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COLORFUL COLORFUL COLORADO COLORADO THE LEGALIZING STATE THE LEGALIZING STATE E ED ROSENTHAL D ROSENTHAL Über Kultivieren und Drogenpolitik Über Kultivieren und Drogenpolitik SKSK SKSK – MEDICAL CANNABIS – MEDICAL CANNABIS SOCIAL CLUB IN SLOWENIEN SOCIAL CLUB IN SLOWENIEN SERIOUS: THE DOUBLE DUTCH STORY SERIOUS: THE DOUBLE DUTCH STORY Medical & Harm Reduction Magazine Medical & Harm Reduction Magazine 18 + Nr. 12 / 2014 Jan-Feb GRATIS!

Medijuana 12

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Medical and Harm Reduction Magazine

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Page 1: Medijuana 12

COLORFULCOLORFUL COLORADOCOLORADOTHE LEGALIZING STATETHE LEGALIZING STATE

EED ROSENTHALD ROSENTHALÜber Kultivieren und DrogenpolitikÜber Kultivieren und Drogenpolitik

SKSK SKSK – MEDICAL CANNABIS– MEDICAL CANNABIS SOCIAL CLUB IN SLOWENIENSOCIAL CLUB IN SLOWENIEN

SERIOUS: THE DOUBLE DUTCH STORYSERIOUS: THE DOUBLE DUTCH STORY

Medical & Harm Reduction MagazineMedical & Harm Reduction Magazine 18+

Nr. 12 / 2014 Jan-Feb

GRATIS!

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Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserin-

nen und Leser darauf hin, dass der Handel mit

lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz

und Lieferung derselben in mehreren Mitglieds-

staaten der Europäischen Union als illegal gelten!

Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw.

Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten

keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner

Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es

ist nicht Anliegen des Herausgebers von

Medijuana, irgendjemanden zur illegalen

Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte

anzuregen. Der Herausgeber trägt keine

Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften

Anzeigenfl ächen erscheinen. Sämtliche Meinun-

gen im Redaktionsteil stammen von den Autoren

und decken sich nicht in jedem Falle mit dem

Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es

nicht möglich, den/die Inhaber des Urheberrechts

zu identifi zieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzu-

nehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nach-

weises von begründeten Urheberrechtsansprüchen

auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten

Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und

Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon

aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt

wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre –

auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche

Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch

wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziel-

len Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!

Medical & Harm Reduction Magazine

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IMPRESSUMChefredakteur: Gabor Holland

Autoren: Bob Arctor, G.B.I., H. Benke

Jack Pot, Marcel Klos

Martin Müncheberg, Tomas Kardos

Lektorin: Helen Bauerfeind

Design & Photo: Gergely Vaska

Verantwortlicher Herausgeber: G. Holland

CK & MEDIJUANA PUBLISHING

KN Advertising s.r.o.

945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20.

E-mail: [email protected]

Web: www.medijuana.eu

INDEXADVANCED HYDROPONICS 53

AEROPONIK SYSTEMS 30

BABYLON GROW 59

BIO NOVA 17, 31

BUSHPLANET 32-33

CANNATRADE 4

CITY GROW 2–3

DINAFEM SEEDS 23

ENCOD 37

FUTURE GROW 11

GROW CITY 64, U3

GROWSHOP.AT 12

HANF im GLÜCK 43

HANF UND HANF 52

HASH MARIJUANA & HEMP MUSEUM 11

HANF MUSEUM BERLIN 35

HERBALIST 45

HUG’s 45

INDRAS PLANET 9

JELLY JOKER 25

LAMOTA DISTRIBUCIÓN 13

MIHA GMBH 8

MR. SMART 40

NACHTSCHATTEN VERLAG 62

NIRVANA SEED BANK 63

ÖSTERREICHISCHER HANF VERBAND 19

PLAGRON 9, U4

PUFF AND STUFF 61

ROYAL QUEEN SEEDS 7

SCHALL & RAUCH 50

SENSI SEEDS CO. U2

SERIOUS SEEDS 57

SONNENALLEE 50

SWEET SEEDS 27

TIROLER HANFHOUSE 21

UNITED SEED BANKS 22

VERDAMPFTNOCHMAL 40

IN ZUSAMMENARBEIT MIT

MEDI+GREEN DIE SLOWAKEI SÄT IHRE SAMEN AUS 6

EUROPAS GRASEXPORTEUR NUMMER EINS

LEGALISIERUNG IN URUGUAY VERABSCHIEDET 7

ENTKRIMINALISIERUNG FÜR ALLE! 10

BVG-URTEIL GEFÄHRDET FÜHRERSCHEININHABER DIE RÜCKKEHR DER SILK ROAD 12

BEZIRKSBÜRGERMEISTERIN SCHLÄGT COFFEESHOP VOR 13

CANNA+GLOBE CANNAFEST 2013 14–16

ÖSTERREICHISCHER HANFVERBAND 18–19

Alle Augen voraus auf 2014

“DER GEBRAUCH VON GRAS IST IMMER MEDIZINISCH” 20–22

Ed Rosenthal über Kultivieren und Drogenpolitik

CANNABIS BLÜHT IN DEN USA 24–26

Zustimmung zur Legalisierung auf historischem Hoch

SALZIGE LIMONADE (TEIL 1) 28–31

In Mumbai ist jeder ein Dealer

MEDIZIN CANNABINOIDE, TERPENE, VERUNREINIGUNGEN 34–36

Laboranalysen für medizinische Qualität

“CANNABIS IST MEIN UNIVERSELLES SCHMERZMITTEL” 38–39

MEDI+GREEN STUDIEN ZUR BEHANDLUNG VON EPILEPSIE MIT CBD 41

CANNABINOIDE IN DER KREBSFORSCHUNG

MEDIZIN “DEM GANJA VERDANKE ICH MEIN LEBEN” 42–44

Cannabis Social Club in Slowenien

NATÜRLICHE SELBSTMEDIKATION 46–47

Ohne Symptome und Schmerzen: mit Cannabis

VOLLBLUTDURBAN 49

FRUITY JUICE 51

THE DOUBLE DUTCH STORY 54–56

Ein schlafender Riese – vom Doc erweckt

SÜSSE FARBEN ZUM SÜSSEN GESCHMACK 58

CANNA+GLOBE DAS NAHRHAFTE LICHT 60–61

Friedrich Pinteritsch über die Bedeutung des Sonnenlichts in unserer Ernährung

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Die Slowakei sät ihre Samen aus

Cannabissamen stehen ab März 2014 nicht mehr auf der Ver-botsliste. Dies beschloss die slo-

wakische Regierung auf einer Sitzung im Oktober. Die Vorlage stammte vom Ge-sundheitsministerium und wurde damit begründet, dass die Samen keine psycho-aktiven Substanzen enthielten. Die Ent-scheidung muss nun vom Parlament und dem Präsidenten gutgeheißen werden. Die Partei Smer, die im Parlament die Mehrheit stellt, wird sie mit ziemlicher Sicherheit ablehnen.

Die aktuelle Vorlage kommt nicht aus dem Nichts, denn die slowakische Regie-rungskoalition hat wiederholt die Ent-kriminalisierung anklingen lassen. Sogar Premierminister Robert Fico hatte im Mai diesen Jahres erklärt, dass die Mari-huanakonsumenten nicht als Verbrecher angesehen werden dürften. Neben der Erlaubnis des Samenhandels bleibt das Cannabis weiter auf der Schwarzen Liste, aber die Bestimmungen könnten für die Hanfkonsumenten und -züchter, die auf den nächsten Schritt – die Legalisierung – warten, Signalwirkung haben. Nach den derzeitigen slowakischen Rechtsvor-schriften kann für den Besitz von Drogen zum persönlichen Verbrauch (einschließ-lich Marihuana) noch eine Haftstrafe verhängt werden, wenn die Menge von drei Portionen um das Dreifache über-schritten wird.

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Wer bisher gedacht hatte, dass die Niederlande, dank ihrer Coffee-shops und ihres Programms für

medizinisches Marihuana, der größte Gan-javersorger des Alten Kontinents ist, der irrt sich. Auch der König des Outdoorgardenings – Spanien – ist nicht der wichtigste Expor-teur. Die größte Menge kultiviert ein alba-nisches Dorf, aus dem über neunhundert Tonnen Marihuana in die verschiedenen Teile Europas geliefert werden.

Die Gastfreundschaft ist nicht vergleich-bar mit einem niederländischen Coffeeshop oder einem spanischen Cannabis Club, eben-so kann die Produktion nicht gerade als or-ganisch bezeichnet werden. Die kaum mehr als 5.000 Einwohner von Lazarat leben fast alle von der Hanfzucht, jedoch unter nicht annähernd idealen Bedingungen. Wie im übrigen Albanien ist auch hier die Produk-tion von großen Mengen von Marihuana strafbar, aber leider ist die Polizei hilflos oder bekommt einen Anteil am Gewinn. Bei der letzten Aktion im Sommer diesen Jah-res versetzten ihr die lokalen Drogenbaro-ne einen so schweren Schlag, dass sie zum Rückzug blies. Die Geschäftsbetreiber fassen aber auch ihre Züchter nicht mit Samthand-schuhen an. Auf den Feldern arbeiten zum größten Teil Frauen und Kinder, die beim Auftauchen der Polizei ohne zu zögern als lebende Schilder benutzt werden – die Bos-se wissen, dass die Polizei keine zivilen Op-fer will. Die Arbeiter/innen arbeiten oft in Zwölfstundenschichten, nicht selten in der glühenden Sonne. Von bereitgestellten Ge-

tränken, Arbeitskleidung und normalen Ar-beitsbedingungen kann keine Rede sein. Die Züchter bekommen für ein Kilo Marihuana insgesamt acht bis zehn Euro – immer noch mehr, als Weizen einbringt. Im Gegensatz dazu wechselt ein Kilo Ganja für 1.000 bis 2.000 Euro Großhandelspreis den Besitzer! Von der Jahresproduktion von 900 Tonnen beschlagnahmt die Polizei 15 bis 20 Tonnen, damit bleiben den Verbrechern Einnahmen in gewaltiger Höhe. Die illegal beschäftigten Arbeiter/innen werden nicht nur finanziell ausgebeutet, man nimmt auch keine Rück-sicht auf ihre Gesundheit. Um höhere Erträ-ge zu erreichen, verwendet man Pestizide und Düngemittel. Das ist alltägliche Praxis und ruiniert die Gesundheit vieler.

In den letzten Monaten haben Tausende von Menschen mit Symptomen wie Erbre-chen, Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen einen Arzt aufgesucht. Die Krankheiten wur-den mit ziemlicher Sicherheit von den chemi-schen Zusatzstoffen bei der Herstellung und Verpackung ausgelöst. Darüber hinaus konnte der Kunstdünger im verkauften Cannabis nachgewiesen werden und gefährdet die Ge-sundheit der Verbraucher. Dies einzig und al-lein, weil ein paar Leute unglaubliche Gewin-ne einfahren, indem sie die Machtlosigkeit und Unfähigkeit (gelobt seien ehrenhafte Ausnahmen) ausnutzen. Die Lage in Lazarat könnte nur durch die Legalisierung gebessert werden. Bis dahin kann der verantwortliche Konsument nur eines tun: albanisches Mari-huana unsicherer Herkunft meiden.

Europas Grasexporteur Nummer eins

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Legalisierung in Uruguay verabschiedet

Das von der gegenwärtigen Regierung eingereichte Gesetz tritt in 120 Tagen in Kraft. Danach darf ab April 2014

jeder uruguayische Erwachsene monatlich 40 Gramm Cannabis in lizenzierten Geschäf-ten kaufen – für einen Dollar pro Gramm. Mit diesem, im Vergleich zum Schwarzmarkt unglaublich niedrigen Preis, möchte man er-reichen, dass die Konsumenten ihr Gras nicht mehr aus illegalen Quellen beschaffen. Der Kampfpreis beinhaltet – nach staatlicher Kal-kulation – auch die Qualitätskontrolle. Somit können die Konsumenten nicht nur an einem sicheren Ort einkaufen, sondern auch sicher sein, dass das erworbene Marihuana sauber ist. Wer an der staatlichen Qualitätssicherung Zweifel hat, dem erlaubt das Gesetz den häus-lichen Anbau, der sich auf bis zu sechs Pflan-zen oder 480 Gramm geerntete Blütenstände erstreckt. Die Liebhaber der in Europa verbrei-teten Cannabis Social Clubs können sich aber auch in Züchtergenossenschaften mit 15 bis 45 Mitgliedern organisieren, wo sie zusam-

men 99 Pflanzen pro Jahr ziehen dürfen. Das neue Gesetz, das auf den ersten Blick wie ein Hippietraum erscheint, soll jedoch nicht dar-auf hinauslaufen, dass sich jedes Mitglied der Gesellschaft ohne Sinn und Verstand auf das Ganja stürzt. Uruguays First Lady, Lucía To-polansky, sagte im Zusammenhang mit der Regulierung, dass sie Teil einer größeren kul-turellen Veränderung sei, die statt der Verfol-gung der Konsumenten auf eine Entwicklung des Gesundheitswesens und die Schwächung der gewalttätigen Drogenkartelle ziele, die gefährliche Drogen verkauften. Präsident José Mujica sagte, man habe den Drogenkartellen in der Vergangenheit den Marihuanamarkt geschenkt, was sich für die Gesellschaft als viel gefährlicher erwiesen habe als das Can-nabis selbst. Es sei deshalb an der Zeit, den Marihuanamarkt wieder zurückzunehmen.

Von hier aus begrüßen wir den Mut der uruguayischen Führung und warten ungedul-dig auf die praktische Umsetzung der ersten Legalisierung der Welt!

Am 10. Dezember, dem Welttag der Menschenrechte, traf der Senat

des uruguayischen Parlaments eine historische Entscheidung.

Mit 16:13 Stimmen wurde der Konsum sowie die Zucht und der

Handel von Marihuana legalisiert und unter staatliche Kontrolle

gestellt. Damit ist das südamerikanische Land das erste, das diesen

seit Jahrzehnten erwarteten Schritt vollzieht!

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MEDI+GREEN

dem illegalen Drogenschmuggel erschüttert werden können.” In ihrem Artikel berichten sie darüber, dass die Forschungen und Vor-schläge der Global Commission on Drug Po-licy gegenwärtig eine wichtige Rolle dabei spielen, dass in Lateinamerika und Europa die Legalisierungsbestrebungen beziehungsweise die Zahl der Länder, die eine auf gesundheits-politischen Erwägungen basierende Drogen-politik wählen, zunehmen. Dadurch hätte sich der internationale Dialog bis heute verändert, den früher die Parteigänger des Verbots do-

minierten. Als positives Ergebnis verbuchen sie, dass gerade in den USA – die den Drogen-krieg weltweit verbreiten – nun diejenigen in der Mehrheit seien, die Konsum und Handel von Marihuana erlauben und regulieren. Im Bewusstsein all dessen können wir mit posi-tiven Erwartungen der UN-Vollversammlung (UNGASS) im Jahre 2016 entgegensehen, wo sich die Möglichkeit zum Überdenken der alten, repressiven Drogenpolitik und der Ein-führung einer neuen, funktionsfähigen Praxis bietet.

Alle Regierungen der Welt müssen den Drogenbesitz entkriminalisieren und wirksamere und humanere Drogen-

regulierungsmaßnahmen erarbeiten – das stehtin dem Leitartikel von UN-Generalsekre-tär Kofi Annan und dem ehemaligen brasili-anischen Präsidenten Henrique Cardoso, den CNN veröffentlichte. “Jahr für Jahr fallen Hunderttausende Vergehen und Gewalttaten zum Opfer, die in Zusammenhang mit Drogen stehen und die zu verhindern wären. Millio-nen von Konsumenten werden verhaftet und ins Gefängnis gesperrt. Die Drogenkrimina-lität schadet weltweit den Gemeinschaften. Ein bedeutender Anteil der Steuergelder der Bürger wird auf eine strenge Politik verwandt, die nicht funktioniert”, schreiben die Autoren, die als Mitglieder der Global Commission on Drug Policy auf internationaler Ebene auf einen Paradigmenwechsel bei der Drogenre-gulierung drängen. In ihrer Schrift fordern sie, dass die juristische Betrachtungsweise des Drogenkonsums einer gesundheitspolitischen Herangehensweise weichen muss.

Annan und Cardoso machen bei der Ent-kriminalisierung nicht halt und glauben, dass die Macht der Drogenbarone nur mithilfe der Legalisierung zu brechen ist: “Wir bitten die Länder auch, auf umsichtige Weise die Legalisierungsmodelle zu testen, mit denen die Kräfte des organisierten Verbrechens aus

Entkriminalisierung für alle!

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Mitte November 2013 entschieden, dass der Mischkon-

sum von Cannabis und Alkohol selbst dann regelmäßig eine mangelnde Fahr-eignung begründet, wenn die Einnahme der Substanzen nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr

einen Mischkonsum mit Alkohol vorla-gen. Dies allein führe nach Ansicht des Gerichts bereits zum Verlust der Fahreig-nung. Zwar hatte der Kläger angegeben, seit einiger Zeit auf den Konsum von Can-nabis verzichtet zu haben – da er aber der Aufforderung, seine Fahreignung mittels eines medizinisch-psychologischen Gut-achtens nachzuweisen, nicht nachkam, wurde auf eine mangelnde Fahreignung geschlossen.

Der Kläger ging in Berufung und gewann die zweite Instanz, da der Verwaltungs-gerichtshof der Klage stattgab und die Entziehung der Fahrerlaubnis aufhob.

In der dritten Instanz wies jedoch das Bundesverwaltungsgericht die Beru-fung gegen das ursprüngliche Urteil des Verwaltungsgerichts zurück. Nach Auf-fassung des BVGs durfte “der Verord-nungsgeber der durch die kombinierte Rauschwirkung von Cannabis und Alko-hol hervorgerufenen stärkeren Beein-trächtigung der Fahrtüchtigkeit unab-hängig davon Rechnung tragen”, ob der Mischkonsument seinen Drogenkonsum von der Teilnahme am Straßenverkehr trennt oder nicht.

BVG-Urteil gefährdet Führerscheininhabersteht – also auch, wenn man stets völlig nüchtern fährt.

Zuvor hatte sich ein Kläger gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis gewehrt. Diese hatte die Behörde ausgesprochen, weil bei dem Kläger – einem fachärztli-chen Gutachten zufolge – ein gelegent-licher Cannabiskonsum und Hinweise auf

Kofi Annan

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Die Rückkehr der Silk Road

Kaum fünf Wochen lang konnten die Ermittler feiern, dass sie mit ihrer aufopferungsvollen Arbeit den re-

nommiertesten Onlineschwarzmarkt gestoppt hatten. Bereits Anfang November wurde die zu Beginn des Oktobers abgeschaltete Seite unter dem Namen Silk Road 2.0 neu gestar-tet.

Obwohl der Vorbesitzer gefasst werden konnte, saß sofort ein neuer Mann auf seinem Stuhl, der mit dem Management auch den Namen Dread Pirate Roberts geerbt hat. Mike Power, Autor des Buches “Drugs 2.0: The Web Revolution That‘s Changing How the World Gets High”, interviewte den neuen Herrscher des Schwarzmarkts im Internet. Das Interview erschien auf der Webseite medium.com.

Auf die Frage nach künftigen Versuchen, die Webseite abzuschalten, sagte Roberts, man könne es versuchen, aber sie sei nun besser geschützt und die Daten zur Wieder-herstellung verteilt, sodass sie etwa inner-halb einer Viertelstunde wiederbelebt wer-den könne. Während dieser Zeit könne man der geheimen Datenbank keine nützlichen Informationen entnehmen. Darüber hinaus stellt Roberts die Verfolgung auch moralisch infrage, denn wer gegen sie kämpfe, trüge dazu bei, dass die Drogenkonsumenten kei-ne saubere Ware bekommen – auf Silk Road bekämen nämlich die virtuellen Dealer mit

in die Verfolgung investiert wird, besser in die Rehabilitation stecken sollte. Nach sei-ner Ansicht könne man den problematischen Drogenkonsum nicht mit einem Krieg, son-dern durch die Entwicklung von Bildungs- und Sozialsystemen lösen, sowie durch Hilfe für die gefährdeten Gruppen. Wir sind trotz-dem neugierig, wie sich die Legalisierung von Marihuana auf das Geschäft der Silk Road in Colorado und Washington auswirken wird.

besserer Qualität im Angebot auch bessere Bewertungen. Standpunkt der Silk Road ist, dass jeder, der Drogen konsumieren will, im-mer irgendwie das Beschaffungsproblem löse. Aber es sei nicht gleichgültig, ob er an reinen oder verschmutzten Stoff kommt oder den Straßenhandel frequentiert, der mit Gewalt einhergeht. Folglich überrascht es nicht, dass Dread Pirate Roberts in Sachen Drogenkrieg die Meinung vertritt, dass man das Geld, das

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sem öffentlichen Interesse wird der Antrag der Kreuzberger Grünen begründet. Im kommen-den Jahr soll der Antrag an das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte gehen.

Um den Drogenhandel im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg in den Griff zu bekommen, schlug die amtieren-

de Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Die Grünen) eine staatlich legalisierte Ab-gabe von Cannabis vor. In einem öffentlich betriebenen Coffeeshop soll Cannabis kon-trolliert verkauft und so der illegale Handel überflüssig gemacht werden. “Manchmal muss man Dinge akzeptieren, die man nicht gutheißt – so wie die Tatsache, dass Cannabis eine Alltagsdroge geworden ist.” Sämtliche Versuche, den Handel im Görlitzer Park zu un-terbinden, schlugen bisher fehl: Allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2013 gab es 113 Razzien im Görlitzer Park. Nach Angaben der Innenverwaltung überprüfte die Polizei dabei 984 Menschen und leitete 310 Ermitt-lungsverfahren wegen Drogendelikten ein – allerdings ohne konkrete Erfolge.

“Restriktionen führen nur zur Verdrängung der Szene”, erklärte Herrmann und fügte hinzu: “Es gibt zwei Wege einer Entkrimina-lisierung: Der erste ist die Änderung des Be-täubungsmittelgesetzes – das ist aber derzeit politisch nicht durchsetzbar. Der andere Weg ist der Paragraph 3 im Betäubungsmittelge-setz.”

Dieser Paragraph sieht eine Ausnahmege-nehmigung vom Verbot vor, “wenn ein wis-senschaftlicher oder anderer Zweck, der im öffentlichen Interesse liegt, besteht.” Mit die-

Bezirksbürgermeisterin schlägt Coffeeshop vor

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Cannafest 2013

Kaum zu glauben, dass das Cannafest in Prag, als Europas größte internati-onale Hanffachmesse apostrophiert,

erst seinen vierten Geburtstag feiert – in An-betracht des vielfältigen Angebots von Aus-stellern und Programmen, mit dem es dieses Jahr seine Besucher empfing. Wer glaubt, eine Hanfausstellung besteht darin, dass man nach einem Joint ruckzuck die kosten-losen Werbeartikel einsammelt, die nötigen Artikel zum Anbau kauft und dann zufrieden abzieht, der sollte sich unbedingt das nächs-te Cannafest anschauen. Die Prager Messe ist nämlich ein Gemeinschaftserlebnis, das weit über das Kiffen hinausweist und den Hanf in einem weiteren Kontext betrachtet. Ob-wohl die Mehrheit der Aussteller auch jetzt die notwendigen Werkzeuge für den Anbau sowie Saatgut anbietet, verstärkt sich die Präsenz derer, die Lebensmittel, Kosmetika und Kleidung auf Hanfbasis verkaufen. Die Programme und die Vortragenden der paral-

CANNA+GLOBE

lel stattfindenden Konferenz behandeln den Freizeitkonsum oft als peripher.

Hanf als industrieller Rohstoff und als Heilpflanze spielt eine immer wichtigere Rol-le in den Ländern, die den Konsum entkri-minalisiert haben. Das Cannafest baut also absolut nicht auf das Kapuzenkifferimage, denn zu den Idealen von Gesundheits- und Umweltbewusstsein, die auf der Veranstal-tung betont werden, kann sich im 21. Jahr-hundert jeder stolz bekennen. Die Liste der zu diesem dreitägigen Kongress eingelade-nen Verkäufer kann selbst die größte ameri-kanische Marihuanakonferenz nur mit Neid betrachten.

Genug der Worte – nächstes Jahr im No-vember dort!

text: T. K.

photos: Gergely Vaska

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Österreichischer Hanfverband Alle Augen voraus auf 2014

Der Österreichische Hanfverband kann mittlerweile auf ein ereignisreiches Jahr

zurückblicken und stellt jetzt die Weichen für 2014. Wir haben viel vor, um unserem

Ziel der Entkriminalisierung von rund einer Million Cannabiskonsumenten rasch

näher zu kommen.

ren Gruppe: Analog zu den Erfahrungen im angelsächsischen Raum bekommen wir zu-nehmend Anfragen aus der Gruppe der über 50-Jährigen, die in medizinischem Cannabis eine gute Alternative zu den Produkten der Pharmaindustrie sehen. In Diskussionen mit diesen Cannabispatienten kristallisieren sich die Vorteile der natürlichen Therapien rasch heraus: Die Menschen bevorzugen Cannabis, weil es keine unangenehmen Nebenwirkun-gen hat.

Wir stellen dabei fest, dass auch viele Dro-nabinol-Patienten Informationen zum Ei-genanbau von medizinischem Cannabis su-chen. Hauptgrund ist dabei der Kostenfaktor. In Form von Dronabinol kostet ein Gramm THC-Reinsubstanz in Österreich 600 Euro und damit ein Vielfaches derselben Menge aus Eigenanbau.

Die zunehmende Popularität von Can-nabidiol (CBD) als natürliches Medikament könnte den Eigenanbau in der Alpenrepublik weiter ansteigen lassen, da das einzige in Ös-terreich zugelassene CBD-Extraxt “Sativex” aufgrund der Kosten – monatlich 714 Euro für eine von vielen Patienten als zu gering angesehene CBD-Menge – für die meisten Schmerzpatienten außerhalb ihrer finanziel-len Möglichkeiten liegt.

Cannabidiol-Import gelungenGute Nachrichten: Ein ÖHV-Mitglied berich-tete kürzlich vom erfolgreichen Import eines CBD-Extrakts aus den USA. In Österreich ist ja nur THC, nicht aber die vielen anderen Cannbinoide der Hanfpflanze illegalisiert.

Generalversammlung stellt Weichen für 2014

Auf der 1. Generalversammlung am 17. November wurden die Weichen für 2014 gestellt. Der bisherige ÖHV-Obmann David Rosse kündigte seinen Rückzug zum Jahres-ende an und schlug ÖHV-Sprecher Toni Stra-ka als seinen Nachfolger vor. Nach Dave‘s Rückzug werden die Aktivitäten des ÖHV bis zur nächsten Generalversammlung im Früh-jahr interimistisch von Toni Straka und Alex Pistor übernommen.

Ausblick 2014

Straka führte bei der Generalversammlung die wichtigsten Stoßrichtungen des Hanfver-bands im neuen Jahr im Detail aus.

Priorität Nummer eins wird für den Hanfverband die möglichst rasche Entkri-minalisierung der grob geschätzt 100.000

Ein Rückblick auf 2013 zeigt, dass der Hanfverband in der österreichischen Cannabis Community gut aufgenom-

men wird.Neben dem Hanfwandertag, an dem mit

über 7.500 Menschen mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor teilnahmen, zeigte der ÖHV auch bei der größten Street Party des Jahres in Wien Flagge.

Beim alljährlich stattfindenden Festi-val für Frieden, Freude & Toleranz am 31. August mit rund 20.000 Teilnehmer/innen entwickelte sich der ÖHV-Truck mit seinen Trance-DJs auf der Ringstraße bald zum Publikumsmagnet für alle Hanffreunde von 18 bis 88. Unser umfangreiches Kontingent an Infomaterial wurde uns förmlich aus den Händen gerissen, und auch in den Spen-dendosen klimperte es kräftig. Das bestätigt unsere Auffassung, dass Cannabis endgültig in der breiten Bevölkerung angekommen ist und es immer mehr Cannabiskonsumenten gibt, die aktiv an der Normalisierung im Um-gang mit Hanf mitwirken wollen.

Dies bestätigen auch die Zahlen des Be-richts zur österreichischen Drogensituation 2013 des Gesundheitsministeriums. Demzu-folge hat mittlerweile jeder siebente Öster-reicher oder somit schon über 1,2 Millionen Menschen im Eigenversuch festgestellt, dass Cannabis wirklich das wohl ungiftigste Me-dikament überhaupt ist – wie ja auch selbst schon die Chefmediziner der US-Drogenbe-hörde in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrfach festgestellt hatten.

In den jüngeren Altersgruppen ist der Trend zum Hanf – auch als Alternative zu toxischem Alkohol – noch ausgeprägter: Je-der zweite Österreicher zwischen 16 und 25 Jahren konsumiert zumindest gelegentlich Cannabis.

Bei unseren monatlichen Elternsprechta-gen in unserer Homebase am Neubaugürtel 22 konnten wir noch alle ratsuchenden El-tern davon überzeugen, dass die Aufzucht einer ungiftigen Pflanze daheim immer noch die bessere Freizeitbeschäftigung darstellt als das leider immer noch weit verbreitete Ko-masaufen.

Wir orten zudem rapide steigendes Inte-resse bei einer demografisch noch größe-

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Toni Straka

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Schmerzpatienten in Österreich sein, für die medizinisches Cannabis das Heilmittel erster Wahl ist.

“Menschen Schmerzen leiden zu lassen, obwohl ihnen der Konsum einer ungifti-gen Pflanze sofortige Erleichterung brin-gen könnte, widerspricht allen humanitären Grundsätzen von Fürsorge und Heilung für Kranke”, sagte Straka und wies zusätzlich darauf hin, dass das menschliche Leben im österreichischen Rechtswesen das höchste schützenswerte Gut darstellt.

Auch höhere Stellen in Österreich schei-nen Cannabis nicht mehr als Problemsubs-tanz zu beurteilen. Im nationalen Drogenbe-richt kommt Hanf nurmehr peripher vor und die jährlich adaptierte “Wiener Drogenstra-tegie” befasst sich primär mit Alkohol und Psychopharmaka, ohne Cannabis auch nur mit einem Wort zu erwähnen.

Legalize, Regulate, Educate, Medicate

Der Hanfverband will 2014 im Rahmen des Schwerpunkts “Government Relations” mit Informationskampagnen auf die vielen Vor-teile von Cannabis als natürlicher Medizin hinweisen. Schwerpunkt wird dabei im Früh-jahr die UN-Drogenkonferenz in der Wiener UN-Niederlassung in Kooperation mit Eu-

ropas größter Legalisierungs-NGO ENCOD sein.

Der Hanfwandertag am 3. Mai 2014, eventuell unter einem neuen Namen, und das Festival für Frieden, Freude & Toleranz Ende August werden die Highlights unserer diesjährigen Aktivitäten sein und wir erwar-

ten bei beiden Events erneut deutlich höhere Teilnehmerzahlen.

Rechtsschutz-Angebot

Ab dem ersten Quartal 2014 wird der ÖHV auch ein besonderes Zuckerl für Home-Gro-wer und Konsumenten anbieten. Die Details sind derzeit in Ausarbeitung. Wir können aber schon so viel verraten: Mittels einer auch anonym erwerbbaren Rechtsschutz-Mitgliedschaft wollen wir Growern und Konsumenten von medizinischem Cannabis den Stress bei Kontakten mit der Exekutive nehmen.

Push für mehr Mitglieder

Als Österreichs Lobby für Hanffreunde wol-len wir 2014 weiter kräftig wachsen. Mit regelmäßigen Infoständen und verstärkter Kooperation mit den Hanfshops wollen wir unsere Mitgliederbasis kräftig erweitern. Wir peilen deutlich vierstellige Mitgliederzahlen an, damit unsere Entkriminalisierungsforde-rungen auch bei den offiziellen Stellen das Gehör bekommen, das sie verdienen.

text: Österreichischer Hanf Verband

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CANNA+GLOBE

“Der Gebrauch von Gras “Der Gebrauch von Gras

ist immer medizinisch”ist immer medizinisch”Ed Rosenthal über Kultivieren und Drogenpolitik

Die Veranstalter der

Wiener Cultiva sorgen

jedes Jahr dafür, dass auf

dem Kongress einer der

berühmtesten Züchter

etwas von seinem

Wissen mit dem

Publikum teilt. Diese Auf-

gabe übernahm

letztes Jahr Jorge

Cervantes, den man

vielleicht niemandem

mehr vorstellen muss.

Dieses Jahr ein

mindestens ebenso

großer Name:

Ed Rosenthal, der als

Gärtner, Bestsellerautor

und nicht zuletzt als

Fürsprecher der

Legalisierung zum

Publikum sprach. Seine

Themen: erfolgreiche

Hanfzucht und die

Veränderungen bei den

Richtlinien der Drogenpo-

litik der Vereinigten

Staaten. Zwischen den

beiden Vorträgen

antwortete er auf

unsere Fragen.

Das letztere Thema – die Veränderun-gen in der US-Drogenpolitik – sprach uns stärker an, denn nach unserem

Wissen hatte er als Anbauaktivist schon öfter Probleme mit dem amerikanischen Gesetz. Man muss wissen, dass Ed Rosenthal 1998 begann, in Oakland bei San Francisco Can-nabis für chronisch Kranke anzubauen.

Der Anbau von Cannabis für therapeuti-sche Zwecke war nach dem kalifornischen Gesetz schon seit drei Jahren straffrei. Ro-senthal wusste dies und begann – im Be-sitz der nötigen Genehmigungen – mehr als 100 Cannabispflanzen für ein Zentrum, das Therapiepatienten versorgte, zu ziehen. Die amerikanische Bundesregierung versuchte damals noch mit aller Kraft, den Reformen und den Marihuanatherapieprogrammen in den Bundesstaaten einen Riegel vorzuschie-ben, und verwickelte den berühmten Züch-ter in einen Prozess, bei dem ihm 20 Jahre Gefängnis drohten. Rosenthal berief sich da-rauf, dass er arglos und unter Einhaltung der Gesetze von Kalifornien die Zucht begonnen habe. Falls das Urteil gegen ihn in Kraft treten sollte, sagte er den Cannabisthera-piezentren und -patienten eine traurige Zu-kunft voraus. Nach einem bekannten bild-haften Vergleich kann ein Autofahrer, den ein Polizist über eine rote Ampel gewunken hat, nicht von einem anderen Polizisten we-gen einer Regelwidrigkeit bestraft werden. Dank der überzeugenden Argumentation Rosenthals und seiner Rechtsanwälte und natürlich dank des politischen Klimas, das

sich Ende der 90er-Jahre schon in Verän-derung befand, wurde Rosenthal schließlich zwar verurteilt, musste aber statt 20 Jahren nur einen Tag im Gefängnis sitzen. Drei Jahre später, 2006, nahm ein Revisionsge-richt den Prozess wieder auf, unter Berufung darauf, dass sich in dem vorangegangenen Verfahren die Jury einer Pflichtverletzung schuldig gemacht habe, als sie unter Beru-fung auf die juristische Immunität nicht alle Details der ursprünglichen Anklage in vol-lem Umfang untersucht habe. In dem Wie-derholungsverfahren verweigerten mehrere

text: Tomas Kardos

Ed Rosenthal wurde 1944 in New York geboren und trägt seit gut dreißig Jahren den Titel “Ganjaguru”, den er einerseits mit seinen Büchern über die Marihuanazucht, an-dererseits mit seinem aktiven Einsatz für die Legalisierung und therapeutische Ma-

rihuanaprogramme verdient hat. Sein eigener Verlag veröffentlichte etwa fünfzig Bücher über Cannabis und andere natürliche bewusstseinsverändernde Stoffe; ein gutes Dutzend von ihnen wurde von Rosenthal verfasst. Seine berühmtesten Werke sind das “Marijuana Grower’s Handbook” und das mehrbändige “The Big Book of Buds”. In den 1980er- und 90er-Jahren wurde er als Autor der legendären High Times bekannt. 1998 begann er, Marihuana für therapeutische Zwecke zu züchten. Die Bundesregierung erhob zweimal gegen ihn An-klage wegen Anbaus im großen Stil, aber trotz der Anzeige musste er nur einen Tag absitzen. Seine Aktivität ist unverändert, obwohl er auf sein siebzigstes Lebensjahr zugeht. Sein letztes Buch erschien dieses Jahr unter dem Titel “Protect Your Garden” und seine Webseite www.edrosenthal.com aktualisiert er laufend. Nach seinem berühmt gewordenen Ausspruch macht “Marihuana vielleicht nicht süchtig, sein Anbau aber sicher!”

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Zeugen eine neuerliche Aussage. Schließlich verzichtete das Gericht im Mai 2007 dar-auf, gegen Rosenthal eine weitere Anklage wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche im Zusammenhang mit der Zucht von Rausch-mitteln zu erheben. Rosenthal, der sowohl Produzent von therapeutischem Cannabis und politischer Aktivist ist, stellte sich nun die Frage, ob man je nach Anwendungsziel die Zuchtmethoden voneinander trennen kann. Als mit allen Wassern gewaschener Interviewpartner konnte er mit seinen Ant-worten überraschen:Medijuana: Kann man von einem Unterschied

bei der therapeutischen und nicht-

therapeutischen Methode sprechen? Wenn

einem Patienten beispielsweise eine Sorte mit

einem bestimmten Verhältnis von THC:CBD

empfohlen wird – muss man dann bei der

Zucht die entsprechenden technischen oder

methodologischen Vorschriften einhalten?

Ed Rosenthal: Verschiedene Leute halten verschiedene Sorten für therapeutisch, nicht bei jedem bewähren sich die gleichen Varian-ten. Außerdem ist bei der Auswahl der rich-tigen Sorte nicht nur von THC und CBD die Rede, sondern es geht auch um die Terpene. Diese Verbindungen sind am ehesten dafür verantwortlich, wie das Cannabis wirkt. Die Terpene bestimmen nicht nur das Aroma des Cannabis, sie beeinflussen auch die Wirkung des THC. Sie leisten also eine Art Feineinstel-lung des schon veränderten Bewusstseinszu-standes.

M: Was empfehlen Sie Gärtnern, die für

Patienten anbauen?

ER: Für sie habe ich keine besonderen Ratschläge. Nichts, was ich nicht auch ande-ren Züchtern empfehlen würde, weil ich mei-ne, jeder hat das Recht auf die gleiche ein-wandfreie Qualität, denn letztlich wird jedes angebaute Cannabis der einen oder anderen Art von Konsum zugeführt.

M: Also kann die Zucht für den

therapeutischen und rekreativen Gebrauch

nicht scharf getrennt werden? Aber wie sieht

es bei den Anwendungsmethoden für die

beiden ziemlich unterschiedlichen Ziele aus?

ER: Meiner Meinung nach ist jeder Ge-brauch von Marihuana therapeutisch, nur sind sich die Leute und der größte Teil der Konsumenten darüber nicht im Klaren. Ob-wohl der größte Teil der Konsumenten das Cannabis nicht als Medikament betrachtet, erfüllt es auch bei ihnen mehr oder weniger diese Rolle.

M: Die Zucht ist jedoch nur eine Seite der

Sache, denn die Patienten bekommen das

Cannabis nicht mehr nur in Pfl anzenform. Was

ist Ihre Meinung über die immer größere Zahl

von Produkten?

ER: Ich halte sie für nützlich. Gleichzeitig glaube ich, dass Europa auf diesem Sektor stark zurückliegt, und ich hoffe, dass ich große Veränderungen sehen werde, wenn ich nächstes Mal komme. In den USA stehen zahllose Präparate zur Verfügung – von Ölen über Tinkturen und Nahrungszusatzstoffen bis hin zu verschiedenen Lebensmitteln und

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CANNA+GLOBE

Getränken. Wenn die Leute diese Produkte nicht mögen und nicht nachfragen würden, könnte man sie nicht in einer solch großen Auswahl finden.

M: Politiker, die das Verbot befürworten,

verkünden, dass viele sich hinter der Maske

der Krankheit verstecken würden und

versuchten, sich Gras legal zu beschaffen, um

high zu werden und sich gut zu fühlen. Ist da

was dran?

ER: Natürlich, aber ich habe daran nichts auszusetzen. Von ihren verständlichen Inte-ressen geleitet, tun die Menschen alles, um beim Cannabisgenuss nicht die Gesetze zu verletzen, damit die Gesellschaft sie nicht kriminalisiert. Dazu haben sie gegenwärtig dieses Instrument.

M: Glauben Sie, dass die Bewegung für

therapeutisches Marihuana dazu beiträgt, dass

man im Cannabis kein Rauschmittel, sondern

ein mögliches Therapiemittel sieht?

ER: Ja, ich sehe das so, dass eine grund-legende Veränderung eingetreten ist, wie die Leute über das Marihuana denken – wenigs-tens in den Vereinigten Staaten. Heute sind die Legalisationsgegner schon viel eher ge-neigt, den Cannabiskonsum als medizinische Frage zu betrachten oder es mit der sozialen Versorgung in Verbindung zu bringen, als früher. Nur noch ein sehr kleiner Teil von ih-nen hält die Kriminalisierung für notwendig. Ich meine, dass diese Sichtweise sich gerade auf der ganzen Welt verbreitet.

M: In Europa ist die Veränderung auch zu

beobachten ...

ER: Der Prozess ist auf der ganzen Welt zu spüren. Kann sein, dass er auf Regierun-gen einiger europäischer Länder noch keine Wirkung ausübt, aber die gesellschaftliche Anerkennung des Marihuanas nimmt welt-weit zu. Der interessanteste Fall ist vielleicht das diktatorische Nordkorea, wo wir von Freiheit zwar nicht sprechen können, der Gebrauch von Marihuana aber erlaubt ist.

auch die europäischen Regierungen konfron-tiert sein. Spanien und Portugal haben für die Sache schon viel getan; ähnliche Entwicklun-gen sind in den übrigen Ländern der EU auch zu erwarten. Es genügt, sich das Beispiel von Tschechien anzuschauen: Eine Partei setzte schon vor Jahren einen Prozess zur Gesetzes-änderung in Gang, die Unterstützer gingen diesen Weg bis zum Ende, und nun können sie für sich selbst zu Hause anbauen.

M: Also ist die Marihuanafrage entschieden

– ist das die Botschaft von Ed Rosenthal an

Europa?

ER: Ja, die Botschaft lautet, dass die Le-galisierung schon auf dem Weg ist und jeder für seine Rechte aufstehen und seinen Teil dafür tun muss, um das alsbaldige Eintreten zu beschleunigen. Wer keine Zeit hat, dafür aber Geld, der kann die Organisationen un-terstützen, die für die Legalisierung kämp-fen. Wer aber kein Geld hat, der kann frei-willige Arbeit bei einer Organisation für die Legalisierung oder Patientenrechte überneh-men, und damit die Erreichung des hohen Ziels fördern.

(Ganz exakt: Nordkorea hat zahllose interna-tionale Vereinbarungen nicht unterschrieben und nimmt an den meisten “Programmen” nicht teil, so auch nicht am Drogenkrieg. Die Zucht und der Konsum von Marihuana sind dort nicht verboten; gegenwärtig gibt es we-der ein Gesetz noch eine Vorschrift dazu.)

M: Glauben Sie, dass der Raumgewinn des

therapeutischen Marihuanamodells auch zur

Verbreitung der Legalisierung beiträgt?

ER: Ja, ich glaube, wenn die Gegenwart von Marihuana im Alltag und in der Medizin natürlich und akzeptiert wird, wird man sich auch nicht gegen die Reglung des rekreati-ven Gebrauchs wenden.

M: Wie können die europäischen Aktivisten

die Veränderungen erreichen, die wir heute

in den Vereinigten Staaten oder gerade in

Uruguay sehen?

ER: Die Veränderung hat schon begonnen: Die USA ziehen sich sichtlich aus dem Dro-genkrieg zurück, und die Auswirkung davon ist, wie ich schon gesagt habe, mehr oder we-niger an allen Punkten der Welt spürbar. Da-mit werden in den kommenden zehn Jahren

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Cannabis blüht in den USACannabis blüht in den USA Zustimmung zur Legalisierung auf historischem Hoch

Nur noch ein paar Wochen sind es, bis der gesetzlich geregelte Marihuanahandel

tatsächlich beginnt. In den Vereinigten Staaten erreichte die Unterstützung für die

Legalisierung landesweit einen historischen Höchststand. Die glücklichen

Drogenreformer mahnen zwar zur Bedachtsamkeit, entwickeln aber schon die

Regulierung für weitere Bundesstaaten.

Nicht mehr nur in Colorado und Wa-shington, sondern in den gesamten USA stellte sich die Bevölkerung hin-

ter die Legalisierung. In der Gallup-Umfrage, die seit 1969 jährlich erstellt wird, stieg der Anteil der Legalisatoren dieses Jahr auf ei-nen historischen Höchststand. 2011 holten die Unterstützer der Legalisierung – nach zehn Jahren kontinuierlichen Anstiegs – endlich die Anhänger des Verbots ein. Dies bestätigten auch die Umfrageergebnisse zur Legalisierung im Jahre 2012. In zwei von drei Staaten stimmte man für einen legalen Marihuanamarkt unter staatlicher Kontrolle. Eine Umfrage vom Oktober 2013 zeigt auch schon, wie sehr die Bevölkerung mit dem aktuellen Aufbau des freien Handels über-einstimmt, beziehungsweise es unterstützen

würde, wenn das ganze Land dem Beispiel von Colorado und Washington folgen wür-de. Und siehe da! Innerhalb von zwei Jahren erhöhte sich die Zahl der Legalisierungsun-terstützer um weitere 8%, nach den neues-ten Erhebungen möchten 58% der Befragten Cannabis und die aus ihm gefertigten Pro-dukte in Läden unter staatlicher Regie sehen, während insgesamt 39% glauben, es sei bes-ser, das Ganja in den Händen der Drogenkar-telle zu lassen.

Eine Woche nach Veröffentlichung der Umfrageergebnisse wurde die Internationa-le Drogenreform Konferenz in Denver, Co-lorado, eröffnet, wo Ethan Nadelmann, der Gründer der Drug Policy Alliance (DPA), die Abstimmung als Wendepunkt bei der Mari-huanalegalisierung wertete. Neben der bei-

spiellosen Unterstützung, fügte er hinzu, kennzeichne dies das Beispiel Colorados und Washingtons und in einem weiteren Sinn auch die unmittelbar bevorstehende Legali-sierung in Uruguay. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass, obwohl die Entwicklungen op-timistisch stimmten, in 48 Staaten der USA noch immer das Verbot in Kraft ist und nur in einem der fast 200 Länder der Welt die gesetzliche Reglementierung von Marihuana verwirklicht wird. Er wies darauf hin, dass die Drogenpolitik in der Geschichte der USA mit negativen Erscheinungen wie Rassismus und Massenverhaftungen verbunden sei, die mit der Legalisierung auch an einen Wendepunkt gelangen könnten, sodass man die Folgen der zukünftigen Schritte in diesem Bewusst-sein abwägen müsse. Man müsse also ver-

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nünftig sein und es auch auf sich nehmen, wenn die Praxis der Gesetzesregelung stren-ger als gerechtfertigt ausfalle.

Anpassung

Die Bevölkerung von Colorado folgte dem Präsidenten der Drug Policy Alliance offen-bar aufs Wort und stellte Anfang November ihre Selbstdisziplin unter Beweis. Sie stimmte für den relativ hohen Steuersatz von 25% auf Cannabis und beschloss, die ersten eingehen-den 40 Millionen Dollar für den Bau staat-licher Schulen zu verwenden. (Die Steuern

auf alkoholische Getränke bewegen sich in Colorado zwischen 5 und 15% – Der Red.) Und das alles, obwohl die Öffentlichkeit vor Kurzem eine Steuererhöhung abgelehnt hat, die ebenfalls zur Finanzierung von Schulen gedient hätte.

John Hickenlooper, dem Gouverneur von Colorado zufolge hatten 65% der Wähler für höhere Steuern gestimmt. Weiterhin sagte er, dass die eingehende Steuersumme auch dazu dienen werde sicherzustellen, dass Minder-jährige nicht an Marihuana gelangten, und man darauf achten werde, dass sich niemand in einem durch Marihuana veränderten Be-wusstseinszustand hinters Steuer setze.

Die Polizei von Denver möchte sogar Ge-ruchsbelästigungen vorbeugen. Im Jahr 2010 waren nur sieben Anzeigen wegen Grasge-ruchs eingegangen, diese Zahl stieg letztes Jahr auf sechzehn. Damit stand jede achte Anzeige wegen unangenehmen Geruchs in Verbindung mit Marihuana. Daher sei es an der Zeit, einen Geruchsalarm einzuführen – wie die Polizei von Denver befand. Sie be-schaffte eilends einige Geruchsteleskope (wissenschaftlicher Name: Olfaktometer), die, an das Nasenloch gehalten, auf Kilo-meter Entfernung saftige Sorten im Freiland erschnüffeln können. Es ist schwer, sich desGedankens zu erwehren, dass der Geruchs-polizei diese Idee nach dem Genuss einiger aromatischer Sorten kam.

Vorgezogene Wahlen

Die Wende in der öffentlichen Meinung zum Marihuana zeigt auch die Tatsache, dass sich immer neue Kandidaten melden. In Portland, der größten Stadt im Bundesstaat Maine, wurde darüber abgestimmt, ob der Besitz von bis zu 2,5 Unzen (70 Gramm) Marihuana strafbar sein soll. Fast 70% der Bevölkerung stimmte dafür, dass keine Sanktionen für den Besitz einer Menge von weniger als 70 Gramm verhängt werden sollen. Diese Ent-scheidung kann man natürlich nicht echte Legalisierung nennen, da sie nur den Besitz erlaubt, nicht aber den legalen Vertrieb von Cannabis. Dennoch verkündete drei Tage

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text: Jack Pot

nach der Abstimmung der Polizeikomman-dant von Portland, die Polizei werde sich an die Gesetze des Bundesstaats halten, die durch eine Verordnung der Stadt nicht auf-gehoben würden und nach denen für den Besitz von bis zu 2,5 Unzen eine Geldbuße von bis zu 600 Dollar verhängt werden kön-ne. Um jedoch den Konsumenten gleichzeitig sein Mitgefühl zu bekunden, fügte er hinzu, die Behörde sei nicht darauf aus, kleine Fi-sche zu fangen, sondern die Hersteller und Vertreiber großer Mengen. Er sehe eine gute Chance, dass das Ergebnis der Abstimmung sich auch im Bundesstaat durchsetzt, was das Dilemma der Polizei lösen würde, zu ent-scheiden, auf welcher Gesetzesgrundlage sie agiert.

Inzwischen wird die Frage konkret, in wel-chen Bundesstaaten der Öffentlichkeit als Nächstes diese gewisse Frage zum Thema Marihuana vorgelegt werden soll. Nach dem wahrscheinlichsten Szenario wird Oregon im Jahr 2014 erneut ein Referendum über die Legalisierung abhalten, diesmal in der Ge-sellschaft von Alaska und Rhode Island. Die Führer der Reformbewegung glauben, dass es trotz der jahrelangen Vorbereitungen praktischer wäre, in Kalifornien, Wyoming und Arizona mit dem Referendum bis 2016 zu warten, aber die landesweite Zustimmung von 58% könnte die Ereignisse beschleuni-gen, sodass eine Abstimmung für 2014 nicht undenkbar ist.

Was auch das Smartphone nicht weiß

Den Legalisatoren ist seit Langem bekannt, dass der Staat eher dazu neigt, wirtschaft-liche Argumente anzuhören als Berufungen auf die Menschenrechte. Dem kommen die

Marktforscher von ArcView Market Research entgegen, die im November ihre Studie über die beobachteten Geldflüsse auf dem legalen Cannabismarkt publizierten. Sie errechneten, dass im Jahr 2013 Marihuana im Wert von insgesamt 1,43 Milliarden Dollar verkauft werden wird, vor allem in Cannabisapothe-ken. 2014 wird durch den auch praktisch umgesetzten legalen Marihuanamarkt in Colorado und Washington und die weitere Ausbreitung der medizinischen Program-me Marihuana im Wert von 2,34 Milliarden Dollar den Besitzer wechseln – so schätzen die Forscher. Dies bedeutet eine einzigartige Umsatzsteigerung von 64%, die sogar den Sektor übertrifft, der in den letzten Jahren die größte Entwicklung aufwies, nämlich das Smartphone-Geschäft, dessen Umsatz von 2012 bis 2013 um 46% anstieg. “Canna-

bis ist eine der am schnellsten wachsenden Branchen”, resümiert der bekannte Fach-mann Steve Berg die Ergebnisse der Studie mit dem Titel ‚State of Legal Marijuana Mar-kets‘. “Wir fanden keinen einzigen einhei-mischen Markt, der ähnlich schnell wächst”, äußerte er sich über die außergewöhnliche Natur der Ergebnisse. Im Internet verbrei-tet sich inzwischen ein neues Mem mit den Worten “Wenn du glaubst, dass Geld nicht auf Bäumen wächst, kennst du das Marihu-anabusiness nicht.” Nun, wenn diese Wachs-tumszahlen den Regierungen der Welt keine Lust auf die Legalisierung machen, dann hilft wohl gar nichts!

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Sofort füge ich hinzu: natürlich nicht im europäischen Sinne. Eher im Sinne von

Ed Rosenthal, demzufolge jeder Patient, der regelmäßig Medizinalcannabis

konsumiert, höchstens nicht weiß, welche Gesundheitsprobleme, Zustände oder

Symptome er da gerade behandelt. Er spürt einfach, hoppla, dass er sich schon

besser fühlt, ein wenig erleichtert. Irgendwie so gehen auch die Inder damit um:

Hauptsache, es wird ein bisschen leichter, ein wenig erträglicher.

Der Titel soll auch unterstreichen, dass die älteste Tradition des Cannabis-konsums nicht in Jamaika oder einer

anderen Karibikinsel, auch nicht in der ara-bischen Welt, beispielsweise in Marokko und erst recht nicht in Holland, sondern irgend-wo in Nordostindien zu finden ist. Für das Cannabis sind hier – neben vielen anderen Heilpflanzen – seit Jahrtausenden zahlreiche traditionelle Anwendungsmethoden bekannt und ihre traditionellen Namen geben auch Auskunft über den Wirkstoffgehalt. Die nied-rigste Stufe ist ein Trockenprodukt mit dem Namen „bath“, das nur ein paar Prozent THC enthält und aus Blättern und „Herabgefalle-nem“ hergestellt wird. Auf dem Lande wird es anstelle von Tabak auch geraucht und man schreibt ihm zahlreiche wohltuende Wirkun-gen zu. Beispielsweise, dass es die Männer im Gegensatz zum Alkohol friedlicher und auf die Familie fixierter macht. Ganja ist die Cannabisblüte mit dem höchsten Wirkstoff-

gehalt. Es wir eher wegen seiner Heilwirkung benutzt, die hier niemand infrage stellt. Charras, das die meisten psychoaktiven Stof-fe enthält, ist das Cannabisharz und dient hauptsächlich spirituellen Zwecken. Es äh-nelt dem, was wir als Haschisch kennen, ob-wohl es zwischen den beiden einen kleinen Unterschied gibt. Charras wird hergestellt, indem der vor erntereifem Harz glitzernde Blütenstand gut zusammengedrückt wird. Die Härchen, die an der Handfläche kleben, werden mit einer geschickten Bewegung des Daumens der anderen Hand entfernt, dann wird es zusammengeknetet. Ein schillerndes, leuchtendes, dunkles, fast schwarzes Materi-al, in das natürlich nolens volens etwas Haut und Fett, Schweiß und Staub gelangt.

Mumbai: die schillernde Hauptstadt des Elends

Anfang Dezember kamen wir in Mumbai, Indiens zweitgrößter Stadt, an. 14 Millionen Einwohner und unglaubliche Kontraste. So

Salzige Limonade (Teil 1) Salzige Limonade (Teil 1)In Mumbai ist jeder ein Dealer

Mumbai, Gateway of India. Vor mir einer der “Quasi-Dealer” mit einem Fotoalbum in der Hand und der Kamera um den Nacken. Der Fotodienst ist wohl für die Touristen gedacht, denn von ihnen gibt es hier nicht wenige.

Ticket Art – wenn das überhaupt Kunst ist. Unweit der Gleise des im Abfall versinkenden Bahnhofs Chhatrapati Shivaji (früher Victoria Terminus).

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viele Banken und Hochhäuser gibt es höchs-tens in London oder den amerikanischen Metropolen. Die meisten der Einwohner le-ben beengt, in Chaos und Elend. Eins der größten Elendsviertel der Welt mit zwei Mil-lionen Besitzlosen befindet sich fast in der Mitte von Mumbai. Wir konnten es uns nicht ansehen, aber seinen Geruch nahmen wir von einer Autostraße aus wahr, die darüber hin-wegführt. Hier kennt man keine Sozialversi-cherung, keine Rente, kein soziales Netz, kei-ne Straßenbeleuchtung und vielleicht auch nicht den Begriff der persönlichen Hygiene. Im Gegensatz zu den nördlichen Provinzen, wo bis heute Ganja benutzt wird, gleicht die Situation hier eher den Zuständen in den multikulturellen Städten Europas. Nieman-den haben wir getroffen, der irgendwann einmal von der UN-Konvention aus dem Jahre 1961 gehört hätte, die auch Indien da-mals unterschrieben und damit den Anbau und den Konsum von Cannabis, Opiaten und einigen Hundert anderen Heilpflanzen in die Illegalität gedrängt hat. Unabhängig vom

Ziel des Konsums. Als rekreative Droge ist der Alkohol verbreitet und zu therapeutischen Zwecken erschienen westliche Medikamen-te, die sich die Mehrzahl der Inder natürlich nicht leisten kann.

Die Mehrheit hat keine Arbeitsplätze im europäischen Sinn des Wortes, aber alle le-ben und schlagen sich durch, so gut sie können. Hauptsächlich bieten sie unterein-ander und den Ausländern Dienstleistungen an oder sie versuchen, etwas zu verkaufen. Auf den schmalen Grünstreifen in der Mitte der Landstraßen setzen sie blühende Pflan-zen (und natürlich stellen sie auch ihr Logo auf geschmacklosen großen Tafeln auf), und die hinter den Büschen kauernden Famili-en pflücken die Blumen und versuchen die daraus geflochtenen Kränze jemandem zu verkaufen. An der Victoria Station in Mum-bai sammelt ein Junge, in dem entsetzlichen Gestank und dem unglaublichen Schmutz, weggeworfene Fahrkarten ein, dann klebt er sie auf ein etwas saubereres Papier, ergänzt sie mit nicht gerade künstlerischen, aber

Bettler in der Nähe eines Marktes zwischen parkenden Wagen – für Einheimische ein vertrauter Anblick.

geschickten Zeichnungen und versucht, sie an Ausländer zu verkaufen. In der Provinz überschwemmen spätnachmittags Massen von Muschelsammlern die Meeresstrände. Mangels anderer Möglichkeiten bleibt vielen nur die Vermittlung von Dienstleistungen. In Indien kein zum Aussterben verurteilter Be-ruf. So unglaublich es sein mag, auch hier ist alles zu bekommen, aber nicht leicht zu finden. Wenn du aber jemanden kennst, der das hat, was ich suche, dann hast du 20, 30, 50 Rupien mehr.

Room Service mit Ganja

Das erste, fast verbindliche Ziel in Mumbai ist das Gateway of India. Wir hatten vor-her die Information bekommen, dass sich in seiner Nähe das Café Leopold befindet, dort könnten wir sicher Ganja kaufen. Wenn der Mensch sympathisch ist und uns einlädt, sollten wir ruhig mitgehen, kann sein, dass er uns in eine Wohnung oder einen privaten Ort bringt, aber kein Grund zur Besorgnis, die Menschen sind freundlich, über die Prei-se kann man verhandeln, und je besser der Nexus, umso eher. Wir hatten noch nicht einmal angefangen, den besagten Ort zu su-chen, da fiel uns auf, dass in Indien wenig geraucht wird, obwohl die Zigaretten sehr billig sind. Einheimische Marken gibt es von 20 bis 30 Eurocent, die indischen Marlboros kosten 2 Euro, und natürlich gibt es dort Bidis, 14 Stück für 10 Eurocent. Was da drin sein kann, da konnten wir nur raten, an-geblich Tabak, in ein Palmenblatt gedreht. Unsere Unterkunft war ein paar Kilometer von dem Gateway entfernt, was in Anbe-tracht der hiesigen Straßenzustände und des unerträglichen Verkehrs eine Autofahrt von mindestens einer halben Stunde bedeutete. Ohne es besonders forcieren zu müssen, er-fuhren wir von dem jungen Hotelpersonal, dass sie, wenn überhaupt, lieber Gras rau-chen als Tabak, das Rauchen aber im Grun-de verurteilen. Unter ihnen gab es einen aus dem Norden, der ein ziemlich regelmäßiger Konsument war, worüber wir vollkommen offen sprachen, während er uns das Früh-stück servierte. Keine mystische Stimmung, kein rebellischer Zwischenton. Als ich das Vaporisieren und den Konsum in Lebens-mitteln erwähnte, waren sie zu meiner Über-raschung im Bilde. Im Bedarfsfall bringt der junge Kellner für 50 - 100 Rupien (0,65 - 1,30 Euro) das Ganja, natürlich nicht aus der Küche oder von der Rezeption, sondern von weiß Gott woher. Er ist kein Dealer, aber für etwas Kleingeld hilft er, es zu beschaffen, denn sein Durchschnittslohn (und in Indien gilt ein solches Hotel als sehr guter Arbeits-platz) beträgt etwa 80 - 100 Euro im Monat. Verständlich, dass er sich etwas dazuverdie-nen will. Er begleitete uns in einen nahe-gelegenen Nightclub, der zu unserer nicht

In der Nähe des längsten und verkehrsreichsten Meeresstrands von Mumbai gerieten wir in zwei hinduistische Hochzeitszüge. Obligatorische Elemente: ein Orchester, eine Menge Hochzeitsgäste, auch das Personal trägt als Maskerade

passende Hochzeitsgewänder, ein Farbenmeer und viel Lärm, Böller und Feuerwerk, fotografi erende Touristen, gratulierende Einheimische, der tanzende Brautvater und der junge Ehemann auf dem Pferd.

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geringen Überraschung von drei Uhr nach-mittags bis neun Uhr abends geöffnet war.Er bekräftigte, dass man dort, wo es vie-le Touristen gibt, beispielsweise an dem schon erwähnten Gateway of India, nicht-lange herumfragen müsse. Die Preise sindnatürlich auf die Touristen zugeschnitten. Nirgendwo in Indien ist es Pflicht, sie auszu-zeichnen, und daher setzt sie der Verkäufer nach der angenommenen finanziellen Lage des Käufers, in unserem Fall aufgrund der Hautfarbe fest, sogar in den Apotheken. Au-ßer im Plaza fanden wir nur an einem Ort eine ausgehängte Preisliste, auf der stand: Eintritt für Inder 20 Rupien, andere Natio-nalitäten 60 Rupien.

Darf´s was Anderes sein, Sir?

Am nächsten Tag waren wir also dort am Gateway, was tatsächlich ein gewaltiges verziertes Steintor direkt am Meeresufer ist. Als wir aus dem Taxi stiegen, stand vor uns schon Mensch Nummer 1. In ausgesprochen schönem Englisch schlug er eine Stadtrund-fahrt vor, dann der Reihe nach alles, worauf er Zugriff hatte und was ihm eine Rupie ein-bringen konnte.

Stadtrundfahrt im Auto, mit Klimaanlage, Fremdenführung auf Englisch? Nein, danke! Ein Foto, Sir? Nein, danke! Stadtplan von Mumbai, Sir? Danke, haben wir. Haschisch, Marihuana, Sir? Danke, jetzt nicht. Darf´s was Anderes sein, Sir?

Dieser Dialog wiederholte sich in der nächsten halben Stunde viermal, es hätte aber gut zehnmal sein können, oder zwanzigmal. Ich gehe davon aus, dass sie einer Familie mit einem Baby oder japanischen Rentnern kein Haschisch oder Marihuana anbieten, aber in

unserem Fall – zwei junge europäische Rei-sende – ließ das keiner aus.

Mensch Nummer 2: Marihuana, Sir? Viel-leicht. Wie viel? Wie viel wollen Sie, Sir? 10 Gramm. 3500 Rupien. Danke, dann nicht. Warte, Sir! Ich mach‘s billiger. Gutes Ganja, Sir!

Im Gegensatz zu den auf Touristen spe-zialisierten Dealern auf der La Rambla in Barcelona beispielsweise, verkaufen diese Leute nicht nur Gras und Haschisch. Das ist nicht einmal ihr Hauptgeschäftsprofil. Die Stadtrundfahrt für etwa 20 Euro pro Stunde scheint im Übrigen einträglicher, wenn man die Zusammensetzung der Touristen be-trachtet. Wir aber forcierten noch ein wenig das Thema Ganja.

Gib uns 10 Gramm für 1000! No, Sir, 3500 Rupien. Das ist zu viel. 5 Gramm für 1000. Das ist zu wenig, sagte er, fast wei-nend. Für 3000 nehmen wir es nicht. Warte, Sir! Wir besprechen das. Nimm mehr, dann wird´s billiger!

Der erste Typ, mit dem wir ins Gespräch kamen, war in den Fünfzigern, Bäuchlein, Schnurrbart, im Hemd und so ein Väterchen, dann einer mit eingefallenem Gesicht, sehr braune Haut, mit einem auffallend langen Nagel am kleinen Finger, mittleres Alter, spürbar auch Familienvater; ein ganz junger Mann mit Jungengesicht, dann eine Grup-pe aus zwei, drei jungen Kerlen, charakte-ristisch in Hemd, Stoffhose und Sandalen,

Mumbai, Wäscherviertel. Dies ist größer, als das Bild vermuten lässt. Alle Hotels der 14-Millionen-Stadt, die Restaurants und auch viele private Haushalte bringen ihre schmutzige Wäsche hierher. Hier stinkt es nicht!

Mumbai ist das Finanz- und Wirtschaftszentrum Indiens. Hier befi nden sich auch die Börse und die Filialen der großen internationalen Banken. Wolkenkratzer, Luxusbürohäuser, Mercedes, BMW und überall gewaltige Werbeplakate

für europäische Luxusmarken. Nichts begrenzt sie in Ausmaß, Menge und Platzierung.

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Bio Nova Premium Dünger auf Facebook

Seit ein paar Jahren ist Bio Nova auf Facebook, aber bisher haben wir dies nicht zu ernst genommen. Aber durch die Feststellung, dass die Anzahl unserer Freunde rasch zunahm, beschlossen wir, unsere Präsenz auf diesem Medium auszubauen. Deshalb haben wir seit zwei Monaten einen neuen Mitarbeiter, der auf Facebook spezialisiert ist.

Vor Kurzem haben wir das Bio Nova Profi l von “persönliche Seite” zu “Spezialseite für Unternehmen” geändert. Heute benutzen wir Facebook, um Dich über neue Produkte, Messen, Innovationen und Gewinnaktionen von Bio Nova auf dem Laufenden zu halten. Also melde Dich bitte mit Deinem persönlichen Account bei Facebook an und Du bist optimal über alle Sachen informiert, die wir anbieten.

Wichtiger Hinweis zu unserem SuperMixWie die meisten von Euch bereits wissen, wurde unser SuperMix aufgrund neuer europäischer Vorschriften modifi ziert und ist nun konzentrierter. Deshalb musst Du nun darauf achten, die Dosierung anzupassen. Wir empfehlen Dir, unsere aktuellen Düngeschemas auf unserer Website zu downloaden.

Damit wir Dich professionell beraten können, besuche uns auf einer der europäischen Messen, auf denen wir vertreten sind. Like & Share uns auf Facebook und Du kannst einige unserer Premium-Produkte gewinnen.

wie jeder hier. Die Taxifahrer, die Jungs mit den Autorikschas, die Rezeptionisten, der Zi-garettenverkäufer, die Chauffeure auf dem Lkw-Parkplatz neben dem Hotel, der Bar-mann in dem bewussten Klub oder der Mo-torradverleiher. Der Handel geht nicht offen vonstatten, die am Gateway of India pos-tierten Polizisten wissen offensichtlich, was hier vor ihrer Nase geschieht, auf dem Platz direkt vor dem weltberühmten Taj Mahal Palace Hotel mit seinen 1500 Zimmern, 200 Meter entfernt vom Eingang einer der größ-ten Marinebasen. Die interessanteste Figur in dieser Hinsicht nannte sich Arafat, war ein Fahrrad- und Mopedverleiher, 25 Jahre alt, nettes Gesicht, der uns auf Nachfrage eben-falls seine Hilfe anbot.

Sadhus und Inder

Man spürt, dass sich die Toleranz gegen-über Ganja in der Akzeptanz der 4 - 5 Mil-lionen Sadhus erschöpft, die hauptsächlich im Norden in der Himalajaregion leben. Die modernen Großstädte mit ihren Plazas und jungen Leuten in Jeans unterscheiden sich nur wenig von Europa. Bald aber stellten wir fest, dass in Indien jeder ein Dealer sein kann. Nach unseren Vorabinformationen (in Richtung Süden sinken die Preise und der Eurokurs wird günstiger) beziehungsweise

aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen mit der Preisbildung (für Weiße ist alles etwa dreimal so teuer) schlossen wir, dass der reale Straßenpreis für 10 Gramm je nach Ort zwischen 800 und 1000 Rupien liegen müsste, was etwa 10 - 12 Euro entspricht. Vorläufig ist es unser Ziel, diesen Preis zu erreichen. In Mumbai haben wir schließlich die Qualität nicht getestet. Der Hauptgrund dafür war, dass wir nur vier Nächte der vor uns liegenden anderthalb Monate dort verbrachten und uns danach auf den Weg nach Goa begaben. Dort waren die ersten Stationen Panjim und Vasco da Gama, wo wir ein Motorrad ausliehen und uns auf-

machten, die Provinz zu erforschen. Unser erster Freund am Ort ist Raju, der Chauffeur des Hotels und seine Antwort ist immer die gleiche, wie die der Einwohner von Mumbai: O.K. my friend, no problem my friend!

Wir versuchen auch, ein paar Freiland-plantagen zu entdecken, die es in der Um-gebung angeblich in großer Zahl gibt, und vielleicht kommen wir bald dazu, etwas zu testen!

Navi Mumbai, die größte Satellitenstadt der Metropole, mit ihren 1,3 Millionen Einwohnern. Straßenszene mit einem für indische Verhältnisse winzigen Abfallhaufen.

text: Gabor Holland

photos: Zsolt Fekete

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Cannabinoide, Terpene, Cannabinoide, Terpene,

VerunreinigungenVerunreinigungenLaboranalysen für medizinische Qualität

Dr. Jeffrey C. Raber ist Chemiker im kalifornischen Laboratorium The Werc Shop, wo

für die Medizinalcannabisszene Analysen der verschiedenen Sorten zur

Förderung der allgemeinen Gesundheit durchgeführt werden. Das Labor nahm 2010

seine Arbeit auf, aber schon jetzt bedeutet es einen Prestigegewinn, wenn ein

Züchter sein medizinisches Marihuana zusammen mit einer Analyse von

The Werc Shop anbieten kann.

werden in den Geschäften für medizinisches Marihuana auch nur Öle und mit Hanfbutter hergestellte Lebensmittel angeboten. Dort ist durch Backen oder Kochen die Umwandlung im Blütenstand schon vonstatten gegangen. Die Frage nach dem THC wird allerdings dann wichtig, wenn wir wissen wollen, wie die Samenhändler bestimmen, welchen THC-Gehalt die Züchter ihrer Sorten erzielen wer-den. Dr. Raber zufolge gibt es zwei spezifi-sche Analysemethoden, um den THC-Gehalt

festzustellen: die Gaschromatografie (GC) und die Flüssigkeitschromatografie (FC). The Werc Shop bevorzuge letztere Methode, weil sie bei Cannabinoiden und Verunreinigungen präzisere Ergebnisse erbringe, während die Gaschromatografie in der Regel höhere, also falsche Werte produziere. Dr. Raber zufolge ist beispielsweise ein THC-Wert über 23% ausgesprochen selten, daher sei eine Analyse, die einen höheren Wert errechne, sicherlich falsch. Wenn ein Züchter Blütenstände mit

Das Publikum des Prager Cannafests erlebte einen Dr. Raber, der das THC zunächst einmal entmystifizierte: Im

Cannabis seien insgesamt 500 Bestandteile zu finden, darunter Cannabinoide, Terpene und Flavonoide, aber im Gegensatz zur all-gemein verbreiteten Ansicht enthielte es kein 9-THC. Warum? Weil THC nur bei Erhit-zung auftrete. Deshalb könne jemand, der die Pflanze roh verzehrt, nicht mit psychoak-tiven Erlebnissen rechnen. Aus diesem Grund

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einem niedrigeren als im Katalog ausgewie-senen THC-Gehalt erntet, kann das leicht an der Zuchtmethode und den Umständen des Anbaus liegen. Viel unangenehmer wird es, wenn sich im Falle einer von der Polizei zur Analyse geschickten Probe ein – fälschlich erzielter – höherer Gehalt herausstellt und das beschlagnahmte Marihuana dann in ei-ner höheren Kategorie eingestuft wird. Das Ausmaß der mit Cannabis begangenen Ver-stöße macht sich ohnehin nicht am reinen Gewicht, sondern am THC-Gehalt fest. In Anbetracht dessen wäre es interessant fest-zustellen, nach welchen Methoden der – im Übrigen nicht existierende – THC-Gehalt in den einzelnen Ländern gemessen wird.

Für Titanen und Terpene

Jedoch – und hier kommen wir zum zweiten Mythos – beeinflusst weder die THC-Menge noch die Tatsache, ob die fragliche Pflanze von Sativa- oder Indica-Genen dominiert wird, die Wirkung! Dr. Raber hält es für vor-stellbar, dass vor dem großen Veredlungs-fieber, das in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ausbrach, die Wirkungen der Sorten noch klar voneinander zu trennen waren. Aber in unserer von Hybriden ge-prägten Zeit ist nicht mehr nachweisbar, dass Sativa eher stimuliert und Indica eher entspannt. Doch dank chemischer Analysen müssen wir nicht mehr im Dunkeln tappen, denn sie entschlüsselten, welche Bestandteile die Wirkung des Cannabis am ehesten beein-flussen: Dies sind nicht so sehr die Canna-

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MEDIZIN

binoide, sondern vielmehr die Terpene. Die Wissenschaft hatte schon früher festgestellt, dass die Terpene für Gerüche und Aromen verantwortlich sind, die nicht nur im Canna-bis, sondern auch in den essenziellen Ölen zahlreicher Pflanzen feststellbar sind. Neuere Untersuchungen untermauern, dass die Ter-pene im Harz nicht nur die Aromen, sondern auch die Wirkung des THC verändern. Wenn also ein Patient auf Anraten des Arztes eine Indica-dominierte Sorte wählt, die 15% THC und 1% CBD enthält, kann er noch immer nicht sicher sein, welche Wirkung sich beim Konsum einstellt. Die Einteilung anhand der Sortennamen ist jedoch noch hoffnungslo-ser, denn richtet man sich nach den Ergeb-nissen der Laboruntersuchungen, sind diese Bewertungen irreführend. Dr. Raber machte durch zahlreiche Dias klar, dass sich hinter den Benennungen OG Kush, Skywalker oder Trainwreck Sorten mit ganz unterschied-lichen Indica-Sativa-Sorten-Verhältnissen und Terpenprofilen verstecken. Was ist die Lösung? Dr. Raber befürwortet die Einfüh-rung eines neuen Systems, mit Hilfe dessen die Patienten nicht aufgrund wohlklingender Namen und THC:CBD-Verhältnisse, sondern nach den Terpenprofilen die passenden Sor-ten für ihre Symptome auswählen können. Das Ziel ist es also, den Apotheken, die me-dizinisches Marihuana verkaufen, ein mög-lichst vollständiges Bild über die von ihnen vertriebenen Sorten und Präparate zu ver-schaffen. Dabei sollte das Verhältnis Sativa-Indica, die Menge der Cannabinoide und der Terpengehalt sowie die verschiedenen Wir-kungen der Terpene aufgelistet sein.

Unsichtbare Verunreinigungen

Nun können wir uns immer noch nicht be-ruhigt zurücklehnen, denn was hilft die de-tailliert dokumentierte Sortenbeschreibung, wenn die Heilpflanze Schadstoffe enthält? Eben darum ist eine der Haupttätigkeiten von The Werc Shop – neben der Feststellung

von Terpen- und Cannabinoidzusammen-setzung – das Filtern von mikrobiologischen Verunreinigungen. Nach ihren Erfahrungen sind Zusatzstoffe, die Wachstum und Blüte beeinflussen, oft in den Gewächsen nach-weisbar, die dann überhaupt nicht mehr als medizinisch bezeichnet werden können. Eine weitere Frage ist, ob die Konsummethode einen Einfluss darauf hat, ob die Inhaltsstof-fe in den Organismus gelangen. Im Labor wurden deshalb auch Tests durchgeführt, die analysieren, welche Konsummethoden welche Schadstoffe durchlassen. Unter ihnen schnitt die Glaspfeife am schlechtesten ab, da hier 70% der Schadstoffe in die Lunge des Konsumenten strömen, während die Wasser-pfeife mit Filter den besten Schutz bietet. Ein Joint mit Aktivfilter schneidet viel besser ab als sein Kollege mit einem Pappröllchen.

Untersuchungen, die den Schadstoffge-halt von Sorten überprüften, die in kaliforni-

schen Cannabisapotheken verkauft werden, ergaben ebenfalls schlechte Ergebnisse: In einem Viertel von ihnen kamen die Bak-terien aus der Familie Enterobacteriaceae oder Pilze der Art Aspergillus vor. Etwa 10% von ihnen – in erster Linie die Konzentra-te – enthielten Überreste von Pflanzen-schutz- und Lösemitteln. Die Untersuchung von Cannabis für medizinische Zwecke ist gegenwärtig in Kalifornien nicht Pflicht, weshalb nur gesundheitsbewusste Züchter Proben abgeben. Dr. Raber verschwieg aber auch nicht, dass er im Allgemeinen nach der Analyse nichts mehr von den Besitzern der Proben hört. Daher ist es möglich, dass sie ihr Erzeugnis trotz schlechter Ergebnisse weiter verkaufen.

Am Ende seines Vortrags kam Dr. Raber zu dem Schluss, dass es einer wirksameren Re-gelung bedarf, da die momentan gültige Re-gelung keine genauen Kriterien darüber fest-legt, welche Sorten den Status “medizinisch” haben dürfen. Seiner Meinung nach bietet die Legalisierung dafür die beste Grundlage, da die Definition für therapeutisches Mari-huana immer schwammiger werde. Dr. Raber hält es nicht für angezeigt, dass jemand, der seine Schlafstörung statt mit einem starken Beruhigungsmittel mit einer “Gute-Nacht-Zigarette” behandeln will, nicht an Cannabis entsprechender Qualität kommen sollte. Die Selbstmedikation mit Marihuana sei für eine immer größere Gesellschaftsschicht typisch und verlange eine entsprechende Regelung. Nicht nur in Kalifornien, sondern überall auf der Welt.

text: Bob Arctor

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“Cannabis ist mein “Cannabis ist mein

universelles universelles

Schmerzmittel”Schmerzmittel”Claudia R. (41) lebt in Berlin-Prenzlauer Berg und

hat sich gerade als Illustratorin und Zeichnerin

selbstständig gemacht – in der Hoffnung, damit ihren

benötigten Medizinalhanf auch bald ganz legal

fi nanzieren zu können. Sie hat Krebs und ihre Leber

verträgt keine Pharmazeutika mehr – eine Folge ihrer

jahrelangen Heroinabhängigkeit.

Medijuana: Wie bist du auf Cannabis als

Medizin gestoßen?

Claudia R.: Ich kiffe schon fast 30 Jahre, und Cannabis ist rückblickend die einzige Subs-tanz, die mir mein Leben nicht versaut hat, sondern mir inzwischen sogar effektiv dabei hilft, meine Schmerzen zu lindern. Als ich im Teenageralter begann, gelegentlich Cannabis zu rauchen, war mir noch nicht klar, dass es auch intensive Heilkräfte hat – aber ich merkte schon damals, dass es mich stützt. Das war auch meine erste Berührung mit Betäubungsmitteln, obwohl ich Cannabis nie als Droge angesehen habe. Dazu muss ich sagen, dass ich 18 Jahre lang heroinab-hängig war und mir Cannabis sehr dabei ge-holfen hat, wieder davon wegzukommen. In-zwischen bin ich seit zehn Jahren clean – so lange benutze ich nun auch schon Cannabis als mein einziges und universelles Schmerz-mittel. Damit lebe ich zwar auch nicht völlig schmerzfrei, aber es gelingt mir damit zu-mindest, meine Schmerzen zu ertragen.

M: Welche körperlichen Beschwerden

behandelst du mit Cannabis?

CR: Ich hatte Hepatitis C und habe 2er, 3er und 4er Unterleibskrebs, ein kaputtes Herz, eine kaputte Leber und einen kaputtenRücken. Cannabis hilft mir daher nicht nur gegen die Schmerzen, sondern macht mir auch Appetit und mildert depressive Zustän-de und Schlafstörungen. Es schmeichelt ins-besondere meinen versteiften Rückenpartien und lässt mich wieder fast normal am Leben teilhaben. Durch meinen vormaligen Heroin- und Benzodiazepinkonsum, durch Chemo und Stammzellaufbau kann meine verfettete Leber herkömmliche Schmerzmittel gar nichtmehr verarbeiten bzw. Rückstände abbauen.

M: Könnte da nicht eine

Lebertransplantation helfen?

CR: Das schon, aber ich kriege so einfach kein Spenderorgan – begründet wird das meist damit, dass ich früher meine Leber ganz bewusst geschädigt habe. Wenn man jedoch mit 13 Jahren abhängig von Hero-in bzw. Benzodiazepinen wird und denkt, dass man das 18. Lebensjahr eh nicht mehr vollendet, denkt man schon gar nicht an Le-ber-, Krebs-, Herz- und Knochenschäden im Alter. Wir haben auch noch keine Spender-leber beantragt, denn durch Cannabis und die geheilte Hepatitis sind die Werte zurzeit eigentlich ganz gut. Und irgendwo kann ich sogar verstehen, dass die so fies reagieren – denn die kennen mich ja nicht persön-lich. Würden sie mich wirklich kennen, dann wüssten sie ja, wie positiv ich mich verän-dert habe und dass ich mich auch für andere Kranke einsetze. Bei meinem Antrag auf me-dizinisches Cannabis läuft das nun auch so ähnlich – aber ich möchte dennoch raus aus der Illegalität und Cannabis ganz legal und angstfrei als Medizin nutzen dürfen, ohne gleich stigmatisiert zu werden oder zuvor

erst mal irgendwelche charakterlichen Prü-fungen ablegen zu müssen.

M: Welche Cannabis-Applikationsform ist

für dich die geeignetste?

CR: Ich nutze – so oft es finanziell geht – Cannabisblüten vom Schwarzmarkt und Öl, welches ich selbst herstelle, da das ja prak-tisch nicht für mich zu kriegen ist. Ich habe im Internet ein Video gefunden – “How to Make Rick Simpson‘s Medicinal Hemp Oil Safely” – und dachte mir: “Okay, es kann zwar sein, dass dir die Küche in die Luft fliegt, aber du probierst das jetzt mal aus!” Es klappte, und ich fand heraus, wie effizi-ent das Öl auch in Keksen oder im Kakao funktioniert. Es war unglaublich. Zuvor hatte

ich zwar schon lange gekifft und mich auch schon für unheimlich schlau gehalten – doch nun erst lernte ich, was noch so alles mit Cannabis möglich ist. Hätte man mir vor 20 Jahren erzählt, dass Cannabis auch Medizin ist, hätte ich das mit Sicherheit nur belächelt. Heute bin ich da schon viel schlauer.

M: Du kannst dir also ausreichend

Cannabis-Öl selbst herstellen?

CR: Leider nein, denn für die Herstellung bin ich auf freundliche Gaben meines Um-felds angewiesen, und nicht immer habe ich genug Pflanzenteile für meine Öl-Pro-duktion. Wenn ich mal kein Öl gegen meine Schmerzen habe, rauche ich eben Hanfblü-ten – mal im Vaporizer, mal in der Tüte. Und

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wenn ich nicht mal Blüten zum Rauchen habe, sollte man mich besser nicht besuchen – denn wie ich dann drauf bin, möchte ich wirklich niemandem zumuten. Letztendlich ist das einfach ein finanzielles Problem – ich könnte sofort Sativex legal bekommen, aber die 500 Euro Zuzahlung pro Monat kann ich mir einfach nicht leisten.

M: Wie oft konsumierst du heutzutage deine

Medizin?

CR: Morgens schmeiße ich immer erst-mal den Vaporizer an und konsumiere dann so lange, bis ich einigermaßen ansprechbar bin. Danach trinke ich eine Tasse Kaffee und rauch’ dazu noch eine Tüte – und danach wird gefrühstückt. Vorher geht das gar nicht. Über den Tag verteilt konsumiere ich in der Regel zwei Gramm Gras und ca. ein bis zwei Gramm Öl – wenn ich gerade kein Öl habe, dann verrauche ich etwa zwei Gramm Blüten pro Tag.

M: Wenn du das höher konzentrierte Öl hast,

konsumierst du trotzdem die doppelte Menge?

CR: Ja, denn wenn man versucht, Tumore aus dem Körper zu verbannen oder auch mal wieder einen etwas schmerzfreieren Tag erle-ben möchte, muss man die Toleranzschwelle einfach nach oben schrauben. Wenn ich also gerade Öl habe, dann versuche ich, davon möglichst viel zu konsumieren – das macht es natürlich besonders schwer, wenn ich dann mal wieder kein Öl habe: Dann spü-re ich meine Schmerzen einfach wieder viel deutlicher. Von meinem Krebs sind übrigens nur noch 2er Tumore sichtbar.

M: Hast du selbst schon mal die repressive

Seite unseres Staates in Bezug auf Cannabis

kennengelernt?

CR: Ja, meine schlimmste Erfahrung mit der Polizei hatte ich hier in Berlin. Um das

nachvollziehen zu können, muss ich ein wenig ausholen: Nachdem ich vom Heroin losgekommen war, versuchte ich, möglichst vielen Menschen von meinen Erfahrungen zu berichten. Insbesondere junge Menschen wollte ich davor bewahren, Ähnliches durch-leiden zu müssen – und so schenkte ich ver-schiedenen Jugendlichen Cannabis, wenn sie denn ihr Heroin in meiner Toilette entsorg-ten. Damals kriegte ich meinen Spitznamen: “Muddi”, denn ich war für diese Jugendli-chen da und versuchte sie von der Straße zu holen – mal mit Rap-Alben, mal mit Graffiti oder anderen Workshops. Eines Abends lag ich schon im Bett, als das Telefon klingelte – einer “meiner” Kids war am Telefon: “Muddi, Muddi, darf ich bitte bei dir vorbeikommen? Meine Mutter schmeißt mich raus, wenn ich so nach Hause komme – ich habe Augen wie Teller.” Natürlich sagte ich: “Klar, komm’ vorbei!”, und dachte mir nichts weiter dabei. Irgendwann klopfte es dann an meiner Tür, und als ich öffnete, sah ich nur schwarze Masken und dachte: “Oh mein Gott, was ist denn hier los?” Kaum, dass ich das gedacht hatte, lag ich auch schon auf dem Boden. Mir wurden Haare ausgerissen, meine Beine waren auf meinen Rücken geklappt und mei-ne Arme schmerzhaft verschoben – es war wie im Film. Insgesamt hatte ich Besuch von über 30 Polizisten in meiner kleinen Ein-raumwohnung, die sogleich anfingen, alles umzugraben. Wie ich später erfuhr, hatte ein Jugendlicher, der mich nachmittags besucht und etwas bei mir zum Selbstkostenpreis er-worben hatte, auf dem Weg nach Hause im Bus ein Graffiti gemalt und war dabei vom Busfahrer gesehen worden. Der informier-te umgehend die Polizei, die dann den Bus stoppte und den Jungen herausholte – bei der anschließenden Kontrolle wurde dann ein Tütchen mit Cannabis bei ihm gefun-den. Man drohte ihm mit Jugendknast und machte ihm derartig Angst, dass der Jun-ge schließlich mit der Sprache herausrück-te und sogar noch etwas dazudichtete. Er sagte schließlich aus, dass das Gras von mir sei, denn bei mir gäbe es schließlich das al-lerbeste Zeug – dafür wäre ich in und um Berlin schon bestens bekannt. Der Junge mit den “Telleraugen” wurde dann nach seinem Eintreffen von der Polizei gefesselt auf dem Boden gehalten. Ich musste wohl erst lernen, dass hinter “gut Gemeintem” auch Dumm-heit liegen kann. Nicht nur meinerseits, son-dern auch bei teils bösartigen Menschen und der meiner Meinung nach grundrechtsverlet-zenden Gesetzeslage.

M: Wie viel Cannabis fand die Polizei damals

bei dir?

CR: Das waren so um die zwölf Tütchen mit jeweils 1,8 Gramm – und noch ein paar Reste in diversen Dosen. Das Schlimmste aber war, dass man auch Waffen bei mir fand, die ich den Jugendlichen abgenommen

hatte, wenn die im Suff bei mir waren: Pfef-ferspray, Baseballschläger, Messer und sogar eine ungesicherte Pistole. Das alles hätte ich anzeigen müssen – aber das wusste ich da-mals alles noch nicht. Ich hatte die Waffen nur eingesammelt, um irgendwelche blutige Scheiße zu vermeiden. Die Polizei strickte mir daraus eine Anzeige wegen “Dealerei mit Waffe” und “Abgabe an junge Erwachsene”. In der letzten Instanz wurde ich dann zu 15 Monaten verurteilt und kam ins Gefängnis. Allerdings musste ich diese Zeit nicht absit-zen, da ich zu Weihnachten 2009 die Diag-nose “Krebs” bekam – daraufhin wurde ich im Januar 2010 entlassen und notoperiert. Wie ich später erfuhr, konnte das Krebsge-webe dabei nicht komplett entfernt werden, weil es eine schwierig zu operierende Stelle sei – für mich brach in dem Augenblick er-neut eine Welt zusammen, und der Kampf gegen meine Dämonen ging weiter.

M: Hielt deine Familie immer zu dir, und

konntest du mit ihr auch offen über deine

Probleme sprechen?

CR: Natürlich war meine Mutter gegen meinen Heroinkonsum – ich war als Junkie auch nicht gerade einfach, sondern versuch-te mit allen Mitteln, das in der Kindheit Er-lebte zu verdrängen. Ich hatte keine wirk-lich angenehme Kindheit, denn ich wurde schon als Kleinkind häufig missbraucht und versuchte daher, das Erlebte mit verschiede-nen Drogen – inklusive Heroin und Benzo-diazepinen – zu kompensieren. Ich brauchte einfach etwas, was meinen Kopf ausschaltet. So gesehen hat Heroin, was ja häufig Leben nimmt, mir das Leben geschenkt – denn so kann ich nun über meine Erfahrungen spre-chen. Früher habe ich einfach nur so laut geschrien, dass mich gar keiner mehr gehört oder für voll genommen hat. Inzwischen ak-zeptiert und versteht selbst meine Mutter, dass Cannabis auch Medizin sein kann – und mit meinem Vater habe ich schon lange kei-nen Kontakt mehr, da der mir fast 18 Jahre meines Lebens gestohlen hat.

M: Welche Zukunft würdest du dir für die

Heilpfl anze Hanf wünschen?

CR: Ich würde mir wünschen, dass alle Menschen Zugang zu dieser Heilpflanze be-kommen – also sowohl Patienten als auch Menschen, die sich gesund und vital halten, oder aber auch berauschen wollen. Das wün-sche ich mir nicht nur, weil Cannabis medizi-nisch toll ist und mir nebenwirkungsfrei alle Medikamente ersetzt, sondern weil es auch stützt, vital macht, einen ausbalanciert und dabei auch noch die Seele streichelt. Auch für unsere Umwelt und die Wirtschaft ist Hanf sehr wertvoll – und für mich ist er ein-fach meine “Number One”.

text: Martin Müncheberg

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Epilepsie wirkt, welche Behandlungserfolge dabei zutage treten und wie diese wissen-schaftlich am besten erfasst werden kön-nen.

Die US-Behörden haben zwei klinische Studien zur Beurteilung der Wirk-samkeit von Cannabidiol (CBD) ge-

nehmigt: Es handelt sich hierbei um ein nicht psychotropes Pflanzencannabinoid, welches bei der Behandlung von therapieresistenten Kindern mit Epilepsien helfen soll. Der Begriff “Epilepsie” gilt für mehr als 40 verschiedene Anfallsleiden, von denen einige recht spezifi-sche Ursachen haben.

Die beiden von der FDA genehmigten Stu-dien werden an der Medizinischen Fakultät in New York und an der Universität von Kali-fornien in San Francisco durchgeführt – hier erhalten jeweils 25 Patienten identische CBD-Zubereitungen zur Behandlung ihrer pädiat-rischen Epilepsie. Diese CBD-Zubereitungen werden von dem britischen Unternehmen GW Pharmaceuticals bereitgestellt, welches auch andere Medikamente auf der Basis von Cannabisextrakten (inklusive Sativex) produ-ziert. Das nun zu testende CBD-Medikament wurde Epidiolex genannt und eine Zulassung wird nach einem erfolgreichen Abschluss der Studien von der Fachwelt erwartet. Es sind zwei verschiedene Varianten von Epidiolexgeplant: 25 Milligramm und 100 Milligramm pro Milliliter.

Geoffrey Guy, der Vorstandsvorsitzende von GW Pharmaceuticals, erwartet, dass die CBD-Studien dazu beitragen werden, bes-ser zu sehen und zu verstehen, wie CDB bei

Studien zur Behandlung von Epilepsie mit CBD

Dr. Wai Liu erklärte: “Diese Substan-zen sind in der Lage, die Entwicklung von Krebszellen zu beeinträchtigen, sie auf ihrem Weg zu stoppen und sie am Wachstum zu hindern. In einigen Fällen können sie durch die Verwendung spe-zifischer Dosierungsmuster Krebszellen zerstören. In einer Kombination mit ver-fügbaren Behandlungsverfahren könn-ten wir einige hochwirksame Strategien für die Krebstherapie entdecken.” Die Studie untersuchte unter anderem Can-nabidiol (CBD), Cannabigerol (CBG) und Cannabigevarin (CBGV).

Neue Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass nicht allein psy-chotrope Cannabinoide der Can-

nabispflanze wirksame krebshemmende Mittel sein können. Die krebshemmen-den Eigenschaften von THC, dem primä-ren psychotropen Bestandteil von Can-nabis, werden bereits seit vielen Jahren wissenschaftlich anerkannt. Die neue Krebsstudie wurde nun durch ein Team an der St. George‘s Universität in London mit Leukämiezellen durchgeführt. Das

Team unter der Leitung von Dr. Wai Liu und seinen Kollegen führte Laborunter-suchungen mit einer hohen Anzahl von Cannabinoiden durch – sowohl einzeln, als auch in Kombination mit anderen. Von den so untersuchten Cannabinoiden wies jedes mindestens so starke krebs-hemmende Eigenschaften wie THC auf. Bemerkenswerterweise wiesen sie sogar eine verstärkte Wirkung auf die Krebs-zellen auf, wenn sie miteinander kombi-niert wurden.

Cannabinoide in der Krebsforschung

MEDI+GREEN

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“Dem Ganja verdanke “Dem Ganja verdanke

ich mein Leben”ich mein Leben”Cannabis Social Club in Slowenien

Bisher lebte ich in dem Glauben, dass es Cannabis Social Clubs (CSC) vorläufi g nur in

Spanien und Belgien gibt, hauptsächlich als Züchtergemeinschaften rekreativer

Konsumenten. Ich staunte nicht schlecht, als ich auf der Cultiva über den Stand des

Slowenischen Sozialen Hanfklubs (SKSK) stolperte. Im Gespräch mit dem

Vorsitzenden des Klubs stellte sich heraus, dass sie im Gegensatz zu dem belgischen

und spanischen Modell Therapiepatienten versorgen – und das bei einem

vollständigen Verbot des Hanfkonsums.

MEDIZIN

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Medijuana: Wann ging der SKSK (Slovenski

Konopljin Socialni Klub) an den Start und aus

welchem Motiv heraus wurde er gegründet?

Jaka Bitenc: Der Klub entstand 2010 in Ljubljana, anlässlich einer eigentlich öko-nomischen Demonstration, aber offiziell be-gannen wir erst 2011 unsere Aktivitäten. Die Grundidee war, den Kranken, die eine vom Gewohnten abweichende Therapiemetho-de suchen, eine Alternative neben den vom Arzt verschriebenen Medikamenten zu bie-ten. Mit ein paar Sozialarbeitern, Studenten und Aktivisten scharten wir eine Gruppe von Patienten um uns, die Hanftherapien of-fen gegenüberstanden, und gründeten den SKSK. 2012 wurde die Regierung auf unsere Aktivitäten aufmerksam.

M: Demnach ist der SKSK kein klassischer

spanischer Cannabisklub (bei dem es in

erster Linie um den Konsum geht), sondern

ihr versucht ausdrücklich, die Bedürfnisse

der Kranken zu befriedigen. Steht dahinter

irgendeine persönliche Motivation?

JB: Ich selbst bin Konsument von thera-peutischem Marihuana. 1991 wurde bei mir eine Zuckerkrankheit diagnostiziert und in meinem Fall sprach das Cannabis am bes-ten an. Ich hatte das Gefühl, dass ich das Wissen verbreiten muss und den Menschen zu einer wirkungsvolleren Therapiemethode verhelfen kann.

M: Was sagt das Gesetz in Slowenien über

den Besitz und die therapeutische Anwendung

von Cannabis?

JB: Ähnlich wie in den Gesetzen der üb-rigen Balkanländer ist jede Aktivität in Ver-bindung mit Cannabis verboten. Das größte Problem ist, dass nicht einmal die Kranken Cannabis zum Eigengebrauch anbauen dür-fen. Mit Fachleuten zusammen haben wir eine Unterschriftensammlung gestartet, um das Gesetz zu ändern. Das haben wir schon letztes Jahr versucht, da kamen 1.800 Un-terschriften zusammen, aber wir müssen mindestens 5.000 Namen haben, damit der Antrag ins Parlament kommt. Das klingt vielleicht nicht viel, aber Slowenien hat ins-gesamt 2 Millionen Einwohner. Dafür haben wir zwei Monate zur Verfügung. Bis zum 2. Dezember müssen wir die Liste abgeben. Ich hoffe, wir haben Erfolg.

M: Wie habt ihr angefangen, den Klub

aufzubauen? Habt ihr die spanischen und

belgischen Modelle studiert, oder habt ihr

lieber eure eigenen Vorstellungen umgesetzt?

JB: Zweimal waren wir bei dem Leiter des ENCOD, bei Joep Oomen in Antwerpen, im Klub Trekt Uw Plant (siehe unser Arti-kel über den Klub und das belgische Modell in der Medijuana-Ausgabe vom September 2013 – Der Red.), dann haben wir uns in Spanien und Holland umgeschaut. Unser Klub ist insofern anders, als wir nur für The-rapiepatienten tätig werden können. Das ist

in erster Linie den slowenischen Gesetzen zu verdanken. Wenn es gelingt, diese zu verän-dern, möchten wir einen Klub ähnlich dem CSC in Barcelona gründen, wo der Beitrag, den die rekreativen Konsumenten zahlen, so kalkuliert ist, dass die Patienten, die aus-schließlich medizinische Sorten brauchen, 80 Prozent billiger kaufen können.

M: Wie viele Mitglieder hat der Klub

gegenwärtig?

JB: Mehr als fünfhundert. Die sloweni-sche Staatsbürgerschaft ist keine Bedin-gung, daher haben wir Mitglieder aus dem ehemaligen Jugoslawien, Russland und ganz Europa.

M: Ist die Klubmitgliedschaft hier auch

ähnlich wie bei den spanischen Klubs an einen

Jahresbeitrag gebunden?

JB: Nein, bei uns hat jeder freien Zutritt. Jeder kann kommen, aber an der “Versor-gung” nehmen nur Therapiepatienten teil. Da die Zucht zu medizinischen Zwecken

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MEDIZIN

auch verboten ist, können die Kranken kein Marihuana bekommen, sondern nur Canna-bisöl und -creme nach der Methode von Rick Simpson (siehe das Interview mit Rick Sim-pson in der Medijuana-Ausgabe vom März 2012 – Der Red.). Vor drei Jahren konnten wir einen Milliliter Cannabisöl für 50 Euro verkaufen; der Preis hat sich heute auf 70 Euro erhöht.

M: Wie sieht euer Klub aus? Gibt es einen

Gemeinschaftsraum wie bei den spanischen

CSCs?

JB: Nein, wir haben überhaupt keine Räume. Unsere Tätigkeiten spielen sich an einem öffentlichen Ort in der Hauptstadt Ljubljana ab – da treffen wir uns regelmä-ßig und geben beispielsweise den Kranken Informationen. Gleichzeitig sitzt mir die Po-lizei gegenüber, mein Telefon wird abgehört –, aber was kann ich machen? Das Ganja ist mein Leben, dem Ganja verdanke ich, dass ich noch am Leben bin.

M: Welche Kranken kommen am häufi gsten

in euren Klub?

JB: Es gibt viele Patienten, die an Krebs und multipler Sklerose leiden, außerdem sind Glaukom, Zuckerkrankheit, Depressio-nen und andere mentale Krankheiten häu-fig. Cannabis kann man bei der Behandlung von etwa 100 verschiedenen Krankheiten anwenden, das sagt die Wissenschaft. Wir glauben, dass es bei 600 verschiedenen Krankheiten wirksam sein kann, aber man muss die entsprechende Anwendungsme-thode kennen: Manchmal muss man es oral zu sich nehmen, manchmal rektal oder in Form von Creme über die Haut. Das sind al-les mögliche Anwendungsweisen.

M: Wie sieht die Behandlung aus?

JB: Zuerst präsentieren die Kranken ihre ärztliche Diagnose. Obwohl ich kein Arzt bin, muss ich wissen, womit ich konfron-tiert bin. Dann sagen wir im Rahmen einer Konsultation, wie das Öl auf die einzelnen Organe und den Blutdruck wirkt und wel-che weiteren Wirkungen vom Genuss zu erwarten sind. Danach machen wir mit den Konsumarten und den übrigen Veränderun-gen der Lebensweise bekannt, beispielswei-se mit einer Diät, die die Wirkung der Kur sicherstellt. Wegen der anfangs ungewohn-ten Wirkung empfehlen wir gewöhnlich, das Öl abends vor dem Schlafengehen zu neh-men.

M: Welche Reaktionen bekommt ihr von

euren Patienten?

JB: Es ist uns gelungen, das Befinden vie-ler Patienten zu verbessern, darunter waren auch Patienten mit Geschwüren. Wir haben eine Gruppe, die ständig in Slowenien he-rumreist und über die therapeutische An-wendung von Cannabis informiert. Den Patienten, die kein Geld für das Öl haben, können wir automatisch blühende Samen beschaffen, durch die sie dann mit ein wenig

Arbeitsaufwand innerhalb von zwei Mona-ten ihr eigenes Öl haben.

M: Erkennt das slowenische Gesetz

Krankheiten an, bei denen Cannabisöl

verwendet werden darf?

JB: Nein, nach dem slowenischen Gesetz gehört Cannabis in die Gruppe der gefähr-lichsten verbotenen Stoffe, zusammen mit dem Heroin, und es hat keine vom Gesetz anerkannte Heilwirkung. Prinzipiell darf es gar nicht benutzt werden. Wir müssen das Gesetz ändern und das Cannabis aus dieser Kategorie herausnehmen.

M: Habt ihr noch keine Probleme mit der

Polizei gehabt?

JB: Vorläufig nicht, aber vielleicht habe ich nur Glück. Ich tue so, als ob es legal wäre, und drehe vor den Augen der Polizei einen Joint. Ich bin permanent krank, 24 Stunden am Tag, ich habe keine Wahl. Es kommt nicht vor, dass ich zwei Stunden lang nicht krank bin, und dann wieder. Ich bin zucker-

krank, und ich brauche mein Medikament. Die Polizei hat sich noch nicht über das Öl hergemacht, aber man liest jeden Tag in den Nachrichten von Beschlagnahmungen und eingeleiteten Verfahren. Das können wir nur ändern, wenn wir den Medien das Thema nahebringen und sie dafür sensibilisieren. Über sie gelangen nämlich die Informatio-nen zu den Menschen.

M: Welche Pläne hast du für die Zukunft?

Möchtest du noch weitere Klubs gründen?

JB: Ich glaube, nein. Am liebsten wäre es mir, wenn es für solche Klubs überhaupt kei-nen Grund gäbe, wenn das Gesetz es ermög-lichen würde, dass die Leute für sich selbst anbauen, egal ob aus therapeutischen oder rekreativen Gründen. Das wäre alles.

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text: Tomas Kardos

photos: Gergely Vaska

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MEDIZIN

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Natürliche SelbstmedikationNatürliche SelbstmedikationOhne Symptome und Schmerzen: mit Cannabis

Ein im letzten Jahr

eröffneter Wiener Grow-

shop zog nicht nur

unsere, sondern auch die

Aufmerksamkeit vieler

Züchter auf sich, da er

von Anfang an Patien-

ten, die therapeutisches

Cannabis nutzen, in den

Fokus stellte. Zunächst

war das nur der

theoretische Anspruch,

dann aber nahmen die

Dinge Form an. Wir

konnten beobachten, wie

der neue Laden für die

Käufer gestaltet wurde,

und stolperten uner-

wartet auf immer mehr

Medizinalcannabispati-

enten. Einer von ihnen,

Ferdinand, erzählte uns

von seinem Leidensweg.

Und warum wir unser

Gespräch ausgerechnet

im Future Grow führten,

wird dann auch klar.

Wie sich herausstellte, reicht die Ge-schichte ein Jahrzehnt zurück. Da-mals war Hanf in Österreich noch

vollkommen illegal. Ferdinand hatte damals auch andere Mittel ausprobiert, beispiels-weise Heroin, aber seit 2005 ist er vollkom-men clean. “Das war nur mit einer langen Methadonbehandlung gelungen, heute sage ich, zum Glück. Das ging nur unter ständiger ärztlicher Aufsicht, wobei sich ständig Pro-bleme für mich ergaben. Meine Zähne wa-ren sehr schlecht, wurden locker und fielen später aus. Schließlich hatten die Zahnärzte den Verdacht auf ein Geschwür und es stellte sich heraus, dass dies wirklich die Folge ei-nes Tumors war. 2006 wurde ich dann ope-riert, ohne dass man eine andere Therapie versucht hätte. Sie entfernten den Tumor, aber zwei Monate später war er wieder da. Es folgte eine weitere Operation, doch der Tumor tauchte wieder auf.”

Die Ärzte empfahlen neben den Operati-onen eine Chemotherapie. “Cannabis wurde natürlich nicht erwähnt. Aber ich hatte da-mals schon persönliche Erfahrungen. Noch als Opiatabhängiger bemerkte ich, dass ich mit einem Cannabisextrakt viel weniger Mor-phium brauche. Später hatte ich außerdem kaum noch gegessen, weil dir vom Morphium vollkommen der Appetit vergeht. Der paral-lele Konsum von Cannabis hilft da auch.”

Heute werden Bulimiepatienten (chro-nische Magersucht) in vielen entwickelten Ländern mit Cannabis behandelt. In Kana-

da, Israel und Tschechien ist das ein abso-lut akzeptierter Bestandteil der Medizin. In Ferdinands Fall reduzierte das Cannabis die Menge des benutzten Morphiums und besei-tigte seine Appetitlosigkeit. Damals wusste er noch nicht, dass er inzwischen Eigenbehand-lung betrieb und Cannabis zur Schadensbe-grenzung anwendete.

Klarheit konnte er sich erst viele Jahre spä-ter verschaffen, als er im Krankenhaus nach seiner zweiten Operation mit dem Oberarzt sprach. “Ich fragte, warum sie sofort operie-ren müssen. Der Krebs muss doch eine Ur-sache haben, die gefunden werden müsste. Den nächsten Operationen stimmte ich nicht zu und nahm die Risiken auf mich”, erzählt er. Der Oberarzt der Neurologie empfahl ihm unter der Hand, einen Wiener Arzt namens Dr. Kurt Blaas aufzusuchen. “2006 war Dr. Blaas der Einzige in Österreich, der Canna-bis innerhalb der Therapie benutzte. Heute verschreiben es mindestens zehn Ärzte, aber damals war er der Einzige, und ich brauchte ihn. Wir kamen überein, dass ich Dronabinol probiere. Aber eine Schachtel, 20 Kapseln, kosteten 270 Euro. Das konnte ich nicht be-zahlen. Also bat ich ihn um ein Rezept, für den Fall, dass man aus irgendeinem Grund eine Blutprobe bei mir macht, damit ich den hohen THC-Gehalt im Blut erklären kann. Und seitdem benutzte ich nur Cannabis.”

2006 begann er – zuerst “unter ärztlicher Aufsicht”, dann selbstständig – die Canna-bistherapie, die er bis heute fortsetzt. Das

text: Herb Schoenheit von Vogelsang

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Geschwür kam nicht wieder; nach ein paar Jahren war er symptomfrei. Nach seiner Ansicht aber ist viel mehr geschehen: “Da-mals studierte ich alle erhältliche Literatur und kalkulierte meine Möglichkeiten. Mein ganzes Leben und meine Ansichten verän-derten sich. Vom Einkauf über die Ernäh-rung bis zum Verkehr, alles. Heute kaufe ich nur noch hier in der Nähe gezüchtete Sachen. Ich komme aus der Stadt, aus der Welt der Autos, und begann nun, die Na-tur wahrzunehmen. Ich denke ganz anders, seitdem ich begonnen habe, einen Teil der Pflanzen, die ich konsumiere, selbst zu zie-hen oder wenigstens diejenigen zu kennen, die sie anbauen – egal, ob das Cannabis ist oder Rüben.”

Bevor aber jemand anfängt, daran zu glauben, wie großartig das ist, und dass jeder sich selbst versorgen können sollte, stellt sich schon heraus, dass man nicht einmal zur Be-handlung einer Krankheit legal anbauen darf. “Ich baue seit 2006 Hanf an. 2010 war zum ersten Mal die Polizei bei mir, weil jemand mich angezeigt hatte, statt bei mir anzu-klopfen und mit mir zu sprechen. Natürlich fanden sie auf dem Balkon meine vier klei-nen Pflanzen. Ich sprach mit ihnen, erzählte ihnen meine Geschichte und zeigte ihnen die Morphiumrezepte. Darauf sagte auch der Polizist, dass ich seiner Meinung nach lieber das Cannabis vom Balkon benutzen solle. Ich hatte schon früher den Eindruck gehabt, dass die Behörden das Hanf nicht als Medikament betrachten. Ich war mir bewusst, dass das so nicht legal ist. Aber ich hatte deswegen noch nie etwas mit der Polizei oder dem Gericht zu tun gehabt. Damals haben sie natürlich alles fotografiert und mitgenommen. Ich half ihnen bei allem, gab ihnen die Daten, die sie wollten: Telefonnummer, Internet-zugang (erfahren sie sowieso, wenn sie das wollen). Aber ich wollte, dass sie sehen, dass ich mit offenen Karten spiele. Mit mir kann man über alles reden, nur nicht darüber, dass ich statt Cannabis eine Chemotherapie wähle oder mich immer wieder operieren lasse. Aus anderen Gründen nehme ich schon lange keine Drogen mehr.”

Natürlich kämpfen viele Menschen wie Ferdinand dafür, die Situation zu verändern. Patienten, die nicht alles vorbehaltlos ak-zeptieren, nur weil es in einem Krankenhaus gesagt wird, können viel tun. Wenn sie das Cannabis zur Behandlung ihrer Krankheit benutzen, dann schadet ihre Tat weder ihnen selbst noch ihrer Umgebung. Wenn nieman-dem ein Schaden zufügt wird, wofür sollte dann jemand zur Verantwortung gezogen werden?

Als wir anfingen, mit Ferdinand über die Sorten zu sprechen, die er bevorzugt, stellte sich heraus, dass wir einem erfahrenen Pa-tienten gegenübersitzen – nicht nur, was die gezüchteten Sorten anbelangt, sondern

auch hinsichtlich der Konsummethoden. “Über die Cannabissorten und die Zucht-verfahren könnte ich stundenlang erzählen. Je länger du züchtest, desto mehr erfährst du über sie und es ist umso interessanter, je mehr Details sich dir auftun. Aber das ist ja fast überall so”, sagt er. “Über die Jahre habe ich viele verschiedene Phänotypen und Sorten ausprobiert, gegenwärtig züchte ich MK-Ultra beziehungsweise G13, OG Kush, beide benutze ich zur Schmerzlinderung. Ich habe ein Zuchtzelt von einem Quadratmeter und vier bis sechs Pflanzen, die ich aus Sa-men gezogen habe. Ich habe zwei Ernten pro Jahr, etwa 80 bis 250 Gramm pro Pflanze, was meinen Bedarf abdeckt.”

Hinsichtlich der Konsummethode bevor-zugen die meisten Therapiepatienten nicht das Rauchen, das ist eher das Gebiet der re-kreativen Konsumenten. Bei einigen Krank-heiten sind zur wirkungsvollen Behandlung solch hohe Tagesdosen nötig (bis zu 15 bis 20 Gramm), die man durch Rauchen gar nicht konsumieren kann. Die Mehrheit der Patienten nimmt den Wirkstoff in Lebens-mitteln, mithilfe eines Inhalators oder in Form eines Extrakts zu sich. “Es gibt sehr verschiedene Arten, Cannabis einzunehmen.

Für mich haben sich die Extrakte am besten bewährt, die ich selbst herstelle. Die Blüten-stände lasse ich vier Wochen lang in 96%-igem Alkohol weichen und das Extrakt tropfe ich in alle möglichen Getränke zum Konsum. Der Vorteil der Tropfen ist beispielsweise, dass sie unauffällig sind und man sie über-all einnehmen kann. Zu Hause benutze ich auch den Vaporisator, aber wenn ich unter-wegs bin, kann ich nicht inhalieren. Die Be-nutzung von Verdunstern ist schwierig, aber die Tropfen sind bequem. Die zweite Frage ist die Dosierung. Die Extrakte kann ich mit gleichbleibender Stärke herstellen und mit-tels der Tropfen kann ich die Dosierung auch genau vornehmen. Zehn Tropfen am Tag,

das ist überall machbar, man braucht nur ein Glas Wasser dazu.”

Ferdinand lebt in Wien, allein. Seine Fa-milie hat sich an seine Lebensweise und seine Selbstmedikation gewöhnt und akzep-tiert sie, wie er es ausdrückt. “Im Blut blei-ben immer noch Krebszellen, auch nach der Operation. Es ist natürlich nicht egal, wo das Geschwür sitzt, aber das Cannabis bietet die Chance einer Hilfe. Zwischen 2006 und 2008 habe ich halbjährlich mein Blut untersuchen lassen, und es gab immer eine Entzündung, obwohl ich damals schon mit der Hanfthe-rapie begonnen hatte. Zum ersten Mal frei von Entzündungen war ich 2009. Ich hatte zwei Chemotherapien, als ich operiert wurde, danach habe ich damit aufgehört. Mir blieb ein wenig Haar, aber am Ende war ich total fertig. Ich kann nicht behaupten, dass die Entzündungen hundertprozentig durch das Hanf zurückgegangen sind. Aber es ist si-cher, dass er dabei eine Rolle gespielt hat.”

Für die Patienten ist nicht nur die Canna-binoidzusammensetzung der Sorten wichtig, sondern auch die konstante Qualität und – weil das Cannabis nicht geraucht wird, was die Bakterien vernichten würde, – auch die Reinheit. Diese könne man durch optimale

Bedingungen bei der Zucht erreichen, erklärt Ferdinand. “Roman, den Geschäftsbesitzer, kenne ich schon lange. Ich wusste, dass er auch Cannabispatient ist und daher genau weiß, wie wichtig die konstante Qualität ist. Als er das Geschäft eröffnete, habe ich nicht einmal darüber nachgedacht – es schien selbstverständlich, dass ich hier einkaufe – Samen, Dünger und andere Utensilien. Als Patient bekomme ich 20% Rabatt. Hier gibt es alle Marken, es gibt keine Massenproduk-te, aber vieles, was speziell ist und mit gro-ßer Aufmerksamkeit ausgewählt wurde. Die Sachkenntnis ist ein sehr bedeutender As-pekt. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich auch zum Arbeiten hierher kommen.”

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Diese massive subtropische Sativa ist nach der südafrikani-schen Hafenstadt Durban benannt. Sie war die dominante Sorte von „Dagga” – der Stoff, der seit Menschengedenken

in den umliegenden Hügeln und Ebenen wächst. Der Genotyp wird von einheimischen Pflanzern bevorzugt, da er viel Ertrag und gleich-mäßig verlässliche Ernten bietet – in der ganzen Region werden Jahr für Jahr Tausende Kilo der dunklen, unverwechselbaren Durban-Buds hergestellt. Die Tatsache, dass Durban der größte und wichtigs-te Hafen von ganz Afrika ist, trägt dazu bei, dass ein ordentlicher Teil der Ernte Konsumenten auf anderen Erdteilen erreicht, und darum ist auch das Cannabis, welches nach diesem Gebiet benannt ist, die mit Abstand bekannteste Sorte Afrikas.

Sensi Durban vereinigt alle diese Qualitäten in einer Form, die im gemäßigten Norden genauso gut gedeiht wie in den tropischen Zonen ihrer ursprünglichen Heimat. Unsere akklimatisierte Durban ist eine der reinsten Sativa Samenlinien, die man heute bekommen kann. Sie unterscheidet sich maßgeblich von den großen, spindligen

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Durban®

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und super-sensiblen Sativas, die man näher am Äquator findet. Dur-ban zeigt schwere Beastung, ist robust, und sie kann sogar in richtig schlechten Sommern wunderliche Ernten mit glänzenden, klebrigen Buds mit einem sehr deutlichen Aroma von Limone und Anis erge-ben.

In ihrem Heimatland nennt man diese Sorte ”Durban Poison” (Dur-ban Gift), wenn sie bis ans Limit ihres Potenzials wachsen kann. Na-türlich ist Durban genauso wenig toxisch wie jede andere Hanfpflanze, aber wegen ihrer absolut ungewöhnlichen Power und dem Rush, der fast sofort einsetzt, soll es ab und zu etwas weniger geübte Raucher gegeben haben, die dadurch leicht aus der Ruhe gebracht wurden. Viele Leute beschreiben eine völlig einmalige Wirkung beim Konsum von Durban, die man vielleicht als ”narkotische Sativa” beschreiben könnte. In größeren Dosen kann Durban zu einem träumerischen High mit roten Augen führen, welches den Raucher aber nicht runterzieht oder schlapp macht und auch nicht wie ein Schlafmittel wirkt, wie das bei vergleichbar starken Indicas der Fall ist.

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MEDIZIN

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Ausgezeichnete natürliche Sorten aus Thailand und Afgha-nistan vertreten als Sativa- und Indica-Genotypen die beiden Enden des psychoaktiven Cannabisspektrums.

Das perfekte Gleichgewicht zwischen einer reinen Afghani Indica und einer puren Thai Sativa herzustellen, war eine sehr zeitaufwen-dige Aufgabe. Viele Versuchsreihen, fortwährende Selektion und die Untersuchung von Tausenden von Samen und Nachkommen waren nötig, um die ideale Kombination von Elternpflanzen für diese Sorte zu finden. Erst im Jahr 1995 gelang es, die zwei speziellen Individuen zu isolieren, welche die Fusion aus Indica- und Sativa-Qualitäten, die Sensi Seeds erwartete, gleichbleibend produzieren würden.

Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen: die prächtige Sensi Seeds-Sorte Fruity Juice, eine Thai-Afghani-Hybride von makelloser Herkunft, die sowohl ihr Indica- als auch ihr Sativa-Erbe kräftig zum Ausdruck bringt. Fruity Juice ist eine großblättrige, dickstämmige Energiebombe. Sie ist eine Pflanze, die vor lauter Geruch, Kraft und

Fruity Juice®

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Hybrid-Energie in die Luft zu gehen scheint. Besonders unter Lampen kann sie eine erstklassige Produzentin sein. Aber auch wenn sie kleiner gehalten wird, was viele Indoor-Züchter bevorzugen, bringt sie gute Er-träge. Wenn man sie in einem sonnigen Gewächshaus oder im Freiland unter dem Breitenkreis 42° Nord anbaut und sie bis zu ihrer vollen Grö-ße von zwei bis drei Metern auswachsen lässt, kann Fruity Juice wirklich erstaunliche Ernten von fließenden, superdichten Clustern mit Blüten ergeben, die vor Aroma, Geschmack und Potenz nur so strotzen.

Gut gezüchtet, ergibt Fruity Juice Buds, die vor lauter klebrigem Harz ganz glitschig sind, und die einen einzigartigen Geruch verströmen, der einem aber doch irgendwie bekannt vorkommt. Kurzum: Man muss sie rauchen, um es zu glauben.

Neben der Geschmacksbezeichnung, die angesichts des Namens auf der Hand liegt, ist wohl die beste Beschreibung für das tropische Bou-quet der Fruity Juice, die uns bis jetzt zu Ohren kam, “tropischer Char-ras”.

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The Double Dutch storyThe Double Dutch storyEin schlafender Riese – vom Doc erwecktEin schlafender Riese – vom Doc erweckt

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Durch den Zusammenschluss mit Ma-gus Genetics vor zweieinhalb Jahren erlangte Serious Seeds eine Reihe von

genetischen Schätzen, die ihr ohnehin super-bes Sortiment an feinsten Grassorten weiter bereicherten. Einer dieser Schätze ist Double Dutch, eine 60/40 bis 70/30 Indica/Sativa-Sorte, gezüchtet aus der früheren Magus Genetics-Flaggschiffsorte Warlock (Skunk x Afghan) und Serious Seeds’ eigener Chronic (in ihrer ursprünglichen Version, die Magus-Züchter Gerrit damals mit freundlicher Ge-nehmigung von Serious Seeds verwendet hatte – bei Double Dutch handelt es sich also teilweise um die Heimkehr einer Serious-Sor-te). Mit ihrem honigsüßen Aroma und dem den Kopf aktivierenden High, aber auch dank ihres sehr hohen Ertrags war Chronic ein per-fekter Kreuzungspartner für Warlock, denn sie verbesserte deren “lediglich gutes” Er-tragspotenzial und milderte ihr scharfes Aro-ma sowie ihre fast schon zerstörerische In-dica Stone-Wirkung ab. Das Ergebnis ist ein starkes und komplexes, aber gut ausbalan-ciertes High, das sowohl kopfbezogene (Sati-va-Kick) als auch physische (schweres Indica-Körperfeeling) Effekte bewirkt, befeuert von einem THC-Gehalt von 15 bis 18 Prozent. Stark von Chronic beeinflusst, verströmen die Buds einen fruchtigen, an Wildblumen erinnernden Duft. Double Dutch benötigt 55 bis 65 Blütetage bis zur Reife und liefert am Ende gewaltige Mengen an trockenen Buds, pro Quadratmeter 500 oder sogar bis über 600 Gramm. Im Sämlingsstadium und in der vegetativen Phase zeigt sie ihre Indica-Genetik mit breiten Blättern und kräftigen Stängeln, wobei die Pflanzen allerdings ein buschiges Wachstumsmodell an den Tag legen, mit dynamischem Seitentriebswachs-tum. Im Verlaufe der Blüte produziert Dou-ble Dutch riesige Sativa-dominante Buds mit einem hohen Blüten/Blätter-Verhältnis, deren Struktur an jene Warlock-typischen langgezogenen “Popcorn-Cluster” erinnert. Laut Serious Seeds funktioniert diese Sor-te gleichermaßen gut in Erd-, Coco- oder Hydromedien. Für Stecklinge empfehlen sie eine Wachstumszeit von 7 bis 14 Tagen, für aus Samen gezogene Pflanzen ungefähr 35 Tage. Da sie unter natürlichem Licht im Ok-tober zur Reife gelangt, kann Double Dutch auch erfolgreich outdoors angebaut werden und soll hier eine gute Schimmelresistenz beweisen.

Diese tolle Kombination zweier herausra-gender holländischer Sorten dominierte den ICMag Cup 2007, als sie auf triumphale Wei-se sowohl den Growers als auch den Breeders Cup gewann. Und sie verbuchte den dritten Platz in der Outdoor-Kategorie des Highlife Cup 2006 für sich. Aber es bräuchte weit-aus mehr Auszeichnungen, um die Premi-umqualität und das riesige Potenzial von Double Dutch angemessen zu reflektieren.

Zwar erfreut sich diese Sorte natürlich vie-ler Fans, aber meiner Meinung nach hat sie das Zeug dazu, eine sogar noch viel größere Rolle in der weltweiten Grow-Gemeinde zu spielen, auch und ganz besonders im kom-merziellen Sektor. Deshalb betrachte ich sie als schlafenden Riesen ... und in freudiger Erwartung wollte The Doc diesen Riesen in seinem Grow-Raum erwecken. Für diese Mis-sion verwendete er fünf feminisierte Double Dutch-Samen. Dieses Mal pflanzte er sie di-rekt in 11-Liter-Töpfe, befüllt mit The Doc’s Mix aus Plagron-Erde plus 5% Blähton und Hornspänen. Nach zweieinhalb Tagen hatten sich bereits alle “Köpfchen” über der Erde gezeigt, blitzschnell. Unter zwei 600–W-MH-Lampen und einer 400-W-HPS-Lampe war das vegetative Wachstum lebhaft und stark, zudem bemerkenswert einheitlich. Die fünf Pflanzen entwickelten sich zu kompakten, reichverzweigten Pflanzen mit kurzen Inter-nodien, was eine ideale Basis für schweren Blütenbesatz und eine reiche Ernte bildete. Nach 30 Tagen in der vegetativen Phase, bei Höhen von 40–50 cm, leitete The Doc die Blüte ein, indem er die tägliche Lichtperiode von 18/6 auf 12/12 verkürzte. Die Pflanzen

brauchten nur fünf bis sechs Tage, um ihr weibliches Geschlecht zu offenbaren. Als sie sich zweieinhalb Wochen in Blüte befanden, hatten sich entlang der Zweige die ersten kleinen “Röschen” gebildet, wobei nun ein starker Streckungseffekt eingesetzt hatte. Eine Woche später berichtete The Doc: “Wie erwartet, strecken sich die Pflanzen weiter-hin, sehen aber immer noch kompakt und buschig aus. Eine von ihnen scheint deutlich höher zu wachsen als die anderen. Die Blüte ist nun voll in die Gänge gekommen.”

Nach fünf Wochen Blüte fuhr er fort: “Sie strecken sich immer noch etwas, fast alle Pflanzen haben ihre Höhe mittlerweile mehr als verdoppelt. Mit viel Dynamik werden die Buds groß und klobig, und es befinden sich bereits ansehnliche Mengen an Harz auf ih-nen. Es hat sich herausgestellt, dass das Blü-temuster von drei der Pflanzen einen etwas stärkeren Sativa-Einfluss aufweist als das der anderen beiden. Aber großartigerwei-se haben sie alle ein sehr hohes oder hohes Blüten/Blätter-Verhältnis.” Eine Woche spä-ter war der Streckungseffekt definitiv zum Erliegen gekommen. Als acht Blütewochen absolviert waren, notierte The Doc: “Die

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Blütennarben haben angefangen zu welken, die Pflanzen befinden sich nun auf der Ziel-geraden Richtung Reife. Wow, diese Double Dutch-Buds sind einfach nur beeindruckend: So groß, dicht und vielzählig, es ist eine reine Freude, diese schwer mit Blüten beladenen Pflanzen anzuschauen und auch an ihnen zu riechen, da von ihnen ein wunderbar süßer Duft ausgeht, etwas fruchtig und mit ei-ner Wildhonig-Note versehen. Und auch ihr Harzbesatz stellt mich mehr als zufrieden, sogar größere Blütenblätter sind zur Gänze mit Harzdrüsen besetzt, was angesichts die-ser Massen von großen Tops bedeutet, dass ich am Ende reichlich harziges Blattmaterial für die Haschproduktion erhalten werde! Der Anfang des von Serious angegebenen Reife-fensters von 55 bis 65 Tagen ist nun aller-dings bereits erreicht, und es ist offensicht-lich, dass einige der Pflanzen etwas darüber hinausgehen werden. Aber wen interessiert es, wenn man Pflanzen hat, von denen ein jeder träumt?” Und so waren drei der Pflan-zen nach 66 Tagen reif, die anderen beiden gingen noch eine Woche in die Verlänge-rung. “Was das Warten wert war”, berichtete The Doc, “weil sie in der letzten Woche noch weiter angeschwollen sind und ein letzter Extra-Schuss Harz ausgestoßen wurde. Die Pflanzen haben sich am Ende bei Höhen von 84, 89, 92, 93 und 118 cm eingependelt und sind vom Boden bis zur Spitze mit fantasti-

schen Buds gespickt. Eine Vielzahl von lang-gezogenen Seitentrieben vereinigt sich zu horizontalen Plateaus, die mit eindrucksvoll großen Seiten-Colas bestückt sind.”

Dank des hohen Blüten/Blätter-Verhält-nisses der Pflanzen ging die Erntearbeit leicht vonstatten, obwohl eine große Anzahl von Buds verarbeitet werden musste. Ange-sichts dieser gewaltigen Bud-Mengen war The Doc sehr optimistisch gewesen, dass auch der Trockenertrag sehr üppig sein wür-de, aber als er die getrockneten Buds einige Wochen später wog, wurden seine hohen Erwartungen noch übertroffen: Die fünf Pflanzen hatten zusammen 610 Gramm feinster Double Dutch-Buds produziert, ge-waltige 122 Gramm pro Pflanze im Durch-schnitt. “Und sie waren ja nur 30 Tage in der vegetativen Phase statt wie von Serious empfohlen 35 ...”, gab The Doc zu beden-ken und malte sich dann euphorisch aus, wie wohl das Ergebnis mit 60 Tagen Wachstum ausgesehen hätte! Die getrockneten Buds hatten ihr honigsüßes und leicht fruchtiges Aroma behalten, und er freute sich darauf, sich davon zu überzeugen, ob sie ihn auch mit einer ähnlich exzellenten Potenz antur-nen würden. Nach wenigen Zügen wurde klar, dass Double Dutch den guten Doc auch hier nicht enttäuschen sollte: Ein intensiver, kribbelnder Turn setzte in seinem Kopf ein und verbreitete dort stark erhebende Vibra-

tionen, die Sativa-Gene von Double Dutch machten eindrucksvoll ihre Arbeit. Aber nach ca. einer halben Stunde begann sich der Fokus des Highs mehr Richtung Körper zu verschieben, was zu tiefenentspann-ter Bequemlichkeit führte, wobei sich sein Kopf nicht vernebelte, da der Sativa-Einfluss gleichzeitig bestehen blieb, wenn auch auf schwächerem Niveau als zu Anfang. Dieser äußerst angenehme Zustand von Kopf und Körper hielt noch etwas mehr als anderthalb Stunden an.

The Doc bilanzierte: “Double Dutch lässt wirklich keine Wünsche offen, sie ist eine der lohnenswertesten Sorten, die ich in all diesen Jahrzehnten jemals angebaut habe. Es sind sehr einfach anzubauende Pflanzen, die sensationelle Erträge wundervoll aroma-tischer und potenter Buds liefern, und das in einer moderaten Blütezeit. Ich stimme G.B.I. zu, dass ihr kommerzielles Potenzial weltweit noch weit davon entfernt ist, voll ausgeschöpft zu sein, sie besitzt definitiv al-les, was es braucht, um ein Riese unter den Grassorten zu sein. Ein noch schlafender Rie-se, aber er wird sicherlich nicht zum letzten Mal in meinem Grow-Raum erweckt worden sein ...”

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text & photos: Green Born Identity

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Nachdem sie mit ihrer Arbeit an der “purpurnen” Genetik ausgezeichne-te Eigenschaften und eine für die

Weiterzucht verlässliche Stabilität erreicht hatten, zweifelten die Veredler von Sweet Seeds nicht daran, dass die Genetik sie zu weiteren interessanten Entdeckungen füh-ren würde. Da sie ertragreich, widerstands-fähig und harzig ist und ein leicht zitronen-artiges Waldfruchtaroma hat, schien die Kreuzung ihrer genetischen Eigenschaften mit den Spitzenprodukten aus dem Kata-log von Sweet Seeds verlockend: Die Kush-Genetik sollte nun mit noch mehr Energie angereichert werden. Neben ihren zweifel-los vorzüglichen Eigenschaften ist ihre exo-tische, prachtvolle Erscheinung das Tüpfel-chen auf dem i.

Nach der Verfeinerung der pakistani-schen Genetik, welche den Ertrag, die Struk-tur und das Aroma verbesserte, stellt Sweet Seeds nun drei selbstblühende Sorten mit den Namen Black Cream, Red Poison und Dark Devil vor.

Die Farbe der drei Sorten variiert vom leichten veilchenblau bis zum kräftigen Purpur an den manchmal bis ins Schwarz gehenden Blütenständen. Diese Farben ma-chen die Genetik noch begehrenswerter für alle, die sich mit der Forschung oder Verede-lung neuer Cannabissorten beschäftigen. Die Suche nach der schönsten selbstblühen-den Sorte zeitigt nun ein Ergebnis: die Red Family.

Die Kreuzung mit Cream Caramel erzeug-te Black Cream, mit Green Poison gekreuzt wurde Red Poison geschaffen, zur Verede-lung von Dark Devil benutzte man die Sorte Big Devil XL. Durch die Kreuzungen entstan-den Pflanzen von exotischer Erscheinung: Rund 80% der Samen bringen lilafarbene oder purpurne Pflanzen hervor.

Süße Farben zum süßen GeschmackDIE RED FAMILY: Die neuen selbstblühenden purpurroten

Sorten von Sweet Seeds

Aus den hohen Bergen der Hindukuschregion stammt eine Sorte, welche den drei klassischen

Bestsellern der Samenbank von Sweet Seeds ihre Farbe gibt. Diese selbstblühende lilafarbene

Sorte wurde von Sweet Seeds zum Veredeln ausgewählt, um drei wunderbare selbstblühende

Sorten entstehen zu lassen: DIE RED FAMILY.

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CANNA+GLOBE

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Das nahrhafte LichtFriedrich Pinteritsch über die Bedeutung

des Sonnenlichts in unserer Ernährung

Mehr als nur

Spitzenkoch: “Das Essen

sollte einen Nutzen

haben und nicht nur satt

machen”, sagt Friedrich

Pinteritsch, der aus

Klagenfurt kommende

Koch. Sein Name ist

sicherlich denjenigen

bekannt, die die Cultiva

Hanfmesse zumindest

schon einmal besucht

haben. Kein Zufall:

Pinteritsch ist der

Meinung, dass Hanf eines

der wichtigsten Lebens-

mittel sein sollte, und

diese Meinung setzt er

jedes Jahr auf der Messe

im Rahmen der

Kochshows in die Praxis

um. Wir haben auf

der Messe mit ihm

diskutiert.

Medijuana: Sie haben mehrere Kochbücher

geschrieben, unter anderem “Das Biohanf-

Kochbuch”. Das Grundprinzip dieser Bücher

ist immer die gesunde Ernährung. Seit wann

beschäftigen Sie sich damit, und wie ist Hanf

dazugekommen?

Friedrich Pinteritsch: Es hat mich immer in-teressiert, was hinter der Ernährung steckt. Was hat das Essen für einen Nutzen für den Menschen? Ich beschäftige mich mit gesun-der Ernährung seit etwa 20 Jahren. Es fing in einem Hotel in der Steiermark an: Der Chef ist zu mir gekommen und hat gesagt, dass er seine Landwirtschaft biologisch umstellen möchte. Er hat mich gefragt, ob ich etwas selbst gemachtes Biologisches auch für die Gäste schmackhaft zubereiten könnte. Ich

habe “Ja” gesagt, und in den kommenden Jahren haben wir das komplette Hotel auf Bio umgestellt. Später, Anfang der 2000er- Jahre, habe ich einen Freund von mir ge-troffen, der in Kärnten der Geschäftsführer des Bio-Hanf-Süds war. Sie haben dort Hanf angebaut und vermarktet. Ich bin zurück nach Kärnten gezogen, um mit ihm zusam-menarbeiten zu können. Seitdem beschäftige ich mich besonders mit Hanf als Nahrungs-mittel.

M: Was war die Hauptmotivation für Sie

beim Schreiben des Biohanf-Kochbuchs?

FP: Die wichtigste Frage bezüglich Hanf ist für mich immer schon gewesen: Warum kann man den Menschen nicht logisch er-klären, dass ernährungsphysiologisch Hanf

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text: H. Benke

photos: Gergely Vaska

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so gesund ist, dass er täglich auf den Tel-ler kommen sollte? Warum gehen die Leute einfach daran vorbei? Wo liegt das Problem? Und das Problem liegt sicherlich im Namen Hanf, weil jeder diesen Namen mit dem Ma-rihuana verbindet. Deswegen ist immer noch sehr viel Erklärungsarbeit notwendig, um den Leuten zu sagen: Es gibt einen Speisehanf, der THC-frei ist, und mit dem man wunder-bar kochen kann. Ich habe bis vor zwei Jah-ren ein Restaurant in Klagenfurt gehabt, und ich habe da sehr viel mit Hanf gekocht – das war auch ein Teil der Überzeugungsarbeit.

M: Hat diese Arbeit bis heute sichtbare

Ergebnisse nach sich gezogen?

FP: Ich kenne mich in meiner Umgebung, also in Klagenfurt, aus: Dort haben wir schon einen Bio-Bauernmarkt, wo ein Bauer Spei-sehanf und Hanfprodukte wie Hanföl und Hanfnuss anbietet. Diese ganze Geschichte braucht aber sicher mehr Publizität, und es ist leider immer noch schwierig, die Medien davon zu überzeugen, dass es keine Straf-tat ist – und dann haben wir noch nicht er-wähnt, wie gesund er ist.

M: Außer den Kochshows auf der Messe

haben Sie diesmal auch Vorträge gehalten,

wo sie über “Lichthanf”, oder genauer gesagt,

über die Bedeutung des Sonnenlichts in

unserem Körper geredet haben. Was verstehen

Sie darunter? Warum ist Licht so wichtig?

FP: Wir konsumieren jeden Tag Licht: über die Haut und über die Augen auf jeden Fall. Bis ca. 1970 haben wir auch in jedem Essen Licht gehabt, aber in den letzten 40 Jahren – durch die Umstellung auf Massenprodukti-on, wo die Endprodukte nicht mehr aus der Natur kommen – enthalten die Nahrungs-mittel immer weniger Sonnenlicht. Wobei das Sonnenlicht die Körperstruktur aufrecht-erhält! Das ist bereits von dem deutschen Quantenphysiker Fritz-Albert Popp bewiesen worden, der die sogenannten Biophotonen in den 70er-Jahren nachgewiesen hat.

M: In diesem Sinne: Welches sind die

größten Risikofaktoren in der täglichen

Ernährung?

FP: Neben dem Mangel an natürlichem Licht sind die Transfettsäuren die größten

Risikofaktoren. Das sind Säuren, die den Kör-per schädigen, die die freien Radikalen und Cholesterin erzeugen. Die Fertiggerichte sind sehr reich an Transfettsäuren. Man muss also bewusst einkaufen, was heutzutage auch nicht so einfach ist, und dazu eignen sich die Hanfprodukte.

M: Welche Hanfprodukte sollte man in der

Küche haben?

FP: Das wichtigste ist das Hanföl. Wir ernähren uns zu sehr Omega-6-lastig, und da muss man wissen, dass die Omega-6-Fettsäuren im Körper entzündungsfördernd wirken. Das ist auch der Grund dafür, wa-rum relativ viele Menschen an den modernen Krankheiten leiden. Das Hanföl enthält nur die guten Fette. In einer österreichischen Uni ist schon festgestellt worden, dass Hanföl den Risikofaktor Herzinfarkt bis zu 15 Pro-zent senken kann. Neben Hanföl ist noch die geschälte Hanfnuss wichtig, weil man sie überall beim Kochen verwenden kann.

M: Stellen wir uns vor, dass sich die

Hanfprodukte einmal so verbreiten wie

heutzutage die Bioprodukte. Ich gehe

davon aus, dass zumindest ein Teil der

Massenproduktion unter Kunstlicht, also ohne

natürliches Licht, stattfi nden wird. In dem

Fall würden die Hanfprodukte immer noch so

gesund bleiben?

FP: Man weiß schon genau, welches Lichtspektrum der Hanf in welcher Wachs-tumsphase braucht. Je mehr wir die Anbau-methoden den natürlichen Verhältnissen anpassen können, desto gesünder kann das Endprodukt sein. Obwohl das Kunstlicht – so, wie wir es jetzt kennen – das Sonnenlicht nie ersetzen kann. Das ist leider so. Aber ich bin davon überzeugt, dass es in 20 Jahren in jedem Supermarkt eine Abteilung mit so-genannten Lichtprodukten geben wird, wo hoffentlich die Hanfprodukte auch erschei-nen werden. Hanfprodukte, die unter natür-lichem Licht hergestellt werden.

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