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Maximilian Ledochowski (Hrsg.)

Klinische Ernährungsmedizin

SpringerWienNewYork

Univ.-Doz. Dr. med. Maximilian LedochowskiTILAK – Universitätskliniken Innsbruck, Abteilung für Ernährungsmedizin, Innsbruck, Austria

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdru-ckes, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Produkthaftung: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Eine Haftung des Herausgebers, der Auto-ren oder des Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen.

© 2010 Springer-Verlag / WienPrinted in Austria

SpringerWienNewYork ist ein Unternehmen vonSpringer Science + Business Mediaspringer.at

Umschlagbilder: © GettyImages/Display of vegetables, fruit, bread, meat and fish on marble table/Rosemary Weller (links); © GettyImages/Saline drip, close-up/Jonnie Miles (rechts)Satz: JungCrossmedia Publishing GmbH, 35633 Lahnau, DeutschlandDruck: Holzhausen Druck GmbH, 1140 Wien, Austria

Gedruckt auf PEFC zertifiziertem Papier

UZ 24 „Schadstoffarme Druckerzeugnisse“ UW 680

SPIN 12029143

Mit 154 (großteils farbigen) Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-211-88899-5 SpringerWienNewYork

VORWORT

Das Fach „Ernährungsmedizin“ ist noch jung, aber von zunehmender Bedeutung. Im vorliegenden Buch wird der Versuch unternommen, diesem Wandel Rechnung zu tragen und die „Klinische Er-nährungsmedizin“ als eigenständiges Fach zu etablieren. Bisher hat die Ernährung in der Medizin vor allem bei der Versorgung von intensivmedizinischen Patienten eine große Rolle gespielt. Dem-entsprechend gibt es zahlreiche Bücher von hohem Niveau über parenterale und enterale Ernährung. Die Rolle der Ernährung in der Therapie von (chronischen) Krankheiten wurde aber bisher wenig berücksichtigt.

Der Stellenwert der Ernährung als unverzichtbarer Therapiebestandteil bei einigen angeborenen Stoffwechselerkrankungen ließ vor allem die Pädiater zu Vorreitern einer klinischen Ernährungsme-dizin werden. Mit der verbesserten Behandlung dieser angeborenen Krankheiten erreichen immer mehr betroffene Patienten das Erwachsenenalter, so dass hier zusätzlicher Bedarf an ernährungsme-dizinischem Wissen für praktische Ärzte, Internisten und Diätologen besteht.

Globalisierung, Veränderungen der Umwelt und geänderte (großindustrielle) Herstellung von Lebensmitteln führen zu einer Zunahme von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien. In dem Maß, wie Lebensmittelhersteller versuchen, funktionelle Nahrungsmittel mit möglichst aus-geprägten „Wirkungen auf die Gesundheit“ zu entwickeln ist auch mit einer Zunahme von „Neben-wirkungen“ zu rechnen. So ist zu erwarten, dass neue, bisher noch unbekannte Unverträglichkeits-reaktion bzw. Krankheiten, entstehen werden. Ein Teil des vorliegenden Buches ist daher auch den Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Nahrungsmittelallergien gewidmet.

Während Ernährungswissenschafter sich vornehmlich mit den physiologischen Grundlagen der Ernährung beschäftigen, ist es Aufgabe des Ernährungsmediziners die Rolle der Ernährung bei der Behandlung und Vermeidung von Krankheiten zu bestimmen.

Das vorliegende Buch ist vor allem aus Vorträgen der in Innsbruck stattfindenden Ausbildungs-zyklen zur Erreichung der Zusatzbezeichnung „Ernährungsmediziner“ (ÖÄK-Diplom) an der Univ. Klinik in Innsbruck entstanden. Ich möchte mich als Herausgeber noch einmal bei allen Autorinnen und Autoren, die zum Gelingen dieses Buches, aber auch zum Aufbau der Ausbildung zum Ernäh-rungsmediziner beigetragen haben, herzlich bedanken.

Das Buch richtet sich nicht nur an Ärzte, sondern auch an Diätologen, die ja die Hauptlast einer ernährungsmedizinischen Beratung zu tragen haben. Es war mir deshalb auch ein Anliegen, nicht nur Ärzte, sondern auch in der Praxis tätige Diätologen als Autoren für dieses Buch zu gewinnen. Schließlich möchte ich auch die Ernährungswissenschafter und Lebensmittelchemiker mit diesem Buch ansprechen. Ich habe in der Vergangenheit gerade von diesen Berufsgruppen sehr viel gelernt und hoffe, dass ich im Gegenzug mit diesem Buch einen Einblick in die Wünsche und Probleme der „Kliniker“ geben kann. Nur die Zusammenarbeit aller Berufsgruppen, die sich mit der Ernährung des Menschen befassen, kann schließlich zu einer verbesserten Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten führen.

Innsbruck, im Oktober 2009 Maximilian Ledochowski (Herausgeber)

INHALTSVERZEICHNIS

I Allgemeine Grundlagen

1 Biochemie der Ernährung . . . . . . . . 3H. Grunicke

2 Säure-Basen-Haushalt . . . . . . . . . . 23G. Gstraunthaler

3 Steuerung von Appetit, Hunger und Sättigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33K.-D. Nüsken und H. Jarz

4 Neuropeptide und Botenstoffe des Gastrointestinaltrakts . . . . . . . . . . 47H. Jarz und M. Ledochowski

5 Nutrigenomik Regulation der Genexpression durch Nährstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63O. A. Wrulich und F. Überall

6 Perinatale metabolische Program-mierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77H. Schneider

7 Erhebung des Ernährungszustandes von Erwachsenen im ambulanten und stationären Bereich . . . . . . . . . 83O. Galvan

8 Beratungskompetenz im Rahmen des diätologischen Prozesses . . . . . 91A. E. Purtscher

II Ernährungsmedizin in der Klinik

9 Kardiologie9.1 Ernährung bei Herzkreislaufer-

krankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 H. Alber und C. Hölzl

9.2 Ernährung bei Herzinsuffizienz . . . 115G. Pölzl, C. Hölzl

10 Dermatologie10.1 Atopisches Ekzem (Neurodermitis):

Aspekte der Ernährung und Nah-rungsmittelallergie . . . . . . . . . . . . . . . 125J. Ring, C. Schnopp und C. Kugler

11 Endokrinologie11.1 Jodstoffwechsel und Schilddrüse . . 133

W. Zechmann

12 Gastroenterologie12.1 Schluckstörungen aus interdiszipli-

närer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141M. Rungger, T. Wöllner, D. Nekahm-Heis, S. Vanek, C. Pototschnig, H. Freyschlag, M. Patjas, C. Pall und O. Galvan

12.2 Ernährung bei chronisch-entzünd-lichen Darmerkrankungen . . . . . . . . 161H. Tilg

12.3 Kurzdarmsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . 169R. Meier, J. Wermuth und Z. Stanga

12.4 Reizdarmsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . 181D. Neidl und M. Ledochowski

12.5 Zöliakie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195H. Bertz und S. Schmitting-Ulrich

12.6 Ernährung bei Leber- und Gallen-erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207I. Graziadei

Inhaltsverzeichnis

VIII

12.7 Ernährung bei Hepatischer Enze-phalopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219H. Zoller und R. Koch

12.8 Ernährung bei akuten und chroni-schen Pankreaserkrankungen . . . . . 235R. Koch und H. Zoller

12.9 Maldigestion und Malabsorption . . 247W. Vogel

12.10 Perioperative enterale Ernährung in der Viszeralchirurgie („Fast-track“-Konzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261R. Kafka-Ritsch

12.11 Ernährungsprobleme bei Patienten mit Stoma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267R. Kafka-Ritsch und G. Hutter

13 Hämatologie, Onkologie und Gerin-nungsstörungen

13.1 Eisenstoffwechselstörungen und Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273H. Zoller und M. Schranz

13.2 Gerinnungsstörungen und Antiko-agulantientherapie. . . . . . . . . . . . . . . . 289C. Pechlaner

13.3 Ernährung bei onkologischen Pati-enten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299G. Hetzenauer, C. Pall, O. Galvan, W. Willenbacher und G. Gastl

14 Immunologie und Infektionskrankheiten14.1 Tryptophanmangel bei entzündli-

chen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . 323G. Neurauter, M. Jenny, K. Schröcksnadel, M. Ledochowski und D. Fuchs

14.2 Die Rolle von Glutamin im Amino-säurestoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . 333E. Roth und R. Oehler

14.3 Nahrungsmittelbedingte Infek-tions krankheiten und Intoxika-tionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347F. Allerberger, J. Pichler, R. Öhlinger, E. Gelpi und H. Budka

14.4 Einfluss der Ernährung auf Pilzer-krankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409C. Lass-Flörl

15 Nahrungsmittelallergien und -unver-träglichkeiten

15.1 Nahrungsmittelallergien . . . . . . . . . . 419N. Reider

15.2 IGE-vermittelte Nahrungsmittelall-ergien im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . 427E. Horak und B. Morass

15.3 Histaminintoleranz . . . . . . . . . . . . . . . 433R. Jarisch

15.4 Laktoseintoleranz . . . . . . . . . . . . . . . . 441M. Kerber, C. Oberkanins und M. Ledochowski

15.5 Fruktosemalabsorption (intesti-nale Fruktoseintoleranz) . . . . . . . . . . 451B. Datta und M. Ledochowski

15.6 Verpackungstoxikologie . . . . . . . . . . 461R. Franz

16 Metabolismus16.1 Ernährung bei Diabetes mellitus . . 473

C. H. Saely und H. Drexel

16.2 Diabetes mellitus im Kindesalter . . 487S. E. Hofer

16.3 Funktionelle Insulintherapie . . . . . . 495C. Bali

16.4 Stoffwechsel der Lipoproteine und Störungen des Lipoproteinstoff-wechels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507M. Lechleitner

16.5 Störungen des Homocysteinstoff-wechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517O. Stanger

16.6 Vitamin-B6 (Pyridoxin) . . . . . . . . . . . 529O. Stanger

16.7 Vitamin-B12 (Cobalamin) . . . . . . . . . 543O. Stanger

16.8 Folsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551O. Stanger

Inhaltsverzeichnis

IX

16.9 Purinstoffwechselstörungen und Gicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565H.-E. Schröder

16.10 Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577H. Toplak

16.11 Adipositas im Kindes- und Jugend-alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589S. Scholl-Bürgi, B. Meisinger, S. Jauschnegg und D. Karall

16.12 Chirurgische Therapie der Adiposi-tas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599R. P. Mittermair

16.13 Ernährungstherapie in der Adiposi-taschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607M. Zeiner

17 Nephrologie und Urologie17.1 Ernährung bei Nierenerkrankun-

gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613I. Landthaler

17.2 Hypertonie und Kochsalzkonsum . 631J. Lobenwein und G. Mayer

17.3 Nephrolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641J. Joost

18 Neurologie18.1 Gluten-assoziierte Ataxie – Neuro-

logische Komplikationen der Zölia-kie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651S. Hering, S. Boesch

18.2 Ernährung und Schlaf. . . . . . . . . . . . . 657B. Högl

18.3 Ernährung bei Multipler Sklerose . 671M. Reindl

19 Psychiatrie und Psychologie19.1 Psychologie des Essens . . . . . . . . . . . . 679

G. Schüßler

19.2 Essstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689J. F. Kinzl

19.3 Pica – qualitative Normabweichun-gen des Appetits . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697T. Knecht

19.4 Ernährung bei Patienten mit schi-zophrenen Störungen . . . . . . . . . . . . . 705S. Baumgartner

20 Pneumologie20.1 COPD und Ernährung . . . . . . . . . . . . . 713

U. Müller und J. Bargon

21 Rheumatologie21.1 Ernährung bei rheumatischen Er-

krankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723C. Dejaco, C. Duftner, B. Stocker, M. Schirmer und S. Holzmann

21.2 Osteoporose und Ernährung . . . . . . 731H. Dobnig

21.3 Vitamin D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743W. Bayer und K. Schmidt

22 Gynäkologie22.1 Ernährung in der Schwangerschaft 757

A. Bergant

23 Pädiatrie23.1 Ernährung des gesunden Säuglings

und Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763D. Karall, B. Meisinger, G. Grissenauer und S. Scholl-Bürgi

23.2 Hereditäre Chronische Diarrhöen . 773P. Heinz-Erian

Angeborene Stoffwechselstörungen mit Behandlung durch eiweißmodifizierte Diäten23.3 Phenylketonurie (PKU) . . . . . . . . . . . . 785

F. Lagler

23.4 Hyperhomozysteinämien . . . . . . . . . 799F. Lagler

23.5 Hypertyrosinämien . . . . . . . . . . . . . . . 807F. Lagler

Inhaltsverzeichnis

X

23.6 Störungen im Stoffwechsel ver-zweigtkettiger Aminosäuren . . . . . . 813J. O. Sass, S. Grünert, E.-M. Nussbaumer und K. O. Schwab

23.7 Harnstoffzyklusstörungen . . . . . . . . 827E. Mönch

23.8 Hyperornithinämie-Hyperammon-ämie-Homocitrullinurie-(HHH)-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835E. Mönch

23.9 Lysinurische Proteinintoleranz (LPI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837E. Mönch

Angeborene Stoffwechselstörungen mit Behandlung durch fettmodifizierte Diäten23.10 Ketogene Diät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841

S. Scholl-Bürgi, A. Hofer, E. Haberlandt, V. Oppl und D. Karall

23.11 Mitochondriale Erkrankungen (Mitochondriopathien) . . . . . . . . . . . . 851W. Sperl

23.12 Fettsäurenoxidationsstörungen . . . 865U. Spiekerkoetter

Angeborene Stoffwechselstörungen mit Behandlung durch kohlenhydratmodifizierte Diäten23.13 Galaktosämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875

S. Scholl-Bürgi, B. Meisinger, S. Baumgart-ner Sigl und D. Karall

23.14 Fruktosestoffwechselstörungen . . . 881D. Karall, B. Meisinger, G. Grissenauer und S. Scholl-Bürgi

23.15 Glykogenspeicherkrankheiten . . . . . 889D. Karall, G. Grissenauer, B. Meisinger und S. Scholl-Bürgi

Stoffwechselstörungen mit Behandlung durch Vitamine, Spurenelemente und sons-tige Kofaktoren23.16 Kreatinstoffwechselstörungen . . . . 899

S. Stöckler-Ipsiroglu

23.17 Biotinidase-Mangel und Multipler Carboxylase-Defekt . . . . . . . . . . . . . . . 907E. Mönch

23.18 Hyperornithinämie mit Gyratatro-phie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911E. Mönch

24 Sporternährung . . . . . . . . . . . . . . . 913M. Burtscher

25 Ernährung bei Karies und parodon-talen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . 925I. Kapferer

26 Geriatrie26.1 Einfluss der Ernährung auf den

Alterungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . 937W. Zwerschke, M. Mitterberger

26.2 Geriatrische Malnutrition . . . . . . . . . 949G. Zürcher, E. Fassl-Garbani

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1023

I

Allgemeine Grundlagen

1Kapitel 1

BIOCHEMIE DER ERNÄHRUNGH. Grunicke

1. Einführung: Ernährung und Stoffwechsel, Stoffwechsellagen

Belebte Materie zeichnet sich thermodynamisch durch einen hohen Ordnungsgrad, d. h. niedrige Entropie aus. Die Aufrechterhaltung derartiger Ordnungszustände ist nur bei dauernder Ener-giezufuhr möglich. Daraus folgt, dass schon un-sere bloße körperliche Existenz in Abwesenheit zusätzlicher Arbeitsleistungen energieabhängig ist. Der tatsächliche Energiebedarf des mensch-lichen Organismus geht schon unter Grundum-satzbedingungen, nicht zuletzt wegen der Be-dürfnisse der stoffwechselaktiven Organe, Zen-tralnervensystem, Herz, Leber, Niere, weit über die zum Strukturerhalt notwendige Energie hi-naus und wird durch motorische Aktivität und Stress zusätzlich gesteigert.

Der menschliche Organismus gewinnt die für die Körperfunktionen notwendige Energie durch Oxidation verschiedener Energiesubs trate, die mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Nun erfolgt beim Menschen die Nahrungsaufnahme nicht kontinuierlich, sondern nur im Rahmen ei-ner Mahlzeit mit anschließender Resorption der Nahrungsstoffe. Nach Abschluss der Resorption folgt eine unterschiedlich lange Zeit der Nah-rungskarenz, eine physiologische Hungerphase, die durch die nächste Mahlzeit beendet wird. Während dieser Postresorptions- oder Hunger-phase darf die Zufuhr von Energiesubstraten jedoch nicht unterbrochen werden. Das gilt ins-besondere für die Organe mit hohem Energiebe-darf wie Herz, Niere und Zentralnervensystem

(ZNS), wobei das ZNS hinsichtlich der von ihm verwertbaren Energiesubstrate besonders wäh-lerisch ist und auf eine stetige Anlieferung von Glukose angewiesen ist. Damit Hungerphasen überstanden werden können, muss der Orga-nismus während der Resorptionsphase Energie-speicher anlegen, aus denen während der Nah-rungskarenz der Energiebedarf, bzw. auch die Bereitstellung bestimmter Energiesubstrate wie der Glukose für das ZNS gewährleistet wird. Die Bildung dieser Energiespeicher erfolgt in hierfür spezialisierten Organen und erfordert eine Viel-zahl von Enzymen. Für die Mobilisierung der Energiesubstrate aus den Speichern sind andere Enzymsysteme verantwortlich.

Naturgemäß macht es keinen Sinn, dass während der Speicherung die Entspeicherungs-mechanismen aktiv sind. Offensichtlich sind or-ganübergreifende Steuerungsmechanismen not-wenig, die sicherstellen, dass während der Anlage der Speicher die Entspeicherungsmechanismen ausgeschaltet sind und umgekehrt bei Mobi-lisierung der gespeicherten Energiesubstrate die speichernden Aktivitäten blockiert werden. Diese Aufgaben obliegen bestimmten Hormonen und Stoffwechselprodukten, deren Ausschüt-tung und Aktivität jeweils typische Stoffwechsel-lagen definieren.

Eine solche typische Stoffwechsellage ist die Phase nach einer Mahlzeit, während der Resorp-tion der Nahrungsstoffe bei motorischer Ruhe. Während dieser Zeit stehen dem Organismus mehr Energiesubstrate zur Verfügung als er zur Deckung des Energiebedarfes benötigt. Daher

Kap. 1 H. Grunicke

4

werden die überschüssigen Energieträger für die Bildung der Energiespeicher verwendet. In die-ser Situation sorgt in erster Linie Insulin dafür, dass alle zur Energiespeicherung notwendigen Systeme aktiviert und die zur Entspeicherung verwendeten Mechanismen gehemmt werden. Der Stoffwechsel in der Resorptionsphase ist in Kapitel 5 beschrieben.

In der Postresorptionsphase muss auf die Energiespeicher zugegriffen werden. Die hierzu notwendigen Regelmechanismen erfolgen bei motorischer Ruhe im Wesentlichen durch Glu-kagon und Katecholamine (Adrenalin, Noradre-nalin). Der Stoffwechsel in der Postresorptions-phase ist in Kapitel 6 dargestellt.

Die Energieverhältnisse ändern sich bei mo-torischer Aktivität. Hierdurch entsteht schlag-artig ein erhöhter Energiebedarf. Zu dessen Deckung wird die Speicherbildung auch in der Resorptionsphase gehemmt und zusätzlich die Bereitstellung von Energiesubstraten aus den Energiespeichern erhöht. Die Steuerung dieser Mechanismen übernehmen die Katecholamine.

2. Nahrungsmittel, Nahrungsstoffe, Einteilung der Nahrungsstoffe

Der Organismus braucht aber Nahrungsstoffe nicht nur als Energiesubstrate, sondern ist mit der Tatsache konfrontiert, dass alle Körperbe-standteile einem ständigen Ab- und Wieder-aufbau unterworfen sind. Für die Erhaltung der Körpersubstanz muss mit der Nahrung das notwendige Baumaterial zugeführt werden. Un-ter diesen Bausubstraten kommt Substanzen besondere Bedeutung zu, die der Organismus nicht selbst synthetisieren kann. Hierzu zählen die essentiellen Aminosäuren, die essentiellen Fettsäuren (für Details zu diesen Verbindungen siehe Lehrbücher der Biochemie) und die Mine-ralien, insbesondere Kalzium und Phosphat für den Aufbau der Knochensubstanz.

Es ist jedoch zu betonen, dass der Organis-mus bei den mit der Nahrung zugeführten or-ganischen Verbindungen nicht zwischen Ener-

gie – und Bausubstraten unterscheidet. Diese Unterteilung ist von didaktischem Nutzen und hilfreich bei Bedarfsermittlungen.

Neben den Energie– und Bausubstraten be-nötigt der menschliche Organismus noch eine Reihe von Stoffen, die in geringen Mengen im Wesentlichen für katalytische Zwecke verwen-det werden. Zu diesen sogenannten Wirksubs-traten zählen die Vitamine, die Spurenelemente wie Eisen, Kupfer, Mangan, Zink, Jodid, Selen u. a. m., sowie Mineralien wie Natrium, Kalium, Magnesium, Chlorid.

Bezüglich der Nahrung unterscheiden wir zwischen den Nahrungsmitteln wie Milch, Fleisch, Brot etc. und den Nahrungsstoffen. Wäh-rend die Nahrungsmittel komplexe Stoffgemi- sche darstellen, sind Nahrungsstoffe chemisch definierte Verbindungen oder Verbindungs-klassen wie Kohlenhydrate, Lipide, Prote-ine, Vitamine etc. Bei den Nahrungsstoffen können wir nochmals zwischen resorbier-baren und nichtresorbierbaren, d. h. unver-daulichen Stoffen unterscheiden. Die unver-daulichen Nahrungsstoffe werden als Bal-laststoffe bezeichnet. Hierzu zählen vor al-lem Bestandteile pflanzlicher Zellwände und Fasern (Biesalski, 2004). Die Tatsache, dass sie unverdaulich sind, bedeutet nicht, dass die Bal-laststoffe nur unnötigen Ballast darstellen. Von Ernährungswissenschaftlern wird die Wichtig-keit einer ausreichenden Zufuhr von Ballaststof-fen immer wieder betont (Kluthe, 2004). Einige Ballaststoffe haben ein hohes Wasserbindungs-vermögen, sie quellen daher im Darm und beein-flussen auf diese Weise die Darmmotilität, sowie die Viskosität des Chymus und der Faeces. Andere haben Ionenaustauschaktivität und binden z. B. Gallensäuren. Schließlich hat eine ballaststoff-reiche Nahrung in der Regel einen höheren Sätti-gungseffekt als eine ballaststoffarme Nahrung. Da der Gehalt an Energiesubstraten bei ballast-stoffreicher Ernährung in der Regel niedriger ist als der von ballaststoffarmen Nahrungsmitteln, schützt eine ballaststoffreiche Ernährung vor ei-ner unerwünschten Überernährung und deren

Biochemie der Ernährung

5

Folgeerscheinungen: Adipositas, Diabetes, Blut-hochdruck, koronare Herzkrankheiten.

3. Biologische Wertigkeit der Nahrung

Aus den geschilderten biochemischen Funkti-onen der Ernährung ergibt sich eine Reihe von Kriterien zur Beurteilung der biologischen Wer-tigkeit einer Nahrung:

Die Nahrung sollte isokalorisch sein, d. h. den Energiebedarf zur Deckung des Grundum-satzes, darüber hinausgehender Arbeitsleistun-gen und der Wärmeproduktion befriedigen. Sie sollte aber weder hypo- noch hyperkalorisch sein. Sowohl eine Unter- als auch eine Überer-nährung sind auf die Dauer mit der Gesundheit nicht vereinbar.

Die Nahrung sollte eine ausreichende Zu-fuhr der essentiellen Bausubstrate garantieren. Zur Deckung des Bedarfes an essentiellen Ami-nosäuren werden vom jungen Erwachsenen täglich ca. 0,8 g Protein/kg Körpergewicht be-nötigt. Für Säuglinge, Kleinkinder und Schwan-gere gelten höhere Werte (WHO, FAO, UNO Re-port, 1985). Der Bedarf von älteren Menschen ist noch Gegenstand von laufenden Diskussionen. Diese Mengenangabe geht davon aus, dass eine gemischte Kost bestehend aus tierischem und pflanzlichem Eiweiß zugeführt wird. Tierisches Eiweiß hat generell eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliches Protein. Biologisch hochwertige Proteine sind reich an essentiellen Aminosäuren und enthalten diese in einem mo-laren Verhältnis, in dem sie vom menschlichen Organismus zur Proteinbiosynthese verwendet werden. Es gibt verschiedene Methoden zur Be-stimmung der biologischen Wertigkeit von Pro-tein, z. B. die Messung der Stickstoffretention nach Verabreichung einer bestimmten Protein-menge oder Fütterungsversuche an Ratten. Un-abhängig von der Messmethode zeigen tierische Proteine generell eine höhere biologische Wer-tigkeit als pflanzliche Eiweiße. Als Faustregel gilt daher, dass von der täglich zuzuführenden Proteinmenge ca. 50 % tierisches Eiweiß sein

sollten. Bei rein vegetarischer Ernährung ist da-her der Zusammensetzung der Proteine größte Aufmerksamkeit zu widmen.

Zur Deckung des Bedarfes an essentiellen Fettsäuren werden täglich etwa 0,8 –1 g Fett pro kg Körpergewicht benötigt. Pflanzliche (nicht gehärtete) Fette sind im Allgemeinen reich an ungesättigten und auch mehrfach ungesättigten essentiellen Fettsäuren, ebenso einige tierische Fette wie Fischöl und Hühnerfett. Von den mehr-fach ungesättigten Fettsäuren zeichnen sich die

-3-Fettsäuren (z. B. Linolensäure) durch eine gefäßprotektive Wirkung aus. Ein Verhältnis von -6- (z. B. Linolsäure) zu -3-Fettsäuren von 5 : 1 scheint im Sinne der Gefäß- und kardiopro-tektiven Wirkung besonders günstig zu sein und wird daher von Ernährungswissenschaftlern empfohlen (Enig et al., 1991). Eine Reihe pflanzli-cher Fette und Öle zeichnet sich durch einen ho-hen Gehalt an -3-Fettsäuren aus. Vereinfacht lässt sich somit sagen, dass von dem täglichen Bedarf von 0,8 –1 g Fett pro kg Körpergewicht möglichst viel ungehärtetes pflanzliches Fett oder Fischfett sein sollte. Als quantitatives Maß ist das Verhältnis von Lipiden mit mehrfach un-gesättigten (polyunsaturated) Fettsäuren zu solchen mit gesättigten (saturated) Fettsäuren, der sogen. P/S-Quotient sinnvoll. Dieser Quo-tient sollte möglichst > 1 sein. Derzeit liegt er bei durchschnittlicher Kost bei 0,33 (Biesalski, 2004).

Für den Aufbau der Knochensubstanz soll-ten täglich 0,8 g Kalzium und 3,7 g Phosphat zu-geführt werden.

Schließlich ist für eine ausreichende Zufuhr an Wirksubstraten (Vitamine, Spurenelemente und Mineralien) mit der Nahrung Sorge zu tra-gen. Zur Feststellung des Bedarfes an Wirksub-straten sei auf die einschlägigen Empfehlungen der Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 1991; National Academy of Sci-ences, 1980) verwiesen. Es sei jedoch betont, dass Hypovitaminosen und Mangelerscheinungen an bestimmten Spurenelementen in den entwickel-ten Industrieländern bei Erwachsenen extrem

Kap. 1 H. Grunicke

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selten sind, so dass eine Supplementierung über Nahrungsergänzungsstoffe – mit Ausnahme von einer Jodid-Zufuhr in den betreffenden Jod-mangelgebieten – nicht erforderlich ist. Dies gilt natürlich nicht für Menschen, die durch Alter oder Krankheit unselbständig sind. In diesen Fällen ist der Gehalt insbesondere an labilen Vit-aminen bei der Zubereitung und dem Transport der Nahrung, aber auch die ausreichende Nah-rungsaufnahme zu überwachen.

Die geschilderten Erfordernisse werden am besten durch eine gemischte Kost erfüllt („Voll-kost“ nach dem Prinzip der vollwertigen Ernäh-rung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, 1991). Bei dieser gemischten Kost sollten Prote-ine etwa 15 %, Fette 30 % und Kohlenhydrate 55 % des Energiebedarfes decken. Bei zu gerin-ger Kohlenhydratzufuhr werden zur Deckung des Glukosebedarfes resorbierte Aminosäuren zur Glukoneogenese verwendet, was zu einer Be-einträchtigung der Proteinbiosynthese führen kann. Ferner kommt es zu einer Ketoazidose, da die Ketonkörpersynthese stimuliert wird (siehe Kapitel 6 ).

4. Nahrungsstoffe als Energieträger

4.1. Energiebedarf

Der Energiebedarf errechnet sich als Summe von Grundumsatz, Erhaltungsbedarf und Leis-tungsbedarf.

Der Grundumsatz (GU) wird 12 –14 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme, liegend, bei motorischer Ruhe und Indifferenztemperatur 27– 31 °C gemessen. Alternativ zum Grundum-satz wird gelegentlich der Ruhe-Nüchtern-Umsatz (RNU) bestimmt. Die Messung des RNU erfolgt im Sitzen bei 24 – 26 °C Raumtemperatur und in leichter Bekleidung. Die Werte des RNU in kJ/min liegen etwa 5 % über denen des GU. Die unter die-sen Bedingungen gemessene Arbeit umfasst die chemische Arbeit für Synthesen bei Wachstum, Umbau und Speicherung, osmotische Arbeit bei Transportprozessen und mechanische Arbeit

(Herz-Kreislauf, Atmung, Erhaltung des Mus-keltonus). Der RNU macht etwa 60 –75 % des Ge-samtenergieumsatzes aus. 50 % des RNU entfällt auf den Energiebedarf von ZNS, Leber, Niere und Herz. Grundumsatz und Ruhe-Nüchtern-Umsatz sind abhängig von Alter, Geschlecht, Körperge-wicht, Körperfettmasse, psychischem Zustand und Bluthormonspiegeln, insbesondere von Ka-techolaminen und Thyroxin. Vereinfachte Be-rechnungsformeln für den Grundumsatz wurden von der WHO publiziert (WHO, 1985). Der Grund-umsatz eines erwachsenen, 75 kg schweren Man-nes liegt nach dieser Berechnung bei ca. 7250 kJ/d (1734 kcal/d).

Der Erhaltungsbedarf errechnet sich aus der zusätzlichen Energiemenge, die für Nahrungs-aufnahme, Verdauung und Resorption, Regene-ration von Geweben, Thermoregulation sowie postprandiale Thermogenese und unvermeid-bare motorische Aktivitäten aufgewendet wer-den muss.

Der Leistungsbedarf entsteht durch eine über den Erhaltungsbedarf hinausgehende motori-sche Aktivität, sowie physiologische Leistungen durch Wachstum, Schwangerschaft und Lakta-tion.

So beträgt der Energiemehrbedarf bei Büro-arbeit etwa das 1,4-fache, bei schwerer körperli-cher Arbeit, etwa im Baugewerbe das 3 – 6-fache des Grundumsatzes (Noack, 2004).

Die Messung des Energieverbrauches erfolgt in der Regel indirekt durch Bestimmung der Sauerstoffaufnahme. Dies ist deshalb gerecht-fertigt, weil die Energiegewinnung nahezu aus-schließlich durch Oxidation der Energiesubs-trate, im Wesentlichen Kohlenhydrate, Fette und Proteine erfolgt. Durch Kalorimetrie lässt sich die bei der Oxidation der einzelnen Ener-giesubstrate freiwerdende Energie als Wärme bestimmen. Die durchschnittlichen Brennwerte betragen für Kohlenhydrate 17,2 kJ (4,1 kcal)/g; für Fette 38,9 kJ (9,3 kcal)/g und für Proteine 22,6 kJ (5,4 kcal)/g. Der physiologische Brenn-wert der Proteine liegt allerdings unter dem ka-lorimetrisch gemessenen Bruttoenergiewert, da

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ein Teil der bei der Oxidation der Aminosäuren gewonnenen Energie für die Harnstoffsynthese aufgebracht werden muss und ferner ein Teil des aufgenommenen Proteins in Form nicht re-sorbierter Aminosäuren und deren Stoffwech-selprodukten ausgeschieden wird. Der physio-logische Brennwert der Proteine ist daher mit 17,2 kJ (4,1 kcal)/g anzusetzen. Errechnet man die beim Verbrauch von einem Liter Sauerstoff bei der Oxidation der einzelnen Energiesubst-rate freigesetzte Energiemenge, so ergeben sich als sogenannte energetische Äquivalente Werte von 21,0/19,7/19,3 kJ für Glukose, Triolein und Alanin und damit ein Durchschnittswert von 20 kJ (4,8 kcal)/l O2 (Noack, 2004). So lässt sich über den Sauerstoffverbrauch die Höhe des Energieumsatzes etwa unter Grundumsatz-Be-dingungen ermitteln.

Die Bestimmung des sogenannten Respira-torischen Quotienten in der Atemluft erlaubt die Identifikation des zum Zeitpunkt der Messung vom Organismus verwendeten Energiesubstra-tes. Der Respiratorische Quotient ist definiert als das Verhältnis von gebildeten mol CO2 zu verbrauchten mol O2. Die Werte errechnen sich aus der Stöchiometrie der biologischen Oxida-tion definierter Energiesubstrate und betragen für Glukose 1,0; für Palmitinsäure 0,696 und für Alanin 0,83. Diese Werte entsprechen den Wer-ten der Hauptenergiesubstrate: Kohlenhydrate, Triglyzeride, Proteine. Durch Messung der arte-riovenösen Differenz von O2 und CO2 lässt sich mit Hilfe des respiratorischen Quotienten das bevorzugte Energiesubstrat einzelner Organe in den verschiedenen Stoffwechsellagen bestim-men.

4.2. Energiegewinnung

Der Organismus ist keine Wärmekraftma-schine. Er kann die bei der Oxidation der Sub-strate freiwerdende Wärme nicht zum Antrieb endergoner (energieverbrauchender) Reaktio-nen verwenden. Aus diesem Grunde versucht der Organismus, einen möglichst großen Teil

der bei der Oxidation freiwerdenden Energie in Form von chemischer Energie zu speichern. Er bewerkstelligt dies durch Kopplung der exer-gonen Oxidation mit der endergonen Synthese „energiereicher“ Phosphate. Diese sind Adeno-sintriphosphat (ATP) und im Muskel Kreatin-phosphat. Die im ATP, bzw. Kreatinphosphat gespeicherte Energie kann nun zum Antrieb endergoner Reaktionen verwendet werden. Der thermodynamische Wirkungsgrad der Energie-gewinnung aus den Energiesubstraten der Nah-rung ergibt zum Beispiel für Glukose bei aero-bem Abbau 58 – 64 %. Diese Werte errechnen sich aus der freien Energie der Glukoseoxidation unter physiologischen Konzentrationen für Glu-kose, O2 und CO2 mit ΔG’ = 2866,5 kJ und einer ATP-Ausbeute von 30 – 32 mol/mol Glukose, für die unter physiologischen Konzentrationen von ADP, ATP, Phosphat in Abhängigkeit von den zu-grunde gelegten lokalen Konzentrationen zwi-schen 1658 bis 1840 kJ aufzubringen wären.

Die Verwendung von chemischer statt Wär-meenergie bringt erhebliche Vorteile. So lässt sich chemische Energie speichern und im Ge-gensatz zu Wärme auch ohne wesentliche Ver-luste transportieren.

Zusammenfassend: Der Organismus ge-winnt die notwendige Energie durch Oxidation der mit der Nahrung zugeführten Energiesubs-trate. Die bei der Oxidation freiwerdende Ener-gie wird zum Aufbau der „energiereichen“ Phos-phate ATP und Kreatinphosphat benutzt. Die bei der Spaltung von ATP und Kreatinphosphat frei-werdende Energie wird zum Antrieb endergoner (energieverbrauchender) Prozesse eingesetzt.

Die Energieausbeute, d. h. der thermody-namische Wirkungsgrad liegt nicht bei 100 %. Mindestens 30 % der Energie wird in Form von Wärme frei. Diese Wärme wird z. T. für die Ther-moregulation benutzt. Eine Erniedrigung des thermodynamischen Wirkungsgrades führt zu einer Steigerung der Wärmeabgabe. Dies wird physiologisch durch Entkopplungsproteine (un-coupling proteins, UCPs) bewirkt. Diese Proteine entkoppeln – bis zu einem gewissen Grad – die

Kap. 1 H. Grunicke

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Energiegewinnung durch die Atmungskette in den Mitochondrien von der damit gekoppelten oxidativen Phosphorylierung. Sie erniedrigen den P/O-Quotienten, d. h. die pro mol O2 synthe-tisierten mol ATP.

Wie im Kapitel  3 beschrieben wurde, sind bei der üblichen gemischten Kost die wesent-lichen Energiesubstrate die Kohlenhydrate, die in der Regel überwiegend in Form der Poly- meren Stärke und Glykogen ( -glykosidische Poly-(1 4),(1 6)-Glukose) oder in geringerem Maße als Dimere wie Saccharose ( -Glukosyl-(1 2)- -Fruktosid) oder Laktose ( -Galaktosyl-(1 4)-Glukosid) aufgenommen werden, ferner die Triglyzeride und die Proteine.

Kohlenhydrate und Proteine werden bei der Verdauung in ihre Monomere (Glukose, Fruk-tose, Galaktose, Aminosäuren) gespalten und nach Resorption als solche zum Teil zur Ener-giegewinnung oxidiert.

Die Triglyzeride werden im Darm in Fett-säuren, Glycerin und Monoglyceride gespalten, in der Darmmukosa zu Triglyzeriden resynthe-tisiert und als Bestandteile der Chylomikronen in das Blut abgegeben. In der Peripherie werden die Triglyzeride hydrolytisch gespalten und nach Reveresterung vorwiegend im Fettgewebe gespeichert. Bei Bedarf werden durch intrazel-luläre Lipasen Fettsäuren aus den Speicherfet-ten freigesetzt, die als Energiesubstrate ver-wendet werden. Die Leber bildet aus Fettsäuren Ketonkörper ( -Hydroxybutyrat, Azetoazetat), die insbesondere bei Nahrungskarenz zur Ener-giegewinnung von Hirn, Herz, Muskel und Niere dienen, wie in Kapitel  6.1 ausführlicher darge-stellt ist.

Welche Energiebeträge durch Oxidation die-ser Nährstoffe gewonnen werden können ergibt sich aus den oben beschriebenen Brennwerten. Zur Deckung des Energiebedarfes wäre es im Prinzip gleichgültig, welches Energiesubstrat verwendet wird, d. h. unter rein energetischen Gesichtspunkten wären die Energiesubstrate austauschbar. Allerdings gilt dies in der Praxis nur in eingeschränktem Maße, da einige Organe

wie das ZNS oder die Erythrozyten auf eine stän-dige, ausreichende Glukosezufuhr angewiesen sind. Aminosäuren können über die Glukoneo-genese zur Glukosesynthese herangezogen wer-den, daher sind Kohlenhydrate und Proteine als Energielieferanten untereinander austauschbar. Für die Triglyzeride gilt das nur bedingt, da eine Glukoneogenese aus (geradzahligen) Fettsäuren nicht möglich ist und der Glyzerinanteil quanti-tativ unzureichend ist.

4.3. Energiespeicherung

Nach Aufnahme einer Mahlzeit, in der Resorp-tionsphase stehen dem Organismus mehr Ener-giesubstrate zur Verfügung, als zur Deckung des unmittelbaren Energiebedarfes notwendig sind. Die nicht für die unmittelbare Energieversor-gung benötigten Nährstoffe werden zur Anlage von Energiespeichern verwendet, von denen der Körper während der Nahrungskarenz zehrt. Als Energiespeicher dienen Glykogen, Triglyzeride und Proteine.

Die Energiespeicherung erfolgt bevorzugt in hierfür spezialisierten Organen. Glykogen wird bevorzugt in der Leber und der Muskulatur ge-speichert. Die maximale Speicheraktivität ist begrenzt und beträgt für die Leber ca. 10 % des Organgewichtes von etwa 1,5 kg, für den Ske-lettmuskel etwa 1 % des Organgewichtes von ca. 30 kg bei einem erwachsenen Mann. Damit verfügt der Organismus über maximal 450 g Glykogen, was einer Energiereserve von 7560 kJ (1800 kcal) entspricht, was nicht einmal dem täglichen Energiebedarf bei ruhigem Sitzen, wo-für etwa das 1,2-fache des Grundumsatzes be-nötigt werden, entspricht.

Die Speicherung von Triglyzeriden erfolgt in erster Linie im Fettgewebe. Die Menge an gespei-chertem Triglyzerid ist sehr variabel und beträgt beim normalgewichtigen erwachsenen Mann zwischen 8 und 14 kg, bei der Frau 10 – 20 kg. Das entspricht einer gespeicherten Energiemenge zwischen 317 600 kJ (75 906 kcal) und 794 000 kJ (189 766 kcal), was theoretisch für den Energie-

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bedarf bei leichter Arbeit für 37– 94 Tage ausrei-chen würde. Unter biologischen Bedingungen geht diese Rechnung nicht auf, da aus dem Tri-glyzerid allein der Glukosebedarf nicht gedeckt werden kann. Dennoch stellt das Fettgewebe einen gewaltigen, in der Tat den größten Ener-giespeicher dar.

Neben Glykogen und Triglyzerid dient kör-pereigenes Protein – vor allem im Sklelettmus-kel als weiterer Energiespeicher. Von den rund 4,8 kg Muskelprotein eines erwachsenen Man-nes sind ca. 2 kg für den Energiestoffwechsel mobilisierbar. Das entspricht einer Energiere-serve von 36 200 kJ (8 652 kcal) oder dem Ener-giebedarf für ca. 4 Tage. Allerdings gibt es kein besonderes Speicherprotein, sondern es werden bei Bedarf körpereigene, funktionelle Proteine für den Energiebedarf verwendet.

Die Verwendung von Triglyzerid als Haupt-energiespeicher erscheint äußerst sinnvoll. Im Vergleich zu Kohlenhydrat und Protein hat Tri-glyzerid einen 2,2 – 2,3fach höheren Brennwert pro g. Darüber hinaus lässt sich Fett sehr viel raumsparender speichern als Glykogen oder Protein. Dies folgt aus der geringen Wasserbin-dungskapazität von Fett verglichen mit Koh-lenhydraten oder Protein. 1 Gramm Triglyzerid bindet etwa 0,15 ml Wasser. Protein und Glyko-gen benötigen zur Speicherung ca. 5 bis 10 ml Solvatationswasser pro g. 10 kg Fett enthalten die gleiche Energiemenge wie 23,6 kg Glykogen. 10 kg Triglyzerid nehmen ein Volumen von 11,5 l ein. Die Speicherung der energieäquivalenten Menge an Glykogen würde jedoch ein Volumen von ca 260 l einnehmen. Hinzu kommt, dass Fett ein schlechter Wärmeleiter ist und das sehr ausgedehnte Unterhautfettgewebe die Wärme-verluste an die Umgebung reduziert, so dass weniger Energie für die Thermoregulation auf-gewendet werden muss.

4.4. Energiebilanz

Eine ausgeglichene Energiebilanz liegt vor, wenn sich Energieaufnahme und Energieverbrauch

decken. Die Kontrolle erfolgt in der Regel über das Körpergewicht, welches bei ausgeglichener Energiebilanz im Kontrollzeitraum konstant bleiben sollte. Ob dieses Körpergewicht ein er-wünschtes Ausmaß hat, wird z. B. mit Hilfe des „Body Maß Index (BMI)“ gemessen. Der BMI er-rechnet sich als der Quotient aus Körpergewicht in kg dividiert durch das Quadrat der Körper-größe in Metern. Als Normalbereich gelten bei Europäern Werte zwischen 18,5 und 25 kg/m2. Für eine genauere Beurteilung des Ernährungs-zustandes steht eine Reihe zusätzlicher Parame-ter zur Verfügung (Schutz, 2004). Durch Reduk-tion der über die Nahrung zugeführten Energie-menge lässt sich – bei ausreichender Zufuhr an essentiellen Nahrungsstoffen und Wirksubstra-ten – eine ausgeglichene Energiebilanz auf nied-rigerem Niveau erzielen. Bei Nagern zeigt eine solche Kalorienrestriktion eine signifikante Ver-längerung der Lebensspanne. Ähnliche Effekte wurden bereits bei Saccharomyces und Droso-phila gefunden (Wood et al., 2004; Wolf, 2006). Es wird diskutiert, dass diese Effekte auf einer Induktion von „silent information regulators (SIRTs)“ beruhen. SIRTs oder Sirtuine sind His-tondeazetylasen und bewirken möglicherweise eine Hemmung der Transkription von Genen, deren Aktivität mit Alterungsprozessen korre-liert ist (Wood et al., 2004; Wolf, 2006).

Übersteigt die zugeführte Energiemenge den Energieverbrauch, liegt eine positive Ener-giebilanz vor. Eine längere Zeit andauernde positive Energiebilanz führt zu Übergewicht und schließlich zur Adipositas mit einem stark erhöhten Risiko an Diabetes, Hypertonie, ko-ronaren Herzerkrankungen, Schlaganfall, ver-minderter Lungenfunktion und Malignomen zu erkranken.

Eine länger andauernde negative Energiebi-lanz führt zur Erniedrigung des Körpergewich-tes und einer Umstellung des Stoffwechsels. Um die Versorgung von Hirn und Erythrozyten mit Glukose, von der pro Tag etwa 180 g benötigt werden, zu gewährleisten, werden zunächst die Glykogenreserven der Leber abgebaut. Diese

Kap. 1 H. Grunicke

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sind mit ca. 150 g jedoch sehr gering und müs-sen durch Glukoneogenese aus Aminosäuren ergänzt werden. Diese Aminosäuren können bei Nahrungskarenz nur durch Abbau körpereige-ner Proteine gewonnen werden. Eine Umstellung der Energieverwertung im Gehirn führt nun zu einer drastischen Einsparung der Glukoneoge-nese aus Aminosäuren. Diese Einsparung wird erreicht durch die Verwendung von Ketonkör-pern als Energiesubstrate. Im Hunger ist die Li-polyse im Fettgewebe und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöht. Die Fettsäuren dienen zur Energieversorgung aller Organe – außer Hirn und Erythrozyten. Ein Teil – ca 25 % – werden von der Leber zu Ketonkörpern umgewandelt, die von einigen Geweben wie Herz, Nieren und Muskel ebenfalls als Energiequellen verwendet werden können. Im Hirn erfolgt im Hunger eine Induktion der Ketonkörper-( -Hydroxybutyrat, Azetazetat)verwertenden Enzyme. Dies erlaubt, den Glukosebedarf des Hirns auf etwa die Hälfte des Verbrauches bei ausgeglichener Energiebi-lanz zu senken und damit den Proteinabbau im Muskel auf etwa ein Viertel des Normalwertes zu reduzieren.

5. Substratfluss nach einer Mahlzeit bei motorischer Ruhe

Nach einer Mahlzeit wird der Organismus mit Energiesubstraten (Kohlenhydrate, insbe-sondere Glukose, Fette, Aminosäuren) über-schwemmt. Unter diesen Bedingungen deckt der Organismus seinen Energiebedarf überwie-gend durch die Glukose als dominierendes Ener-giesubstrat. Bei motorischer Ruhe übersteigt das Angebot an Energiesubstraten jedoch bei weitem den momentanen Energiebedarf, daher werden in dieser Stoffwechsellage die nicht zur Energiegewinnung benötigten Substrate zur Anlage von Energiespeichern verwendet. Die Bildung der Energiespeicher (Glykogen, Trigly-zerid, Protein) ist energieabhängig. Der Energie-bedarf der Speicherung beträgt jedoch nur einen Bruchteil der bei der Verwertung der Speicher

zur Verfügung stehenden Energiemenge. Die bei der Synthese der Energiespeicher freiwerdende Wärme bildet zusammen mit der gleichfalls energieabhängigen Resorption der Nahrungs-stoffe im Darm die sogenannte postprandiale Wärme. Die Anlage der Energiespeicher wird durch Insulin reguliert. Die Insulinsekretion wird durch den Anstieg der Blutglukosekonzen-tration nach einer Mahlzeit stimuliert.

5.1. Stoffwechsel der Kohlenhydrate

Der Kohlenhydratanteil der Nahrung liegt in der Regel bei über 50 %. Die Hauptmenge wird beim Erwachsenen in Form der Polymere Stärke und Glykogen zugeführt. Abhängig von den Ernäh-rungsgewohnheiten wird ein mehr oder weni-ger großer, in der Regel jedoch geringerer Teil als Disaccharide in Form von Saccharose und Lak-tose aufgenommen. Beim gestillten Säugling ist allerdings Laktose die hauptsächliche Kohlen-hydratquelle.

Glykogen und Stärke werden bei der Verdau-ung zu Glukose abgebaut und als solche resor-biert. Laktose wird in Glukose und Galaktose gespalten. Die Galaktose wird nach Phospho-rylierung in der Leber über UDP-Galaktose zu UDP-Glukose epimerisiert und auf diese Weise in den Glukosestoffwechsel geschleust. Zur Energiegewinnung wird UDP-Glukose über Glukose-1-phosphat in Glukose-6-phosphat um-gewandelt und über Glykolyse und Zitratzyklus abgebaut. UDP-Glukose ist direktes Substrat der Glykogensynthese. Saccharose wird wie Lak-tose im Darm durch Disaccharidasen gespalten. Die Spaltprodukte sind Glukose und Fruktose. Fruktose wird nach Phosphorylierung in der Le-ber mit Hilfe der Aldolase B in Dihydroxyazeton-phosphat und Glyzerinaldehyd gespalten, die über die Glykolyse in den Glukosemetabolismus eingeschleust werden. Nach einer kohlenhydrat-reichen Mahlzeit- was bei einer gemischten Kost der Regel entspricht – steht somit der Glukose-metabolismus im Mittelpunkt des Stoffwechsel-geschehens.

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Durch diesen Stoffwechsel werden die Mo-nosaccharide Glukose, Galaktose und Fruktose über Glykolyse und Zitratzyklus zu CO2 und H2O abgebaut (Details vergleiche Lehrbücher der Biochemie). Dabei wird das dominierende Substrat, Glukose, von allen Organen zur Ener-giegewinnung verwertet. In den Erythrozyten läuft der Glukoseabbau allerdings nur über die Glykolyse zum Laktat, da diese Zellen wegen des Fehlens von Mitochondrien das Pyruvat nicht im Zitratzyklus weiter abbauen können. In prak-tisch allen anderen Zellen erfolgt die Energiege-winnung während der Resorptionsphase durch den oxidativen Glukoseabbau, wobei der Löwen-anteil des dabei gewonnen ATPs durch die oxi-dative Phosphorylierung gebildet wird. Hierbei werden die bei der Glukoseoxidation gebildeten Reduktionsäquivalente in Form von NADH über die Atmungskette auf Sauerstoff übertragen. Die dabei freiwerdende Energie wird durch die mit der Atmungskette gekoppelte oxidative Phos-phorylierung zur Synthese von ATP verwendet, wobei – wie oben erläutert – etwa 30 mol ATP pro mol Glukose gewonnen werden.

In der Regel stehen jedoch während der Re-sorptionsphase bei motorischer Ruhe wesent-lich mehr Kohlenhydrate zur Verfügung als zur Deckung des Energiebedarfes während dieser Stoffwechsellage benötigt werden. Mit diesen überschüssigen Kohlenhydraten werden die Energiespeicher aufgefüllt. Diese Speicherung erfolgt zunächst in Form von Glykogen, bevor-zugt in der Leber und im Muskel.

Wie im Kapitel  4.3 beschrieben wurde, ist die Speicherkapazität für Glykogen beschränkt. Sind die Glykogenspeicher gefüllt, so wird der Rest der mit der Nahrung aufgenommenen Koh-lenhydrate über die Liponeogenese zur Fettsyn-these verwendet und als Triglyzerid im Fettge-webe gespeichert. Exzessive „Kohlenhydrat-mast“ führt somit zur Adipositas („Fettsucht“).

5.1.1. Regulation der Energiegewinnung und -speicherung aus Kohlenhydraten

Welche Mechanismen sorgen dafür, dass sich die Energielieferung an den Energiebedarf anpasst? Wodurch erfolgt die Umschaltung von Glukose-abbau zu Speicherung in Form von Glykogen? Wie „merkt“ der Körper, dass die Glykogenspei-cherkapazität erschöpft ist und wodurch erfolgt die Steuerung der Liponeogenese aus Kohlenhy-draten?

Die wesentliche Regelgröße für den Energie-stoffwechsel ist die intrazelluläre ATP- Konzen-tration bzw. das ATP : ADP + AMP Verhältnis. Überschreitet der Quotient einen Schwellenwert, werden Schrittmacherenzyme der Glykolyse und des Zitratzyklus gehemmt. Eine weitere Re-gelgröße ist die NADH-Konzentration. Ein An-stieg von NADH signalisiert, dass die Kapazität der Atmungskette zur Oxidation von NADH er-schöpft ist. Eine weitere NADH-Lieferung durch Glukoseabbau würde somit nicht zu einer Stei-gerung der Energiegewinnung beitragen. Er-höhte NADH-Spiegel hemmen eine Reihe von Schlüsselenzymen des Zitratzyklus, ferner die Einschleusung von Pyruvat in den Zitratzyklus durch die Pyruvatdehydrogenase. Zusätzlich zur Hemmung durch ATP und NADH bewirken sich anstauende Metabolite des Glukosestoffwech-sels wie Glukose-6-phosphat, Zitrat, Azetyl-CoA und Oxalazetat eine Drosselung des Glukoseab-baus über Glykolyse und Zitratzyklus.

Wie bereits erwähnt, sind in der Regel min-destens 50 % der im Rahmen einer Mahlzeit auf-genommenen Nahrungsstoffe Kohlenhydrate, insbesondere Glukose. Die im Darm resorbierte Glukose flutet über die Pfortader zur Leber und bewirkt dort eine Steigerung der Glukoseauf-nahme, sowie neben einer Stimulation der Gly-kolyse insbesondere eine Aktivierung der Gly-kogensynthese. Die mit Hilfe eines Transport-proteins, GLUT-2, aufgenommene Glukose wird im Hepatozyten zu Glukose-6-phosphat phos-phoryliert, welches Ausgangsprodukt aller von der Glukose ausgehenden Stoffwechselwege ist.

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Ein Teil des Glukose-6-phospates wird über Gly-kolyse und Zitratzyklus zur Energieproduktion verwendet. Hat der energieliefernde Glukoseab-bau seine Kapazitätsgrenze erreicht, kommt es zum Anstau von Glukose-6-phosphat und einer dadurch (mit)bewirkten Stimulation der Glyko-gensynthese. Allerdings reicht der Anstieg des Glukose-6-phosphates nicht aus, um die volle Aktivierung der Glykogensynthese zu erreichen. Maßgeblich hierfür ist Insulin. Der in der Re-sorptionsphase erfolgende Anstieg der Blutglu-kosekonzentration bewirkt eine Ausschüttung von Insulin aus den Depots im endokrinen Teil des Pankreas. Insulin induziert die Glukokinase und bewirkt damit einen weiteren Anstieg von Glukose-6-phosphat, vor allem aber stimuliert Insulin die Glukoseaufnahme im Muskel und im Fettgewebe, aktiviert die Glykolyse, steigert die Glykogensynthese vor allem in der Leber und im Skelettmuskel und hemmt den Glykogenab-bau. Die Steigerung der Glukoseaufnahme in der Muskulatur und im Fettgewebe und der er-höhte Glukosemetabolismus in der Leber, dem Fettgewebe und dem Muskel bewirken eine ra-sche Senkung des postprandialen Blutglukose-spiegels. Insulin steigert die Glykogensynthese durch Aktivierung einer Kaskade von Enzy-men, die schließlich zu einer Überführung des Schlüsselenzyms der Glykogensynthese, der Glykogensynthase, in die aktive, dephosphory-lierte Form führen. Gleichzeitig hemmt es den Glykogenabbau durch Senkung des intrazellu-lären cAMP Spiegels. Insulin induziert Enzyme der Glykolyse, d. h. steigert die Synthese dieser Enzyme, was längerfristig bei Überernährung mit kohlenhydratreicher Kost vor allem für die Liponeogenese aus Kohlenhydraten bedeutsam ist, wie später zu besprechen sein wird.

Die Beendigung der Glykogenbildung wird zum Teil durch das Glykogen selbst bewirkt. Ab einer bestimmten Speichermenge stimuliert das Glykogen direkt (Muskel) oder indirekt (Leber) eine Überführung der aktiven Glykogensyn-thase in die inaktive, phosphorylierte Form. Von entscheidender Bedeutung ist jedoch der Abfall

der Blutzuckerkonzentration, der wiederum zu einer raschen Erniedrigung des Insulinspiegels führt. Insulin wird im Serum durch reduktive Spaltung sehr rasch abgebaut. Die Halbwertzeit von zirkulierendem Insulin beträgt 7–15 Minu-ten (Molnar et al., 1972).

Wie bereits mehrfach erläutert wurde, ist die Speicherkapazität für Glykogen begrenzt. Über-schüssiges, mit der Nahrung zugeführtes Koh-lenhydrat wird zur Liponeogenese verwendet und als Triglyzerid im Fettgewebe gespeichert. Dabei finden – vor allem in der Leber – Glyko-gensynthese und Liponeogenese aus Kohlenhy-drat nicht in voneinander abgesetzten Phasen, sondern weitgehend parallel statt.

Die Liponeogenese aus Kohlenhydrat ver-wendet Metabolite der Glykolyse. Das in der Gly-kolyse gebildete Pyruvat wird durch die Pyruvat-dehydrogenase zu Azetyl-CoA oxidiert, welches Ausgangssubstrat für die Synthese langkettiger (bevorzugt C16 und C18) Fettsäuren ist. Der Gly-cerolanteil des Triglyzerids stammt ebenfalls aus der Glykolyse und wird durch Reduktion und Dephosphorylierung von Dihydroxyaze-tonphosphat gebildet. Die Fettsäuresynthese aus Pyruvat ist ein komplexer Prozess, bei dem das im Cytosol gebildete Pyruvat über einen be-stimmten Transporter in das Mitochondrium geschleust werden muss, um von der Pyruvat-dehydrogenase zu Azetyl-CoA oxidiert werden zu können. Da die Fettsäuresynthese wieder im Cytosol stattfindet, muss das Azetyl-CoA wie-der aus dem Mitochondrium hinausgebracht werden, was nach Reaktion mit Oxalazetat zu Zitrat erfolgt, welches dann im Cytosol wieder in Azetyl-CoA und Oxalazetat gespalten wird. Für die biochemischen Details sei auf Lehr-bücher der Biochemie verwiesen. Für die Fett-säuresynthese ist NADPH erforderlich, welches über den Hexosephosphatweg generiert wird, der gleichfalls vom bereits mehrfach erwähnten Glukose-6-phosphat abzweigt. Insulin induziert Schlüsselenzyme der Glykolyse und der Fettsäu-resynthese und aktiviert somit die Liponeoge-nese aus Kohlenhydrat.

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Die in der Leber gebildeten Triglyzeride wer-den in Form der VLDL-Lipoproteine an das Blut abgegeben. In extrahepatischen Geweben – in der Resorptionsphase bei motorischer Ruhe vor allem im Fettgewebe – wird mit Hilfe der Lipo-proteinlipase der Triglyzeridanteil des VLDL gespalten. Die freiwerdenden Fettsäuren wer-den von der Fettzelle aufgenommen und intra-zellulär zu Triglyzeriden reverestert, die nun als Energiespeicher zur Verfügung stehen. Die Lipo-proteinlipase wird durch Insulin induziert, das somit alle wesentlichen Schritte bei der Lipo-neogenese aus Kohlenhydrat stimuliert. Gleich-zeitig hemmt Insulin durch Senkung des cAMP Spiegels die Lipolyse im Fettgewebe.

Außer in der Leber findet die Liponeogenese aus Kohlenhydraten vor allem im Fettgewebe statt. Auch dieser Prozess wird durch Insulin als Haupthormon der Resorptionsphase stimu-liert. Insulin steigert die Glukoseaufnahme in die Fettzellen durch Aktivierung des Glukose-transporters GLUT-4. Nur ein geringer Teil der aufgenommenen Glukose wird von der Fettzelle für die Energiegewinnung verbraucht. Der Lö-wenanteil der Glukose wird zur Liponeogenese verwendet, wobei die gleichen Prozesse wie in der Leber ablaufen, nur mit dem Unterschied, dass das synthetisierte Triglyzerid in der Fett-zelle verbleibt und nicht als Lipoprotein an das Blut abgegeben wird.

5.2. Stoffwechsel der Lipide

Lipide werden mit der Nahrung ganz überwie-gend in Form von Triglyzeriden aufgenommen, daher werden wir uns hauptsächlich mit dem Stoffwechsel dieser Verbindungen befassen. Die im Rahmen einer Mahlzeit aufgenommenen Triglyzeride werden nach Spaltung in Fettsäu-ren, Monoglyzeride und Glycerin, in Form von sogenannten gemischten Mizellen resorbiert. In den Mukosazellen erfolgt eine Resynthese zu Triglyzeriden, die anschließend als Bestand-teile der Chylomikronen über die Lymphe an das Blut abgegeben werden. Im Fettgewebe werden

die Triglyzeride der Chylomikronen durch die schon erwähnte Lipoproteinlipase gespalten. Die Fettsäuren werden von der Fettzelle aufge-nommen und zu Triglyzeriden resynthetisiert. Allerdings wird nicht der gesamte Triglyzerid-anteil der Chylomikronen gespalten. Ein Rest von etwa 20 % verbleibt in den so genannten Chylomikronen-Remnants. Diese werden zur Leber transportiert, dort aufgenommen, und die Triglyzeride nach Spaltung und Resynthese von der Leber als Bestandteil der VLDL-Lipoprote-ine abgegeben. Durch diesen Mechanismus wird eine nahezu vollständige Deponierung des Nah-rungsfettes im Fettgewebe ermöglicht. Insulin kontrolliert die Triglyzeridspeicherung im Fett-gewebe durch Induktion der Lipoproteinlipase und Aktivierung der Triglyzeridsynthese.

Die mit der Nahrung aufgenommenen un-gesättigten Fettsäuren werden bevorzugt zur Synthese von Phospholipiden verwendet, die wesentliche Bestandteile der Membranen und der Lipoproteine sind. Die Arachidonsäure so-wie die essentiellen Fettsäuren Linolsäure und Linolensäure dienen darüber hinaus als Aus-gangssubstrate für die Biosynthese der Prosta-glandine, Thromboxane und Leukotriene.

Mit der Nahrung aufgenommenes Choles-terin wird von der Mukosazelle in Chylomik-ronen verpackt und gelangt nach Abspaltung des Triglyzeridanteiles der Chylomikronen als Bestandteil der Chylomikronen-Remnants zur Leber. In der Leber wird ein Teil des Cholesterins zu Gallensäuren metabolisiert oder als freies Cholesterin mit der Gallenflüssigkeit ausge-schieden. Ein Teil wird die Leber als Bestandteil der VLDL-Liproteine verlassen, die nach Umbau zu den LDL-Lipoproteinen das Cholesterin auf extrahepatische Gewebe verteilen.

Eine Reduktion des Cholesterinanteiles in der Nahrung führt in der Regel nur zu einer ge-ringfügigen ca. 10 %igen Senkung des Plasma-cholesterinspiegels, da bei geringerer Choleste-rinaufnahme die endogene Cholesterinsynthese aktiviert wird. Allerdings sind „Cholesterin-sensitive“ Individuen bekannt, die stärker auf

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eine cholesterinarme Diät reagieren. Bei einer Steigerung der Cholesterinzufuhr werden die körpereigene Cholesterinsynthese so wie die Ex-pression des LDL-Rezeptors reprimiert, so dass – ausgenommen bei Cholesterin-sensitiven In-dividuen – eine Steigerung der Cholesterinauf-nahme um ca. 100 mg/Tag nur zu einem relativ geringen Anstieg des Plasmacholesterins um ca. 2 mg/dl führt (Warburg et al., 2004).

5.2.1. Regulation der Lipidspeicherbildung

Wie im Kapitel 4.3 erläutert wurde, ist der Trigly-zeridspeicher von ganz besonderer Bedeutung für die Sicherstellung der Energieversorgung. Es ist daher nicht überraschend, dass sowohl Bil-dung wie Abbau dieser Speicher unter strenger Kontrolle stehen. Dabei erfolgt die Regulation der Fettsäure- und der anschließenden Triglyze-ridsynthese sowohl auf metabolischer als auch auf hormonaler Ebene.

Insbesondere bei fettarmer Ernährung ist eine stark erhöhte Liponeogenese aus Glukose zu beobachten. Wie unter oben beschrieben, ist die Oxidation von Pyruvat zu Azetyl-CoA durch die Pyruvatdehydrogenase ein Schlüsselereignis bei der Biosynthese von Fettsäuren aus Glukose. Dieser Schritt wird durch Insulin aktiviert. Das geschwindigkeitsbestimmende Enzym der Fett-säuresynthese aus Azetyl-CoA ist die Azetyl-CoA-Carboxylase. Dieses Enzym wird metabo-lisch durch Zitrat aktiviert und durch langket-tige, aktivierte Fettsäuren (Azyl-CoA) gehemmt. Die Aktivierung durch Zitrat ist sinnvoll, da ein erhöhter Zitratspiegel signalisiert, dass der Zi-tratzyklus mit größtmöglicher Kapazität läuft und eine weitere Einschleusung von Azetyl-CoA in den Zitratzyklus nicht zu einer Stimulation der Energiegewinnung führen kann. Eine Er-höhung des Spiegels an aktivierten Fettsäuren zeigt an, dass eine weitere Steigerung der Fett-säurebiosynthese nicht erforderlich ist.

Hunger und motorische Aktivität führen zu Stoffwechsellagen, in denen der Körper auf die Energiespeicher zur Deckung des Energiebedar-

fes zurückgreifen muss. Unter diesen Bedingun-gen wird die Energiespeicherung zu Gunsten der Energieversorgung zurückgefahren. Bei Ener-giemangelzuständen, die zu einer Erhöhung der AMP-Konzentration führen, wird die ATP-ver-brauchende Fettsäurebiosynthese durch Inak-tivierung der Azetyl-CoA-Carboxylase mit Hilfe der AMP-abhängigen Kinase (AMPK) gedrosselt. Die nachfolgenden Schritte der Fettsäurebio-synthese werden von einem Multienzymkom-plex, der Fettsäuresynthase, katalysiert. Dieses Enzym wird metabolisch durch erhöhte Spiegel von aktivierten Fettsäuren gehemmt, während Insulin die Fettsäuresynthase induziert. Insulin induziert die Transkription der Fettsäuresyn-thasegene durch Aktivierung des Transkripti-onsfactors SREBP-1 c (sterol response element binding protein). Auch die Induktion der Glu-kokinase durch Insulin erfolgt wahrscheinlich durch Aktivierung von SREBP-1 c. Dieser Tran-skriptionsfaktor ist ebenfall an der Induktion des ersten Enzyms der Triglyzeridsynthese, der Glycerophosphat-Azyltransferase beteiligt (Horton et al., 2003). Phosphorylierung durch die AMP-abhängige Proteinkinase (AMPK) hemmt dieses Enzym.

Zusammenfassend: Die Bildung der Trigly-zeridspeicher wird metabolisch durch Zitrat und AMP, hormonell durch Insulin stimuliert.

Die Größe der Fettspeicher ergibt sich im Prinzip aus dem Gleichgewicht zwischen Syn-these und Abbau über die Lipolyse. Wie adipöse Individuen zeigen, ist die Kapazität der Lipid-speicher jedoch fast unbegrenzt. Bei Menschen, die über längere Zeit eine ausgeglichene Ener-giebilanz aufweisen und folglich ein konstan-tes Körpergewicht zeigen, sind jedoch offenbar noch weitere Regelmechanismen wirksam, wel-che die Größe der Fettspeicher kontrollieren. Ein Teil dieser Regulation scheint durch das Lep-tin wahrgenommen zu werden (Aguilera et al., 2008). Das vom ob-Gen kodierte Peptidhormon wird hauptsächlich im weißen Fettgewebe syn-thetisiert und an das Blut abgegeben. Die Menge des gebildeten Leptins ist proportional zur Kör-

Biochemie der Ernährung

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perfettmasse. Übergewichtige Personen weisen höhere Blut-Leptinspiegel auf als Normalge-wichtige. Eine Verringerung der Energiezufuhr bewirkt eine Erniedrigung der Leptinsynthese und damit der Plasmakonzentration an Leptin. Die Leptinsynthese wird durch Insulin und Glu-kokortikoide induziert. Leptin bindet an Rezep-toren im Zentralnervensystem und peripheren Geweben, u. a. in den Nieren, dem Fettgewebe und der Lunge. Im Hirn findet sich eine hohe Dichte an Leptinrezeptoren im Hypothalamus und im Plexus chorioideus. Im Hypothalamus reprimiert Leptin u. a. die Synthese des Neuro-peptid Y. Neuropeptid Y übt einen stark appetit-steigernden Effekt aus. Leptin kann somit über seine appetitzügelnde Wirkung die Aufnahme der Energiesubstrate reduzieren und damit die Größe der Fettspeicher beeinflussen. Die Bin-dung von Leptin an periphere Rezeptoren scheint in diesen Geweben den Energieverbrauch zu sti-mulieren. Der diesem Effekt zugrunde liegende Mechanismus ist noch unklar. Deletion oder In-aktivierung der Leptinallele bei der Maus führt bei den Tieren zur Fettsucht (obese mice). Damit ist im Tierversuch ein Zusammenhang zwischen Fettspeicherung und Leptinwirkung erwiesen. Beim Menschen scheint dieser Zusammenhang aber komplexer zu sein. Bei adipösen Patienten fand sich – wie bereits erwähnt – bislang keine Erniedrigung der Leptinspiegel. Eine Resistenz des Leptinrezeptors als mögliche Ursache der Adipositas wäre denkbar, konnte aber bisher nicht gezeigt werden.

Adiponektin ist ein weiteres der vom Fettge-webe synthetisierten Adipozytokine. Die Spie-gel an Adiponektin liegen mit 5 –10 mg/ml mil-lionenfach über den Leptin-Spiegeln, die sich im Nanogrammbereich bewegen. Adiponektin stimuliert die -Oxidation der Fettsäuren und hemmt die Lipogenese durch Aktivierung der AMP abhängigen Kinase (AMPK) und Repres-sion des oben erwähnten Transkriptionsfaktors SREB1-c. Adiponektin-Spiegel sind bei Personen mit hoher visceraler Fetteinlagerung und Insu-linresistenz erniedrigt.

Neben der Wirkung auf den Lipidstoffwech-sel zeigen sowohl Leptin als auch Adiponektin immunmodulatorische Effekte und beeinflus-sen die Synthese von Entzündungsmediatoren. Für Details der neueren Ergebnisse der biologi-schen Funktionen der Adipocytokine und ihrer Rolle bei der Pathogenese der mit Adipositas einhergehenden Erkrankungen sei auf die Über-sichtsarbeiten von Tilg et al., 2006 sowie Gualillo et al. 2007 verwiesen.

5.3. Stoffwechsel der Proteine

Die mit der Nahrung aufgenommenen Proteine werden im Darm zu Aminosäuren gespalten. Ein Teil der Aminosäuren der Nahrungsprote-ine wird zur Energieversorgung der Leber und der Enterozyten des Darms verwendet, wobei der Stickstoff von der Leber zur Harnstoffsyn-these verwendet wird, während die Enterozy-ten den Stickstoff in Form von Citrullin fixie-ren. Der überwiegende Teil dieser Aminosäuren wird jedoch im Skelettmuskel und in geringe-rem Maße auch von der Leber zur Proteinbio-synthese verwendet. Die Leber gibt die von ihr synthetisierten Proteine überwiegend in Form von Plasmaproteinen an das Blut ab. Der Mus-kel bildet Enzym- und Strukturproteine. Wie in Kapitel 4.3 beschrieben wurde, dient ein Teil des körpereigenen Proteins auch als Energiespei-cher. Diese sogenannte „labile Proteinreserve“ beträgt beim 70 kg schweren Erwachsenen etwa 2 kg, bei einer Gesamtproteinmenge von 6 kg. Im Gegensatz zu den Kohlenhydrat- und Fettspeichern gibt es jedoch kein eigenes Spei-cherprotein, sondern es werden körpereigene, funktionelle Proteine bei Bedarf abgebaut. Der wesentliche Proteinspeicher ist die Skelettmus-kulatur. Die Speicherkapazität des Muskels ist aber begrenzt. Die Masse des Muskelpro-teins bleibt konstant. Bei einem Überangebot an Nahrungsprotein kommt es nicht zu einer Überproduktion von Proteinspeichern, viel-mehr werden nach Erschöpfung der Kapazität der Proteinspeicher die überschüssigen Ami-

Kap. 1 H. Grunicke

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nosäuren der Liponeogenese zugeführt und als Fett gespeichert.

5.3.1. Regulation des Protein- und Aminosäurestoffwechsels in der Resorptionsphase, Stickstoffbilanz

Die Regulation der Bildung von Speicherpro-teinen und der Aminosäurehomöostase in der Resorptionsphase erfolgt durch die intrazellu-lären Aminosäurespiegel, das Insulin und den Energiestatus.

Die Anflutung von Aminosäuren aus Nah-rungsproteinen stimuliert in der Leber – in Ab-hängigkeit vom Aminosäurespiegel- den Abbau zu CO2 und Harnstoff. Etwa 20 % der von der Leber aufgenommenen Aminosäuren werden für die Proteinsynthese verwendet. Dieser Pro-zess wird wahrscheinlich ebenfalls durch den Anstieg der intrazellulären Konzentration der Aminosäuren aktiviert. Neben dem der Ener-giegewinnung dienenden Abbau zu CO2 und Harnstoff sowie der Proteinsynthese wird ein beträchtlicher Teil der Aminosäuren für eine Reihe von anderen Synthesen verwendet. So werden die Kohlenstoffskelette einiger Ami-nosäuren nach Entfernung der Aminogruppe durch Transaminierung zur Lipidsynthese ein-gesetzt. Andere dienen zur Synthese von Purin- und Pyrimidinbasen, wobei diese Synthesewege isoliert in Abhängigkeit vom Bedarf der jeweili-gen Endprodukte reguliert werden.

Es wird angenommen, dass etwa 25 % der resorbierten Aminosäuren die Leber passieren und in den systemischen Kreislauf gelangen. Insulin stimuliert die Aufnahme der Aminosäu-ren in den Muskel und aktiviert dort gemeinsam mit den Aminosäuren die Proteinsynthese. Die Steigerung der Proteinsynthese durch erhöhten Aminosäureinflux und Insulin wird wesentlich durch die Proteinkinase mTOR (mammalian target of rapamycin) reguliert (Wullschleger et al. 2006). mTOR stimuliert die Proteinsynthese durch Aktivierung der Translationsaktivität und der Biogenese der Ribosomen. Energie-

mangel führt zu einer Aktivierung der AMP-ab-hängigen Kinase (AMPK). Die aktivierte AMPK hemmt die Aktivierung von mTOR.

Die mit der Nahrung aufgenommenen Ami-nosäuren vermischen sich mit den durch den Ab-bau körpereigener Proteine gebildeten Amino-säuren in einem Aminosäurepool. Der tägliche Proteinturnover beim Menschen wird bei einem 70 kg schweren männlichen Erwachsenen mit etwa 300 g (entsprechend 375 g Aminosäuren) geschätzt. Die tägliche Proteinzufuhr aus der Nahrung beträgt in Westeuropa im Durchschnitt 100 g pro Tag. Die den Nahrungsaminosäuren entsprechende Menge wird in der Resorptions-phase von der Leber teils zu CO2 und Harnstoff abgebaut, teils für Synthesen verwendet, und vom Muskel zur Auffüllung der Proteinspeicher eingesetzt. Während der Postresorptionsphase aktiviert die Leber die Glukoneogenese aus Ami-nosäuren. Die dabei dem Pool entnommenen Mengen werden durch Proteolyse – vor allem im Muskel – wiederaufgefüllt.

Die Stickstoffbilanz ist beim Erwachsenen in der Regel ausgeglichen, d. h. die in Form von Protein pro Tag aufgenommene Stickstoffmenge – bei 100 g Protein wären dies ca. 16 g N – ent-spricht der täglichen Stickstoffausscheidung. Die Stickstoffausscheidung erfolgt im Wesentlichen mit dem Urin als Harnstoff, Ammoniak, Krea-tinin und Harnsäure, wobei der Harnstoff mit ca. 85 % den Löwenanteil stellt. Geringe Mengen werden als nichtresorbiertes Protein und in das Darmlumen sezernierte Proteine mit den Fäzes ausgeschieden. Wird die Proteinzufuhr verrin-gert, so erniedrigt sich auch die ausgeschiedene Stickstoffmenge und die Bilanz bleibt ausgegli-chen. Erst wenn die zugeführte Proteinmenge ein Minimum von 30 g pro Tag unterschreitet, übersteigt die N-Ausscheidung die N-Aufnahme und die Bilanz wird negativ. Diese minimale Proteinmenge, die noch mit einer ausgegliche-nen Stickstoffbilanz vereinbar ist, wird auch als „Bilanzminimum“ bezeichnet. Unterhalb des Bi-lanzminimums übersteigt der Proteinabbau die Neusynthese und es kommt zu Proteinverlus-

Biochemie der Ernährung

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ten, die bei längerer Dauer zu Proteinmangelzu-ständen mit entsprechenden Krankheitsbildern wie Kwashiokor, Marasmus u. ä. führen. Selbst wenn die Proteinaufnahme auf Null reduziert wird, werden täglich etwa 3 g Stickstoff, die ei-ner Proteinmenge von 20 g entsprechen ausge-schieden („endogenes Minimum“). Dieser beim endogenen Minimum ausgeschiedene Stickstoff stammt ausschließlich aus dem nicht vollstän-dig abschaltbaren Proteinturnover.

Beim wachsenden Organismus, aber auch unter dem Einfluss anaboler Hormone findet sich eine positive Stickstoffbilanz, d. h. N-Aus-scheidung < N-Aufnahme.

6. Substratfluss in der Postresorptions-phase und bei Nahrungskarenz

In der Postresorptionsphase und bei Nahrungs-karenz muss der Organismus auf die Energie-speicher zurückgreifen. Außerdem ist sicherzu-stellen, dass die Organe, welche auf Glukose als Energieträger angewiesen sind (Hirn, Blutzellen) ausreichend mit Glukose versorgt werden.

In dieser Stoffwechsellage sind die bei der Anlage der Energiespeicher verwendeten Me-chanismen Glykogensynthese, Triglyzeridsyn-these und Proteinsynthese inaktiv, stattdessen findet sich in der Leber eine gesteigerte Glykoge-nolyse, im Fettgewebe eine erhöhte Lipolyse und im Muskel eine Aktivierung der Proteolyse.

Die bei der Glykogenolyse in der Leber freige-setzte Glukose wird an das Blut abgegeben und dient als Energiesubstrat für ZNS und Blutzel-len. Die Glykogenreserven des Muskels können für die Energieversorgung anderer Organe nicht herangezogen werden, da der Muskel nicht in der Lage ist, die nach Freisetzung in phosphory-lierter Form vorliegende Glukose zu dephospho-rylieren. Ihm fehlt das Enzym Glukose-6-Phos-phatase. Die phosphorylierte Glukose kann die Zellmembran nicht passieren und kann somit im Muskel nur für den Eigenbedarf verwendet werden, was bei motorischer Aktivität auch der Fall ist.

Da die Glykogenreserven der Leber wegen ihrer geringen Kapazität bald einmal erschöpft sind, wird zur Sicherstellung der Glukoseversor-gung die Glukoneogenese aus Aminosäuren und Laktat aktiviert. Dies geschieht in erster Linie in der Leber und in geringerem Maße auch in der Niere. Die von der Leber und der Niere zur Glu-koneogenese verwendeten Aminosäuren stam-men vorwiegend aus dem Aminosäureabbau im Muskel.

Die Energieversorgung der nicht-glukose-abhängigen Organe erfolgt in der Postresorp-tionsphase und im Hunger durch Oxidation von Fettsäuren. Die Fettsäuren werden durch Aktivierung von Lipasen aus den Triglyzeri-den freigesetzt und zirkulieren gebunden an Albumin im Blut. Die Leber verwendet einen Teil der zirkulierenden freien Fettsäuren zur Biosynthese von Ketonkörpern (Azetoazetat,

-Hydroxybutyrat), die vom Hirn aber auch von Niere, Herz- und Skelettmuskel als Energiesubs-trate verwendet werden können.

6.1. Regulation und Koordination der Substratflüsse in der Postresorptionsphase und bei Nahrungskarenz

Die Umschaltung von Energiespeicherung in der Resorptionsphase zu Entspeicherung in der Postresorptionsphase erfolgt hormonell durch Ausschüttung von Glukagon und Katecholami-nen, verbunden mit einem Abfall des Insulin-spiegels.

Die Glukagon-Freisetzung aus den -Zellen der Langerhansschen Inseln des Pankreas wird durch den Abfall der Glukosekonzentration sti-muliert. Der Anstieg der Glukagon-Konzentra-tion ist in der Postresorptionsphase begleitet von einem Abfall des Insulinspiegels. Die Glukagon-sekretion wird jedoch auch durch Aminosäuren stimuliert. Daher findet sich nach Aufnahme einer gemischten Kost sowohl ein Anstieg des Insulins als auch des Glukagons, jedoch führt der Kohlenhydratanteil zu einem Überwiegen

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der Insulinsekretion. Nach einer proteinreichen Mahlzeit überwiegt hingegen die Glukagonse-kretion, was durch Stimulation der Glykogeno-lyse und der Glukoneogenese eine Hypoglykä-mie verhindert. In der Postresorptionsphase ist jedoch – wie bereits erwähnt – der Abfall des Blutglukosespiegels der entscheidende Auslöser für die Glukagonfreisetzung.

Glukagon wirkt vor allem in der Leber, wo es eine Steigerung der Glykogenolyse, bei gleich-zeitiger Hemmung der Glykogensynthese und eine Aktivierung der Glukoneogenese, sowie eine Hemmung der Glykolyse bewirkt. Die Stoff-wechseleffekte von Glukagon werden vermittelt durch einen Anstieg des intrazellulären cAMP-Spiegels. Aktivierung des Glukagon-Rezeptors der Hepatozyten durch das Hormon bewirkt eine Stimulation der Adenylatzyklase, welche die Synthese von cAMP aus ATP katalysiert. Der erhöhte intrazelluläre cAMP-Spiegel aktiviert die cAMP-abhängige Proteinkinase (PKA), die durch Phosphorylierung der Glykogenphospho-rylase-kinase eine Aktivierung der Glykogeno-lyse und durch Phosphorylierung der Glykogen-synthase eine Hemmung der Glykogensynthese bewirkt. Auch die Steigerung der Glukoneoge-nese durch Glukagon ist cAMP vermittelt und beruht auf einer Erniedrigung der Konzentra-tion von Fruktose-2,6-Bisphosphat durch Phos-phorylierung der Phosphofrukto-2-Kinase. Län-gerfristig erfolgt zusätzlich eine Induktion von Schlüsselenzymen der Glukoneogenese durch Aktivierung des cAMP-bindenden Transkrip-tionsfaktors CREB (cAMP-response-element-binding-protein). Nach Bindung von cAMP bindet CREB an CRE (cAMP-response-element) Bindungsstellen im Promoter der cAMP respon-siven Gene, die für Schlüsselenzyme der Gluko-neogenese kodieren.

Glukagonrezeptoren finden sich nicht nur in der Leber, sondern auch in anderen Geweben, so auch im Fettgewebe. Im Fettgewebe bewirkt Glukagon eine Aktivierung der hormonsensi-tiven Lipase, die cAMP-abhängig durch Phos-phorylierung mittels der PKA stimuliert wird

und eine hydrolytische Spaltung der Triglyze-ride unter Freisetzung von freien Fettsäuren bewirkt.

Die in der Postresorptionsphase und bei Nahrungskarenz zu beobachtende gesteigerte Lipolyse im Fettgewebe wird jedoch in erster Linie durch Katecholamine (Adrenalin, Nor-adrenalin) verursacht. Die Katecholaminse-kretion erfolgt durch Stimulation des sympa-thischen Nervensystems bedingt durch den „Hungerstress“. Bindung der Katecholamine an

2-Rezeptoren aktiviert die hormonsensitive Li-pase durch cAMP-abhängige Phosphorylierung. Die Katecholamin-induzierte Lipolyse ist jedoch nicht in allen Fettzellen in gleichem Maße aus-geprägt. Gynoide Adipozyten, die sich bevor-zugt in geschlechtsspezifischen Fettdepots der Frau finden, exprimieren neben den 2- auch

2-Rezeptoren. Aktivierung der 2-Rezeptoren verursacht jedoch eine Hemmung der Adenylat-zyklase, und wirkt somit antagonistisch zur Wirkung der 2-Rezeptoren. Die Triglyzerid-speicher der gynoiden Adipozyten werden somit durch die Katecholamine kaum oder gar nicht beeinflusst (Arner, 1988). Im braunen Fettge-webe werden die durch Katecholaminwirkung freigesetzen Fettsäuren zur Wärmeproduktion eingesetzt. Die Wärmegewinnung geschieht durch -Oxidation der Fettsäuren und partielle Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung vom Elektronenfluss in der Atmungskette durch das Entkopplungsprotein UCP-1 (Thermogenin) (Affourtit et al. 2007). Adrenalin und Noradre-nalin induzieren die Synthese des Thermogenins (Fukuda et al., 2003).

An der bei Nahrungskarenz gesteigerten Lipolyse im Fettgewebe ist neben der hormon-sensitiven Lipase offenbar noch eine weitere Tri-glyzeridlipase, die „adipose triglyceride lipase, ATGL“, in größerem Maße beteiligt (Raben et al., 2005). Die Regulation der ATGL ist noch weitge-hend ungeklärt.

In der Leber bewirken die Katecholamine über eine Aktivierung von 1-Rezeptoren und nachfolgende Stimulation der Adenylatzyklase

Biochemie der Ernährung

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eine Steigerung der Glykogenolyse bei gleichzei-tiger Hemmung der Glykogensynthese.

Katecholamine sind potente Hemmer der Insulinsekretion. Freisetzung der Katechola-mine bewirkt somit eine rasche Senkung des Insulinspiegels und damit eine Hemmung der Liponeogenese im Fettgewebe und der Musku-latur. Die gesteigerte Lipolyse durch Glukagon und Katecholamine bei gleichzeitiger Hem-mung der Liponeogenese bewirkt eine Erhöhung der Konzentration an freien Fettsäuren im Blut. Diese dienen einerseits als Energiesubstrate für die meisten Gewebe, einschließlich der Leber, aber mit Ausnahme des ZNS und der Erythro-zyten. Die erhöhte Lipolyse bei gleichzeitiger Hemmung der Triglyzeridsynthese führt zu ei-ner Steigerung der -Oxidation der Fettsäuren. In der Leber wird durch die Fettsäureoxidation mehr Azetyl-CoA gebildet als für die Energiever-sorgung erforderlich wären. Das überschüssige Azetyl-CoA wird von der Leber zur Ketonkörper-synthese verwendet. Die Verwendung von Fett-säuren als Energiesubstrate spart Glukose zu Gunsten der glukoseabhängigen Organe. Dieser Effekt wird noch verstärkt durch die Ketonkör-persynthese, die sich charakteristischerweise in der späten Postresorptionsphase und besonders bei längerer Nahrungskarenz, beim Fasten, fin-det. Ketonkörper werden von Herz, Skelettmus-kel, Niere, vor allem aber vom Hirn als Energie-substrate verwendet. Beim Fasten steigt die Ke-tonkörperaufnahme des Hirns auf das 20fache des Wertes in der frühen Postresorptionsphase. Ketonkörper decken in dieser Stoffwechsellage bis zu 70 % des Energiebedarfes des Gehirns. Für die obligaten glukoseverbrauchenden Zel-len und Gewebe muss der Organismus etwa 180 g Glukose pro Tag bereitstellen. Durch die Verwendung der Ketonkörper als Energiesubs-trate verringert sich der tägliche Glukosebedarf auf ca. 80 g/24 Stunden. Da bei Nahrungskarenz der überwiegende Teil der Glukose durch Gluko-neogenese aus Aminosäuren gebildet wird, die wiederum durch Abbau körpereigener Proteine bereitgestellt werden, ist durch die Verwendung

der Ketonkörper eine wesentliche Reduktion des Proteinabbaues von 75 g/24 Std. in der frühen Postresorptionsphase auf etwa 20 g bei längerer Nahrungskarenz möglich.

Freie Fettsäuren steigern in der Leber die Ke-tonkörpersynthese durch Induktion der an der Ketonkörperbildung beteiligten Enzyme. Der Effekt der freien Fettsäuren auf die Genexpres-sion wird u. a. durch Peroxysomen-Proliferator-aktivierte Rezeptoren (PPARs) vermittelt (Kota et al., 2005). PPARs sind Transkriptionsfaktoren, die mit Retinoatrezeptoren vom Typ RXR Hete-rodimere bilden. In der Leber führt die Aktivie-rung von PPAR zur Induktion von Enzymen für den Fettsäureabbau, insbesondere durch Induktion der Carnitin-Azyl-Transferase und damit einem beschleunigten Transport in die Mitochondrien, ferner zur Steigerung der Syn-these der Enzyme für die Ketonkörpersynthese und zur Repression der Schlüsselenzyme für die Biosynthese der Fettsäuren. Im Muskel erhöhen PPAR und PPAR die Transkription von Genen für Enzyme der -Oxidation.

Wie die Wirkungen der freien Fettsäuren signalisieren, wird die hormonelle Stoffwech-selregulation in der Postresorptionsphase und besonders bei Nahrungskarenz ergänzt durch metabolische Regelkreise, die teils über Aktivie-rung/Inaktivierung von Enzymen, teils durch Beeinflussung der Genexpression wirken. Eine wichtige Funktion bei der Umschaltung des Stoffwechsels von Energiespeicherung zu Ener-gielieferung kommt der AMP-abhängigen Ki-nase (AMPK) zu. Ein Abfall des intrazellulären ATP-Spiegels und eine dadurch bewirkte Stimu-lation der Adenylatkinase haben einen Anstieg des AMP zu Folge, der wiederum die AMPK akti-viert. Die aktive AMPK hemmt die Synthesen von Protein, Fettsäuren und Glykogen, stimuliert die Glykolyse und die -Oxidation der Fettsäuren. Diese, durch direkte Enzymphosphorylierungen bewirkten Effekte, werden ergänzt durch Beein-flussung der Genexpression. AMPK, aber auch die PKA (cAMP-abhängige Kinase) regulieren durch Phosphorylierung den Transkriptionsfak-

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tor ChREBP (carbohydrate-response-element-binding-protein). AMPK- bzw. PKA katalysierte Phosphorylierung von ChREBP blockiert dessen Translokation in den Kern und hemmt damit die Expression der Pyruvatkinase, Azetyl-CoA-Carboxylase und der Fettsäuresynthase (Dentin et al., 2005).

Von großer Bedeutung für die Energieversor-gung in der Postresorptionsphase ist schließlich die Proteolyse. Die durch Proteolyse körpereige-ner Proteine freigesetzten Aminosäuren bilden die Hauptquelle für die Glukoneogenese und si-chern damit die Versorgung glukoseabhängiger Zellen und Organe (ZNS, Erythrozyten, Nieren-mark) in dieser Stoffwechsellage. Glukagon und Katecholamine aktivieren die Proteolyse. Der diesen Effekten zu Grunde liegende Mechanis-mus ist jedoch noch weitgehend unklar. Zum Teil dürfte die Regulation der Proteinsynthese über das bereits erwähnte mTOR verlaufen, während die Kontrolle der Proteolyse – zumindest partiell – durch den Transkriptionsfaktor FoxO erfolgt. Insulin und andere anabole Hormone aktivieren die Proteinkinase mTOR und damit die Protein-biosynthese durch Aktivierung einer Proteinki-nase B (PKB) vermittelten Kaskade. Phospho-rylierung von FoxO durch die PKB verhindert dessen Translokation in den Kern und damit die Expression der für die muskelspezifischen Ubiquitin-konjugierenden Enzyme wie MuRF-1 und Atrogin-1 kodierenden Gene (Glass, 2005; Léger et al., 2006). Da die Ubiquitinierung Vor-aussetzung für die Proteolyse ist, würde durch diesen Mechanismus die unter Insulin zu beob-achtende Stimulation der Proteinsynthese und gleichzeitige Hemmung der Proteolyse – zu min-dest zu einem Teil – erklärt. Bei niedrigen Insu-linspiegeln, würde die Inaktivierung von FoxO ausbleiben und dadurch die Proteolyse aktiviert werden. Gleichzeitig wäre die Proteinsynthese reduziert, da die PKB unter diesen Bedingungen nicht aktiviert ist.

Katecholamine und niedrige Blut-Glukose-spiegel hemmen die Insulinsekretion. Die Prote-olyse-steigernden Effekte von Adrenalin, Norad-

renalin und Glukagon sind daher wahrschein-lich indirekte Wirkungen verursacht durch eine Hemmung der Insulinsekretion.

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2Kapitel 2

SÄURE-BASEN-HAUSHALT*G. Gstraunthaler

1. Einleitung

Die Konstanthaltung des inneren Milieus ist eine grundsätzliche Regelleistung eines jeden Organismus. Eine Vielzahl von physiko-che-mischen Parametern müssen unabhängig von Umwelteinflüssen, Ernährung und körperlicher Tätigkeit in engen physiologischen Grenzen ge-halten werden. Dies wird durch Regelmechanis-men der Homöostase bewerkstelligt. Neben ei-ner konstanten Nährstoffversorgung und einer – bei homoiothermen Lebewesen – konstanten Körpertemperatur sind dies die

Isoionie, die Konstanthaltung der ionalen Zu-sammensetzung des Extrazellulärraumes, die Isotonie, die Konstanthaltung der extrazel-lulären Osmolarität und die Isohydrie, die Konstanthaltung der extra-zellulären H+-Ionenkonzentration und damit des pH-Wertes des Extrazellulärraumes.

Während Isoionie und Isotonie über den Salz- und Wasserhaushalt reguliert werden, ist die Konstanthaltung des extrazellulären pH-Wertes Aufgabe des Säure-Basen-Haushalts.

2. Physiologie des Säure-Basen-Haushalts

Nahezu alle zellulären Funktionen, wie Enzym- und Stoffwechselaktivitäten, Zellwachstum und

-teilung, Membrantransporte oder Ionenver-teilung und Membranpotential sind von der umgebenden H+-Konzentration abhängig. Der physiologische pH-Wert im Blut bzw. Extrazel-lulärraum liegt bei 7,4, was einer H+-Konzentra-tion von rund 40 nmol/l entspricht, mit einer nur geringen Toleranzbreite zwischen 7,37 und 7,43. Liegt der pH-Wert des Blutes unterhalb dieser Norm, spricht man von einer Azidose, liegt der pH-Wert darüber, bezeichnet man dies als Al-kalose. Der intrazelluläre pH-Wert liegt, je nach Zelltyp und zellulärer Aktivität, meist etwas unter dem pH-Wert der Extrazellulärflüssigkeit (pH 7,0 –7,3). In diesem Bereich finden sich dem-nach die pH-Optima katalytischer Proteine.

Effektive Regulationssysteme zur Kons-tanthaltung des intrazellulären pH-Wertes sind der Na+/H+-Austausch, vornehmlich über den NHE1-Transporter, einem sogenannten „house-keeping“-System, sowie über Na+-Bikarbonat-Transport. Eine Nettosekretion von Protonen erfolgt über den NHE3-Exchanger in der apika-len Membran von Tubulusepithelzellen der Niere oder über aktive Protonensekretion durch H+-ATPasen, z. B. in den Belegzellen des Magens.

Die Konstanthaltung des pH-Wertes inner-halb der physiologischen Norm kann als eine Daueraufgabe des Organismus gesehen werden. Dafür sorgen chemische und physiologische Puffermechanismen (z. B. Plasmaproteine, Hä-moglobin und Bikarbonat), sowie Lunge (durch Abatmung von Kohlendioxid) und Niere (durch

* Dieser Beitrag ist Herrn Univ.-Prof. Dr. Bernd Puschendorf (1942–2008) in ehrendem Andenken gewidmet.

Kap. 2 G. Gstraunthaler

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Ausscheidung nicht-flüchtiger Säuren) als Re-gulationsorgane. Im Stoffwechsel werden im-mer dann H+-Ionen gebildet, wenn beim Abbau oder Umbau der Nährstoffe Metaboliten ent-stehen, deren Nettoladung negativer ist als die der Ausgangssubstanz. Nahrungsproteine ent-halten Sulfat- und Phosphatgruppen, die nach Abbau der Proteine als Schwefelsäure bzw. Phosphorsäure übrigbleiben; die H+-Menge aus dieser Quelle liegt bei rund 150 mval/Tag. Re-lativ große Mengen ausscheidungspflichtiger Protonen entstehen beim Abbau der schwefel-hältigen Aminosäuren Methionin und Cystein, deren SH-Gruppen zu H2SO4 oxidiert werden. Die gebildeten H+-Ionen können nicht wieder-verwertet werden. Auch beim Abbau der katio-nischen Aminosäuren Lysin und Arginin ent-steht ein Nettoüberschuss an H+. Eine Nahrung, die vor allem reich an (tierischen) Proteinen ist, liefert also ausscheidungspflichtige Protonen. Die durchschnittliche europäische Mischkost ist protonenüberschüssig. Die tägliche Netto-Aufnahme an Protonen beträgt im Mittel 60

20 mmol H+. Gleichzeitig gehen durch den Bi-karbonat-reichen Pankreassaft täglich Basen-äquivalente über den Stuhl verloren.

Bei ausgeprägt einseitiger Ernährung kön-nen Überschüsse an Säure- bzw. Basenequiva-lente von bis zu 150 mmol pro Tag zugeführt werden. Da jedoch eine gesunde menschliche Niere täglich bis zu 1.000 mmol H+ ausscheiden oder bis zu 400 mmol einsparen kann, ist auch bei noch so einseitiger Ernährung das Säure-Basen-Gleichgewicht kaum gefährdet.

Das im Stoffwechsel gebildete Kohlendi-oxid (CO2) wird zur Kohlensäure (H2CO3) hyd-ratisiert, dissoziiert aber unter der Wirkung der Carboanhydrase in den Erythrozyten sofort in H+ und HCO3

–. Die Protonen werden vollständig vom Hämoglobin abgepuffert, das CO2 wird in Form von HCO3

– zur Lunge transportiert und abgeatmet. Bei einem Erwachsenen entstehen bei normaler körperlicher Aktivität rund 20 mol CO2 pro Tag, die aber netto den Säure-Basen-Haushalt nicht belasten.

Andere, den Säure-Basen-Haushalt belas-tende Säuremengen können bei schwerer kör-perlicher Belastung in Form von Milchsäure an-fallen, oder bei diabetischer Ketose in Form von Acetoacetat und -Hydroxybutyrat. Die beim anaeorben Abbau von Glucose gebildete Milch-säure dissoziiert sofort in H+ und Lactat–, wobei die Protonen intermediär abgepuffert und nor-malerweise bei der Gluconeogenese reutilisiert werden. Hält jedoch, wie im Falle einer forcier-ten Muskeltätigkeit, die Lactatproduktion über längere Zeit hindurch an, kommt es zu einer Lactazidose, die im Überschuss vorhandenen Protonen müssen über die Niere eliminiert wer-den. Der gleiche Fall tritt ein, wenn bei diabeti-scher Stoffwechsellage große Mengen der Ke-tonkörper Acetoacetat und -Hydroxybutyrat anfallen, was zu einer Ketoazidose führt.

Früchte sind die Hauptquelle von Basen („Al-kali“) in der Nahrung; sie sind reich an Natrium und Kalium und enthalten Salze schwacher or-ganischer Säuren. Die Anionen dieser Säuren werden zu CO2 abgebaut, wobei größere Mengen NaHCO3 und KHCO3 entstehen.

3. Puffersysteme und Pufferung

Puffer sind bekanntlich Substanzen bzw. Subs-tanzgemische, die in der Lage sind, anfallende H+- oder OH–-Ionen zu binden oder abzugeben, wodurch Änderungen in der Konzentration der freien H+-Ionen im Medium konstant gehalten werden. Biologische Puffer sind das Gemisch einer schwachen Säure und ihrer konjugierten Base. In komplexen biologischen Medien, wie Blut und interstitielle Flüssigkeit, stehen stets mehrere Puffersysteme miteinander im Gleich-gewicht.

Die allgemeine Gleichung für ein Puffersys-tem ist

HA H+ + A– (1)

wobei HA für die undissoziierte Säure und A– für das Anion steht. Wird eine stärkere Säure als