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Mitgliederzeitung der SP Schweiz 101 September 2009 AZB 3001 Bern ZWEIMAL JA AM 27. SEPTEMBER Eidgenössische Abstimmungen: Die SP sagt Ja zur befristeten Zusatzfinanzierung zugunsten der Invalidenversicherung (IV) und zum Verzicht auf die Allgemeine Volksinitiative. Seite 18 Dicke Post für Ospel & Co. SP-Präsident Christian Levrat hat gegen die ehemaligen UBS-Bosse Strafanzeige einge- reicht. Das Echo in der Bevölkerung war überwältigend. «Das hätte schon lange jemand tun müssen, endlich hat jemand den Mut!» – das der Grundtenor der unzähligen Rück- meldungen. Dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, ist richtig. Damit ist’s aber noch längst nicht getan. Seite 5 ©Keystone/Peter Klaunzer links Nationalrätin Evi Allemann und Nationalrat Max Chopard-Acklin debattieren pro und contra Ata- lanta. Seite 2 Ein Gespräch mit SP-Bundes- rätin Micheline Calmy-Rey über die schweize- rische Aussen- politik. Seite 6 Die SP will die Kaufkraft stär- ken und unter- stützt deshalb die Einführung des «Cassis-de- Dijon»-Prinzips. Seite 13 DEBATTE SCHWERPUNKTTHEMA GESPRäCH

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Mitgliederzeitung der SP Schweiz

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Mitgliederzeitung der SP Schweiz 101 September 2009 AZB 3001 Bern

ZWEIMAL JA AM 27. SEPTEMBER

Eidgenössische Abstimmungen: Die SP sagt Ja zur befristeten Zusatzfinanzierung zugunsten der Invalidenversicherung (IV) und zum Verzicht auf die Allgemeine Volksinitiative. Seite 18

Dicke Post für Ospel & Co.SP-Präsident Christian Levrat hat gegen die ehemaligen UBS-Bosse Strafanzeige einge-reicht. Das Echo in der Bevölkerung war überwältigend. «Das hätte schon lange jemand tun müssen, endlich hat jemand den Mut!» – das der Grundtenor der unzähligen Rück-meldungen. Dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, ist richtig. Damit ist’s aber noch längst nicht getan. Seite 5

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Nationalrätin Evi Allemann und Nationalrat Max Chopard-Acklin debattieren pro und contra Ata-lanta.

Seite 2

Ein Gespräch mit SP-Bundes-rätin Micheline Calmy- Rey über die schweize-rische Aussen-politik.

Seite 6

Die SP will die Kaufkraft stär-ken und unter-stützt deshalb die Einführung des «Cassis-de-Dijon»-Prinzips.

Seite 13

DEBAttE SChWERPUnktthEMAGESPRäCh

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2 links 101/September 2009

Liebe Leserin,lieber Leser

Endlich ist es so weit: Heute er-scheint deine Mitgliederzeitung zum ersten Mal im neuen Kleid. Wir hoffen, dass dir das rundum erneuerte, frische «links» ebenso gut gefällt wie uns, und sind ge-spannt auf deine Meinung ([email protected]).

Selbstverständlich werden wir auch in Zukunft über alles berichten, was die Schweiz und insbesondere die Sozialdemo-kratie bewegt, daran wird sich nichts ändern. Und trotzdem soll dieser Neustart mehr bringen als einfach nur alten Wein in neuen Schläuchen. Auch inhaltlich ha-ben wir gemeinsam mit dem Ate-lier Müller Lütolf, unserem Lay-outer Kurt Bläuer und den Kan-tonalredaktionen hart an «links» gearbeitet: Neue, abwechslungs-reiche Rubriken sorgen für mehr Lesevergnügen und bringen dir deine Partei noch näher. Kolum-nen, eine regelmässige Glosse, Kurzmeldungen zur politischen Aktualität und die wieder beleb-te Seite für LeserInnenbriefe sind nur einige der Neuerungen. Zu-dem vergeben wir ab jetzt in jeder Ausgabe eine «Carte blanche». Weitere neue Gefässe folgen in den nächsten Nummern von «links» – du darfst also gespannt sein.

Wahlweise und je nach Aktua-lität bietet «links» neu ein umfas-sendes Dossier, das ein bestimm-tes Thema vertieft und auf meh-reren Seiten behandelt oder – wie in dieser Nummer – eine span-nende Debatte über eine konkrete politische Sachfrage. Den Anfang machen heute Nationalrätin Evi Allemann und Nationalrat Max Chopard-Acklin, die ihre Argu-mente für und gegen eine Betei-ligung der Schweiz an der EU-Militäroperation Atalanta gegen Piraten vor Somalia darlegen.

Viel Vergnügen!

Stefan Krattiger, Chefredaktor

PRO

In der herbstsession stimmen die eidgenössischen Räte über die Beteiligung der Schweiz an der europäischen Anti-Piraten-Mission Atalanta ab. Der Bundesrat schlägt die Ent sen-dung eines gemischt militärisch-zivilen kontingents von knapp 30 Personen vor, nämlich 12 bis 16 Elitesoldaten, drei Völkerrechtsexperten, medizinisches Personal (ein Arzt und zwei Pflegepersonen) sowie vier Stabsoffiziere. Während im Ständerat die Zustimmung als sicher gilt, wird es im nationalrat wegen der geschlossenen Ablehnung durch SVP und Grüne knapp. Umso mehr kommt es auf das Verhalten der SP an, die in dieser Frage nicht geschlossen auftritt. Evi Allemann und Max Chopard-Acklin, beide Mitglied der Sicherheits-politischen kommission, diskutieren pro und contra.

AtALAntA-BEtEILIGUnGISt EInE hUMAnItäRE PFLICht Die Piraten am Horn von Afrika sind keine Robin Hoods der Neuzeit. Sie sind Zahnräder im Uhrwerk der organisierten Kriminalität. Ihre Anführer sind durch Waffenschmuggel und Menschenhandel gross gewor-den und haben seit einiger Zeit die Piraterie als lukra-tive Geldquelle entdeckt. Leidtragende dieser Situati-on ist die geschundene somalische Zivilbevölkerung, welche ohne jegliche wirtschaftliche und politische Per spektive in äusserst prekären Ver-hältnissen lebt. Die Piraterie bedroht nicht nur die Handelsschiffe, welche am Horn von Afrika vorbei müssen, sondern vor allem auch die Schiffe des Welternährungsprogramms der UNO: Neunzig Prozent aller Nah-rungsmittelhilfen für das mausarme Somalia werden über den Seeweg importiert. So ist es denn auch das Hauptziel von Atalanta, die Schif-fe der UNO zu schützen, damit die Nahrungsmittel jene 3,2 Millionen Menschen in Somalia erreichen, die diese so dringend benötigen. Es ist eine humanitäre Pflicht aller Staaten dazu beizutragen, dass diese Hilfe den Bedürftigen zu-kommt und nicht den Piraten in die Hände fällt.

Die Piraterie ist nur ein Symptom der leider fast ver-gessenen politischen, wirtschaftlichen und humanitä-ren Krise in Somalia. Das Fehlen von staatlichen Struk-turen liess immense rechtsfreie Räume entstehen, die Piraten und Terroristen als Rückzugsorte dienen. Na-türlich müssen die Ursachen der Piraterie bekämpft werden; Somalia muss funktionierende und verläss-liche staatliche und gerichtliche Strukturen erhalten, und der Raubfischerei vor seinen Küsten muss Einhalt geboten werden. Sonst wird Atalanta zur Endlosmis-sion ohne Perspektive. Aber ohne Bekämpfung der mittlerweile selbst zum grossen Problem gewordenen Symptome wird auch eine Lösung für die Ursachen nie möglich sein. Die militärisch-polizeiliche Bekämpfung

der Piraterie und das Engagement zur Beseitigung der sozialen und ökologischen Missstände, welche die Pi-raterie befördert haben, sind also keine Gegensätze, sondern bedingen sich gegenseitig. Solange die Pira-ten freie Hand haben, wird es auch innerhalb Somalias nicht gelingen, der hemmungslosen Gewaltanwen-dung durch Milizen, Paramilitärs und Warlords Herr zu werden. Die Atalanta-Mission erlaubt es, den Finanz-fluss von den Piraten in das Netz von Warlords in Soma-lia zu erschweren und die Versorgung der notleidenden Bevölkerung zu sichern. Dies sind zentrale Vorausset-

zungen dafür, dass das zivile Instru-mentarium der Friedensförderung, der Stärkung der guten Regierungs-führung, der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit überhaupt zum Tragen kommen kann. Die SP hat sich in der Sicher-heitspolitischen Kommission des Nationalrates mit Erfolg dafür ein-gesetzt, nicht nur eine militärische Missionsteilnahme zu bewilligen, sondern auch konkrete Massnah-men für die Wiederherstellung de-mokratischer und rechtsstaatlicher Institutionen zu ergreifen, um die notleidende Bevölkerung Somalias

bei der Rückkehr zu Frieden, Stabilität und öffentlicher Ordnung zu unterstützen.

Nicht zuletzt ist der Atalanta-Entscheid auch ein sicherheitspolitischer Richtungsentscheid. Lehnt das Parlament eine Mitwirkung bei Atalanta ab, werden die national orientierten Kräfte alles daran setzen, dies als Präjudiz gegen friedensfördernde Auslandeinsätze der Armee und gegen jegliche sicherheitspolitische Öffnung der Schweiz zu missbrauchen. Dies wäre mit Blick auf den anstehenden sicherheitspolitischen Be-richt ein falsches Signal und würde dem VBS ein fatales Argument in die Hand spielen, eine nationalistische Retro-Armee zu konzipieren, die für Panzerschlachten zur Verteidigung des Mittellandes ausgelegt würde.

Evi Allemann, Nationalrätin, Bern

DEBAttE AtAlAntA

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links 101/September 2009 3AtAlAntA DEBAttE

kOntRA AtALAntA ISt kEInE FRIEDEnSMISSIOn Die Schweiz hat international nicht den Ruf, sich auf imperialistische Weise als «Weltpolizei» aufspielen zu wollen. Unsere Rolle ist vielmehr jene der Vermittlung, der Friedensförderung, der Friedens erhaltung und der humanitären Hilfe. Punktuell auch mit Unterstützung militärischer Präsenz zum Schutze der Zivilbevölke-rung im Rahmen einer Uno-Mission. Und das ist gut so.

Die EU-Militärmission NAVFOR Atalanta, die seit dem 13. Dezember 2008 (ohne die Schweiz) läuft, ist keine Frie-densmission. Es geht nicht darum, Gewalt an der Zivilbevölkerung durch Morde, Brandschatzungen, Vergewaltigungen und ethnische Säuberungen zu verhindern. Es geht bisher auch nicht darum, die Hauptursachen für die Piraterie vor Somalia zu bekämpfen.

Der Armeeeinsatz vor Somalias Küste ist bloss Symptom- statt Ur-sachenbekämpfung. Somalia ist politisch und wirtschaftlich zer-fallen. Dringend ist der Aufbau eines stabilen, funktionierenden Staatssystems. Das Land wird von Bürgerkriegen heim-gesucht, von Warlords beherrscht. Hunger und Armut gehören zum Alltag der Bevölkerung. Die Infrastruktur liegt am Boden, es gibt keine Jobs und keine Zukunfts-perspektiven. Kein Wunder, versuchen da junge Leute in T-Shirt und Sandalen, vom organisierten Verbrechen ausgerüstet mit Maschinengewehren und Panzerfaust, ihr Glück in der Piraterie auf hoher See.

Das war nicht immer so: Lange Zeit boten die rei-chen Fischgründe vor der Küste Somalias eine wirt-schaftliche Grundlage für die BewohnerInnen des Lan-des. Doch seit dem Zerfall der letzten funktionierenden Regierung fischten europäische und asiatische Fische-reiunternehmen illegal die somalischen Gewässer leer. Die lokalen Fischer verloren ihre Lebensgrundlage. Für den Schutz der Handelswege vor den Piraten werden

nun etliche Millionen investiert, dutzende von Kriegs-schiffen und tausende von Soldaten aufgeboten. Doch das wirkliche Problem wird damit nicht an der Wurzel gepackt.

Gemäss Argumentation der Befürwortenden will die Atalanta Mission die Schiffe des Welternährungs-programms (WEP) schützen, den Handelsschiffen in dieser Zone Schutz bieten und die Piraterie vor Soma-lia bekämpfen. Schauen wir genauer hin: Der Schutz des Welternährungsprogramms leuchtet ein, ist aber schon gewährleistet. Der Schutz der Handelsschiffe

ist primär eine polizeiliche und nicht eine militärische Aufgabe. Was die Bekämpfung der Piraterie betrifft, böte sich für die Schweiz eine bessere und sinnvollere Möglichkeit, indem sie sich stärker in der Ursachen- statt der Symptombekämpfung engagieren würde. Dies war auch die Stossrich-tung eines Antrags der SP, der in der vorberatenden Kommission durchge-kommen ist.

Der Armeeeinsatz wirft auch in der personellen Besetzung Fragen auf. Rund die Hälfte des 30-köpfigen Kontingents würde durch das soge-nannte Armee-Aufklärungsdetache-

ment (ADD10) gestellt. Für die Piraterie-Bekämpfung auf hoher See wurde aber auch diese Schweizer Son-dereinheit nicht geschaffen und nicht ausgebildet. An einer Piratenjagd beteiligen dürften sich die Schweizer Soldaten laut Einsatzdoktrin ohnehin nicht: «Offensiv-aktionen gegen Piraten an Land oder auf See sind aus-geschlossen und in den Einsatzregeln der Operation Atalanta auch nicht vorgesehen.» Stellt sich die Frage, was dann der Einsatz der AAD10 soll. Offenbar er-schöpft sich die Argumentation für den Einsatz dieser Schweizer Militär-Sondereinheit vor Somalias Küste in deren Existenzberechtigung. Ein SP-Antrag, diese Truppe nicht mitzusenden, hatte jedoch in der Kom-mission keine Chance.

Max Chopard-Acklin, Nationalrat, Nussbaumen

links publiziert

Schweizerische MonatshefteSonderausgabeWas ist los mit der Schweiz?Wie kommt es, dass das Schweizer Polit- und Wirtschaftsestablish-ment gegenwärtig so unglücklich

und unvorberei-tet agiert? Diese Frage beschäftigt zurzeit die gan-ze Schweiz. Eine klare Vorstellung über die Zukunft des Landes fehlt;

die Schweiz reagiert lieber, als dass sie agiert. Die Schweiz muss sich neu erfinden – und zwar jetzt! Angesichts dieser Führungskrise haben die «Schweizer Monatshef-te» eine Sonderpublikation her-ausgegeben – unter anderem mit einem Beitrag von SP-Vizepräsi-dent Cédric Wermuth zum Thema «Enteignete Demokratie».www.schweizermonatshefte.ch

WiderspruchNr. 56Krankes Gesundheitswesen?Die aktuelle Ausgabe 56 von «Wi-derspruch» beschäftigt sich mit der politischen Grossbaustelle im Gesundheitswesen. Unter an-

derem mit Bei-trägen von Nati-onalrätin Christi-ne Goll («Für eine soziale Gesund-heitsversorgung in der Schweiz – Persönliche Ge-

sundheitsstelle (PGS) und weitere Alternativen«) und dem Waadt-länder Gesundheitsdirektor Pi-erre-Yves Maillard («Chaos im Ge-sundheitswesen – Tiefgreifende Reformen sind unumgänglich»).www.widerspruch.ch

Andi Gross:«Die unvollendete Demokratie»Ideen zur Demokratisierung Euro-pas und der Globalisierung.250 Seiten. Preis: rund 25 Franken. Bestelladresse: Editions le Doubs, Postfach, 2882 St-Ursanne.www.andigross.ch

Nr. 07/08, 2007 Schweizer MoNatShefte

Schweizer MoNatShefteSonderthema

6«Schweizer Monatshefte» Sonderthema 6, September 2009, fr. 7.50

ein Land laviert was ist los mit der Schweiz? 13 autoren suchen eine antwort

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links 101/september 2009 5POSItIOnEn

Fraktion berät BundesratswahlGEnF Die SP-Fraktion hat vor einer Woche die Ausgangslage vor den Bundesratswahlen vom 16. September diskutiert und sich auf einen Fahrplan geeinigt. Demnach wird nach der No-mination der FDP die Kandidatur der CVP ab-gewartet, die in diesen Tagen bekanntgegeben werden soll. Die KandidatInnen werden dann zu Hearings eingeladen. Diese sind für den 15. September geplant. Danach wird entschieden, wer unterstützt werden soll. In der Diskussion hat sich innerhalb der Fraktion keine eindeu-tige parteipolitische Präferenz abgezeichnet und auch die arithmetische Konkordanz gibt keine schlüssige Antwort. Entscheidend wird sein, welche Personen von den Parteien als Kandidierende präsentiert werden.

Schritt in die richtige RichtungBERn Das CO

2-Gesetz, wie es der Bundesrat

verabschiedet hat, ist ein Schritt in die richtige Richtung – allerdings fallen die Vorgaben zu bescheiden aus, um das Klima nachhaltig zu verbessern und Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern. Auch hat es der Bundesrat ver-passt, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, den CO

2-Ausstoss vollumfänglich im Inland zu

kompensieren und damit wertvolle Arbeitsplät-ze zu schaffen. Immerhin will der Bundesrat das Reduktionsziel demjenigen der EU an-passen, sobald diese die 30-Prozent-Vorgabe beschliesst.

kein Profit um jeden PreisBERn Die aktuelle Wirt schafts kri se ist die Folge gren zen lo ser Pro fit gier – von neo li be ra-len Öko no men ge pre digt, von rück sichts lo sen Ma na gern durch ge setzt und von gläu bi gen bür ger li chen Po li ti kern blind als All heil mit tel vorgeschoben. Sie haben alle Re geln be sei tigt, pri va ti siert und li be ra li siert, die Ma na ger löh ne und Di vi den den ge win ne hoch ge trie ben – den Schlamassel haben wir. SP und Gewerkschaf-ten rufen daher zur gesamtschweizerischen Demo am 19. September, 13.30 Uhr, auf der Schützenmatte in Bern auf. Kommt zahlreich! www.spschweiz.ch/demo

10 000 auf dem BundesplatzBERn Übesr 10 000 Personen haben am «Openair auf dem Bundesplatz» in Bern Herz für eine offene, tolerante und solidarische Schweiz gezeigt. Der von der SP unterstützte Anlass fand am 30. Juli bereits zum vierten Mal statt. Auch die diesjährige Ausgabe wartete wieder mit einem vielseitigen Programm auf: Nach einem Spielnachmittag für Familien traten unter anderen die Basler Popband «Lovebugs» sowie das Komikerduo «Ursus & Nadeschkin» auf.

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UBS-DeAl

Alles in Butter?Der Bund hat seine UBS-Beteiligung abgestossen. Mit Gewinn sogar. Der-weil denkt UBS-Chef Grübel laut darü-ber nach, sich die bei der nationalbank eingekellerten Milliarden-Schrottpapie-re wieder einzuverleiben. Rückkehr zur normalität, so scheint es. War also alles halb so schlimm? Wenn es doch bloss so einfach wäre. Stefan Krattiger

lich das eine, die entstandenen volkswirtschaft-lichen Folgekosten sind das andere. Dass der Staat letztlich eine Rendite erziehlt hat, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass kein Kapi-talgeber sonst bereit war, das «Abenteuer UBS» zu wagen. Daraus lässt sich schliessen: Das Ri-siko war offensichtlich gross. Wir sind zwar vor-erst glimpflich davongekommen, es hätte aber auch mächtig schieflaufen können. Dieses Risi-ko hat der Staat, haben wir alle getragen.

Dass wir bis jetzt mit einem blauen Auge da-von gekommen sind, verdanken wir vor allem den massiven staatlichen Interventionen. In Ordnung ist aber deswegen noch lange nicht

alles. Ganz im Gegenteil. Jetzt müssen erst recht Massnahmen ergriffen werden, damit der Staat nicht noch einmal in eine solche riskante «friss-oder-stirb»-Situation gerät. Das globale Finanz-system muss neu geordnet, die Märkte müssen reguliert und die Verantwortlichen des knapp überstandenen Debakels sollen belangt werden. Wie das gehen soll, legt die SP in ihrem Positi-onspapier vom 28. Juni ausführlich dar. Ob wir nämlich bei der nächsten Krise, die unweiger-lich kommen wird, nochmals so viel Glück ha-ben, ist fraglich. Und noch ist die Nationalbank die Papiere nicht los.

www.spschweiz.ch/finanzpapier

Wir sind vorerst glimpflich davon-gekommen, es hätte aber auch mächtig schieflaufen können.

Dass der Bund seine Beteiligung an der gröss-ten Schweizer Bank gewinnbringend abstossen konnte, ist grundsätzlich erfreulich. Ebenso die Absicht der Grossbank, der Na-tionalbank die vormals panisch zugeworfenen Giftpapiere wie-der abzunehmen. Es scheint sich langsam alles wieder einzuren-ken. Alles ist fast wie zuvor. Und die eine oder der andere wird sich fragen: War die ganze Aufregung umsonst?

Nein, leider nicht. Dass Oswald Grübel die Schrottpapiere möglichst rasch zurückhaben will, ist nachvollziehbar. Zum einen dürften ihn, den Jünger der freien Marktwirtschaft, ideologi-sche Motive dazu bewegen, zum anderen will er sich natürlich lieber heute als morgen aus der staatlichen Umarmung lösen – auch deshalb, weil erst dann wieder hemmungslos Boni ver-teilt werden können. Ob dieser Schritt für die nach wie vor angeschlagene UBS nicht zu früh kommt, ist freilich eine andere Frage.

Der Eindruck, das UBS-Engagement sei für den Bund eine lohnende Sache gewesen, täuscht natürlich. Der Aktiengewinn ist ledig-

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6 links 101/September 2009

«Aussenpolitik braucht einen langen Atem»

GESPRäCh AUSSenpolitiK

In den vergangenen Wochen und Monaten wehte der Schweiz auf dem internatio-nalen Parkett ein harter Wind entgegen. Das Ansehen der Schweiz, so scheint es, befindet sich im freien Fall. Sind wir tatsächlich dermassen unbeliebt? «links» hat mit SP-Bundesrätin und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey über die schweizerische Aussenpolitik gesprochen.

Micheline, die Schweiz wurde in den letzten

Monaten von verschiedener Seite unter Beschuss

genommen: Bankgeheimnis, Gaddafi und Hamas

waren die Stichworte. Sind wir so unbeliebt?

Unsere aussenpolitischen Enga-gements wie die schweizerische Fazilitation zwischen Armenien und der Türkei, unser Einsatz für die Menschenrechte, unsere Frie-densbemühungen beispielsweise im Rahmen der Genfer Initiative oder die Interessenvertretung für die USA in Iran und Kuba werden international anerkannt und gelobt. Aussenpoli-tik ist aber immer auch Interessenpolitik – und diese Interessen sind nicht immer deckungs-gleich.

Aber in den Steuer- und Finanzplatzfragen steht

die Schweiz alleine da.

Wir haben den siebtgrössten Finanzplatz der Welt und der steht in Konkurrenz zu den anderen Bankenplätzen. Da kann es kaum überraschen, dass die Schweiz hart angegangen wird.

Du giltst als vehemente Vertreterin des Finanz-

platzes. Kannst du das Bankgeheimnis mit deinem

sozialdemokratischen Gewissen vereinbaren?

Der Entscheid des Bundesrats, die internationa-le Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuerde-likte weiter zu verbessern, war ein richtiger und wichtiger Schritt: Neu wird die Schweiz – ent-sprechend den internationalen OECD-Standards – auf konkrete Anfrage auch bei Steuerhinter-ziehung Amtshilfe leisten, beziehungsweise In-formationen über Bankkonten liefern. Das ist für mich auch eine Frage der Moral. Wir wollen nicht, dass der Schweizer Bankenplatz für Steu-erdelikte missbraucht wird.

Aktive Neutralität ist gut und recht – aber muss die

Schweiz auch mit der radikal-islamischen Hamas

sprechen?

Die Schweiz pflegt eine Politik des Dialogs – wir sprechen mit allen. Das bedeutet jedoch keine

Komplizenschaft. Die Hamas ist ein wichtiger Akteur im Nahost-Konflikt, den man bei ernst-haften Bemühungen um eine Lösung nicht ig-norieren darf. Wichtige internationale Persön-

lichkeiten wie beispielsweise der US-Präsident haben das mittlerweile auch anerkannt. Unser Engagement für diese Region geht zudem wei-ter: Im Zentrum steht unser Einsatz für das hu-manitäre Völkerrecht, namentlich für den Schutz der Zivilbevölkerung. Die Zustände in Gaza sind erschütternd, die Versorgung der Bevölkerung selbst mit den wichtigsten Gütern ist nicht ge-währleistet. Wir haben darum vor dem UNO-Sicherheitsrat ein unabhängiges Komitee für hu-manitäre Hilfe und Wiederaufbau vorgeschlagen. Damit das funkti-onieren kann, müssen alle mass-geblichen Parteien einverstanden sein, auch die Hamas.

Kann die Schweiz – ohne EU-Mit-

glied zu sein – auf internationaler

Ebene überhaupt eine Rolle spielen?

Ja, wir können es. Und weil wir keiner festen Al-lianz angehören, sind wir dazu sogar gezwun-gen. Die Europäische Union wird mitunter als Antwort auf die geostrategischen Machtver-schiebungen verstanden: Die Mitgliedstaaten schliessen sich zusammen, um gemeinsam mehr Gewicht in den Beziehungen zu den aufstreben-den Grossmächten wie China, Indien, Russland oder Brasilien zu haben. Die Schweiz baut ihrer-seits erfolgreich intensivere und durchaus auch konstruktiv-kritische Beziehungen mit diesen Staaten auf. Weil wir keinem Bündnis angehö-ren, können wir in flexibleren Partnerschaften

Brücken bauen. Dies tun wir beispielsweise im Bereich der Menschenrechte oder der Friedens-förderung.

Wie geht es in Bezug auf die EU weiter?

Der Bundesrat hat sich im Europabericht 2006 für die Weiterführung des bilateralen Wegs ent-schieden. Er hat sich aber auch für eine laufen-de Überprüfung dieses Ansatzes ausgesprochen und die Kriterien definiert, die für seine erfolg-reiche Fortsetzung notwendigerweise erfüllt sein müssen. Dazu gehört beispielsweise auch ein ausreichender autonomer Handlungsspielraum. Klar ist, dass wir eine aktive Aussen- und Euro-papolitik brauchen, um unsere Position in der Welt verteidigen zu können. Wenn wir dazu nicht mehr fähig oder willens sind, müssen wir uns ernsthaft die Beitrittsfrage stellen.

Was sind die aussenpolitischen Prioritäten für die

nächsten Monate?

Aussenpolitik braucht einen langen Atem. Kurz-fristiges Denken hat sich auch in der Wirtschaft und an der Börse nicht ausgezahlt. Wir verfolgen unsere langfristigen Ziele beharrlich und mit Stehvermögen. Dazu gehören die Europapolitik und die Beziehungen zu unseren wichtigsten bilateralen Partnern, der Ausbau der Entwick-lungszusammenarbeit und die Verteidigung un-serer Position in der multilateralen Gouvernanz

(Weltbank und Internationaler Währungsfonds). Die Schweiz übernimmt im Herbst den Vorsitz des Europarats. Ein Schwerpunkt wird sein, die Wirksamkeit des Europäischen Menschenrechts-gerichtshofs zu verbessern.

Im November kommt die so genannte Minarett-

Initiative zur Abstimmung. Welche Auswirkungen

könnte dies auf die Aussenpolitik der Schweiz

haben?

Die islamische Welt wird den Verlauf des Ab-stimmungskampfes wie auch das Resultat der Abstimmung aufmerksam verfolgen. Diese be-trifft die sehr sensible Frage der Religionsfrei-

Aussenpolitik ist aber immer auch Interessenpolitik – und diese Interessen sind nicht immer deckungsgleich.

Weil wir keinem Bündnis angehören, können wir in flexibleren Partner-schaften Brücken bauen.

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7links 101/September 2009

31. Juli 2009: Micheline Calmy-Rey und US-Aussenministerin Hillary Clinton in Washington.

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heit, was zu vehementen Reaktionen seitens der muslimischen Gemeinschaft führen kann. Diesen Aspekt in den Beziehungen mit musli-mischen Ländern müssen wir im Auge behalten. Wir müssen unsere direkte Demokratie, auf die ich sehr stolz bin, im Ausland vermehrt erklä-ren. Und wir müssen gegenüber dem Ausland klarstellen, dass sich sowohl die Schweizer Re-gierung als auch das schweizerische Parlament gegen die Minarett-Initiative ausgesprochen haben, u.a. weil sie unseren verfassungsmässi-gen Grundrechten sowie den Menschenrechten widerspricht.

Zum Schluss: Wie gefällt dir das neue SP-Logo?

Damit setzen wir ein positives Zeichen. Das ge-fällt mir. Ja, wir wollen etwas bewegen, etwas verändern und etwas verbessern in unserem Land und in der Welt. Wir sind nicht die «Nein-Sager». Wir sagen aber auch nicht zu allem Ja. Wir müssen auch weiterhin lauthals Nein sagen können. Nein zu Abschottung und Isolationis-mus, Nein zu Sozialabbau und überrissenen Boni für die Manager, Nein zur Zerstörung un-seres Planeten.

Anmerkung der Redaktion:

Dieses Gespräch mit Bundesrätin Micheline

Calmy-Rey wurde Ende Juli geführt, noch vor

den jüngsten Entwicklungen in der Affäre um die

Verhaftung von Hannibal Gaddafi in Genf. Bei

AUSSenpolitiK GESPRäCh

Redaktionsschluss waren die beiden Geiseln noch

nicht in die Schweiz zurückgekehrt. Die SP nimmt

mit grosser Sorge zur Kenntnis, wie deren Freilas-

sung in Libyen weiter verzögert wird. Die Situation

ist für die Festgehaltenen und deren Angehörige

unerträglich. Es ist dringend notwendig, dass die

beiden Schweizer endlich freigelassen werden und

in die Heimat zurückkehren können.

Die SP ist der Meinung, dass die Schweiz ihre

Verpflichtungen aus dem Vertrag mit Libyen bis

auf weiteres wahrnehmen sollte. Dies vor allem

zum Schutz der Schweizer Geiseln. Eine politische

Aufarbeitung der Affäre muss allerdings sofort

nach deren Freilassung erfolgen. Ein Alleingang

eines Bundesrates in einer solch heiklen Situation

darf es auf dem internationalen Parkett nie mehr

geben.

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13links 101/September 2009 KAUFKRAFt SChWERPUnktthEMA

konsumentenpolitik ist auch Sozialpolitik

Deshalb unterstützen wir die Einführung des sogenannten Cassis-de-Dijon-Prinzips. Das be-deutet, dass Waren, die in der EU rechtmässig in Verkehr gebracht wurden, ohne weitere Prüfung auch bei uns importiert werden dürfen. Da wir dieses Prinzip in der Schweiz autonom einfüh-ren, bestimmen wir, bei welchen Produkten wir Ausnahmen zulassen wollen.

So hat die SP im Parlament durchgesetzt, dass sämtliche Lebensmittel weiterhin bewilligungs-pflichtig bleiben. Und wir haben erreicht, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel, Eier aus Käfighaltung oder bestimmte allergene Stoffe weiterhin deklariert werden müssen. Auch das Herkunftsland muss angeschrieben sein und an erreichten Umweltstandards darf nicht ge-rüttelt werden. Wo hingegen unsere Schweizer Vorschriften dazu führen, dass ein Händler die importierte Zahnpasta neu anschreiben oder verpacken muss, oder Wärmedämmstoffe aus Deutschland in der Schweiz nochmals eine Ty-penprüfung durchlaufen müssen, können wir dank Cassis-de-Dijon unnötige Handelshemm-nisse abbauen. Denn jede abweichende tech-

nische Norm bei uns verteuert die Importe aus der EU – Importe im Umfang von über 100 Mrd. Franken pro Jahr!

Nun hat eine unheilige Allianz das Refe-rendum gegen das Cassis-de-Dijon-Prinzip ergriffen. Das Nein der SVP ist nicht wirklich überraschend, weil diese beim Reizwort «EU» automatisch auf «Nein» schaltet. Schwieriger zu verstehen ist das Nein der Grünen. Die Vorstel-lung, dass die Schweiz der EU in Sachen Um-welt- und Qualitätsstandards weit überlegen sei und deshalb Importe verhindert werden müss-ten, stammt aus dem letzten Jahrhundert. Heu-te kämpfen die Umweltorganisationen ja zum Beispiel dafür, dass die Schweiz bei Autos und Glühbirnen endlich die Umweltvorschriften der EU übernimmt – und nicht umgekehrt!

Beim Cassis-de-Dijon geht es nicht darum, der «Geiz ist geil»-Philosophie zu huldigen. Wir müssen aber verhindern, dass ausländi-sche Konzerne und Importeure technische Vor-schriften dazu missbrauchen, die Preise in der Schweiz künstlich in die Höhe zu treiben. Das sind wir den Konsumentinnen und Konsumen-ten – vor allem jenen mit kleinem Portemonnaie – schuldig. Konsumentenpolitik ist nämlich auch Sozialpolitik.

Die SP steht auf der Seite der kon-sumentInnen. nicht nur wenn es um Deklarationspflicht, gentechfreie Landwirtschaft oder bessere Versiche-rungsverträge geht – wir sorgen auch dafür, dass die kaufkraft der haushalte gestärkt wird. Simonetta Sommaruga

[email protected], Ständerätin des Kantons Bern und Präsidentin der Schweizerischen Stiftung für Konsumentenschutz (SKS)

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Linke Frauen

Ein schöner Ausrutscher hat das Ende des me-dialen Sommerlochs markiert: Ein SVP Sekti-onspräsident behauptete, Schweizerinnen - und vor allem linke Frauen – seien ungepflegt und verfilzt. Den armen Schweizer Männern würden Frauen zugemutet, die in Lumpen herumliefen, weder wüssten, wie Mascara buchstabiert, noch wie ein Lippenstift benutzt wird. Ganz zu schweigen vom Tragen einer Handtasche: Nach der russischen Angetrauten des SVP-Herrn sei das DER Unterschied zwischen Schweizerin-nen und Ausländerinnen. Das bewegte «le Ma-tin» zur süffisant unkorrekten Frage, wann die SVP endlich vorschlage, alle Frauen mit Hand-taschen aus der Schweiz auszuweisen. Seien sie doch klar als nicht hiesige erkennbar und zudem, um auf dieser irren Schiene zu bleiben, auch alles potentielle Kandidatinnen für Schein-ehen.Erfreulich ist, dass der oben Genannte nach einer Welle öffentlicher Empörung von allen Ämtern zurücktreten musste. Doch diese dum-me Geschichte wäre nicht einmal erwähnens-wert, wurde doch früher schon Feministinnen vorgeworfen, sie seien ungepflegt und sexuell frustriert und sollten sich mehr um ihre Schön-heit kümmern, damit sie weniger Zeit hätten, so einen Wirbel zu veranstalten und die ganze Gesellschaft durcheinander zu bringen. Was die Geschichte erwähnenswert macht und mich so schön amüsierte, war die Frage der «NZZ am Sonntag», wie ich als oberste linke Frau der Schweiz die SVP-Männer beurteile. Auf diese Frage, hatte ich sofort eine Antwort auf den knallroten Lippen: Denn es gibt durch-aus auch smarte SVP-Männer, aber, Hand aufs Herz, ist es nicht die innere Schönheit, die bei den Männern zählt? Sonst hätte ja so manche Frau Mühe, je einen Mann zu finden. Schöne Männer begrüssen ihre Frauen abends übrigens durchaus aus der Küche, gerade wenn SIE müde vom Politisieren nach Hause kommt. Denn wenn ER kocht, mag SIE nachher noch. Denn ein sexy Mann teilt nicht nur die Freuden und Nöte mit seiner Liebsten, sondern auch die Haus- und Erziehungsarbeit.

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Maria Roth-Bernasconi Co-Präsidentin SP-Frauen

Das Cassis-de-Dijon-Prinzip: Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs betreffend den Import des französischen Johannisbeer-Likörs verdankt es seinen Namen.

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14 links 101/September 2009POSItIOnEn

Sozial entscheidet

Etwas überraschend war es doch. Die CDU zog am Tag nach den Wahlniederlagen in drei deutschen Bundesländern ihr Fazit im Hinblick auf die Bundestagswahlen. Kein aktiverer Wahl-kampf, nicht mehr Auftritte von Bundeskanz-lerin Merkel. Nein. Ihr Fazit: Konzentration auf das Thema soziale Gerechtigkeit. Tatsächlich. Die Nachwahlanalysen zeigten es deutlich: Die Sorge um die soziale Gerechtigkeit hat die Wahlen entschieden. In allen Bundeslän-dern war es das Thema, welches die Menschen am meisten oder zweitmeisten beschäftigte. Und darum wählten die Leute links. SPD und die Linke haben in je zwei von drei Bundeslän-dern gewonnen. Und sie könnten nun auch in zwei Bundesländern gemeinsam regieren. Es ist zu hoffen, dass die SPD diesen Schritt auch macht. Und damit auch von ihren Fehlern aus den 90er-Jahren lernt, als sie der sozialen Ge-rechtigkeit zu wenig Gewicht beimass. Die Situation in der Schweiz ist ähnlich und doch verschieden. Ähnlich, weil auch hier die Frage der sozialen Gerechtigkeit an Bedeutung gewinnt. Kein Wunder: Wenn die Schweiz Mil-liarden in eine Grossbank investiert, diese aber weiterhin Boni in Millionenhöhe auszahlt. Wenn die Nationalbank eine Arbeitslosigkeit von sechs Prozent ankündigt, die Rechte aber gleichzeitig bei der Arbeitslosenversicherung abbauen will. Wenn zu wenig Geld für neue Krippenplätze und gleiche Chancen für unsere Kinder vorhan-den sein soll, gleichzeitig aber die Steuern für die Reichsten weiter gesenkt werden. Und doch verschieden, weil es in der Schweiz nur eine Partei gibt, deren Schwerpunkt die soziale Gerechtigkeit ist. Auch am kommenden Parteitag. Dieser entscheidet über die Lancie-rung einer Initiative für eine sozialere Schweiz. Die Vernehmlassung über fünf Initiativideen auf Internet und bei Sektionen zeigte ein kla-res Bild: 3500 Franken Mindestlohn für alle und neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien stehen zuvorderst. Kein Wunder. Beide Initia-tiven sind Antworten auf die Sorgen der Be-völkerung in der Wirtschaftskrise. Und gerade in dieser Zeit braucht es den Einsatz für mehr soziale Gerechtigkeit. Das haben die Wahlen in Deutschland gezeigt.

StAnDPUnkt

thomas Christen Generalsekretär

Kernstück der neuen Verordnung ist ein besse-rer Schutz der Pflegekinder, also jener Kinder, die nicht mehr in ihrer Familie leben können und ein neues, zweites Zuhause brauchen. Pflegekinder sind Kinder, deren Eltern gewalttätig oder (sucht)krank sind. Diese Eltern sind nicht in der Lage, Verantwortung für Drittpersonen zu überneh-men. Viele dieser Kinder haben bereits Erfahrungen gemacht, die wir keinem Kind zumuten möchten. Die Pflegeeltern, bei denen diese Kinder ein neues Zuhause finden, übernehmen eine grosse Ver-antwortung und eine hochkomplexe Aufgabe. Es ist darum für alle Seiten – Kinder, Pflegeel-tern und Herkunftseltern – wichtig, dass die Platzierung des Kindes und das auf viele Jahre angelegte Pflegeverhältnis klar geregelt ist. Pfle-geeltern brauchen zudem mehr und verlässliche Unterstützung. Die neue Verordnung will in die-sem Bereich schweizweit Minimalanforderun-gen festlegen und die Kantone verbindlich in die Pflicht nehmen. Erfreulich an der aktuellen Debatte ist, dass diese Verbesserungen unbe-stritten sind. Damit scheint das Hauptziel der Reform gesichert.

Im zweiten Teil der Verordnung geht es um den familienergänzenden Bereich. Darunter sind alle Angebote zu verstehen, die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter-stützen, also Krippen, Kindertagesstätten, ver-wandtschaftliche oder nicht verwandtschaft-liche Tagesfamilien. Hier hat sich eine heftige mediale Debatte um die Freiheit und die Eigen-verantwortung der Familien entzündet.

Interessant dabei ist, wie unterschiedlich die Massstäbe sind, die wir in Sachen behördlicher Kompetenz anlegen. So kennen wir ein äusserst detailliertes Tierschutzrecht, lassen die Wasser-qualität der Badi kontrollieren, akzeptieren Vor-schriften im Strassenverkehr und zertifizieren jeden Kaminfeger. Weshalb also sträuben sich die Nackenhaare, wenn es um den Schutz der Kinder geht?

Ein Grund könnte folgender sein: Wir Eltern haben ein latent schlechtes Gewissen, was un-sere Erziehung betrifft. Im Grunde wissen wir genau, dass wir nicht immer das Wohl der Kin-der zuoberst setzen und in Sachen Erziehung nicht unbedingt eine Sechs erhielten. Vor die-sem Hintergrund ist der reflexartige Widerstand gegen alles, was nach «behördlicher Erziehungs-kontrolle» riecht, verständlich.

Der Reflex sollte uns aber nicht davon ab-halten, den Kinderschutz auch dort ernst zu nehmen, wo er etwas mit uns selber zu tun hat. Und so bin ich der Meinung, dass ein paar der vorgeschlagenen Bestimmungen sinnvoll sind, zum Beispiel die Kontrolle aller Angebote, in denen Kinder mehr als 20 Stunden pro Woche verbringen. Daneben gibt es Vorschläge, die ich nicht unterstütze. Was letztlich in die definitive Verordnung aufgenommen wird, wird die Ver-nehmlassung zeigen. Hauptsache ist, dass die offenen Fragen sachlich beantwortet werden und nicht einer ideologischen Polemik zum Op-fer fallen. Denn bei dieser Verordnung geht es um den Schutz der Kinder!

www.spschweiz.ch/familienpolitik

kinderschutz statt IdeologiedebatteDer Entwurf zur neuen kinderbetreu-ungsverordnung (kiBeV) hat zu Beginn der Sommerpause die Zeitungsseiten gefüllt. Von einer Lizenz zum hüten, Bewilligungspflicht füs Grosi, Entmün-digung der Eltern war die Rede. Wie im-mer, wenn die Wogen hoch gehen, lohnt sich ein Blick auf die Fakten und eine sachliche Betrachtung. Denn: Es geht um kinder – und nicht um eine ideologi-sche Debatte über Eigenverantwortung und Staatsaufgaben. Jacqueline Fehr

FAmilienpolitiK

[email protected], Nationalrätin, Vizepräsidentin der SP

Schweiz, Co-Präsidentin der Pflegekinder-aktion Schweiz, Präsidentin der Stiftung Kinderschutz Schweiz, Vize-Präsidentin

von Pro Familia Schweiz

Wir Eltern haben ein latent schlechtes Gewissen, was unsere Erziehung betrifft.

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links 101/September 2009 15POSItIOnEn

Die Frauenrechtskonvention CEDAW ist ein Übereinkommen zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung und wurde von der Schweiz 1997 ratifiziert. Diese hat sich wie alle Vertragsstaaten der CEDAW dazu verpflichtet, regelmässig einen Staatenbericht zum Stand der Umsetzung der Gleichstellung vorzulegen. Neben der offiziellen Schweiz wurden ebenfalls Nichtregierungsorganisationen zur Stellung-nahme und Teilnahme an der Session eingela-den. Ich war in dieser Vierer-Delegation dabei, um gezielt zu lobbyieren, damit die Kommission in der Anhörung der Schweiz die brennenden Fragen zur Gleichstellung in der Schweiz the-matisiert.

Zwei Themen muss die Schweiz prioritär behandeln und bereits in zwei Jahren die dies-bezüglichen Fortschritt aufzeigen: Eine umfas-sende Gesetzgebung zur Gewalt gegen Frauen, inklusive häuslicher Gewalt, muss sobald als möglich erstellt werden. Jede Form von Gewalt gegen Frauen muss dabei sanktioniert werden und es muss sichergestellt sein, dass Frauen und Mädchen als Opfer der Gewalt Zugang zu sofor-tigen Schutzmassnahmen wie beispielsweise Frauenhäusern erhalten. Das zweite Thema be-

trifft Massnahmen zur Eliminierung von Diskri-minierung gegenüber Migrantinnen.

Im Bildungsbereich muss die Schweiz Mass-nahmen entwickeln, welche die (nicht stereoty-pe) Diversifizierung der Wahl der akademischen Fächer und der Berufswahl von Frauen fördern. Dazu gehören Sensibilisierungs-, Ausbildungs- und Beratungsprogramme. Ein Monitoring zu weiblichen Karriereentwicklungen muss erfol-gen, um den gleichen Zugang im Bildungssys-tem sicherzustellen und verdeckte oder indirek-te Diskriminierung von Frauen zu verhindern. Der Frauenanteil in höheren Positionen im öf-fentlichen Leben und in der Politik muss erhöht werden, beispielsweise mit speziellen Bildungs-angeboten für Frauen sowie einem besseren Zu-gang zu solchen Angeboten.

Die Umsetzung der Empfehlungen durch die Schweiz verfolgen wir weiter, beispielsweise in der nächsten Session. Zudem muss die CEDAW-Konvention in der Öffentlichkeit, Verwaltung und Justiz viel stärker bekannt gemacht werden und in Gerichtsentscheiden soll Bezug darauf genommen werden (da die Konvention häufig weiter geht als die Schweizer Gesetzgebung!); auch dies eine Empfehlung der CEDAW-Kom-mission.

www.sp-frauen.ch

Erfolgreiches Lobbying Die SP-Frauen Schweiz traten anläss-lich der 44. Session der kommission der Un-Frauenrechtskonvention CEDAW mit der Schweizer nGO «koordination post Beijing» direkt in den Dialog mit der UnO. patrizia mordini

Bomben und MinaretteBERn Was ist gefährlicher: Ein Minarett oder eine Bombe? Diese Frage werden die Stimm-berechtigten am 29. November beantworten müssen – dann steht nämlich nicht nur die von der SP unterstützte Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten, sondern auch die Anti-Minarett-Initiative der SVP zur Abstim-mung. Derweil die SVP bei den Gebetstürmen eine islamistische Gefahr wittert, scheint sie kein Problem damit zu haben, dass die Schweiz Kriegsmaterial in alle Welt liefert. Grösster Kunde der Schweizer Rüstungsin-dustrie war im letzten Jahr ausgerechnet das instabile Pakistan.

nachbesserungen sind nötigBERn Die steuerliche Entlastung der Fami-lien ist ein Anliegen der SP, insofern zielt die vom Bundesrat und Kommissionen ausge-arbeitete Vorlage in die richtige Richtung. Im Sinn der SP ist insbesondere, dass nicht einfach der Kinderabzug erhöht, sondern neu ein Elterntarif eingeführt werden soll. Dieser Systemwechsel wurde von der SP seit langem gefordert, weil nur so sichergestellt werden kann, dass tatsächlich der Mittelstand und nicht in erster Linie die oberen und obersten Einkommen entlastet werden. Ebenfalls positiv ist, dass künftig die Kinderbetreuungskosten abgezogen werden können. Das ermöglicht es, Beruf und Kinderbetreuung besser miteinander zu vereinbaren. In der Herbstsession muss jedoch nachgebessert werden: Das Gewicht soll stärker zugunsten der unteren und mitt-leren Einkommen verlagert und angesichts der schwierigen Finanzlage das Inkrafttreten auf 2011 verschoben werden.

Erneuerbare und MindestlohnBERn Die fünf Initiativprojekte der SP haben wie gewünscht eine rege Diskussion ausgelöst, an der sich Parteimitglieder, Sympathisie-rende und Personen mit anderer politischer Gesinnung beteiligt haben. Dies belegen die Diskussionsbeiträge im Blog und auf Facebook. Das Echo war überwiegend positiv. An der Abstimmung über die fünf Projekte haben sich schliesslich über 5000 Personen beteiligt. Am meisten Zustimmung finden die Initiativpro-jekte 1 «Lohndumping verbieten – für einen Mindestlohn!» und 2 «Neue Energien für neue Arbeitsplätze». Die Umfrageergebnisse sowie die Inhalte der Forumsdiskussion werden nun dem Parteipräsidium und der Geschäftsleitung zugeleitet. Dort soll eine erste Selektion ge-troffen werden, damit schliesslich der ausser-ordentliche Parteitag in Schwyz vom 17. Okto-ber über die Lancierung einer Volksinitiative befinden kann.

GleichStellUnGSpolitiK

[email protected] ist SP-Stadt-rätin in Bern und Vorstandsmitglied des Vereins Feministische Wissenschaft FemWiss.

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Nach der Anhörung der Schweiz: Patrizia Mordini und Alicia Gamboa

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16 links 101/September 2009PERSOnEn

ROtStICh

Der Gaddafi-Stein-brück-komplex

Potzblitz, da bläst uns aber ein rauer aussenpolitischer Wind ins Gesicht – Sahara-Staub inklusive. Wüstensohn Gaddafi würde uns ohne hinter seiner Sonnenbrille mit der Wimper zu zucken, mittels Atombombe von der Weltkarte tilgen. Dann wären wir tatsäch-lich der weisse Fleck im Herzen Europas, als der wir heute schon auf der EU-Landkarte erscheinen. Falls er denn eine solche Bombe hätte. Hat er aber nicht. Schwein gehabt. Dagegen mutet der deut-sche Schatzmeister, der verbal die Kavallerie gegen uns Alpen-Indianer und unsere Steueroase ins Feld führen will, schon fast harmlos an.

Unser Verteidigungsminister jedenfalls, hat auf die veränderte Bedrohungslage umgehend rea-giert. Ein Panzerkrieg auf euro-päischem Boden scheine, so hört man ihn sagen, sehr unwahr-scheinlich. Auch wenn bis jetzt eine entsprechende Ankündigung fehlt, dürfen wir davon ausgehen, dass in einem nächsten Schritt die ausgemusterten Train-Pferde wieder aktiviert und die schwei-zerische Kavallerie beispiellos auf-gerüstet wird. Man darf gespannt sein.

Damit erkennt der Militärmi-nister die politischen Zeichen der Zeit. Immerhin befindet sich bei der UNO nach wie vor ein kreati-ver Vorschlag des libyschen Herr-schers in der Pipeline, der eine Aufspaltung und Aufteilung unse-res Landes fordert. Nicht auszu-denken, welche unheiligen Allian-zen sich infolgedessen anbieten: Deutschland und Libyen, Schulter an Schulter. Die Deutschschweiz mitsamt Zürich, Paradeplatz und UBS gehen an Deutschland. Gaddafi hat seine Vendetta und Steinbrück die lästige Steueroase internalisiert. Zieht euch warm an, IndianerInnen!

Ein halbes Jahr hat die neu in die Geschäftsleitung der JUSO Schweiz gewählte Mattea Meyer studieren-derweise im französischen Aix-en-Provence verbracht. Eine lange Zeit, in der bei den Jungsozialis-

tInnen (fast) kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Kein Wunder also, dass die 21-jährige Win-

terthurerin ihre Partei nach ihrer Rückkehr Ende Juni fast nicht wie-dererkannte: 13 Prozent Mitglie-derzuwachs, wiedergewonnene politische Schlagkraft und noch nie dagewesene mediale Aufmerk-samkeit – an der Delegiertenver-sammlung Mitte August konnten nicht weniger als sechs neue Sek-tionen aufgenommen werden. Die SP-Jungpartei politisiert derzeit auf der Überholspur.

Auf Facebook, in Blogs, an Podi-umsdiskussionen und an Standak-tio nen – an allen Fronten kämpfen

die SP Kanton Thurgau und ihre Vizepräsi-dentin Susanne Oberholzer ge-gen die unselige «Flat Rate Tax»,

über die im Ostschweizer Kanton am 27. September abgestimmt wird. Vom einheitlichen Steuer-satz profitieren vor allem die ho-hen und höchsten Einkommen, der Mittelstand muss diese Reform bezahlen. Einmal mehr. Der Regie-rungsrat will 100 Millionen pro Jahr verzocken – und das mitten in der Wirtschaftskrise. Es zeigt sich: Die Steuergerechtigkeits-Initiative der SP ist nötiger denn je.

In steuerpolitischer Mission ist auch Nationalrätin Margret kiener

nellen unter-wegs, nament-lich für die die Steuergerechtig-keits-Initiative der SP. Diese will den zuneh-

mend aggressiven Steuerwettlauf innerhalb der Schweiz stoppen

und kommt jetzt in die parlamen-tarische Vorberatung. Mit diversen Studien laufen die Lobbyisten der Reichsten bereits jetzt Sturm. In der Tat, die neoliberale Steuerpo-litik war effizient und hat unser Steuersystem total umgekrem-pelt. 1960 war die Vermögens-steuer noch die Hauptsteuer in der Schweiz. Seither wurde sie run-tergefahren. Die Erbschaftssteuer ebenfalls. Dafür wurde die Be-steuerung der Löhne und Renten hochgefahren. Ebenfalls in den Startlöchern in Sachen Steuern steht Barbara Gy-sel, Kantonsrätin und Präsiden-tin der SP Kanton Zug. Vor den

Som merferien hat die Kanto-nalpartei einen Grundsatzent-scheid gefällt, gegen die unge-rechte Pauschal-

besteuerung von vermögenden Per sonen ohne regelmässigen Er-werb in der Schweiz eine kantonale Volksinitiative zu lancieren. Noch liegt der Ball beim Regierungsrat. Von diesem fordert die SP per Pos-tulat die Streichung der Pauschal-besteuerung aus dem kantonalen Steuergesetz.

Seit Anfang August ist Christina klausener Praktikantin in der Ab-tei lung «Kampagnen und Kommu-

ni kation» im Sek retariat – und hat derzeit alle Hände voll zu tun: Damit die Umstellung auf das neue Er-

scheinungsbild der SP auch für die

Sektionen möglichst reibungslos über die Bühne geht, hilft das Sek-retariat wo immer möglich. Unter anderem können Sektionen das Logo «personalisieren» lassen. Eine E-Mail mit Angaben zur gewünsch-ten Wortmarke an kommunikation @spschweiz.ch genügt.

Die JUSO Schweiz und ihre «1:12-Initiative» haben personelle Verstärkung bekommen. Seit An-fang August arbeiten Andrea Are-zina, Annina Grob und David Gal-

lusser fieberhaft und mit riesiger Motivation am Initiativvorha-ben der Jung-sozialistInnen. Es gibt viel zu tun für die en-gagierten Ge-nossInnen: Ar-gumente müs-sen erarbeitet und ausgefeilt, Bündnispartner gesucht und die eigenen Sektio-nen fit gemacht werden. Schon Ende Septem-ber gilt es näm-lich endgültig

ernst für das Mammut-Projekt der JUSO und es kann endlich unter-schrieben werden – für gerechte Löhne und für ein Ende der dreis-ten Abzockerei in den Chefetagen der Grosskonzerne. Die «1:12-In-itiative» will den maximalen Un-terschied zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lohn innerhalb eines Unternehmens auf den Fak-tor zwölf beschränken. Mehr Infos gibt’s unter www.1-zu-12.ch.

«Der einzige Grund, der eine Entschuldigung rechtfertigen könnte, wäre die Freilassung der Geiseln. Ein kniefall aus wirtschaftlichen

Interessen kommt absolut nicht in Frage.»

ZItAt DES MOnAtS

Der politisch unverdächtiger Swatch-Gründer Nicolas G. Hayek im «Blick» zur Entschuldigung von Bundespräsident Merz und zur Stellungnahme der Economiesuisse.

Page 11: «links» 101, September 2009

17links 101/September 2009 PERSOnEn

ROtE OhREn

Er hat’s nicht immer leicht, unser Parteipräsident. Wann immer Christian Levrat von einem eifrigen Fotografen an einem

Apéro mit einem Glas Weisswein in der Hand erwischt wird, gibt’s anschlies-send tadelnde Rückmeldungen

von «änet» dem Röstigraben, hört man ihn hadern. Protestan-tische Deutschschweizer treffen auf katholischen Romand – «Clash of Civilizations» helve-tischer Prägung. Oder so.

Ein gewisser Gruppendruck lässt sich im Zentralsekretariat feststellen. Kaum hat die Aare ein Temperaturniveau erreicht, das

sich einigermas-sen mit den Menschenrechten vereinbaren lässt, treibt Peter Lauener die Seinen während

der Mittagspause erbarmungslos in die kalten Fluten beim Marzili. Ab 16 °C ist jede Ausrede zweck-los. Dann laufen Ausflüchte à la «ich habe die Badehose verges-sen» ins Leere.

Auf einem Porträt präsentierte sich Cédric Wermuth der geneigten Wählerschaft jüngst mit offensichtlich verkehrtherum

getragenem T-Shirt. Gut erkennbar am Markenlogo unterhalb des Kragens. Absicht, so hört man

sagen, weil das Frontsujet unglücklich gewählt gewesen sei. Darüber, welche Unflätigkeit uns genau vorenthalten wurde, lässt sich nur mutmassen. Als gesichert gilt hingegen, dass der JUSO-Chef daraufhin vom unfreiwillig beworbenen Hersteller kostenlos mehrere Shirts und einen herz-lichen Dank zugestellt bekam.

links 101, 07/09 – «Das neue Ge-sicht der SP»

«ja» zum neuen «ja»!Ich finde das neue Logo schön – und das «ja» sagen sowieso. «ja» sagen wir doch immer dann, wenns vorwärts gehen soll. Ein «ja» braucht’s immer dann, wenn alte Zöpfe abgeschnitten werden und Neues gewagt wird. «ja» sagen wir auch dann, wenn wir zurück-blicken und sehen, wofür die SP gekämpft und was sie erreicht hat: «ja» zur sozialen Sicherheit, «ja» zu Solidarität, «ja» zum Mitgestalten. Die GenossInnen, die ich kenne, sind «ja»-Sager und das ist gut so. Denn am Anfang von allem Wich-tigen steht immer ein «ja». «ja» zu einem neuen Job, «ja» zu einer neu-en Liebe, «ja» zu einem neuen Amt – «ja» zu einem neuen «ja».

Andrea Sprecher, Zürich

Leider neinSo also will die SP in Zukunft auf-treten: gefangen in einer irritie-

renden Box. Dazu als Slogan ein überdimensioniertes, positivisti-sches «ja» in schwächlichen Klein-buchstaben, das, da man ja nicht allem und jedem zunicken kann, dann bei Abstimmungsvorlagen doch wieder weggelassen wird. Versteht jemand diesen kompli-zierten Gedankengang hinter einer verwirrlichen Idee? Leider nein. Solch ein kompaktes Grundlo-go mag ja prima sein für eine In-dustriegesellschaft, als Gesamt-paket mit geschliffenen Kanten. Aber doch nicht für eine Partei, die ihre Meinungsfindung einmal mit einem entschlossenen Ja, ein andermal mit einem nicht weniger beherzten Nein ausdrückt. Steht dieser Klotz ausser für geballte Kraft auch für die debattierende Vielseitigkeit der SP und ihr nuan-ciertes Abwägen? Leider nein.

Martin Benkler, Gipf-Oberfrick

Aller Anfang ist schwerDas neue Logo ist gewöhnungsbe-dürftig. Wie alle neuen Logos. Ob

150 JUSOs haben vom 1. bis 6. August am ersten Sommerlager der JungsozialistInnen in Flurberg teilgenommen – ein voller Erfolg! Sommer, Sonne und vor allem: Sozialismus. Verschiedene Workshops zu Themen wie inter-nationale Solidarität, Sektionsarbeit, Kampagnen, Allgemeine Erwerbsversicherung, Rechtsextremismus oder Grundbegriffe der Volkswirtschaft boten Gelegenheit für angeregte Diskussionen.

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es einem gefällt oder nicht: Wichtig ist, dass es alle möglichst konse-quent anwenden. Mit Einheitlich-keit erreichen wir mehr politische Schlagkraft – die Nationalratswah-len 2011 lassen grüssen. Wir wol-len, dass unsere Partei stärker wird. Also machen wir uns jetzt wegen dem Logo nicht selber fertig. Das «ja» mag auf den ersten Blick irri-tieren. Dennoch: Das «ja» ist eine Botschaft, die unsere grundsätzli-che Haltung, unser positives Men-schenbild transportiert. Dass alle Menschen grundsätzlich schlecht sind, sagen andere. Nach den ers-ten Briefen im neuen «Look» habe ich mich schon fast an den neuen Auftritt gewöhnt.

Adrian Wüthrich, Huttwil

LeserInnenbriefeJe kürzer dein LeserInnenbrief, desto grösser die Chance, dass er veröffentlicht wird. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. SP Schweiz, Redaktion «links», Spitalgasse 34, 3001 Bern. [email protected].

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18 links 101/September 2009AktIV

Für eine solide AhV

Mit einem Ja zur moderaten und befristeten Erhöhung der Mehr-wertsteuer soll die Invalidenver-sicherung endlich auf ein solides finanzielles Fundament gestellt werden. Die Invalidenversicherung ist seit vielen Jahren nicht ausrei-chend finanziert. Jährliche Defizi-te – aktuell in der Höhe von ca. 1,4 Milliarden Franken – sorgen dafür, dass inzwischen eine Schuld von 13 Milliarden aufgelaufen ist. Da die AHV und die IV eine gemeinsame Kasse haben, ist das Defizit der IV auch problematisch für die AHV.

Die Invalidenversicherung ist eine tragende Säule unseres Sys-tems der sozialen Sicherheit. Sie unterstützt Menschen, die wegen gesundheitlichen Einschränkun-gen Hilfs mittel wie z. B. Rollstühle

und speziell eingerichtete Autos benötigen, um einer Arbeit nach-zugehen. Und sie garantiert den Betroffenen eine minimale mate-rielle Existenz – auch jenen, die zu keiner geregelten Arbeit mehr fähig sind. Damit erfüllt die Versicherung den Auftrag, den ihr die Verfassung zuschreibt. Damit sie dies weiter tun kann, braucht sie zusätzliche Einnahmen. Jede oder jeder kann in die Situation kommen, von der IV Leistungen beziehen zu müssen.

Die IV ist eine Volksversicherung, wie kaum eine andere.

Durch den gemeinsamen Fonds sind AHV und IV schicksalhaft mit-einander verknüpft. Die Trennung des Fonds bedeutet, dass beide Versicherungen in Zukunft eigen-ständig funktionieren müssen. Auch wenn wir es begrüsst hätten, diese Trennung erst durchzufüh-ren, wenn die IV auf einer gesun-den finanziellen Basis steht, haben wir uns mit diesem Schritt einver-

standen erklärt. In den kommen-den Jahren wird es eine anspruchs-volle Aufgabe sein, dafür zu sorgen, ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausga-ben herzustellen. Ein Ja zur Zu-satzfinanzierung schafft eine gute Ausgangslage für diese Arbeit, in-dem während diesen sieben Jahren keine neuen Schulden entstehen.

Ein Ja zur Zusatzfinanzierung ist auch dringend notwendig, da-mit sich die mit der 5. IV-Revision eingeführten Instrumente in der Praxis bewähren können. Die IV-Stellen sind immer noch daran, die neuen Instrumente in den Ar-beitsalltag zu integrieren und die Massnahmen umzusetzen. Auf Sei-te der Arbeitgebenden ist übrigens trotz entsprechender Ankündigun-gen von bürgerlicher Seite noch nicht viel geschehen.

Am 27. September geht es um die Existenzsicherung von IV und AhV. Wir müssen auch in schwierigen Zeiten einem wichtigen Sozialwerk die Unterstützung gewäh-ren. Silvia Schenker

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UnbrauchbarDie Allgemeine Volksinitia-tive, Ausdruck bürgerlichen Demokratieverständnis-ses, steht vor dem Aus. Zu kompliziert, kaum umsetzbar und den Aufwand nicht wert, gemessen am geringen poli-tischen Effekt. So lautet das Verdikt von kommission und Parlament. Bea heim

Denn im Kern ist die Allgemeine Volksinitiative nicht mehr als eine Anregung, bei der nicht die Initi-

anten, sondern das Parlament be-stimmt, ob sie in der Verfassung oder auf Gesetzesstufe umgesetzt wird und wie weit Änderungen vorgenommen werden. Lehnt die-ses den Vorschlag ab, kommt es zur Volksabstimmung. Sagt das Volk Ja, können die Initianten vor Bundesgericht klagen, wenn die Vorlage des Rates nicht mehr ih-ren Intentionen entspricht. Das Bundesgericht würde wohl sehr zurückhaltend entscheiden. Denn seine Wahlbehörde ist ebendieses Parlament, über dessen Arbeit es

zu befinden hätte. Alles in allem müsste für die Umsetzung einer Vorlage mit einer Zeitdauer von etwa sieben Jahren gerechnet wer-den. 100 000 Unterschriften, bloss um dem Parlament einen Ball zu-zuspielen, ohne die Gewähr zu ha-ben, dass das Anliegen wenigstens im Kern in die gewollte politische Richtung verfolgt wird? Eine ver-wirrend komplizierte Geschichte. Und langwierig dazu. Von den Bür-gerlichen propagiert, kritisierte die SP die Idee von Beginn an als Tot-geburt.

Am 27. September ist dem bür-gerlichen Schildbürgerstreich end-gültig ein Ende zu setzen. Wir von der SP dürfen durchaus etwas Ge-nugtuung spüren, wenn wir den Stimmbürgerinnen und Stimm-bürgern raten, ein JA zur Abschaf-fung der Allgemeinen Volksinitiati-ve in die Urne zu legen.

[email protected] ist Nationalrätin aus dem Kanton Basel-Stadt und Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK.

[email protected] ist Na-tionalrätin aus dem Kanton Solothurn und Mitglied der staatspolitischen Kommis-sion SPK.

iV-ZUSAtZFinAnZieRUnG

VeRZicht AUF AllGemeine VolKSinitiAtiVe

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links 101/September 2009

hoffnung auf Frieden

Seit 25 Jahren dauert in Kurdistan ein bluti-ger Konflikt, der rund 40 000 Tote forderte. Die Türkei wollte die Kurden durch Militär-gewalt türkisieren, die PKK wollte mit ihrem Guerillakrieg einen sozialistischen Staat erkämpfen. Nach 1990 verliess sie ihre mar-xistisch-leninistische Linie und strebte eine demokratische Lösung der kurdischen Frage an. Abdullah Öcalan reiste nach Europa und versuchte den Waffenkonflikt zu beenden. Weil die Türkei durch die Nato und die Wirt-schaft starken Einfluss ausübte, gaben die Europäische Union und die USA nach und fanden keine Lösung. Öcalan wurde in die Türkei ausgeliefert. Heute ist die Türkei be-reit, ihre Politik der Verneinung, Verachtung und Folter zu beenden. Ministerpräsident Erdogan signalisierte erstmals seit Jahren Kompromissbereitschaft: «Wir können nicht bis Ende des Jahres 2009 warten. Das ist zu spät.» Kurdenführer Öcalan sagte vor kur-zem, dass die Zeiten der Siege durch Waffen wie in der französischen oder russischen Revolu tion vorbei seien. Er lobte die tür-kischen Bemühungen im Friedensprozess: «Die angekündigten Schritte sind genau so bedeutend wie der Prozess zur Grün-dung der Republik seitens Mustafa Kemal Atatürks.» Die EU, die USA, die Schweiz und Russland teilen den Standpunkt, dass Konflikte nicht durch Kriege, sondern durch Dialog und Demokratisierung gelöst werden. Öcalan hat unter dem Titel «Mani-fest der demokratischen Gesellschaft» drei Bücher herausgegeben. In diesen Büchern beschreibt er das Paradigma und die Argu-mentationen der Systemgegner im 21. Jahr-hundert, er beschreibt, wie man gegen diese alten Systeme und Nationalstaaten politisch vorgehen und wie man das Chaos der kapi-talistischen Modernität beenden könnte. Er schlägt als Lösung vor, die Völker politisch, ökonomisch und kulturell zu emanzipieren, zwischen den Völkern Freundschafts- und Friedensbeziehungen zu stärken und ein Konföderalsystem zu bauen, das demokra-tisch, gleichberechtigt und ökologisch ist. Ich hoffe, dass die Weltöffentlichkeit den Friedensprozess in Kurdistan unterstützt.

D2.2.0907Arbeitszeugnis: nutze deine ChanceWer oder was entscheidet über meine berufliche Laufbahn oder einen erfolgreichen Stellenwechsel? Das schriftliche Arbeitszeugnis ist wichtig. Dieses Seminar richtet sich an Arbeitnehmende, die Genaueres über Form, Inhalt, Berichtigungsan-spruch wissen wollen, um für ihre persönliche Situation zu profitieren.Do, 17.9.2009 in Olten Referent: Urs Egger (Unia)

D2.1.0909Der Service Public in der PrivatisierungsfalleViele öffentliche Betriebe wurden in den letzten Jahren ausgelagert, verkauft oder privatisiert. Anhand der Beispiele Post, Spital und Bahn zeigen wir die Auswirkungen auf die Angestellten sowie die Gesellschaft auf und diskutieren Alternativen.Do/Fr, 12/13.11.2009 in VitznauReferenten: Jérôme Hayoz (SEV), Stefan Giger (vpod), Franz Schori (Gewerkschaft Kommunikation)

D2.3.0902Sozialversicherungen verständlich gemachtDieses Seminar erklärt das Schwei-zer Sozialversicherungssystem, insbesondere die 1. Säule (AHV/IV) und 2. Säule (berufliche Vorsorge).Mo, 19.10.2009 in Ostermundigen Referent: Otto Piller (ehem. Direktor Bundesamt für Sozial-versicherungen)

Bei Gewerkschaftsmitgliedern werden die Kosten meistens übernommen. Mit deiner Anmeldung klären wir die Kostenfrage ab und informieren dich. SP-Mitglieder, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, profitieren vom reduzierten Tarif von Fr. 230.– (390.–) pro Tag.

Anmeldung: online www.movendo.chMail [email protected] 031 370 00 70Fax 031 370 00 71

Das Bildungsinstitut der Gewerkschaften

AGEnDA CARtE BLAnChE

Sait Uzunlic. phil.Psychologe [email protected]

IMPRESSUM

herausgeberSP Schweiz und Verein SP-Info, Spitalgasse 34 3001 Bern, Telefon 031 329 69 69 Fax 031 329 69 70Erscheint 11 mal pro Jahr

Auflage 48 000

AbonnementspreiseFür Mitglieder der SP Schweiz gratis

Adressänderungen/[email protected]

RedaktionStefan Krattiger (Chefredaktion), Barbara Berger (SP-Frauen), Clemens Ackermann (SP Kanton Solothurn), Nicole Amacher (SP Basel-Stadt), Ruedi Brassel (SP Baselland), Daniel Furter (SP Kanton Bern), Katharina Kerr (SP Kanton Aargau), Daniel Ludin (SP Kanton Luzern), Urs Geiser (Korrektor)

E-Mail [email protected]

Gestaltungskonzeptmuellerluetolf.ch

ProduktionAtelier Kurt Bläuer, Bern

DruckRotaz AG, Postfach 36, 8201 Schaffhausen

AnzeigenKretz AG, General Wille-Strasse 147, 8706 Feldmeilen, Telefon 044 925 50 60, Fax 044 925 50 77, [email protected]

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 19.8.Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 5.10.

19. September, 13.30 UhrGesamtschweizerische Demo von SP und Gewerkschaften auf der Schützenmatte in Bern.www.spschweiz.ch/demo

26. September, 10.30 UhrFrauenkoordination KoFain [email protected] 031 329 69 90.

16. oktober 2009, 14.30 UhrKoordinationskonferenz der SP Schweiz in Brunnenmonika.bolliger@ spschweiz.choder 031 329 69 92.

17. oktober 2009, 11.15 UhrAusserordentlicher Parteitagder SP Schweiz im «Mythen-Forum» in SchwyzDer Versand der Unterlagen und der definitiven Traktanden-liste erfolgt am 10. September. Am 6. Oktober läuft die Frist für Anträge zum Schwerpunkt-thema und für die Einreichung von Resolutionen ab.