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Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Mathematik, Institut für Numerische Mathematik
MATHEMATIK 2 FÜR DIE STUDIENGÄNGE CHE-MIE UND LEBENSMITTELCHEMIE
Differentialrechnung für Funktionen mehrerer Variablen
Prof. Dr. Gunar Matthies
Sommersemester 2015 Stand: 5. Mai 2015
Quellen
Klaus Strube
Sebastian Franz
Burg, Haf, Wille, Meister: Höhere Mathematik für Ingenieure,Band I: Analysis, Vieweg+Teubner, 2011.
Arens, Hettlich, Karpfinger, Kockelkorn, Lichtenegger, Stachel:Mathematik, Spektrum Akademischer Verlag, 2012.
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 2/56
Funktion mehrerer Variablen
Reelle Funktion von n reellen Variablen
f : Df ⊂ Rn → R, x = (x1, . . . , xn) 7→ f (x) = f (x1, . . . , xn)
Jedem x = (x1, . . . , xn) ∈ Df wird eindeutig eine reelle Zahlzugeordnet.
Schreibweisen: f (x), f (x1, . . . , xn), f (x , y) bzw. f (x , y , z)
Angabe der Zuordnung x 7→ f (x):• explizit: (p,V ) 7→ T (p,V ) = p VR ,• implizit: (p,T ) 7→ V (p,T ) = V , wobei V Lösung der Glei-
chung(p + a
v2
)(v − b) = RT ist,
• andere Formen
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Darstellung von Funktionen zweier Variablen
GraphΓf :=
{(x , f (x)
): x ∈ Df
}⊂ R3
HöhenlinienPunkte (x , y) mit gleichem Funktionswert c bilden die Höhenliniezum Niveau c {
(x , y) ∈ Df : f (x , y) = c}
Senkrechte SchnitteGraphen der Funktionen f̃ (y) = f (c , y) und f̂ (x) = f (x , c) fürjeweils konstantes c
Rechnen mit Funktionen mehrerer VariablenAddition, Subtraktion, Multiplikation, Division wie bei Funktionenmit einer Variable
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Graph einer Funktion
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Graphen von verschiedenen Funktionen
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Niveaumengen und Schnitte
T = T (V , p) = V · p
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Niveaumengen 1
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Niveaumengen 2
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Niveaumengen 3
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Verknüpfung von Funktionen
gegeben: f : Df ⊂ R→ R,g : Dg ⊂ Rn → R
Verknüpfung f ◦ g : Dg → R, x 7→ (f ◦ g)(x) = f(g(x)
)Beispiel
f : R→ R, x 7→ x2,g : R2 → R, (x , y) 7→ sin(x) + cos(y)
f ◦ g : R2 → R, (x , y) 7→(sin(x) + cos(y)
)2
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Abstand von Punkten
Abstand von x , y ∈ Rn
|x − y | : =
√√√√ n∑i=1
(xi − yi )2
=√
(x1 − y1)2 + · · ·+ (xn − yn)2
Bemerkung
Die obige Definition beschreibt genau den üblichen Abstand vonPunkten, wie wir ihn in der Ebene (n = 2) und im Raum (n = 3)kennen.
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Grenzwert von Punktfolgen
Definition (Grenzwert von Punktfolgen)
Die Folge{xk}k∈N mit xk ∈ R
n konvergiert gegen x∗, wenn
limk→∞
|xk − x∗| = 0
gilt. Wir schreiben dann
limk→∞
xk = x∗
und nennen x∗ den Grenzwert der Folge{xk}k∈N.
Bemerkung
Eine Folge von Punkten konvergiert genau dann, wenn jede ein-zelne Komponte konvergiert.
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Grenzwert von Funktionen mehrerer Variablen I
Definition (Grenzwert einer Funktion)
Sei f : D ⊂ Rn → R eine Funktion. Der Wert f ∗ ∈ R heißtGrenzwert von f an der Stelle x∗ ∈ D, wenn für alle Folgen{xk}k∈N ⊂ D mit
xk 6= x∗ und limk→∞
xk = x∗
die Beziehunglim
k→∞f (xk) = f ∗
gilt. Dafür wird dann kurz
limx→x∗
f (x) = f ∗
geschrieben.
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Grenzwert von Funktionen mehrerer Variablen II
Es sind alle Folgen zu betrachten, die gegen x∗ konvergieren.
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Stetigkeit von Funktionen mehrerer Variablen
Definition (Stetigkeit)
Die Funktion f : D ⊂ Rn → R heißt an der Stelle x∗ ∈ D stetig,wenn
limx→x∗
f (x) = f (x∗)
gilt. Die Funktion f heißt auf A ⊂ D stetig, wenn f in allenx∗ ∈ A stetig ist. Ist f auf D stetig, so wird f kurz stetige Funktiongenannt.
Bemerkung
In der Definition des Grenzwertes und damit auch in der Definiti-on der Stetigkeit ist es entscheidend, dass alle möglichen Folgenbetrachtet werden, nicht nur einige.
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Grenzwerte und Stetigkeit I
z(x , y) =sin(πxy)x2 + y2
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Grenzwerte und Stetigkeit II
z(x , y) = x sin(1y
)
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Grenzwerte und Stetigkeit III
z(x , y) =xy2
x2 + y2
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Rechnen mit stetigen Funktionen
Seien f , g : D ⊂ Rn → R in x∗ ∈ D stetig. Dann sind auch
f + g , f − g , f · g
in x∗ stetig. Gilt g(x∗) 6= 0, dann ist auch
f
g
in x∗ stetig.
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Partielle Ableitungen I
Gegeben: Funktion f : D ⊂ Rn → R, Punkt x∗
Hilfsfunktionen
ϕj : R→ R, t 7→ f (x∗1 , . . . , x∗j−1, t, x∗j+1, . . . , x∗n ), j = 1, . . . , n,
Bemerkung
Bei Funktionen zweier Variablen entsprechen die Hilfsfunktionengerade den Schnitte, die wir bei der Darstellung der Funktionenkennengeleernt haben.
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Partielle Ableitungen II
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Partielle Ableitungen III
Definition
Ist die Funktion ϕj an der Stelle t = x∗j differenzierbar, so heißtf an der Stelle x∗ partiell nach xj differenzierbar. Wir nennendie Funktion f an der Stelle x∗ partiell differenzierbar, wenn diepartiellen Ableitungen nach allen Variablen x1, . . . , xn existieren.
Übliche Schreibweisen für die partiellen Ableitungen
∂f
∂xj(x∗),
∂f
∂xj(x∗1 , . . . , x
∗n ), fxj (x
∗), fxj (x∗1 , . . . , x
∗n ), ∂j f (x
∗)
Bemerkung
Um partielle Ableitungen zu bestimmen, verwenden wir die glei-chen Techniken wie beim normalen Differenzieren. Für die partielleAbleitung nach xj werden alle anderen Variablen wie Konstantenbetrachtet.
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Höhere partielle Ableitungen
Wenn f partiell nach xj differenzierbar ist, dann lässt sich ∂f /∂xjwieder als Funktion von n Variablen auffassen. Somit können wiruntersuchen, ob die Funktion ∂f /∂xj selber partielle Ableitungenbesitzt. Wenn ja, sind diese die zweiten partiellen Ableitungen derAusgangsfunktion f .
Rekursive Definition für eine Funktion f zweier Variablen
f Funktion selbstfx , fy partielle Abl. (erster Ordung)
fxx , fxy , fyx , fyy partielle Abl. zweiter Ordung∂2f
∂x2,∂2f
∂x∂y, . . .
fxxx , fxyx , . . . partielle Abl. dritter Ordnung∂3f
∂x∂y∂x
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 24/56
Vertauschbarkeit von partiellen Ableitungen
Satz (Schwarz)
Sei f : D ⊂ Rn → R eine Funktion von n Variablen. Besitzt f aufD alle partiellen Ableitungen bis zur Ordnung m und sind diese aufD stetig, dann hängen die partiellen Ableitungen der Ordnungenk ≤ n nicht von der Reihenfolge der Differentiation ab.
Bemerkung
Die Stetigkeit der partiellen Ableitungen ist für die Vertauschbar-keit entscheidend.Im Fall der Vertauschbarkeit genügt damit die Angabe, wie oftnach welcher Variablen zu differenzieren ist.
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Totale Differenzierbarkeit
Definition
Die Funktion f : D ⊂ Rn → R heißt in x∗ ∈ D (total) differen-zierbar, falls es einen Vektor d ∈ Rn mit
limx→x∗
f (x)− f (x∗)− d · (x − x∗)|x − x∗|
= 0
gibt. In diesem Fall heißt d Ableitung oder Gradient von f in x∗.Dafür wird kurz
f ′(x∗), grad f (x∗), ∇f (x∗)
geschrieben.
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Zusammenhänge
Satz
Sei f : D ⊂ Rn → R in x∗ ∈ D differenzierbar. Dann haben wir(i) f ist in x∗ stetig;(ii) f ist in x∗ partiell differenzierbar mit
grad f (x∗) =
∂1f (x∗)
...∂nf (x∗)
,d. h., die Vektorkomponenten des Gradienten sind genau diepartiellen Ableitungen.
Satz
Sei f : D ⊂ Rn → R auf D partiell differenzierbar nach allen nVariablen. Wenn diese auf D stetig sind, dann ist f auf D diffe-renzierbar.
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Geometrische Deutung
Seien f : D ⊂ R2 → R eine Funktion und x∗ ∈ D. Ist f in(x∗, y∗) ∈ D partiell differenzierbar, dann lässt sich gemäß
z = f (x∗, y∗) + fx(x∗, y∗)(x − x∗)
+ fy (x∗, y∗)(y − y∗)
die Tangentialebene an f im Punkt (x∗, y∗) definieren.
Bemerkung
Ist f in (x∗, y∗) differenzierbar, dann stellt die Tangentialebeneunter allen Ebenen, die durch den Punkt
(x∗, y∗, f (x∗, y∗)
)gehen,
die beste Näherung an f in der Umgebung von (x∗, y∗) dar.
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Tangentialebene
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Kettenregel
Seien f : D ⊂ Rn → R auf D und v1, . . . , vn : M ⊂ Rk → R aufM differenzierbar. Weiterhin gelte
(v1(z), . . . , vn(z)
)∈ D für alle
z = (z1, . . . , zk) ∈ M. Dann ist die Funktion
h : M → R, z 7→ f(v1(z), . . . , vn(z)
)auf M differenzierbar und die partiellen Ableitungen lassen sichgemäß
∂jh(z) =n∑
i=1
∂i f(v1(z), . . . , vn(z)
)︸ ︷︷ ︸äußere Ableitung
∂jvi (z)︸ ︷︷ ︸innere Ableitung
bestimmen.
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Implizite Funktionen
Gegeben: F : DF ⊂ Rn+1 → R differenzierbar mit ∂n+1F 6= 0
implizit definierte Funktion f : Df ⊂ Rn → R mittels
F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)
)= 0
Dies heißt:Bei gegebenen Werten x1, . . . , xn wird y = f (x1, . . . , xn)als Lösung von
F (x1, . . . , xn, y) = 0
bestimmt.
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 31/56
Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen
Implizit gegebene Funktion f
F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)
)= 0
Es gilt:
0 = ∂iF(x , f (x)
)= ∂1F
(x , f (x)
)∂x1∂xi
+ · · ·+ ∂iF(x , f (x)
)∂xi∂xi
+ · · ·+ ∂nF(x , f (x)
)∂xn∂xi
+ ∂n+1F(x , f (x)
) ∂f∂xi
(x)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56
Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen
Implizit gegebene Funktion f
F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)
)= 0
Es gilt:
0 = ∂iF(x , f (x)
)= ∂1F
(x , f (x)
)����7
= 0∂x1∂xi
+ · · ·+ ∂iF(x , f (x)
)����7
= 1∂xi∂xi
+ · · ·+ ∂nF(x , f (x)
)����7
= 0∂xn∂xi
+ ∂n+1F(x , f (x)
) ∂f∂xi
(x)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56
Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen
Implizit gegebene Funktion f
F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)
)= 0
Es gilt:
0 = ∂iF(x , f (x)
)= ∂iF
(x , f (x)
)+ ∂n+1F
(x , f (x)
) ∂f∂xi
(x)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56
Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen
Implizit gegebene Funktion f
F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)
)= 0
Es gilt:
0 = ∂iF(x , f (x)
)= ∂iF
(x , f (x)
)+ ∂n+1F
(x , f (x)
) ∂f∂xi
(x)
somit∂f
∂xi(x) = −
∂iF(x , f (x)
)∂n+1F
(x , f (x)
)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56
Taylor-Entwicklung für Funktionen zweier Variablen
Gegeben: Funktion f : R2 → R mit ihren partiellen Ableitungenim Punkt (x∗, y∗) ∈ R2
Gesucht: Näherung für f in Umgebung von (x∗, y∗)
Unter geeigneten Voraussetzungen gilt
f (x , y) = f (x∗, y∗) + fx(x∗, y∗)(x − x∗) + fy (x∗, y∗)(y − y∗)
+12
{fxx(x
∗, y∗)(x − x∗)2
+2fxy (x∗, y∗)(x − x∗)(y − y∗)
+fyy (x∗, y∗)(y − y∗)2
}+ . . .
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Beispiele für Taylor-Entwicklungen I
f (x , y) = exy + y
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Beispiele für Taylor-Entwicklungen I
f (x , y) = exy + y , p1(x , y) = 1 + y
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 34/56
Beispiele für Taylor-Entwicklungen I
f (x , y) = exy + y , p2(x , y) = 1 + y + xy
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 34/56
Beispiele für Taylor-Entwicklungen II
f (x , y) = sin(πxy), x∗ = 0, y∗
= 0, p2(x , y) = πxy
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 35/56
Beispiele für Taylor-Entwicklungen III
f (x , y) = sin(πxy), x∗ = 1, y∗
= 1/2,p2(x , y) = 1− π
2
8 (x + 2y − 2)2
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 36/56
Taylor-Entwicklung für Funktionen mehrerer Variablen
Gegeben: Funktion f : Rn → R mit ihren partiellen Ableitungenim Punkt x∗ ∈ Rn
Gesucht: Näherung für f in Umgebung von x∗
Unter geeigneten Voraussetzungen gilt
f (x) = f (x∗) + f ′(x∗)·(x − x∗)+ 12
(x − x∗)TH(x∗)(x − x∗)+. . .
mit dem Gradienten f ′(x∗) und der Hesse-Matrix
H(x∗) =
∂2f∂x21
(x∗) ∂2f
∂x1∂x2(x∗) . . . ∂
2f∂x1∂xn
(x∗)
∂2f∂x1∂x2
(x∗) ∂2f∂x22
(x∗) . . . ∂2f
∂x2∂xn(x∗)
......
. . ....
∂2f∂x1∂xn
(x∗) ∂2f
∂x2∂xn(x∗) . . . ∂
2f∂x2n
(x∗)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 37/56
Fehlerfortpflanzung
Taylor-Entwicklung nur bis zu den ersten Ableitungen liefert:
f (x)− f (x∗)︸ ︷︷ ︸= ∆f
≈n∑
k=1
∂k f (x∗) (xk − x∗k )︸ ︷︷ ︸= ∆xk
somit
∆f ≈n∑
k=1
∂k f (x∗)∆xk
Bemerkung
Die Änderung der Größe f ergibt sich aus den Änderungen derEingangsgrößen xk , wobei die partiellen Ableitungen als Verstär-kungsfaktoren auftreten.
Totales Differential
df =n∑
k=1
∂k f dxk
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 38/56
Lokale Extremwerte
Definition (Lokale Extremwerte)
Eine Funktion f : D ⊂ Rn → R hat an der Stelle x∗ ∈ D einlokales Minimum bzw. lokales Maximum, wenn es eine UmgebungM von x∗ derart gibt, dass
f (x∗) ≤ f (x) bzw. f (x∗) ≥ f (x)
für alle x ∈ M ∩ D gilt.
Bemerkung
Wenn eine Funktion in einer Umgebung des Punktes x∗ konstantist, dann hat die Funktion in x∗ sowohl ein lokales Minimum alsauch ein lokales Maximum.
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 39/56
Lokale Extremwerte: Illustration
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 40/56
Notwendiges Kriterium
Satz (Notwendiges Kriterium für lokale Extremwerte)
Sei f : D ⊂ Rn → R partiell differenzierbar. Wenn f an der Stellex∗ ∈ D ein lokales Extremum hat, dann gilt
∂i f (x∗) = 0, i = 1, . . . , n,
d. h., alle partiellen Ableitungen verschwinden in x∗.
Die Umkehrung gilt ohne weitere Bedingungen nicht.
Beispiel: Sattelpunkt
f : R2 → R, (x , y) 7→ x2 − y2, fx(x , y) = 2x , fy (x , y) = −2y .
Im Punkt (0, 0) verschwinden beide partiellen Ableitungen. Einlokales Extremum liegt dort aber nicht vor, da f in der Umgebungvon (0, 0) sowohl positive als auch negative Werte annimmt.
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 41/56
Hinreichendes Kriterium
Satz (Hinreichendes Kriterium für lokale Extremwerte)
Sei f : D ⊂ R2 → R eine Funktion mit stetigen partiellen Ablei-tungen bis zur Ordnung 2. Gilt an der Stelle (x∗, y∗) im Innerenvon D
∂x f (x∗, y∗) = 0, ∂y f (x∗, y∗) = 0
und
∆ := ∂xx f (x∗, y∗)∂yy f (x
∗, y∗)− ∂xy f (x∗, y∗)2 > 0,
dann hat f an der Stelle (x∗, y∗) ein lokales Maximum, falls∂xx f (x
∗, y∗) < 0
gilt, bzw. ein lokales Minimum, falls∂xx f (x
∗, y∗) > 0
erfüllt ist.
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 42/56
Bemerkungen
∆ := ∂xx f (x∗, y∗)∂yy f (x
∗, y∗)− ∂xy f (x∗, y∗)2
• Im Fall ∆ < 0 liegt kein Extremum sondern ein Sattelpunktvor, vgl. x2 − y2 mit ∆(0, 0) = 2 · (−2) = −4.
• Ist ∆ = 0, so keine die Entscheidung, ob ein Extremum vor-liegt, erst unter Berücksichtigung weiterer Bedingungen (z. B.höhere Ableitungen) getroffen werden.
• Wenn ∆ > 0 gilt, dann kann fxx nicht 0 sein.
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 43/56
Beispiel
f (x , y) = x2 + y2 + xy − 2x + 3y + 7
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 44/56
Beispiel
f (x , y) = y2(x − 1) + x2(x + 1)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 45/56
Ausgleichsrechnung und Fehlerquadratmethode
zwei (physikalische) Größen x und y in funktionaler Abhängigkeit
y = f (x ; a1, . . . , ak)
mit Parametern a1, . . . , ak , die mittels einer Messreihe (xi , yi ), i =1, . . . , n, n > k , bestimmt werden soll.
Idee: Minimiere die Summe der Fehlerquadrate
F (a1, . . . , ak) :=n∑
i=1
(f (xi ; a1, . . . , ak)− yi
)2→ min
a1,...,ak
Notwendiges Kriterium für Minimum
∂jF (a1, . . . , ak) = 0, j = 1, . . . , k
ergibt k Gleichungen für a1, . . . , ak
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 46/56
Ausgleichsgerade
funktionaler Zusammenhang
y = ax + b
Fehlerquadratfunktion
F (a, b) =n∑
i=1
(axi + b − yi )2 → mina,b
notwendige Bedingungen für Minimum
Fa(a, b) =n∑
i=1
2(axi + b − yi )xi = 0,
Fb(a, b) =n∑
i=1
2(axi + b − yi ) = 0
ergeben lineares Gleichungssystem für a und bG. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 47/56
Ausgleichsgerade
Lineares Gleichungssystem
an∑
i=1
x2i +bn∑
i=1
xi =n∑
i=1
xiyi ,
an∑
i=1
xi +bn∑
i=1
1 =n∑
i=1
yi
Lösunga =
sxys2x, b = y − ax
mit
x =1n
n∑i=1
xi , y =1n
n∑i=1
yi ,
s2x =1
n − 1
n∑i=1
(xi − x)2, sxy =1
n − 1
n∑i=1
(xi − x)(yi − y)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 48/56
Beispiele
linearer Zusammenhang: y = ax + b
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 49/56
Beispiele
linearer Zusammenhang: y = ax + b
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 49/56
Beispiele
exponentieller Zusammenhang: y = aebx
nach Logarithmieren: ln(y) = ln(aebx
)= ln(a) + bx
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 50/56
Beispiele
exponentieller Zusammenhang: y = aebx
nach Logarithmieren: ln(y) = ln(aebx
)= ln(a) + bx
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 50/56
Extremwerte unter Nebenbedingungen
Oft werden Extremwerte nicht auf dem gesamten Definitionsbe-reich D gesucht, sondern unter allen Punkten, die gewisse Neben-bedingungen erfüllen. Diese werden von den eigentlichen Extrem-werten nur in Ausnahmefällen erfüllt.
Problemstellung:Gegebenf : D ⊂ Rn → R, g1, . . . , gm : D → R
GesuchtExtremstellen von f auf der Menge
G :={x ∈ D : g1(x) = 0, . . . , gm(x) = 0
}={x ∈ D : g(x) = 0
}mit
g(x) =
g1(x)...gm(x)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 51/56
Lagrange-Funktion
Lagrange-Funktion
L(x ,λ) = f (x) + λ · g(x)
oder ausführlich
L(x1, . . . , xn, λ1, . . . , λm)
= f (x1, . . . , xn) + λ1g1(x1, . . . , xn) + · · ·+ λmgm(x1, . . . , xn)
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 52/56
Kriterium für Extremwerte unter Nebenbedingungen
Satz
Die Funktionen f , g1, . . . , gm : D ⊂ Rn → R seien stetig partielldifferenzierbar. Wenn x∗ ∈ G ⊂ D eine lokale Extremstelle von fauf G ist und die Matrix∂1g1(x
∗) . . . ∂1gm(x∗)...
. . ....
∂ng1(x∗) . . . ∂ngm(x∗)
den Rang m besitzt, dann gibt es einen Lagrange-Multiplikatorλ∗ ∈ Rm derart, dass all (n + m) partiellen Ableitungen von L imPunkt (x∗,λ∗) ∈ Rn+m verschwinden, d. h., die Bedingungen
∂j f (x∗1 , . . . , x
∗n ) +
m∑k=1
λ∗kgk(x∗1 , . . . , x
∗n ) = 0, j = 1, . . . , n,
g`(x∗1 , . . . , x
∗n ) = 0, ` = 1, . . . ,m,
sind erfüllt.G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 53/56
Beispiel
f (x , y) = x2 + y2 → min unter g(x , y) = x + y − 1 = 0
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 54/56
Beispiel
f (x , y) = (1−x2)(1−y2)→ min unter g(x , y) = x2+y2− 14
= 0
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 55/56
Beispiel
Ellipse mit den Halbachsen a = 3 und b = 2
einbeschriebene Rechtecke mit den Seitenlängen 2x und 2y
G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 56/56