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(Mit)Gestaltung von SeminarenWas braucht gutes Lehren und Lernen?
Links und Adressen:
www.montagsforum.org Hier findet ihr die nächsten Termine des Montagsforums, Protokolle der Foren und
weitere Informationen zum Projekt.
Weitere nützliche und interessante Links:
http://www.uni-bielefeld.de/paedagogik/scs/ Das Service Center Selbststudium bietet eine Reihe
interessanter Angebote für Studierende und Lehrende an, unter anderem kurze Richtlinien, die Lehrenden und
Studierenden Hilfestellung bei der Planung und Durchführung studienrelevanter Aktivitäten geben.
http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/bie/ Die Studienberatung der Fakultät für
Erziehungswissenschaften bietet Beratung zu allen Fragen rund ums Studium an.
www.bikrit.org ist die Website einer studentischen Initiative an der Universität Innsbruck, welche durch
Studierenden-Lehrenden-Tagungen versucht, Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten bereitzustellen.
http://elearning.uni-bielefeld.de/wikifarm/fields/mitbestimmung20/field.php Ein Wiki, eingerichtet von
Studierenden der Universität Bielefeld, zum Austausch und zur Diskussion über Themen, die die Uni betreffen.
http://www.swap.ac.uk/resources/publs/digests.html Diese englische Website der „Higher education Academy
Social Policy and Social Work“ stellt kurze „Teaching and Learning Guides“ bereit, etwa zu dem Thema „What
makes a good Lecturer“ oder zur Verwendung von Fallstudien in der Lehre.
Fragen der Qualität und der Gestaltung von Hochschullehre werden heiß diskutiert. Anstrengungen
zur Verbesserung der Lehre setzen jedoch meistens auf der Ebene der Universitäts- und
Fakultätsstruktur und eher selten an der konkreten Gestaltung von Lehre an. Im Rahmen des
Montagsforums haben wir uns der Frage gestellt, wie Seminare als zentrales Element der Lehre
gestaltet werden sollen, damit sie für alle möglichst sinnvoll sind. Einige Ergebnisse unserer Diskussion
werden in diesem Mofo-Guide in der Form von Vorschlägen vorgestellt. Dabei sollen neben konkreten
Entwürfen zur Gestaltung von Lehr- und Lernsettings auch allgemeine Rahmenbedingungen
thematisiert werden, die ein inhaltlich sinnvolles Lernen befördern. Die hier dargestellten Aspekte
sind als Empfehlungen zu lesen, die konkrete Gestaltung der Lehrveranstaltung sollte sich an den
Erfordernissen des Themas sowie den Interessen und Kompetenzen der Beteiligten ausrichten.
(Fortsetzung Rahmenbedingungen)
Solange aber das Wissenschaftssystem
nicht auch die Bestrebungen in der Lehre
als relevantes Kriterium für die „Lei-
stungsfähigkeit“ von Wissenschaftler-
Innen mit einbezieht, ist dies nicht
ausreichend erfüllt.
Inhalte
Es bedarf der Reflexion darüber, worum
es in einem Studium eigentlich gehen
sollte: Soll es im Universitätsstudium um
mehr gehen als um das möglichst
ökonomische Erreichen von Credit
Points, um die Beschäftigungsfähigkeit
von AbsolventInnen und um die direkte
Nützlichkeit des vermittelten Wissens,
dann folgt daraus die Notwendigkeit
einer ausgewogenen Klärung der Rolle
der Universität und des Studiums unter
Berücksichtigung des Spannungsfeldes
von wissenschaftlicher Ausbildung und
Berufsvorbereitung.
Eigene Fragen entwickeln können…„Lernen“ kann sich nicht darin erschöpfen, dass die
Lehrenden Fragen stellen und die Aufgabe der
Studierenden darin besteht, die „richtige“ Antwort
zu erahnen und erwartungsgemäß zu liefern. Wenn
auf Lehr- und Lernanordnungen, die das Fragen
ausschließlich den Lehrenden in die Hand geben
mit Passivität und Unlust reagiert wird, ist das nur
verständlich. Um Studierende als Kooperierende zu
gewinnen, ist es notwendig, Zusammenhänge zu
schaffen, in denen Fragen gestellt werden können,
deren Antwort noch nicht im Vorhinein klar ist. Dies
macht den Unterschied zwischen einer reinen
Reproduktion und der Produktion von Wissen.
Letztere verlangt von den Lehrenden, dass sie
bereit sind, sich nicht als „(All)Wissende“ zu
gerieren, sondern die Studierenden sukzessive an
die Fragen heranzuführen, deren Antwort auch sie
noch nicht kennen. Lehrende müssen also bereit
sein, ihre eigenen Positionen zur Disposition zu
stellen und Studierende (wenn auch teilweise
kontrafaktisch) als kompetente Diskussionspartner-
Innen zu adressieren.
Verbindlichkeit herstellenUm sinnvoll in Seminaren arbeiten zu können, bedarf es einer „Kultur der
Verbindlichkeit“. Dies bedeutet, dass Studierende und Lehrende eine (auch
informelle) Vereinbarung treffen, in welcher die Eckpunkte der Zusammenarbeit
festgehalten werden. Das hört sich hochtrabend an, bedeutet aber, dass sich über
einige wichtige Fragen verständigt wird: Wie wollen wir zusammen arbeiten? Auf
welche Modi können wir uns einigen, damit es für alle Beteiligten sinnvoll ist? Hierzu
gehört, dass die Erwartungen der Studierenden und Lehrenden zu Beginn (und
während des Seminars) thematisiert werden.
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Nr. 1, April 2010
MoFo-Guide 1, 2010 Mitgestaltung von Seminaren: Was braucht gutes Lehren und Lernen?
„Um Studierende als Kooperierende zu gewinnen ist es notwendig,
Zusammenhänge zu schaffen, in denen Fragen gestellt werden können,
deren Antwort noch nicht im Vorhinein klar ist“.
Rahmenbedingungen
Zeit
Wenn eine wissenschaftlich profession-
alisierte Ausbildung von PädagogInnen auch
im BA weiter angestrebt wird, muss es im
Studium Zeit für eine voraussetzungsvolle
Form der wissenschaftlichen Reflexion
geben, was angesichts von nur noch 6
Semestern Regelstudienzeit zunehmend
schwieriger wird. Die hier dargestellten
Vorschläge sind vor allem an Zeit geknüpft,
welche für Seminare zur Verfügung steht,
und somit auch von personellen Ressourcen
abhängig.
Raum
Damit die Möglichkeit zur Entwicklung
eigener Fragen gegeben ist, braucht es
gewisse Freiheitsgrade bei Prüfungs-
ordnungen und eine gewisse Flexibilität
auch bezüglich der curricularen Struktur von
Studiengängen. Bildungsprozesse vollziehen
sich nicht zwangsläufig in den zeitlich und
räumlich formalisierten Fixierungen von
Seminaren und Modulen. Für die selb-
ständige Beschäftigung mit Inhalten sind die
institutionellen Rahmenbedingungen bereit-
zustellen.
Anerkennung
Darüber hinaus bedarf es jedoch auch einer
Aufwertung der Lehre, etwa indem die
Betreuungs- und Lehrleistungen von Lehren-
den eine höhere Anerkennung erfahren. Das
In-den-Blick-nehmen von Lehre könnte
schon bei Berufungsverfahren geschehen,
beispielsweise durch eine verpflichtende
Lehrprobe. Anstrengungen in der Lehre
müssen neben Drittmitteleinwerbung,
„exzellenter“ Forschung oder Reputation als
Anerkennungsmodi stark gemacht werden.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist das
Ausrufen von Lehrpreisen. (weiter auf der
Rückseite)
In Seminarräumen zu sprechen, sich zu melden,
eine Frage zu stellen oder die Lehrenden auf etwas
hinzuweisen, ist oft sehr vorrausetzungsvoll.
Manche Studierende haben wenig Erfahrung darin,
finden die Situation, sich sprachlich zu beteiligen
und sich vor dem Seminar zu „exponieren“
unangenehm, oder haben schlicht kein Interesse
daran. In Seminaren können jedoch günstige
Bedingungen für eine Beteiligung von
Studierenden geschaffen werden: Dies geschieht
durch die Haltung der Lehrenden, aber auch durch
das Bereitstellen von Erprobungs-möglichkeiten,
etwa in Form alternativer Formen der
Zusammenarbeit.
TransparenzStudierende haben einen Anspruch auf eine gewisse Transparenz:
Dies betrifft sowohl die Anforderungen und Formalia des Seminars
(Was wird erwartet? Was muss ich können? Was wird warum
gemacht?) als auch die Relevanz des Themas für das Studium und
für die Disziplin („Warum ist dieses Thema wichtig und warum
könnte ich mich dafür interessieren?“). Die Lehrenden sollen also
fordernde, aber auch klare und erreichbare Ansprüche stellen, ihre
Erwartungen an die Studierenden klar formulieren und die
Anforderungen für Prüfungen, Hausarbeiten etc. transparent
darlegen. Dies gilt auch für die Intentionen und Lernziele der
Lehrenden. Zudem sollen Lehrende den roten Faden des Seminars
kontinuierlich darlegen, jeweils markieren, warum ein bestimmtes
Thema für den jeweiligen Gesamtzusammenhang wichtig ist und
den Studierenden die Möglichkeit geben, diesen Gesamt-
zusammenhang zu diskutieren. Auch bei der Auswahl der Texte soll
auf Vorschläge der Studierenden eingegangen werden.
Insbesondere Lehrende, welche sich nicht auf das neutrale Moderieren
zurückziehen, sondern bereit sind, an die „Probleme“ und offenen Fragen
heranzuführen, welche auch für sie noch nicht abschließend beantwortet sind,
fördern diese Arbeitsweise. Dieses gemeinsame Arbeiten an Problemen ist
förderlich für die Etablierung einer Diskussionskultur in Seminaren. Für
Lehrende mag dies nicht immer einfach erscheinen, da ein bestimmter Druck
besteht, „kompetent“ zu wirken. Zudem möchte man Studierende, die
eventuell abweichende Standpunkte vertreten, nicht davon abhalten, diese
auch zu äußern. Ein Bemühen um ein solche Form des gemeinsamen Arbeitens
zahlt sich jedoch für Lehrende wie auch für Studierende aus.
SprechkulturIn Seminaren herrscht oft die Form des Vortrages vor, sei es durch die
Lehrenden oder durch die Studierenden in Form von Referaten. Dies lädt
eher zu einer passiven und verweilenden Haltung ein und bietet wenig
Anlässe zum (mehr oder weniger unvorbereiteten) „freien Sprechen“.
Referate können zwar ein sinnvolles Instrument sein, um Themen in der
Gruppe zu erarbeiten, stehen jedoch oft unverbunden nebeneinander. Dies
bedeutet auch, dass ihre Implikationen für das Thema des Seminars nicht
diskutiert und in Zusammenhang gebracht werden, was dann zu Langeweile
führt. Sehr oft nimmt infolge dessen die Lust an der Beteiligung an den
Seminardiskussionen ab.
Informelle BegegnungsräumeUm der allgemeinen Anonymität in Seminaren
entgegenzuwirken, sind informelle Begegnungsräu-
me bereitzustellen. Ob dies im Rahmen von
informellen Gesprächsangeboten, in Sprechstunden, in
fakultätsinternen Veranstaltungen, Ringvorlesungen
oder in „offenen Foren“ geschieht, ist zweitrangig.
Dies könnte zum Ziel haben, dass Lehrende die Namen
der Studierenden kennen, die Hemmschwelle in
Sprechstunden von Lehrenden zu gehen herabgesetzt
wird und eine Diskussion darüber geführt werden
kann, worum es geht resp. worum es gehen sollte. Dies
würde auch die Möglichkeit bieten, die Anonymität
einer „Massenuniversität“ aufzubrechen.
(Kultur der) Anerkennung der Arbeit der StudierendenStudierende wollen als gleichwertige DiskussionspartnerInnen anerkannt
werden. Dies ist nicht nur Voraussetzung für eine gewisse gegenseitige
Verbindlichkeit, etwa in Bezug auf die Beteiligung im Seminar, die Einhaltung
von Fristen sowie die Verantwortlichkeit beider Seiten für das Seminar und das
Thema, sondern auch ein wichtiger Aspekt der fachlichen Sozialisation. Dies
bedeutet jedoch, dass Lern- und Lehrzusammenhänge geschaffen werden
müssen, in denen Wahrnehmung, Achtung und positive Aufmerksamkeit
jenseits von notenförmigen Bewertungen möglich ist. Das bedeutet auch, dass
inhaltlichen Rückmeldungen mehr Bedeutung zukommen muss. (weiter geht’s
auf der nächsten Seite)
Die Rückmeldung der Lehrenden soll zugleich die Möglichkeit der
Auseinandersetzung untereinander als auch mit dem Thema ermöglichen.
Die Lehrenden können dabei gleichzeitig als ExpertInnen dieser Art der
Auseinandersetzung mit Themen angesehen werden.
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MoFo-Guide: 1, 2010 Mitgestaltung von Seminaren: Was braucht gutes Lehren und Lernen? MoFo-Guide: 1, 2010 Mitgestaltung von Seminaren: Was braucht gutes Lehren und Lernen?
„günstige Vorrausetzungen für freies Sprechen schaffen“„Förderung der Diskussions-
kultur durch gemeinsames
Arbeiten an Problemen und
Fragestellungen“
„Anonymität der
Massenuniversität
aufbrechen“
„Es müssen Lern- und Lehrzusammenhänge geschaffen werden,
in denen Wahrnehmung, Achtung und positive Aufmerksamkeit
jenseits von notenförmigen Bewertungen möglich ist…“
Seminare wurden meist dann als sinnvoll
empfunden, wenn sowohl Lehrende als
auch Studierende die Punkte markierten,
an denen sie selbst noch offene Fragen
hatten und diese zur Disposition stellten.