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Die Verlagsgruppe Passau präsentiert die Veranstaltungsreihe
M E N S C H E Nin E U R O P A
2021
25 Jahre
MiE ∙ 2 MiE ∙ 3
EDITORIAL ■■ MENSCHEN IN EUROPA
INHALT
3 EDITORIAL MENSCHEN in EUROPA – seit 25 Jahren
4 CHARITY Dirk Nowitzki – Leben nach dem Profisport
8 POLITIK Viele Krisen – Wenig Europa
14 KUNST Heinz Mack – Bildhauer und Maler im Licht
Gesprächsrunde und Verleihung des MiE-Kunst Award
18 KINDER Graf Fledermaus, Stanislaus und die
Paprika baronin
20 WIRTSCHAFT Krisen, Katastrophen, Klima –
Herausforderungen an die Wirtschaft
26 GESUNDHEIT Wie nachhaltig is(s)t Deutschland?
32 RÜCKBLICK 1996 – 2021
36 MENSCHEN IN EUROPA Das Programm 2021
MENSCHEN IN EUROPA – SEIT 25 JAHREN
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Europa war, ist und bleibt eine starke
Gemeinschaft.
Eine Gemeinschaft, die Herausforderungen
als Chancen annimmt und gemeinschaft-
lich Lösungen entwickelt. Unsere Veranstal-
tungsreihe MENSCHEN in EUROPA bietet
genau dafür ein Forum. Seit 25 Jahren
kommen Persönlichkeiten aus Kunst, Poli-
tik, Wirtschaft und dem öffentlichen Leben
im Medienzentrum der Verlagsgruppe
Passau zusammen, um Fragen zu stellen
und gemeinsame Lösungen zu finden.
Die Kritik am Nutzen und der Zukunfts-
fähigkeit Europas lässt nicht nach. Un-
erschütterlich stehen Deutschland und
Österreich jedoch seit jeher für die Union
und deren Grundwerte ein. Umso mehr
freut es mich deshalb, Österreichs Bundes-
kanzler Sebastian Kurz und Bundestags-
präsident Dr. Wolfgang Schäuble begrüßen
zu dürfen, die reflektiert über die aktuelle
Lage Europas diskutieren und die Bedeu-
tung der EU für uns alle herausstellen.
Dort wo die Politik rationale Verbindun-
gen schafft, schafft die Kunst emotionale
Verbindungen. Unser diesjähriger Preisträ-
ger des MiE-Kunst Award, der Bildhauer
und Maler Heinz Mack, hat dies in seinem
künstlerischen Schaffen eindrucksvoll
bewiesen.
Es freut mich, dass wir Heinz Mack zu
unserem Jubiläum wieder in Passau be-
grüßen dürfen. Die Laudatorin und Kunst-
expertin Fürstin Gloria von Thurn und Taxis
wird dem mittlerweile 90-jährigen Künstler
unseren MiE-Kunst Award überreichen. In
einer Gesprächsrunde spricht der Künstler
mit langjährigen Weggefährten über sein
Wirken, seine Inspiration und die acht -
teilige Bilderreihe, die er für MENSCHEN
in EUROPA gefertigt hat.
Unser Wirtschaftspanel befasst sich dieses
Jahr mit den Herausforderungen im Zuge
der aktuellen Krisen. Die Pandemie schuf
Gewinner und Verlierer. Doch neben
Corona setzen der Fachkräftemangel und
die wachsende Konkurrenz aus China
der deutschen Wirtschaft zu. BMW-Vor-
standsvorsitzender Oliver Zipse, Dr. Helga
Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger
Festspiele und vbw-Geschäftsführer Ber-
tram Brossardt diskutieren darüber, wie ihre
Branchen die Pandemie erleben und wie
zukünftige wirtschaftliche Herausforderun-
gen erfolgreich gelöst werden können.
Für ein weiteres Highlight unserer Reihe
sorgt NBA-Profi und UNICEF-Botschafter
Dirk Nowitzki. Mit Johannes B. Kerner
spricht er über sein weltweites Engage-
ment für Kinder und seine bewegte Sport-
karriere.
Wir beenden unsere Podiumsreihe mit
einem Thema, das uns alle betrifft: „Wie
nachhaltig is(s)t Deutschland?“ Antworten
auf diese Frage geben Michaela Kani-
ber, Bayerische Ministerin für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, Dr. Eckart von
Hirschhausen, Arzt und Wissenschafts-
journalist und Anton Schmaus, Sternekoch
und Chefkoch des DFB.
Es freut mich sehr, dass wir auch in die-
sem Jahr wieder etwas für unser junges
Publikum anbieten können: Die Nieder-
bayerische Philharmonie, das Orchester
des Landestheaters, Generalmusikdirek-
tor und Dirigent Basil H. Coleman sowie
Margit Gilch führen mit „Graf Fledermaus,
Stanislaus und die Paprikabaronin“ eine
schaurig-schöne Kinderoperette mit vampi-
rischem Helden auf, die Kinder anspruchs-
voll unterhält.
Ich möchte Sie von Herzen zu unserer
diesjährigen Veranstaltungsreihe einladen,
sei es vor Ort oder zu Hause per Live-
stream.
Ihre
Verlegerin und Initiatorin
von MENSCHEN in EUROPA
25 Jahre
IMPRESSUM Herausgeber Passauer Neue Presse GmbH Medienstraße 5 · 94036 Passau
MENSCHEN in EUROPA ist eine Veranstaltungsreihe der Verlagsgruppe Passau · Tel. +49-(0)851-802-202 www.menschen-in-europa.de · [email protected]
Projektleitung MiE Barbara Eichberger
Redaktion Nina Schmitzer
Design/Produktion Alexandra Steiner
Druck pnp.druck GmbH, Passau
Fotos Titel, Seite 2: Bundeskanzleramt Österreich; Lydia Gor-ges, Salzburger Festspiele; Simone M. Neumann, Deutscher Bundestag; UNICEF Deutschland; Archiv Heinz Mack / VG Bild-Kunst, Bonn, 2021; Bayerisches Staatsministerium für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten; Julian Engels; BMW Group. Soweit nicht anders vermerkt: Roland Binder, Manuel Birgmann, Thomas Jäger, Jörg Schlegel
14
26
26
20
MiE ∙ 4 MiE ∙ 5
Im Gespräch mit DIRK NOWITZKI
Sie sind sehr jung nach Amerika gekommen, mussten
sich gegen viele erfahrene Spieler beweisen. Was waren
Ihre ersten Eindrücke von der Basketball-Szene dort und
hatten Sie Zweifel, ob Sie es in der NBA zu etwas bringen
können?
Ich glaube Zweifel zu haben ist ganz normal. Für mich gilt das
besonders. Ich bin nicht besonders selbstbewusst und mein
Charakter neigt eher dazu vieles zu hinterfragen. Am Ende
musst du natürlich versuchen an dich zu glauben, und das
erreichst du am besten, wenn du versuchst immer an dir zu
arbeiten, immer versuchst besser zu werden. Das erste Jahr in
Dallas war besonders schwierig für mich, aber wahrscheinlich
auch deshalb besonders wichtig, weil ich gekämpft habe, nicht
aufgegeben habe und mich durchgesetzt habe. Ich habe viel
gelernt im ersten Jahr und das hat mir geholfen die Zweifel zu
überwinden.
Zwei MVP-Auszeichnungen, ein NBA Meisterschafts-Titel
und einer von sieben Spielern in der Geschichte der NBA,
die mindestens 30.000 Punkte in der regulären Saison erzielt
haben. War es für Sie bei dem Erfolg manchmal schwierig,
auf dem Boden zu bleiben?
Meine Familie in Deutschland hat da sicher ein sehr solides
Fundament gebaut. Ich bin gut behütet in einer kleinen Familie
aufgewachsen. Mein Umfeld war immer ein toller Rückhalt für
mich. Meine Eltern hatten einen Malereifachbetrieb. Da habe ich
teilweise im Sommer ein wenig ausgeholfen. Die Bodenständig-
keit wurde mir ein wenig in die Wiege gelegt. Natürlich fühlt man
sich nach großen Erfolgen als würde man schweben, aber auch
dann ist die Familie mir immer sehr wichtig gewesen. Sei es, um
einen wieder auf den Boden zu holen oder nach Rückschlägen
oder Niederlagen wieder aufzubauen. Da haben meine Familie
und natürlich auch Holger Geschwindner einen guten Job ge-
macht und das immer gut hinbekommen.
Ihre Eltern haben Sie bereits früh sportlich gefördert. Welche
Bedeutung hatte das für Sie und denken Sie, Sie wären ohne
deren Unterstützung so weit gekommen?
In meiner Familie waren ja alle Sportler. Meine Mutter und meine
Schwester waren Basketballerinnen, mein Vater war Handballer.
Ich habe zuerst Tennis und Handball gespielt und bin irgendwie
in der Sporthalle aufgewachsen. Natürlich haben mich meine
Eltern immer unterstützt. Sie haben mich immer zu Spielen und
Turnieren gefahren. Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen.
Sie waren auch für meine Schwester immer das Sport-Taxi. Sie
haben viel Zeit investiert und sicher auch ein wenig zurückge-
steckt. Dabei haben sie uns aber nie gepusht und irgendetwas
forciert. Als ich mit Handball aufgehört habe war das natürlich
keine populäre Entscheidung, aber sie haben mich dann auch
im Basketball super unterstützt. Ich würde das gerne mit meinen
Kindern auch so gut hinbekommen und Ihnen einfach die Mög-
lichkeit geben, ihr Potenzial voll zu entfalten.
2005 riefen Sie und Ihre Schwester die Dirk Nowitzki Stiftung
ins Leben. Kinder sollen unter anderem durch Sport gefördert
werden und soziale Kompetenzen spielerisch lernen. Wie kam
es zur Gründung der Stiftung und wie setzen Sie Ihr Ziel um?
Ich habe zuerst die Dirk Nowitzki Foundation in Dallas gegründet.
Die Aktivitäten haben wir aber immer auf Dallas und Texas fokus-
siert. Ich wollte dann auch etwas in meiner Heimat und für Deutsch-
land machen, und wir haben 2005 die Dirk Nowitzki Stiftung in
Würzburg gegründet.
Die Ziele der Stiftung
konzentrieren sich auf
die Entwicklung von
Kindern, und wir nutzen
die Strahlkraft des
Sports. Wir waren zunächst eine reine Förderstiftung, haben aber
2019 entschieden unsere Erfahrungen in ein eigenes Mentoren-
programm einfließen zu lassen. Mit der Gründung des 41Campus
konzentrieren wir uns auf die Ausbildung von Trainerinnen und Trai-
nern zu einem werteorientierten Führungsverhalten. Damit wollen
wir erreichen, dass Kinder und Jugendliche in der Entwicklung ihrer
eigenen Persönlichkeit gestärkt werden. Ich möchte ein wenig von
dem zurückgeben, was ich selbst als Kind erleben durfte.
2013 kam Ihr erstes Kind zur Welt, im selben Jahr sind Sie
UNICEF-Botschafter geworden. Hat das Vatersein Ihnen den
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Die 41 – für viele von uns ist sie wohl nur
eine einfache Zahl. Doch in der Welt
des Basketball, besonders für die Dallas
Mavericks und deren Fans, steht sie für
Größe, genauer gesagt 2,13 Meter. Dirk No-
witzki, „Dirkules“, „The German Wunder kind“,
und wohl Deutschlands stolzester USA-Ex-
port, nennt 21 Jahre lang das Spielfeld der
Mavericks sein Zuhause, wird mit ihnen sogar
NBA-Champion. Doch auch abseits des
Sports zeigt die Basketball-Legende wahre
Größe – beim Einsatz für UNICEF und die
Dirk Nowitzki Stiftung.
Im Sommer 1993 beginnt die Karriere des
damals 15-jährigen Dirk Nowitzki. Bei einem
Spiel entdeckt ihn zufällig Ex-Basketballnatio-
nalspieler Holger Geschwindner, sein späterer
Trainer und Mentor. Er nimmt ihn unter seine
Fittiche, trainiert ihn oft mit unkonventionellen
Methoden. Mit Erfolg: Mit gerade einmal 19
Jahren wechselt Nowitzki in die NBA, 1999
spielt er sein erstes Spiel für die Dallas Ma-
vericks in der Liga der Besten. Schnell nimmt
der junge Deutsche an Fahrt auf, entwickelt
sich über die Jahre zum Zugpferd der Ma-
vericks. Er bricht Vereinsrekorde, wird einmal
zum wertvollsten Spieler (MVP) der Saison
gewählt, 14 Mal für das NBA All-Stars Game
nominiert und 2017 unter anderem einer
von sieben Spielern in der Geschichte der
NBA, der mindestens 30.000 Punkte in der
regulären Saison der NBA erzielt hat. 2019
beendet „Dirkules“ seine erfolgreiche Karriere.
Ein letztes Mal haben Fans der Mavericks
im April 2019 die Möglichkeit, ihren Helden
gebührend zu feiern.
Ähnlich wie seine Erfolge zieht sich auch das
soziale Engagement von Dirk Nowitzki durch
seine Karriere: 2005 gründet er gemeinsam
mit seiner Schwester Silke die Dirk Nowitzki
Stiftung, die Kindern unter anderem durch
Sport Perspektiven ermöglicht. Acht Jahre
später wird der Würzburger UNICEF-Bot-
schafter und setzt sich in einer Kampagne
gegen die Mangelernährung von Kindern in
Entwicklungsländern ein. Am 14. Oktober
spricht Dirk Nowitzki bei MENSCHEN in
EUROPA mit Moderator Johannes B. Kerner
über seine einzigartige Karriere, seinen
Einsatz für UNICEF und das Leben nach dem
Profisport. Denn ans Füße hochlegen denkt
der 43-Jährige noch lange nicht.
Moderation: JOHANNES B. KERNER, Journalist
CHARITY ■
Seit acht Jahren ist NBA-Profi DIRK NOWITZKI Botschafter für UNICEF.
OWPBrille
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|www.owp.de
‚‚ ICH WÜRDE DAS
GERNE MIT MEINEN
KINDERN AUCH SO
GUT HINBEKOMMEN
DIRK NOWITZKI – LEBEN NACH DEM PROFISPORT ▶
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Alois hat jetztmehr Energie
als vor 40 Jahren.
Anstoß dazu gegeben oder war es ein ohnehin vorhandener
Wunsch und warum?
UNICEF ist eine herausragende Organisation, die weltweit über
einen sehr langen Zeitraum eine Vielzahl von Programmen ins Le-
ben gerufen hat. Ich habe das immer verfolgt und als sie dann auf
mich zugekommen sind, war ich sehr gerne bereit UNICEF-Bot-
schafter zu werden. Dass ich selbst Vater geworden bin war nicht
wirklich der Auslöser, aber es ist umso schöner, dass ich auch als
Vater weiterhin mit UNICEF zusammenarbeiten kann.
Im Juni wurde bekannt, dass Sie als Sonderberater Ihren
Verein erneut unterstützen. Wie gefällt Ihnen die Arbeit bisher
und wie ist es im Vergleich zum direkten Sport?
Meine Rolle ist natürlich vollkommen anders als in der Vergan-
genheit. Es ist spannend, mal eine weitere Facette des Sports
kennenzulernen und in Dinge Einblick zu bekommen, die du als
aktiver Sportler nicht wahrnimmst. Ich habe mich ja als erstes bei
der neuen Trainer- und General Manager-Suche mit eingebunden,
und das war eine sehr interessante Erfahrung. Für mich gilt auch
hier natürlich, dass ich versuche, viel zu lernen, viel mitzubekom-
men und mich gleichzeitig einzubringen, wenn ich den Mavericks
helfen und sie unterstützen kann. Ich habe aber auch gesagt,
dass mir die Zeit mit der Familie im Moment sehr wichtig ist und
deshalb ist die Beraterrolle perfekt. Ich wollte noch keine Funkti-
on bei den Mavericks, die meine volle Aufmerksamkeit erfordert,
auch wenn das in der Zukunft sicherlich eine Option ist. Im Mo-
ment ist die Zeit mit der Familie und die Möglichkeit viel zu reisen
und gemeinsame Erfahrungen zu sammeln eine tolle Möglichkeit
zusätzlich zu meiner Beraterfunktion.
Hand aufs Herz: Welcher Fanspitzname ist Ihr Favorit und
wieso?
Es gab mal von den Mavericks eine Aufforderung an die Fans
etwas vorzuschlagen. Das war fast schon am Anfang meiner Kar-
riere, aber da ist keiner wirklich hängengeblieben. Keiner, der sich
durchgesetzt hat. Bei den Mavericks war ich immer „Dirty“. Das
ist wahrscheinlich einfacher als Dirk und deshalb ist das der, der
am meisten genutzt wird. Damit komme ich ganz gut klar.
Nina Schmitzer
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■ BRAUCHTUM POLITIK ■
K limawandel, Flüchtlingskrise und Pandemie –
immer häufiger steht die Europäische Union vor
neuen Herausforderungen. Besonders in der Kri-
se stellen kritische Stimmen deshalb die Frage: „Wozu
denn eigentlich noch EU?“. Doch steht es wirklich so
schlecht um den Staatenverbund? Mitgliedstaaten
wie Belgien, Deutschland, Frankreich und Österreich
stellen sich klar hinter den europäischen Gedanken,
vertreten den „europäischen Lebensstil“, wie der
Verbund es selbst nennt.
Doch nicht alle Mitglieder oder solche, die es noch
werden wollen, ermöglichen ihren Bürgern derzeit
Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Gleichstel-
lung. In Ungarn sind seit Anfang Juli Aufklärungsbü-
cher, Werbungen und Bildungsprogramme verboten,
die junge Menschen über Homo- und Transsexualität
aufklären – ein herber Schlag für die Gleichstellung
und ein massiver Verstoß gegen die Grundwerte der
EU. Und auch Polen bewegt sich mit einer Justiz-
reform außerhalb des gemeinsamen europäischen
Werteverständnisses. Unstimmigkeiten und Diffe-
renzen wie diese gab es in den vergangenen Jahren
immer wieder innerhalb der Europäischen Union.
Der Austritt Großbritanniens wiegt schwer. Wie lässt
sich vermeiden, dass andere Staaten dem Beispiel
der Briten folgen? Wie gelingt es, die Mitgliedstaaten
zu mobilisieren und die globalen Krisen und Proble-
matiken gemeinsam erfolgreich anzugehen? Wie kann
sich die Europäische Union als Bündnis behaupten
und schlagkräftig für ihre Werte und gegen äußere
Bedrohungen einstehen? Darüber diskutieren Öster-
reichs Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bundes-
tagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble unter Moderati-
on von ZDF-Journalist Theo Koll am 19. Oktober.
Im Gespräch mit SEBASTIAN KURZ
Herr Kurz, die EU steht vor zahlreichen Krisen und Problemen, die die
Beziehungen zwischen den Ländern belasten. Wie schätzen Sie die
derzeitige Lage innerhalb der Union ein? Was sind die größten Heraus-
forderungen?
Erstens, die Bekämpfung der COVID-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen und
sozialen Folgen. Jetzt gilt es, das Impftempo beizubehalten, um möglichst gut
für den Herbst gerüstet zu sein, und die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Zweitens, die Bekämpfung der illegalen Migration. Der Fokus auf die exter-
ne Dimension der Migrationspolitik ist der richtige Ansatz. Es ist richtig und
wichtig, dass sich die Debatte darauf konzentriert; eine Verteilung durch die
Hintertür darf keinesfalls Ziel sein.
Drittens, der EU Erweiterungsprozess am Westbalkan. Solange die sechs West-
balkanstaaten nicht Mitgliedstaaten der EU sind, ist die EU nicht vollständig.
Nicht zuletzt wird es uns gelingen müssen, bei der Bekämpfung der Klimakrise
Maßnahmen zu ergreifen, die Arbeitsplätze
sichern, Innovation fördern und somit einen
nachhaltigen Beitrag zur Reduktion der Treib-
hausgase leisten. Ambitionierte Klimaziele und
wettbewerbsfähige Standortpolitik dürfen kein
Widerspruch sein.
Sie bremsen bei der Aufnahme von Flücht-
lingen aus Afghanistan. Welches Vorgehen
würden Sie sich von der EU wünschen?
Afghanistan steht aufgrund der aktuellen Entwicklungen stark in unserem Fokus.
Wir brauchen als EU eine umfassende Herangehensweise zu Afghanistan.
Moderation: THEO KOLL, ZDF
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UND WETTBEWERBSFÄHIGE
STANDORTPOLITIK DÜRFEN
KEIN WIDERSPRUCH SEIN
Wie bereits im Juni in Berlin, treffen sich SEBASTIAN KURZ und DR. WOLFGANG SCHÄUBLE im Rahmen von MENSCHEN in EUROPA zum politischen Diskurs.
VIELE KRISEN – WENIG EUROPA
▶
MiE ∙ 10 MiE ∙ 11
POLITIK ■■ POLITIK
Unser Ziel muss es sein, schutzbedürftigen Personen in der Nähe
der Herkunftsregion Sicherheit zu bieten. Die EU sollte die Nach-
barn Afghanistans vor allem bei der Bekämpfung illegaler Migrati-
on und der Versorgung von Flüchtlingen unterstützen. Damit kann
auch der Migrationsdruck in Richtung Europa verringert werden.
In 20 Jahren gelang es der westlichen Allianz nicht, die
Taliban in Afghanistan zu besiegen. Sie sagen, Sie wollen den
Menschen vor Ort helfen. Wie wollen Sie das bewerkstelli-
gen?
Hilfe vor Ort ist für Österreich ein zentraler Pfeiler zur Bekämpfung
von illegaler Migration. Das war mir bereits als Außenminister ein
sehr wichtiges Anliegen. Aktuell laufen weltweit durch Österreich
finanzierte migrationsrelevante Projekte mit einem Gesamtvolu-
men von über 120 Mio. Euro. Der österreichischen Regierung
ist es ein besonderes Anliegen, direkt in jenen Ländern, die von
humanitären Krisen und von großen Flüchtlingsbewegungen
betroffen sind, Unterstützung zu leisten. Diese Hilfe vor Ort wird
insbesondere durch die Mittel des Hilfsfonds für Katastrophen-
fälle im Ausland (AKF) bewerkstelligt. So wurden etwa Ende Juni
acht Millionen Euro aus dem AKF für Syrien, Jordanien und den
Libanon zur Verfügung gestellt, um diese Länder bei der Bekämp-
fung der humanitären Krise in Syrien und bei der Bewältigung
der Flüchtlingskrise zu unterstützen. Die Auszahlungen erfolgen
meist über internationale Hilfsorganisationen, in diesem Fall über
das UN-Kinderhilfswerk, das Internationale Komitee vom Roten
Kreuz, das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR sowie den
Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). Um Öster-
reichs humanitäre Hilfe weltweit verstärken zu können, hat die
Bundesregierung die Dotierung des AKFs im September 2020 auf
50 Mio. Euro verdoppelt. 2021 werden insgesamt 52,5 Mio. Euro
durch den AKF zur Verfügung gestellt, bis 2024 plant die Regie-
rung, die Mittel für die humanitäre Hilfe auf 60 Millionen jährlich zu
erhöhen und somit gegenüber dem Jahr 2019 zu vervierfachen.
Spätestens seit 2015 sind regelmäßige Migrationswellen kei-
ne Seltenheit mehr. Sehen Sie einen Weg, das immer weiter
steigende Flüchtlingsproblem zu lösen?
Es stehen drei Ziele im Vordergrund. Die Förderung von Per-
spektiven vor Ort und Schutz in den Herkunftsstaaten selbst,
Unterstützung der Drittstaaten bei der Verhinderung von illegaler
Migration sowie ein Fokus auf effektive und rasche Rückkehr
sowie Rückübernahme.
Die Massenflucht ist bei Weitem nicht die einzige Krise, mit
der sich die EU beschäftigen muss. Corona wütete in vielen
Ländern, ein baldiges Ende der Pandemie scheint nicht in
Sicht. Wie haben Sie als österreichischer Bundeskanzler
Corona erlebt und sind Sie im Nachhinein zufrieden mit Ihrem
Vorgehen?
Zuallererst freue ich mich, dass mittlerweile 60 Prozent der ös-
terreichischen Bevölkerung mindestens einmal gegen COVID-19
geimpft sind. Das ist bereits mehr als zwei Drittel der impfbaren
Bevölkerung. Wir müssen nun die intensive Überzeugungsarbeit
beim Thema Impfen fortsetzen, um für den Herbst und die Del-
ta-Variante gut gerüstet zu sein. Zum Zweiten müssen wir unsere
Wirtschaft wieder ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Das war,
neben dem Schutz der öffentlichen
Gesundheit, immer unsere Priorität und
das ist uns auch bisher gut gelungen.
Österreich erholt sich im Vergleich zu
anderen EU-Mitgliedstaaten rascher und
stärker, die Arbeitslosigkeit liegt annä-
hernd auf dem Vorkrisenniveau und wir
verzeichnen positive Wirtschaftswachs-
tumsraten. Das zeigt, dass die von der
Bundesregierung getroffenen Maßnahmen für die Wirtschaft und
den Arbeitsmarkt ihre erhoffte Wirkung zeigen.
Polen und die Ukraine entfernen sich immer mehr von den
europäischen Prinzipien, fallen durch aggressive Innen- und
Außenpolitik auf. Was bedeutet das für die Union?
Die Wahrung der Grundwerte und der Rechtsstaatlichkeit stellt ein
Fundament der Europäischen Union dar. Aus unserer Sicht kann
es hier keine Kompromisse geben und jegliche Zweifel müssen
aus dem Weg geräumt werden. Hierzu hat Österreich eine klare
Haltung und tritt konsequent für die europäischen Werte ein.
Brexit, Unstimmigkeiten, Streiterein, Drohungen – ist die EU
noch zukunftsfähig?
In einer Union, die aus 27 Mitgliedsstaaten besteht, sind un-
terschiedliche Herangehensweisen, Meinungsdifferenzen und
mitunter auch politische Unstimmigkei-
ten unvermeidbar. Umso wichtiger ist
es, dass Prozesse transparent und fair
gestaltet sind und einzelne Mitgliedstaa-
ten Probleme ansprechen können. Es
darf auch keine Mitgliedschaft zweiter
Klasse geben. So war es Österreich zum
Beispiel ein Anliegen, im Frühjahr dieses
Jahres die Unstimmigkeiten bei der
Verteilung von Impfstoffen innerhalb der Union zum Thema zu ma-
chen. Durch unseren Einsatz konnte schlussendlich eine gerechte
Lösung erreicht werden, die der ursprünglichen Entscheidung
der Staats- und Regierungschefs nach einer pro-Kopf Verteilung
Rechnung trug.
Wie bewerten Sie das Verhältnis zwischen Deutschland und
Österreich?
Deutschland und Österreich sind traditionell sehr enge Partner.
Wir gratulierenzum Jubiläum.Die Welt verändert sich schnell. Umso bedeutenderist jener Erfolg, der selbst in bewegten ZeitenBestand hat.
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POLITIK ■■ POLITIK
Deutschland ist mit einem Handelsvolumen von etwa 100
Mrd. Euro unser bei Weitem wichtigster Handelspartner. Auch
menschlich sind wir einander eng verbunden, so leben ungefähr
260.000 Auslandsösterreicher in Deutschland und umgekehrt
leben in etwa auch so viele Deutsche in Österreich. Gerade die
COVID-Pande-
mie hat gezeigt,
wie wichtig enge
internationale Part-
nerschaften sind.
Daher freue ich
mich besonders,
dass Deutschland und Österreich Seite an Seite stehen. Unsere
gute Partnerschaft erlaubt es uns auch, heikle Themen wie zum
Beispiel die für Österreich so wichtige Transitfrage über den Bren-
ner offen zu diskutieren.
Hand aufs Herz: Wenn Sie einen Tag lang innerhalb der EU
das Sagen hätten, was wäre das Erste, was Sie tun würden?
Ich denke nicht, dass es darum geht, innerhalb eines Tages Wun-
der zu vollbringen. Stattdessen müssen wir uns selbst realistische
Ziele stecken, zum Beispiel wenn es darum geht, den Klimawan-
del zu bekämpfen und den Standort Europa zu stärken. Wir brau-
chen eine EU, die im Sinne des Subsidiaritätsprinzips die großen
Herausforderungen angeht und schnell praktische Lösungen
liefert anstatt sich in bürokratischen Details zu verlieren.
Im Gespräch mit DR. WOLFGANG SCHÄUBLE
Herr Schäuble, Sie sind ein großer Befürworter der EU. Zum
Auftakt der Konferenz zur Zukunft Europas sprachen Sie
davon, Europa zukunftsfähig zu machen. Was sind, Ihrer
Meinung nach, die wichtigsten Maßnahmen hierfür?
Wir sollten grundsätzlich klären, was die Mitgliedstaaten künftig
besser weiter selber bestimmen sollten und wo sie gemeinsam
handeln müssen. Nicht jede Aufgabe in Europa ist eine Aufgabe
für Europa! Bei dem, was besser auf europäischer Ebene getan
werden kann, braucht die EU endlich effizientere Strukturen, um in
Krisen handlungsfähig zu bleiben und um ihre Widerstandsfähig-
keit zu stärken. Ich wäre auch dafür, die Rolle des Europäischen
Parlaments zu stärken, das endlich ein eigenes Initiativrecht
erhalten sollte – allerdings könnte das Parlament schon heute
sehr viel selbstbewusster auftreten. In der Frage des Spitzenkan-
didaten etwa haben die Abgeordneten aus meiner Sicht 2019
eine Chance zur Profilierung vertan. Damit Europawahlkämpfe
zukünftig in der Arena einer europäischen Öffentlichkeit statt-
finden, bräuchte es ein europaweit einheitliches Wahlrecht mit
grenzüberschreitenden Listen. Sehr viel weiter gedacht, könnte
vor allem die Direktwahl des Kommissionspräsidenten helfen, eine
europäische Öffentlichkeit herzustellen und Europa den Menschen
näher zu bringen. Die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der
Pandemie in Europa bietet aus meiner Sicht jetzt die Gelegen-
heit, um endlich zu mehr Integration in der Eurozone zu kommen
und die Währungsunion zu einer Wirtschaftsunion auszubauen.
Die gemeinsame Währung können wir ohne eine gemeinsame
Wirtschafts- und Finanzpolitik letztlich nicht dauerhaft stabilisieren.
Dazu würden dann für mich auch zwingend eigene Einnahmen
gehören – zum Beispiel aus dem Emissionshandel oder über
eine Energiesteuer. Mit dem Wiederaufbaufonds ist immerhin
ein Schritt in die richtige Richtung getan. Uns sollte jetzt nur
nicht wieder wie in der Krise 2010 der Mut verlassen. Das gilt im
Übrigen auch für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik,
bei der wir endlich substantiell vorankommen sollten. Die drama-
tische Lage in Afghanistan hat unsere Abhängigkeit von den USA
überdeutlich gemacht.
Die EU ächzt unter der Last vergangener und aktueller Kri-
sen. Halten Sie es für möglich, dass auch andere Länder dem
Beispiel Großbritanniens folgen könnten? Welche Konse-
quenzen könnte das für Deutschland als EU-Mitglied, aber
auch für die ganze Union haben?
Austritte lösen keine Probleme! Wir sollten auch nicht kleinreden,
dass Europa sich gerade in Krisen bewährt hat. In der Pandemie
etwa hat Europa sich selbst geholfen – und als einziger globaler
Player Verantwortung übernommen, in dem es auch Staaten
außerhalb der EU Impfstoff zur Verfügung gestellt hat. In der Krise
steckt immer auch eine Chance, die wir nutzen sollten. Das geht
nur gemeinsam. Sich von der EU zu lösen, wie Großbritannien
das getan hat, ist keine konstruktive Antwort auf die Herausfor-
derungen unserer Zeit. Insofern bin ich überzeugt, dass kein EU-
Staat dem britischen Beispiel folgen wird – zumal der zermürben-
Für die Zukunft vorsorgen kann sich herausforderndgestalten. Das Private Banking Team Bayern derSparkasse Oberösterreich bietet privaten Anleger*innenein Komplettpaket aus jahrelanger Erfahrung,exzellenter Beratung und Service auf höchstemNiveau. Unsere Spezialist*innen unterstützen Sie gernemit einer maßgeschneiderten Anlagestrategie ab100.000 Euro.
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de Prozess der Abnabelung von der Gemeinschaft die Lust auf
Nachahmung sicher eher dämpft.
Immer wieder werden Stimmen laut, die die Sinnhaftigkeit
der EU hinterfragen. Was macht dieses Bündnis Ihrer Ein-
schätzung nach wichtig und für seine Mitgliedsstaaten wie
Deutschland unerlässlich?
Bei den großen Aufgaben unserer Zeit
braucht es gemeinsame europäische
Lösungen. Und das jetzt, nicht in ferner
Zukunft. Alle europäischen Staaten
wurden von den Folgen der Pandemie
getroffen, die weltweiten Migrations-
bewegungen fordern jede Gesellschaft
heraus, viele Staaten leiden unter Klimaveränderungen und Natur-
gewalten wie Hochwasser oder Extremwetterlagen. Schutz und
Resilienz zu verbessern, das können Nationalstaaten nicht allein!
Die Antworten finden wir nur mit unseren Nachbarn. Und deshalb
ist die Europäische Union als Projekt sinnvoller und notwendiger
denn je. Gäbe es sie nicht, man müsste sie erfinden.
Was könnte man Ihrer Meinung nach tun, damit sich speziell
die junge Generation stärker hinter der europäischen Idee
versammelt?
Die jüngere Generation hat sich in den letzten Jahren an der
Unbeweglichkeit unserer Gesellschaft gestört. Sie wünscht sich
Veränderungen – und grenzübergreifend Eingriffe in Routinen.
Das zeigt das Engagement der Schülerinnen und Schüler bei
Fridays for Future. Nur wer aktiv ist und sich für seine Belange
einsetzt, findet Gehör. Wer das versäumt, gibt die Möglichkeit aus
der Hand, mitgestalten zu können. Das haben die jungen Briten
erlebt, die zwar mehrheitlich gegen den Brexit waren, aber 2016
einen EU-Austritt Großbritanniens für so unwahrscheinlich hielten,
dass sie sich am Referendum kaum
beteiligt haben. Damit machten sie den
Brexit überhaupt erst möglich. Längst
bereuen viele ihre Passivität von damals.
In Umfragen sehen wir übrigens, dass
die Identifikation mit einem funktionie-
renden Europa in allen EU-Staaten bei
den Unter-30-Jährigen zugenommen hat – deshalb ist mir um die
Zukunft Europas nicht bange.
Hand aufs Herz: Was wünschen Sie sich von dem neuen
Bundeskanzler/der neuen Bundeskanzlerin mit Blick auf
Europa?
Realismus und Tatkraft. Alle bisherigen Kanzler waren überzeugte
Europäer. Das wird auch künftig so sein. Wer Deutschland regie-
ren will, muss willens und fähig sein, auf globale Fragen europä-
ische Antworten zu finden. Ich bin zuversichtlich, dass das auch
nach der Bundestagswahl weiter der Fall sein wird.
Nina Schmitzer
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Im Gespräch mit HEINZ MACK
Mehr als 70 Jahre lang schaffen Sie Kunst. Sie haben viele
Einflüsse, Kunstentwicklungen erlebt. Gab es Vorbilder? Wie
haben Sie es geschafft, Ihren eigenen Weg zu finden?
Nicht immer, aber durchaus oft hat mich alles interessiert, was in
allen Kulturen an Malerei und der Skulptur entstanden ist. Dabei
faszinierten mich die zeitlichen und räumlichen Dimensionen
innerhalb derer die „Moderne“ ja nur einen kleinen Zeitraum ein-
nimmt. Das betrifft nicht alleine die Kunst des Westens, sondern
auch die des Ostens, insbesondere die Kunst des Orients, die
ausschließlich ungegenständlich ist.
Natürlich habe und hatte ich Vorbilder. Zum Beispiel die Rus-
sen, hier die Suprematisten; aber ebenso waren es die Künstler
Gauguin, Klee und Matisse, die mich beeinflusst haben. Und
ich verschweige auch nicht, dass Tizian, Georges de la Tour,
Fra Angelico von mir zutiefst bewundert werden. Bezüglich der
Skulpturen nenne ich die Ägypter, die frühen Kuroi der Griechen,
die Kykladen und die Buddha-Köpfe. Aber ebenfalls schätze ich
Lipchitz, Naum Gabo und Brancusi! In dem Bemühen, etwas zu
entdecken, was noch von keinem Vorbild gemacht worden ist bin
ich mir treu geblieben, was oft, aber nicht immer gelungen ist.
Sie haben 1957 mit Otto Piene zusammen die ZERO-Kunst-
bewegung geschaffen, Günter Uecker war ab 1961 der dritte
im Bunde. Heute ist ZERO Kunstgeschichte – und sehr ge-
fragt auf dem Kunstmarkt. Wie fühlen Sie sich dabei?
Dass die von Otto Piene und mir gegründete ZERO-Bewegung, an
der sich Günter Uecker bald tatkräftig beteiligte, eine „zweite Re-
volution“ genannt wird, steht im Verhältnis zur ersten Re volution,
die sich zur Jahrhundertwende in Europa manifestierte, noch
immer in der abendländischen Tradition und Komposition und
der Zentralperspektive. Der Kubismus von Picasso und Braque
bescherte der fünfhundert Jahre währenden Praxis ein Ende.
ZERO ist eine Vielzahl von Künstlern zu verdanken, die wie ich
in ihren Werken Strukturen als wesentliches Ordnungsprinzip
einsetzen. Ganz ähnlich reagierten die Musik, die Architektur, die
Naturwissenschaft und selbst die Anthropologie. An dieser Be-
wegung sehr beteiligt gewesen zu sein bedeutet, dass ich mich
kunstgeschichtlich akzeptiert fühlen darf.
Sie haben nach Ihrem Philosophie- und Kunststudium als
Bildhauer begonnen. 1991 fingen Sie an zu malen. In welcher
Gattung arbeiten Sie lieber?
HEINZ MACK – BILDHAUER UND MALER IM LICHTEIN INTERVIEW MIT BILDHAUER UND MALER HEINZ MACK
Ein Mann marschiert in einem silberfarbenen Anzug durch eine Sandland-
schaft. Hinter ihm ragen Lichtsäulen empor, die in der Sonne gleich einer Fata
Morgana flimmern. Wie der Blick auf einen fremden Planeten wirkt die Szene,
die den Künstler Heinz Mack im November 1968 bei einer seiner Aktionen in
der Wüste zeigt. Der 1931 im hessischen Lollar geborene Heinz Mack gehörte
nach dem Zweiten Weltkrieg einer neuen Künstlergeneration an, war Vorrei-
ter der Lichtkunst und der Land-Art. Immer war er aber auch Maler. Auch in
der Malerei wird sein künstlerisches Schaf-
fen mit immateriellen Werkstoffen wie Licht,
Zeit und Bewegung bestimmt. Im Frühjahr
feierte er seinen 90. Geburtstag. Er war der
erste Künstler, den die Reihe MENSCHEN in
EUROPA vor 25 Jahren präsentierte. Zudem
schuf Heinz Mack die Brunnenplastik vor dem
Medienzentrum. Zum Jubiläum kehrt er ins Medienzentrum zurück und hat für
die Ausstellung im Atrium acht Werke geschaffen.
Moderation: NINA RUGE, Journalistin
Ein künstlerischer Tausendsassa ist HEINZ MACK allemal: Skulpturen, Licht stelen und Malereien zählen zu seinem Repertoire. Im Fokus steht stets das Licht.
‚‚ LICHT ZEIGT SICH
GERNE IN
DEN FARBEN
Die Malerei ist sehr egozentrisch und will sich selbst ganz alleine
wichtig nehmen. Die Skulptur verhält sich ebenso. Beides respek-
tiere ich bei meiner Arbeit.
Kunst im öffentlichen Raum – wir haben vor dem Medienzent-
rum in Passau einen Brunnen von Ihnen – spielt in Ihrem Werk
eine zentrale Rolle. Warum ist Ihnen gerade dies ein Anliegen?
Für die Kunst im öffentlichen Raum habe ich keinen geringen Teil
meiner Lebenszeit eingesetzt. Ich dachte, Kunst ist für alle Men-
schen da und kann ein wesentlicher Beitrag sein für die Kultur
eines Landes. Später folgten leider Enttäuschungen.
Licht und Farbe sind die prägenden Elemente Ihrer Kunst.
Was ist für Sie wichtiger?
Licht zeigt sich gerne in den Farben. Und diese brauchen das
Licht, um atmen, vibrieren und strahlen zu können. Nicht alle
Künstler – aber die besten unter ihnen – haben das verstanden.
Sie gelten auch als Vater der Land-Art. Sehen Sie sich eben-
falls so?
Vater bin ich meinen Töchtern. Aber als Pionier der Land-Art,
besonders in Europa, werde ich in der Kunstgeschichte gesehen.
Für die Ausstellung in Passau haben Sie neue Werke ge-
schaffen, die um die zwölf Monate kreisen. Welche Technik
haben Sie gewählt? Welche Gedanken haben sie bewegt?
Das mir selbst gestellte Motiv, zu den Monaten eines Jahres eine
malerische Beziehung zu finden, ist der zweite Versuch, – diesmal
mit 2 x 2,5 m großen Leinwänden. Hier interessieren mich be-
sonders die Temperaturen, welche hier, wenn auch subjektiv den
Farben zugeordnet werden können. Auch das Atmosphärische
der Räume ändert sich ja von Monat zu Monat.
Nach dem ich bereits einmal eine Suite von 12 Pastellen realisiert
hatte, bei denen sich die Strukturen gleichermaßen von Bild zu
Bild ähneln, die Farben sich aber ändern, sind nun die Großfor-
mate eine Art Abenteuer!
Sie sind heuer 90 Jahre alt geworden – Wie viel arbeiten Sie
noch und was bedeutet Arbeit für Sie?
Eigentlich arbeite ich täglich, meistens sechs, manchmal drei
Stunden, manchmal mehr.
Ohne diese tägliche Arbeit kann ich mir mein Leben nicht vorstel-
len. Glücklicherweise ist Krankheit für mich eine Art Fremdwort.
Dr. Edith Rabenstein
DR. FRIEDHELM HOFMANN, emeritierter Bischof von Würzburg
PROF. DR. JÜRGEN WILHELM, Rechtsanwalt und Autor
PROF. DR. JÜRGEN RÜTTGERS, Bundesminister a. D.
KUNST ■
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EIN KIND DER GEGENWARTFÜRSTIN GLORIA VON THURN UND TAXIS ÜBER KUNST
Fürstin Gloria von Thurn und Taxis ist am 27. Oktober Gast
bei der Verleihung des MiE-Kunst Awards an Heinz Mack; die
Ver anstaltung ist der Start der Ausstellung „Mack – Seasons“
des Künstlers, der heuer 90 Jahre alt wurde. Die Fürstin, selbst
Kunstsammlerin, hält die Laudatio auf Heinz Mack.
Fürstin Gloria, geboren 1960, heiratete 1980 Fürst Johannes
von Thurn und Taxis. Nach dessen frühen Tod im Jahr 1990
übernahm sie die Leitung des weit verzweigten Familienunter-
nehmens, vollzog eine konsequente Umstrukturierung und führt
seither das fürstliche Haus modern und dynamisch. Ein Schwer-
punkt ihres Engagements ist Erhalt und Pflege des umfangrei-
chen kulturellen Erbes der Familie. So sind ihrem persönlichen
Einsatz der Weihnachtsmarkt im Garten von Schloss Emeram,
die Schatzkammer als neuer Museumsbereich und die Schloss-
festspiele, die jedes Jahr internationale Stars nach Regensburg
holen, zu verdanken.
War die Kunst im Hause Thurn und Taxis der Auslöser für Ihre
Beschäftigung mit Kunst oder haben Sie sich vor Ihrer Ehe
dafür interessiert?
Als ich als junge Frau mit meinem Mann auf Reisen war, habe ich
immer die wichtigsten Museen besucht. Die ersten Jahre war ich
eigentlich nur an alten Meistern interessiert. Eine Liebe, die mir
bis heute geblieben ist. Erst durch die Bekanntschaft mit Andy
Warhol, Basquiat und Keith Haring kam ich auch mit Gegenwarts-
kunst in Berührung. Ganz langsam erst habe ich dann meine
ersten kleinen Werke gekauft.
Sie sind zur fleißigen Sammlerin der zeitgenössischen Kunst
geworden. Warum gerade dieses Sammlungsgebiet?
Weil ich mir gedacht habe, dass es sinnlos ist, sich mit der
Vergangenheit zu beschäftigen, wenn man doch ein Kind der
Gegenwart ist.
Orientieren Sie sich an Ihrem eigenen Geschmack, dem
gesellschaftlichen Diskurs über einen Künstler oder auch an
den Preisen am Kunstmarkt?
Zunächst war die Frage der Relevanz. Die kann man nur ansatz-
weise erkennen, wenn man viel gesehen hat und weiter ansieht.
Dann kommt der persönliche Geschmack und mit was man leben
möchte. Zuletzt stellt sich dann auch die Frage, ob der Preis
gerechtfertigt ist.
Wie kontrovers sind Ihre Sammlungsstücke in Thema und
Aussage?
Kontrovers ist eigentlich in meiner Sammlung wenig, weil ich ja
mit den Sachen lebe und ein sehr starkes Spannungsfeld täglich
gar nicht aushalten könnte. Allerdings habe ich auch Werke von
Jake & Dinos Chapman und die sind tatsächlich sehr kontrovers.
Die Skulpturen sind das Gegenstück zu Hieronymus Bosch in der
Gegenwart.
Haben Sie einen Lieblingskünstler?
Ja natürlich! Mein Lieblingsmaler ist Matthias Weischer.
Dr. Edith Rabenstein
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Tagung – KongressMesse – KonferenzHauptversammlung
Vampire sind böswillige Blutsauger, die nichts
lieber tun, als nichtsahnende Menschen zu
terrorisieren – so besagt es zumindest das
gängige Bild der Sagengestalt. Anders ist das
jedoch bei Graf Fledermaus. Denn er und sein treues
Schwein Stanislaus sind die Helden der Kinderoperette,
die Margit Gilch vom Landestheater Niederbayern und
ihre Kollegen erstmals im Rahmen von Menschen in
Europa aufführen werden. Gemeinsam macht sich das
ungleiche Duo an Halloween auf den weiten Weg nach
Paprikania – und quer durch die Welt der Operette. Mit
musikalischen Einflüssen von Strauß, Kallmann sowie
Lehár, und mit Tänzen wie Walzer, Polka und Märschen
will das Landestheater seinen kleinen Zuschauern im
Medienzentrum beweisen: Von wegen eingestaubt! Die
Operette ist vielseitig, bunt und lebendig – und bringt
Kinderaugen zum Leuchten. Welche Abenteuer sie auf
dem Weg bestreiten müssen und ob sie das Domizil
der Paprikabaronin sicher erreichen, wird natürlich nicht
verraten. Doch so viel vorweg: Bei „Graf Fledermaus,
Stanislaus und die Paprikabaronin“ handelt es sich um
ein Stück, das sorgfältig aus bestehenden Legenden
und Operetten gewoben wurde. Soweit es die Coro-
na-Situation erlaubt, lädt das Stück zum Mitmachen
und Mitsingen ein und soll den Kindern, gerade in der
schwierigen Zeit der Pandemie, einen kurzen Moment
der Freude schenken.
Nina Schmitzer
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GRAF FLEDERMAUS, STANISLAUS UND DIE PAPRIKABARONIN
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WIRTSCHAFT ■
KRISEN, KATASTROPHEN, KLIMA – HERAUSFORDERUNGEN AN DIE WIRTSCHAFT
OLIVER ZIPSE, Vorstandsvorsitzender BMW AG DR. HELGA RABL-STADLER, Präsidentin der Salzburger Festspiele BERTRAM BROSSARDT, Hauptgeschäftsführer vbw
Moderation: URSULA HELLER, Bayerischer Rundfunk
Im Gespräch mit OLIVER ZIPSE
Herr Zipse, seit rund 30 Jahren sind Sie Teil der BMW AG,
seit zwei Jahren Vorstandsvorsitzender. Wie hat sich die
Automobilindustrie in dieser Zeit verändert?
Die Automobilindustrie befindet sich inmitten einer weitreichenden
Transformation – aber sie war schon immer geprägt von Um-
brüchen, die vielfältige Veränderungen mit sich gebracht haben.
Zwei Beispiele: Durch die globale Vernetzung haben sich unsere
Absatzmärkte deutlich verändert: Anfang der 90er-Jahre war
Deutschland unser Top-Markt – und heute ist China unser größter
Einzelmarkt. Beim Antrieb lag der Fokus vor 30 Jahren ganz klar
auf dem Verbrenner, mit Benzin oder Diesel als Treibstoff. Und
heute? Die Verbrenner wurden signifikant weiterentwickelt, es gibt
Plug-in-Hybride und natürlich vollelektrische Fahrzeuge. Mit der
Wasserstoff-Technologie steht perspektivisch eine weitere An-
triebsform zur Verfügung. Eine solche technologische Vielfalt gab
es bislang noch nie. Das ist eine der zentralen Herausforderungen
für die Branche – aber sie bietet gleichzeitig gerade für innovative
High-Tech-Unternehmen nie dagewesene Chancen.
Die Forderung nach einem schnellen, vollständigen Wechsel
zur E-Mobilität wird immer lauter. Wie schnell ist das tatsäch-
lich umsetzbar?
2030 wird weltweit mindestens jedes zweite verkaufte Auto der
BMW Group vollelektrisch sein. MINI wird Anfang der 2030er
Jahre sogar unsere erste ausschließlich vollelektrische Marke.
Einen abrupten globalen Wechsel, der sich auf allen Märkten und
in allen Segmenten gleichzeitig vollzieht, wird es aber nicht geben.
Denn dazu sind Regulatorik, Anforderungen, technische und
finanzielle Möglichkeiten im globalen Vergleich einfach zu unter-
schiedlich.
Ist die deutsche Infrastruktur bereit für Elektroautos? Wo
sehen Sie dringenden Verbesserungsbedarf?
Der Weg, den Deutschland bei der E-Mobilität eingeschlagen
hat, führt in die richtige Richtung. Aber wir haben noch eine
ordentliche Wegstrecke vor uns. Wir sehen gerade eine deutliche
Zunahme auf Angebots- und Nachfrageseite, was vollelektrische
Fahrzeuge betrifft. Allerdings hält der erforderliche Ausbau der
Ladeinfrastruktur nicht Schritt. Deshalb könnte das Ladenetz
schon bald der
limitierende Faktor
für den Erfolg der
Elektromobilität
sein. Das gilt nicht
nur für Deutsch-
land, sondern für
ganz Europa. Bei
der BMW Group sehen wir uns hier in einer Treiberrolle: Wir haben
weltweit bereits über 15.000 Ladepunkte eingerichtet. In Deutsch-
land betreiben wir eines der größten betrieblichen Ladenetzwer-
ke mit 5.000 Ladepunkten bis Ende 2021. Beim High Power
Charging-Netzwerk IONITY, bei dem wir einer der Gründer sind,
treiben wir gemeinsam mit unseren Partnern den Ausbau des
europäischen Schnellladenetzes voran. Aber: Der Aufbau einer
trag- und leistungsfähigen Ladeinfrastruktur kann nur gelingen,
wenn wir sie nicht als Aufgabe einer einzelnen Industrie, sondern
als Gesellschaftsaufgabe begreifen. Kurzum: Es gibt noch einiges
zu tun!
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Seit fast zwei Jahren belastet
die Pandemie nicht nur das
gesellschaftliche Leben, sondern
auch die Wirtschaft schwer.
Kurzarbeit und Personalkürzun-
gen haben den privaten Konsum
erheblich eingeschränkt. Betriebe
mussten schließen, Produktionen
stagnierten. Kulturveranstaltungen
waren lange Zeit undenkbar. Kinos,
Konzerthallen und Festivalgelände
blieben menschenleer.
Doch die Pandemie schuf auch
Gewinner: Im Lockdown boomten
sowohl die Autobranche als auch
der Online-Handel. Nach Start der
Impfkampagne hauchte der Som-
mer der Wirtschaft in diesem Jahr
erneut Leben ein.
Biergärten, Lokale und Kinos öff-
neten ihre Türen, Kulturveranstalter
wagten erste Anläufe. Doch an ein
Aufatmen ist noch nicht zu denken.
Nicht nur die Pandemie beeinträch-
tigt die Wirtschaft: Der Fach-
kräftemangel lässt Unternehmen
ohne Nachwuchs zurück, „Made
in China“ drängt regionale Pro-
dukte mit billigen Preisen aus den
Regalen und die lauter werdenden
Forderungen nach klimafreundli-
cheren Produktionen und Alterna-
tiven zwingen Unternehmen zum
Umdenken.
Welche Herausforderungen er-
warten die Wirtschaft abseits der
Pandemie? Mit welchen Ansätzen
kann man dem Fachkräftemangel
und der Konkurrenz aus China
entgegenwirken? Und welche
Branchen drohen auf der Strecke
zu bleiben? Über diese und weitere
Fragen diskutieren BMW-Vor-
standsvorsitzender Oliver Zipse,
Dr. Helga Rabl-Stadler, Präsidentin
der Salzburger Festspiele und
vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram
Brossardt unter Moderation von
BR-Journalistin Ursula Heller am
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Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.ist die freiwillige, branchenübergreifende Interessen-vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Wir vertretendie gemeinsamen wirtschaftlichen, sozialen und gesell-schaftspolitischen Interessen von 147 bayerischenArbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden sowie von 46Einzelunternehmen. So erhalten wir den Freiraum fürwirtschaftliches Handeln und sichern gleichzeitig densozialen Frieden.
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Folgen Sie uns auf
Der Bau eines Neuwagens verbraucht viele Ressourcen. Ist es
aus Umweltsicht tatsächlich sinnvoll, funktionstüchtige Ben-
ziner verstauben zu lassen und mehr E-Autos herzustellen?
Sollten bestehende Autos nicht lieber ausgefahren werden?
Hier müssen wir zwei Aspekte betrachten, die Hand in Hand mit-
einander gehen. Zum einen den Energieverbrauch und die Effizienz
bei der Fahrzeugproduktion, zum anderen den Beitrag zum Klima-
schutz, den ein neues Fahrzeug im Vergleich zu einem alten leisten
kann. Nachhaltigkeit in der Produktion ist für die BMW Group
ein zentrales Thema, beispielsweise durch die Reduktion von
Ressourceneinsatz, Abfall oder CO2-Emissionen. Außerdem be-
ziehen weltweit all unsere selbst betriebenen Werke ausschließlich
Strom aus regenerativen Energiequellen. Bei den neuen Fahr-
zeugen zeigt sich deutlich: Jeder BMW leistet einen Beitrag zum
Klimaschutz. Die Technologien in allen Antriebsformen sind in den
vergangenen Jahren noch besser und effizienter geworden. Des-
halb ist der Austausch eines älteren Fahrzeugs gegen ein neues
insgesamt auch sinnvoll, ganz besonders dann, wenn in hohem
Maße Sekundärmaterialien genutzt werden. Unser Ziel ist es, den
Anteil von recycelten Rohstoffen bis 2030 deutlich zu erhöhen –
also ‚Secondary First‘ als neues Leitmotiv.
Was bedeutet der Umstieg auf E-Autos für Hersteller?
Als Unternehmen steht man hier vor großen Herausforderun-
gen: Die Produktionsstätten müssen ausgerüstet, die Mitarbeiter
befähigt, die notwendigen Materialien und Rohstoffe beschafft
werden. Dieser Umstellungsprozess ist aufwändig, bindet Kapazi-
täten und nimmt Zeit in Anspruch.
Für die BMW Group kann ich klar sagen: Unser Timing passt
perfekt. Wir haben sehr frühzeitig die Weichen gestellt und sind
deswegen zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Produkten
am Markt und können unser Angebot schnell skalieren. Wir haben
heute bereits die fünfte Generation von Batteriezellen und Elektro-
antrieb im Markt. Von dieser Erfahrung profitieren unsere Kunden
jeden Tag.
Corona beeinträchtigt die Wirtschaft nun schon im zweiten
Jahr in einem erheblichen Ausmaß. Wie hat die BMW AG die
Pandemie erlebt?
Die Corona-Pandemie ging zu Beginn mit großer Unsicherheit
und Volatilität einher und hat natürlich auch die BMW Group vor
besondere Herausforderungen gestellt. Es ist uns aber gelun-
gen, diese zu meistern – unter anderem mit neuen Formen der
digitalen Zusammenarbeit und einer noch stärkeren Vernetzung.
Wir haben die Zeit sogar genutzt und zentrale Weichenstellungen
für den langfristigen Unternehmenserfolg vorgenommen. Damit
haben wir den Transformationsprozess der BMW Group weiter
vorangetrieben – und das schneller als geplant.
Vor welchen Herausforderungen wird die Automobilindustrie
in der Zukunft stehen?
Für die BMW Group ist klar: Die Zukunft ist nachhaltig, zirkulär,
digital und innovativ. Wir müssen den Wandel in Richtung Nachhal-
tigkeit schaffen und gleichzeitig weiter unsere Kunden begeistern,
ein globaler Anbieter sein und für unsere Aktionäre ein attraktives In-
vestment darstellen. Dazu muss jedes Produkt der BMW Group den
fortschrittlichsten Stand der Technik abbilden. Die Gleichzeitigkeit
dieser Aufgaben ist die zentrale Herausforderung für die Branche.
Hand aufs Herz: Welches Auto fahren Sie selbst, Benziner
oder E-Auto?
Beides: Ich fahre aktuell den BMW iX, unser neues Elektro-Flagg-
schiff, der mich jedes Mal aufs Neue begeistert. Gleichzeitig teste
ich regelmäßig unsere anderen neuen Modelle – egal ob volle-
lektrisch, Plug-in-Hybrid oder Verbrenner. Wir leben eben in der
Phase der Gleichzeitigkeit – nicht des „Entweder, oder“.
Im Gespräch mit DR. HELGA RABL-STADLER
Frau Dr. Rabl-Stadler, die Kulturbranche hat schwer unter der
Pandemie und den Einschränkungen gelitten. Wie erging es
den Salzburger Festspielen und deren Künstler?
Es ist den Festspielen gelungen, auch im Pandemiejahr 2020
110 Vorstellungen ohne einen einzigen positiv getesteten Fall auf
die Bühne zu bringen. Unsere Strategie, Vorrang für die Gesund-
heit, für künstlerisch anspruchsvolle Produktionen zu finanziell
verantwortbaren Bedingungen zu bieten, ging auf. Auch weil wir
von der öffentlichen Hand rasch und unbürokratisch finanzielle Hil-
fe bekamen. Besonders wichtig war die Kurzarbeitsunterstützung.
Sie übertragen Ihre Stücke unter anderem online für den
Zuschauer zuhause. Ist es ein Format, das bleiben wird oder
war es eine Pandemie-Notlösung?
Streaming und Aufzeichnungen sämtlicher Produktionen für
Fernsehen sind wichtiger denn je. In Pandemiezeiten schienen sie
manchmal eine Notlösung. In Wahrheit aber sind sie ein selbst-
verständlicher Service für Menschen, die die Musik lieben, und
ein wichtiges Marketingtool für uns, die Kultur-
institutionen.
Wie ist die Rückmeldung der Zuschauer
auf das Online-Programm?
Dankbar, ja geradezu euphorisch.
Die Salzburger Festspiele 2021 waren wie-
der ein großer Erfolg. Wie gestalteten sich
die Monate vor der Veranstaltung ange-
sichts der unsicheren Pandemielage?
Die wunderbaren Erfolge lassen uns verges-
sen, wie schwer uns die Pandemie das Leben
machte. Ständiges Testen, ständiges Umdisponieren, ständige
Probleme mit Quarantäne und Einreisebestimmungen.
Ist es für die Branche möglich, sich nach Corona wieder
vollständig zu erholen?
Ich bin ein positiver Mensch und hoffe, dass wir die Menschen
wieder ins Theater bringen. Der nahezu ausverkaufte Festspiel-
sommer lässt Gutes erwarten.
Geschmäcker und das Publikum verändern sich mit den
Jahrzehnten. Welche Ansprüche muss Kultur heutzutage
erfüllen?
Kunst muss die Probleme unserer Zeit
darstellen, muss die Fragen stellen, die in
den oberflächlichen Internetmeldungen
untergehen. Liebe und Hass, Rache und
Vergebung, Krieg und Frieden – all das
finden Sie in Theater, Oper und bildender
Kunst wieder. Kunst kann die Menschen
zum Denken bringen. Dadurch ist sie gera-
de in Zeiten des grassierenden Populismus
wichtig für die Demokratie.
Mit Ausnahme moderner Adaptionen wie
„Lion King“ hat das Theater einen doch
etwas eingestaubten Ruf in der jüngeren Gesellschaft. Wie
kann man es schaffen, diese Generation für Oper zu begeis-
tern?
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das größte selbstständige Kredit-institut der Region. Die Sparkassehat Ende 2020 über 2 Mrd. € Kreditein der Region vergeben. Rund 10.000überwiegend gewerbliche Kundensowie weit über 100 kommunaleKunden werden mit Kapital versorgt.Über 2,7 Mrd. € Guthaben vonKunden sind bei uns sicher angelegt.Darüber hinaus ist die Sparkasse mit
gestellten ein bedeu-knapp 600 Antender Arbeitgeber unserer Region.Mit 0 Auszubildenden ist die Spar-3kasse auch ein wichtiger Ausbildungs-betrieb im Passauer Land.
„Unsere lokale Verflechtung sowie dasregionale Netzwerk sind Teil unsererGeschäftsgrundlage”, bestätigt derVorstandsvorsitzende der SparkassePassau, Christoph Helmschrott. Unter-strichen wird die Identifikation mitdem Passauer Land durch ein beacht-
liches Engagement von 526.000 € anSpenden und Sponsoringmitteln imJahr 2020. Dabei ist die Sparkasse einleistungsfähiges Wirtschaftsunter-nehmen, das sich dem harten Wettbe-werb der Branche stellen muss. Umsobeachtlicher ist der wirtschaftliche Er-folg: Im vergangenen Jahr hat dieSparkasse Gewerbe-rund 2,3 Mio. €steuer in die Töpfe der Kommunen ab-geführt und ist damit einer der größ-ten Steuerzahler. Geld, das wiederumhier für die regionale Entwicklung zurVerfügung steht.
MiE ∙ 24 MiE ∙ 25
WIRTSCHAFT ■■ WIRTSCHAFT
„Worte öffnen Wege. Sie sind der Schlüssel zur Seele und die Brücke zum Nächsten.“Else Pannek (1932–2010)
Wir gratulieren den Veranstaltern von MENSCHEN in EUROPA zum 25-jährigen Bestehen der Veranstaltungsreihe.Wir freuen uns auch dieses Jahr auf einen lebendigen Austausch und aufschlussreiche Dialoge mit interessantenPersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur und wünschen den Veranstaltern viel Erfolg.
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Menschen in Europa – für ein europäischesund grenzenloses Miteinander, seit 25 Jahren.
Passau I Dresden I Mühldorf/Inn I Tittling I Deggendorf I Regensburg I Rosenheim
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karten zu sehr reduzierten Preisen an. Wir haben zu unserem
100-Jahr-Jubiläum das Geld nicht für Feuerwerke verwendet.
Wir haben es in eine beachtliche Erweiterung des Programms für
Kinder und Jugendliche investiert.
Hand aufs Herz: Was ist Ihr liebster Programmpunkt bei den
Salzburger Festspielen?
Das dürfen Sie eine Präsidentin nicht fragen. Es sind ja alles auch
meine Kinder. Ich kann doch nicht zwischen der herrlich leichten
Cosi fan tutte und der unvorstellbar packenden Elektra wählen.
Im Gespräch mit BERTRAM BROSSARDT
Herr Brossardt, Sie sind seit 2005 Hauptgeschäftsführer der
vbw, vertreten 147 bayerische Arbeitgeber- und Wirtschafts-
verbände sowie 46 Einzelunternehmen. Wie sind Ihre Mitglie-
der durch die Corona-Pandemie gekommen?
Die Corona-Krise war sehr herausfordernd und für viele Un-
ternehmen existenzbedrohend. Dennoch ist die bayerische
Wirtschaft bisher – insgesamt betrachtet – besser als erwartet
durch die Krise gekommen. Wenn alles gut geht, erwarten wir im
Jahresdurchschnitt 2021 eine Zunahme des Bruttoinlandspro-
dukts in Bayern um gut drei Prozent. Die Maßnahmen der Politik
zur Eindämmung der Pandemie sind in Umfang und Wirkung
auch im internationalen Vergleich außergewöhnlich und haben
geholfen, die Unternehmen über die schwierige Zeit zu bringen.
Hilfen zur Liquiditätssicherung und zur Kurzarbeit sind hier nur
zwei Beispiele.
Nicht nur Corona macht der Wirtschaft zu schaffen: Viele
Firmen produzieren im Ausland, unsere Ware kommt immer
öfter aus China – wie schafft man es, „Made in Germany“ zu
fördern und konkurrenzfähig zu halten?
Erzeugnisse „Made in Germany“ und „Made in Bavaria“ genügen
höchsten Ansprüchen und zeugen von Spitzenqualität. Unser
Problem sind die Kosten, vor allem in den Bereichen Arbeit und
Energie. Hier verlieren wir Wettbewerbsfähigkeit. Der Staat muss
handeln, indem er die Unternehmen von Steuern, Abgaben und
Regularien befreit und weitere Steigerungen der Sozialversiche-
rungsbeiträge verhindert, die stets direkt auf die Arbeitskosten
durchschlagen. Wichtig ist zudem, dass die Energiepreise ge-
senkt werden. Zum Thema „Chinesische Waren in Europa“ stellen
wir fest, dass das Ziel der „level playing fields“ leider bis heute
keine Realität ist. Das bedeutet: Es gibt für europäische Unter-
nehmen keine vergleichbaren Zugangsbedingungen zum chinesi-
schen Markt wie das umgekehrt für chinesische Unternehmen in
Europa der Fall ist. Hier ist insbesondere die EU gefordert.
Klimapolitik wird ein Schwerpunkt der nächsten Legislatur-
periode sein. Viele befürchten, dass neue Klimaschutzmaß-
nahmen und höhere Energiepreise zu Lasten des Wirt-
schaftsstandortes Deutschland gehen. Sie auch? Wo sehen
Sie Chancen für die Wirtschaft?
Die hohen Strompreise in Deutschland belasten schon jetzt die
internationale Wettbewerbsfähigkeit. Sie müssen dringend auf
ein international wettbewerbsfähiges Niveau gebracht werden.
Dazu ist die EEG-Umlage zu beseitigen und Netzentgelte und
Stromsteuer sind zu senken. Der Ausbau erneuerbarer Energien
wirkt im Hinblick auf steigende CO2-Preise dämpfend auf den
Strompreis und muss beschleunigt werden. Klimaschutz muss als
Infrastruktur- und Modernisierungsprojekt verstanden werden, das
den Industriestandort stärkt. Produktion, Arbeitsplätze und Know-
how dürfen nicht in Länder mit niedrigeren Klimaschutzstandards
abwandern, weil an unserem Standort nicht mehr wettbewerbsfä-
hig gewirtschaftet werden kann. Den Schlüssel für einen effekti-
ven globalen Klimaschutz sehen wir als bayerische Wirtschaft vor
allem in der Entwicklung und im internationalen Einsatz innovativer
Technologien. Damit sich die Innovationskraft der bayerischen Un-
ternehmen entfalten kann, braucht es die richtigen Rahmenbedin-
gungen. Hier ist es wichtig, vorrangig auf Anreize statt auf Verbote
zu setzen und Technologieoffenheit zu gewährleisten.
Hand aufs Herz: Welche Branchen bereiten Ihnen langfristig
gesehen die größten Sorgen und weshalb?
Sorgen ist vielleicht zu viel gesagt, aber wir müssen wachsam
bleiben. Angesichts der hohen Energiepreise müssen wir die
energieintensiven Branchen wie die Chemie- oder Papierindustrie
besonders im Blick haben. In der Industrie insgesamt konnte im
Juni der Output von 2019 aber wieder übertroffen werden.
Die Industrie leidet aber, genauso wie der Bau und das Hand-
werk, massiv unter fehlendem Material und Vorprodukten. Das
bremst den Erholungsprozess.
Die digitale Transformation ist eine Herausforderung für alle
Branchen, besonders aber für die Metall- und Elektroindustrie mit
ihrem hohen Technisierungs-Grad. Corona muss der Digitalisie-
rung einen Schub geben, sonst fallen wir hier zurück.
Die zweite und dritte Corona-Welle hat im ersten Quartal 2021
die Gastronomie,
das Beherber-
gungsgewerbe und
den stationären
Nicht-Lebensmit-
tel-Einzelhandel
stark getroffen.
Inzwischen liegen
die Umsätze wieder
über dem Vorjahresniveau, dabei muss man aber berücksichtigen,
dass vor einem Jahr bereits die erste Welle der Corona-Pandemie
die Umsätze einbrechen ließ. Das Vorkrisenniveau von 2019 wird
auch derzeit noch deutlich unterschritten. Hier wird es darauf an-
kommen, dass die Betriebe durchgängig geöffnet bleiben, dann
ist eine nachhaltige Erholung denkbar.
Nina Schmitzer
‚‚ CORONA MUSS DER
DIGITALISIERUNG
EINEN SCHUB GEBEN,
SONST FALLEN WIR
HIER ZURÜCK
MiE ∙ 26 MiE ∙ 27
GESUNDHEIT ■
WIE NACHHALTIG IS(S)T DEUTSCHLAND?
MICHAELA KANIBER, Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
ANTON SCHMAUS, Sternekoch und Chefkoch des DFB
Moderation: TILMANN SCHÖBERL, Bayerischer Rundfunk
DONNERSTAG, 25. NOVEMBER 2021Beginn 18.00 Uhr · Einlass 17.00 Uhr
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Bei Fragen erreichen Sie uns unter:
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DR. ECKART VON HIRSCHHAUSEN, Arzt und Wissenschaftsjournalist
Tomaten aus Spanien, Avocados
aus Mexiko und Speisepilze
aus Polen – Obst und Gemüse
in deutschen Supermärkten
kommt häufig aus dem Ausland. Allein
im vergangenen Jahr wurden rund 15
Millionen Tonnen in die Bundesrepublik
importiert – per Schiff, Flugzeug oder
Lkw. Während sich der Kunde über
ganzjährige Angebote freut, ächzt die
Umwelt unter den Schadstoffen der
Transportwege. Dabei sind diese im
Vergleich noch das geringste Prob-
lem: Monokulturen, die Abholzung der
Regenwälder und Massentierhaltung als
Konsequenz unserer Ernährung belasten
Mutter Erde massiv.
Die Hilferufe unseres Planeten sind
immer deutlicher zu hören und die
Menschen reagieren darauf: Verbrau-
cher setzen mehr auf regionale und
saisonale Erzeugnisse, wünschen sich
umweltfreundlichere Verpackungen und
versuchen sich zunehmend in der vege-
tarischen und veganen Küche. Trotzdem
boomt das Geschäft mit Billigfleisch
weiter, Lebensmittel werden weggewor-
fen und Fast Food landet regelmäßig
auf deutschen Tellern. Wie nachhaltig
und gesund essen die Deutschen denn
jetzt tatsächlich? Welche Auswirkungen
hat schlechte Ernährung auf den Körper
und unsere Umwelt? Und wie verarbeitet
man Lebensmittel richtig? Diese Fragen
stellen sich Michaela Kaniber, Bayerische
Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten, Dr. Eckart von Hirschhau-
sen, Arzt und Wissenschaftsjournalist
und DFB-Sternekoch Anton Schmaus
unter Moderation von BR-Journalist
Tilmann Schöberl am 25. November.
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Im Gespräch mit MICHAELA KANIBER:
Frau Kaniber, gesunde und bewusste Ernährung wird immer
mehr Thema. Ernähren sich die Bayern schon gesünder und
nachhaltiger?
Jeder von uns ist jeden Tag mehrfach mit diesem Thema befasst.
Manchmal unbewusst, aber immer öfter auch sehr bewusst.
Immer mehr Menschen machen sich Gedanken darüber, was und
wie sie essen. Zum einen mit Blick auf sich selbst, zum anderen
aber aus Verantwortung für die Umwelt, die Natur, das Tierwohl,
ihre Heimat und das Klima. Und wir haben beobachtet, dass wäh-
rend der Corona-Pandemie dieses Bewusstsein noch gewachsen
ist. Das ist gut so. Diesen positiven Effekt wollen wir nutzen und
in die Zukunft tragen. Denn unsere Bauern erzeugen hervorra-
gende Produkte aus der Region. Die gestiegene Wertschätzung
der Verbraucher ist auch ein ganz entscheidender Schritt zu mehr
Wertschöpfung für unsere bäuerlichen Betriebe.
Lebensmittel sind so billig wie nie, regionale Produkte stehen
oft in Konkurrenz mit günstiger importierter Ware. Sehen Sie
hier die Aufgabe der Politik, den Markt zu regulieren und den
Weg für regionale Produkte frei zu machen?
Die Politik kann nicht Preise vorgeben, das wäre ein fataler Weg
in eine linke Planwirtschaft, die noch überall auf der Welt geschei-
tert ist. Wir können nur die Rahmenbedingungen mitgestalten.
Aber in der Tat sind die Marktbedingungen schwierig, weil unsere
guten bayerischen Produkte mit günstigeren Erzeugnissen, die
oft unter anderen Bedingungen hergestellt werden, konkurrieren
müssen. Man sieht hochwertigen Produkten die bessere Qualität
nicht immer an. Aber letztendlich entscheidet immer der Kunde
an der Ladentheke nicht nur über seine eigene Ernährung, son-
dern auch über die Art der Produktion. Deshalb wollen wir seine
Kaufentscheidung für regionale Produkte erleichtern. Bei unseren
beiden gut eingeführten Zeichen „Geprüfte Qualität – Bayern“ und
„Bayerisches Bio-Siegel“ beispielsweise kann er sich darauf ver-
lassen, dass sie garantiert aus Bayern kommen. Wir fördern auch
den europäischen Herkunftsschutz bayerischer Spezialitäten. Wir
haben zudem eine Plattform mit Direktvermarktern aufgebaut,
die ihre regionalen Produkte direkt ab Hof verkaufen. Und wir un-
terstützen die Bauern auch, wenn es um ihre Position am Markt
geht. Denn wir
wollen ein faires
Miteinander von
Landwirten und
Lebensmittelher-
stellern.
Wir stellen fest,
dass immer mehr
Konsumenten genau wissen wollen, woher ihre Lebensmittel
kommen und wie sie hergestellt werden. Umfragen zufolge wün-
schen sich drei Viertel der Verbraucher mehr regionale Produkte
in den Supermarktregalen. Das ist für unsere landwirtschaftlichen
Betriebe und unser Ernährungshandwerk eine große Chance.
Die Grundsteine für Ernährung werden in der Kindheit gelegt.
Doch wie lassen sich Kinder ernährungsbewusst erziehen?
Das stimmt: Die Prägung in früher Kindheit hat einen großen Ein-
fluss auf spätere Gewohnheiten. Diese Zeit ist ein weiterer wichti-
ger Baustein für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln. Darum
setzen wir hier ebenfalls an. Bereits in der Kita sollen sich Kinder
mit einer ausgewogenen und gesunden Ernährung vertraut ma-
chen. Mit dem EU-Schulprogramm erhalten Kinder ab drei Jahren
in Kindergärten und Schüler in Grundschulen kostenlos frisches
Obst, Gemüse, Milch und Milchprodukte. Für das Programm stellt
‚‚ IMMER MEHR MENSCHEN
MACHEN SICH GEDANKEN
DARÜBER, WAS UND WIE
SIE ESSEN
▶
MiE ∙ 28 MiE ∙ 29
GESUNDHEIT ■■ GESUNDHEIT
Grillen?MEGGLE!
Nicht ohne
Bayern jedes Schuljahr mehrere Millionen Euro zur Verfügung. Zu
einer ausgewogenen Ernährung gehören für uns aber auch tieri-
sche Produkte. Fleisch und Milch sind reich an Eiweiß und weiteren
Nährstoffen - wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen das.
Unsere regionalen Vernetzungsstellen unterstützen seit über zehn
Jahren Kindertageseinrichtungen und Schulen dabei, ihr tägliches
Verpflegungsangebot gesünder, genussvoller und nachhaltiger zu
gestalten.
Ganz entscheidend ist aus meiner Erfahrung als Mutter aber auch
das gute Vorbild, das wir unseren Kindern geben. Denn Kinder
beobachten sehr genau. Deshalb werbe ich dafür, durch gute
Beispiele das künftige Ernährungsverhalten und die Wertschät-
zung zu beeinflussen.
Wie gelingt es, die Menschen abzuholen und eine bewusste-
re Lebensweise für Verbraucher attraktiv zu machen?
Eigentlich wollen sich die meisten Menschen gesund und nach-
haltig ernähren. Im Alltag scheitert das zum Teil am Preis, aber
auch daran, dass viele zwischen Beruf, Familie und Verpflichtun-
gen wenig Zeit für diese Fragen aufwenden können.
Deshalb wollen wir es einfacher und günstiger machen, sich
nachhaltig zu ernähren. Wir setzen uns zum Beispiel ein für Bay-
ern-Regale in Supermärkten, wir unterstützen die Direktvermark-
tung oder wir weisen online auf die regionalen Angebote hin.
Wir müssen dahin gehen, wo die Menschen sind. Sowohl mit
unseren Bildungs-, wie auch mit den Informationsangeboten. Um
Kinder und Jugendliche anzusprechen, halte ich Elemente der
Erlebnispädagogik für ausgesprochen wichtig. Das zeigt sich im-
mer wieder an unseren erfolgreichen Programmen „Wissen wie es
wächst und schmeckt“ und dem „Erlebnis Bauernhof“. Außerdem
sind heute die sozialen Medien unverzichtbar, um das jüngere
Zielpublikum abzuholen.
Falsche Ernährungsweisen können schwere gesundheitliche
Folgen haben. Wie wirken sich diese auf unser Gesundheits-
system aus?
Dazu gibt es eine Studie aus meinem Fachbereich. Danach sind
die Mehrkosten durch eine einseitige Ernährung oder Fehlernäh-
rung für das Gesundheitssystem etwa um das 1,6-fache höher
als bei einer gesunden Ernährungsweise. Das würde umgerech-
net etwa 775 Euro je versicherter Person entsprechen. Neben
den Gesundheitskosten fallen aber auch noch Produktivitäts-
ausfälle an, zum Beispiel durch Arbeitsunfähigkeit. Die liegen bei
Krankheiten, die auch ernährungsbedingt sind, um das 1,7-fache
höher. Die Ernährung ist also ein nicht zu unterschätzender Ein-
flussfaktor für unsere Gesellschaft.
Wir dürfen Erkrankte aber nicht in erster Linie als Kostenfaktor
sehen. Wir wollen doch aus innerster Überzeugung, dass es den
Menschen gut geht. Und schon deshalb werben wir für gesunde
Ernährung.
Ein viel diskutiertes Thema ist die Verschwendung von
Lebensmitteln. Wie soll dieses Problem angegangen und
beseitigt werden?
Das tut mir in der Seele weh, wenn ich höre, wie viele Lebensmit-
tel jedes Jahr weggeworfen werden. In Bayern enden im Durch-
schnitt pro Person und Jahr 65 Kilogramm Lebensmittel im Abfall.
Das entspricht in der Summe einer Menge von 73.000 vollbela-
denen Lastwagen. Von diesen 65 Kilogramm wären wiederum 43
Kilogramm, also zwei Drittel, vermeidbar. Die Bayern werfen zwar
weniger weg als im Bundesdurchschnitt, aber wir müssen unsere
Lebensmittel mehr achten.
Zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung können und
müssen viele beitragen, denn es gibt nicht nur einen Hauptverant-
wortlichen. Deshalb sind wir in Bayern mit unserem Bündnis „Wir
retten Lebensmittel!“ aktiv. Der WWF hat Bayern 2018 sogar als
„Vorreiter gegen Lebensmittelverschwendung“ bezeichnet. Wir
haben schon vieles angeschoben und umgesetzt. Unsere Ideen-
werkstatt „Handel(n) rettet Lebensmittel“ sammelt Best-Practice-
Beispiele, wie auch Lebensmittelhändler gegen die Verschwen-
dung vorgehen können. Daneben sind wir gerade mit unserem
Bildungsprogramm „Lebensmittelfreunde“ in den Grundschulen
am Start. Wie gesagt, jeder kann hier etwas tun.
Hand aufs Herz: Kaufen Sie immer regional oder muss es
manchmal auch vom Discounter sein?
Auch wenn es mittlerweile beim Discounter Regionaltheken gibt,
was ich sehr begrüße: Ich kaufe am Wochenende schon sehr
gerne bei unserem Metzger, Bäcker und Lebensmittelhändler am
Ort ein. Da kommt dazu, dass ich den persönlichen Kontakt sehr
mag. Die wesentlichen Entscheidungskriterien sind für mich die
Qualität, die regionale Herkunft und dass die Lebensmittel fair,
umwelt- und tierfreundlich hergestellt sind. Inzwischen reden
auch meine Töchter mit, was eingekauft und gekocht wird. Und
die haben da, wie ich auch, sehr klare Vorstellungen.
Im Gespräch mit DR. ECKART VON HIRSCHHAUSEN:
Als Kabarettist sind Sie seit Jahrzehnten für Ihren cleveren
Humor bekannt. Seit drei Jahren engagieren Sie sich
mit Scientists for Future und inzwischen mit ihrer
eigenen Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“
für den Klimaschutz. Wieso ist es für Sie persönlich gerade
jetzt so wichtig, sich für den Schutz des Klimas einzu -
setzen?
Mir ist klar geworden, dass die größte Gesundheitsgefahr im 21.
Jahrhundert die Klimakrise mit all ihren Risiken und Nebenwir-
kungen für Leib und Seele ist. Und dazu kann ich dann weder als
Arzt noch als öffentlicher Mensch einfach so weiter machen wie
bisher. Das hat Priorität, persönlich und politisch. Es ist Aufgabe
von Ärzten, Leben zu erhalten und manchmal auch schlechte
Nachrichten zu überbringen. Und das brauchen wir jetzt: keine
Panik, aber oberste Priorität zum Erhalt unserer Lebensgrund-
lagen.
Aber keine Angst – ich habe auch bei dem Thema meinen Humor
und meinen Optimismus nicht verloren. Deshalb freue ich mich
auch so auf die Veranstaltung in Passau, denn eine echte Begeg-
nung mit echten Menschen ist durch kein Buch, keine Fernseh-
sendung oder das Internet zu ersetzen.
Sie erzählten kürzlich, dass die Begegnung mit Jane Goo-
dell und die Fridays for Future Bewegung Ihnen einen neuen
Denkanstoß gegeben haben. Was faszinierte/beeindruckte
sie so sehr an diesen Menschen?
Entscheidend für mich war meine Begegnung mit Jane Goodall.
Ich traf sie vor circa zwei Jahren für ein Interview beim Deutschen
Nachhaltigkeitspreis, und diese Dame von über 80 Jahren ist eine
der charismatischsten Menschen, denen ich jemals begegnet bin.
Sie ging als junge Frau in den Dschungel und revolutionierte unser
Bewusstsein für die Menschenaffen. Heute ist sie die weltweit
bekannteste Umweltaktivistin. Sie stellte mir eine ganz einfache
Frage: Wenn der Mensch die intelligenteste Art auf dem Planeten
ist – warum zerstört er dann sein eigenes Zuhause? Diese Frage
hat mich schlucken lassen und mir aufs Eindringlichste gezeigt,
dass wir handeln müssen. Weil mir inzwischen Politiker die
Pointen liefern, die „Fridays for Future“ nicht ernst nehmen und
„Profis“ einfordern, habe ich zusammen mit über 28.000 weiteren
Wissenschaftlern als „Scientists for Future“ eine Stellungnahme
unterzeichnet: die Jugendlichen haben recht, wir sind in einer
Klimakrise und müssen dringend handeln. Wir sind die erste Ge-
neration, die mitbekommt, wie viele Dinge sich gerade unschön
ändern – und die vielleicht letzte, die etwas daran ändern kann,
bevor globale Kipppunkte erreicht werden.
Ihre Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ soll
bewusst machen, welche Rolle wir in der Natur spielen und
wie wir uns und unser Klima retten können. Ein wichtiger
Punkt ist die Ernährung. Was muss Ihrer Meinung nach hier
passieren?
Wenn die Menschen wissen, was sie tun, und was sie anrichten,
verhalten sie sich anders. Weniger Fleisch zu essen ist sinn-
voll, weil wir die Erde zugrunde richten mit Ackerflächen, die für
Futtermittel gerodet werden, und und und – alles bekannt, aber
wir erleben das nirgends. Es bleibt so herrlich abstrakt, dass
für eine Kalorie
aus Fleisch, 20
Kalorien erstmal
verfüttert werden
müssen und
die lösen sich ja
nicht in Luft auf,
sondern in Kli-
magasen – als Rülpse, Pupse und Fäkalien – um mal deutlich zu
werden. Wie wäre es, wenn man ein Kilo Fleisch im Supermarkt
kauft und an der Kasse dazu dann automatisch einen 20 Liter Ei-
mer Gülle mit ausgehändigt bekommt. „So Herr v. Hirschhausen,
das gibt es ab heute nur noch im Doppelpack, das haben Sie mit
eingekauft, brauchen Sie einen Deckel oder geht das so mit? Viel
Spaß beim Grillen!“ Mit der Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde
Menschen“ möchte ich dazu beitragen, dass diese notwendige
‚‚ GESUNDE MENSCHEN
GIBT ES NUR AUF EINEM
GESUNDEN PLANETEN
▶
MiE ∙ 30 MiE ∙ 31
GESUNDHEIT ■■ GESUNDHEIT
Welche Rolle spielt Regionalität und Saisonalität in Ihren
Restaurants?
Saisonalität spielt eine große Rolle, wir kreieren zu jeder Jahres-
zeit auch entsprechende Gerichte. Bei der Regionalität wird es
schwieriger, ich würde gerne mehr regional kaufen. Aber manche
Produkte, gerade wenn ich an die Sushi-Bar denke, gibt es eben
nicht in der Region. Aber wo immer möglich, kaufen wir regional,
das ist klar.
Lebensmittel aus dem Supermarkt vs. Lebensmittel aus der
regionalen Landwirtschaft. Merkt man konkrete Unterschie-
de? Wenn ja, welche?
Ja ich finde schon, dass der Salat von einem regionalen Erzeuger
mehr Geschmack hat als aus dem Supermarkt. Was mich kon-
kret stört ist der Einheitsbrei in den Supermärkten. Es gibt überall
die gleiche Auswahl – und meist noch in Plastik verpackt.
Was halten Sie von tiefgefrorenen Gerichten und Fast Food?
Sind wir mal ehrlich, jeder von uns isst gerne mal einen Burger
oder schiebt sich eine Pizza in den Ofen. Ich finde das nicht
schlimm, so lange es in Maßen ist und nur ab und zu stattfindet.
Ist vegane und/oder vegetarische Ernährung auch in der
Sterneküche auf dem Vormarsch?
Absolut! Wir bieten im Storstad und im Sticky Fingers schon lan-
ge Zeit auch vegetarische Gerichte und Menüs an, das würde gar
nicht mehr anders gehen. Ca. 30 Prozent unserer Gäste ernähren
sich vegetarisch. Vegan ist noch nicht so sehr nachgefragt.
Woraus besteht eine gesunde und gut bekömmliche Mahl-
zeit?
Bekömmlich ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Aber
gesund sind Gerichte mit einer Kombination aus Kohlenhydraten
und pflanzlichen oder tierischen Proteinen, also Reis, Kartoffeln,
Nudeln kombiniert mit Fleisch oder Fisch. Ich persönlich würde
mich am liebsten jeden Tag von selbstgemachter Pizza ernähren.
Teig, Tomatensauce, Käse – damit deckt der Mensch alle Nähr-
stoffe ab, die er braucht.
Hand aufs Herz: Ist es schwierig, den Geschmack der ge-
samten Nationalmannschaft zu treffen? Welcher Spieler ist
der schwierigste Esser?
Mit einem Gericht trifft man nie den Geschmack von 70 Men-
schen, egal ob Fußballer oder nicht. Das ist bei der National-
mannschaft nicht anders. Deshalb gibt es auch immer Buffet, hier
können die Spieler auswählen. Und ich kenne inzwischen meine
Spieler, ich weiß, wann ihre Augen leuchten und wann nicht. Das
findet man schnell raus. Und den schwierigsten Esser präsentiere
ich natürlich nicht in einem Interview auf dem goldenen Teller :-).
Nina Schmitzer
Transformation von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft neuen
Schwung bekommt. Dazu brauchen wir einen frischen „Spirit“:
überparteilich, kooperativ, generationsübergreifend und mit an-
steckend guter Laune. Ziel all‘ unserer Aktivitäten ist es, dass der
deutlichen Mehrheit unserer Gesellschaft bewusst wird: Gesunde
Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten. Und dafür
brauchen wir radikale Änderungen in der Art und Weise, um
zukunftsfähig und enkeltauglich zu leben.
Sie sagen, Corona sei eine vom Menschen gemachte Krise
und gehe mit dem Artensterben und der Erderwärmung ein-
her. Wie genau hängen diese Dinge zusammen?
Tatsächlich ist Corona wie auch schon HIV, Ebola und Sars ja ein
Virus aus dem Tierreich, eine Zoonose. Sind die Tiere böse? Nein,
wir Menschen nehmen ihnen den Lebensraum weg, wir jagen,
handeln und fressen sie, und damit provozieren wir gerade zu
immer neue Pandemien. Das ist unglaublich dumm. Wir sind viel
verletzlicher, als wir gedacht haben, und müssen Gesundheit global
denken. Ein Virus fragt nicht nach einem Visum, um Ländergrenzen
zu überspringen. So wenig, wie ein CO2-Molekül in der Atmosphä-
re fragt, aus welchem Land es kam. In unserem Körper kommt
alles zusammen und verstärkt sich: Acht Millionen Menschen ster-
ben jedes Jahr an Luftverschmutzung, und eine Lunge, die Dreck
einatmen muss, ist auch viel anfälliger für Corona. Naturschutz und
Tierschutz ist auch Gesundheitsschutz, wenn wir das aus dem
letzten Jahr gelernt haben, war es wenigstens zu etwas gut.
Wie sieht, unter den Gesichtspunkten der Lebenserwartung,
Nachhaltigkeit und Regionalität, Ihrer Meinung nach das
ideale Essverhalten des Menschen aus und wie lässt sich
das umsetzen?
Die Idee einer „Planetary Health Diet“ verbindet das, was dem
Körper guttut, mit dem, was dem Planeten guttut. Und das ist vor
allem weniger Fleisch, weniger Zucker und Milchprodukte, mehr
Nüsse, Hülsenfrüchte und buntes Gemüse. Das kann man den
Menschen nicht „vorschreiben“ aber „verschreiben“.
Die Erderwärmung ist nicht nur unser Problem, es ist eine
globale Krise. Welche gemeinsamen Ziele müssen verfolgt
werden, um sie abzuwenden?
Sehr viele! Die Treibhausgase nehmen uns einfach in den Schwitz-
kasten. Deshalb müssen wir in allen Bereichen sehr schnell
umsteuern, denn unsere Mutter Erde ist auf der Intensivstation.
Emissionen können wir sparen, wenn wir uns im Winter zuhause
einen Pulli anziehen, statt die Heizung aufzudrehen, möglichst viel
mit dem Fahrrad fahren und wenig Fleisch essen. Aber indivi-
duelle Maßnahmen alleine reichen nicht. Deshalb ganz wichtig:
Werden Sie politisch! Es ist falsch, alle Kraft auf die Vermeidung
von Plastiktüten zu legen, wenn Flüge weiterhin in Deutschland
billiger sind als Bahnfahrten. Und wenn Milliarden-Subventionen
in der Landwirtschaft und in der Energieerzeugung genau die
falsche Richtung befeuern. Deswegen müssen wir überregional,
europäisch und global denken, denn wir haben noch zehn Jahre,
die darüber entscheiden, wie die nächsten 10.000 Jahre für die
Zivilisation werden. Klima ist kein „Modethema“, sondern eine
Frage des Überlebens.
Hand aufs Herz: Was wird die Menschheit erwarten, wenn wir
nicht jetzt unseren Kurs ändern und gegen die Erderwärmung
vorgehen?
Dass die Hitze schlimmer wird, hat schon jetzt konkrete Folgen.
Ältere Leute sterben, weil sie den Kreislaufbelastungen nicht
standhalten können. Dann werden sich sämtliche Infektions-
krankheiten verschlimmern und auch nach Deutschland kommen.
Malaria, Dengue-Fieber oder Gelbfieber zum Beispiel. Es leben
jetzt schon Mücken in Baden-Württemberg, die solche Infektio-
nen übertragen können. Da die Winter milder und kürzer werden,
werden auch Allergien wie Heuschnupfen viel extremer. Auch die
durch Zecken übertragenen Erkrankungen wie Borreliose werden
häufiger, weil die Viecher nicht mehr in kalten Wintern dezimiert
werden. Wenn es die Frühsommermeningoenzephalitis schon im
Januar gibt, wird doch jedem klar: Die Natur ist aus dem Takt –
und wir leiden mit.
Im Gespräch mit ANTON SCHMAUS:
Sie arbeiten jeden Tag mit Lebensmitteln, sind unter anderem
Chefkoch für die DFB-Nationalmannschaft. Worauf achten
Sie bei der Auswahl der Lebensmittel, die später auf den
Tisch kommen?
Für mich steht die Qualität der Lebensmittel an oberster Stelle,
hier sind wir auch stets im Austausch mit unseren Lieferanten.
Wo immer es möglich ist, sollten die Zutaten und Lebensmittel
aus der Umgebung kommen.
Die deutsche Küche wartet vor allem mit deftigen Gerichten
auf. Denken Sie, dass die Deutschen grundsätzlich zu unge-
sund essen?
Nein, das ändert sich gerade stark. Ich würde es auch nicht un-
gesund nennen, sondern die deftigen Gerichte sind unserer Kultur
und Geschichte geschuldet. Wenn man beispielsweise auf die His-
torie im Bayerischen Wald oder auf dem bayerischen Land schaut:
Die Leute haben dort vor zwei bis drei Generationen noch um´s
Überleben gekämpft. Sie haben das ganze Jahr hart gearbeitet,
um den Winter mit Kartoffeln, eingemachten Lebensmitteln und
Fleisch zu überstehen. Hier kann man nur kurze Zeit im Sommer
Salat und Gemüse ernten, während das am Mittelmeer das ganze
Jahr über möglich ist. Heute schöpfen wir aus dem Vollen, es
sind alle Lebensmittel aus aller Welt stets verfügbar, es sind ganz
andere Voraussetzungen. Und viele Menschen kochen nun gerne
mediterran, asiatisch, vegetarisch oder leichte Kost. Ich denke,
hier findet ein Wandel statt. Aber das benötigt eben seine Zeit.
Schwedisches Fine Dining, Fusion Kitchen und Sushi – Was
fasziniert Sie an den unterschiedlichen Küchen dieser Welt?
Die unterschiedlichen Aromen, die Düfte und Gerüchte, die un-
terschiedlichen Arten der Zubereitung – toll, was die Welt uns hier
bietet!
1996–2021 ■
25 Jahre
2013
2019
2011
2017
2013
2019
2011
2017
20192019
20192019
20182018
20182018
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20162016
20152015
2015201520122012
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20082008
20072007
20062006 20052005
20052005
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Kartenvorverkauf nur online unter:
shop.menschen-in-europa.events25 Jahre
Alle Veranstaltungen finden im Medienzentrum
der Verlagsgruppe Passau statt.
Änderungen im Programm vorbehalten.
Kartenvorverkauf nur online unter: shop.menschen-in-europa.events
25 JahreCharity · Donnerstag, 14. Oktober 2021 – 18.00 Uhr
Dirk Nowitzki – Leben nach dem ProfisportGesprächsrunde mit NBA-Profi Dirk Nowitzki über sein Engagement als UNICEF-Botschafter und die sportliche Karriere des SuperstarsModeration: Johannes B. Kerner
Politik · Dienstag, 19. Oktober 2021 – 17.00 Uhr
Viele Krisen – Wenig EuropaPodiumsdiskussion mit Sebastian Kurz, Bundeskanzler der Republik Österrreich und Dr. Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen BundestagesModeration: Theo Koll, ZDF
Kunst · Mittwoch, 27. Oktober 2021 – 18.00 Uhr
Heinz Mack – Bildhauer und Maler im LichtGesprächsrunde und Verleihung des MiE-Kunst Award an Heinz Mack mit Dr. Friedhelm Hofmann, emeritierter Bischof von Würzburg, Prof. Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister a.D. und Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Rechtsanwalt und AutorLaudatio: Fürstin Gloria von Thurn und TaxisModeration: Nina Ruge
Ausstellung · 28. Oktober 2021 bis 30. November 2021
Mack – Seasonsim Medienzentrum der Verlagsgruppe PassauTäglich von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr, freier EintrittFührung am Dienstag, 16. November 2021, 15.00 Uhr, Anmeldung unter Tel. 08 51/802-202
Kinder · Sonntag, 31. Oktober 2021 – 14.00 Uhr und 16.00 Uhr
Graf Fledermaus, Stanislaus und die PaprikabaroninEin Operettenspaß für Klein und Groß. Familienkonzert mit der Niederbayerischen Philharmonie, dem Orchester des Landestheaters Niederbayern unter der Leitung von Generalmusikdirektor und Dirigent Basil H. E. Coleman
Wirtschaft · Donnerstag, 4. November 2021 – 18.00 Uhr
Krisen, Katastrophen, Klima – Herausforderungen an die WirtschaftPodiumsdiskussion mit Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzender BMW AG, Dr. Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele und Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.Moderation: Ursula Heller, Bayerischer Rundfunk
Sport · Mittwoch, 10. November 2021 – 18.00 Uhr
Die Ära Rummenigge – 60 Titel im RückspiegelPodiumsgespräch mit Karl-Heinz Rummenigge über sein Leben als Torjäger,Vereinsvorsitzender und die Zukunft des FußballsModeration: Jessica Libbertz, Fußball-Expertin
Gesundheit · Donnerstag, 25. November 2021 – 18.00 Uhr
Wie nachhaltig is(s)t Deutschland?Podiumsdiskussion mit Michaela Kaniber, Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt und Wissenschaftsjournalist und Anton Schmaus, Sternekoch und Chefkoch des DFBModeration: Tilmann Schöberl, Bayerischer Rundfunk