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Vorlesung im WS 2013/14 Lernen und Gedächtnis Arbeitsgedächtnis Prof. Dr. Thomas Goschke Professur für Allgemeine Psychologie

Lernen und Gedächtnis - tu-dresden.de · Salame & Baddeley (1987): Lärm (ohne Sprachlaute) stört Reproduktion nicht! Phonologischer Speicher basiert auf phonologischem Kode. 38

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Vorlesung im WS 2013/14

Lernen und Gedächtnis

Arbeitsgedächtnis

Prof. Dr. Thomas Goschke

Professur für

Allgemeine Psychologie

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Literaturhinweise zum Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis

Lehrbuchkapitel

• Gluck, M.A., Mercado, E. & Myers, C.E. (2008). Learning and memory. From brain to behavior. New York: Worth Publ. Kapitel 5.

Zur Vertiefung

• Baddeley, A.D. (2007). Working memory, thought and action. Oxford: Oxford University Press.

Übersichtsartikel

• Baddeley, A.D. (2003). Nature Reviews Neuroscience, 4, 829-839.

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Überblick

Baddeleys Modell des Arbeitsgedächtnisses

Empirische Evidenz für die „phonologische Schleife“

Empirische Evidenz für den „visuell-räumlichen Notizblock“

Kognitive Neurowissenschaft des Arbeitsgedächtnisses

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Rekapitulation: Atkinson und Shiffrins Mehrspeichermodell

KZG LZG

Speicherung Aufrechterhaltung durch Rehearsal (bewusst)

Permanente Speicherung (unbewusst)

Format Modalitätsspezifisch Multimodal (insb. semantisch)

Kapazität ca. 4-7 Chunks Keine bekannte Grenze

Vergessen Interferenz; Zerfall (?) Interferenz; ineffiziente Abrufhinweise; Zerfall (?)

Dauer Ohne Rehearsal sehr kurz (<1 Min.) Bis zu Jahren

© 20013 Worth Publishers

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Das Arbeitsgedächtnismodell von Baddeley Baddeley & Hitch, 1974; Baddeley, 1986

Definition “Working memory”:

• “a system for temporarily holding and manipulating information as part of a wide range of essential cognitive tasks such as learning, reasoning, and comprehending” (Baddeley, 1990)

Betonung der Funktionen des KZG für kognitive Leistungen:

• Z.B. Lernen, Problemlösen, Kopfrechnen, Sprachverstehen

Zentrale Annahme:

• modalitätsspezifische Teilsysteme zur aktiven Aufrechterhaltung räumlich-visueller und phonologischer Informationen

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Neuropsychologische Evidenz für modalitätsspezifische Kurzzeitspeicher

Patient K.F.

(Shallice & Warrington, 1970)

Läsion des linken perisylvischen Kortex

extrem schlechtes Kurzzeitgedächtnis für akustisch dargebotene Buchstaben / Zahlen

Aber: intaktes Kurzzeitgedächtnis für visuelle Reize

30

40

50

60

70

80

90

100

1 Item 2 Items 3 Items

% K

orr

ek

t eri

nn

ert

e

Item

s

AkustischVisuell

Kurzzeitgedächtnis ist kein einheitliches System

Modalitätsspezifische Speicher

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Arbeitsgedächtnismodell Baddeley & Hitch, 1974; Baddeley, 1986

Zentrale Exekutive

Kontrolle der beiden

anderen Subsysteme

(modalitätsunspezifisch)

Visuell-räumlicher Notizblock (visuo-spatial sketch pad)

Aufrechterhaltung visuell-räumlicher

Informationen („imagery“)

Phonologische Schleife (phonological loop)

Aufrechterhaltung sprachlicher

Information durch inneres Sprechen

Rehearsal Imagery

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Phonologische Schleife

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Aktuelles Modell der phonologischen Schleife

19 Baddeley, A.D. (2003). Nature Reviews Neuroscience, 4, 829-839.

Phonologischer Speicher

Akustische Sprachinformation hat direkten Zugang zum phonologischen Speicher

Ohne Rehearsal zerfällt Information innerhalb von 1,5 – 2 Sekunden

Phonologischer Output-Buffer

Information gelangt vom phonologischen Speicher in den Output-Buffer

Sprachproduktion

Artikulatorischer Kontrollprozess: Rehearsal

• Inhalt des phonologischen Speichers kann durch inneres Sprechen aufrecht erhalten werden

Phonologische Rekodierung

• Visueller Sprachinput kann in phonologischen Kode transformiert werden Zugang zum phonologischen Speicher

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0

20

40

60

80

100

List A

mad man cap etc.

List B

pen day sup etc.

List C

big huge great etc.

List D

old late thin etc.

• Ähnlich klingende Worte werden

kurzzeitig schlechter behalten als

unähnliche Wort

• Fehler sind häufig ähnlich

klingende Worte

• Information wird in einem

phonologischen Kode aufrecht

erhalten

• Ähnlich klingende Wörte haben

ähnliche phonologische

Repräsentation sind beim

Reproduzieren schlechter zu

diskriminieren

Evidenz für die phonologische Schleife

Phonemischer Ähnlichkeitseffekt

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LZG wird durch semantische Ähnlichkeit beeinträchtigt

Fehler sind oft bedeutungsähnliche Worte

Phonemischer Ähnlichkeitseffekt und Langzeitgedächtnis

Gleiche Wortlisten wurden mehrmals gezeigt

Gedächtnistest nach 20 Minuten

List A List B List C List D

0

20

40

60

80

100 mad man cap etc.

pen day sup etc. big

huge great etc.

old late thin etc.

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

1. Phonemischer Ähnlichkeitseffekt

2. Wortlängeneffekt

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Evidenz für die phonologische Schleife Wortlängeneffekt

Baddeley et al. (1975)

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Evidenz für die phonologische Schleife Wortlängeneffekt

Je länger Worte sind…

umso längere

Lesezeit

umso kleinere

Gedächtnisspanne

Baddeley, Thomson & Buchanan (1975)

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Evidenz für die phonologische Schleife Wortlänge und Leserate

Reproduktionsleistung steigt mit der Lesegeschwindigkeit

Längere Worte benötigen mehr Zeit, umso innerlich wiederholt zu werden weniger Worte

können aufrecht erhalten werden

Aussprechdauer (nicht Zahl der Silben) ist entscheidend (Sprechdauer kann bei konstanter Silbenzahl variieren: z.B. bishop vs. harpoon)

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Mit dem Alter steigt… Lese- und

Sprechgeschwindigkeit Gedächtnisspanne

Beide Effekte sind hoch korreliert

Evidenz für die phonologische Schleife Sprechgeschwindigkeit

(Hulme, Thomson, Muir & Lawrence, 1984).

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

1. Phonemischer Ähnlichkeitseffekt

2. Wortlängeneffekt

3. Lesegeschwindigkeit

4. Irrelevanter Spracheffekt

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Irrelevanter Spracheffekt

Colle & Welsh (1976): Versuchspersonen wurde visuell eine Liste von Konsonanten dargeboten, während gleichzeitig

• ein irrelevanter Text in einer fremden Sprache (Deutsch) vorgelesen wurde

• Stille herrschte

Serielle Reproduktion war schlechter, wenn der irrelevante Text vorgelesen wurde

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Erklärung des irrelevanten Spracheffekts

Irrelevante Sprache hat direkten Zugang zum phonologischen Speicher und stört Aufrechterhaltung anderer Information

Salame & Baddeley (1987): Lärm (ohne Sprachlaute) stört Reproduktion nicht!

Phonologischer Speicher basiert auf phonologischem Kode

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

1. Phonemischer Ähnlichkeitseffekt

2. Wortlängeneffekt

3. Lesegeschwindigkeit

4. Irrelevanter Spracheffekt

5. Artikulatorische Suppression

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Artikulatorische Suppression

Probanden sollen kontinuierlich ein Wort laut aussprechen („das-das-das-das“) verhindert inneres Sprechen

Artik. Suppr. beansprucht den artikulatorischen Kontrollprozess, nicht aber den phonologischen Speicher

Sollte interferieren mit:

• Aufrechterhaltung von verbalem Material

• Transformation von visueller Information in phonologischen Kode

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Artikulatorische Suppression

Artikulatorische Suppression eliminiert den Wortlängeneffekt bei visuell dargebotenen Worten

Erklärung:

Artikul. Suppr. unterbindet Rehearsal Items werden in

nicht-phonologischem (z.B. visuellem) Kode aufrecht erhalten Aussprechdauer

spielt keine Rolle mehr

40 Baddeley et al. (1975)

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Artikulatorische Suppression

Artikulatorische Suppression eliminiert den Wortlängeneffekt nur bei visueller Darbietung

Bei auditorischer Darbietung bleibt Effekt auch unter Suppresssion erhalten

Abb. aus

Eysenck & Keane (2010).

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Artikulatorische Suppression

Auditorisch präsentierte Worte direkter Zugang zum

phonologischen Speicher

Visuell präsentierte Wörter erhalten nur indirekt (über

subvokale Artikulation) Zugang zum phonologischen Speicher

Artikulatorische Suppression eliminiert Wortlängeneffekt bei visueller Präsentation, weil Zugang zum phonol. Speicher verhindert wird

42 Eysenck & Keane (2010).

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Artikulatorische Suppression

Unter artikulatorischer Suppression…

• verschwindet der phonemische Ähnlichkeitseffekt bei visueller Darbietung

- Erklärung: Suppresion verhindert Rekodierung der visuellen Information in einen phonologischen Kode

• Aber: phonemischer Ähnlichkeitseffekt bei akustischer Darbietung bleibt erhalten

- Erklärung: akustisch dargebotene Sprachinformation erhält automatisch Zugang zum phonologischen Speicher

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife

Artikulatorische Suppression

Neuropsychologische Evidenz:

Patienten mit Läsionen im linken inferioren Parietalkortex

• schlechtes Kurzzeitgedächtnis für auditorisch-verbales Material beeinträchtiger phonologischer Speicher

• Intakte Sprachproduktion

intakter artikulatorischer Kontrollprozesse

Patienten mit Läsionen im linken inferioren Frontalkortex

• Intakter phonologischer Speicher

• Beeinträchtigter artikulatorischer Kontrollprozesse

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Empirische Evidenz für die phonologische Schleife Zusammenfassung

Phonemischer Ähnlichkeitseffekt

• Ähnlich klingende Worte werden kurzzeitig schlechter behaltet

Wortlängeneffekt

• Längere Worte werden schlechter kurzzeitig erinnert als kurze Worte

Lesegeschwindigkeit

• Korreliert positiv mit Kurzzeitgedächtnisspanne

Irrelevanter Spracheffekt

• Irrelevante Sprachlaute stören serielle Reproduktion von Wortlisten

Artikulatorische Suppression

• Unterdrückung des inneren Sprechens

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Wichtige Funktionen der phonologischen Schleife

Lesen lernen

• Kinder mit normaler Intelligenz und Problemen beim Lesenlernen zeigen geringere Gedächtnisspanne und schlechtere Leistung in phonologischen Aufgaben (z.B. Reim-Urteile)

Sprachverstehen und Denken

• Verstehen komplexerer Zusammenhänge

• Logisches Schlussfolgern

Flexible Verhaltenssteuerung

• Aktive Aufrechterhaltung ziel- und aufgabenrelevanter Information (Hinweisreize, Aufgabenregeln, Instruktionen)

• Ermöglicht es, auf gleiche Reizsituation unterschiedlich zu reagieren

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Visuell-räumliches Arbeitsgedächtnis

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Arbeitsgedächtnismodell Baddeley & Hitch, 1974; Baddeley, 1986

Zentrale Exekutive

Kontrolle der beiden

anderen Subsysteme

(modalitätsunspezifisch)

Visuell-räumlicher Notizblock (visuo-spatial sketch pad)

Aufrechterhaltung visuell-räumlicher

Informationen („imagery“)

Phonologische Schleife (phonological loop)

Aufrechterhaltung sprachlicher

Information durch inneres Sprechen

Rehearsal Imagery

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Mentale Rotation

Sind die beiden Reize gleich oder verschieden?

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Mentale Rotation

Sind die beiden Reize gleich oder verschieden?

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Mentale Rotation

Sind die beiden Reize gleich oder verschieden?

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Mentale Rotation: Ergebnisse von Shepard & Metzler (1971)

Vpn scheinen in der Vorstellung die Figuren „mental zu rotieren“, bis sie gleiche Orientierung haben

Annahme einer „analogen“ (im Unterschied zu einer propositionalen) Repräsentation

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Image scanning (Kosslyn 1983)

Interpretation: Eigenschaften visueller Vorstellungen sind analog zu denen von Repräsentationen wahrgenommener Objekte in der Welt

Aber: anhaltende Kontroverse, inwieweit die Ergebnisse Effekte der Versuchsinstruktion bzw. der Strategien der Probanden spiegeln

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Doppelaufgaben und modalitätsspezifische Interferenz

Gleichzeitige Ausführung von zwei Aufgaben führt zu Interferenz = schlechtere Leistung als wenn jede Aufgabe einzeln ausgeführt wird

Interpretation: die Aufgaben beanspruchen (teilweise) die gleichen Verarbeitungssysteme

Modalitätsspezifische Interferenz: Ausmaß der Interferenz hängt von der Ähnlichkeit der zu verarbeitenden Information ab:

• simultane Ausführung von zwei sprachlichen oder zwei räumlich-visuellen Aufgaben große Interferenz

• simultane Ausführung einer sprachlichen und einer räumlich-visuellen Aufgabe geringere Interferenz

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Selektive Interferenz: Matrixaufgabe von Brooks (1967)

Spatial material

In the starting square put a 1.

In the next square to the right put a 2.

In the next square up put a 3.

In the next square to the right put a 4.

In the next square down put a 5.

In the next square down put a 6.

In the next square to the left put a 7.

In the next square down put a 8.

Nonsense material

In the starting square put a 1.

In the next square to the quick put a 2.

In the next square to the good put a 3.

In the next square to the quick put a 4.

In the next square to the bad put a 5.

In the next square to the bad put a 6.

In the next square to the slow put a 7.

In the next square to the bad put a 8.

Brooks, L.R. (1967). The suppression of visualization by

reading. Quarterly J. of Exp. Psychol., 19, 289-299.

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Selektive Interferenz

Probanden sollten gleichzeitig mit der Matrix-Aufgabe eine visuelle Tracking-Aufgabe („pursuit rotor“) ausführen

Baddeley et al. (1975). Imagery and working memory. In P.M.A. Rabitt & S. Dornic

(Eds.), Attention and Performance V (pp. 205-217). London: Academic Press.

In the starting square put a 1.

In the next square to the right put a 2.

In the next square up put a 3.

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Selektive Interferenz: Ergebnisse

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Selektive Interferenz: Brooks (1967)

Beginnen Sie an der markierten Ecke

Umrunden sie in der Vorstellung den Buchstaben und sagen sie “Ja”, wenn eine Ecke ganz oben oder ganz unten liegt, ansonsten sagen Sie “nein”

Ja-ja-ja-nein-nein-nein-nein-nein-nein-ja

*

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Selektive Interferenz

3 Reaktionsmodalitäten

(1) Sprechen: “ja” oder “nein” sagen

(2) Tapping: linker Finger für “ja” und rechter Finger für “nein”

(3) Zeigen: auf J’s und N’s auf Blatt Papier zeigen

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Ergebnisse: Selektive Interferenz Brooks (1968)

Vokal - 11.3 seconds

Tapping - 14.1 seconds

Zeigen - 28.2 seconds

Interpretation:

• Zeigen erfordert visuell-räumliche Verarbeitung interferiert visuell-

räumlichem Arbeitsgedächtnis

• Verbale oder motorische Reaktion stört visuell-räumliches Arbeitsgedächtnis nicht

• Spricht für separate Systeme zur Aufrechterhaltung verbaler u. visuell-räumlicher Information

*

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Visuelles vs. räumliches Arbeitsgedächtnis Baddeley & Lieberman (1980)

Brooks‘ Matrixaufgabe wurde mit zwei verschiedenen Zusatzaufgaben kombiniert:

• Visuell: Beurteilung der Helligkeit eines Bildschirms

• Räumlich: Akustisches Tracking (Vp soll mit verbundenen Augen mit einem Lichtstift ein Pendel verfolgen und erhält akustische Rückmeldung)

Ergebnisse:

• Gedächtnis für räumliche Matrix wurde am stärksten durch Pendel-Tracking beeinträchtigt

• Gedächtnis für verbale Matrix wurde am stärksten durch Helligkeitsbeurteilung beeinträchtigt

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Visuelles vs. räumliches Arbeitsgedächtnis Klauer & Zhao (2004)

Primäraufgabe:

• Räumlich: Lokation eines Punkts merken

• Visuell: Chinesisches Schriftzeichen merken

Zusatzaufgabe:

• Bewegungsdiskrimination

• Farbdiskrimination

• Keine Aufgabe

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Abb. aus Eysenck & Keane (2010).

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Offene Fragen

Entsteht selektive Interferenz durch Belastung modalitätsspezifischer Systeme oder wird bei Doppelaufgaben auch die „zentrale Exekutive“ beansprucht?

Beruhen visuelle Vorstellungen tatsächlich auf „analogen“ mentalen Repräsentationen oder werden alle (phonologische, visuelle, semantische) Gedächtnisinhalte in einem abstrakten (propositionalen) Kode repräsentiert?

Ist das Arbeitsgedächtnis ein vom Langzeitgedächtnis getrenntes System oder lediglich der jeweils aktivierte Teil des Langzeitgedächtnisses?

Die zentrale Exekutive…

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Erweiterte Version von Baddeleys Arbeitsgedächtnismodell

Episodic buffer

Integration (“binding”) von Informationen aus verschiedenen Teilsystemen (visuell, auditorisch etc.) zu einer integrierten Episode

Erklärt u.a. Chunking

88 Baddeley, A.D. (2003). Nature Reviews Neuroscience, 4, 829-839.

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Alternative Modellvorstellungen zum Arbeitsgedächtnis

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Cowans (1998) Modell: Arbeitsgedächtnis als aktivierter Teil des Langzeitgedächtnisses

Inhalte im Langzeitgedächtnis sind mehr oder weniger aktiviert

Arbeitsgedächtnis = aktivierter Teil des LZG

Ohne Rehearsal zerfällt Aktivierung sehr schnell

Teilmenge (max. 4) der aktivierten LZG-Inhalte fallen in Fokus der Aufmerksamkeit und werden bewusst

In den Fokus kommen z.B. Reize, die sich verändern oder auf die wir intentional unsere Aufmerksamkeit richten

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Cowans (1998) Modell: Vorhersagen im Unterschied zu Baddeleys Modell

Hirnregionen, die Langzeitgedächtnisinhalte speichern sollten identisch mit denen sein, die Inhalte im Arbeitsgedächtnis aktiv halten

Die Aufrechterhaltung von Inhalten im Arbeitsgedächtnis sollte je Inhalt (visuell, sprachlich, räumlich, semantisch) mit Aktivierung in kortikalen Assoziationsregionen einhergehen, in denen die Inhalte auch langzeitig gespeichert sind

Keine getrennten Systeme für Speicherung und Rehearsal

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