den leistungsstar-ken und leistungsschwachen Schüler/innen nicht größer werden. Es muss stärker über Lern-entwicklungen in einem Gegenstandsbereich nachgedacht werden. Mit dem Ziel, im Unter-richt nicht nur einfaches Wissen zu vermitteln, sondern zum Fragen, Denken und Problemlö-sen, zum Transfer des Wissens anzuregen, sind Fragen der Lehrkraft auf unterschiedlichen Anspruchsniveaus und unterschiedlich anspruchsvolle Aufgaben einzusetzen. Unterricht, orientiert an Bildungsstandards Die Diskussion um Bildungsstandards bestimmt gegenwärtig auch die Diskussion um den Unterricht. Bildungsstandards sind dabei ein Instrument zur Steuerung, zur Qualitätssiche-rung und Qualitätsverbesserung und zur Professionalisierung der Lehrkräfte.

62

Standards sind mehr oder weniger umfangreiche, in sich gestufte und verbindliche Festle-gungen darüber, was an Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in ausgewiesenen Fä-chern resp. Lernbereichen notwendig ist, um in der Welt kompetent handeln zu können. Standards drücken eine Kodifizierung von zu erwerbenden und aufzuweisenden Kompeten-zen aus. Sie sind durch drei Merkmale bestimmt:

• Anerkennung • Normierung im Bezugssystem • Qualitätssicherung

Anerkennung (1) bedeutet, dass die gesellschaftliche Öffentlichkeit und vergleichbare Ein-richtungen (Schulen) ein hohes Gewicht auf die Vermittlung des jeweils bereichsspezifischen Wissens, der Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen legen. Man geht davon aus, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene über sie verfügen müssen. Hinter der Idee der Normie-rung im Bezugssystem (2) steht die Festlegung einer minimalen Anzahl solcher Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen, die im Diskurs der Fachleute Akzeptanz finden. Qualitätssi-cherung (3) meint die Validität und Reliabilität, mit der Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen gezeigt werden, damit man von Kompetenzbeherrschung sprechen kann. „Es gibt (...) eine Reihe von Merkmalen, denen gute Bildungsstandards genügen müssen, um allen Beteiligten in den Schulen die verbindlichen Ziele und Kompetenzanforderungen möglichst eindeutig zu vermitteln: 1. Fachlichkeit: Bildungsstandards sind jeweils auf einen bestimmten Lernbereich bezogen

und arbeiten die Grundprinzipien der Disziplin bzw. des Unterrichtsfachs klar heraus. 2. Fokussierung: Die Standards decken nicht die gesamte Breite des Lernbereichs bzw. Fa-

ches in allen Verästelungen ab, sondern konzentrieren sich auf einen Kernbereich. 3. Kumulativität: Bildungsstandards beziehen sich auf die Kompetenzen, die bis zu einem

bestimmten Zeitpunkt im Verlauf der Lerngeschichte aufgebaut worden sind. Damit zielen sie auf kumulatives, systematisch vernetztes Lernen.

4. Verbindlichkeit für alle: Sie drücken die Mindestvoraussetzungen aus, die von allen Ler-nern erwartet werden. Diese Mindeststandards müssen Schulform übergreifend für alle Schülerinnen und Schüler gelten.

5. Differenzierung: Die Standards legen aber nicht nur eine >Meßlatte< an, sondern diffe-renzieren zwischen Kompetenzstufen, die über bzw. unter bzw. vor und nach dem Errei-chen des Mindestniveaus liegen. Sie machen so Lernentwicklungen verstehbar und er-möglichen weitere Abstufungen und Profilbildungen, die ergänzende Anforderungen in ei-nem Land, einer Schule, einer Schulform darstellen.

6. Verständlichkeit: Die Bildungsstandards sind klar, knapp und nachvollziehbar formuliert. 7. Realisierbarkeit: Die Anforderungen stellen eine Herausforderung für die Lernenden und

die Lehrenden dar, sind aber mit realistischem Aufwand erreichbar“ (Klieme u.a. 2003, 17 f).

Bildungsstandards sind ein Instrument der Steuerung. Sie legen fest, was am Ende eines Schuljahres von Schülerinnen und Schülern gewusst und gekonnt werden soll. „Nationale Bildungsstandards formulieren verbindliche Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Schule“ (Klieme u.a. 2003, 4). Standards können sich auf den Input beziehen („opportunity-to-learn-standards) oder auf den Output in Form von Lernergebnissen. Standards können auf verschiedenen Abstraktionsebenen formuliert werden • auf der Ebene allgemeiner Bildungsziele; • auf der Ebene von Lernzielen oder Lerninhalten; • auf der Ebene von Testwerten. Es können unterschiedliche Zielniveaus angegeben wer-

den: • ein basales Niveau (Mindeststandards), • ein Ideal (Maximalstandards) oder • ein durchschnittliches Erwartungsniveau (Regelstandards).

63

Bildungsstandards orientieren die Schulen auf verbindliche Ziele. Sie legen fest, „wel-che Kompetenzen die Kinder oder Jugendlichen bis zu einer bestimmten Jahrgangs-stufe mindestens erworben haben sollen“ (Klieme u.a. 2003, 4). Bildungsstandards helfen beim Organisieren von Lehr-Lern-Prozessen. Unterricht ist so um-zuorganisieren, dass verschiedene Leistungs- resp. Kompetenzniveaus ausgewiesen wer-den. Die Orientierung an Standards, die mehrstufig dimensioniert sind, hilft dabei, mit den Schülerinnen und Schülern über Lernergebnisse und – prozesse ins Gespräch zu kommen und auszuweisen, was sie in der Schule lernen können, wo sie stehen und welche Schritte sie unternehmen können, um die jeweils angestrebte Kompetenzstufe zu erreichen. Stan-dards dienen, angesichts einer heterogenen Schülerschaft dazu, sich das anzustrebende Niveau zu verdeutlichen und – in gegenseitiger professioneller Unterstützung – dabei zu hel-fen, es – durch frühzeitige Diagnosen von Lernausgangslagen, Erarbeitung von Förderkon-zepten und Hilfen für den einzelnen Lerner resp. die einzelne Lernerin – schrittweise anzu-streben. Bildungsstandards sind die Grundlage für Diagnostik und Förderung. Wenn in den Unterricht Formen der Diagnose, des Feedbacks an Schülerinnen und Schülern und der präzisen Hilfe für einzelne eingefädelt werden sollen, dann bedeutet das Ausweisen von gestuften Kompe-tenzniveaus, dass Schülerinnen und Schülern schneller und präziser Rückmeldungen zum Lernstand gegeben und Hilfen für die Optimierung individueller Lernprozesse gewährt wer-den kann. Um prognostisch die Leistungen der Schülerinnen und Schüler einzuschätzen und zwar unter der Perspektive, ob sie genügend Wissen und Können besitzen, um die weiteren Lernschritte, die auf sie zukommen, bewältigen zu können, muss sich die Lehrkraft verge-genwärtigen, was ein/e Schüler/in wissen und können muss, um weiter im Lernprozess fort-schreiten zu können. Unter diagnostischer Perspektive sind daher Minimalstandards interes-sant, weil sie verdeutlichen, was wenigstens gewusst und gekonnt werden muss, um den Anschluss im Lernen zu schaffen. Bildungsstandards helfen beim Erfassen und Bewerten von Lernergebnissen. Bildungsstan-dards werden „konkretisiert in Aufgabenstellungen und schließlich Verfahren, mit denen des Kompetenzniveau, das Schülerinnen und Schüler tatsächlich erreicht haben, empirisch zu-verlässig erfasst werden kann“ (Klieme u.a. 2003, 16). Die Autoren der Expertise betonen, dass über Standards Lehrkräfte einen externen Maßstab zur Einschätzung der Schülerkom-petenzen erhalten und mögliche Einseitigkeiten des eigenen Urteils erkennen können (Klie-me u.a. 2003, 41). Bildungsstandards weisen die Leistungen des Unterrichts aus und legitimieren den Unter-richt. „Die Standards vermitteln (...) mit mehr Klarheit als zuvor, auf welche Kompetenzen es in der Schule ankommt und wie Jahrgangsstufen in ihren Ansprüchen aufeinander aufbauen“ (Klieme u. a. 2003, 38). Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern und die gesellschaftliche Öf-fentlichkeit müssen wissen, welchen Abschlüssen welche Stufen von Kompetenz zugeordnet werden. Dabei ist es notwendig, den verschiedenen, von den Schulen verteilten Abschlüssen (Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Abitur) deutlich unterschiedliche Kompetenzstu-fen zuzuordnen und genau zu markieren, was jemand kann, wenn er diesen Abschluss – im Gegensatz zu einem anderen – erhält. Schülerinnen und Schüler müssen von Anfang an wissen, welche Leistungen sie für einen jeweiligen Abschluss erbringen müssen. Bildungsstandards sind für die Weiterentwicklung von Schule und Unterricht bedeutsam. „Konkretisiert in Testverfahren werden Standards im Rahmen des Bildungsmonitoring und der Evaluation von Schulen angewandt. Sie dienen des Feststellung und Bewertung von Lernergebnissen und haben somit eine Rückmeldefunktion, (...).“ (Klieme u.a. 2003, 38) „Die Arbeit mit Bildungsstandards an Schulen richtet sich primär auf den Fachunterricht und die dort aufzubauenden Kompetenzen. (...) Diese Anforderungen betreffen auf einer ersten Ebene jede Lehrkraft in Hinblick auf ihren individuellen Unterricht; auf einer zweiten Ebene jedoch das Fachkollegium bzw. die gesamte Schule. Die hier vertretene Konzeption der Bil-

64

dungsstandards sieht eine enge Abstimmung bei didaktischen Entscheidungen auf der Schulebene vor. (...) Auf längere Sicht gilt es, ein schulinternes Curriculum auszuformen, das die besondere Ausgangslage der Schule und ein mögliches Schulprofil berücksichtigt und bisherige Lehrpläne gezielt weiter entwickelt“ (Klieme u.a. 2003, 94). Qualität von Unterricht entfalten durch das Formulieren von Bildungsstandards Ein erster Schritt zur Qualitätssicherung von Unterricht durch Bildungsstandards wurde durch die KMK gemacht. Die Kultusministerkonferenz bricht durch das Setzen von Bildungsstan-dards für den mittleren Abschluss in zentralen Fächern (Deutsch, Mathematik, Englisch) mit einer Tradition, in Rahmenrichtlinien oder Lehrplänen nur Ziele, Inhalte und Methoden an-zugeben. Statt dessen wird markiert, welche Kompetenzen am Ende von Klasse 10 vorhan-den sein sollen. „Bildungsstandards greifen allgemeine Bildungsziele auf und benennen Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe an zentralen Inhalten er-worben haben sollten. (...) Die Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss werden als abschlussbezogene Regelstandards definiert. Sie (...) • beschreiben die fachbezogenen Kompetenzen einschließlich zugrunde liegender Wis-

sensbestände, die Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Bildungsgangs erreicht haben sollen, (...)

• beschreiben erwartete Leistungen im Rahmen von Anforderungsbereichen, • weisen ein mittleres Anspruchsniveau aus, • werden durch Aufgabenbeispiele veranschaulicht“ (Beschlüsse der Kultusministerkonfe-

renz vom 4.12.2003, zitiert nach KMK 2004, 3). Für die einzelnen Fächer werden verschiedene Kompetenzbereiche und dazu gehörige Me-thoden und Arbeitstechniken unterschieden. Für das Fach Deutsch werden – um den Ge-danken an einem Beispiel darzustellen – vier Bereiche unterschieden, nämlich Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“, „Sprechen und Zuhören“, „Schreiben“ und „Lesen – mit Tex-ten und Medien umgehen“. Für jeden dieser Bereiche wird das mittlere Anspruchsniveau formuliert. Im Bereich „Lesen – mit Texten und Medien umgehen“ ist es so gefasst: „Die Schülerinnen und Schüler verfügen über grundlegende Verfahren für das Verstehen von Texten, was Leseinteressen sowie Lesefreude fördert und zur Ausbildung von Empathie und Fremdverstehen beiträgt. Sie entnehmen selbständig Informationen aus Texten, verknüpfen sie miteinander und verbinden sie mit ihrem Vorwissen. Dafür entwickeln sie verschiedene Lesetechniken und setzen Lesestrategien gezielt ein. Sie verfügen über ein Grundlagenwis-sen zu Texten, deren Inhalten, Strukturen und historische Dimension, reflektieren über Tex-te, bewerten sie und setzen sich auf der Grundlage entsprechender Kriterien mit ihrem äs-thetischen Anspruch auseinander. Sie verfügen über ein Orientierungswissen in Sprache und Literatur und nutzen die verschiedenen Medien, um Informationen zu gewinnen und kri-tisch zu begleiten“ (Sekretariat der KMK: Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittle-ren Schulabschluss. Beschluss vom 4.12. 2003, 2004, 9). In den verschiedenen Kompetenzbereichen werden angestrebte Kompetenzen festgelegt. Für den Bereich des Lesens wird das Beherrschen verschiedener Lesetechniken, das Ken-nen und Verwenden von Strategien zum Leseverstehen, das Verstehen und Nutzen von lite-rarischen Texten und Gebrauchstexten und von Medien genannt. Für diesen Kompetenzbe-reich werden als Methoden und Arbeitstechniken die folgenden angegeben: • „Exzerpieren, Zitieren, Quellen angeben, • Wesentliches hervorheben und Zusammenhänge verdeutlichen, • Nachschlagwerke zur Klärung von Fachbegriffen, Fremdwörtern und Sachfragen heran-

ziehen,

65

• Texte zusammenfassen: z.B. im Nominalstil, mit Hilfe von Stichwörtern, Symbolen, Farbmarkierungen, Unterstreichungen,

• Inhalte mit eigenen Worten wiedergeben, Randbemerkungen setzen, • Texte gliedern und Teilüberschriften finden, • Inhalte veranschaulichen: z.B. durch Mindmap, Flussdiagramm, • Präsentationstechniken anwenden: Medien zielgerichtet und sachbezogen einsetzen:

z.B. Tafel, Folie, Plakat, PC-Präsentationsprogramm“ (Sekretariat der KMK: Bildungs-standards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 4.12. 2003, 2004, 15).

Die Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss treffen Aussagen über Angemes-senheit, Qualität und Komplexität. Dafür werden verschiedene Anforderungsbereiche unter-schieden und die jeweils erwarteten Leistungen zugeordnet. Mit dem Anforderungsbereich I ist die „Verfügbarkeit der für die Bearbeitung der Aufgaben notwendigen inhaltlichen und me-thodischen Kenntnisse“ gemeint. Der Anforderungsbereich II zielt auf „selbstständiges Erfas-sen, Einordnen, Strukturieren und Verarbeiten der aus der Thematik, dem Material und der Aufgabenstellung erwachsenden Fragen/Probleme und deren entsprechender gedankliche und sprachliche Bearbeitung“, der Anforderungsbereich III meint die „Eigenständige Reflexi-on, Bewertung bzw. Beurteilung einer komplexen Problemstellung/Thematik oder entspre-chenden Materials und ggf. die Entwicklung eigener Lösungsansätze“ (Sekretariat der KMK: Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 4.12. 2003, 2004, 17). Im Anforderungsbereich I geht es um das Identifizieren von Arbeitsaufträgen aus einer Auf-gabe, um das Erfassen des der Aufgabe zugrunde liegenden Themas, um das Wiedergeben von Text- oder Materialinhalten, um die Verbindung des Themas/Hauptgedankens mit eige-nen Kenntnissen und um die Anwendung von Arbeitstechniken. Im Anforderungsbereich II sollen die Hauptgedanken eines Textes resp. einer Argumentation differenziert erfasst, län-gere oder komplexere Texte in eigenständigen Formulierungen zusammengefasst und wie-dergegeben werden, poetische/stilistische/rhetorische Mittel in einem Text untersucht, er-kannt und beschrieben und Kenntnisse auf unbekannte Sachverhalte bezogen werden. Im Anforderungsbereich III sollen komplexe Texte und Problemstellungen erfasst und bearbeitet werden, die entsprechenden Aussagen in einen Problemzusammenhang eingeordnet und detailliert untersucht und begründete Folgerungen gezogen werden. Deutungsansätze poeti-scher, stilistischer resp. rhetorischer Mittel eines Textes sollen entfaltet werden (vgl. Sekreta-riat der KMK: Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss. Be-schluss vom 4.12. 2003, 2004, 16). Damit werden hier die Anforderungsbereiche mit unter-schiedlichen Stufen von Kompetenz in Verbindung gebracht. Wenn wir davon ausgehen, dass gegenwärtig der Prozess der Implementation der Bildungs-standards in alle Schulen beginnt, bedeutet das für die Langzeitplanung des Unterrichts, dass über mehrere Schuljahre hinweg ein Curriculum zu konzipieren ist, das sowohl bezo-gen auf die Inhalte, als auch die geforderten Verfahren und Methoden Aussagen trifft. Die Bildungspläne, Rahmenrichtlinien oder Curricula, die oftmals nur die Ziele des Unter-richts, Themen, Inhalte, Methoden und Medien vorschlugen, aber bezogen auf Fähigkeitsstu-fen, auf denen eine Frage- und Problemstellung bearbeitet werden soll, unklar blieben, sind insofern zu konkretisieren, als zu beschreiben ist, welche Kompetenzen am Ende einer Un-terrichtseinheit vorhanden sein sollen. Wenn nicht nur inhaltliche Schwerpunkte gesetzt, sondern den Verfahren und Arbeitstechniken Wert beigemessen werden soll, müssen Operationen und das Niveau ihrer Ausführung beschrieben werden. Solche Operatoren können im Fach Deutsch die Folgenden sein: Nennen, Beschreiben, Zusammenfassen, Einordnen, Darstellen, Erschließen, Erläutern, Analysieren, in Beziehung setzen, Vergleichen, Begründen, Beurteilen, Bewerten, Stellung nehmen, Überprüfen, sich Auseinandersetzen mit ..., Erörtern, Interpretieren, Entwerfen, Gestalten (vgl. Freie und Hansestadt Hamburg 2003, 11 f). Dabei ist jeweils das Anspruchsniveau, auf dem etwas gewusst und gekonnt resp. auf dem die Operationen durchgeführt werden sollen, zu markieren.

66

Für den Unterricht der Lehrkräfte bedeuten die Überlegungen, ausgehend von den Regel-standards am Ende eines Bildungsgangs diesen so anzulegen und aufzubauen, dass sie er-reicht werden können. Das bedeutet, jeweils vom zu erreichenden Abschluss des Bildungs-gangs den Unterricht in der Grundschule, im Sekundarbereich I und in der gymnasialen O-berstufe zu konzipieren. Das bedeutet, schon im Unterricht sich über den Schwierigkeitsgrad von Aufgabenstellungen Gedanken zu machen und Aufgaben aus den verschiedenen In-haltsbereichen und Anforderungsbereichen zu formulieren (vgl. Helmke/Hosenfeld 2004). Was bedeutet das Setzen von Standards für die Unterrichtsarbeit? (1) Ein Setzen von Standards, oftmals verbunden mit der Einführung eines Kerncurriculums, bedeutet, dass in der Schule nicht mehr einfach nur Lernangebote gemacht werden, sondern dass in neuer Weise über den Aufbau des Wissens und Könnens nachgedacht wird. Im Un-terricht kommt es darauf ein, ein intelligent geordnetes, in sich vernetztes, in verschiedenen Situationen erprobtes und flexibel anpassbares Wissen zu vermitteln. „Dazu gehören Fakten-, Konzept-, Theorie-, Methoden und Prozesswissen gleichermaßen. Bei steigender Schwie-rigkeit und Komplexität der kognitiven Anforderungen von Aufgaben- und Problemstellungen nimmt die Bedeutung des spezifischen Vorwissens für deren erfolgreiche Bearbeitung zu. Der Aufbau von intelligentem Wissen ist in der Regel ein langjähriger und übungsintensiver Prozess, der nicht nur Anstrengung und Ausdauer verlangt, sondern zugleich auch die sys-tematische Schulung von Elementen des >anderen Lernens< einschließt: also Anwenden, Übertragen, Umstrukturieren und Integrieren. Umgekehrt sind Fächerübergreifendes Den-ken, Anwenden, Forschen, methodisches Vorgehen oder gar die Selbstorganisation des Lernens ohne den Erwerb solider Wissensgrundlagen schwer vorstellbar“ (Baumert/Köller 1998).

(2) Wenn die bundesrepublikanische didaktische Diskussion zu stark inhaltsorientiert war und zu wenig den Lernwegen der Schülerinnen und Schüler, auf der Basis einer Lernstruk-turanalyse Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist dieser Mangel zu korrigieren (vgl. Ki-per/Mischke 2004). Dazu ist eine Theorie des Unterrichts zu entfalten, die hinreichend diffe-renziert ist und es ermöglicht, u. a. Fragen des kulturellen Rahmens von Unterricht, des Klassenmanagements und der Steuerung und Überwachung von Lernprozessen ebenso zu bedenken wie die Überprüfung des Unterrichtserfolgs (Evaluation). Die von Hanna Kiper und Wolfgang Mischke vorgestellte „Integrative Didaktik“ versucht wesentliche Aspekte des Un-terrichts zu benennen (vgl. die Begriffslandkarte bei Kiper/Mischke 2004, 77). Hier werden normative Konzepte und Zielsetzungen für den Unterricht ebenso angesprochen wie die Di-agnose der Lernvoraussetzungen, die Handlungsplanung, die Ausführungssteuerung, die Interaktionssteuerung, das Klassenmanagement. Außerdem wird markiert, welche Frage Lehrkräfte bei der Unterrichtsplanung zu berücksichtigen haben (wie Inhaltsanalyse, Didakti-sche Analyse, Lernstrukturanalyse).

(3) Wenn durch Unterricht Kompetenzen aufgebaut werden sollen, kommt es darauf an, den Unterricht in seinen Tiefenstrukturen so anzulegen, dass er jeweils intendierte Lernprozesse befördert. Das, was sich auf der Sichtstruktur des Unterrichts ereignet, muss der Beförde-rung dieser Lernprozesse dienen. In einem, gemeinsam mit Wolfgang Mischke verfassten Band unter dem Titel: „Einführung in die Allgemeine Didaktik“ schlagen wir vor, an den Über-legungen von Hans Aebli (1923-1990) anzuknüpfen, dessen Didaktik auf psychologischer Grundlage Lehrkräften Hilfen gibt, eine Vorstellung von der Struktur der Verarbeitungspro-zesse des Schülers zu entfalten und das Lernangebot zu strukturieren. Einen Durchbruch in der didaktischen Diskussion stellen die Überlegungen von Fritz K. Oser und Franz J. Baeris-wyl dar. Die Autoren formulieren, dass zwei Ebenen des Unterrichts in den Blick genommen werden müssen, „Sichtstrukturen“ und die „Tiefenstrukturen“. Die Tiefenstrukturen des Unter-richts basieren auf Basismodellen des Lernens; ihre Analyse gibt Hinweise, ob und wie ge-lernt wird. Nach Oser und Baeriswyl geht es darum, das Nachdenken über die geplanten und

67

aufeinander folgenden Schritte beim Unterrichten mit einem Nachdenken über die jeweiligen Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler, die induziert werden sollen, zu verbinden (O-ser/Baeriswyl 2001, Kiper/Mischke 2004, 117 ff). Wir unterscheiden Oberflächen- und Tie-fenstrukturen des Unterrichts und gehen davon aus, dass Unterricht auf einer Tiefenstruktur Lernprozesse anlegen muss.

(4) Im Kontext von Schulvergleichsstudien wurden Videostudien über den Unterricht in ver-schiedenen Staaten durchgeführt. Sie sollen Aufschluss über die Lern- und Unterrichtskultur eines Landes geben. Im Zusammenhang mit den Schulvergleichsstudien zur mathemati-schen Kompetenz ging es um die Fragen, ob im Unterricht eine Standardmethode dominiert, bei dem in einem geradlinig angelegten Unterrichtsgespräch zielstrebig die >richtige< Prob-lemlösung angesteuert wird oder ob alternative Lösungswege der Lernenden einbezogen werden, ob und inwiefern der Unterricht nur zur Einübung in Routinen und weniger zur Kon-solidierung des Wissens und seiner flexiblen Anwendung führt, inwiefern die Übungs- und Anwendungsphasen phantasievoll und abwechselungsreich gestaltet sind, ob und inwiefern der Unterricht experimentell ausgerichtet ist, eine interaktive Einbindung der Lernenden fest-zustellen ist und Schülerinnen und Schüler zu verstärkten Eigenaktivitäten aufgefordert wer-den, welche Sicherheit resp. welche Probleme Schülerinnen und Schüler bei der Bearbei-tung von Aufgaben und Anwendung von Wissen in neuen Zusammenhängen haben. Am Beispiel des Mathematikunterrichts wurde die spezifische Form des „fragend-entwickelnden Unterrichts, in dem anspruchsvolle und komplexe Problemstellungen in kurze Fragen und simple Aufgaben kleingearbeitet werden“, offengelegt und kritisiert, wird doch so „die menta-le Selbständigkeit der Schüler eingeschränkt und ihre individuelle Konstruktion von vernetz-tem Wissen behindert. Die Vielfalt der möglichen Lösungswege gerät bei diesem Unterricht aus dem Blick. Dagegen wird zunehmend ein Unterricht favorisiert, der zunächst die Frage-, Problem- und Aufgabenstellung in den Horizont der Schülerinnen und Schüler rückt und dann darauf orientiert, dass diese sich selbständig und ohne Hilfe mit dem Problem ausei-nandersetzen und unterschiedliche Lösungswege gehen. Ein Unterrichtsgespräch erhält ei-nen anderen Charakter, wenn es nach der Phase der eigenständigen Arbeit geführt wird. Hierbei werden dann Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte zu Partnern. Insgesamt wird für den Unterricht eine Verstärkung der aktiven Phasen gefordert. (5) Von den Schulleistungsstudien gehen Impulse aus, deutlicher über die Schwierigkeits-grade von Aufgabenstellungen nachzudenken und (gestufte) Aufgabenanforderungen zu formulieren. Dabei stellt sich die Aufgabe, • über verschiedene Kompetenzstufen bei der Bearbeitung eines Problems, eines Sach-

verhalts, eines Themas nachzudenken, • über Aufgaben unterschiedlicher Komplexität den Lernprozess zu organisieren, • sich zu vergegenwärtigen, welche Anforderungen mit der jeweiligen Aufgabe verbunden

sind (z. B. Informationsentnahme aus zwei Texten, Kontrastierung der Information, Le-sen eines Schaubildes, Überprüfen der im Schaubild dargestellten Theorie),

• Hilfen zu geben, die Aufgabenstellungen zu bewältigen, • diagnostische Verfahren im Unterricht einzusetzen, um zu überprüfen, warum eine

Schülerin oder ein Schüler eine Aufgabe nicht lösen kann, • Hilfen auf der richtigen Stufe anzubieten, damit Schülerinnen und Schüler den An-

schluss an den Stand des Unterrichts halten können.

(6) Unterricht, der sich Bildungsstandards verpflichtet weiß, kann keine Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung vor allem orientiert an der Sozialnorm vornehmen; der Sachnorm und ihrer Darlegung, ist größere Aufmerksamkeit zu widmen. Dafür muss die Unterrichtsar-beit in der Schule insofern umgestellt werden, als Abgleichungsprozesse zwischen den ge-setzten Normen und den Bedingungen in der Schule und der Schulklasse hergestellt wer-den, um über Wege nachzudenken, wie die Schüler/innen im Lernen maximal unterstützt werden können. Dazu sind Verständigungsprozesse zwischen den Lehrkräften einer Schulen

68

anzulegen, um Absprachen über die zu erreichenden Ziele und die dafür notwendigen Inter-ventionen zu treffen.

Kompetenzen für die Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht Für die Planung und Durchführung von Unterricht sind m. E. folgende Kompetenzen notwen-dig:

• Lehrkräfte sollen nicht nur Ziele und Inhalte ihres Unterrichts nennen können, son-dern sich über zu erreichende Standards verständigen und genau angeben, was am Ende ihres Unterrichts (nach einer Unterrichtseinheit, einem Schulhalbjahr, einem Schuljahr) von ihren Schülerinnen und Schülern in ihrem Fach in einer bestimmten Jahrgangsklasse gewusst und gekonnt werden soll. Dies bezieht sich auf Kompeten-zen in verschiedenen Bereichen und hier auch auf Kompetenzniveaus, auf dem Schülerinnen und Schüler ihr Wissen und Können zeigen sollen. Um dieses Kompe-tenzniveau auszuweisen, ziehen Lehrerinnen und Lehrer nicht nur die Rahmenricht-linien heran, sondern setzen sich mit den inzwischen vorliegenden Texten der Kul-tusministerkonferenz zur Sicherung von Standards in Deutsch, Mathematik und Eng-lisch auseinander. Sie arbeiten in Teams von Fachkollegen, von Jahrgangsteams und in Fachkonferenzen und denken darüber nach, wie ein kumulativer Wissensauf-bau geschehen soll. Sie ringen darum, das Niveau ihres Unterrichts anzuheben durch anspruchsvolle Fragen, Aufgabestellungen und Materialien.

• Sie verständigen sich über Ideen zum guten Unterricht, setzen diese mit Ergebnissen

der Unterrichtsforschung zum effektiven Unterricht und zur Förderung guter Schul-leistungen in eine Beziehung und reorganisieren den eigenen Unterricht mit der Ziel-setzung, Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler anzulegen. Zum jeweils zu organisierenden Lernprozess werden sinnvolle Methoden ausgewählt.

• Die Lehrkräfte wählen Methoden in der Absicht aus, sinnvolle Lernprozesse anzule-

gen. Die Methoden passen zum jeweiligen Basismodell des Lernens (vgl. Kiper/ Mischke 2004, 114 ff); sie fördern selbstreguliertes Lernen der Schülerinnen und Schüler.

• Um nicht nur Unterricht abzuhalten, sondern auf einer Tiefenstruktur Lernprozesse

anzulegen, reicht es nicht aus, über die Auswahl von Bildungsinhalten nachzuden-ken. Zusätzlich zur Sachanalyse und didaktischen Analyse, die Lehrkräfte aufgrund ihrer Ausbildung in der Regel vornehmen (können), fragen sie nach den zu organisie-renden Lernprozessen auf einer Tiefenstruktur des Unterrichts. Sie nehmen eine Lernstrukturanalyse vor, um auf dieser Grundlage die Lernprozesse der Schülerin-nen und Schüler in verschiedenen Lernarrangements besser anzuleiten, durch Moni-toring zu begleiten und zu organisieren. Sie erkennen Unterricht als zielführende Ab-folge von Lernarrangements, bei denen auch dramaturgische und soziale Gesichts-punkte mit bedacht werden.

• Sie wenden während des Lernprozesses Verfahren des Monitoring an und überprü-

fen den Erfolg des Unterrichts durch Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung. Auf der Grundlage einer genauen Beobachtung der Lernprozesse und der Lernpro-dukte und Lernäußerungen der Schülerinnen und Schüler und auf der Grundlage von Formen der Fehleranalyse entwickeln sie Ideen darüber, wo Hilfestellung und Förde-rung ansetzen kann, damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler die Ziele des Unterrichts auf hohen Stufen der Kompetenz erreichen. Um Lernprozesse in hetero-genen Gruppen zu fördern, planen sie alternative Lernarrangements, passend zu den Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler.

• Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre diagnostische Kompetenz mit dem Ziel, Lehr-

und Lernprozesse zu optimieren, aber auch für einzelne Schülerinnen und Schüler

69

im Prozess des Unterrichts Strukturierungs- und Unterstützungsmaßnahmen anzu-bieten. Sie beobachten und dokumentieren die Lernprozesse ausgewählter Schüle-rinnen und Schüler, denken über Lernschwierigkeiten der Schülerinnen und Schüler Hypothesen basiert nach und suchen – auch gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen - nach Hilfestellungen für die Überwindung von Lebens- und Lernprob-lemen im Rahmen von Fallkonferenzen. Sie wenden eine Heuristik des Förderns sinnvoll an und planen Präventions-, Interventions- und Hilfsmaßnahmen auf der Grundlage eines Förderplans. Sie gehen theoriegeleitet bei der Fallbesprechung vor.

• Lehrerinnen und Lehrer helfen ihren Schulen dabei, in Schulentwicklungsprozessen

den Focus auf Unterricht und Lernprozesse zu legen. Sie nutzen Instrumente der Un-terrichtsentwicklung wie Klassenkonferenzen, Fachkonferenzen, Fallkonferenzen, gemeinsame Unterrichtsvorbereitung, auch in festen Teams, um Qualitätsarbeit vo-ranzubringen.

Es wird notwendig sein, in einem phasenübergreifenden konzeptionellen Ansatz für Lehrer-bildung, deutlich die zu entwickelnden Kompetenzen für die Gestaltung guten Unterrichts zu markieren und in Studium, Referendariat, Berufseinstiegsphase und Weiterbildung darauf hinzuwirken, dass diese ausgebildet werden.

70

Literatur: Aebli, Hans: Zwölf Grundformen des Lehrens. Stuttgart: Klett-Cotta 2001 (11. Auflage)

Arbeitsstab Forum Bildung in der Geschäftsstelle der Bund-Länder-Kommission für Bil-dungsplanung und Forschungsförderung: Kompetenzen als Ziele von Bildung und Qualifika-tion. Bericht der Expertengruppe des Forums Bildung. Stand: 14.2.2001 unter: http://www.paedagogischeshandeln.de/Bildungspolitik1_2000htm Baumert, Jürgen, Köller, Olaf: Nationale und internationale Schulleistungsstudien. Was kön-nen sie leisten, wo sind ihre Grenzen? Pädagogik 50 Jg. (1998) Nr. 6, S. 12-18.

BMBF-Forschungs- und Entwicklungsprogramm „Lernkultur Kompetenzentwicklung“ unter: http://www.bmbf.de/591_827.html Bos, Wilfried, Lankes, Eva-Maria, Prenzel, Manfred, Schwippert, Knut, Walther, Gerd, Valtin, Renate (Hrsg.): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahr-gangsstufe im internationalen Vergleich. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann 2003

Brockmeyer, Rainer/Zedler, Peter: Grundbildung. Aufgaben und Herausforderungen des Un-terrichts in der Sekundarstufe I. In: Zedler, Peter (Hrsg.): Strukturprobleme, Disparitäten, Grundbildung in der Sekundarstufe I. Weinheim 1992, S. 203-228 Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen: Leske+Budrich 2001

Gemeinsame Erklärung des Präsidenten der Kultusministerkonferenz und der Vorsitzenden der Bildungs- und Lehrergewerkschaften sowie ihrer Spitzenorganisationen Deutscher Ge-werkschaftsbund DGB und DBB – Beamtenbund und Tarifunion: Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern heute – Fachleute für das Lernen. In: Päd Forum 2/2001, S. 276- 278 Helmke, Andreas/Hosenfeld, Ingmar: Vergleichsarbeiten – Standards – Kompetenzstufen: Begriffliche Klärung und Perspektiven. In: Wosnitzka, Marold/Frey, Andreas & Jäger, Rein-hold S.: Lernprozess, Lernumgebung und Lerndiagnostik. Wissenschaftliche Beiträge zum Lernen im 21. Jahrhundert. Landau: Verlag für Empirische Pädagogik 2004, S. 56-75 Hinz, Renate, Kiper, Hanna, Mischke, Wolfgang (Hrsg.): Welche Zukunft hat die Lehrerbil-dung in Niedersachsen? Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2002

Hopmann, Stefan: Wolfgang Klafki und die Tradition der Inhaltsorientierung in der deutschen Didaktik. In: Goodson, Ivor F., Hopmann, Stefan, Riquarts, Kurt (Hrsg.), Das Schulfach als Handlungsrahmen. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 1999, S. 75-92

Kiper, Hanna: Einführung in die Schulpädagogik. Weinheim, Basel: Beltz 2001

Kiper, Hanna: Literacy versus Curriculum. In: Moschner, Barbara, Kiper, Hanna, Kattmann, Ulrich (Hrsg.): PISA 2000 als Herausforderung. Perspektiven für Lehren und Lernen. Balt-mannsweiler 2003, S. 65-86

71

Kiper, Hanna: Welche Inhalte sollen das Studium in der Lehrerbildung bestimmen? In: Bei-träge zur Lehrerbildung. 21. Jahrgang Heft 3/2003, S. 342-356 Kiper, Hanna: Der Kompetenzbegriff in Schulleistungsstudien. Eine Hilfe zur Neuorientierung des Unterrichts? In: SchulVerwaltung NI SH 14. Jg. Nr. 7/8 (2004), S. 196-198 Kiper, Hanna, Meyer, Hilbert, Mischke, Wolfgang, Wester, Franz: Qualitätsentwicklung in Un-terricht und Schule. Das Oldenburger Konzept. Oldenburg 2003 (zu bestellen über: Didakti-sches Zentrum, Postfach 2503, 26111 Oldenburg) Kiper, Hanna, Mischke, Wolfgang: Einführung in die Allgemeine Didaktik. Weinheim und Ba-sel: Beltz 2004 Klafki, Wolfgang: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim und Basel 1985 Klieme, Eckhard, Avenarius, Hermann, Blum, Werner, Döbrich, Peter, Gruber, Hans, Pren-zel, Manfred, Reiss, Kristina, Riquarts, Kurt, Rost, Jürgen, Tenorth, Heinz-Elmar, Vollmer, Helmut: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Berlin. 18. 2. 2003 Klieme, Eckhard: Was sind Kompetenzen und wie lassen sie sich messen? In: Pädagogik 6/2004, S. 10-13 Mager, Robert F.: Lernziele und Programmierter Unterricht. Weinheim, Berlin, Basel: Beltz 1965 Meyer, Hilbert: Was ist guter Unterricht? Berlin: Cornelsen, Scriptor 2004 Monzen, Helga/Rademacker, Hermann: Vorwort der Übersetzer. In: Mager, Robert F.: Lern-ziele und Programmierter Unterricht. Weinheim, Berlin, Basel 1965, S. VI-VIII Oelkers, Jürgen: Entwicklung curricularer Standards für die Lehrerbildung. Vortrag vor dem Erziehungswissenschaftlichen Fakultätentag am 19. November 2004 in der Philipps- Univer-sität Marburg. Unter: http://www.paed.unizh.ch/ap/download/oelkers/Vortraege/164_MarburgLAB.pdf, ausgedruckt am 17.01.05, 22.30 Uhr Oser, Fritz K., Baeriswyl, Franz J.: Choreographies of Teaching: Bringing Instruction to Learning. In: Richardson, Virginia (Ed.): Handbook of research on teaching. 2001, p. 1031-1065 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Deutsch für den mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 4.12.2003. München: Luchterhand, Wolters Kluwer 2004 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kul-tusministerkonferenz vom 16.12.2004 (unter: http://www.kmk.org/doc/bschl/standards_lehrerbildung.pdf; ausgedruckt am 17.1.20005, 22 Uhr). Tenorth, Heinz-Elmar: Allgemeine Bildung. Analysen zu ihrer Wirklichkeit, Versuche über ih-re Zukunft. Weinheim, München: Juventa 1986 Tenorth, Heinz-Elmar: Alle alles zu lehren. Möglichkeiten und Perspektiven allgemeiner Bil-dung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1994 Weinert, Franz E.: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbst-verständlichkeit. In: ders. (Hrsg.): Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim, Basel: Beltz 2001, S. 17-31

72

Weinert, Franz E.: Qualifikation und Unterricht zwischen gesellschaftlichen Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten (1998). In: Melzer, Wolf-gang/Sandfuchs, Uwe (Hrsg.): Was Schule leistet. Funktionen und Aufgaben von Schule. Weinheim, München: Juventa 2001, S. 65-85 Wellenreuther, Martin: Lehren und Lernen – aber wie? Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2004

Prof. Dr. Hanna Kiper, Universität Oldenburg, Fakultät für Erziehungs- und Bildungswissen-schaften, Institut für Pädagogik, Postfach 2503, 26111 Oldenburg, Tel. 0441/ 798-3368, E-mail: [email protected]

73

Bericht zum Workshop 2

Diskussionspunkte für den Workshop: Welche Chancen und Probleme sehen wir in einer Lehrerbildung, die sich deutlich am Be-rufsfeld orientiert?

Welche Veränderungen sind in unseren Institutionen erforderlich, um diese Standards zu implementieren? Wo liegen die größten Hindernisse? Wo ist mit Unterstützung zu rechnen?

Worin sehen wir die Unterschiede zwischen einem zielklaren und einem an Kompetenzen orientierten Unterricht?

Welche Rolle kommt den Bildungsstandards für die Sicherung von Unterrichtsqualität zu? Wie könnte damit in der Schule als Ort der Ausbildung und der Fort- und Weiterbildung ge-arbeitet werden?

Wie bewerten wir die Kompetenzen, die in diesem Text als notwendig für das Unterrichten genannt werden (s.o.)?

Wie könnten Kompetenzen bezogen auf das Unterrichten auf verschiedenen Niveaus aus-sehen?

Prof. Dr. Hanna Kiper

74

Forschender Habitus als Kennzeichen von Professionalität im Berufsfeld Schule Johann Sjuts Zusammenfassung Die derzeitigen Befunde sowohl über die Wirksamkeit der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern als auch über die Wirksamkeit der Ausübung ihres Berufs müssen zu Ver-änderungen veranlassen. Eine solche Veränderung betrifft die Haltung zu Forschung und Entwicklung. Schule und Wissenschaft müssen, so das Credo, enger miteinander verbunden sein. Dies ist in einem doppelten Sinne gemeint: Die auf Schule bezogenen Wissenschaften haben das Berufsfeld stärker zu erforschen, eine bessere Lehrerausbildung zu gewährleisten und für Schule und Unterricht abgesichertere Entwicklungsleistungen zu erbringen. Schuli-sches Handeln hat sich hinsichtlich Gestaltung und Wirkung intensiver der Überprüfung nach wissenschaftlichen Kriterien zu unterziehen. Kurz: Forschender Habitus muss ausgeprägter als bisher zum Kennzeichen von Professionalität im Berufsfeld Schule werden. Die zur Zeit stattfindende Erneuerung in den Bildungswissenschaften und die Anpassung von Lehramts-studiengängen an die Bachelor-Master-Struktur könnten dafür sogar günstige Bedingungen liefern. 1. Lage Wenn Personen nach ihrer Tätigkeit in leitenden politischen Ämtern ohne Voreingenommen-heit und ohne (selbst) auferlegte Rücksichtnahme eine Einschätzung der ihnen sehr vertrau-ten Lage abgeben, ist Deutlichkeit zu vernehmen. Im Jahre 2004 stellte Rolf Wernstedt, von 1990 bis 1998 Kultusminister des Landes Nie-dersachsen und von 1998 bis 2003 Präsident des Niedersächsischen Landtags, fest: „Das Ergebnis der PISA-Studie war (...) für Deutschland ernüchternd und wird bis heute in allen Diskussionen als schwere narzisstische Kränkung wahrgenommen. Ausgerechnet wir, die wir immer so stolz auf unser Bildungswesen waren, sollen solch schlechte Ergebnisse ha-ben? Eigentlich undenkbar, aber auch unleugbar.“ (Wernstedt 2004, S. 29) „Die tiefgreifendste Verunsicherung der deutschen Gesellschaft ging“, so formulierte im Jah-re 2005 Julian Nida-Rümelin, von 2001 bis 2002 deutscher Kulturstaatsminister, „vermutlich von den PISA-Ergebnissen aus. Bis dahin hatte man angenommen, die deutschen Gymnasi-en und Universitäten gehörten zu den besten der Welt.“ (Nida-Rümelin 2005, S. 48) Der PI-SA-Schock betreffe indes Bildung und Kultur. Und das gesellschaftliche Fundament – auch für ökonomischen Erfolg – nämlich Kenntnisse und Fähigkeiten, Tugenden und Ein-stellungen, erodiere. Was fehle, seien ein bildungsfreundliches kulturelles Umfeld und der feste politische Wille, in die Zukunft der Kinder und Jugendlichen zu investieren. „Steht Deutschland an einem Wendepunkt? Wird sich dieses Land in Zukunft wieder als Bil-dungs- und Kulturnation definieren und damit die langfristigen Grundlagen für sozialen Zu-sammenhalt, politische Gestaltungskraft und ökonomische Stärke legen? Reicht der PISA-Schock aus, um die schleichende Marginalisierung von Bildung und Kultur zu beenden, eine Trendumkehr zu bewirken und die staatlichen und gesellschaftlichen Ressourcen wieder auf diese beiden eng miteinander verkoppelten Bereiche zu konzentrieren?“ (Nida-Rümelin 2005, S. 48) Mit den ernüchternden schulischen Ergebnissen gerät auch die schon länger kritisierte Leh-rerausbildung verstärkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Eine gute Schule braucht qualitäts-bewusste Lehrerinnen und Lehrer. Vor allem ihre Ausbildung ist es, von der man wirksame Verbesserungen erwartet. Welche Veränderungen in der Lehrerausbildung sind nötig?

75

2. Bildung und Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern Lehrerbildung oder Lehrerausbildung? „Lehrerbildung ist als die übergreifende Bezeichnung sowohl für die Erstausbildung (1. und 2. Phase) wie für das Lernen im Beruf (Berufsein-gangsphase, anschließende kontinuierliche Fort- und Weiterbildung) zu verstehen. Das Fun-dament für die (spätere) berufliche Kompetenz von Lehrern wird durch die Erstausbildung bereitgestellt.“ (Terhart 2005b, S. 277) In Abgrenzung zur institutionell angesiedelten Leh-rerausbildung sprechen die „Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland“ (Terhart 2000) auch von Lehrerbildung als berufsbiographischer Aufgabe. Lehrerbildung ist wie Bildung immer als Selbstbildung zu verstehen. Lehrerausbildung hat dagegen einen „systematische(n) Ort“ (Kretzer 2003, S. 131). Bildung ist ein Prozess von langer Dauer, ist selbstgesteuert und selbstverantwortet. Ausbildung hingegen findet in ei-nem zeitlichen und institutionellen Rahmen statt, auch mit Selbstverantwortung, aber mit vorgegebenen Zielen und Ansprüchen, Standards eben, und mit formellen Abschlüssen. Die erwähnte Einschätzung der Lage in Schule und Lehrerausbildung hat zu neuen Überle-gungen und Entscheidungen über Steuerungsinstrumente geführt. Von Kompetenzen, Stan-dards und Modulen ist die Rede. Was Professionalität ausmacht, bedarf der Präzisierung. „Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen Kompetenzen (= Fähig-keiten in bestimmten Bereichen) und den Standards, die als Maßstäbe den Ausprägungs-grad der Kompetenzen zu bestimmen erlauben. Sowohl in die Benennung von Kompetenzen wie auch in die Definition der Standards gehen normative und empirische Prämissen ein. Um den individuell sehr unterschiedlichen Grad der Kompetenz eines Absolventen abbilden zu können, sollte ein Standard, der ja ein Maßstab ist, eine ,Gradierung‘ oder ,Skalierung‘ er-lauben. Das bedeutet, es muss definiert sein, was als unzureichend gilt, was das Minimum markiert und was ´darüber‘ liegt. Die Skalierung sollte kriterienorientiert sein, d.h. es sollte nicht einfach nur eine soziale Bezugsnorm angelegt werden (über/unter dem anzutreffenden Durchschnitt), sondern ein vorab definiertes Modell unterschiedlicher Kompetenzniveaus bil-det den Ausgangspunkt.“ (Terhart 2005b, S. 277) Skepsis gibt es indes gegenüber einer Professionalitätsvorstellung, die davon ausgeht, Kompetenzen modular zergliedern und kumulativ aufbauen zu können. Ist die Lehrerausbil-dung so modularisierbar, dass am Ende eines Moduls eine Wissen und Können verbindende berufliche Qualifikation als vorhanden und verfügbar festgestellt und bescheinigt wird? Ist das möglich für Qualifikationen oder Teilqualifikationen des Unterrichtens, des Erziehens, des Beurteilens, des Beratens, des Innovierens, des Mitwirkens? Und wie verhält es sich bei den Standards, die je ein Niveau vorgeben, das erreicht oder eben nicht erreicht ist? Können Gradierungen von Kompetenzen verlässlich gemessen werden? Und wie verhält es sich mit dem so genannten Kerncurriculum? Lassen sich Kerncurricula für die erste, die zweite (und die dritte) Phase, lässt sich gar ein gemeinsames Kerncurriculum für alle Phasen finden? Was gehört beispielsweise für das Lehramt an Gymnasien in das Kerncurriculum der Bildungswissenschaften, was in die Kerncurricula der Fachdidaktiken, was in die der fachwissenschaftlichen Ausbildungsgänge? Antworten zu finden, hieße, einen Kanon festzulegen, der nicht nur ein Stoffkanon wäre, sondern ein Kanon von Kompetenzen und Standards. Wenn von Kompetenzen die Rede ist, so ist, wie schon erwähnt, die Einheit von Wissen und Können gemeint. Und Standards sollen ausdrücken, dass vordergründige Kenntnisse nicht reichen, sondern erst gedankliche Verarbeitungstiefe Professionalität be-stimmt. Nebenbei gefragt: Warum hat die Kultusministerkonferenz nur Standards für die Bil-dungswissenschaften beschlossen, nicht aber für Fachdidaktiken und Fachwissenschaften? Zum Verständnis von Bildung und Ausbildung gehört untrennbar ein Verständnis von Lernen. Lernen braucht Zeit. Derzeit ist man bestrebt, Lernzeiten zu verkürzen. Lernen auf Vorrat ist verpönt, die Devise heißt lebenslanges Lernen. Es ist aber gerade wichtig, ja nötig, ein aus-reichendes Maß an Wissen und Können zu erwerben, ein solides und tragfähiges Funda-ment, auf dem berufs- oder lebenslanges Lernen erst stattfinden kann.

76

Zur Professionalität von Lehrkräften gehört, dass die entscheidenden beruflichen Tätigkeiten dreifach angelegt sind: als Planung, Durchführung und Auswertung. Wie viel fachliche, fach-didaktische, pädagogische, psychologische, kognitionswissenschaftliche und schulrechtliche Kompetenz ist nötig, um die beruflichen Anforderungen mit einem akzeptablen zeitlichen Aufwand zu bewältigen? Die unverkennbaren Belastungen des Berufs sprechen dafür, ein beträchtliches Maß an Wissen und Können bereits in der Ausbildung – und nicht später, also berufsbegleitend – aufzubauen, auch und gerade als Bedingung der Möglichkeit der berufs-biographischen Professionalisierung. Nicht zuletzt die Art und Weise, in der Lehrerausbildung geschieht, erzeugt bestimmte Wir-kungen. Und diese betreffen sehr oft Einstellungen und Haltungen, die aber nicht isoliert, sondern erst in Verbindung mit Kompetenzen substantiell zur Geltung gebracht werden kön-nen. Auf die Wichtigkeit, Haltungen anzubahnen und aufzubauen, weist Terhart (2005b) ausdrücklich hin. Lässt sich eine Haltung messen, eine Haltung, die professionalitätsbe-stimmend sein kann, wie die folgenden Ausführungen darlegen? 3. Problembereiche Die folgende Betrachtung einiger Problembereiche ist von der Frage bestimmt, inwieweit die Haltung zu Forschung und Wissenschaft einer Veränderung bedarf, ohne indes andere emi-nent wichtige Berufs- und Persönlichkeitsmerkmale (man denke etwa an Belastbarkeit), die ebenso auf dem Prüfstand stehen, vernachlässigen zu wollen. 3. 1 Rekrutierung und Auswahl Nida-Rümelin, selbst Ordinarius für Politische Theorie und Philosophie, möchte nicht die Au-gen vor der Tatsache verschließen, „dass ein Gutteil der heute an den Universitäten Stu-dierenden von seinen intellektuellen Möglichkeiten für ein Studium im hergebrachten Sinne im Grunde nicht geeignet ist. Es sind diejenigen unter den Studierenden, die schon frühzeitig wissen wollen, was sie wann lernen müssen, was sie denn als Minimum gelesen haben müssen, um ihr Studium erfolgreich abschließen zu können. Es sind diejenigen, die nicht von Neugierde auf die Wissenschaft an die Universitäten geführt sind, die einen Studienab-schluss lediglich deshalb anstreben, weil sie glauben, sich damit besser im Erwerbsleben behaupten zu können.“ (Nida-Rümelin 2005, S. 48) Die PISA-Generation hat die Universitäten längst erreicht. So fällt auch ein Spiegel-Special (1/2005) ein vergleichbares Urteil, wenn auch mehr implizit. Im Mittelpunkt des Heftes stan-den so genannte Top-Studenten. Betrachtet wurden die Studiengänge Betriebswirt-schaftslehre, Biologie, Chemie, Elektrotechnik, Germanistik, Informatik, Maschinenbau, Ma-thematik, Medizin, Physik, Politologie, Psychologie, Rechtswissenschaft, Soziologie, Volks-wirtschaftslehre – der Lehramtsstudiengang wurde gar nicht erst berücksichtigt. Nur an einer Stelle – innerhalb der Germanistik – wurden Lehramtsstudenten erwähnt, und zwar als sol-che, die „ihr Studium als Berufsschulung betrachten“ (S. 26) und „sich durch die Veran-staltungen nicken“ (S. 27). Wer entscheidet sich also für den Lehrerberuf? Diese Frage berührt den „Ursprung der Mise-re“, wie es in einem früheren Spiegel-Special (3/2004, S. 63) heißt. Und weiter: „Zu oft ent-scheiden sich die Falschen für den Beruf. Das Lehrerzimmer wird zum Auffangbecken für Studienversager, Mittelmäßige, Unentschlossene, Ängstliche und Labile (...), kurz gesagt, für Doofe, Faule und Kranke.“ (S. 63) Welche schulische Leistungsbilanz, welche Bildung bringen Lehramtsstudierende mit? Wel-che intellektuellen Ansprüche haben sie? Erwarten sie Forschung? Veränderung: Rekrutierung und Auswahl sollten sicherstellen, dass Lehramtsstudierende über ein grundlegendes Maß an Intellekt und Interesse für Forschung verfügen. Sie sollten

77

sich dem Ziel verpflichtet fühlen, exemplarische Intellektuelle zu sein. Daher müsste sich die Auswahl auf Kompetenzen beziehen, die eine Befähigung in dem genannten Sinne nachwei-sen, nicht auf die Frage nach der prospektiven Richtigkeit der Berufsentscheidung. Dies ist zu Beginn des Studiums auch nicht nötig, weil der Studiengang mit der (polyvalenten) Ba-chelor-Phase beginnt und erst mit dem Eintritt in die Master-Phase die eigentliche Berufsent-scheidung ansteht. 3.2 Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften Wie steht es mit dem Selbstanspruch von Lehramtsstudierenden? Suchen sie sich eine Uni-versität aus, von der sie annehmen können, dass sie für die Aneignung von fachlicher Kom-petenz eine günstige Bedingung bietet? Achten sie auf qualitätsvolle Forschung und Lehre? Wie ist es zu bewerten, dass sie sich in ihrem jeweiligen Fach von anderen Studierenden (Diplomstudierenden oder Kombinationsfachstudierenden) in Leistungsnachweisen häufig deutlich abgrenzen? Welches Image haben sie? Worauf basiert das davon abweichende, in-des unablässig und stereotyp vorgetragene Urteil, angehende Lehrkräfte seien zwar fachlich, nicht aber pädagogisch ausgebildet? Was leisten die Fachdidaktiken? Ist das Lehramtsstudium so organisiert, dass im Mittelpunkt die Kompetenz zur Gestaltung und Auswertung von Lehr- und Lernprozessen, von Denk- und Verstehensprozessen steht? Bieten Universitäten eine diesbezügliche Forschung und Lehre an? Wie ausgeprägt sind Ansprüche und Vernetztheit der Bildungswissenschaften? Welchen Bei-trag an berufsfeldbezogener Forschung leisten sie für das Lehramtsstudium? Wie kommt es, dass sie Innovationen schlicht verpasst haben (Terhart 2005a)? Warum nimmt man hin, dass nur an wenigen Universitätsstandorten wissenschaftliche Qualität in Erziehungswissen-schaften und Fachdidaktiken vorzufinden ist, überwiegend aber nicht, wie jüngst unter dem Titel „Nur bedingt wissenschaftlich“ in gewiss zugespitzter Weise behauptet wurde (Kahl & Spiewak 2005). Veränderung: Das fachwissenschaftliche Studium sollte hinsichtlich der fachlichen Basis, des fachlichen Überblicks und des wissenschaftlichen Standards gründlicher und nachhaltiger sein. Für eine wirkungsvolle Lehramtsausbildung ist eine forschungsorientierte Fachdidaktik unab-dingbar. Sie ist als integrierender Kern zentral zuständig, für einen forschenden Habitus als Kennzeichen von Lehrerprofessionalität zu sorgen. In den Standards für die Lehrerbildung heißt es: „Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen. Ihre Kern-aufgabe ist die gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltete Planung, Or-ganisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen sowie ihre individuelle Bewertung und systemische Evaluation. Die berufliche Qualität von Lehrkräften entscheidet sich an der Qualität ihres Unterrichts.“ (KMK 2004) Verstärkt wissenschaftliche Maßstäbe zu verdeutlichen und zu vermitteln, wäre Aufgabe der Bildungswissenschaften. 3.3 Praktika und Erfahrungen Worauf stützen sich die Erwartungen an Praktika? Welche gesicherten Erkenntnisse über Wert und Wirkung von Praktika liegen vor? Was leisten Praktika zum Aufbau eines for-schungsbezogenen beruflichen Handelns? Welchen Wert hat das, was man berufliche Erfahrung nennt? Nutzen Lehrkräfte ihr Erfah-rungswissen? Oder lassen sie sich von ihrer Erfahrung „korrumpieren“ (Canetti)? „Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht, und die Gewohnheit nennt er seine Amme.“ (Schiller) Und bekanntlich entstehen viele Fehler aus Gewohnheit.

78

Welchen Beitrag zur Kompetenzentwicklung von Praktikanten (und angehenden Lehrkräften) können mentoriell tätige Lehrerinnen und Lehrer leisten angesichts erheblicher Zweifel an der Fähigkeit zur Diagnose von Unterricht (Helmke 2003)? Inwieweit sind Lehrerinnen und Lehrer in der Lage, Fähigkeiten zur Gestaltung von Lern- und Verstehensprozessen aufzubauen helfen, wenn bei ihnen – nach PISA-Analysen – die nötige Konzeptionskompetenz gar nicht vorliegt (Prenzel u. a. 2004)? Wie begegnet man der Gefahr, dass Praktika, die sich lediglich auf Unterrichten ohne gründ-liche Reflexion beschränken, die bestehenden Unterrichtsverhältnisse geradezu perpetu-ieren? Können Praktika die Verkürzung von Studium und Vorbereitungsdienst tatsächlich kom-pensieren? Und wie soll man die Verlagerung von Referendarsausbildung in die Schulen be-werten (Kretzer 2004)? Veränderung: Praktika sollten forschungsbezogen, also unter Beteiligung der Universitäten ausgewertet werden. Und es sollte zwei Fachpraktika geben. (Daneben müssen Praktika wie Universitätsveranstaltungen als Bewährungssituationen genutzt werden – mit verbindlichen Rückmeldungen.) Die Auswertung der Praktika sollte berücksichtigen, was aus videogestützter Unterrichts-reflexion bekannt ist: „Nicht das Betrachten des Unterrichtsvideos an sich macht einen zur besseren Lehrperson, sondern (…) das Herbeiziehen von theoretischen Erkenntnissen er-weitert das Denken und Wissen über Unterricht und lässt das tägliche Unterrichtsgeschäft unter veränderter und erweiterter Perspektive planen, durchführen und evaluieren.“ (Kram-mer & Reusser 2004, S. 98 f.) Lehrkräfte müssen – mindestens – „reflective practitioners“ sein. Sie müssen sich stets fra-gen, inwieweit ihre Erfahrungen für ein theoretisch und wissenschaftlich fundiertes Handeln tragfähig sind. In den Standards für die Lehrerbildung heißt es: „Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter und nutzen wie in anderen Berufen auch Fort- und Weiterbil-dungsangebote, um die neuen Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse in ihrer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen.“ (KMK 2004) 3.4 Prüfungen Zielt die bestehende Prüfungspraxis auf den Nachweis von Kompetenzen? Wird in Klausuren und mündlichen Prüfungen Wert darauf gelegt, dass theoretische Kon-zepte als Werkzeuge zur intellektuellen Auseinandersetzung etwa mit Schülereigenproduk-tionen zur Verfügung stehen? (In Mathematik könnte man beispielsweise Schülerlösungen oder Schülerfehlvorstellungen analysieren lassen.) Vermittelt die mancherorts praktizierte Notengebung den Studierenden ein realistisches Bild ihres Wissens und Könnens? Welche Aussagekraft haben Noten, die nur „im oberen Teil des Notenspektrums“ (Kretzer 2003, S. 131) liegen? Veränderung: Klausuren und Prüfungen sollten Verbindungen herstellen zwischen theoreti-schen Konzepten und berufsfeldbezogenen Analysen. Die Universitäten müssen mittels Prüfungen und Bewertungen die Studierenden dazu anhal-ten, rechtzeitig Entscheidungen über ihren weiteren Ausbildungsgang zu fällen, also vor al-lem beim Übergang von der Bachelor- zur Masterphase.

79

Die studienbegleitende Leistungsbewertung mittels eines Punktesystems soll Verbindlichkeit sichern. Ehrlichkeit und Transparenz sind geboten bei dieser Form von Rückmeldungen, Prüfungen und Beurteilungen. 3.5 Forschungsnachfrage in Beruf und Administration Warum wird Wissenschaft – im Berufsfeld Schule und in der Schuladministration – so wenig vermisst? Warum wird so wenig in Forschung und Entwicklung für das Berufsfeld Schule in-vestiert? Wie lernt die Bildungspolitik? „Leider nie allein durch Argumente und manchmal auch ohne solche. Aber das bekommt ihr schlecht.“ (Wernstedt 2004, S. 39) Hat das Bildungswesen nur ein Quantitätsproblem (zu wenig hochwertige Abschlüsse), wie die Politik glauben macht? Gibt es genügend viele qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer, ge-nügend viele qualifizierte Personen, die sie ausbilden? Veränderung: „Verglichen zu den Kosten für das Bildungssystem sind die Ausgaben für For-schung und Entwicklung minimal. Wenn auch Vergleiche mit der Wirtschaft hinken, so kann doch gesagt werden: Ein Unternehmen, das so wenig in Forschung und Entwicklung inves-tierte wie das Bildungssystem, könnte nicht lange überleben.“ (Lundgren, zitiert in Buchber-ger 1995, S. 206) Ist der Vergleich tatsächlich abwegig? Müssten nicht gerade Arrangement und Auswertung diffiziler Lehr- und Lernprozesse, komplizierter Denk- und Verstehensprozesse forschungs- und entwicklungsbasiert sein? Eine Analogiebetrachtung: Verändert man Rechenschaftsbe-richt und Programm eines großen Unternehmens mit hohem Selbstanspruch an (Grund-lagen-)Forschung allein durch Austausch von Wörtern (Cohors-Fresenborg 1991), zeigt sich im innergesellschaftlichen Vergleich die kaum nachvollziehbare äußerst geringe For-schungsnachfrage des Bildungswesens. Das Berufsfeld Schule ist bekanntermaßen komplex und anspruchsvoll. Ausgewiesene Pro-fessionalität in den Bereichen Bildung und Kultur ist – wie eingangs gesagt – unabdingbar. Die Inanspruchnahme von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung ist deutlich zu verstär-ken. Beruf und Administration können sich Geringschätzungen und Unterschätzungen, kön-nen sich Theorieferne und -feindlichkeit nicht (länger) leisten. Finanzielle und mentale Investitionen sind unumgänglich. 4. Professionalisierung durch Forschung und Entwicklung Berufsfeldbezogene Forschung und Entwicklung könnte zum charakteristischen Kennzei-chen einer lehramtsspezifischen Professionalisierung werden, das in der neuen Struktur be-sonders während der Master-Phase zum Ausdruck kommen, gleichwohl aber auch die Zeit davor und die Zeit danach bestimmen könnte. Was bedeutet das für die Zeit davor und danach? Schon in der Schulzeit sollte forschendes Lernen als Leitmotiv gelten. Die Bachelor-Phase ist die Phase der wissenschaftlichen Grund-bildung. Während die Master-Phase eine vertiefende Beschäftigung mit Wissenschaft und Forschung und dadurch in charakteristischer Weise Professionalisierung ermöglicht, gehört zur Zeit danach eventuell eine weitere wissenschaftliche Qualifizierung, obligatorisch indes das Referendariat. Dieses wäre allerdings inhaltlich und methodisch mit dem Studium mehr als bisher zu verzahnen (Kretzer 2003). Am Ende stünde der Schuldienst, der durch den Im-petus berufslangen Lernens (Terhart 2000) und den Anspruch theoriegeleiteten Handelns geprägt sein müsste. Verständnis und Aufgeschlossenheit für Forschungs- und Entwicklungsarbeit sind Voraus-setzung für eine berufliche Anwendung von Lehrerinnen und Lehrern. Ob es um Fachdidak-tik, Pädagogik, Psychologie, Kognitionswissenschaften oder andere Bereiche geht, stets soll-te das Theorie-Praxis-Verhältnis Berücksichtigung finden. Welche Theorieansätze liefern

80

Begründungen, Erklärungen, Konzeptionen, die es ohne sie gar nicht geben würde? Wie er-folgt die Analyse der Praxis? Welche Erkenntnisse gibt es aus der empirischen Forschung? Inwieweit verfeinert und erweitert sich die Wahrnehmung durch die Inanspruchnahme von Wissenschaft? Welches Wissenschaftsverständnis liegt den Begriffen, Kategorien und Theo-rien zugrunde? Inwieweit lässt sich Erfahrungswissen plausibel generalisieren? Die wissenschaftliche Heimat könnten die Fachdidaktiken sein (Cohors-Fresenborg & Schwank 2005). Forschungsorientierung der Fachdidaktiken ist aber unerlässliche Voraus-setzung. Keine andere Wissenschaft steht – unter dieser Bedingung – so im Zentrum einer am forschenden Habitus orientierten Haltung zum Aufbau von diagnostischer und didak-tischer Kompetenz, hat einen so ausgeprägt zusammenführenden Charakter (Sjuts & Hoff-mann 2003), verbindet so Berufsfeld, Forschung und Entwicklung (Sjuts 2005). Literatur: Buchberger, Friedrich (1995): Lehrerbildung und Lehrberuf. Themen und Trends internatio-nal betrachtet. In: Günther-Arndt, Hilke & Raapke, Hans-Dietrich (Hrsg.) (1995): Revision der Lehrerbildung. Neue Überlegungen anlässlich des Kongresses zu 200 Jahren Lehrerbildung in Oldenburg. Oldenburg 1995, S. 195-210

Cohors-Fresenborg, Elmar (1991): Zur Lage der Mathematikdidaktik: Bedingungen für die Möglichkeit mathematikdidaktischer Forschung. In: Beiträge zum Mathematikunterricht 1991, S. 23-32 Cohors-Fresenborg, Elmar & Schwank, Inge (2005): Verstärkte Professionalisierung durch Forschungsaktivitäten – eine Leitidee für eine zukünftige Lehrerbildung. In: Fiegert, Monika & Kunze, Ingrid (Hrsg.) (2005), S. 142-160 Fiegert, Monika & Kunze, Ingrid (Hrsg.) (2005): Zwischen Lehrerbildung und Lehrerausbil-dung. Texte zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Lehrerbildung in Osnabrück. Müns-ter 2005

Helmke, Andreas (2003): Unterrichtsqualität erfassen, bewerten, verbessern. Seelze 2003 Kahl, Reinhard & Spiewak, Martin (2005): Nur bedingt wissenschaftlich. In: Die Zeit Nr. 11, 10. März 2005, S. 33 KMK (2004): Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kul-tusministerkonferenz vom 16.12.2004 Krammer, Kathrin & Reusser, Kurt (2004): Unterrichtsvideos als Medium der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In: Seminar – Lehrerbildung und Schule. Heft 4/2004, S. 80-101 Kretzer, Hartmut (2003): Verzahnung der Phasen in der Lehrerausbildung. In: Kretzer, Hart-mut & Sjuts, Johann (Hrsg.) (2003), S. 129-136 Kretzer, Hartmut (2004): Im Norden brechen die Deiche! In: Seminar – Lehrerbildung und Schule. Heft 3/2004, S. 167-168 Kretzer, Hartmut & Sjuts, Johann (Hrsg.) (2003): Studienseminare in der Wissensgesell-schaft. Verzahnung von Erster und Zweiter Phase der Lehrerausbildung. Erfahrungen – Po-sitionen – Perspektiven. Festschrift für Ludwig Freisel. Oldenburg, Leer 2003 Nida-Rümelin, Julian (2005): Das hat Humboldt nie gewollt. In: Die Zeit Nr. 10, 3. März 2005, S. 48

81

Prenzel, Manfred & Baumert, Jürgen & Blum, Werner & Lehmann, Rainer & Leutner, Detlev & Neubrand, Michael & Pekrun, Reinhard & Rolff, Hans-Günter & Rost, Jürgen & Schiefele, Ulrich (Hrsg.) (2004): PISA 2003. Der Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland – Er-gebnisse des zweiten internationalen Vergleichs. Münster 2004 Sjuts, Johann & Hoffmann, Reinhold (2003): Berufsfeldbezug, Forschung und Entwicklung als Leitlinien in der fachdidaktischen Mathematiklehrerausbildung. In: Kretzer, Hartmut & Sjuts, Johann (Hrsg.) (2003), S. 233-248 Sjuts, Johann (2005): Forschung und Entwicklung im Berufsfeld Schule. In: Fiegert, Monika & Kunze, Ingrid (Hrsg.) (2005), S. 162-172 Spiegel-Special (3/2004): Lernen fürs Leben. Reformwerkstatt Schule Spiegel-Special (1/2005): Student 2005. Die besten Unis – Studieren im Ausland – Fächer mit Zukunft – Praktika für den Job – Frauen und Karriere Terhart, Ewald (Hrsg.) (2000): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbe-richt der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission. Weinheim, Basel 2000 Terhart, Ewald (2005a): Über Traditionen und Innovationen oder: Wie geht es weiter mit der Allgemeinen Didaktik? In: Zeitschrift für Pädagogik, Jahrgang 51, Heft 1, Januar/Februar 2005, S. 1-13 Terhart, Ewald (2005b): Standards für die Lehrerbildung – ein Kommentar. In: Zeitschrift für Pädagogik, Jahrgang 51, Heft 2, März/April 2005, S. 275-279 Wernstedt, Rolf (2004): Wie lernt die Bildungspolitik? Oldenburger Universitätsreden Nr. 152, Oldenburg 2004 PD Dr. Johann Sjuts ist Leiter des Studienseminars Leer für das Lehramt an Gymnasien und Privatdozent für Mathematikdidaktik an der Universität Osnabrück.

82

Arbeitspapier zum Workshop 4:

Die KMK-Standards als Möglichkeit der Kooperation der Phasen

Detlef Spindler und Prof. Dr. Jürgen Heumann

Verzahnung Universität - 2. Phase

1. Semester/Halbjahr „Brückensemester“ Uni - Schule,

gestaltet von Uni und Studienseminar gemeinsam "

2 + 3. Semester = zwei Schulhalbjahre

Unterrichtspraxis in der gewählten Schulform/ Schulstufe

begleitet vorrangig durch die Studienseminare...mit Beteiligung der Universität

4. + 5. Semester = Schulhalbjahre

Forschungspraxis – unter Einschluss eines Forschungs-Vorhabens und der

Masterarbeit

begleitet durch die Universität (Fachdidaktiker und Pädagogen) … mit Beteiligung der Studienseminare

83

CARL VON OSSIETZKY

UNIVERSITÄT 0LDENBURG

DIDAKTISCHES ZENTRUM

Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf Bachelor/Masterstudiengänge

Kooperation Universität - Studienseminare bzw. 1. Phase - 2. Phase Der Vorbereitungsdienst bzw. die 2. Phase ist wie folgt angelegt:

3 Monate 1. 5. - 1. 8. bzw. 1. 11. - 1. 2. (Einführungsphase mit Hospitationen in den Schulen)

12 Monate/ein Schuljahr mit diversen Anteilen eigenverantwortlichen Unterrichts und Unterrichts unter Anleitung

3 Monate 1.8. - 1. 11. bzw. 1.2. -1.5. (Abschlussphase mit diversen Prüfungen ...) Die Masterphase konzentriert sich in ihrem schulformbezogenen Kern auf zwei Semester mit 60 KPs (LGHR und LGy - hier dann mit weiteren 60 KP für Erweiterungsstudien in einem bzw. beiden Unterrichtsfächern - also zusammen vier Semester mit 120 KP). Für die Zusammenarbeit zwischen der Universität und den Studienseminaren bzw. die Ver-zahnung von Masterphase und Vorbereitungsdienst bieten sich neue Formen an, die im fol-genden Modell skizziert werden:

1.Semester/Halbjahr

"Brückensemester" Uni - Schule, gestaltet von Uni und Studienseminar gemeinsam

2. + 3. Semester/zwei Schulhalbjahre Unterrichtspraxis in der gewählten Schulform/Schulstufe ... begleitet vorrangig durch die Studienseminare ... mit Beteiligung der Uni. 4. + 5. Semester/zwei Halbjahre Forschungspraxis - unter Einschluss eines Forschungsvorhabens und der Masterarbeit be-gleitet durch die Universität (Fachdidaktiker und Pädagogen) ... mit Beteiligung der Studien-seminare

Anmerkungen: Die fachwissenschaftlichen Erweiterungsstudien im Lehramt Gymnasien sollten direkt am Anfang der MA-Phase absolviert und damit dem skizzierten Modell vorangeschaltet werden. Gleiches kann für zusätzliche MA-Aufbaustudienangebote im grundwissenschaftlichen Be-reich gelten (z. B. Diagnostik und Förderplanung). Um die Kooperation unter den Bedingungen des Flächenstaates (bzw. im regionalen Ein-zugsbereich) zu sichern, sind auch zeitliche Aspekte zu berücksichtigen, z. B. durch beson-dere Zeitfenster (Schul- Praxis-Forschungstage. im 1., 4. + 5. Semester und Seminar- und Studientage im 2. + 3. Semester). Mit dem Modell ergeben sich erhebliche Vorteile zur Gestaltung der Studien- und Ausbil-dungsangebote und der einzelnen Module sowohl unter qualitativen wie quantitativen Ge-

84

sichtspunkten. Zugleich würden sich auch die Möglichkeiten der Forschung erheblich erwei-tern, nicht zuletzt durch die gelebte Kooperation zwischen den Ausbildern in beiden Phasen und durch die Möglichkeit, Forschungsvorhaben direkt im Anschluss an die Ausbildung bis hin zur Promotion fortzusetzen.

Die Verantwortung für die Gestaltung der Ausbildungszusammenhänge und der einzelnen Module sollte jeweils in Zusammenarbeit der Universität mit den Studienseminaren und in Kooperation mit den beteiligten Schulen wahrgenommen werden.

85

Arbeitspapier für Workshop 5: Das Integrierte Forschungspraktikum (IFP) der Universität und des Landesinstitutes für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Ham-burg: Startkompetenz für das Referendariat.

K. Sabine Heinen-Ludzuweit

Chinesisch Tao: Der Weg

Uns interessiert, was die Studierenden der Lehrämter während des Studiums in und außer-halb der Universität an Kompetenzen aufbauen/aufbauen können, um dann im Referendariat nach relativ kurzer Zeit eigenverantwortlich zu unterrichten und lehrend weiter zu lernen. Wir kürzen das mit dem Terminus „Startkompetenz“ ab.

Uns interessiert zugleich die Beschreibung des Übergangs von der ersten Phase, dem Stu-dium, über das Erste Staatsexamen in die Zweite Phase, das Referendariat. Dabei ist uns bewusst, dass der Übergang vom Referendariat und dem Zweiten Staatsexamen in die Junglehrerphase noch einmal eine bedeutsame Station darstellt. Programm des Workshops: Teil 1: Eingangsinformationen

• Informationen zum Integrierten Forschungspraktikum • Portfolio als Instrument zur Bestimmung von Startkompetenz

Teil 2: Bearbeitung von drei Portfolioauszügen Sie erhalten Auszüge aus drei Portfolios (s.u.), die von Fremdsprachen-Lehramtsstudierenden im Rahmen des IFPs erstellt worden sind. Interessant ist, wie Sie die Auszüge „lesen“, welche Auskünfte bezüglich der Startkompetenz der Studierenden Sie in diesen Dokumenten finden. Dabei sind gerade auch „alternative Lesarten“ für die Portfolios, die die Studierenden erstellten, gefragt. Ein aus meiner Sicht gewichtiges Problem ist dabei, wie geradlinig man von der Selbstdar-stellung der Studierenden, Referendare und Junglehrer auf ihr tatsächliches Verhalten im Unterricht schließen darf. Dieser Teil der Workshop-Arbeit ist als der zeitlich umfangreichste geplant. Er sollte „pro-duktorientiert“ auf den Schluss, Teil 3, ausgerichtet sein.

86

Teil 3: Diskussion: Was ist Startkompetenz? Es wäre gut, wenn wir zu einer gewissen Klärung folgender Fragen kämen:

d) Was ist aus Ihrer Sicht Startkompetenz? e) Gibt es eine Stufenfolge der Kompetenzentwicklung zukünftiger Lehrerinnen und

Lehrer vom Grundstudium über das Hauptstudium bis ins Erste Staatsexamen, das Referendariat und darüber hinaus?

f) Kann man Entwicklungsaufgaben identifizieren, die das fachliche Lernen bis in die Professionalität hinein strukturieren?

Informationen zum Integrierten Forschungspraktikum (IFP) in Hamburg Das Integrierte Forschungspraktikum ist gedacht als zusätzliches, freiwilliges integriertes Schulpraktikum im Hauptstudium und erstreckt sich über einen Zeitraum von einem Jahr (Struktur des IFPs s.u.). Das aus unserer Sicht Zukunftsweisende dieser Veranstaltung ist die enge Zusammenarbeit von Lehrenden aus der ersten und zweiten Phase der Lehrerbil-dung, die unter Einbeziehung der Studierenden gemeinsam die Sitzungen planen, durchfüh-ren und reflektieren. Wir fokussieren in unserem Integrierten Forschungspraktikum folgende Fragestellungen: • Welche Entwicklungsaufgaben können auf dem Weg der Professionalisierung von Bedeutung sein? • Lässt sich die Kompetenzentwicklung in einem Stufenmodell abbilden? • Was kann der „forschende Blick“ in der Lehrerbildung bedeuten? • Was kann das Portfolio als Instrument der Reflexion zur Professionalisierung

beitragen? Struktur des IFPs:

Vorbereitungsseminar • 1 Semester • 1 Sitzung à 1,5 Zeitstunden

pro Woche

PortfolioExposé bezüglich der eigenen Forschungsfrage im Praktikum

• Selbstdarstellung • (Lern)Biografie • Selbstvergewis-

serung • Selbstreflexion

Studierende erforschen (eigenen und fremden) Unterricht

"Praktikumsbericht":Studierende werten ihre Forschungsergebnisse aus

Nachbereitungsseminar • 1 Semester • 1 Sitzung à 1,5 Zeitstunden

pro Woche

• Präsentation der Ergebnisse (Gestaltung einer Seminarsitzung)

• Diskussion • Individuelle

Abschluss-besprechung

• Forschender Blick/Habitus

• Verbindung von

Theorie und Praxis

• Reflexionskompe-

tenz • Erkennen von

(eigenen) Entwicklungs- Aufgaben

• Erkennen von

(eigenen) Kompetenzstufen

Schulpraktikum (4 Wochen in der vorlesungsfreien Zeit)

87

Das Portfolio im Integrierten Forschungspraktikum Die Studierenden erstellen im Rahmen des Integrierten Forschungspraktikums ein Portfolio, welches als Instrument zur Bestimmung des eigenen Kompetenzprofils dienen soll. Es dient somit u.a. zur Identifikation von eigenen Entwicklungsaufgaben. Wir orientieren uns bei der Stufung am Konzept des Europäischen Portfolios der Sprachen:

Überdies findet dieser Ansatz nicht nur Anwendung auf die fremdsprachlichen Kompetenzen, sondern auch auf die folgenden weiteren Bereiche:

• Bereiche des Professionswissens: 1. Fremdsprachliche Kompetenz 2. Landeskunde / Interkulturelle Studien 3. Allgemeine Didaktik 4. Fachdidaktik der Fremdsprachen 5. Pädagogik 5. Literaturwissenschaften 6. Sprachwissenschaften

• „Detailbereiche“: 1. Kenntnisse aus dem Bereich der Kinder- und Jugendforschung 2. Schüler motivieren 3. Umgang mit Unterrichtsstörungen 4. Leistungsbewertung von Schülern 5. Grammatikvermittlung

Drei anonymisierte Auszüge aus Portfolios zum Bereich der fachdidaktischen Kompetenz Portfolio "Henning" „Ich würde das didaktische Verständnis in einige Bereiche gliedern. Zu den allgemeindidakti-schen Fähigkeiten gehören u. a. Planung / Gestaltung, angemessener Dialog mit Schülern, Bewältigung unplanmäßiger Situationen und Methoden der Unterrichtsdurchführung, zu den fachdidaktischen Fähigkeiten u.a. Fachverständnis, Erklärvermögen und Methoden der Lernstoffvermittlung.

Effective Mastery

Threshold Vantage Breakthrough Waystage Niveau A Niveau B Niveau C Basic User Independent User Proficient User

88

Diese Liste lässt sich bestimmt noch ergänzen. Je nach Ausprägung ergibt sich dann ein Gesamtbild, das das didaktische Verständnis widerspiegelt. In diesem Gebiet kann ich mich selbst wegen mangelnder Praxis nicht wirklich einschätzen, wahrscheinlich befinde ich mich als Anfänger auf Niveau A. Über die Teilbereiche Leistungs-bewertung, Motivation / Disziplin und Forschung kann ich kein Urteil abgeben, da ich mich damit noch nicht näher befasst habe.“

2. Portfolio "Anke" „Vor gut einem halben Jahr – zu Beginn meines Lehramtsstudiums – habe ich mich hier als absolute Anfängerin eingestuft, da ich bis dahin keinerlei theoretisches Wissen in diesem Gebiet erlangt hatte. Das hat sich seitdem geändert; ich habe im letzten Semester einfüh-rende Seminare besucht, erste Artikel und Bücher gelesen und mich besonders mit der Me-thodik befasst. Außer einigen Hospitationsbesuchen und meinen Erfahrungen als Nachhilfe-lehrerin habe ich jedoch noch keine eigenen Unterrichtserfahrungen in der Schule gemacht. Dieses Defizit wird sich hoffentlich mit dem Schulpraktikum im Sommer ändern. Ich denke, dass ich im Schulpraktikum die Gelegenheit bekomme, mich in den Kernkompe-tenzen zu entwickeln. Mein Fachwissen stufe ich zwar auf C ein, auch habe ich an der Uni schon einiges über Motivation, Methodik und Disziplin gehört, doch bisher rein theoretisch. Ich weiß nicht, ob ich mein Fachwissen vermitteln kann und die Schüler zum Mitmachen mo-tivieren kann. Ich merke, dass ich an einem Punkt angekommen bin, wo mich die ganze Theorie nicht mehr weiterbringt, da ich noch nicht einmal die entscheidende Erfahrung in der Schule gemacht habe. Im Schulpraktikum werde ich dann zum ersten Mal vor einer Klasse stehen und dann werde ich die Praxis kennen lernen. Ich bin sehr gespannt, wie ich auf die Schüler wirken werde und vor allem ich mich selber dabei fühle. Ich denke, dass ich vor die-ser ersten Erfahrung in der Schule nicht wirklich sagen kann, worin ich meine Entwicklungs-aufgabe sehe.“ 3. Portfolio "Anne" „Im Rahmen der Fachdidaktikseminare habe ich mittlerweile einiges an Fachliteratur gele-sen. Trotzdem fühle ich mich noch nicht sonderlich pädagogisch und schon gar nicht didak-tisch kompetent. In der Theorie weiß ich, wie ein autonomer Lerner aussehen sollte, wie Wissen und Können den Schülern vermittelt und eingeübt werden kann. Aber funktioniert das alles wirklich in der Praxis? Wie setze ich die ganzen schönen Ansätze um? Wie lange halte ich es durch, mit Schülern neue Pfade zu beschreiten, sie an neue Methoden zu ge-wöhnen, wenn sie sehr am Frontalunterricht hängen, sich den Lehrer nicht als Moderator, sondern Wissensvermittler wünschen – ebenso wie Grammatikstunden statt Arbeit mit au-thentischem Material (z.B. im Internet). Die Leistung einzelner Schüler zu erkennen, traue ich mir zu – die Bewertung allerdings empfinde ich als Problem. Bewerte ich bei der Zensu-renvergabe den Lernfortschritt des Einzelnen, messe ich die Leistung an der Gruppe oder an meinen Erwartungen? Und wie gehe ich mit schüchternen Schülern um, die sich nicht recht zu sprechen trauen, aber schriftlich beweisen, dass sie es könnten? Hinsichtlich der Diszip-linfrage denke ich, dass ich Schwierigkeiten haben könnte, wenn ich an schwierige und lau-te Klassen geriete. Bislang habe ich allerdings nur „nette“ Klassen erlebt, in denen es höchs-tens einen Querkopf gab, der seine Kämpfe allerdings nicht mit dem Lehrer austrug, sondern um seine Stellung in der Gruppe kämpfte.“ Vier Säulen der Startkompetenz Aus unserer Sicht lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt vier Säulen der Startkompetenz generieren (s. u.).

89

Vier Säulen der Startkompetenz

K. Sabine Heinen-Ludzuweit, Hamburg, [email protected]

R E F L E X I O N S F Ä H I G K E I T

F O R S C H E N D E R B L I C K

E R K E N N E N V O N E A *

* EA = Entwicklungsaufgaben ** ES = Entwicklungsstufen

E R K E N N E N V O N E S **

90

Literaturhinweise: Born, B.; Gebhard, U., (2005) Intuitive Vorstellungen und explizite Reflexion. Zur Bedeutung von Alltagsphantasien bei Lernprozessen zur Bioethik, in: Schenk, B.: Bausteine zu einer Bildungsgangtheorie, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, (in Vorbereitung) Havighurst, R. J. (1948 / 1972), Developmental tasks and education, Longman Inc., New York, London Heinen-Ludzuweit, Kerstin-Sabine (2001), Die Begegnung der anderen Art – zwei Phasen treffen aufeinander: das Integrierte Forschungspraktikum – www.uni-hildesheim.de/~dirks/Texte/heinen.doc Heinen-Ludzuweit, Kerstin-Sabine (2001), Im Referendariat kann ich kein guter Lehrer sein! Entwicklungsaufgaben von Referendaren. In: Hericks/Keuffer/Kräft/Kunze (Hrsg.), Bildungs-gangdidaktik, Leske+Budrich, Opladen, S. 211 - 224 Heinen-Ludzuweit, Kerstin-Sabine unter Mitarbeit von Meinert A. Meyer (2005), Startkompe-tenz im Referendariat, (in Vorbereitung) Heinen-Ludzuweit, K.S., Portfolioanalyse: Auf dem Weg zum professionellen Fremdsprachenlehrer, Dissertation, Hamburg, in Vorbereitung Hericks, U.; Kunze, I. (2002), Entwicklungsaufgaben von Lehramtsstudierenden, Referendaren und Berufseinsteigern. Ein Beitrag zur Professionalisierungsforschung: in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 5. Jg., Heft 3, 2002, S. 401 - 416 Kant, I. (1803), Über Pädagogik. Vorlesungen (1803), hrsg. v. Fr. Th. Rink. Werke, hrsg. v. W. Weischedel, Bd. 6, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1983, S. 695 – 761 Klingberg, L. (1987), Überlegungen zur Dialektik von Lehrer- und Schülertätigkeit im Unterricht der sozialistischen Schule, Potsdam, Potsdamer Forschungen, Reihe 10, Heft 74 Kolb, A., Portfolio, Dissertation, Hamburg (in Vorbereitung) Küster, L.; Meyer M.A. u.a. (1999), Theorie-Praxis-Vermittlung in der Lehrerbildung, Manuskript, Hamburg Little, D.(2003), The Common European Framework: principles, challenges, issues, Neusprachliche Mitteilungen aus Wissenschaft und Praxis, S. 131 - 140 Little, D. (2004), Referat für den Third international workshop on learner development and educational experience des Graduiertenkollegs Bildungsgangforschung, Hamburg Meyer, H.(1987), Unterrichtsmethoden, Bd. 1, Frankfurt am Main, S. 45 Meyer, M.A.; Schmidt, R. (Hrsg.), 2000, Schülermitbeteiligung im Fachunterricht, Leske + Budrich, Opladen, S. 93 - 141 Meyer, M.A.(2005): Bildungsgangforschung als Rahmen für die Weiterentwicklung der Allgemeinen Didaktik. In: B. Schenk (Hrsg.) (2005): Bausteine einer Bildungsgangtheorie, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, (in Vorbereitung)

Oerter, R. (1978), Zur Dynamik von Entwicklungsaufgaben im menschlichen Lebenslauf. In: Oerter, R., Entwicklung als lebenslanger Prozess, Hoffmann und Campe, Hamburg, S. 66 - 110

91

Oerter, R.; Montada, L. (1998), Entwicklungspsychologie, 4. Auflage, Beltz Psychologie Verlagsunion, Weinheim Peukert, H. (1998), Zur Neubestimmung des Bildungsbegriffs. In: Meyer, M.A.; Reinartz, A. (Hrsg.), Bildungsgangdidaktik. Denkanstöße für pädagogische Forschung und schulische Praxis, Leske+Budrich, Opladen, S. 17 - 29 Peukert, H. (2000), Reflexion über die Zukunft von Bildung. In: Zeitschrift für Pädagogik, Jahrgang 46, Heft 4, S. 507 - 534 Trautmann, M. (Hrsg.) (2005), Entwicklungsaufgaben im Bildungsgang, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Studien zur Bildungsgangforschung, Wiesbaden, Band 6 Westbrook, R. B. (1991), John Dewey and American Democracy, Cornell University Press, Ithaca & London, S. 96

92

Bericht vom Workshop 6: Die modularisierte Ausbildung im Studienseminar Göttingen für das Lehramt an Gymnasien

Sigrid Vogel

1. In der II. Phase, bzw. im Vorbereitungsdienst stehen die Auszubildenden in einem Arbeits-verhältnis. Das Besondere dieser Phase besteht darin, dass die Auszubildenden ihr pädago-gisches Handeln im Berufsfeld Theorie geleitet erproben und ausschärfen. Die Ernstsituation erfordert systematisches Probehandeln und reflektierende Reflexionsschleifen über den er-fahrenen „Ernstfall“. Den allmählichen Erwerb von berufsrelevanten Handlungskompetenzen, können die Auszubildenden nachvollziehen durch Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler, der Kolleginnen und Kollegen, der Ausbildenden. Da Lern-Bausteine per defini-tionem Lerngelegenheiten zum Aufbau von Kompetenzen darstellen, ist die Modularisierung auch für die II. Lehrerbildungsphase eine zweifellos Ziel führende Organisationsform der Ausbildung. 2. Ein Modul umfasst ein Cluster von Ausbildungsveranstaltungen zu einem Kompetenzbe-reich, wie z.B. Diagnostizieren, Erziehen, Beurteilen, Beraten1. Die Ausbildungsveran-staltungen der Module sind grundsätzlich keine Abfolge „lexikalischer“, thematischer Einhei-ten mehr, sondern fassen exemplarische Inhalte zu einem Kompetenzbereich zusammen. Charakteristisch für die pädagogischen Lern-Bausteine am Studienseminar Göttingen sind folgende Merkmale:

• sie beschreiben Kompetenzen • sie beschreiben Anforderungen oder sind auf solche bezogen • sie machen die benötigte Arbeitszeit transparent • sie sind in sich abgeschlossen • sie sind anschlussfähig und kumulativ verwendbar (z.B. durch aufeinander bezogene

Inhalte der Fach- und Pädagogikseminare) • sie werden im Ausbildungsportfolio dokumentiert • sie enthalten Ausbildungsaufgaben • sie machen Theorie-Praxis-Differenz erfahrbar.

3. Der Modulgedanke impliziert die Annahme, dass das Lernen von Erwachsenen nicht pro-gredierend und linear erfolgt und deswegen auch nicht - im Unterschied zu curricularem schulischem Lernen - so organisiert sein muss. Vielmehr gilt der jeweilige Input im Vorwissen der lernenden Erwachsenen als anschlussfähig. Von besonderem Vorteil für die Lernenden ist es daher, wenn die verschiedenen Lern-Bausteine miteinander verlinkt sind. Im Studien-seminar Göttingen für das Lehramt an Gymnasien fügen sich die Lern-Bausteine sozusagen zu einem „LeGö“-Ausbildungssystem2 zusammen. Im Unterschied zum deklarativen Wissen können Handlungskompetenzen nicht durch ein einmaliges, sondern nur durch ein häufiges Ausführen erworben werden. Deswegen muss das Ausbildungssystem wiederholte Lerngelegenheiten anbieten, um diesen allmählichen Prozess zu ermöglichen. Die in Göttingen angebotenen Module der Fach- und Pädagogik-ausbildung erfüllen diese Forderung und leisten unter dem gemeinsamen Dach einer Kern-Kompetenz ihren jeweiligen Beitrag. Die Kernkompetenz taucht immer wieder, sei es zeitlich parallel oder versetzt in einem anderen Kontext wieder auf und kann erweiternd oder vertie-fend bearbeitet werden. Dies gilt auch für die Wahlmodule, in denen ebenfalls Kompetenz bezogen gearbeitet wird.

1 Vgl. den Überblick in 4. Die Module wurden von den Brunhilde Juraschek, Uwe Heidborn und der Verfasserin entwickelt. 2 Vgl. die derzeitige Ausbildungsorganisation im Anhang (2).

93

4. Die folgende Übersicht zeigt am Beispiel eines Auszubildenden seine gewählten Wahlmo-dule sowie die - in der Reihenfolge frei wählbaren - pädagogischen Kern-Module und die - in der Reihenfolge nicht wählbaren - Fachseminar-Module (Chemie, Biologie), da hier nur je-weils eine Ausbildende zur Verfügung steht:

Beispiel einer Modulzusammenstellung eines Referendars Pädagogik Pädagogik Chemie Biologie

Wahlmodu-le*

Kernmodule

Kernmodule

Kernmodule

1.5. Rhetorik Einführungsphase F 06

Einführung F 06 Aufgaben stellen

Einführung F 06 Basiswissen

1.8. SV-Beratung

Beraten/ Gespräche im Unterricht

führen

Methoden kennen und anwenden

Experimentieren Lernen in der Kooperation

der SuS 1.11.

Lions Quest Diagnostizieren/ Lernen des Lernens

(Lehren von Methoden-kompetenz)

Naturwissenschaft-lich arbeiten

Lernen des Lernens (Me-thodenkompetenzerwerb

im NW-Unterricht)

1.2. Recht in der Schule

Unterrichtsmethoden kennen und anwenden

Lernen in der Kooperati-on

Basiswissen Naturwissenschaftlich ar-beiten

1.5. Klassen 5/6 - Lernen des Lernens (Methoden- kompe-

tenzerwerb im NW-Unterricht)

Aufgaben stellen

1.8. Mediation Erziehen Klassen führen

Experimentieren/ Lernen in der Koope-

ration der SuS

Methoden kennen und anwenden

Prüfungsphase Prüfungsphase Prüfungsphase 5. Jedes Modul liegt im Seminar schriftlich dokumentiert vor. Die modularisierten Lehrveran-staltungen sind schriftlich niedergelegt und in Form von „Drehbüchern“ ausgewiesen. Damit werden die Module grundsätzlich wiederholbar und sind insoweit reliabel. Sie können von unterschiedlichen Personen mit derselben Wirksamkeit geleitet werden, da keine größeren persönlichen Freiheitsgrade in der Durchführung vorgesehen sind. Sie werden nach jedem Durchgang evaluiert, optimiert und aktualisiert. Da alle Auszubildenden durch die Module dasselbe Angebot erhalten, handelt es sich um ein relativ gerechtes System für die Auszu-bildenden. Für die „abnehmende“ Institution Schule ist es berechenbar und zuverlässig. Die Unterschiede in der Ausbildungsentwicklung ergeben sich aus der Nutzung des Angebots durch die Auszubildenden. Ein „Modul-Drehbuch“ enthält alles Wesentliche: Textmaterial, Bedarf an Präsenzsitzungen und Projektarbeit, den Ablauf der Sitzungen, Literaturhinweise, Ausbildungsaufgaben. Die erste Sitzung des Moduls beginnt im Allgemeinen mit einer Kurzbeschreibung des gesamten Moduls durch einen advance organizer in Form einer Mainmap. Möglichst in jeder Sitzung wird an das Vorwissen oder an die Vorerfahrungen angeknüpft, sodann folgt ein theore-tischer Input, dessen Bedeutung für das Berufsfeld durch eine Ausbildungsaufgabe erfahrbar gemacht wird. Die Ausbildungsaufgaben sind Leittexte3, die zu einem – in der Regel schriftli-chen - Produkt anleiten. Jedes Modul schließt mit einer Evaluation ab.

3 Vgl. das Beispiel im Anhang (2).

94

6. Um nicht „träges Wissen“ in den Modulen zu vermitteln, müssen die Ausbildungsveran-staltungen der II. Phase das ihr besonders Eigene, nämlich den direkten Anwendungsbezug herstellen und den Auszubildenden die Selbsterfahrung im Bereich „situiertes Lernen“ er-möglichen. Des Weiteren müssen sie inhaltlich den state of the art der Bildungswissenschaf-ten widerspiegeln, z.B. Forschungen zum Lernen aus Lösungsbeispielen, zur Selbstwirk-samkeit von Lehrerinnen und Lehrern, zur Motivationsdiagnostik aufnehmen. In methodi-scher Hinsicht müssen durch sie Methoden des Erwachsenenlernens erfahrbar werden, wie z.B. Selbstorganisiertes Lernen (SOL), Leittextarbeit, Gruppenpuzzle, Präsentationen, Krite-rien geleitetes Erstellen von Postern. Exemplarischer Inhalt und angemessene Methode bil-den die Grundlage dafür, dass die Auszubildenden erfahren, welche Wirkungen das erwor-bene Wissen für ihr berufliches Handlungen hat. Berufsfelderkundungen werden im Regelfall durch Leittexte angestoßen und führen durch eine Problem lösende Handlung im Berufsfeld zu Produkten, deren Nutzen für die Ausbil-dung unmittelbar einsichtig ist. Deswegen sind die Module von der Methode her nach dem „Prinzip der vollständigen Handlung“ konzipiert. Die Produkte können sowohl als Gruppen- oder auch als Einzelleistung erbracht werden. Die Nutzung der Lerngelegenheiten in den Pädagogik-Modulen wird durch verbindliche Ausbildungsaufgaben gesteuert. Ausgesuchte, besondere Ausbildungsaufgaben führen zu Produkten, die als unbewertete Leistungsnach-weise im Ausbildungsportfolio gesammelt werden4. Die meisten Ausbildungsaufgaben aller-dings bieten den Auszubildenden die Gelegenheit, etwas über den Berufsalltag heraus zu finden oder auszuprobieren. Denn wesentlich ist, dass die Auszubildenden sich darüber schriftlich Rechenschaft ablegen. Diese Arbeitsergebnisse bilden nicht nur den Aus-gangspunkt für erfahrungsgesättigte Diskussionen in Präsenzsitzungen, sondern auch für das Finden individueller Ausbildungsziele, die sich an den Anforderungen der Ausbildungs-standards orientieren. Für die Auszubildenden liegt darin der eigentliche Wert der Be-arbeitung der Ausbildungsaufgaben. Die verbindliche und termingerechte Bearbeitung der Ausbildungsaufgaben ist in einer Art Ausbildungsvertrag, der mit den Auszubildenden geschlossen wird, den sog. „Vereinba-rungen über die Ausbildung“, fest gehalten. In ihnen sind darüber hinaus die Kompetenzen als Könnensstände bzw. Anforderungen zweistufig beschrieben5. Sie können den Auszu-bildenden daher auch als Ausbildungsziele dienen. Darüber hinaus regelt dieser Ausbil-dungsvertrag die Rechte und Pflichten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden und ih-ren Umgang miteinander, insbesondere für Unterrichtsbesuche und Unterrichtsnachbespre-chungen. 7. Die Module im Göttinger Ausbildungskonzept bieten den einzelnen Auszubildenden Lern-impulse für ihren Kompetenzerwerb bzw. für das Erreichen der Standards. In dieser Funktion sind die Module für die individuelle Entwicklung der Auszubildenden bedeutsam. Sie sind gewissermaßen „Medien“ oder „Impulsgeber“, mit deren Hilfe die Auszubildenden sich den Ausbildungsstandards nähern und ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten auf- und ausbauen. Die Lern-Bausteine sind nur eine Lerngelegenheit unter anderen. Ob ein Auszubildender über Kern-Kompetenzen verfügt, ist nur nachweisbar, feststellbar und evaluierbar in der tatsächlichen Unterrichtssituation. Dazu bedarf es nicht nur einer längeren Entwicklungszeit, sondern auch einer strikten Trennung von Lern- und Leistungssituationen. Die Module ermöglichen dies, denn sie sind grundsätzlich als Lernsituationen konzipiert und nur „Zulieferer“ zu einer andernorts und zu einer anderen Zeit festzustellenden Leistung, bei der in Unterrichtssituationen konkret „kompetent“ gehandelt wird, wie z.B. bei Lehrproben oder in Prüfungsunterrichten. Dort wird festgestellt, ob die Standards erreicht wurden. In un-serem Ausbildungskonzept wäre die Modulbewertung ein Widerspruch zur Prozessorientie-rung der Ausbildung, d.h. einer allmählichen Professionalisierung: Die Module sind die Lern-

4 Auch die Wahlmodule enthalten solche Ausbildungsaufgaben zum Leistungsnachweis für das Portfolio. Derzeitiges Wahlmodulangebot: Recht in der Schule, Rhetorik, Lions Quest, Mediation, SV-Beratung, Übergänge nach Klassen 5 und 6, Schulentwicklung. 5 Vgl. Anhang (3).

95

gelegenheiten, der Unterricht eröffnet die Übungsmöglichkeiten, Unterrichtsbesuche und die im Modul zu bearbeitenden Ausbildungsaufgaben bieten die Rückmeldungsmöglichkeiten für das Erreichen des Entwicklungsziels. Am Studienseminar Göttingen für das Lehramt an Gymnasien werden daher auch die Ausbildungsaufgaben, die im Portfolio dokumentiert wer-den, nicht bewertet, Rückmeldungen über die Qualität der Arbeit werden den Auszubilden-den allerdings gegeben. Dies geschieht aus der Überzeugung heraus, dass in ein Portfolio, das als Bewerbungsport-folio6 dienen soll, nur die subjektiv besten Leistungen eingelegt werden, denn es ist das „Quäntchen mehr“ für eine Bewerbung. Die Qualität der Bearbeitung teilt sehr viel über ihre Autoren mit. Bislang ist es jedoch leider noch keine gängige Praxis, dass sich Schulleite-rinnen und Schulleiter solche Portfolien vorlegen lassen und ergänzend zu den Noten beim Bewerbungsgespräch heranziehen. Anhang (1) Das Ausbildungskonzept des Studienseminars Göttingen Die Auszubildenden nehmen zunächst an einer Einführungswoche teil, in der sie eine erste Orientierung bekommen und in der ihnen erläutert wird, wie die Ausbildung funktioniert. Da-bei helfen auch die 13 Ausbildungsschulen des Studienseminars. Der Vorbereitungsdienst dauert in Niedersachsen derzeit noch 24 Monate, Verkürzungen nehmen zu. Da demnächst der Vorbereitungsdienst von 18 Monaten der Regelfall sein wird, wurde das Ausbil-dungskonzept auf 18 Monate hin entworfen. Es gliedert sich in 6 Quartale: 1. Quartal: Einführungsphase; 2., 3. Quartal: Ausbildung von Kernkompetenzen, darin Ge-spräch über den Ausbildungsstand I: 4., 5. Quartal: Fortsetzung der Ausbildung von Kern-kompetenzen, Gespräch über den Ausbildungsstand II sowie Hausarbeit der Zweiten Staatsprüfung; 6. Quartal: Prüfungsphase. Wöchentlich, an einem Vormittag im 1. Quartal, findet das Modul „EU-Einführungsphase“ (sog. Crashkurs) von 09:00 h – 13:00 h unter Päd-agogischer Leitung statt. Auch die Fachseminare führen in diesem Zeitraum Sonder-sitzungen durch. Die Inhalte der Fach- und Pädagogikseminare sind aufeinander bezogen und haben zum Ziel, die Auszubildenden auf den Eigenverantwortlichen Unterricht vorzube-reiten. Die Auszubildenden belegen im 2., 3., 4., 5. Quartal im Rahmen der Pädagogischen Semi-nare Pflicht-Lernbausteine. In den pädagogischen Pflicht-Modulen „Beratung und Ge-sprächsführung“, „Diagnostik und Lernen des Lernens“, Erziehung und Klassenführung“, „Unterrichtsmethoden und Gruppe und Lernen“ können die Auszubildenden die Kernkompe-tenzen des Lehrerberufs erwerben. Der Zeitbedarf pro Modul ist näherungsweise kalkuliert und liegt bei ca. 30 Stunden workload. Je nach gewünschtem Profil, belegen die Auszubil-denden darüber hinaus noch Wahlmodule, deren Teilnehmerzahl ebenfalls begrenzt ist, mit insgesamt mindestens 28 Stunden workload belegt werden. Die Pädagogikkern- und -wahlmodule sind in der Abfolge wählbar, da vier Personen die Mo-dule anbieten. Die Anwahl erfolgt jeweils für zwei Quartale, die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die Modulabfolge in den Fachseminaren ist hingegen festgelegt, da in der Regel nur ein Ausbilder bzw. eine Ausbilderin zur Verfügung steht. Da Synergieeffekte mit anderen Fä-chern denkbar sind, suchen die Fachseminare derzeit gezielt nach solchen.

6 Die Funktion des Hessischen Ausbildungsportfolios ist demgegenüber ein Qualifizierungsportfolio für die Zulassung zur Prüfung.

96

(2) Leittext aus dem Modul „Beratung und Gesprächsführung“

Leittext 03 Teilnehmer individuell

Thema Wege zum „guten“ Unterrichtsgespräch

Themenum-

schreibung

Klassen- und Unterrichtsgespräche als Kerngeschäft des Lehrens und

Lernens gehören zum pädagogischen Handwerkszeug und sind qualitativ

beschreibbar

Arbeitsaufträge 1. Befragen Sie die Schülerinnen und Schüler Ihres eigenverantwortlichen

Unterrichts, wie sie Ihr Unterrichtsgespräch wahrnehmen (z. B.: Rede-

menge, Klarheit, Verständlichkeit, Verteilung des Rederechts). Setzen

Sie dazu in einer Lerngruppe des eigenverantwortlichen Unterrichts den

Fragebogen zu Gesprächen im Unterricht ein, der Ihnen nach dieser

Sitzung vom Büro zugemailt wird. Werten Sie den Fragebogen/

die Fragebögen für sich aus. Stellen Sie die Ergebnisse zu Ihrem per-

sönlichen Gesprächsverhalten schriftlich zusammen und leiten Sie dar-

aus für Sie wichtige individuelle Ausbildungsziele ab, die Sie in nächster

Zeit verfolgen wollen (Produkt 3a). 2. Nach einer Zeit der Übung des „guten Unterrichtsgesprächs“ setzen Sie

bitte in derselben Lerngruppe den Fragebogen zu Gesprächen im Un-

terricht erneut ein. Werten Sie auch diesen Fragebogen aus und ver-

gleichen Sie Ihre Ergebnisse mit der 1. Befragung und beurteilen Sie,

ob sich in Ihrem Gesprächsverhalten etwas geändert hat (Produkt 3b). Die Ergebnisse werden in der Evaluationssitzung zum Unterrichts-

gespräch in der 8. Präsenzsitzung am 27.04.05 Diskussions-

gegenstand sein.

Produkte Produkt 3a: Schriftliche Zusammenstellung der individuellen Ausbil-dungsziele in Bezug auf Unterrichtsgespräche bis zum 07.03.2005 an die Pädagogischen Betreuung per e-mail.

Produkt 3b: Ausgewertete Fragebögen zum Unterrichtsgespräch, do-kumentiert und kommentiert mitzubringen am 27.04.05.

Verwendungs-termin Produkt 3b

Evaluationssitzung am 27.04.05

97

(3) Ausbildungsstandards in den „Vereinbarungen über die Ausbildung“ Einige ausgewählte Ausbildungsstandards werden im Folgenden am Beispiel der Kompetenz „Diagnostizieren“ verdeutlicht. Im Studienseminar Göttingen wurden aus Praktikabili-tätsgründen nur 2 Kompetenzstufen formuliert. Sie bilden die Einschätzungsgrundlage in den Gesprächen über den Ausbildungsstand, die zweimal im Laufe der Ausbildung stattfinden und in denen die individuelle Entwicklung von den jeweiligen Ausbildenden und dem oder der Auszubildenden gemeinsam in den Blick genommen wird. Das Anforderungsniveau ist zunächst allgemein für den pädagogischen Bereich formuliert und im vorliegenden Fall auf die Fächer Französisch und Spanisch herunter gebrochen und konkretisiert, d.h. der oder die Auszubildende kann auf der Kompetenzstufe I

• das Lernniveau, das dem Leistungsvermögen der jeweiligen Lerngruppen ange-messen ist, einschätzen und als Planungsgröße für den Unterricht berücksichtigen, d.h. in den Fächern Französisch und Spanisch

• die sprachliche und kognitive Lernausgangslage, die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sprachlichen und kulturellen Erfahrungen, das Vorwissen, die Stärken und die Vorlieben der Lerngruppe sowie einzelner Schülerinnen und Schüler einschätzen, benennen und für die Unterrichtsplanung berücksichtigen

• die Kompetenzen der Lerngruppe im Bereich der sprachlichen Fertigkeiten (Lesen, Schreiben, Hören, Sprechen, zusammenhängend sprechen, an Gesprächen teilnehmen) einschätzen

• Texte und Aufgabenstellungen in ihrem Schwierigkeitsgrad einschätzen und dem Lern- und Entwicklungsstand der Gruppe anpassen.

Auf der Kompetenzstufe II für den Qualifizierungsbereich „Diagnostizieren“ kann der oder die Auszubildende

• den individuellen Lernstand und das individuelle Lernniveau einzelner Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Leistungsdimensionen des Faches einschätzen und danach Differenzierungsmaßnahmen planen und durchführen

• die Schülerfähigkeiten und –Fertigkeiten in Bezug auf Unterrichtsmethoden ein-schätzen und danach Differenzierungsmaßnahmen planen und durchführen

• d. h. in den Fächern Französisch und Spanisch auf der Basis des „Europäischen Referenzrahmens“ die einzelnen Dimensionen der Sprachkompetenz der Lernenden erfassen und ihre sprachlichen Kompetenzprofile erstellen

• Materialien zur Selbsteinschätzung nutzen oder erstellen, mit denen die Lernenden Kenntnisstand und Lernforschritt selbst einschätzen können

• die Selbsteinschätzung der Lernenden einfordern und zur Differenzierung nutzen

• hinsichtlich der zu erlernenden (Teil-)Fertigkeiten oder Einzelphänomene geeignete Lern- und Übungsmaterialien anbieten, die auf einzelne Lernende oder Teillerngruppen zugeschnitten sind.

Dr. Sigrid Vogel leitet das Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Göttingen

98

U NI

1. Phase

Hochschul-ausbildung

LI-A

2. Phase

Referendariat

LI-A

3. Phase

Berufs- eingangs-

phase

Bauvorhaben:Neue Lehrerbildung in HAM BURG

Bauherren: Behörde für Bildung und SportBehörde für W issenschaft und Forschung

Beraterstab: Hamburger Kommission Lehrerbildung

Architekten: Landesinstitut für Lehrerbildung und SchulentwicklungHamburger Universitäten

Baustelle

L I-A

2 . Phase

R eferendariat

Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI-A)

Bauherr: Behörde für Bildung undSport (BBS)

Vorgaben des Bauherren:•Entwickeln eines Ausbildungscurriculums•Einrichtung von Sozietäten•Verkürzung der Ausbildung•Berücksichtigung der „Prioritären Themen“Heterogenität, neue Medien, Schulentwicklung•Installierung einer Berufseingangsphase (BEP)•Neue Phasierung des Referendariats•Modularisierung

Maßnahmen in der Lehrerbildung bei der Umstrukturierung der berufsbilden-den Schulen - Teilmodularisierung der Referendarsausbildung in Hamburg Rainer Pillmann-Wesche, Barbara Fahland

Wie in vielen Bundesländern wird auch in Hamburg an der Lehrerausbildung seit einigen Jahren repariert, restauriert und teilweise innoviert. Beim aktuell laufenden „Bauvorhaben“ hat sich „der Bauherr“ an den Empfehlungen der Hamburger Kommission Lehrerbildung (HKL) orientiert und entsprechende Vorgaben formu-liert.

99

Der Umstrukturierungsprozess

Rahmenbedingungen:

Auf 18 Monate verkürztes Referendariat(seit 02/2003)Veränderte Ausbildungsstruktur (seit 11/2004)

Startphase –Kernphase –PrüfungsphaseErhöhung des bedarfsdeckenden Unterrichts

Teilmodularisierung (ca. 20 % der Seminarzeit)

K o n s tr u k t iv is t is c h e s L e r n v e r s tä n d n is

A u s b i ld u n g s c u r r ic u lu mu n d S t a n d a r d s

K o n t in u a :

H S F S 1 F S 2 L T

H o s p i s K G H s

M o d u la r i s i e r t e s A n g e b o t

2 0 % d e r A u s b i ld u n g s z e i t im L I

H a n d lu n g s o r ie n t i e r u n g

K o n s tr u k t iv is t is c h e s L e r n v e r s tä n d n is

A u s b i ld u n g s c u r r ic u lu mu n d S t a n d a r d s

K o n t in u a :

H S F S 1 F S 2 L T

H o s p i s K G H s

M o d u la r i s i e r t e s A n g e b o t

2 0 % d e r A u s b i ld u n g s z e i t im L I

H a n d lu n g s o r ie n t i e r u n g

Baustelle

H a n d l u n g s o r i e n t i e r u n g

K o n s t r u k t i v i s t i s c h e s L e r n v e r s t ä n d n i s

M o d e l l h a u s d e s M o d e l l v e r s u c h s U b S

M o d u l a -r i s i e -r u n g

S u b j e k t -o r i e n t i e -

r u n g

H u p L L

S L - F o b i

Architekten: Mitarbeiter und Leitung des LI-A

Expertengremium: Mitglieder des Innovelle Modellversuchs UbS aus dem Bereich berufliche Schulen des LI-A 3

Die „Architekten“ haben sich Orientierung und Ideen bei einem „Expertengremium“ geholt, das in den Jahren 2001 bis 2004 in einem BLK-Modellversuch (www.ubs-modellversuch.de) innovative Ideen für eine zeitgemäße Lehrer-ausbildung entwickelt und im beruflichen Bereich der zweiten Phase der Lehrerbildung in Hamburg umgesetzt hat.

Die Rahmendaten des Umstrukturierungsprozesses sind im Einzelnen:

Entstanden ist ein Haus der Lehrerausbildung, in dem alle Lehrbefähigungen nach der gleichen Organisationsstruktur und basierend auf den gleichen handlungsleitenden Theorien (Entwicklungslogik, Subjektorientierung, Handlungs-orientierung) und dem gleichen Lernverständnis (Konstruktivistisches Lernverständnis) erlangt werden können. Die Referendarinnen und Referendare er-halten in einem Umfang von 20 % der Aus-bildungszeit am Landesinstitut (Li) Semina-re, die in einer modularisierten Organisati-onsstruktur (Module) angeboten werden. Bestimmung des Begriffs „Module“:

• Kompetenzen und Inhalte sind ausgewiesen.

Neue Phasierung

01.02.0501.11.04 01.05.05 01.08.05 01.11.0601.08.0601.05.0601.11.05 01.02.06

Start-phase

3 Monate Kernphase (1 Jahr)Prü-

fungs-phase

3 Monate

Prüfungs-phase

3 MonateKernphase (1 Jahr)

Start-phase

3 Monate

Start-phase

3 Monate Kernphase (1 Jahr)

4

100

Subjekt-orien-tierung

Orientierung am Entwicklungsstand des Lehrers in Ausbildung (Entwicklungslogik)

Orientierung an den schulischen

Anforderungen

Berücksichtigung der individuellen Sichtweisen und

Handlungsmöglichkeiten(mentale Modelle)

Berücksichtigung von Vorkenntnissen und

Defiziten

Anbieten von organisatorischen und

materiellen Rahmenbedingungen, die

das Lernen fördern.

Lernen mit dem Handlungszyklus und dem Reflexionszirkel

in Teams

Ausgangspunkt für das Lernen sind schulische Erfahrungen, Frage- und

Problemstellungen

Teil-Modularisierung - Ziele

Stärkung der Subjektorientierung

Stärkung des individuellen Kompetenzprofils

Stärkung der Verzahnung von Schul – und SeminarausbildungBeibehaltung der Kontinua als soziale UnterstützungssystemeBeibehaltung einer kontinuierlichen Begleitung der Referendarinnen und Referendare

• Module können aufeinander aufbauen. • Module sind in der Regel bewertungsrelevant. • Module umfassen einen kleinen Teil der Ausbildungszeit. • Module sind thematisch und organisatorisch geschlossene Einheiten. • Module sind geprägt von einer Konstanz von Leitung und Mitgliedern. • Module werden beschrieben als Wahl- oder Pflichtmodule.

80 % der Ausbildung werden angeboten als kontinuierliche Seminare (Kontinua) in Form von Fachseminaren, dem Hauptseminar und dem Lehrertraining. Diese Seminare arbeiten auf der Basis von Ausbildungscurricula, welche aus einem Kernteil und individuellen Anteilen bestehen. Die Ausbildungscurricula werden in einem Kommunikationsprozess mit der Uni-versität in sogenannten „Sozietäten“ zu den an der ersten Phase der Lehrerbildung gelten-den Curricula anschlussfähig gemacht. Bestimmung des Begriffs „Kontinua“:

• Kontinua sind die ganze Ausbildung begleitende, verbindliche Seminare. Kontinua sind in besonderem Maße geprägt durch die Konstanz von Leitung und Mitgliedern.

• Die Themen entstehen situationsspezifisch, werden von Mitgliedern eingebracht oder sind durch das Kerncurriculum bestimmt.

• Es werden eine große Anzahl Themen bearbeitet.

Bei der Umsetzung des Konzepts der Teilmodularisierung wurden die Ziele umgesetzt, die im nachfolgenden Kasten aufgezählt werden.

101

Wichtig war uns dabei die Beibehaltung kontinuierlicher Seminare, damit weiterhin gesichert ist:

• ein Lernumfeld, in dem sich stabile Teams bilden können, die als soziale Unterstützungsnetzwerke dienen und in denen die Referendarinnen und Referendare ihre Teamfähigkeit entwickeln.

• die Bildung einer vertrauensvollen Beziehung zu den Seminarleitungen, die eine entwicklungslogische Ausbildungsbegleitung vom „Novizen zum Experten“ sicherstellt und das Lernen von „implizitem Wissen“ (Neuweg)7 in Anschauung von guten Vorbildern ermöglicht.

• eine Bewertung der Lehramtsanwärter, die auf einer kontinuierlichen Begleitung und Förderung beruht und die auf einem verlässlichen Anforderungsniveau basiert.

Es gibt in Hamburg seit dem 1.11.2004 eine neue Struktur der Ausbildungszeit. Die Modul-zeiten sind weitgehend gleichmäßig auf die Ausbildungszeit verteilt.

7 Neuweg, Georg Hans: Könnerschaft und implizites Wissen. Waxmann Münster, New York, München, Berlin, 2001, 296ff

Vom Novizen zum Experten

Bedarf an klaren Regeln nimmt abBedarf an klaren Regeln nimmt ab

Handlungsalternativen nehmen zuHandlungsalternativen nehmen zu

Verhaltenssicherheit nimmt zuVerhaltenssicherheit nimmt zu

Gefahr: Reflexions- und Kritikbereitschaft kann abnehmenGefahr: Reflexions- und Kritikbereitschaft kann abnehmen

Wahrnehmung schärft sichWahrnehmung schärft sich

Implizites Wissen nimmt zuImplizites Wissen nimmt zu

Novize Fortgeschrittener Kompetenter Könner ExperteNovize Fortgeschrittener Kompetenter Könner Experte

2

Novize Fortgeschrittener Kompetenter Könner ExperteNovize Fortgeschrittener Kompetenter Könner Experte

durchRegeln

durchRegeln

undRicht-linien

durch intensive Planung

durch begrenzte Planung

intuitiv

Bestimmung des Verhaltens

Vom Novizen zum Experten

102

Startphase Modulblock 6./7. Ausbildungswoche: Pflichtmodule (z.B. Berufsorientierung, HupLL) 13 Seminarstunden pro Woche (26 Std.)

Kernphase • Insgesamt 4 Blöcke • Wahlmodule: 6,5 Std. pro Woche (13

Std./Modul) • Module können sich über 2 Blöcke

erstrecken Prüfungsphase

• Keine Module, freiwillige Teilnahme ist möglich

Inhalte von Modulen

Situationsspezifische und individuelle Themen (SiT- Teil) derAusbildungscurricula als OrientierungIn der Regel kein Nacharbeiten von Kernthemen

Modulkatalog nach Handlungsfeldern strukturiert (z.B. Unterrichten, Erziehen, Innovieren)

Beispiele für Modulthemen

Modulausschreibung entsprechend fester Kriterien(Beispiel)

Qualitätskriterien für Module

Der Bezug zu Standards und seminardidaktischen Grundsätzen der Ausbildungscurricula ist gewährleistet.

Module folgen dem vollständigen Handlungszyklus unter Nutzung der Struktur und der Instrumente des Reflexiven Erfahrungslernens.

Module sind ein Beitrag zur beruflichen Praxis in der Schule.

In Modulen entstehen Arbeitsergebnisse, die in der Praxis zu erproben und zu reflektieren sind.

Während der Modulwochen finden die kontinuierlichen Seminare nicht statt. Die Seminarlei-ter bieten stattdessen in einem gleichen oder ähnlichen zeitlichen Umfang ein Modulseminar an. Modulangebote können sich über einen oder zwei Modulblöcke erstrecken, wenn das durch den Umfang des Themas erforderlich ist. Zu Inhalten und Qualitätskriterien, die bei der Auswahl von Modulangeboten bzw. bei der Entwicklung helfen sollen, geben die nächsten beiden Folien Auskunft.

Neue Phasierung

01.02.0501.11.04 01.05.05 01.08.05 01.11.0601.08.0601.05.0601.11.05 01.02.06

Start-phase3 Monate Kernphase (1 Jahr)

Prü-fungs-phase

3 Monate

Prüfungs-phase

3 MonateKernphase (1 Jahr)

Start-phase3 Monate

Start-phase3 Monate Kernphase (1 Jahr)

4

Neue Phasierung

01.02.0501.11.04 01.05.05 01.08.05 01.11.0601.08.0601.05.0601.11.05 01.02.06

Pflichtmodul

Wahlmodule

103

Elemente des Qualitätsmanagements

Evaluation mit einem internetgestützten Verfahren (www.survey monkey.de)

Kompetenz- und Teilnahmenachweis für das Portfolio des Referendars (Beispiel)

Beispiele für Wahl-Modul Angebote Schwerpunkt Unterrichten

Tabellenkalkulation in Unterricht und Unterrichtsplanung(Multimediale) Lernangebote zur Förderung des selbstständigen LernensEinsatzmöglichkeiten des SmartboardsMedium Film im UnterrichtFachrechnen didaktisch sinnvoll (Abt. 3)Einrichten einer EDV-Buchführung (Abt. 3)Konzeptionelles und kreatives SchreibenUnterrichten im Lernfeld, z.B. (Weiter)-Entwicklung eines Modellunternehmens (für den LF-Unterricht); Integration von Fachenglisch (Abt. 3)Entwicklung einer Lernumgebung für den InformatikunterrichtLernen lernenVersuche als tragende Säule der Anschaulichkeit

Beispiele für Wahl-Modul Angebote Schwerpunkt Unterrichten

Heterogenität und BinnendifferenzierungSchülerpräsentationenSprachen im Fachunterricht (Deutschsprachiger Fach-unterricht im Hinblick auf Nicht-Muttersprachler / Förderung der Lesekompetenz)PlanspieleSpiele im UnterrichtAktivierungsmethodenLernortübergreifendes LernenBerufsorientierung Effektive Unterrichtsvorbereitung am PCEinbeziehen des Internets im Unterricht Planung und Entwicklung eines Webquest

Nachfolgend sind einige Beispiele der Wahl-Modulthemen dargestellt: Formblätter als Beispiel für Kompetenz- und Teilnahmenachweise können bei den Autoren nachgefragt werden.

104

Offene Fragen

Von der Anbieter- zur Nachfrageorientierung?(aus Sicht der Referendare, aus Sicht der Schule)

Qualitätsmanagement für die Angebotsstruktur?

Ausbildungsberatung?

Portfolio?

Qualität der Evaluation?

Der gesamte Prozess der inhaltlichen und technischen Modulorganisation wird durch eine Modul-Management-Gruppe (MMG) koordiniert. Dabei bedient sich die Gruppe eines selbst entwickelten Online-Buchungs- und Verwaltungsverfahrens. Die Gruppe besteht zurzeit aus fünf Seminarleitern aus den drei Unterabteilungen des Li, die mit Lehrerausbildung befasst sind. Die Gruppe wird unterstützt durch einen Mitarbeiter aus der Abteilung Fortbildung, Medienpädagogik sowie durch ein externes Software-Unternehmen. Die Mitarbeiter in der MMG erhalten für ihre Arbeit eine Anrechnung. Im Laufe der Umsetzung der Teilmodularisierung im Modellversuch UbS wurden die Themen

in einer dreischrittigen Abfolge generiert. In einem ersten Durchgang wurde ein Programm zusammen-gestellt, das sich weitgehend aus Themen zusammen-setzte, die von den Seminarleitern angeboten wurden. Sie hielten diese Themen für sinnvoll und auch in Bezug zum Ressourcen-kontingent für machbar (Angebotsorientierung).

In einem zweiten Durchgang wurden die Wünsche der Referendarinnen und Referendare abgefragt. Diese Nachfrageorientierung wurde noch ausgedehnt auf die Hamburger Berufs-schulen, die ebenso auf ihre Themenwünsche hin befragt wurden. Es ist sinnvoll, dass eine solche nachfrageorientierte Zusammenstellung des Modulprogramms auch für das ganze LIA erfolgt. Zurzeit wird an einem Qualitätsmanagement für die Programmerstellung gearbeitet. Es muss geklärt werden,

1. wer mit welchen Kriterien entscheidet, 2. welche Angebote ins Programm aufgenommen werden bzw. 3. welche überarbeitet werden müssen oder 4. ganz abgelehnt werden.

Außerdem ist die Entwicklung eines Instrumentes zur individuellen Beratung der Lehramts-anwärter im Hinblick auf die Modulwahl geplant. Darüber hinaus arbeiten wir an einem Portfoliokonzept. Dieses soll es ermöglichen, dass die Ergebnisse der Arbeit in den Modulen in einem Portfolio gesammelt werden, mit dem die Lehramtsanwärter sich an den Schulen nach dem Referendariat bewerben können. Rainer Pillmann-Wesche und Barbara Fahlland, Landeinstitut Hamburg

105

Modularisierung des Vorbereitungsdienstes im Rahmen der Neuordnung der Lehrerbildung in Hessen Wolfgang Rupp Amt für Lehrerbildung Hessen

1. Lehrerausbildung in Europa im Kontext von Standardorientierung, Modularisierung und Portfolio

Das hessische Lehrerbildungsgesetz, das Anfang des Jahres 2005 in Kraft getreten ist, greift die europäische Diskussion nach Bologna auf und verortet bei struktureller Bewahrung und Sicherung des zweijährigen Vorbereitungsdienstes die Phasen der Lehrerausbildung im eu-ropäischen Kontext. Damit werden für die Lehrerbildung Entwicklungen aufgegriffen, die in Europa durch den gemeinsamen Kultur- und Wirtschaftsraum gesetzt sind. Um eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der Lehrerausbildung in den europäischen Ländern zu erreichen, muss ein Verständigungsprozess in Gang gesetzt werden. Dieser muss einerseits die Kompetenzen erfassen, die die Lehrerinnen und Lehrer benötigen, um Schülerinnen und Schüler zukunftsorientiert und von neueren pädagogischen und didakti-schen Erkenntnissen geleitet unterrichten, beraten, betreuen und erziehen zu können. Ande-rerseits müssen die konkreten Biografien und spezifischen Lerngeschichten der einzelnen Lehrkräfte berücksichtigt werden, die in ihrer Verschiedenheit und Einzigartigkeit konkrete Auswirkungen auf die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern haben. Beide Aspekte sind mit wissenschaftlicher Unterstützung zu untersuchen und daraus Schlüsse für die Leh-rerausbildung zu ziehen.

gesellschaftlicher Rahmen - europäischer Kultur- und Wirtschaftsraum

Kompetenzen der Lehr-personen Schüler

Schüler/in

Standardsund

Kerncurriculum

Individualisierung Portfolio

Flexibilisierung

Modularisierung

Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit

Schüler/in

Eva

luat

ion

Biografie

einer einzelnen Lehrperson

Abb. 1 Lehrerbildung im europäischen Hochschulraum

106

Die Bestimmung grundlegender Kompetenzen der Lehrpersonen führt zur Formulierung von Standards für die Lehrertätigkeit, die auf allgemeiner Ebene in Europa harmonisiert werden müssen. Gleichzeitig findet auf der curricularen Ebene eine Verständigung über Kerncurri-cula statt, soweit diese notwendig ist, um die gegenseitige Anerkennung von Inhalten zu gewährleisten. Ergänzend kommt im Konzept des Portfolios zum Ausdruck, dass es in Zu-kunft in zunehmendem Maße wichtig wird, Menschen mit den unterschiedlichsten Biografien in Phasen der Lehrerausbildung bzw. in die Berufseinstiegphase zu integrieren und hiermit eine Individualisierung und Flexibilisierung der persönlichen beruflichen Werdegänge zu ermöglichen. Dem Portfolio kommt aber auch eine weitere besondere Rolle zu: Wesentlich für die Neubestimmung der Rolle der Lehrerin und des Lehrers sind Kompetenzen zur fun-dierten Erfolgskontrolle der eigenen Arbeit. In diesem Zusammenhang ist die Evaluation der Qualität des Lehrerhandelns über eine externe Bewertung hinaus durch Portfolio-Techniken zu ergänzen, die Selbstvergewisserung und Selbstüberprüfung ermöglichen. Beide Stränge – Kompetenzerwerb und Biografiearbeit – können durch modulare Ausbil-dungsstrukturen unterstützt und an unterschiedlichen Ausbildungsorten fortgeschrieben werden. Die heute noch oft anzutreffenden ungefähren Zielbeschreibungen von Ausbil-dungsveranstaltungen sollen der Vergangenheit angehören. Sie werden ersetzt durch kon-krete Festlegungen in den Modulen im Hinblick auf zu erwerbende Kompetenzen und Leis-tungserwartungen sowie die Lehrinhalte, -methoden und ihre Evaluation. Module ermögli-chen somit leichter die Feststellung der Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit von in unter-schiedlichen Ausbildungskontexten und Ländern erworbenen Kompetenzen. Sie haben dar-über hinaus eine Orientierungs- und Lenkungsfunktion für die Lehrenden und die Lernenden mit europäischer Dimension. Dies gilt für die Offenlegung der Ziele und Anforderungen eben-so wie für die Bewertung. Die Einzelbeurteilungen der in den Modulen erworbenen Kompe-tenzen ermöglichen die zeitnahe und transparente Rückmeldung von Leistungserwartungen und bieten somit Klarheit für Korrekturen während des Ausbildungsprozesses. Im Portfolio schließlich dokumentieren die Lernenden in der Zusammenschau die in verschiedenen Kon-texten gemachten Lernerfahrungen in einer ganzheitlichen und auf lebenslanges Lernen be-zogenen Sehweise. 2. Vernetzung der Phasen der Lehrerbildung Wir haben zurzeit in Europa die unterschiedlichsten Lehrerbildungssysteme: Einphasige und zweiphasige, erziehungswissenschaftlich ausgerichtete und rein fachwissenschaftlich orien-tierte, mit Staatsexamen und zukünftig mit Masterabschluss – auch in Deutschland. Auf der Systemebene wird sich eine Angleichung sicherlich nicht so bald vollziehen. Hier treffen na-tionale Kulturen und Traditionen aufeinander. Insofern bietet eine konsequente Modularisie-rung, die ausgerichtet ist an in Standards definierten Kompetenzen eine elegante Möglich-keit, nicht nur die Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit zwischen den Ländern zu erreichen, sondern von einem System in das andere zu wechseln. Damit können auch in Deutschland die starren Grenzen zwischen den Phasen der lebenslangen Lehrerbildung überwunden werden. Mit dieser Zielrichtung wird in Hessen derzeit die Lehrerbildung reformiert. Das hes-sische Lehrerbildungsgesetz, das am 1.1.2005 in Kraft getreten ist, greift diese Diskussion auf und verortet die Phasen der Lehrerausbildung im europäischen Kontext.

107

Studium

Zugang Abschluss

Vorbereitungs-dienst

Portfolio

BerufstätigkeitFortbildung

Portfolio

Portfolio

biografische

Orientie

rung

Vernetzung

Qualitätsstandards

Kompetenzen / Module

biografische

Orientie

rung

biografische

Orientie

rung

über Inhalte und Personen

Vernetzung

Abb. 2 Zusammenwirken / Vernetzung der Phasen der Lehrerbildung

Das organisatorische Muster, nach dem die Lehrerausbildung strukturiert wird, ist die Mo-dularisierung der Studiengänge und des Vorbereitungsdienstes. Entsprechend der Rahmenvereinbarungen der KMK sieht das Hessische Lehrerbildungsgesetz eine zwingende Modularisierung der Lehramtsstudiengänge und der Ausbildungskonzepte der Studiensemi-nare vor. Dadurch soll im europäischen Kontext neben dem schon genannten Aspekt der Eingliederung ein besseres Zusammenwirken der Phasen der Lehrerausbildung in Hessen gefördert werden. Module, die an der Universität angeboten werden, bieten die Grundlage für die Konzeption der Module des Vorbereitungsdienstes. Die Studienseminare erweitern ihr Aufgabenfeld um das der Fortbildung und öffnen ihre bislang sehr abgeschlossenen Systeme für Lehrerinnen und Lehrer, die schon an den Schulen tätig sind. In einem breit angelegten Prozess wurden im Vorfeld schon im Dezember 2002 in Hessen zum ersten Male verbindliche Standards zur Lehrerausbildung als Diskussionsentwurf vorge-legt. Die Standards orientieren sich an den angestrebten Lehrerkompetenzen und sind auch Grundlage für die Ausgestaltung der im Lehrerbildungsgesetz vorgesehenen Module. Ziel ist eine spürbare Verbesserung der Qualifikation der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst; sie sol-len in die Lage versetzt werden, den zeitgemäßen und zu erwartenden Anforderungen an die Gestaltung einer Schule und die Entwicklung von Lernkulturen besser gerecht zu werden. Mit dem Lehrerbildungsgesetz wird die Führung eines Portfolios obligatorisch, in dem die Lehrkraft vom Studium über den Vorbereitungsdienst und in der gesamten Zeit ihrer Berufs-tätigkeit den Kompetenzerwerb dokumentiert. Die Vernetzung der drei Phasen der Lehrerausbildung erfolgt über Strukturen, Inhalte und Personen. Das im Oktober 2001 gegründete Amt für Lehrerausbildung (AfL) – jetzt Amt für Lehrerbildung – beschränkt seine Aktivitäten dabei im Gegensatz zu Vorläuferinstitutionen

108

nicht nur auf die Zweite Phase, den Vorbereitungsdienst, sondern ist im Rahmen seiner Prü-fungskompetenz auch mittelbar zuständig für die Ausbildung an den Universitäten (Erste Phase) und für zentrale Bereiche der Lehrerfortbildung (insbesondere Multiplikatorenfortbil-dung). Somit sind seit dem 1.1.05 alle Aktivitäten zur Lehrerbildung landesweit im AfL ge-bündelt, um die Qualität der Lehrerausbildung zu sichern und weiter zu entwickeln. An den Universitäten entstehen gestärkte Zentren für Lehrerausbildung mit selbstständiger Verfügung über Mittel, der Vorbereitungsdienst wird seine Mittelstellung zwischen Studium und Beruf durch institutionalisierte Kooperationen wahrnehmen, und nicht zuletzt wird die persönliche Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer zur Pflichtaufgabe, der natürlich auch ein adäquates Fortbildungsangebot von öffentlichen und privaten Trägern gegenüberstehen soll. Somit wird im neuen hessischen Lehrerbildungsgesetz ein Modell entworfen, das in hohem Maße europatauglich ist. Trotz Beibehaltens des grundlegenden Strukturelements einer zweiphasigen Lehrerausbildung wird es viel leichter als jetzt möglich sein, woanders in Euro-pa erworbene Teilkompetenzen in der Ausbildung und Fortbildung zu berücksichtigen. Ne-ben der Standardorientierung wird dies gewährleistet durch die Bezugnahme auf das Euro-päische Credit Transfer System, in dem alle Leistungen nach entsprechenden Vereinba-rungen bewertet werden.

3. Modularisierung des Vorbereitungsdienstes Das Amt für Lehrerbildung hat in intensivem Dialog mit den Leiterinnen und Leitern der Stu-dienseminare ein Modularisierungskonzept entwickelt, das organisatorisch und inhaltlich neue Akzente setzt und in die Verordnung zur Umsetzung des Hessischen Lehrerbildungs-gesetzes vom 16.3.2005 Eingang gefunden hat. Dort ist es wie folgt geregelt: „§ 42 Module (1) Die Pädagogische Ausbildung am Studienseminar erfolgt nach § 38 Abs. 2 und 3 des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes in neun bewerteten Pflichtmodulen, drei bewerteten Wahlpflichtmodulen und weiteren von jedem Studienseminar in seiner Arbeitsplanung festge-legten nicht bewerteten Pflicht- und Wahlpflichtmodulen. (2) In den bewerteten Pflicht- und Wahlpflichtmodulen werden der Lehrkraft im Vorberei-tungsdienst die in § 1 Abs. 2 des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes genannten grundle-genden Kompetenzen vermittelt. Kompetenzen werden auf der Grundlage festgelegter Inhal-te erworben. Die in die Bewertung des Ausbildungsstandes eingehenden Module sind in ei-nem Kerncurriculum auszuweisen. Das Amt für Lehrerbildung legt das Kerncurriculum dem Kultusministerium zur Genehmigung vor. (3) Nicht bewertete Pflicht- und Wahlpflichtmodule werden von den einzelnen Studiensemi-naren festgelegt. Sie enthalten auch Angebote zur Kompensation, Spezialisierung und Pro-filbildung. (4) Maßgröße für den Ausbildungsaufwand der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst in den Mo-dulen, orientiert am European Credit Transfer System (ECTS), sind die Leistungspunkte. Ein Leistungspunkt entspricht einem Arbeitsaufwand von insgesamt 30 Zeitstunden. Der Ausbil-dungsaufwand für jedes bewertete Pflicht- und Wahlpflichtmodul beträgt 60 Zeitstunden, wo-für jeweils zwei Leistungspunkte (ECTS) vergeben werden. Der Ausbildungsaufwand bein-haltet Vorbereitungszeit, Anwesenheitszeit und Nachbereitungszeit für eine Veranstaltung. Hierzu gehören auch die Vorbereitung von Unterrichtsbesuchen und die Unterrichtsberatun-gen. (5) Der Ausbildungsaufwand und die zu erreichenden Leistungspunkte (ECTS) für nicht be-wertete Pflicht- und Wahlpflichtmodule werden in der Arbeitsplanung des Studienseminars festgelegt.

109

(6) Die Lehrkraft im Vorbereitungsdienst wird innerhalb eines belegten Moduls von der jewei-ligen Ausbilderin oder dem jeweiligen Ausbilder, die oder der das Modul anbietet, individuell beraten. (7) Folgende Module fließen in die Bewertung des Ausbildungsstandes aller Lehrämter und der Lehrbefähigung in arbeitstechnischen Fächern ein:

1. je ein Pflichtmodul zu den Kompetenzbereichen

• Erziehen, Beraten, Betreuen, • Diagnostizieren, Fördern, Beurteilen, • Schule mitgestalten und entwickeln;

2. je ein Wahlpflichtmodul zu den Kompetenzbereichen

• Erziehen, Beraten, Betreuen, • Diagnostizieren, Fördern, Beurteilen, • Methoden und Medien einsetzen;

3. insgesamt sechs Pflichtmodule zum Kompetenzbereich Unterrichten. Davon bezieht sich je ein Modul auf den Schwerpunkt „Lernprozesse in den Unterrichtsfächern beo-bachten und nach schulformbezogenen Prinzipien gestalten“ und „Lernprozesse in den Unterrichtsfächern professionell nach schulformbezogenen Prinzipien, nach Prinzipien der inneren Differenzierung und individuellen Förderung und fachübergreifenden oder Fächer verbindenden Elementen gestalten“. Beide Module können lehramtsübergreifend angeboten werden. Die anderen vier Pflichtmodule beziehen sich auf die im Kerncurricu-lum nach Abs. 2 festgelegten Inhalte. Dabei richten sich

• für das Lehramt an Grundschulen je ein Modul auf jedes der drei Unterrichtsfächer der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst, das vierte Modul ist frei wählbar;

• für das Lehramt an Hauptschulen und Realschulen je zwei Module auf die beiden Unterrichtsfächer der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst;

• für das Lehramt an Förderschulen zwei Module auf das Unterrichtsfach der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst, ein Modul auf den Schwerpunkt „ Grundlagen des Deutsch- und Mathematikunterrichts in Förderschulen“, das vierte Modul ist frei wählbar;

• für das Lehramt an Gymnasien je zwei Module auf die beiden Unterrichtsfächer der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst;

• für das Lehramt an beruflichen Schulen je zwei Module auf das Unterrichtsfach und auf die Fachrichtung der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst;

• für die Lehrbefähigung in arbeitstechnischen Fächern je zwei Module auf die arbeitstechnischen Fächer und auf die berufliche Fachrichtung der Lehrkraft im Vorbereitungsdienst.

110

Prüfungs-begleitung

und Evaluationohne Bewertung

PMB

Diagnostizieren, Fördern, Beurteilen

WPMBvertiefende Aspekte zuMethoden-

und Medien-kompetenz

PMB Schule mitgestalten und entwickeln

WPM

WPM Selbst-

Organisationbeim

Berufseinstieg

PMBErziehen ,

Beraten undBetreuen

PMB

Unterrichten

WPM

PMB

Unterrichten

PMB

Unterrichten

PMB

Unterrichten

PMB

Unterrichten

PMB

Unterrichten

Beratung und Betreuung der LiV , Portfolioarbeit

WPM WPM WPM

WPMBvertiefende Aspekte zuMethoden-

und Medien-kompetenz

WPMBvertiefende +

differenzierende Angebote zuMethoden-

und Medien-kompetenz

WPMBvertiefende Aspekte zuMethoden-

und Medien-kompetenz

WPMBvertiefende Aspekte zuMethoden-

und Medien-kompetenz

WPMBvertiefende +

differenzierende Angebote zu

Diagnostizieren,Fördern,

Beurteilen

WPMBvertiefende Aspekte zuMethoden-

und Medien-kompetenz

WPMBvertiefende Aspekte zuMethoden-

und Medien-kompetenz

WPMBvertiefende +

differenzierende Angebote zu

Erziehen,Beraten,Betreuen

Auswahl-möglichkeit

Auswahl-möglichkeit

Auswahl-möglichkeit

12 bewertete Module – lehramtsbezogen landeseinheitlich2/3 der Ausbildungszeit = 720 Workload-Stunden

2 Einführungs-module

zu Allgemeineberufliche

Kompetenzenentwickeln

seminar-bezogene

Pflichtmodule

PMMethoden-und Medien-kompetenz

WPM WPM unbewertete Module

1/3 der Ausbildungszeit = 360 Workload-Stunden

Abb. 3 Modularisierungskonzept für den Vorbereitungsdienst in Hessen

In der Abbildung wird deutlich, dass das in die Bewertung einbezogene Kerncurriculum von sechs fachdidaktischen Modulen und weiteren sechs bewerteten Pflicht- und Wahlpflichtmo-dulen zu allgemeinen Kompetenzen des Lehrerhandelns 2/3 der Ausbildungszeit ausmacht. Ein weiteres Drittel der Zeit kann im Studienseminar ausgestaltet werden. Wesentlich neu ist die Möglichkeit, in einem Beratungs- und Betreuungsstrang im unbewerteten Bereich eine Art Coaching im Sinne von permanenter Ausbildungsberatung durchzuführen. Hierzu gehört auch die Anleitung und Begleitung der Portfolioarbeit. In die Erarbeitung der einzelnen Module im allgemein-pädagogischen und fachdidaktischen Bereich wurden fast alle Ausbilderinnen und Ausbilder aller Lehrämter einbezogen. Dieser Prozess wird im Beitrag von Marianne Huttel beschrieben.

111

Marianne Huttel, Amt für Lehrerbildung, Fuldatal Werner Niermann, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Hildesheim

Abschlussworte

Werner Niermann: Eine gibt eine Absprache zwischen Frau Huttel und mir: Einzeln sind wir nicht zu haben, d.h. wir wollen den Abschluss gemeinsam gestalten. Dies ergibt sich auch aus der Logik des Ge-samtprozesses der Veranstaltungen, die bisher stattgefunden haben, und aus der Tagung, die heute hier zu Ende geht. Bevor ich ein Fazit ziehe, können wir jedoch gar nicht so sehr unter Zeitdruck geraten, als-dass wir darauf verzichten würden, uns zu bedanken. Es hat schon Tradition, dass die Kolleginnen und Kollegen, die diese Expertentagungen vor-bereiten und durchführen, sich mit denen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben, zu-sammensetzen, um die Folgetagung zu planen und durchzuführen. Das schafft die notwen-dige Kontinuität der Arbeit. Dieses ist auch diesmal so geschehen und deshalb gilt mein ganz besonderer Dank den Kol-leginnen aus dem ThiLLM, Frau Scheika und Frau Preller, der Kollegin und dem Kollegen im Hessischen Amt für Lehrerbildung in Fuldatal, Frau Huttel und Dr. Meder, sowie Frau Dr. Justus aus Hamburg, die alle zur Vorbereitung der Veranstaltung erheblich beigetragen ha-ben. Mein Dank gilt ferner denen, die sich als Niedersachsen beteiligt haben. Dies sind bei-spielsweise Herr Pabst und Herr Krause als Vertreter des Kooperationspartners BAK. Das gilt auch für die Kolleginnen Frau Jagau und Frau Simon, die Sie nicht namentlich kennen gelernt haben, für Frau Thomei, die die Videoaufnahmen erstellt hat, und für Herrn Müller, der das Vorhaben technisch unterstützt hat. Dazu gehören auch die Damen unseres Veran-staltungsmanagements, die mit der nötigen Routine und Erfahrung dafür sorgen, dass eine Veranstaltung reibungslos verläuft. Und mein Dank gilt denen, die sich inhaltlich eingelassen haben und für die Gesamtorganisation verantwortlich zeichneten, beispielsweise Herr Pro-kisch, Herr Seiffert und der, der mit viel Charme und Geschick mit dem Sozialisationhin-tergrund des erfahrenen Psychologen durch die Veranstaltung geführt hat, Piet Knorn, dem ich besonders zu danken habe. Ein Abschluss hier und jetzt kann nur ein persönlicher Eindruck sein und nicht die Zusam-menfassung, die später Gegenstand einer Dokumentation sein wird. Ich will auf vier Dinge hinweisen und damit erinnere ich an das, was ich zur Begrüßung zu sagen versucht habe. • Der besondere Glücksfall des KMK-Beschlusses vom 16.12.04 liegt aus meiner Sicht dar-

in, dass wir darin aufgefordert sind, uns um die inhaltlichen Zusammenhänge der Lehr-erbildung zu kümmern. Er liegt aber nicht nur in den Inhaltszusammenhängen und darin, dass mit ihm die Kooperation der verschiedenen Phasen der Lehrerbildung provoziert wird – übrigens nicht nur der ersten und zweiten Phase. Sie werden das in der gesamten Veranstaltung gespürt haben, und das gilt auch für den KMK-Beschluss: Die dritte Phase taucht häufig eher pflichtgemäß auf. Deshalb ist es mir besonders wichtig, auf diese dritte Phase hinzuweisen. Ich glaube, dass wir heute mehr denn je erkennen müssen, dass die Fort- und Weiterbildung keine ist, die man nur braucht, um Defizite der ersten beiden Phasen aufzuarbeiten, sondern sie muss konstitutiver Bestandteil der Lehrerbildung sein. Die Verortung bestimmter Inhalte der dritten Phase im Zusammenhang z.B. mit Grundsätzen der Organisationsentwicklung der eigenverantwortlichen Schule hat möglicherweise eher ihren didaktischen Ort in der dritten als in den ersten beiden Phasen.

• Es ist deutlich geworden, dass wir ein Gesamtcurriculum für die Lehrerbildung brauchen, und dazu gehören alle drei Phasen. Aber es ist auch deutlich geworden, dass wir dafür Strukturen brauchen, die diese Möglichkeiten der Entwicklung im inhaltlichen Bereich erst machbar machen. Um diese Strukturen müssen wir uns kümmern: Die Frage ist auch, wie wir den Kooperationsprozess und damit den Kommunikationsprozess zwischen den Phasen organisieren und dazu brauchen wir Verklammerungen. Denn ich bin davon über-zeugt, dass weder die Universitäten, noch die zweite Phase, noch die Fort- und Weiter-

112

bildung diese Leistung jeweils allein erbringen können. Ob wir dabei an Lehrerbildungszentren oder von einer besonderen Leistung von Landesämtern oder Landesinstituten denken, mag zunächst gleichgültig sein. Aber wir brauchen eine institutionalisierte Klammer für die drei Phasen, und dabei entsteht z.B. für die Landesämter - Frau Huttel wird mir gewiss zustimmen - eine Aufgabe, die an-spruchsvoller ist, nämlich inhaltsorientierter als das Organisieren von Ausbildungs- und Fortbildungsprozessen. Das heißt:

• Wir müssen den Kooperationsprozess befördern und • wir müssen Verantwortlichkeiten schaffen. Das besondere Problem des künftigen

Entwicklungsprozesses ist die Gefahr der Beliebigkeit von Verantwortlichkeiten. Das ist auf dieser Tagung besonders deutlich geworden. Erst wenn wir die Verbindlichkeit der Verantwortung geschaffen haben, erhält die künftige Entwicklung auch die notwendige Stringenz.

Frau Huttel und ich haben uns darauf verständigt, dass es zwei weitere Aspekte gibt, die in der Zukunft sicherlich noch intensiv bearbeitet werden müssen. Dazu wird Frau Huttel gleich etwas sagen. Dies ist zum Einen der Aspekt der Evaluation, der bislang noch zu kurz ge-kommen ist und von dem wir glauben, dass er besonders bearbeitet werden müsste und zum Anderen der Aspekt der Qualifizierung der Beteiligten. Denn die genannten Prozesse können nur gelingen, wenn wir uns alle auf den Stand von Qualifikation bringen, von dem wir nicht wie selbstverständlich voraussetzen dürfen, dass wir ihn heute schon besitzen. Vielen Dank. Marianne Huttel: An dieser Stelle möchte ich Sie zurückführen in das Jahr 2000. Es gab das Terhart-Gutachten „Perspektiven der Lehrerbildung“ und wir Fortbildner der Zweiten Phase haben uns gefragt, welche Ansprüche an die zweite Phase sind darin enthalten, welche Unterstüt-zungsmöglichkeiten und -formen müssen wir entwickeln, damit die neu definierten Anforde-rungen von der zweiten Phase angenommen werden können. Wir waren eine relativ kleine Gruppe aus den Ländern Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Aus dem Austausch auf der Unterstützerebene begann eine Serie von Veranstaltungen. Dieses hier ist die vierte. Wie arbeiten wir? Wir haben eine neue Form von Arbeitszusammenhang aufgebaut: Wir haben Arbeitsweisen der Vernetzung, des Austausches und der gemeinsamen Verant-wortung für die Tagungen. Wir haben immer versucht uns Rückmeldungen aus unserer Pra-xis zu geben und dabei auch aufgezeigt, welche Kooperationen wir zur ersten und zur dritten Phase haben. Wir hatten und haben ein hohes Arbeitsklima von Kollegialität. Es ist uns ge-lungen in unseren Planungen immer die Themen aufgegriffen haben, die Sie benötigten. Diese Prinzipien zeigten sich in allen Tagungen: Bei der ersten Tagung 2001 in Hessen „Qualität der zweiten Phase. Welche Rolle hat die Fortbildung bei der Entwicklung der Qualität?“ Nicht nur die Lehrerbildung der 1. Phase war eingebunden, sondern ein Prinzip unserer Tagungsplanung war und ist immer auch die Wirt-schaft anzufragen: VW-Coaching war anwesend. Im Jahr 2002 war das Thema „Diagnose“ - eine Grundkompetenz, die bei Lehrkräften viel zu wenig ausgebaut war und ist. Auch dort waren alle Phasen eingebunden - und wieder der Blick von außen, der Wirtschaft auf die Lehrerbildung: Herr Christiansen von der IHK Ham-burg und Herr Feuchthofen vom Hessischen Unternehmerverband. Wir suchen dieses Feed-back von außen. Das wird sich durchziehen bis in die nächste Tagung hinein, obwohl wir es dieses Mal nicht erleben konnten.

113

In Bad Berka (2004) hatten wir zum Thema „Personalentwicklung“ Unternehmensberatung eingeladen, denn Personalentwicklung ist das Thema. Die neuen Anforderungen, die Sie alle leisten sollen, beeinflussen die Weiterentwicklung Ihrer Organisationen. Damit wird dies dann Thema für die Fortbildung: Wie können wir den Unterstützungsbedarf so teil-nehmerorientiert und vom Bedarf der Organisationen her organisieren und finanziell absi-chern - das muss man auch sehen -, dass Lehrerbildung phasenübergreifend anders wird? In diesem Jahr arbeiteten wir zum Thema „Standards – Kompetenzen – Module“. Sie haben die Tagung erlebt und wir vom Vorbereitungsteam fragen uns: Wie geht es wei-ter? Welche Themen schwirren in Ihren Köpfen? Welche Themen sind aktuell? Im Vorge-spräch stuften wir unser Team schon als eine Begleitgruppe der KMK auf einer anderen Ebene ein: wir greifen auf, was die KMK uns gibt und versuchen das fortbildungsmäßig auf-zubauen. Wir möchten Sie bitten, in die Evaluation dieser Tagung zu formulieren, was Ihnen wichtig ist für die nächste Tagung im Jahr 2006. Für uns ist das zunächst das Thema „Evaluation“. Was heißt das für die Lehrerbildung? Au-ßerdem das Thema „Unterstützungssysteme“. Wie müssen diese Systeme reagieren auf die veränderten Ansprüche? Wie müssen wir seminarinterne Fortbildung organisieren? Semi-narübergreifende und wohl auch länderübergreifende Fortbildung. Neu kam das Thema „Was heißt eigentlich Forschung zur Lehrerbildung?“ Wie können wir diese Prozesse beforschen? Schreiben Sie alles in die Evaluationsbögen. Denn wir werden auf jeden Fall eine Tagung im Jahr 2006 haben. Wo sie stattfindet, ob im Norden oder im Süden, hängt auch davon ab, wie sie finanziert wird. Wir haben zwei Bundesländer, die eventuell den Stab übernehmen wer-den. Wir verraten in den nächsten Wochen, welches Land es ist. Damit sind wir am Ende angekommen. Auf meinem Zettel stehen noch rote Punkte: Wolfram Krause danken, er gehört mit zum Vorbereitungsteam, Teilnehmerwünsche abfragen, Ko-operation aufzeigen und Dank dafür, dass wir hier in Niedersachsen so aufgenommen wor-den sind. Wir fühlen uns hier als Team sehr wohl. Ich hoffe, Sie alle wieder zu sehen, entwe-der im Norden oder im Süden – im nächsten Jahr, im Februar 2006 - hoffentlich wieder mit so aktiven Teilnehmerinnen und Teilnehmern und phantastischen Referenten und Referen-tinnen, denn das bringt Qualität. Danke.

114

Auswertung zu den schriftlichen Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Es wurden 51 Fragebögen zurückgegeben. 33 Teilnehmer/innen, die antworteten, waren zufrieden bis voll zufrieden mit der Tagung ins-gesamt, mehrere schrieben als Anmerkung: Danke! oder Weiter so oder: BAK und NiLS – eine gute Kooperation oder ganz sachlich: Organisation in Ordnung. 30 waren mit der Ausschreibung und Anmeldung zufrieden, fast ebenso viele (29) waren mit der Zimmerreservierung und der Hotelunterkunft gut zufrieden. Einer schrieb: Kabarett war super. Yeah! Bei den Vorträgen war die Zustimmung nicht ganz so eindeutig. Volle Zustimmung erhielt Frau Prof. Gräsel von 22 Teilnehmern/innen, Herr Prof. Sonderegger von 35. Nur wenige waren gar nicht zufrieden – 2 bzw. 1 Teilnehmer äußerten Kritik: weder falsch noch neu oder zu wenig neue Information. Eine ganze Reihe von Rückmeldebogen notierten für beide Vorträge: informativ und unterhaltend und beeindruckende positive Beispiele. Für beide aber auch der Hinweis: Das Plenum sollte mehr aktiviert werden. Ähnlich unterschiedlich waren auch die Reaktionen auf die einzelnen Workshops. 33 Teilnehmer/innen waren insgesamt zufrieden bis hoch zufrieden, aber 9 waren gar nicht zufrieden, 9 gaben mittlere Bewertungen ab. Die Einzelaussagen zu den Workshops variieren deutlich. Auch wenn bei vielen die Erwartungen erfüllt oder hoch erfüllt wurden und hervorragende Präsentation und Diskussion gelobt wurden, gab es doch auch klare Kritik: Die Arbeitsgrup-pen sollten mehr Erfahrungsaustausch zulassen, die Moderatoren sollten weniger Redean-teile haben. Eine Teilnehmerin notierte: Ständige Relativierungen der Aussagen, ineffiziente Informati-onsblöcke und das war pädagogischer Stammtisch. Es wurden handouts für alle workshop-Teilnehmer gefordert und ein mehr strukturierter Erfahrungsaustausch der Teilnehmer unter-einander. Wie wichtig war den Teilnehmern, dass die Beiträge aus der Tagung ins Internet gestellt werden? Für 9 war es (gar) nicht wichtig, für 18 wichtig (Aber nicht erst in 2 Monaten). Interessant war die Alterszusammensetzung (nach den Rückmeldebogen, die dazu Anga-ben machten): 7 waren 40 Jahre alt und älter, 20 waren 50 Jahre und älter und 9 waren älter als 60 Jahre. Dieses hohe Durchschnittsalter kann mit den Funktionen erklärt werden, die die Teilnehmer ausüben: 19 sind Fachleiter/innen an Seminaren, 16 sind Seminarleiter/innen, 2 sind Schulleiter, 7 sind an Landesinstituten für Lehrerbildung tätig. Nicht alle Teilneh-mer/innen haben ihre Funktion angekreuzt, so dass die Zuordnung zu einem Landesinstitut nicht immer erkennbar ist. Welche Themen schlagen die Teilnehmer/innen für die nächste Expertentagung vor? Am häufigsten genannt wurde Evaluation als Wirksamkeitsanalyse in allen gegenwärtig ak-tuellen Arbeitsfeldern der Lehrerbildung. • Evaluation der Module • Evaluation der Ausbildungsstandards und ihrer Umsetzung in den Ländern • Evaluation der institutionellen Standards • Evaluation der Studienseminare

115

Fortbildung und Unterricht, Entwicklung und Überprüfung der Kooperationsstrukturen in ei-nem Seminar und zwischen Seminaren, Zusammenarbeit zwischen den Fachseminaren und den Pädagogikseminaren. Eine Teilnehmerin schlägt als Thema vor: Kompetenzwicklung der angehenden Lehrer/in als Prozess von der ersten bis zur dritten Phase so zu beschreiben, dass Wegmarken erkennbar sind. Es müsste gezeigt werden, wie das für die individuelle Kompetenzentwicklung nutzbar zu machen ist. Mehrere Vorschläge zielen auf die dringend notwendige Entwicklung von fachspezifischer Umsetzung der Ausbildungsstandards, andere fordern das Thema Forschungsprojekte in Schulpädagogik und Fachdidaktik mit ernsthafter Beteiligung der Seminare. Außerdem wurde eine Vielzahl von Einzelvorschlägen gemacht – hier die m. E. Wichtigsten: • Konsequenzen des Themas für Prüfungsstrukturen und Beurteilung • Erfahrungsaustausch fortsetzen • Berufsfeldanalyse • Fortbildung der Ausbilder/innen • Tiefenstrukturen des Unterrichts • Diagnosekompetenzen • Binnendifferenzierung als Förderkonzept • Konkrete Erarbeitung von Umsetzungsmöglichkeiten der Verzahnung

von 1./2./3. Phase. Vorschläge für die Organisation der 5. Expertentagung: • Mehr Arbeitsgruppen, weniger Vorträge (dieser Vorschlag bezieht sich offensichtlich nur

auf die Moderatoren der Workshops und gibt die Meinung wider, die Moderatoren hätten zu lange vorgetragen – siehe folgender Punkt)

• keine Referate in den Workshops, nur ein kurzes Statement zu Beginn • mehr wirkliche Gruppenarbeit • Präsentation der Arbeitsergebnisse mit Postern auf Stellwänden • Weniger Zeit geben für Berichte aus den Arbeitsgruppen

116

Teilnehmerliste Holger Barsch Ellrich Christa Becker Jever Dr. Manfred Beeck Stadthagen [email protected] Dr. Wolfgang Beese Erfurt [email protected] Dr. Stefanie von Berg Stade stefanie.vonberg@studienseminar-

stade.de Dr. Hedda Beuchel Leipzig [email protected] Peter Börs Osnabrück peterboers@seminar-os-

ghrs.niedersachsen.de Silke Brinkschmidt Osnabrück sil-

[email protected] Heinz-Wilhelm

Brockmann Hannover

Elke Brunkenhövers Göttingen brunkenhö[email protected] Sabine Burchardt Eisenach [email protected] Tilo Bürgel Hofheim [email protected] Horst Doberstein Osnabrück horst.doberstein@seminar-os-

so.niedersachsen.de Wolfgang Dorn Verden poststelle@seminar-verd-

lgym.niedersachsen.de Ute Ebert Eschborn [email protected] Helma Eckardt Rüsselsheim [email protected] Verona Eisenbraun Rüsselsheim [email protected] Renate Elbel Erfurt [email protected] Barbara Fahlandt Hamburg [email protected] Hans-Jürgen Fanselow Hannover [email protected] Viola Flehmig Göttingen [email protected] Dr. Thomas Fleischer Osnabrück Dr. Silvia Frank Erfurt [email protected] Prof. Dr. Cornelia Graesel Saarbrücken [email protected] Ulrike Greve Gera [email protected] Ilka Gropengießer Bremen [email protected] Friedrich Harbrucker Berlin Uwe Heidborn Göttingen [email protected] Sabine Heinen-Ludzuweit Hamburg [email protected] Dr. Sigrid Hermes Rostock [email protected] Prof. Dr. Jürgen Heumann Oldenburg [email protected] Hoffmann Gifhorn [email protected] Klaus Höhmann Kassel [email protected] Marianne Huttel Fuldatal [email protected] Prof. Volker Huwendiek Karlsruhe volker.huwendiek@seminar-gym-

ka.kv.bwl.de Götz von Ilsemann Hildesheim [email protected] Hans-Jürgen Jagau Hildesheim Hans-Juergen.Jagau@seminar-hi-

lbs.Niedersachsen.de Andreas Janocha Salzgitter [email protected] Dirk Jareis Göttingen Steffi Jünemann Erfurt [email protected] Brunhilde Juraschek Göttingen [email protected] Christian Just Hameln [email protected]

117

Dr. Monika Justus Hamburg [email protected] Dr. Elke Kaiser München [email protected] Dr. Hanna Kiper Oldenburg [email protected] Dr. Heino Klemenz Stade heino.klemenz@seminar-std-

ghrs.niedersachsen.de Dr. Peter Knorn Hildesheim [email protected] Axel Knüppel Kassel [email protected] Wolfram Krause Wunstorf wolfram.krause@seminar-wn-

ghrs.niedersachsen.de Doris Krupp Hildesheim [email protected] Elfriede Kuntz Karlsruhe Andrea Langlotz Wutha-F. [email protected] Uwe Leischner Hamburg [email protected] Birgit Leunig Verden be.leunig@seminar-ver-

ghrs.niedersachsen.de Bernd Lohse Hannover [email protected] Dr. Bernd Dr. Lübben Hannover [email protected] Joachim Lührs Hamburg [email protected] Ute Magiera Hameln ute.magiera@seminar-hm-

ghrs.niedersachsen.de Ingrid Mark Königstein [email protected] Dr. Oskar Dr. Meder Fuldatal [email protected] Prof´n Frauke Mühle-Bohlen Freiburg [email protected] Gisela Münter-Hoff Helmstedt [email protected] Marianne Munzinger-Jothe Cuxhaven murjo.studienseminar-

[email protected] Werner Niermann Hildesheim [email protected] Dr. Holger Nüstedt Wilhelmshaven [email protected] Waltraud Oeffner Hannover waltraud.oeffner@br-

h.niedersachsen.de Ursula Oehring Braunschweig ursula.oehring@br-

bs.niedersachsen.de Aart Pabst Hamburg [email protected] Jochen Pabst Bad Salzdetfurth [email protected] Marianne Paul Stade [email protected] Karl-Heinz Pfeffer Hannover Rainer Pillmann-Wesche Hamburg rainer.pillmann-wesche@li-

hamburg.de Christian Plien Stadthagen [email protected] Irmgard Pöling Meppen [email protected] Friederike Preller Bad Berka Dieter Prokisch Hildesheim [email protected] Ernst Puschmann Hannover Dr. Roswitha Radisch Dresden [email protected] Dorothea Ratke Göttingen [email protected] Petra Rickmann Stadthagen [email protected] Karin Rohrlack Potsdam [email protected] Doris Rommel Nazza [email protected] Wolfgang Rupp Frankfurt [email protected] Carolin Schaper Salzgitter [email protected] Heike Scheika Bad Berka [email protected] Georg Anselm Schiele Gießen [email protected]

118

Ulrich Schmermund Marburg [email protected]

Wolfgang Schülting-Enkler Marburg [email protected] Prof. Annemarie Schupp Esslingen [email protected] Kristiane Seidel Wunstorf [email protected] Dietmar Seiffert Hildeshem [email protected] Dr. Johann Sjuts Oldenburg [email protected] Prof. Dr. Jürg Sonderegger Rorschach [email protected] Dr. Detlef Spindler Oldenburg [email protected] Kerstin Stamm Göttingen [email protected] Joachim Steinmetz Alfeld [email protected] Andreas Stephan Berlin [email protected] Edwin Stiller Soest [email protected] Sven Stötzer Erfurt [email protected] Dr. Uwe Synowski Wolfsburg [email protected] Dr. Sigrid Vogel Göttingen [email protected] Arnold Wagener Göttingen [email protected] Geli Wald Oldenburg [email protected] Jutta Welp-Gies Hannover [email protected] Dr. Christa Westphal-Schmidt Wolfsburg Christa.Westphal-

[email protected]

Hermann Wilmes Meppen [email protected] Wölms Greifswald Jens Wötzel Goslar poststelle@seminar-gs-

ghrs.niedersachsen.de Dr. Charlotte Zwack-Stier Marburg [email protected]