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Erich Hornstein, moonlight prayer • © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017 moonlight prayer 2 »Was treibt dich an?« Das moonlight prayer hat am Sonntag, 22. Februar 2015, um 21 Uhr in der Pfarrkirche St. Margaret in München-Sendling stattgefunden. Der Schrifttext sind die ersten beiden Verse vom Evange- lium des 1. Fastensonntags im Lesejahr B. Besonderer Kontext: Der erste Fastensonntag wird im schwäbisch-alemannischen Kulturraum auch Funkensonntag genannt. Der Tod von Jan Hus im Jahr 1415 auf dem Konstan- zer Konzil jährt sich in diesem Jahr zum 600. Mal. Die Besucher haben die Impulstexte als sehr lebensnah und motivierend zu Beginn der Fastenzeit empfunden. Tipp: Das Programm für die Besucher war beim ersten Mal auf farbigem Papier kopiert. Aufgrund der wechselnden Lichtverhältnisse im Kirchenraum, der zum Teil nur schwach beleuchtet und dunkel ist, ist das Programmblatt deshalb nur schwer lesbar. Deshalb ist weißes Papier für das Programm zu empfehlen.

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Erich Hornstein, moonlight prayer • © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

moonlight prayer 2 »Was treibt dich an?«

Das moonlight prayer hat am Sonntag, 22. Februar 2015, um 21 Uhr in der Pfarrkirche St. Margaret in München-Sendling stattgefunden.

Der Schrifttext sind die ersten beiden Verse vom Evange-lium des 1. Fastensonntags im Lesejahr B.

Besonderer Kontext: Der erste Fastensonntag wird im schwäbisch-alemannischen Kulturraum auch Funkensonntag genannt. Der Tod von Jan Hus im Jahr 1415 auf dem Konstan-zer Konzil jährt sich in diesem Jahr zum 600. Mal.

Die Besucher haben die Impulstexte als sehr lebensnah und motivierend zu Beginn der Fastenzeit empfunden.

Tipp: Das Programm für die Besucher war beim ersten Mal auf farbigem Papier kopiert. Aufgrund der wechselnden Lichtverhältnisse im Kirchenraum, der zum Teil nur schwach beleuchtet und dunkel ist, ist das Programmblatt deshalb nur schwer lesbar. Deshalb ist weißes Papier für das Programm zu empfehlen.

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Vorbereitung

Materialien: � sieben LED-Strahler und Mischpult zur kabellosen Steuerung � Sandschale auf Ständer mit Christuskerze, fünf weitere Ker-

zen, Streichhölzer � Pult mit Bibel, Redepult mit Beleuchtung � drei Notenpulte mit Beleuchtung für Musiker � Stromkabel für E-Bass � Programmblatt für die Besucher � bei Bedarf Fleecedecken für die Besucher

Musikalische Gestaltung: � Saxofon, Gitarre und E-Bass-Gitarre � siehe allg. Hinweise zu alternativen musikalischen Gestal-

tungsmöglichkeiten vor Ort (siehe Hinführung) � mit Liedern aus dem Gotteslob und dem Bereich Neues Geist-

liches Liedgut (siehe Anhang)

Durchführung

Musikstück 1Contemplation von McCoy Tyner

Begrüßung und HinführungHerzlich willkommen zum moonlight prayer heute Abend!

Entweder A: persönlicher ZugangDer Sonntag heute, der erste Fastensonntag, ist für mich ein be-sonderer Sonntag. Ich bin im schwäbisch-alemannischen Kultur-

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raum, am Bodensee, aufgewachsen. Und dort heißt dieser Sonn-tag Funkensonntag.

Oder B: allgemeiner ZugangDer Sonntag heute, der erste Fastensonntag, ist im schwä-bisch-alemannischen Kulturraum ein besonderer Sonntag. Dort heißt dieser Sonntag Funkensonntag.

Draußen am Ortsrand steht er, der Funken. In den Tagen zuvor haben Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Traktor und dem Ladewagen im Dorf brennbares Material gesammelt. Al-tes Zeug, ganz egal, Hauptsache es brennt irgendwie. Das ganze brennbare Material wird aufeinandergeschichtet und bildet den Funken. Noch nicht ganz: denn ganz oben auf dem Funken wird eine Hexe aus Stroh angebracht. Erst dann ist der Funken fertig.

Funkensonntag, abends: Alle aus dem Dorf, die einigerma-ßen gehen können, kommen zum Funken. Es ist kalt. Aber nicht mehr lange. Der Chef der Funkengemeinschaft macht Feuer und setzt den Funken in Brand. Zehn Minuten später brennt der Funken lichterloh. Kurz darauf wird auch die Strohhexe von den Flammen gefressen.

Ein archaisches Ritual, verwurzelt in diesem Kulturraum. Austreibung der Wintergeister, sagen sie. Der winterlichen Kälte den Garaus machen. Die Hexe muss daran glauben. Austreibung der Wintergeister. Einfach eine Riesen-Gaudi im Dorf machen, oder:

Variante A für Schwäbisch-Sprechende:Des hômmer immer schô g’macht!

Variante B für alle anderen:Das haben wir schon immer gemacht!

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Was treibt die Leute an, dies zu tun?Ganz in der Nähe ist Konstanz. Gleicher Kulturraum, 600

Jahre früher. Wir schreiben das Jahr 1415. Konstanzer Konzil: Adel und Klerus, alle, die im europäischen Raum etwas zu sa-gen haben, sind versammelt. Wieder ein Feuer. Dieses Mal keine Strohhexe oben drauf, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Sein Name: Jan Hus. Ein Theologe und Professor aus Prag. Er hat die Lehre von John Wycliff aufgenommen und das Verständnis von Eucharistie hinterfragt. Und, was weit gefährlicher war: Er hat die Dekadenz und den Sittenverfall des Klerus angeprangert. Das hat er nicht überlebt.

Was hat die Verantwortlichen damals angetrieben? Aus einem Funken wird schnell ein Feuer. Und wir kennen das aus unserer Umgangssprache: »Feuer und Flamme sein für etwas«. Das kann zweierlei sein: begeisternd oder zerstörend.

� Für wen oder was können Sie Feuer und Flamme sein? � Was ist dieses Feuer? � Was treibt Sie an?

Als Christen sagen wir, dass es Gottes Geist ist, der uns antreibt: Angetrieben von seinem Geist beten wir die Worte:

Wir beginnen mit dem Kreuzzeichen: Im Namen …

Musikstück 2Desert Air von Chick Corea

Lesung aus dem Markusevangelium (Mk 1,12–13): Der Geist trieb Jesus in die Wüste.

Die Bibel vom Pult nehmen, aufschlagen und daraus vortragen:

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Wir hören einen Abschnitt aus dem Evangelium, wie es uns Mar-kus aufgeschrieben hat:

In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste.Dort blieb Jesus vierzig Tage langund wurde vom Satan in Versuchung geführt.Er lebte bei den wilden Tieren,und die Engel dienten ihm.

Frohe Botschaft unseres Herrn Jesus Christus.Alle: Lob sei dir, Christus.

Die Bibel wieder aufs Pult zurückstellen.

Musikstück 3freie Jazz-Improvisation

Impulse

Impuls 1Er ist mit seinem Wagen unterwegs, als Finanzdienstleister im Außenvertrieb. Er ist auf dem Weg zu einer Kundin. 50 Euro Pro-vision pro Hausbesuch müssen sein, sonst rentiert es sich nicht. Er spürt den Druck. Die ältere Dame, die ihm gegenübersitzt, tut ihm eigentlich leid. Aber es hilft nichts, sonst rentiert es sich nicht. Sie unterschreibt. Der Vertrag läuft. Die Provision ist ge-sichert. Noch schnell die Hand schütteln, verbindlicher Blick-kontakt, den Autoschlüssel schon wieder in der Hand. Und dann gleich wieder zum Nächsten.

Was treibt ihn an? Die Familie zuhause zu versorgen? Der Reiz, die Provisionen vom Vormonat zu übertreffen? Vom Ge-

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schäftsführer als der beste Vertriebler prämiert zu werden? Wel-cher Geist treibt ihn an?

Biblisches Wortspiel 1In jenen Jahren trieb der Geist des Geldes ihn im Land umher.Dort blieb er vierzig Jahre langund wurde vom Reiz des Profits in Versuchung geführt.Er lebte bei den dicken Geldsäcken,und die Kunden dienten ihm.

Musikstück 4kurzes Anspiel aus Musikstück 4ruhiges / meditatives Musikstück:So What von Miles Davis

Impuls 2Das Ehepaar lebt im 3. Stock, ohne Aufzug. Beide sind Anfang 80. In der Frühe geht sie zum Bäcker, gleich gegenüber, wie immer: zwei Semmeln (oder: Brötchen) für ihren Mann und eine Brezel für sie. Die 64 Stufen bis zur Wohnung sind ihr Frühsport, sagt sie. Bis letztes Jahr war ihr Mann die Treppen schneller hochge-gangen. Jetzt nicht mehr. Schlaganfall im letzten Herbst: Kran-kenhaus, Reha, Pflegedienst – die übliche Karriere. Seit zwei Mo-naten Pflegebett. Es wird nicht mehr besser, sagen die Ärzte. Ich schaff’ das schon, sagt sie. Sie tut und macht, was sie kann. Sie staunt selbst, welche Kräfte sie in ihrem Alter noch mobilisieren kann.

Was treibt sie an? Sie sagt: Ich habe es ihm versprochen, da-mals, »in guten und in schlechten Tagen«. Und das gilt für mich auch heute. Es ist kein zähneknirschendes Muss. Ich spüre auch seine Liebe zu mir. Seine Zufriedenheit, trotz allem, gibt mir viel.

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Biblisches Wortspiel 2In diesen Tagen treibt der Geist der Liebe sie in den 3. Stock.Dort sind sie jetzt schon länger als vierzig Tageund sie werden von depressiven Gefühlen in Versuchung geführt.Sie leben mit ihren Schmerzen,aber ihre Liebe macht vieles gut.

Musikstück 4kurzes Anspiel aus Musikstück 4, s. o.

Impuls 3Dieser Impulstext ist ein Gespräch zwischen zwei Freunden. Er kann als Dialog mit zwei Sprechern vorgetragen werden. Wird die-ser Impulstext von einer Person vorgetragen, ist es wirkungsvoll, für jeden Freund eine eigene Position einzunehmen, z. B. halblinks und halbrechts vom Redepult.

Sprecher 1: Und, was treibt dich so an?Sprecher 2: Naja, da gibt es ja allerhand Antreiber im Alltag. Da gibt es so banale, aber wirkungsvolle Antreiber wie

»Ich will nicht zu spät kommen!«»Ich will mich nicht blamieren!«»Ich will es allen recht machen!«»Ich will mein Gesicht wahren!«

Sprecher 1: Nein, das meine ich nicht! Was treibt dich denn an? Ich meine so richtig. Welcher Geist steckt hinter deinem Leben?Sprecher 2: Jetzt muss erst mal der Winterspeck weg. Fünf Kilo weniger würden mir insgesamt guttun. Gut für die Gelenke, für die Blutwerte, für mein allgemeines Wohlbefinden.Sprecher 1: Winterspeck weg und Abnehmen als moderne Form von »Austreibung der Wintergeister«. Deine überflüssigen Pfunde als schwäbisch-alemannischer Funken mit Brennwert.

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Das ist nicht dein Ernst! Jetzt sag mal: Was treibt dich tatsäch-lich an? Welcher Geist beseelt dein Wesen? Welcher Geist treibt dich um?Sprecher 2: Als Christ möchte ich, dass mich der Geist Gottes um-treibt und antreibt. Gar nicht so einfach, um auf deine Fragen zu antworten. Lass mir Zeit – vierzig Tage – bis Ostern.

Musikstück 4jetzt gesamtes Musikstück spielen, s. o.

FürbittenNach jeder der fünf Bitten wird eine dicke Kerze angezündet und in der Sandschale abgestellt.

Das Licht der Kerze – Symbol für das Feuer, das in dir brennt.Das Licht der Kerze – Symbol für das Helle in dir, das dich an-treibt.Das Licht der Kerze – Symbol für Gottes Geist, der in dir wirkt.

Wir beten für Menschen, damit sich sein Geist bei ihnen und zwischen ihnen ausbreite und sie antreibe.

Es werden immer zwei Bitten nacheinander gesprochen. Es folgt eine kurze Stille, bis die jeweilige Fürbittkerze brennt und abge-stellt ist.1. für Menschen, die hartherzig und gewalttätig sind, und für Menschen, die anderen mit Barmherzigkeit begegnen.2. für Menschen, die von der Liebe enttäuscht sind, und für Menschen, die mit ihren Angehörigen liebevoll um-

gehen.3. für Menschen, die traurig und enttäuscht sind, und für Menschen, die andere trösten.

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4. für Menschen, die nichts zum Lachen haben, und für Men-schen, die andere mit ihrer Freude anstecken können.

5. für Menschen, die sich vom Leben nichts mehr erhoffen, und für Menschen, die anderen Mut und Hoffnung machen

können.

Guter und barmherziger Gott, mit diesen Bitten und Anliegen kommen wir zu dir. Wir vertrauen darauf, dass sich dein Geist mehr ausbreite und das Gesicht der Erde forme und gestalte. Du bist der Herr, der uns deinen Geist schenkt. Du bist es, der un-ser Leben antreibt. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

VaterunserDie Besucher mit Worten oder einem Zeichen bitten, zum Gebet aufzustehen.

Beten wir, wie uns der Herr zu beten gelehrt hat:Vater unser …

SegensgebetGuter Gott,du hauchst unserem Leben Atem ein,du treibst uns an mit deinem Geist.Mache uns bereit, damit wir uns deinem Geist öffnenund uns antreiben lassen.So segne uns der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Den Besuchern ein Zeichen geben, dass sie sich wieder setzen können.

Musikstück 5Lullaby of Birdland von George Shearing