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Leberfi brose: von der Pathologie zu den Therapiemöglichkeiten · tion der Noxe, z. B. Alkoholkarenz bei äthyltoxischer Zirrhose, allein nicht zur Rückbil-dung der Fibrose oder

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Fragebeantwortung unter

www.falkfoundation.de

Falk Gastro-Kolleg

Titelbild: Fibrotisch umgebautes Lebergewebe (rot: Kollagenfasern in der Sirius-Rot-Färbung). Typischerweise überbrücken die Narbenstränge benachbarte Portalfelder, während die Zentralvene in der Frühphase der Fibrose meist ausgespart bleibt.

Leberfi brose: von der Pathologie zu den TherapiemöglichkeitenZusammenfassung

Die Leberfibrose ist die gemeinsame Endstrecke chronischer Lebererkrankungen. Sie beschreibt die fortschreitende bindegewebige Vernarbung (Fibrose) bis hin zur komplet-ten Zerstörung der Organarchitektur durch Narbengewebe (Zirrhose). Die enge inter-disziplinäre Zusammenarbeit zwischen klinischen Hepatologen und Molekularbiologen, Immunologen und anderen Fachdisziplinen hat zu einem tiefgehenden Verständnis der komplexen und dynamischen Pathomechanismen der Leberfibrose geführt. Dies hat zum einen die klinischen Algorithmen zur Diagnostik verbessert, weil neben der Leber-histologie (Leberbiopsie) nun auch Serum-Biomarker und nicht-invasive Techniken wie die transiente Leberelastografie (FibroScan®) zur Verfügung stehen. Zum anderen werden zahlreiche innovative antifibrotische Therapieansätze in früheren Phasen klinischer Studien geprüft. Diese umfassen beispielsweise die Inhibition der Rekrutierung von Entzündungs-zellen in die Leber, z. B. über Chemokin-Antagonisten gegen CCR2 (Cenicriviroc) oder die Inhibition der Aktivierung von Makrophagen, z. B. über Galectin-3-Inhibitoren. Synthetische Gallensäuren, z. B. Obeticholsäure, zeigten vielversprechende Vorergebnisse bei der nicht-alkoholischen Fettleberhepatitis (NASH) mit Fibrose. Auch die extrazelluläre Matrix selbst, die vor allem durch Kollagene gebildet und Kreuzvernetzungen stabilisiert wird, lässt sich möglicherweise therapeutisch durch Antikörper, z. B. gegen LOXL2 (Simtuzumab), angreifen. Bis endgültige Ergebnisse dieser laufenden Studien vorliegen, bleiben die erfolgreiche Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung und als Ultima Ratio die Lebertransplantation die Therapien der Wahl für die Leberfibrose.

Schlüsselwörter

Leberfibrose | FibroScan® | Matrix | Myofibroblasten | Makrophagen | klinische Studien | Obeticholsäure

Falk Gastro-Kolleg

Leber und Gallenwege

Prof. Dr. Ralf WeiskirchenInstitut für Molekulare Pathobiochemie, Experimentelle Gentherapie und Klinische ChemieUniversitätsklinikum RWTH AachenPauwelsstr. Aachen

Prof. Dr. Frank Tacke*Medizinische Klinik IIIUniversitätsklinikum RWTH AachenPauwelsstr. Aachen

*Korrespondierender Autor

Prof. Dr. R. Weiskirchen Prof. Dr. F. Tacke

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Leberfibrose: von der Pathologie zu den Therapiemöglichkeiten

Pathophysiologie der Leberfibrose

Unterschiedliche Noxen führen zu einer anhaltenden Leberschädigung, z. B. metabo-lische Störungen (nicht-alkoholische Fettleberhepatitis, NASH), Virushepatitis (Hepa-titis B und C), Cholestase, Alkoholabusus und genetische Prädisposition (Hämochroma-tose u. a.). Dies bedingt zunächst eine chronische Entzündungsreaktion in der Leber, wodurch eine Wundheilungsreaktion initiiert wird. Unbehandelt führt diese wiederum zu einer bindegewebigen Vernarbung des Organs, die Leberfibrose, und konsekutiv zur Zirrhose, dem kompletten architektonischen Umbau mit konsekutivem Funktions-verlust der Leber [1]. Die typische Sequenz der Progression von Lebererkrankungen über chronische Entzündung zur Fibrose und Zirrhose ist durch ein komplexes Zu-sammenspiel verschiedener Zelltypen und löslicher Faktoren gekennzeichnet (Abb. 1). Eine anhaltende Leberschädigung bewirkt die Freisetzung sogenannter Danger-Sig-nale (Pathogen-/Danger-Associated Molecular Patterns, PAMPs/DAMPs) aus Hepatozyten und nicht-parenchymalen Leberzellen (Sternzellen, Kupffer-Zellen, Gefäßendothel). Diese PAMPs und DAMPs werden von Zellen des Immunsystems erkannt, wodurch inflammatorische Signalwege aktiviert und lösliche Mediatoren der Entzündungsreak-tion (Zytokine, Chemokine) freigesetzt werden. Dies führt in der Folge zu einer massi-ven Rekrutierung von Entzündungszellen aus dem Blut (u. a. Monozyten, Granulozyten, Lymphozyten). Sowohl lebereigene (z. B. Kupffer-Zellen) als auch infiltrierende Immun-zellen (vor allem Monozyten-abhängige Makrophagen) erzeugen ein hochinflamma-torisches und profibrogenes Umfeld, wodurch ruhende hepatische Sternzellen aktiviert und zur Transdifferenzierung in Myofibroblasten angeregt werden. Diese Myofibro-blasten sind die hauptsächlichen Matrix-produzierenden Zellen, haben darüber hin-aus aber auch immunmodulatorische Funktionen [2].

Zelluläre und molekulare Mechanismen der Fibroseentwicklung. Die Kommunikation vieler Zellen ist entscheidend für die Regression einer Leberfibrose. Geschädigte Hepatozyten, aktiviertes Endothel und aktivierte Makrophagen (Kupffer-Zellen) sezernieren viele proinflammatorische Entzündungssignale (Zytokine, Chemokine). Dies führt zu einer starken Infiltration von Immun-zellen. In der Folge transdifferenzieren hepatische Sternzellen zu kollagenproduzierenden Myofibroblasten aus und bilden extrazelluläre Matrix. Wird der Schaden erfolgreich gestoppt, so ist ein Großteil dieser Prozesse reversibel. Hieraus ergeben sich zahlreiche Ansatzpunkte für neue Therapien.

P Die Progression von Lebererkran­kungen über chronische Entzündung zur Fibrose und Zirrhose ist durch ein komplexes Zusammenspiel verschiede­ner Zelltypen und löslicher Faktoren gekennzeichnet.

Abb. 1

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Diagnose der Leberfibrose

Als diagnostischer Goldstandard für die Diagnose und die Einschätzung des Schwere-grads (Staging) der Leberfibrose gilt seit Jahrzehnten die histologische Beurteilung der Leberbiopsie [3]. Hierzu werden typischerweise Kollagenfaserfärbungen (z. B. Sirius-Rot, Ladewig-Färbung, Kollagenimmunhistochemie) eingesetzt (s. Titelbild). Allerdings hat die Leberbiopsie prozedurbedingte Risiken (z. B. Nachblutungsrisiko) und zeigt nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Leber. Deswegen wurden in den letzten Jahren neue nicht-invasive Verfahren entwickelt, die eine hilfreiche Ergänzung darstellen. Diese umfassen beispielsweise neue Biomarker, die aus dem Serum bestimmt werden kön-nen und mit Kollagengehalt, Fibroseaktivität und Entzündung assoziiert sind. Typi-scherweise werden mehrere Biomarker in einem Score integriert. Beispiele hierfür sind der Enhanced Liver Fibrosis (ELF)-Score, der FibroTest oder der Forns-Index [4]. Dane-ben gibt es neue physikalische Techniken, um die Lebersteifigkeit mittels transienter oder Scherwellenelastografie (SWE) zu bestimmen. Am weitesten verbreitet ist die transiente Leberelastografie mittels FibroScan®, welche die Ausbreitung einer mecha-nischen Welle mittels Ultraschall im Lebergewebe nachverfolgt (Abb. 2). Diese Metho-den sind insbesondere für die Leberfibrose bei Virushepatitis sehr gut etabliert. Daher empfiehlt die Europäische Lebergesellschaft (European Association for the Study of the Liver, EASL) in ihren aktuellen Leitlinien primär den Einsatz nicht-invasiver Ver-fahren (meist Kombination aus 2 Methoden) zur Feststellung einer fortgeschrittenen Leberfibrose bei Hepatitis B oder C (Abb. 3) [3]. Wenn beispielsweise 2 nicht-invasive Methoden (z. B. FibroScan® und ELF-Score) bei einem Patienten mit Hepatitis C kon-kordant eine fortgeschrittene Fibrose oder sogar Zirrhose anzeigen, muss nach Emp-fehlung der EASL keine Leberbiopsie zur Diagnosesicherung erfolgen.

Nicht-invasive Diagnostik der Leberfibrose mittels transienter Elastografie. Die Leberelastizitäts-messung (FibroScan®) erlaubt bei vielen Patienten eine schnelle Einschätzung des Schweregrads der Fibrosierung. Hierbei wird die Propagation einer mechanischen Welle durch das Lebergewebe gemessen. (A) Dargestellt ist die typische Untersuchungssituation an einem gesunden Probanden. (B + C) Repräsentative Messergebnisse der Lebersteifigkeit eines gesunden Probanden (B) sowie einer Patientin mit Hepatitis-C-bedingter Leberzirrhose (C).

A B

C

P Neben der Leberhistologie werden in aktuellen Leitlinien neue nicht­invasive Verfahren wie Serummarker und Lebersteifigkeitsmessung zur Diagnose der Leberfibrose empfohlen.

Abb. 2

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Etablierte Therapieansätze zur Leberfibrose

Derzeit sind 2 Therapieansätze zur Behandlung der Leberfibrose etabliert: 1.) die er-folgreiche Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung und 2.) die Leber-transplantation als kuratives Verfahren der Zirrhose im Endstadium. Aufgrund des Organmangels und der Schwere des operativen Eingriffs ist die zweite Option sicher-lich nur für sehr wenige betroffene Patienten verfügbar. Dass eine erfolgreiche Thera-pie der ursächlichen Lebererkrankung sogar zu einer Rückbildung (Regression) einer fortgeschrittenen Fibrose oder Zirrhose führen kann, ist mittlerweile durch zahlreiche Studien eindrucksvoll belegt [5]:

• Bei Hepatitis-B-Virus (HBV)-infizierten Patienten führt die erfolgreiche Virussuppres-sion durch Tenofovir in 75% der Fälle innerhalb von 5 Jahren zu einer histologischen Reversion der Zirrhose [6].

• Durch eine erfolgreiche Gewichtsreduktion mit diätetischen Maßnahmen und Sport kann sich eine Leberfibrose bei NASH-Patienten zurückbilden [7].

• Bei Hepatitis-C-Virus (HCV)-infizierten Patienten mit fortgeschrittener Fibrose lässt sich durch erfolgreiche Viruseradikation das Auftreten zirrhosebedingter Komplikationen drastisch reduzieren [8].

Diese Beispiele zeigen klar, dass eine Leberfibrose prinzipiell reversibel ist. Dennoch gelingt es nur bei einem Teil der Patienten, die Lebererkrankung kausal zu eliminieren. Außerdem scheint es einen Point of no Return zu geben, bei dem eine reine Elimina-tion der Noxe, z. B. Alkoholkarenz bei äthyltoxischer Zirrhose, allein nicht zur Rückbil-dung der Fibrose oder Zirrhose führt [5]. Daher gibt es enorme Anstrengungen, neue spezifisch antifibrotische Therapien zu entwickeln.

Neue Therapieansätze zur Leberfibrose

Die klinische Beobachtung der Fibroseregression hat wesentliche Forschungsimpulse geliefert, sodass die molekularen und zellulären Mechanismen nun zunehmend bes-ser verstanden werden. 4 Mechanismen wurden hierbei beschrieben, aus denen sich

Implementation nicht-invasiver Fibrosedetektion im klinischen Alltag. In der aktuellen EASL-Leit-linie wird empfohlen, bei Patienten mit Hepatitis C primär nicht-invasive Techniken zur Fibrose-detektion einzusetzen. Hierbei wird die Kombination zweier Verfahren, z. B. FibroScan® (s. Abb. 2) und Serummarker, gefordert. Bei konkordanten Befunden kann entweder eine fortgeschrittene Fibrose oder Zirrhose detektiert bzw. ausgeschlossen werden. Algorithmus nach [3]. SWE = Scherwellenelastografie.

Patient mit Hepatitis C

Wiederholung der Untersuchung

keine schwere Fibrose oder

Zirrhose

fortgeschrittene Fibrose oder

Zirrhose

keine Leberbiopsieantivirale Therapie

Screening auf VarizenScreening auf HCC

keine LeberbiopsieVerlaufskontrollen oder

antivirale Therapie

2 nicht-invasive Tests: FibroScan®/SWE und

Serum-Biomarker

Diskordanz

Diskordanz

Leberbiopsie (falls therapeutische

Konsequenz)

Konkordanz

Abb. 3

P Auch eine fortgeschrittene Leber­fibrose kann sich durch erfolgreiche Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung zurückbilden.

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neue Therapieansätze ableiten lassen [9]: 1.) Die Schädigung sistiert (spontan oder unter Therapie) oder nimmt zumindest signifikant ab. 2.) Die beteiligten Entzündungs-zellen in der Leber, vor allem die Makrophagen, verändern ihre Funktion und produ-zieren verstärkt antiinflammatorische Mediatoren sowie fibrolytische Enzyme (sog. Matrixmetalloproteinasen). 3.) Die Myofibroblasten, die die extrazelluläre Matrix syn-thetisieren, sterben oder wandeln sich in ruhende Sternzellen um. 4.) Die Fibrose- assoziierten überschüssigen Matrixproteine werden abgebaut. Eine Reihe innovativer Substanzen, die an unterschiedlichen Punkten der Pathophysiologie ansetzen, werden aktuell in früheren Phasen der klinischen Prüfung erprobt (Tab. 1) [10].

Auswahl innovativer Therapieansätze für chronische Lebererkrankungen mit antifibrotischer Wirkkomponente

Substanz Mechanismus Phase der klinischen Prüfung*

Obeticholsäure FXR-Agonist III

Px-104 FXR-Agonist II

GFT505/Elafibranor PPAR-α/δ-Agonist II

Cenicriviroc Chemokinrezeptor CCR2/CCR5-Antagonist

II

GR-MD-02 Galectininhibitor II

Simtuzumab Monoklonaler Antikörper gegen Lysyl Oxidase-Like 2 (LOXL2)

II

Liraglutid GLP-1-Analog II

*die meisten Studien hierzu werden im Krankheitsbild NASH durchgeführt

Synthetische Gallensäurederivate

Neben ihrer emulgatorischen Wirkung für die Fettverdauung erfüllen Gallensäuren überaus wichtige regulatorische Funktionen im Stoffwechsel der Leber. Dieses ge-schieht hauptsächlich über die Bindung von Gallensäuren an nukleäre Hormonrezep-toren wie dem Farnesoid-X-Rezeptor (FXR). Die Aktivierung dieser FXR-abhängigen Signalwege führt zu verbesserter Insulinresistenz und Glukoseverstoffwechselung, reduzierter hepatischer Lipogenese und erhöhter mitochondrialer β-Oxidation freier Fettsäuren sowie antientzündlicher Effekte in Leber und Darm (Abb. 4) [11]. Ursodesoxy-cholsäure (UDCA), das Therapeutikum der Wahl bei primär biliärer Cholangitis (PBC), hat nur eine sehr geringe FXR-stimulierende Aktivität und wird für die Fibrosetherapie, z. B. der NASH, nicht empfohlen [12]. Die Substanz Obeticholsäure hingegen ist eine halbsynthetische Gallensäure mit sehr hoher FXR-aktivierender Wirkung. In einer klini-schen Studie (Phase II) bei Patienten mit NASH zeigte sich bereits in der Zwischenaus-wertung, dass eine Behandlung mit Obeticholsäure über 72 Wochen gegenüber Pla-cebo die NASH-Histologie signifikant verbesserte (bei 50 [45%] von 110 vs. 23 [21%] von 109 Patienten) und gleichzeitig bei 35% der Patienten (gegenüber 19% im Placeboarm) zu einer Verbesserung des Fibrosegrads um mindestens 1 Punkt führte [13]. Wichtige Nebenwirkungen der Obeticholsäuretherapie sind allerdings Juckreiz und eine LDL-Cholesterinerhöhung. Aktuell werden deswegen neben der Obeticholsäure auch ande-re FXR-Agonisten untersucht (z. B. Px-104, s. Tab. 1). Obeticholsäure selbst wird in einer auf mehr als 4 Jahre angelegten multizentrischen Phase-III-Studie bei Patienten mit NASH und Leberfibrose geprüft (Regenerate-Studie).

P Innovative Substanzen mit unter­schiedlichen Wirkmechanismen sind derzeit in früheren Phasen der klinischen Prüfung.

Tab. 1

P Gallensäurederivate mit agonistischer Wirkung am Farnesoid­X­Rezeptor können die Leberfibrose bei Patienten mit metabolischen Lebererkrankungen günstig beeinflussen.

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Inhibitoren der Makrophagen

Aufgrund der zentralen Rolle der Makrophagen erscheint es vielversprechend, ent weder ihre Infiltration ins geschädigte Lebergewebe oder ihre inflammatorische Funk tion zu hemmen. Ein Großteil der Lebermakrophagen in der Fibrose stammt aus einwandern-den Monozyten, welche über das Chemokin (= chemotaktischer Zytokinbotenstoff ) CCL2 in die Leber rekrutiert werden [14]. Cenicriviroc ist ein Chemokinrezeptor-Blocker für die gezielte Hemmung dieses Signalwegs (CCR2/CCR5) auf Monozyten und wird derzeit in einer klinischen Phase-II-Studie bei Patienten mit NASH und Fibrose getestet (Centaur-Studie, s. Tab. 1). Erste Ergebnisse werden für Ende 2016 erwartet. Ein weiterer Inhibitor der Makrophagenaktivierung, welcher das entzündungsassoziierte Molekül Galectin-3 blockiert, befindet sich ebenfalls in klinischen Studien bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose und Zirrhose [15].

Metabolisch wirksame Substanzen

Das Darmhormon GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) wird bei Nahrungsaufnahme freigesetzt und bewirkt eine verstärkte Insulinsekretion. In einer neuen, viel beachteten Studie konnte der erfolgreiche Einsatz von GLP-1-Agonisten, sogenannten Inkretinmimetika, bei der NASH gezeigt werden [16]. Die Behandlung mit Liraglutid über 1 Jahr verbes-

Potenzielle antifibrotische Wirkung synthetischer Gallensäuren als FXR-Agonisten. Farnesoid-X-Rezeptoren (FXR) sind nukleäre Rezeptoren, die als physiologische Sensoren für Gallensäuren fungieren. Ursodesoxycholsäure (UDCA) besitzt eine geringe FXR-stimulierende Aktivität, wohin-gegen Obeticholsäure als sehr starker FXR-Agonist wirkt. Die Bindung von Gallensäuren an FXR führt zur Aktivierung, Dimerisierung und nukleären Translokation dieses nukleären Rezeptors. Dort kann er seine Wirkung als Transkriptionsfaktor entfalten. Die Genaktivierung verschiedens-ter Zielgene führt in der Folge zu einer Fülle von Effekten, die eine Reduktion der Fibrose hervor-rufen. Die Proteinstruktur wurde aus den Röntgenstrukturdaten des humanen FXRs, die in der RCSB-Protein-Datenbank unter der Access. No. 3OMK hinterlegt sind, unter Verwendung des Pro-gramms Ribbons XP (Version 3.0) gefertigt. Strukturelle Details zu den FXR-Rezeptoren und ihren Agonisten sind in der Vergangenheit intensiv untersucht worden [18]. Die Strukturen von Obetichol-säure (CAS 459789-99-2) und UDCA (CAS 128-13-2) wurden mit Jmol (Version 14.2.15) erstellt.

Obeticholsäure(CAS 459789-99-2)

Ursodesoxycholsäure(CAS 128-13-2)

Human FXR(PDB: 3OMK)

sehr geringe FXR-stimulierende Aktivität

sehr hohe FXR-stimulierende Wirkung

FXR-Bindung

Dimerisierung/nukleäre Translokation

Genaktivierung

• verbesserte Insulinresistenz• verbesserte Glukoseverstoffwechselung• reduzierte hepatische Lipogenese• erhöhte mitochrondriale β-Oxidationvon Fettsäuren

• antientzündliche Effekte auf Leberund Darm

• verbesserte Gallensäurehomöostase• reduzierte Fibrose

Abb. 4

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serte signifikant das Körpergewicht und die metabolischen Parameter, während die Progression der Leberfibrose gehemmt wurde [16]. Der duale PPAR-α/δ-Agonist Elafi-branor verbessert metabolische Biomarker, konnte in einer ersten Phase-II-Studie die Fibrose aber nur bei einem kleinen Teil der behandelten Patienten positiv beeinflussen (s. Tab. 1).

Matrix­Fibrolytika

Obgleich die hepatischen Sternzellen und Myofibroblasten so zentral für die Entwick-lung der Leberfibrose sind, ist die therapeutische Beeinflussung ihrer Funktionen der-zeit nicht möglich. Auch direkt fibrolytische Substanzen oder Antikörper gegen Kolla-gene haben die Erwartungen bislang nicht erfüllt [10]. Als vielversprechendster Ansatz erscheint insbesondere die Auflösung stabilisierender Kreuzvernetzungen zwischen den Fasern der extrazellulären Matrix. Ein Antikörper gegen das Matrix-stabilisierende Enzym LOXL2 (Lysyl Oxidase-Like 2, Simtuzumab) richtet sich gezielt gegen diese pathologische Kreuzvernetzung der Kollagenfasern in der Fibrose und wird derzeit an Patienten erprobt [17].

Fazit

Die Leberfibrose als gemeinsame Endstrecke chronischer Lebererkrankungen stellt eine große Herausforderung im klinischen Alltag dar. Das verbesserte Verständnis der Pathologie von Leberentzündung und -fibrose führte zu neuen Algorithmen für die nicht-invasive Diagnostik und zahlreichen innovativen Therapieansätzen. Obwohl der rege Wissenstransfer von der Grundlagenwissenschaft in die klinische Prüfung sehr vielversprechend ist, sind die Applikationsdauer, die Auswahl geeigneter Patientinnen und Patienten für spezifische Ansätze und die relevanten Endpunkte noch nicht ab-schließend definiert. Bis endgültige Ergebnisse dieser laufenden Studien vorliegen, bleiben die erfolgreiche Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung sowie als Ultima Ratio die Lebertransplantation die Therapien der Wahl für die Leberfibrose.

Danksagung

Die Autoren danken Frau Sabine Weiskirchen für die Hilfe beim Erstellen der Abbildun-gen. Beide Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Förderung von Projekten zur Leberfibrose (SFB/TRR 57).

InteressenkonflikteFrank Tacke ist Investigator in klinischen Studien zu antifibrotischen Therapien, die Präparate der Firmen Tobira und Intercept untersuchen. Frank Tacke hat Forschungsförderung von den Firmen Noxxon und Tobira erhalten. Ralf Weiskirchen kooperiert mit der Fa. Silence Therapeutics.

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Zu empfehlende Literatur

1 Trautwein C, Friedman SL, Schuppan D, Pinzani M. Hepatic fibrosis: Concept to treatment. J Hepatol. 2015;62(1 Suppl):S15–24.

2 Weiskirchen R, Tacke F. Cellular and molecular functions of hepatic stellate cells in inflammatory responses and liver immunology. Hepatobiliary Surg Nutr. 2014;3(6):344–63.

3 European Association for Study of Liver; Asociacion Latinoamericana para el Estudio del Higado. EASL-ALEH Clinical Practice Guidelines: Non-invasive tests for evaluation of liver disease severity and prognosis. J Hepatol. 2015;63(1):237–64.

4 Patel K, Bedossa P, Castera L. Diagnosis of liver fibrosis: present and future. Semin Liver Dis. 2015;35(2):166–83.

5 Ellis EL, Mann DA. Clinical evidence for the regression of liver fibrosis. J Hepatol. 2012;56(5):1171–80.

6 Marcellin P, Gane E, Buti M, Afdhal N, Sievert W, Jacobson IM, et al. Regression of cirrhosis during treatment with tenofovir disoproxil fumarate for chronic hepatitis B: a 5-year open-label follow-up study. Lancet. 2013;381(9865):468–75.

7 Vilar-Gomez E, Martinez-Perez Y, Calzadilla-Bertot L, Torres-Gonzalez A, Gra-Oramas B, Gonzalez-Fabian L, et al. Weight loss through lifestyle modification significantly reduces features of nonalcoholic steatohepatitis. Gastroenterology. 2015;149(2):367–78.e5.

8 van der Meer AJ, Veldt BJ, Feld JJ, Wedemeyer H, Dufour JF, Lammert F, Duarte-Rojo A, et al. Association between sustained virological response and all-cause mortality among patients with chronic hepatitis C and advanced hepatic fibrosis. JAMA. 2012;308(24):2584–93.

9 Tacke F, Trautwein C. Mechanisms of liver fibrosis resolution. J Hepatol. 2015;63(4):1038–9.

10 Schuppan D, Kim YO. Evolving therapies for liver fibrosis. J Clin Invest. 2013;123(5):1887–901.

11 Ratziu V, Goodman Z, Sanyal A. Current efforts and trends in the treatment of NASH. J Hepatol. 2015;62(1 Suppl):S65–75.

12 Roeb E, Steffen HM, Bantel H, Baumann U, Canbay A, Demir M, et al. S2k-Leitlinie nicht alkoholische Fettlebererkrankungen. Z Gastroenterol. 2015;53(7):668–723.

13 Neuschwander-Tetri BA, Loomba R, Sanyal AJ, Lavine JE, Van Natta ML, Abdelmalek MF, et al. Farnesoid X nuclear receptor ligand obeticholic acid for non-cirrhotic, non-alcoholic steatohepatitis (FLINT): a multicentre, randomised, placebo-controlled trial. Lancet. 2015;385(9972):956–65.

Literatur

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14 Marra F, Tacke F. Roles for chemokines in liver disease. Gastroenterology. 2014;147(3):577–94.e1.

15 Traber PG, Zomer E. Therapy of experimental NASH and fibrosis with galectin inhibitors. PLoS One. 2013;8(12):e83481.

16 Armstrong MJ, Gaunt P, Aithal GP, Barton D, Hull D, Parker R, et al. Liraglutide safety and efficacy in patients with non-alcoholic steatohepatitis (LEAN): a multicentre, double-blind, randomised, placebo-controlled phase 2 study. Lancet. 2015. [Epub ahead of print].

17 Barry-Hamilton V, Spangler R, Marshall D, McCauley S, Rodriguez HM, Oyasu M, et al. Allosteric inhibition of lysyl oxidase-like-2 impedes the development of a pathologic microenvironment. Nat Med. 2010;16(9):1009–17.

18 Richter HG, Benson GM, Bleicher KH, Blum D, Chaput E, Clemann N, et al. Optimization of a novel class of benzimidazole-based farnesoid X receptor (FXR) agonists to improve physicochemical and ADME properties. Bioorg Med Chem Lett. 2011;21(4):1134–40.

Literatur

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Leber und Gallenwege

Fragen zu Pathologie und Therapiemöglichkeiten der Leberfi broseFrage 1:Welche Zelle ist der hauptsächliche Produzent der extrazellulären Matrix in der Leberfibrose?

EE MyofibroblastEE HepatozytEE Kupffer-ZelleEE EndothelzelleEE Monozyt

Frage 2:Was gilt als hauptsächliche Funktion von Chemokinen in der Leberfibrose?

EE Erkennung von mikrobiellen PeptidenEE Induktion der KollagensyntheseEE Induktion von Nekrose in HepatozytenEE Rekrutierung von EntzündungszellenEE Kreuzvernetzung von extrazellulären Matrixproteinen

Frage 3:Welcher Mechanismus gehört nicht zur Regression der Leberfibrose?

EE Schädigung sistiert oder nimmt abEE Kupffer-Zellen erkennen PAMPs und DAMPsEE Makrophagen verändern den Phänotyp zu restorativen MakrophagenEE Sternzellen werden deaktiviert oder sterben abEE Matrix wird abgebaut

Frage 4:Mit welcher Färbemethode lassen sich in der Leberbiopsie extrazelluläre Matrixbestandteile anfärben?

EE Berliner BlauEE β-CateninEE Ki-67EE CD4EE Sirius-Rot

Frage :Welches Verfahren gehört nicht zu den „nicht-invasiven Verfahren“ zur Beurteilung der Leberfibrose?

EE LeberbiopsieEE Transiente ElastografieEE Scherwellenelastografie (SWE)EE Forns-IndexEE ELF-Score

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Leber und Gallenwege

Frage 6:Welche Antwort ist richtig? Erfolgreiche Gewichtsreduktion und körperliche Aktivität führen bei Patienten mit NASH zu

EE verstärkter Matrixsynthese in der LeberEE Aktivierung von Makrophagen in Leber und FettgewebeEE Rückbildung der LeberfibroseEE Erhöhung der Lebersteifigkeit in der ElastografieEE Juckreiz und LDL-Cholesterinerhöhung

Frage 7:Welche Maßnahme gilt als etablierte Therapie der Leberfibrose bei Patienten mit einer Hepatitis B?

EE Strikte Kontrolle des BlutdrucksEE Effektive medikamentöse VirussuppressionEE Therapie mit GLP-1-Analoga EE Einsatz der SWEEE Gabe von Ursodesoxycholsäure

Frage 8:Welche Antwort ist richtig? Obeticholsäure gehört zur Klasse der

EE GLP-1-Analoga (Inkretinmimetika)EE Chemokinrezeptor-AntagonistenEE Zellwand-SynthesehemmerEE Serotonin-AntagonistenEE synthetischen Gallensäurederivate

Frage 9:Gegen die Aktivität welchen Enzyms ist der monoklonale Antikörper Simtuzumab gerichtet?

EE PseudocholinesteraseEE Lysyl Oxidase-Like 2EE KreatininkinaseEE MatrixmetalloproteinaseEE Glutaminsynthetase

Frage 10:Welche der folgenden Substanzen wird aktuell für die Behandlung der Leberfibrose in klinischen Studien untersucht?

EE AmpicillinEE AcetylsalicylsäureEE ObeticholsäureEE AmlodipinEE Levofloxacin