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Kapitel 8 Optionspreistheorie In diesem Kapitel werden wir die martingaltheoretischen Resultate aus Teil I auf das finanzmathematische Problem der Preisbestimmung für europäische und ameri- kanische Optionen anwenden. Dabei werden Ergebnisse aus den Kap. 1, 2, 6 und 7 benutzt. Seien .˝; F ;P/ ein Wahrscheinlichkeitsraum, T Df0;:::;N g mit N 2 N und F D .F n / n2T eine Filtration in F . 8.1 Arbitrage, Martingalmaße und Hedge für europäische Optionen Wir untersuchen einen Finanzmarkt mit d C 1 Finanzprodukten, wie etwa Akti- en, Anleihen, Währungen, Bankkonten etc., in dem zu endlich vielen Zeitpunk- ten Handel möglich ist. Ein zeitdiskretes Marktmodell besteht aus einer Filtration F D .F n / n2T mit T Df0;:::;N g;N 2 N und einem adaptierten R d C1 -wertigen Prozess S D .S n / n2T , S D .S 0 ;S 1 ;:::;S d / mit d 2 N;S 0 n >0 und S i n 0 für alle n 2 T und 1 i d , wobei S i n den Preis von Finanzprodukt i zur Zeit n modelliert. S 0 wird eine besondere Rolle spielen. Eine Handelsstrategie (oder dynamisches Portfolio) ist ein vorhersehbarer R d C1 - wertiger Prozess H D .H 0 ;H 1 ;:::;H d /. Dabei beschreibt H i n für n 1 die An- zahl der Anteile von Finanzprodukt i im Portfolio im Zeitintervall .n 1; nŁ. Das Portfolio H n wird im Anschluss an die Information zur Zeit n 1 gebildet und bis n gehalten. H i 0 beschreibt die entsprechende Anzahl zur Zeit n D 0. H i n darf negativ sein, was dann als Kredit oder Leerverkauf zu interpretieren ist. Wir unterstellen, dass die Finanzprodukte in beliebigen Mengen gehandelt werden können. Der Wert von H zur Zeit n ist H n S n , wobei das Produkt von Vektoren als Skalarprodukt zu lesen ist, also H n S n D d X i D0 H i n S i n : H. Luschgy, Martingale in diskreter Zeit, Springer-Lehrbuch Masterclass, 283 DOI 10.1007/978-3-642-29961-2_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Martingale in diskreter Zeit || Optionspreistheorie

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Kapitel 8Optionspreistheorie

In diesem Kapitel werden wir die martingaltheoretischen Resultate aus Teil I aufdas finanzmathematische Problem der Preisbestimmung für europäische und ameri-kanische Optionen anwenden. Dabei werden Ergebnisse aus den Kap. 1, 2, 6 und 7benutzt.

Seien .˝;F ; P / ein Wahrscheinlichkeitsraum, T D f0; : : : ; N g mit N 2 N undF D .Fn/n2T eine Filtration in F .

8.1 Arbitrage, Martingalmaße und Hedge für europäischeOptionen

Wir untersuchen einen Finanzmarkt mit d C 1 Finanzprodukten, wie etwa Akti-en, Anleihen, Währungen, Bankkonten etc., in dem zu endlich vielen Zeitpunk-ten Handel möglich ist. Ein zeitdiskretes Marktmodell besteht aus einer FiltrationF D .Fn/n2T mit T D f0; : : : ; N g; N 2 N und einem adaptierten R

dC1-wertigenProzess S D .Sn/n2T , S D .S0; S1; : : : ; Sd / mit d 2 N; S0

n > 0 und S in � 0 für

alle n 2 T und 1 � i � d , wobei S in den Preis von Finanzprodukt i zur Zeit n

modelliert. S0 wird eine besondere Rolle spielen.Eine Handelsstrategie (oder dynamisches Portfolio) ist ein vorhersehbarerRdC1-

wertiger Prozess H D .H 0; H 1; : : : ; H d /. Dabei beschreibt H in für n � 1 die An-

zahl der Anteile von Finanzprodukt i im Portfolio im Zeitintervall .n � 1; n�. DasPortfolio Hn wird im Anschluss an die Information zur Zeit n�1 gebildet und bis n

gehalten. H i0 beschreibt die entsprechende Anzahl zur Zeit n D 0. H i

n darf negativsein, was dann als Kredit oder Leerverkauf zu interpretieren ist. Wir unterstellen,dass die Finanzprodukte in beliebigen Mengen gehandelt werden können. Der Wertvon H zur Zeit n ist HnSn, wobei das Produkt von Vektoren als Skalarprodukt zulesen ist, also

HnSn DdX

iD0

H inS i

n:

H. Luschgy, Martingale in diskreter Zeit, Springer-Lehrbuch Masterclass, 283DOI 10.1007/978-3-642-29961-2_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

284 8 Optionspreistheorie

Der Prozess

V.H/ WD .HnSn/n2T

heißt Wertprozess von H . Transaktionskosten werden dabei vernachlässigt.Eine Handelsstrategie H heißt selbstfinanzierend, falls

Hn�1Sn�1 D HnSn�1

für alle n 2 T; n � 1. Dies ist gleichbedeutend zu

�Vn.H/ D Hn�Sn

für alle n 2 T; n � 1. Da HnSn�1 für n � 1 den Wert des Portfolios Hn imZeitintervall .n � 1; n/ angibt, liegt Selbstfinanzierung vor, falls genau der WertVn�1.H/ D Hn�1Sn�1 von H zur Zeit n � 1 reinvestiert wird. Nach der Anfangs-investition V0.H/ finden also keine positiven oder negativen Entnahmen mehr stattund Änderungen �Vn.H/ des Wertes von H resultieren nur aus Kursänderungen�Sn. Mit

Swird die Menge der selbstfinanzierenden Handelsstrategien bezeichnet.

Die Preistheorie für Optionen und andere Finanzderivate basiert auf dem folgen-den Arbitragekonzept.

Definition 8.1 Eine Handelsstrategie H 2 S heißt Arbitragestrategie, falls

V0.H/ D 0; VN .H/ � 0 und P.VN .H/ > 0/ > 0:

Das Marktmodell heißt arbitragefrei, falls es keine Arbitragestrategie gibt.

Eine Arbitragestrategie liefert mit positiver Wahrscheinlichkeit einen risikolosenProfit.

Wegen der Voraussetzung S0 > 0 kann man S0 als Numeraire und damit

ˇ WD 1

S0

als Diskontierungsprozess benutzen. Mit den Bezeichnungen

QS WD .S1; : : : ; Sd / und QH WD .H 1; : : : ; H d /

gilt für den diskontierten Preisprozess

ˇS D .1; ˇ QS/

und ferner für jede Handelsstrategie H

H � ˇS D QH � ˇ QS:

Diskontierung ermöglicht den Vergleich von Preisen zu verschiedenen Zeitpunkten.

8.1 Arbitrage, Martingalmaße und Hedge für europäische Optionen 285

Die Menge der äquivalenten Martingalmaße für ˇS gemäß 7.9 wird mit

P D P.ˇS/

bezeichnet. Offenbar gilt

P D P.ˇ QS/:

Wenn auch die Abhängigkeit der Menge P vom Maß P deutlich sein soll, schreibenwir P.ˇ QS; P / für P.

Typischerweise ist der diskontierte Wertprozess einer selbstfinanzierenden Han-delsstrategie ein universelles P-Martingal.

Lemma 8.2 Für eine Handelsstrategie H gilt H 2 S genau dann, wenn

ˇV.H/ D ˇ0V0.H/ C QH � ˇ QS:

Insbesondere ist für Q 2 P und H 2 S mit ˇ0V0.H/ 2 L1.Q/ und .ˇN VN .H//� 2L1.Q/ (oder (ˇN VN .H//C 2 L1.Q// der diskontierte Wertprozess ˇV.H/ von H

ein Q-Martingal.

Beweis Die komponentenweise Anwendung von 1.15(b) liefert

ˇV.H/ D ˇHS D ˇ0V0.H/ C H � ˇS C .ˇS/� � H

D ˇ0V0.H/ C QH � ˇ QS C .ˇS/� � H;

und die Selbstfinanzierungsbedingung für H ist wegen ˇ > 0 äquivalent zuˇn�1Sn�1�Hn D 0 für alle n 2 T; n � 1 und damit zu .ˇS/� � H D 0. We-gen

ˇV.H/ D ˇ0V0.H/ CdX

iD1

H i � ˇS i

ist ˇV.H/ nach 2.25 Summe lokaler Q-Martingale und damit wegen 4.34 selbst einlokales Q-Martingal. Die (echte) Martingaleigenschaft von ˇV.H/ folgt aus 2.24. ut

Durch geeignete Investition in Finanzprodukt 0 (Numeraire) erhält man aus jederInvestition in die Finanzprodukte i 2 f1; : : : ; d g eine selbstfinanzierende Handels-strategie mit vorgegebener Anfangsinvestition.

Lemma 8.3 Seien QH ein vorhersehbarer Rd -wertiger Prozess und M0 eine F0-

messbare reelle Zufallsvariable. Dann gibt es ein fast sicher eindeutiges K D.K0; QK/ 2 S mit QK D QH und

ˇV.K/ D M0 C QH � ˇ QS:

286 8 Optionspreistheorie

Beweis Sei M WD M0 C QH � ˇ QS . Für den durch QK WD QH und

K0 WD M � ˇ QH QS

definierten Prozess K D .K0; QK/ gilt wegen 1.15(b)

K0 D M0 C QH � ˇ QS � ˇ QH QSD M0 � ˇ0

QH0QS0 � .ˇ QS/� � QH D K0

0 � .ˇ QS/� � QH:

Also ist K0 und damit K vorhersehbar. Für den diskontierten Wertprozess von K

gilt

ˇV.K/ D ˇKS D ˇ.K0S0 C QH QS/ D K0 C ˇ QH QS D M:

Dies impliziert K 2 S wegen 8.2 und außerdem die fast sichere Eindeutigkeitvon K . ut

Wir können jetzt ein zentrales Resultat der Preistheorie beweisen. Es liefert eineMartingal-Charakterisierung der Arbitragefreiheit von Marktmodellen.

Satz 8.4 (Arbitragefreie Marktmodelle und Martingalmaße, Dalang, Morton undWillinger) Das Marktmodell ist genau dann arbitragefrei, wenn

P 6D ;;

und dann existiert ein Q 2 P mit dQ=dP jFN 2 L1.FN ; P /.

Beweis Sei P 6D ; und Q 2 P. Ist H 2 S mit V0.H/ D 0 und VN .H/ � 0, so istˇV.H/ nach 8.2 ein Q-Martingal und daher

EQˇN VN .H/ D EQˇ0V0.H/ D 0:

Dies impliziert VN .H/ D 0 Q-f.s. und somit VN .H/ D 0 P -f.s. Also existiertkeine Arbitragestrategie.

Sei nun umgekehrt das Marktmodell arbitragefrei. Zur Abkürzung sei

X WD ˇ QS D .ˇS1; : : : ; ˇSd /:

1. Für

Kn WD fU�Xn W U 2 L0.Fn�1; P IRd /ggilt

Kn \ L0C.Fn; P / D f0gfür alle n 2 T; n � 1. Andernfalls gibt es ein n 2 T; n � 1 und ein U 2L0.Fn�1; P IRd / mit U�Xn � 0 und P.U�Xn > 0/ > 0. Definiert man einenvorhersehbaren R

d -wertigen Prozess QH durch QHn WD U und QHj WD 0 für j 6D 0,

8.1 Arbitrage, Martingalmaße und Hedge für europäische Optionen 287

so gibt es nach 8.3 ein K 2 S mit ˇV.K/ D QH � X . Wegen ˇ0V0.K/ D 0 undˇN VN .K/ D U�Xn ist dann K eine Arbitragestrategie.

Für den konvexen Kegel

Cn.Q/ WD .Kn � L0C.Fn; P // \ L1.Fn; Q/

folgt aus obiger Eigenschaft von Kn

Cn.Q/ \ L1C.Fn; Q/ D f0gfür jedes n 2 T; n � 1 und jede Verteilung Q auf FN mit Q � P jFN . FürW 2 Cn.Q/ \ L1C.Fn; Q/ gilt nämlich W D Y � Z � 0 mit Y 2 Kn undZ 2 L0C.Fn; P /, also Y � Z � 0. Wegen Kn \ L0C.Fn; P / D f0g folgt Y D 0

und damit Z D 0. Man erhält W D 0.2. Für n 2 T; n � 1 und jede Verteilung Q auf FN mit Q � P jFN existiert eine

Verteilung R D R.n; Q/ auf FN mit R � Q, dR=dQ 2 L1.Fn; Q/ und X ist einR-Martingal auf fn � 1; ng � T .

Dazu sei zunächst Q1 eine zu Q äquivalente Verteilung auf FN mit dQ1=dQ 2L1.Fn; Q/ und X i

n; X in�1 2 L1.Q1/ für alle 1 � i � d . Man wähle etwa

Q1 WD C.1 C kXn�1k C kXnk/�1Q

mit geeigneter Normierung C 2 .0; 1/, wobei k � k die euklidische Norm auf Rd

bezeichnet.Für Y 2 L1C.Fn; Q1/ mit Y 6D 0 gilt Y … Cn WD Cn.Q1/, denn Cn \

L1C.Fn; Q1/ D f0g nach 1. Da Cn nach 1. und 7.12 abgeschlossen in L1.Fn; Q1/

ist, existiert nach dem Trennungssatz A.7 ein Z 2 L1.Fn; Q1/ mit

a WD supW 2Cn

EQ1ZW < EQ1

ZY < 1:

Wegen 0 2 Cn und der Kegeleigenschaft von Cn folgt a D 0, also

EQ1ZW � 0 < EQ1

ZY

für alle W 2 Cn. Wegen W WD �1fZ<0g 2 Cn gilt EQ1Z� D EQ1

ZW � 0, alsoZ � 0, und wegen EQ1

ZY > 0 gilt Q1.Z > 0/ > 0. Durch Übergang von Z zuZ=kZk1 können wir Z � 1 annehmen, so dass Z in der Menge

Zn D Zn.Q1/ WD fZ 2 L1.Fn; Q1/ W 0 � Z � 1; Q1.Z > 0/ > 0;

EQ1ZW � 0 für alle W 2 Cng

liegt. Sei

c WD supfQ1.Z > 0/ W Z 2 Zng:Man wähle Zk 2 Zn mit Q1.Zk > 0/ ! c für k ! 1. Für

Z� WD1X

kD1

2�kZk

288 8 Optionspreistheorie

liefert dominierte Konvergenz Z� 2 Zn, und wegen fZ� > 0g D S1kD1fZk > 0g

folgt Q1.Z� > 0/ D c. Ferner gilt c D 1. Andernfalls ist Q1.Z� D 0/ > 0, alsoY WD 1fZ�D0g 6D 0, und damit existiert ein Z 2 Zn mit EQ1

ZY > 0. Man erhält

Q1.Z > 0; Z� D 0/ D Q1.ZY > 0/ > 0

und daher

Q1..Z C Z�/=2 > 0/ D Q1.Z > 0; Z� D 0/ C Q1.Z� > 0/ > Q1.Z� > 0/:

Dies widerspricht wegen .Z C Z�/=2 2 Zn der Maximalität von Q1.Z� > 0/.Nun definieren wir ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf FN durch

R WD Z�

EQ1Z� Q1:

Wegen Q1.Z� > 0/ D 1 und 7.1(a) gilt R � Q1, also auch R � Q und

dR

dQD dR

dQ1

dQ1

dQ2 L1.Fn; Q/:

Für j 2 fn � 1; ng und 1 � i � d erhält man

ERjX ij j D EQjX i

j j dR

dQ1

� EQ1jX i

j jEQ1

Z� < 1

und wegen ˙1F �X in 2 Cn für F 2 Fn�1 folgt

ER1F �X in D EQ1

1F �X inZ�

EQ1Z� D 0:

Dies impliziert ER.�X injFn�1/ D 0 und damit ist X ein R-Martingal auf fn�1; ng.

3. Wir zeigen jetzt durch Rückwärtsinduktion, dass für alle n 2 T; n � 1 eineVerteilung Qn auf FN existiert mit Qn � P jFN ; dQn=dP jFN 2 L1.FN ; P /

und X ist ein Qn-Martingal auf T n�1 D fj 2 T W j � n � 1g. Die Vertei-lung Q WD Q1 ist dann das gesuchte äquivalente Martingalmaß. Für n D N hatQN WD R.N; P jFN / nach 2. die gewünschten Eigenschaften. Für n 2 T; n � 2

sei Qn�1 WD R.n � 1; Qn/. Wegen der Induktionsvoraussetzung und 2. gilt dannQn�1 � Qn � P jFN und

dQn�1

dP jFn

D dQn�1

dQn

dQn

dP jFn

2 L1.FN ; P /:

Für 1 � i � d und j 2 fn � 2; n � 1g gilt ferner

EQn�1jX i

j j < 1nach 2. und für j 2 T n

EQn�1jX i

j j D EQnjX i

j jdQn�1

dQn

< 1

8.1 Arbitrage, Martingalmaße und Hedge für europäische Optionen 289

wegen der Induktionsvoraussetzung und der Beschränktheit von dQn�1=dQn. Manbestätigt auch leicht die Martingaleigenschaft von X auf T n�2 unter Qn�1. Nach 2.gilt nämlich

EQn�1.�X i

n�1jFn�2/ D 0;

1 � i � d . Für den Dichteprozess

Lj WD dQn�1jFj

dQnjFj

; j 2 T

gilt nach 7.1(b) Lj D EQn.dQn�1=dQnjFj /, also wegen der Fn�1-Messbarkeit

von dQn�1=dQn

Lj D Ln�1 D dQn�1

dQn

; falls j 2 T n�1:

Man erhält mit 7.2(b) und der Induktionsvoraussetzung für j 2 T n

Ln�1EQn�1.�X i

j jFj �1/ D EQn.�X i

j Ln�1jFj �1/ D Ln�1EQn.�X i

j jFj �1/ D 0

und dies impliziert EQn�1.�X i

j jFj �1/ D 0 für alle 1 � i � d . Damit ist derInduktionsschritt bewiesen. ut

Eine bemerkenswerte Konsequenz von 8.4 ist die folgende Integrabilitätseigen-schaft beliebiger reeller Zufallsvariablen.

Korollar 8.5 Sei P 6D ;. Für jede FN -messbare reelle Zufallsvariable U gibt esein Q 2 P mit U 2 L1.Q/.

Beweis Für die durch

P1 WD c.1 C jU j/�1P

mit geeigneter Normierung c 2 .0; 1/ definierte Verteilung auf F gilt P1 � P undU 2 L1.P1/. Wegen P D P.ˇ QS; P / D P.ˇ QS; P1/ gibt es nach 8.4 ein Q 2 P mitbeschränkter Dichte dQ=dP1jFN . Für dieses Q gilt U 2 L1.Q/. ut

Im Markt werden nicht nur die Finanzprodukte i 2 f0; : : : ; d g, sondern auchDerivate oder Claims gehandelt. Europäische Claims werden durch ihre zufallsab-hängige Auszahlung an den Inhaber zum Ende der Laufzeit n D N beschrieben.Formal ist ein europäischer Claim eine FN -messbare reelle Zufallsvariable C mitC � 0.

Beispiel 8.6 (Europäische Optionen) (a) Der Käufer (Halter) einer europäischenCall-Option auf das Finanzprodukt i erwirbt das Recht, aber nicht die Verpflich-tung, das Finanzprodukt i vom Verkäufer (Stillhalter) der Option zum Zeitpunkt N

zum Preis K 2 .0; 1/ (Strike, Ausübungspreis) zu kaufen. Der zugehörige Claimist gegeben durch die Auszahlung (den Wert) der Option zum Zeitpunkt N , alsodurch

C D .S iN � K/C:

290 8 Optionspreistheorie

Der Käufer einer europäischen Put-Option auf das Finanzprodukt i erwirbt dasRecht, aber nicht die Verpflichtung, das Finanzprodukt i an den Verkäufer der Op-tion zur Zeit N zum Preis K 2 .0; 1/ zu verkaufen. Dies entspricht einem Claimder Form

C D .K � S iN /C:

Call und Put sind Beispiele für pfadunabhängige Claims C , bei denen C.!/ nurvon SN .!/ und nicht vom gesamten Pfad .Sn.!//n2T abhängt.

(b) Die europäische Down-and-out Call-Option auf das Finanzprodukt i mitLaufzeit N , Strike K 2 .0; 1/ und Barriere B 2 .0; 1/; B < S i

0 liefert die Aus-zahlung

C D .S iN � K/C1fminn2T Si

n>Bg

für den Käufer der Option. Die Option wird also wertlos, sobald der Preis von Fi-nanzprodukt i innerhalb der Laufzeit die Barriere B erreicht oder unterschreitet. Dieentsprechende Down-and-out Put-Option liefert die Auszahlung

C D .K � S iN /C1fminn2T Si

n>Bg:

Diese Knock-out Optionen sind Beispiele für pfadabhängige Claims durch denVerkäufer.

Eine Handelsstrategie H 2 S heißt Hedge für den Claim C , falls VN .H/ D C ,und C heißt absicherbar, falls für C ein Hedge existiert. Ein Hedge dient der Ab-sicherung des Claims durch den Verkäufer.

Ist C ein absicherbarer europäischer Claim und F0 D f;; ˝g, so wird der (faire)Preis des Claims zur Zeit n D 0 durch

˘.C / WD inffV0.H/ W H Hedge für C gdefiniert. ˘.C / ist also die minimale Anfangsinvestition, die einen Portfoliowertzur Zeit n D N von VN .H/ D C garantiert. Da F0 D f;; ˝g, ist ˘.C / determi-nistisch.

Mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsmaße Q 2 P kann man Preise absicherbarereuropäischer Claims berechnen. Wegen 8.4 wird dabei Arbitragefreiheit des Markt-modells angenommen. Dies ist nicht immer realistisch, da etliche Börsengeschäfteauf (kurzzeitigen) Arbitragemöglichkeiten beruhen.

Satz 8.7 Seien P 6D ;;F0 D f;; ˝g und C ein absicherbarer europäischer Claim.

(a) ˇN C 2 TQ2P L1.Q/, der Wertprozess V.H/ ist unabhängig von der Wahl desHedge H für C , und der Prozess .EQ.ˇN C jFn//n2T ist unabhängig von derWahl des Q 2 P.

(b) (Preisformel) Seien Q 2 P und H ein Hedge für C . Dann gilt

Vn.H/ D 1

ˇn

EQ.ˇN C jFn/

8.1 Arbitrage, Martingalmaße und Hedge für europäische Optionen 291

für alle n 2 T und insbesondere

˘.C / D 1

ˇ0

EQ.ˇN C /:

Beweis Seien H ein Hedge für C und Q 2 P. Wegen ˇN VN .H/ D ˇN C � 0 undF0 D f;; ˝g ist ˇV.H/ nach 8.2 ein Q-Martingal. Dies impliziert ˇN C 2 L1.Q/

und

ˇnVn.H/ D EQ.ˇN VN .H/jFn/ D EQ.ˇN C jFn/;

also

Vn.H/ D 1

ˇn

EQ.ˇN C jFn/

für alle n 2 T . Da die rechte Seite dieser Gleichung nicht von H und die linke Seitenicht von Q abhängt, erhält man (a). Für n D 0 folgt

˘.C / D V0.H/ D 1

ˇ0

EQ.ˇN C /:

und damit (b). utIn der Situation von 8.7 heißt der Prozess

V WD V.H/ D�

1

ˇn

EQ.ˇN C jFn/

n2T

Preisprozess des Claims C .

Bemerkung 8.8 Sei C ein europäischer Claim. Ein adaptierter reeller ProzessSdC1 heißt arbitragefreier Preisprozess für C , falls

SdC1n � 0 für alle n 2 T; SdC1

N D C

und das erweiterte Marktmodell mit Preisprozess .S0; S1; : : : ; SdC1/ arbitragefreiist. Ferner heißt x 2 RC arbitragefreier Preis für C , falls es einen arbitragefreienPreisprozess SdC1 für C mit SdC1

0 D x gibt.Ist unter den Voraussetzungen P 6D ; und F0 D f;; ˝g der Claim C absicherbar,

so ist der obige Preisprozess V des Claims der fast sicher eindeutige arbitragefreiePreisprozess und ˘.C / der eindeutige arbitragefreie Preis für C . Dies folgt aus 8.4und 8.7.

Wir charakterisieren nun noch Marktmodelle, in denen jeder europäische Claimabsicherbar ist. Solche Marktmodelle heißen vollständig.

Satz 8.9 (Vollständige Marktmodelle) Ein Marktmodell mit P 6D ; und F0 Df;; ˝g ist genau dann vollständig, wenn

jPj D 1:

292 8 Optionspreistheorie

Beweis Das Marktmodell sei vollständig. Für F 2 FN ist dann C WD 1F =ˇN einabsicherbarer Claim und wegen 8.7(a) ist daher Q 7! EQˇN C D Q.F / konstantauf P. Dies impliziert jPj D 1.

Sei nun umgekehrt jPj D 1, also P D fQg, und C ein europäischer Claim.Wegen 8.5 gilt ˇN C 2 L1.Q/. Nach 7.15 existiert zu dem Q-Martingal

M WD .EQ.ˇN C jFn//n2T

ein vorhersehbarer Rd -wertiger Prozess QH mit

M D M0 C QH � ˇ QS;

und nach 8.3 gibt es ein K 2 S mit M D ˇV.K/. Man erhält

ˇN C D MN D ˇN VN .K/

und damit ist K ein Hedge für C . utDie Vollständigkeit ist eine sehr restriktive Eigenschaft von Marktmodellen: Ist

in der Situation von 8.9 das Marktmodell vollständig, so ist wegen der Bemerkungnach 7.15 das Maß P jFn rein atomar mit höchstens .d C1/n Atomen für alle n 2 T .

8.2 Unvollständige Marktmodelle und Superhedgefür europäische Optionen

In einem arbitragefreien, unvollständigen Marktmodell ist nicht jeder europäischeClaim absicherbar. Mit Hilfe der Idee des Superhedge lässt sich die Preistheorie aufsolche Claims erweitern. Allerdings ist der Preis nicht-absicherbarer Claims nichtmehr eindeutig.

In diesem Abschnitt seien

P 6D ; und F0 D f;; ˝g:Für einen europäischen Claim C heißt

˘.C / WD inffV0.H/ W H 2 S; VN .H/ � C goberer Deckungspreis von C . Eine Stragtegie H 2 S mit VN .H/ � C heißtSuperhedge für C . Solche Strategien dienen der Absicherung des Verkäufers desClaims.

˘.C / WD supfV0.H/ W H 2 S; VN .H/ � C gheißt unterer Deckungspreis von C . Für H WD 0 gilt H 2 S; VN .H/ D 0 � C

und daher ˘.C / � 0. Ziel ist eine Formel zur Berechnung von ˘.C / und ˘.C /

analog der Preisformel 8.7(b) für absicherbare Claims und der Nachweis der Exis-tenz eines Superhedge mit minimaler Anfangsinvestition ˘.C /.

8.2 Unvollständige Marktmodelle und Superhedge für europäische Optionen 293

Lemma 8.10 Für jeden europäischen Claim C gilt

0 � ˘.C / � infQ2P EQ

�ˇN C

ˇ0

�� sup

Q2PEQ

�ˇN C

ˇ0

�� ˘.C /:

Beweis Zum Nachweis der letzten Ungleichung können wir ohne Einschränkung˘.C / < 1 annehmen. Dann existiert mindestens ein Superhedge für C und fürjeden Superhedge H für C gilt ˇN VN .H/ � ˇN C � 0. Daher ist ˇV.H/ nach 8.2ein universelles P-Martingal. Die Martingaleigenschaft liefert

ˇ0V0.H/ D EQˇN VN .H/ � EQ.ˇN C /;

also

V0.H/ � EQ

�ˇN C

ˇ0

für alle Q 2 P. Es folgt

˘.C / � supQ2P

EQ

�ˇN C

ˇ0

�:

Zum Nachweis der zweiten Ungleichung beachte man

P0 WD fQ 2 P W EQ.ˇN C / < 1g 6D ;wegen 8.5 und damit infQ2P EQ.ˇN C=ˇ0/ < 1. Für jedes H 2 S mit VN .H/ �C gilt 0 � .ˇN VN .H//C � ˇN C . Daher ist ˇV.H/ nach 8.2 ein universellesP0-Martingal. Dies liefert

ˇ0V0.H/ D EQˇN VN .H/ � EQ.ˇN C /;

also

V0.H/ � EQ

�ˇN C

ˇ0

für alle Q 2 P0. Es folgt

˘.C / � infQ2P EQ

�ˇN C

ˇ0

�: ut

Wir zeigen jetzt die Gleichheit in der zweiten und letzten Ungleichung von 8.10.Dies liefert einen „Superhedge-Dualitätsatz“.

Satz 8.11 (Preisformeln, Superhedge) Sei C ein europäischer Claim.

(a) Es gilt

˘.C / D supQ2P

EQ

�ˇN C

ˇ0

�:

294 8 Optionspreistheorie

Insbesondere existiert genau dann ein Superhedge für C , wenn

supQ2P

EQ

�ˇN C

ˇ0

�< 1;

und in diesem Fall existiert ein Superhedge K für C mit ˘.C / D V0.K/.(b) Sei supQ2P EQ. ˇN C

ˇ0/ < 1. Dann gilt

˘.C / D infQ2P EQ

�ˇN C

ˇ0

und es existiert ein U 2 S mit VN .U / � C und ˘.C / D V0.U /.

Der Beweis basiert auf der optionalen Zerlegung von universellen P-Supermar-tingalen.

Beweis (a) Zum Nachweis von

˘.C / D ˛.C / WD supQ2P

EQ

�ˇN C

ˇ0

kann man wegen 8.10 ohne Einschränkung ˛.C / < 1 annehmen. Der durch

Yn WD ess supQ2P

EQ.ˇN C jFn/

definierte Prozess Y ist nach 7.13 ein (positives) universelles P-Supermartingal. Sei

Y D Y0 C QH � .ˇ QS/ � D

eine optionale Zerlegung 7.11 von Y . Nach 8.3 existiert ein K 2 S mit

Y0 C QH � .ˇ QS/ D ˇV.K/:

Da

Y0 D ess supQ2P

EQ.ˇN C / D supQ2P

EQ.ˇN C / D ˇ0˛.C /

und

YN D ess supQ2P

ˇN C D ˇN C;

folgt

ˇN VN .K/ D YN C DN D ˇN C C DN � ˇN C;

also

VN .K/ � C

8.2 Unvollständige Marktmodelle und Superhedge für europäische Optionen 295

und damit

˘.C / � V0.K/ D Y0

ˇ0

D ˛.C /:

Zusammen mit 8.10 erhält man

˘.C / � V0.K/ D ˛.C /:

(b) Sei ˛.C / WD infQ2P EQ. ˇN Cˇ0

/. Nach Teil (a) existiert ein Superhedge K

für C . Für den Claim

C WD VN .K/ � C � 0

gilt

EQ.ˇN C / D EQˇN VN .K/ � EQ.ˇN C / D ˇ0V0.K/ � EQ.ˇN C /

für alle Q 2 P, weil ˇV.K/ wegen 8.2 ein universelles P-Martingal ist. Es folgt

˛.C/ D V0.K/ � ˛.C / < 1:

Wieder nach (a) existiert ein Superhedge K für C mit

V0.K/ D ˛.C /:

Für U WD K � K gilt dann U 2 S und VN .U / D VN .K/ � VN .K/ � VN .K/ �C D C , also

˘.C / � V0.U / D V0.K/ � V0.K/ D ˛.C /:

Wegen 8.10 erhält man

˘.C / D V0.U / D ˛.C /: ut

Es ist nach 8.7(a) bekannt, dass für absicherbare Claims C die Abbildung Q 7!EQ. ˇN C

ˇ0/ konstant auf P ist. Das folgende Korollar zeigt unter anderem, dass auch

die Umkehrung gilt.

Korollar 8.12 Für einen europäischen Claim C sind äquivalent:

(i) C ist absicherbar,(ii) ˘.C / D ˘.C /,

(iii) Q 7! EQ. ˇN Cˇ0

/ ist konstant auf P,(iv) es gibt ein Q 2 P mit

EQ

�ˇN C

ˇ0

�D sup

Q2PEQ

�ˇN C

ˇ0

�< 1;

(v) es gibt ein Q 2 P mit

EQ

�ˇN C

ˇ0

�D inf

Q2P EQ

�ˇN C

ˇ0

�und sup

Q2PEQ

�ˇN C

ˇ0

�< 1:

296 8 Optionspreistheorie

Beweis (i) ) (ii). Ist H ein Hedge für C , so gilt ˘.C / � V0.H/ � ˘.C / unddamit

˘.C / D ˘.C / D V0.H/

wegen 8.10.(ii) ) (iii) folgt sofort aus 8.10 und (iii) ) (iv) ist wegen 8.5 klar.(iv) ) (i). Nach 8.11(a) existiert ein Superhedge K für C mit

˛.C / WD supQ2P

EQ

�ˇN C

ˇ0

�D ˘.C / D V0.K/:

Für Q 2 P gemäß (iv) gilt wegen der Q-Martingaleigenschaft von ˇV.K/ (8.2)

ˇ0˛.C / D ˇ0V0.K/ D EQ.ˇN VN .K// � EQ.ˇN C / D ˇ0˛.C /;

also

ˇN VN .K/ D ˇN C:

Damit ist K ein (exakter) Hedge für C .(iii) ) (v) ist klar.(v) ) (i). Nach 8.11(b) existiert ein U 2 S mit VN .U / � C und

˛.C / WD infQ2P EQ

�ˇN C

ˇ0

�D ˘.C / D V0.U /:

Man wähle Q 2 P gemäß (v). Wegen 0 � .ˇN VN .U //C � ˇN C ist ˇV.U / nach8.2 ein Q-Martingal. Es folgt

ˇ0˛.C / D ˇ0V0.U / D EQ.ˇN VN .U // � EQ.ˇN C / D ˇ0˛.C /;

also

ˇN VN .U / D ˇN C:

Damit ist U ein Hedge für C . utBemerkung 8.13 Für einen europäischen Claim C sei

˚.C / WD�EQ

�ˇN C

ˇ0

�W Q 2 P

�\ RC:

Wegen der Konvexität von P und 8.5 ist ˚.C / ein Intervall in RC und ˚.C / 6D ;.Falls C absicherbar ist, gilt j˚.C /j D 1. Falls C nicht absicherbar ist undsupQ2P EQ. ˇN C

ˇ0/ < 1, so gelten ˘.C / < ˘.C / < 1 und

˚.C / D .˘.C /; ˘.C //:

Insbesondere ist ˚.C / dann offen. Dies folgt aus 8.11 und 8.12.

8.3 Das Cox-Ross-Rubinstein-Modell 297

Schließlich stimmt ˚.C / mit den arbitragefreien Preisen (8.8) für C überein. Fürx D EQ. ˇN C

ˇ0/ 2 ˚.C / wird durch

SdC1n WD EQ

�ˇN C

ˇn

ˇ̌ˇ̌Fn

�; n 2 T

ein arbitragefreier Preisprozess für C mit SdC10 D x definiert. Wenn umgekehrt x 2

RC ein arbitragefreier Preis und SdC1 ein zugehöriger arbitragefreier Preisprozessfür C ist, existiert nach 8.4 ein äquivalentes Martingalmaß Q für das erweiterteMarktmodell mit Preisprozess .S0; S1; : : : ; SdC1/. Es gelten Q 2 P und

ˇ0x D ˇ0SdC10 D EQ.ˇN SdC1

N / D EQ.ˇN C /;

also x 2 ˚.C /.

8.3 Das Cox-Ross-Rubinstein-Modell

Das Cox-Ross-Rubinstein-Modell oder kurz CRR-Modell besteht aus einer festver-zinslichen, risikolosen Anlage mit Preisprozess

S0n D S0

0 .1 C r/n; n 2 T;

wobei S00 2 .0; 1/ und r 2 RC den Zinssatz bezeichnet, und einem weiteren

Finanzprodukt mit Preisprozess

S1n D S1

0

nY

iD1

Yi ; n 2 T;

wobei S10 2 .0; 1/ und Y1; : : : ; YN unabhängige, identisch verteilte fd; ug-wertige

Zufallsvariablen sind mit 0 < d < u und p WD P.Y1 D u/ 2 .0; 1/. Dabei steht d

für „down“ und u für „up“. Der Informationsverlauf wird durch die Filtration

F WD FS1 D F

Y

(mit Y0 WD S10 ) beschrieben. Dann ist S1 ein geometrischer F-Random walk und

F0 D f;; ˝g.Die Parameter eines arbitragefreien CRR-Modells lassen sich folgendermaßen

charakterisieren.

Satz 8.14 Im CRR-Modell gilt P 6D ; genau dann, wenn

d < 1 C r < u:

In diesem Fall ist das CRR-Modell vollständig, also P D fQg, und die Zufallsva-riablen Y1; : : : ; YN sind unter Q unabhängig und identisch verteilt mit

Q.Y1 D u/ D q WD 1 C r � d

u � dund Q.Y1 D d/ D 1 � q:

298 8 Optionspreistheorie

Beweis Wir benutzen die einfache Beobachtung, dass q D .1 C r � d/=.u � d/

die eindeutige Lösung in R der Gleichung

ux C d.1 � x/ D 1 C r

ist und q 2 .0; 1/ genau dann gilt, wenn d < 1 C r < u.Gilt P 6D ;, so folgt für Q 2 P

ˇ0S10 EQ

�Y1

1 C r

�D EQˇ1S1

1 D ˇ0S10 ;

also

1 D EQ

�Y1

1 C r

�D uQ.Y1 D u/ C d.1 � Q.Y1 D u//

1 C r:

Man erhält Q.Y1 D u/ D q und damit d < 1 C r < u wegen Q.Y1 D u/ 2 .0; 1/.Sei nun umgekehrt d < 1 C r < u. Dann gilt q 2 .0; 1/ und für die Funktion

f WD q

p1fug C 1 � q

1 � p1fdg

folgt f .Yi / > 0 für alle i 2 f1; : : : ; N g. Wegen

EP f .Y1/ D q

pp C 1 � q

1 � p.1 � p/ D 1

wird durch

Q WD� NY

iD1

f .Yi /�P jFN

ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf FN definiert mit Q � P jFN wegen 7.1(a). Für Q

gilt

Q.Y1;:::;YN / DNO

1

fP Y1

und damit sind Y1; : : : ; YN unter Q unabhängig und identisch verteilt mit

Q.Y1 D u/ D f .u/P.Y1 D u/ D q:

Insbesondere ist der diskontierte Preisprozess

ˇnS1n D ˇ0S1

0

nY

iD1

Yi

1 C r; n 2 T

8.3 Das Cox-Ross-Rubinstein-Modell 299

wegen

EQ

Y1

1 C rD uq C d.1 � q/

1 C rD 1

nach 1.7(b) ein Q-Martingal. Es gilt also Q 2 P. Aus 7.15 und 7.16 folgt P D fQgund 8.9 liefert die Vollständigkeit des CRR-Modells. ut

Im Rest dieses Abschnitts seien

d < 1 C r < u und q D 1 C r � d

u � d:

Nach 6.6(a) ist S1 unter dem äquivalenten Martingalmaß Q ein Markov-Prozess mitZustandsraumX D .0; 1/ versehen mit der Potenzmenge und CRR-Übergangskern

R.x; � / D QxY1 D qıxu C .1 � q/ıxd :

Das Problem der Preisbestimmung für pfadunabhängige Claims wird durch den fol-genden Satz gelöst.

Satz 8.15 (Pfadunabhängige europäische Claims, Preisformel) Sei C D f .S1N /

mit einer Funktion f W .0; 1/ ! RC. Für den Preisprozess V D .Vn/n2T von C

gilt

Vn D v.n; S1n /

für alle n 2 T und insbesondere ˘.C / D v.0; S10 / mit der Preisfunktion

v.n; x/ WD .1 C r/�.N �n/RN �nf .x/ D .1 C r/�.N �n/EQf

�xS1

N �n

S10

D .1 C r/�.N �n/

N �nX

j D0

f .xuj d N �n�j /

N � n

j

!qj .1 � q/N �n�j

für n 2 T und x > 0. Für die Preisfunktion gilt die Rückwärtsrekursion

v.N; x/ D f .x/ und v.n; x/ D 1

1 C rRv.n C 1; � /.x/

für n 2 T; n � N � 1 und x > 0.

Beweis Wegen 8.7 und 6.2 gilt für den Preisprozess von C

Vn D .1 C r/�.N �n/EQ.f .S1N /jFn/

D .1 C r/�.N �n/RN �nf .S1n/ D v.n; S1

n/

für alle n 2 T . Für die Preisfunktion gilt v.N; � / D R0f D f , und da die durchg.n; x/ WD RN �nf .x/ definierte Funktion g R-harmonisch ist (6.17(d)), folgt

Rv.n C 1; � / D .1 C r/�.N �n�1/Rg.n C 1; � /D .1 C r/.1 C r/�.N �n/g.n; � / D .1 C r/v.n; � /

300 8 Optionspreistheorie

für n 2 T; n � N � 1. Außerdem gilt für den Prozess S1.x/ WD .xS1m=S1

0 /m2T D.xQm

iD1 Yi /m2T mit Anfangswert S1.x/0 D x wieder nach 6.2

EQf

�xS1

m

S10

�D EQf .S1.x/m/ D EQ.f .S1.x/m/jF0/

D Rmf .S1.x/0/ D Rmf .x/

für alle m 2 T und x > 0. WeilPm

iD1 1fug.Yi / für m � 1 unter Q eine Binomial-verteilung mit Parametern m und q besitzt, folgt

Rmf .x/ D EQf�x

mY

iD1

Yi

�D

mX

j D0

f .xuj d m�j /

m

j

!qj .1 � q/m�j : ut

Der auf fn 2 T W n � 1g fast sicher eindeutig bestimmte Hedge H D .H 0; H 1/

für C D f .S1N / ist durch

H 1n D v.n; S1

n�1u/ � v.n; S1n�1d/

S1n�1.u � d/

;

H 0n D ˇ0.1 C r/�n.v.n; S1

n / � H 1n S1

n/ D ˇ0.uv.n; S1n�1d/ � dv.n; S1

n�1u//

.1 C r/n.u � d/

für n � 1 und H0 WD H1 gegeben. Dies ist eine Konsequenz der Beweise von 7.16(für M D ˇV ) und 8.3 und der Rückwärtsrekursion für v in 8.15.

Beispiel 8.16 (Europäischer Call) Für C D .S1N � K/C D f .S1

N / mit K > 0 undf .x/ D .x � K/C gilt nach 8.15

˘.C / D v.0; S10 /;

wobei

v.0; x/ D .1 C r/�N

NX

j D0

.xuj d N �j � K/C

N

j

!qj .1 � q/N �j

für x > 0. Mit

j0 WD minfj � 0 W xuj d Nj > Kg D min

�j � 0 W j >

log.K=xd N /

log.u=d/

und

Qq WD uq

1 C r

8.4 Amerikanische Optionen 301

folgt

v.0; x/ D x

NX

j Dj0

N

j

!Qqj .1 � Qq/N �j � .1 C r/�N K

NX

j Dj0

N

j

!qj .1 � q/N �j :

Etliche pfadabhängige europäische Claims haben eine „pfadunabhängige“ Dar-stellung bezüglich eines Markov-Prozesses unter Q. So gilt etwa für den Down-and-out Call 8.6(b)

C D .S1N � K/1fminn2T S1

n>Bg D f .XN /

mit X WD .S1n ; min0�j �n S1

j /n2T und f .x/ WD .x1 � K/C1.B;1/.x2/. Dabei ist X

nach 6.6(a) ein Markov-Prozess unter Q.Gilt C D f .XN / für einen .X ;A/-wertigen Markov-Prozess X mit Übergangs-

kern RX unter Q und eine Funktion f W .X ;A/ ! .RC;B.RC//, so folgt wiein 8.15 für den Preisprozess V von C

Vn D v.n; Xn/

mit

v.n; x/ WD .1 C r/�.N �n/RX;N �nf .x/

für alle n 2 T und x 2 X , und es gilt die Rückwärtsrekursion

v.N; x/ D f .x/ und v.n; x/ D 1

1 C rRXv.n C 1; � /.x/

für n 2 T; n � N � 1 und x 2 X .

8.4 Amerikanische Optionen

Ein amerikanischer Claim unterscheidet sich dadurch von einem europäischenClaim, dass der Käufer dieses Claims den Ausübungszeitpunkt innerhalb der Lauf-zeit frei wählen kann. Amerikanische Claims werden durch eine Folge von Auszah-lungen modelliert und Ausübungsstrategien des Käufers sind Stoppzeiten.

Ein amerikanischer Claim ist ein adaptierter reeller Prozess C D .Cn/n2T mitCn � 0 für alle n 2 T , wobei Cn die Auszahlung des Claims zur Zeit n beschreibt.Beispielsweise ist die amerikanische Version des Calls auf das Finanzprodukt i ge-geben durch

Cn D .S in � K/C; n 2 T:

Eine Handelsstrategie H 2 S heißt Superhedge für den amerikanischen Claim C ,falls

Vn.H/ � Cn

302 8 Optionspreistheorie

für alle n 2 T . Ein Superhedge H dient der Absicherung des Verkäufers desClaims: Nicht nur für feste Zeitpunkte n 2 T , sondern für alle Zufallszeiten �

gilt V� .H/ � C� . Ein Superhedge H für C heißt Hedge für C , falls er minimal indem Sinne ist, dass es eine Stoppzeit � 2 ˙ mit

V� .H/ D C�

gibt. Dabei ist ˙ die Menge der einfachen, das heißt hier T -wertigen Stoppzeiten.Die zu einem Hedge gehörende Stoppzeit wird vom Käufer des Claims gewählt. C

heißt absicherbar, falls ein Hedge für C existiert.Ist C ein absicherbarer amerikanischer Claim und F0 D f;; ˝g, so wird der

(faire) Preis des Claims zur Zeit n D 0 durch

˘.C / WD inffV0.H/ W H Hedge für C gdefiniert.

Im Rest dieses Abschnitts seien

P 6D ; und F0 D f;; ˝g:Wie im Fall europäischer Claims kann man mit Hilfe der WahrscheinlichkeitsmaßeQ 2 P Preise absicherbarer amerikanischer Claims berechnen.

Satz 8.17 Sei C ein absicherbarer amerikanischer Claim.

(a) ˇC ist für alle Q 2 P ein L1.Q/-Prozess, V0.H/ ist unabhängig von der Wahldes Hedge H für C , und sup�2˙ EQ.ˇ�C� / ist unabhängig von der Wahl desQ 2 P.

(b) (Preisformel) Seien Q 2 P und H ein Hedge für C mit zugehöriger Stoppzeit� . Dann gilt

˘.C / D sup�2˙

EQ

�ˇ�C�

ˇ0

�D EQ

�ˇ� C�

ˇ0

und für den bei � gestoppten Wertprozess von H

V�^n.H/ D 1

ˇ�^n

EQ.ˇ� C� jFn/

für alle n 2 T .

Beweis Seien H ein Hedge für C mit zugehöriger Stoppzeit � und Q 2 P. WegenˇnVn.H/ � ˇnCn � 0 für alle n 2 T ist der diskontierte Wertprozess ˇV.H/ nach8.2 ein Q-Martingal und

ˇ�V� .H/ � ˇ� C� � 0

für alle � 2 ˙ . Insbesondere ist ˇV.H/ und damit ˇC ein L1.Q/-Prozess. Optio-nal sampling 2.12(a) für ˇV.H/ liefert

ˇ0V0.H/ D EQˇ�V� .H/ � EQˇ�C�

8.4 Amerikanische Optionen 303

für alle � 2 ˙ . Es folgt

ˇ0V0.H/ � sup�2˙

EQˇ�C� � EQˇ� C� D EQˇ� V� .H/ D ˇ0V0.H/;

also

V0.H/ D EQ

�ˇ�C�

ˇ0

�D sup

�2˙

EQ

�ˇ�C�

ˇ0

�:

Weil die rechte Seite dieser Gleichung nicht von H und die linke Seite nicht von Q

abhängt, erhält man (a). Eine nochmalige Anwendung von Optional sampling zeigt

EQ.ˇ� C� jFn/ D EQ.ˇ�V� .H/jFn/ D ˇ�^nV�^n.H/

für alle n 2 T . Damit ist auch (b) bewiesen. utZur Berechnung des Preises eines absicherbaren amerikanischen Claims C ist

somit nach 8.17(b) der Wert

sup�2˙

EQˇ� C�

des in Kap. 6 untersuchten Stoppproblems für den Prozess ˇC unter einem Q 2 P

zu bestimmen, und die zu einem Hedge gehörende Stoppzeit ist eine optimaleStoppzeit für dieses Problem unter allen Q 2 P.

Weil jeder Superhedge und damit jeder Hedge für C ein Superhedge für deneuropäischen Claim CN ist, folgt

˘.C / � ˘.CN /:

Für die folgenden speziellen Claims gilt Gleichheit.

Korollar 8.18 Sei ˇC ein Q-Submartingal für ein Q 2 P. Dann ist C genau dannabsicherbar, wenn der europäische Claim CN absicherbar ist, und in diesem Fallgilt

˘.C / D EQ

�ˇN CN

ˇ0

�D ˘.CN /:

Beweis Ist H ein Hedge für den europäischen Claim CN , so gilt wegen 8.7(b) undder Q-Submartingaleigenschaft von ˇC

Vn.H/ D 1

ˇn

EQ.ˇN CN jFn/ � ˇnCn

ˇn

D Cn

für alle n 2 T . Damit ist H ein Hedge für C (mit zugehöriger Stoppzeit � D N ),und aus 8.17(b) und 8.7(b) folgt

˘.C / D EQ

�ˇN CN

ˇ0

�D ˘.CN /:

304 8 Optionspreistheorie

Ist umgekehrt H ein Hedge für C mit zugehöriger Stoppzeit � , so liefert Optionalsampling 2.12(b) für ˇC

EQˇ�C� � EQˇN CN � EQˇN VN .H/:

Da ˇV.H/ wegen 8.2 ein Q-Martingal ist, gilt nach Optional sampling 2.12(a) fürˇV.H/

EQˇN VN .H/ D EQˇ� V� .H/ D EQˇ�C� :

Man erhält EQˇN VN .H/ D EQˇN CN und wegen ˇN VN .H/ � ˇN CN folgtˇN VN .H/ D ˇN CN Q-f.s. Damit ist H ein Hedge für den europäischen Claim CN .

utEin berühmtes Beispiel von obigem Typ ist die amerikanische Call-Option.

Beispiel 8.19 (Amerikanischer Call) Der diskontierte Call auf das Finanzprodukti 2 f1; : : : ; d g

ˇnCn D ˇn.S in � K/C; n 2 T;

K > 0 ist ein universelles P-Submartingal, falls der Diskontierungsprozess ˇ deter-ministisch und monoton fallend ist.

Wegen ˇC � ˇS i ist ˇC nämlich ein L1.Q/-Prozess für alle Q 2 P, und weildie durch f .x/ WD .x � K/C definierte Funktion konvex ist mit f .0/ D 0, alsof .�x/ � �f .x/ für � 2 Œ0; 1� gilt, folgt wegen ˇnC1=ˇn � 1 mit der bedingtenJensen-Ungleichung für n 2 T; n � N � 1

EQ.ˇnC1CnC1jFn/ D ˇnEQ

�ˇnC1

ˇn

.S inC1 � K/C

ˇ̌ˇ̌Fn

� ˇnEQ

��ˇnC1S i

nC1

ˇn

� K

�C ˇ̌ˇ̌Fn

� ˇn

�EQ

�ˇnC1S i

nC1

ˇn

ˇ̌ˇ̌Fn

�� K

�C

D ˇnCn:

Nach 8.18 gilt dann

˘.C / D EQ

�ˇN .S i

N � K/C

ˇ0

�;

falls C absicherbar ist. Der amerikanische Call sollte also nicht vor Ende der Lauf-zeit N ausgeübt werden.

Das Marktmodell ist vollständig, also jeder europäische Claim ist absicherbar,falls jeder amerikanische Claim absicherbar ist: Für einen europäischen Claim D

ist ˇC für den amerikanischen Claim C mit

Cn WD 0 für n � N � 1 und CN WD D

wegen 8.17(a) ein universelles P-Submartingal und CN D D damit absicherbarnach 8.18.

Wir zeigen jetzt, dass auch die Umkehrung gilt.

8.4 Amerikanische Optionen 305

Satz 8.20 (Vollständige Marktmodelle) In einem vollständigen Marktmodell ist je-der amerikanische Claim absicherbar.

Der Beweis basiert auf der Theorie des optimalen Stoppens.

Beweis Sei C ein amerikanischer Claim. Nach 8.9 gilt P D fQg und nach 8.5ist ˇC ein L1.Q/-Prozess. Sei Z der Snellsche Umschlag von ˇC bezüglich Q.Wegen 6.23 ist Z ein Q-Supermartingal, und zur Konstruktion eines Hedge für C

benutzen wir die Doob-Zerlegung

Z D M � A

von Z und die T -wertige Stoppzeit

� WD inffn 2 T W Zn D ˇnCng:Satz 7.15 liefert die Darstellung

M D M0 C QH � ˇ QSdes Q-Martingals M mit einem vorhersehbaren R

d -wertigen Prozess QH , und we-gen 8.3 gibt es ein K 2 S mit M D ˇV.K/. Für die Handelsstrategie K folgt

ˇV.K/ D Z C A

und damit

ˇVn.K/ � Zn � ˇnCn

für alle n 2 T . Insbesondere ist K ein Superhedge für C . Weil Z� D M � � A�

wegen 2.10(d) die Doob-Zerlegung von Z� und der gestoppte Prozess Z� nach6.23 ein Q-Martingal ist, erhält man A� D 0 wegen der Eindeutigkeit der Doob-Zerlegung. Dies impliziert

ˇ� V� .K/ D .ˇV.K//�N D Z�

N D Z� D ˇ� C� ;

also V� .K/ D C� . Daher ist K ein Hedge für C . utBeispiel 8.21 (CRR-Modell) Im CRR-Modell aus Abschn. 8.3 mit d < 1 C r < u

sei C D .Cn/n2T ein pfadunabhängiger amerikanischer Claim der Form

Cn D f .S1n/; n 2 T

für eine Funktion f W .0; 1/ ! RC. Ist

w.N; x/ WD f .x/ und w.n; x/ WD max

�f .x/;

1

1 C rRw.n C 1; � /.x/

für n 2 T; n � N � 1 und x > 0, so gilt

˘.C / D w.0; S10 /:

306 8 Optionspreistheorie

Dazu benutze man den Snellschen Umschlag Z bezüglich Q von

ˇnCn D ˇ0.1 C r/�nf .S1n/ D h.n; S1

n/; n 2 T

mit h.n; x/ WD ˇ0.1 C r/�nf .x/. Für Z gilt nach 6.26

Zn D Qw.n; S1n/

für alle n 2 T , wobei

Qw.N; x/ D h.N; x/ und Qw.n; x/ D maxfh.n; x/; R Qw.n C 1; � /.x/g

für n 2 T; n � N � 1 und x > 0. Mit Rückwärtsinduktion folgt

Qw.n; � / D ˇnw.n; � /

für alle n 2 T . Da C nach 8.14 und 8.20 absicherbar ist, liefern 8.17(b) und 6.23

˘.C / D sup�2˙

EQ

�ˇ� C�

ˇ0

�D Z0

ˇ0

D Qw.0; S10 /

ˇ0

D w.0; S10 /:

Aufgaben

8.1 Das Marktmodell sei nicht arbitragefrei. Zeigen Sie, dass es eine Arbitragestra-tegie K gibt mit Vn.K/ � 0 für alle n 2 T .

Hinweis: Falls P.Vj .H/ < 0/ > 0 für eine Arbitragestrategie H und ein j 2 T ,definiere man

n WD maxf0 � j � N � 1 W P.Vj .H/ < 0/ > 0g;

Uj WD(

0; falls 0 � j � n;

Hj 1fVn.H/<0g; falls n C 1 � j � N

und dann K via Lemma 8.3.

8.2 (Put-Call Parität) Seien P 6D ;;F0 D f;; ˝g, C D .S iN � K/C und D D

.K � S iN /C mit K > 0 und i 2 f1; : : : ; d g. Zeigen Sie: Sind C und D absicherbar,

so gilt

˘.D/ D ˘.C / C K

ˇ0

EQˇN � S i0

für Q 2 P.

Aufgaben 307

8.3 Seien P 6D ;;F0 D f;; ˝g, C D .S iN � K/C; D D .K � S i

N /C mit K > 0

und i 2 f1; : : : ; d g und ˇ sei deterministisch. Zeigen Sie für die oberen und unterenDeckungspreise

�S i

0 � KˇN

ˇ0

�C� ˘.C / � ˘.C / � S i

0

und�

KˇN

ˇ0

� S i0

�C� ˘.D/ � ˘.D/ � KˇN

ˇ0

:

8.4 Konstruieren Sie im CRR-Modell im Fall u � 1 C r und im Fall 1 C r � d

jeweils eine Arbitragestrategie.

8.5 (Down-and-out Call) Im arbitragefreien CRR-Modell lässt sich der Preispro-zess V des europäischen Down-and-out Call

C D .S1N � K/C1fminn2T S1

n>Bg; 0 < B < S10 ; K > 0

wegen der Bemerkung nach Beispiel 8.16 durch eine Preisfunktion v darstellen:

Vn D v.n; S1n ; min

0�j �nS1

j /; n 2 T:

Bestätigen Sie für die Preisfunktion v die Rückwärtsrekursion:

v.N; x; z/ D .x � K/C1.B;1/.z/;

v.n; x; z/ D 1

1 C rŒqv.n C 1; xu; z ^ xu/ C .1 � q/v.n C 1; xd; z ^ xd/�;

0 � n � N � 1.

8.6 Sei H ein Superhedge für einen amerikanischen Claim C . Zeigen Sie, dass H

genau dann ein Hedge für C ist, wenn

P�\

n2T

fVn.H/ > Cng�

D 0:

Folgern Sie daraus, dass man in der Definition eines Hedge die zugehörige Stoppzeitdurch eine T -wertige Zufallszeit ersetzen kann.

8.7 Seien P 6D ;;F0 D f;; ˝g und C ein absicherbarer amerikanischer Claim.Zeigen Sie

˘.C / D inffV0.H/ W H Superhedge für C g:8.8 Seien P 6D ;;F0 D f;; ˝g und C ein absicherbarer amerikanischer Claim.Zeigen Sie

supn2T

EQ

�ˇnCn

ˇ0

�� ˘.C / � N sup

n2T

EQ

�ˇnCn

ˇ0

für alle Q 2 P.

308 8 Optionspreistheorie

8.9 Seien P 6D ;, F0 D f;; ˝g, C ein amerikanischer Claim und H ein Superhed-ge für C .

(a) Für Q 2 P sei Z D ZQ der Snellsche Umschlag für ˇC bezüglich Q (Satz6.23). Zeigen Sie für den diskontierten Wertprozess von H

ˇV.H/ � Z;

und falls H ein Hedge mit zugehöriger Stoppzeit � ist,

.ˇV.H//� D Z� :

(b) Seien H ein Hedge für C und � 2 ˙ . Zeigen Sie: Es gilt

EQˇ� C� D sup�2˙

EQˇ� C�

für ein (alle) Q 2 P genau dann, wenn

V� .H/ D C� :