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Pädagogischer Austauschdienst Foto: Teresa Zötl / OeAD-GmbH P A D Informationen zum europäischen und internationalen Austausch im Schulbereich Nr. 4 • Winter 2011/12 5. Jahrgang Ihre Methoden sind einfallsreich und haben sich im Alltag bewährt: Vertreter von neun Projekten, die Mehrsprachigkeit in Europa wirksam fördern, nahmen aus der Hand des Präsidenten der Kultusministerkonferenz, Dr. Bernd Althusmann, das Europäische Sprachensiegel entgegen. Die Preisverleihung fand im Rahmen einer trinationalen Veranstaltung statt. Seite 8 bis 9 Seite 2 Seite 3 Seite 6 Seite 10 aktuell Inhalt Wie weiter mit COMENIUS? Die EU-Kommission hat ihren Vor- schlag für die Programmgeneration ab 2014 vorgelegt. Udo Michallik, Generalsekretär der Kultusminister- konferenz, sieht darin »Potenzial für Verbesserungen«. Schülerinnen mit Spürsinn: Ein unerwarteter Zufall sorgte dafür, dass ein COMENIUS-Projekt zum Thema »Zivilcourage« die vergessene Geschichte eines couragierten Generalkonsuls ans Licht brachte. »Arbitre allemand«: Als Fremd- sprachenassistent in Frankreich erklärte Wolfgang Mössinger seinen Schülern die Abseitsregel. Nebenbei pfiff der passionierte Schiedsrichter auch Fußballspiele – und erwarb sich dabei den Ruf eines strengen Unparteiischen. Aus der Forschung: Sind Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren reif genug, um an internationalen Begegnungen teilzunehmen? Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts hat sich mit dieser Frage befasst. In Wien wurden die Europäischen Sprachensiegel 2011 vergeben AUSGEZEICHNET DIDACTA 2012: Informationen rund um COMENIUS und den internationalen Austausch im Schulbereich gibt es in diesem Jahr in Hannover auf der größten Bildungsmesse in Deutschland. Besuchen Sie uns in Halle 14/15 am Stand D 52 und D 54.

P A D aktuell - KMK-PAD: Startseite...Aristides de Sousa Mendes zeigte Zivilcourage: Als portugiesischer Generalkonsul in Bordeaux stellte er im Juni 1940, nachdem große Teile Frankreichs

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P A D Informationen zum europäischen und internationalen Austausch im Schulbereich

Nr. 4 • Winter 2011/125. Jahrgang

Ihre Methoden sind einfallsreich und haben sich im Alltag

bewährt: Vertreter von neun Projekten, die Mehrsprachigkeit in

Europa wirksam fördern, nahmen aus der Hand des Präsidenten

der Kultusministerkonferenz, Dr. Bernd Althusmann, das

Europäische Sprachensiegel entgegen. Die Preisverleihung

fand im Rahmen einer trinationalen Veranstaltung statt.

Seite 8 bis 9

Seite 2

Seite 3

Seite 6

Seite 10

aktuellInhalt

Wie weiter mit COMENIUS? Die EU-Kommission hat ihren Vor-schlag für die Programmgeneration ab 2014 vorgelegt. Udo Michallik, Generalsekretär der Kultusminister-konferenz, sieht darin »Potenzial für Verbesserungen«.

Schülerinnen mit Spürsinn: Ein unerwarteter Zufall sorgte dafür, dass ein COMENIUS-Projekt zum Thema »Zivilcourage« die vergessene Geschichte eines couragierten Generalkonsuls ans Licht brachte.

»Arbitre allemand«: Als Fremd-sprachenassistent in Frankreich erklärte Wolfgang Mössinger seinen Schülern die Abseitsregel. Nebenbei pfiff der passionierte Schiedsrichter auch Fußballspiele – und erwarb sich dabei den Ruf eines strengen Unparteiischen.

Aus der Forschung: Sind Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren reif genug, um an internationalen Begegnungen teilzunehmen? Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts hat sich mit dieser Frage befasst.In Wien wurden die Europäischen

Sprachensiegel 2011 vergeben

AUSGEZEICHNETDIDACTA 2012: Informationen rund um COMENIUS und den internationalen Austausch im Schulbereich gibt es in diesem Jahr in Hannover auf der größten Bildungsmesse in Deutschland. Besuchen Sie uns in Halle 14/15 am Stand D 52 und D 54.

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Zur Einführung

Liebe Leserinnen und Leser,

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Der PAD ist zerti-fiziert nach DIN EN ISO 9001:2008

ambitionierte Ziele und beeindruckende Zahlen kennzeichnen den Vorschlag für die neue Ge-neration der europäischen Bildungsprogramme von 2014 bis 2020, den die EU-Kommission im November 2011 vorgelegt hat. Unter der Dachmarke »Erasmus für alle« sollen die derzeit laufenden Programme – darunter COMENIUS als eine der Säulen des Programms für lebenslanges Lernen – integriert werden. »Erasmus für alle« wird als Beitrag zur Reformstrategie »Europa 2020« gesehen. Investitionen in eine qualitativ hochwertige Bildung sollen demnach Wachstum und Beschäftigung in Europa stimulieren. Dafür wird ein Gesamtbudget von rund 19 Milliarden Euro angestrebt – ein erheblicher Aufwuchs, den die Länder ausdrücklich begrüßen. Ermöglicht werden sollen damit unter anderem rund 5 Millionen individuelle »Lernmobilitäten« für Bildungs- und Ausbildungsauf-enthalte im Ausland. Als weitere Schlüsselaktionen nennt der Vorschlag die Zusammenarbeit von Institutionen und die Unterstützung politischer Reformprozesse. Der Kommissionsvorschlag wird in den kommenden Monaten im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament verhandelt. Er soll vor Ende 2013 verabschiedet werden, wenn die aktuelle Programmgeneration ausläuft.

Die Kultusministerkonferenz wird diesen Prozess eng begleiten und ihren Standpunkt ver-deutlichen. Der Vorschlag der EU-Kommission birgt nämlich aus Sicht der Länder Potenzial für Verbesserungen – getreu dem Motto: Bewährtes aus immerhin rund 20 Jahren europäischer Bildungskooperation sollten wir erhalten, neue gesellschaftliche Herausforderungen gestalten.

So begrüßen die Länder den Bedeutungszuwachs, den Bildung und Ausbildung im neuen Programmvorschlag erhalten. Sie weisen allerdings auch darauf hin, dass diese Entwicklung den Kompetenzen der Länder in der Bundesrepublik Deutschland im Bildungsbereich Rechnung zu tragen hat. Dies gilt auch für die engere Verknüpfung mit den zentralen Zielsetzungen der Strategie »Europa 2020« für ein intelligentes, integratives und nachhaltiges Wachstum.

Die Länder begrüßen zudem die geplante Verwaltungsvereinfachung. Zu hinterfragen ist dabei jedoch, ob eine Neustrukturierung, die seit den neunziger Jahren etablierte Markennamen wie COMENIUS leichtfertig aufgibt, zu mehr Nutzerfreundlichkeit und Programmeffizienz führt. Die ver-schiedenen Zielgruppen der bestehenden Bildungsprogramme müssen sich in den europäischen Strukturen weiterhin eindeutig verorten und dazu auf die bekannten Ansprechpartner zurückgreifen können. Die zielgruppenspezifische Programmarchitektur ist aus Sicht der Länder besonders geeignet, um möglichst effizient und bedarfsorientiert fördern zu können. Die Länder halten an unabhängigen und eigenständigen Nationalen Agenturen für die europäischen Programme fest.

COMENIUS als eine der vier Säulen der europäischen Bildungskooperation ist eine Erfolgsge-schichte. Den Erfolg des Programms belegt neben einer großen Zahl von Beispielen guter Praxis und verschiedenen Studien auch die ungebrochene Nachfrage. Dass Schulen sich mit COMENIUS weiterhin auf den Weg nach Europa machen können, ist unsere gemeinsame Verantwortung in einer Phase, in der die europäische Integration kritisch auf dem Prüfstand steht und deshalb ein umso deutlicheres Bekenntnis zu Europa und seinen Werten verlangt.

Udo MichallikGeneralsekretär der Kultusministerkonferenz

Impressum Herausgeber: Pädagogischer Austauschdienst (PAD) der Kultusministerkonferenz – Nationale Agentur für EU-Programme im Schulbereich • Anschrift: Graurheindorfer Straße 157, 53117 Bonn, Telefon (0228) 501-221, Fax (0228) 501-333, E-Mail: [email protected], Internet: www.kmk-pad.org • Redaktion: Martin Finkenberger • Erscheinungsweise: Vierteljährlich • Auflage: 16.000 Exemplare • Gestaltung: setz it. Richert GmbH, Sankt Augustin • Druck: Druckerei Engelhardt, Neunkirchen • Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 17.02.2012 • Der auszugsweise Nachdruck mit Quellenangabe ist erlaubt. Zwei Belegexemplare an den PAD sind erbeten. Diese Publikation wurde gedruckt aus Mitteln der Europäischen Kommission, Gene-raldirektion Bildung und Kultur, des Auswärtigen Amtes und der Länder. Die Verantwortung für den Inhalt trägt allein der PAD.

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COMENIUS-Schulpartnerschaften

Schülerinnen mit SpürsinnEin unerwarteter Zufall sorgte dafür, dass ein COMENIUS-Projekt der Rudolf-Roß-Gesamtschule

zum Thema »Zivilcourage« die vergessene Geschichte eines couragierten Generalkonsuls in

Hamburg ans Licht brachte. Das Beispiel zeigt, dass Archivakten und alte Adressbücher keines-

wegs staubtrockene Lektüre sind und manches Geheimnis bergen.

Aristides de Sousa Mendes zeigte Zivilcourage: Als portugiesischer Generalkonsul in Bordeaux stellte er im Juni 1940, nachdem große Teile Frankreichs von den Deutschen besetzt worden waren, in einem drei-tägigen Büromarathon rund 30.000 Flüchtlingen ein Visum zur Einreise nach Portugal aus. Vielen Familien gelang es so, sich von dort nach Übersee einzuschiffen und damit ihr Leben zu retten. Aristides de Sousa Mendes handelte gegen das ausdrückliche Verbot des autoritär regierenden Ministerpräsidenten António de Oliveira Salazar. Für seine Eigenmächtigkeit wurde er vom Dienst suspendiert, sein Gehalt drastisch gekürzt und eine weitere Tätigkeit als Rechtsanwalt verboten. Als er 1954 verarmt in Lissabon starb, erinnerte sich kaum einer noch an ihn. Erst 1988 wurde er rehabilitiert, nachdem der Vorgang durch Zufall in einem Archiv entdeckt worden war.

Für ein bilaterales deutsch-por-tugiesisches COMENIUS-Projekt zum Thema »Zivilcourage« erschien Michael Dreke diese Biographie ein guter Anknüpfungspunkt. Der

Deutsch- und Geschichtslehrer an der Rudolf-Roß-Gesamtschule in Hamburg war einige Jahre als Fach-berater für Deutsch in Lissabon tätig gewesen und im August 2006 an die Elbe zurückgekehrt. Zuvor hatte er sich in seiner vorübergehenden Wahlheimat nach einer Schule um-gesehen, mit der er gemeinsame Projekte und einen Schüleraustausch durchführen wollte. Als Partner da-für gewann er das Colégio de São Tomás, an dem ab dem 5. Schuljahr Deutsch unterrichtet wird. Der Vor-schlag, das Thema »Zivilcourage« am Beispiel der Biographie von Aristides de Sousa Mendes im Unterricht zu behandeln, stieß bei der Schulleitung auf großes Interesse. Befördert wur-de es dadurch, dass portugiesische Diplomaten seinerzeit auch, wie Mi-chael Dreke herausgefunden hatte, in anderen europäischen Städten die Vorschriften Salazars großzügig umgangen und Einreisevisa nach Portugal ausgestellt hatten – unter ihnen der Generalkonsul in Hamburg. Die Idee für den Austausch für die 8. und 9. Klasse im bilingualen Zweig war damit geboren: Während des

Besuchs in Lissabon sollten sich die Schülerinnen und Schüler mit Aristides de Sousa Mendes befas-sen. In Hamburg dagegen stünde

Über die Schule

Bild links: Im »Museu Nacional do Azulejo« in Lissabon stellte die deutsch-portugiesische Schülergruppe die Kacheln her. Bild rechts: Das Fliesenpaneel mit der Geschichte von Aristides de Sousae Mendes schmückt heute das Gebäude der Rudolf-Roß-Gesamtschule.

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Die Rudolf-Roß-Gesamtschule verfügt seit 2000 über einen bilin-gualen deutsch-portugiesischen Zweig. Grundlage dafür ist ein Abkommen der Freien und Han-sestadt Hamburg mit der Republik Portugal. Der bilinguale Zweig umfasst eine zweisprachige Alpha-betisierung und zweisprachigen Sachkunde-Unterricht ab dem ersten Schuljahr. Ergänzend dazu wird muttersprachlicher Portugie-sisch-Unterricht erteilt. Der erste bilinguale Jahrgang hat 2011 die 11. Klasse abgeschlossen. Das COMENIUS-Schulprojekt »Zivil-courage« fand von August 2009 bis Juli 2011 mit Schülerinnen und Schülern der Klassen 8 und 9 statt. Ein ausführlicher Beitrag ist auf der Website des PAD unter www.kmk-pad.org/bd872901.l nachzulesen.

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COMENIUS-Schulpartnerschaften

die Geschichte des dortigen Gene-ralkonsulats und seiner Mitarbeiter im Mittelpunkt. Zwischenzeitlich würden die Schulen Informationen zur Geschichte der beiden Staaten austauschen und abschließend alle Ergebnisse auf den Webseiten der Schulen dokumentieren. Im Februar 2009 reichten die Schulen ihren An-trag bei der zuständigen Nationalen Agentur ein, der im August bewilligt wurde.

Fliesen erzählen eine Lebensgeschichte

Was dann allerdings folgte, hätte sich keine der beteiligten Lehrkräfte auszumalen gewagt. Eine Nachfrage beim Generalkonsulat in Hamburg führte nämlich zu dem völlig uner-warteten Ergebnis, dass Portugal zwischen 1939 und 1945 überhaupt kein Konsulat in Hamburg unterhalten habe. »Die Hälfte des Projekts war weggebröckelt, weil ich offensicht-lich einer Fehlinformation aufge-sessen war«, erinnert sich Michael

Dreke. Ein erstes Projekttreffen im Dezember 2009 in Hamburg, bei dem die vereinbarten Großplakate gegenseitig präsentiert wurden (siehe Kasten), zeichnete sich zwar noch durch viel Elan und Einsatz der Schülerinnen und Schüler und ihrer Lehrkräfte aus. Nach den Winterfe-rien aber »schien die Luft aus dem Projekt raus zu sein«. Neue Motivati-on brachte erst der geplante Besuch in Lissabon im Oktober 2010, bei dem die zwei großen Fliesenpaneele entstanden, auf denen die Geschich-te von Aristides de Sousa Mendes erzählt wird. Dass Schülerinnen und Schüler aus Lissabon und Hamburg sich so ausführlich mit dem coura-gierten Diplomaten befassten und die Hamburger Gruppe die Einzelteile anschließend im Handgepäck nach Hause mitbrachte, war sogar dem portugiesischen Fernsehen einen Beitrag wert.

Das Projekttreffen im Oktober 2010 hatte es allerdings auch in ganz anderer Hinsicht in sich. Völlig

Eine Unterschrift, die Leben retten half: Rund 30.000 Visa stellte Aristides de Sousa Mendes im Juni 1940 aus.

Deutsche Geschichte zwischen 1890 und 1949 können die Schülerinnen und Schüler des Colégio de São Tomás auf einem Wandplakat nachlesen.

Tipps und Hinweise für die Praxis

COMENIUS-Projekte sollen nachhaltig und sichtbar sein. Das Colégio de São Tomás und die Rudolf-Roß-Gesamtschule erreich-ten dies durch Großplakate zur Geschichte ihres Landes zwischen 1890 und 1945, die bei einem der Projekttreffen ausgetauscht wurden. Die Rudolf-Roß-Gesamtschule hat für das gerahmte Werk einen Platz im Europa-Flur der Schule gefunden. Besonders nachhaltig sind außerdem zwei großflächige Fliesenbilder, auf denen das Leben von Aristides de Sousa Mendes erzählt wird. Die 30 Kacheln der Hamburger Schülergruppe wurden in einer Wand unweit des Schulbüros der Rudolf-Roß-Gesamtschule eingemauert. Auf die Idee gebracht hatte Michael Dreke ein Besuch im »Museu National do Azulejo« in Lissabon, in dem die Fliesenkultur Portu-gals seit dem Mittelalter dargestellt wird. Befürchtungen der Schülerinnen und Schü-ler, sie kämen mit der Technik nicht zurecht, konnte er mit einem simplen Argument zerstreuen: »Alles macht man irgendwann zum ersten Mal.«

Die umfassende Dokumentation des Projekts hatten die beiden Schulen von Anfang an eingeplant. Um auch Bilder und Tondokumente mit Schülerinnen und Schülern verwenden zu können, ließ sich Michael Dreke zu Projektbeginn eine Einverständniserklärung durch die Eltern unterzeichnen.

Nicht jeder COMENIUS-Antrag kann bewilligt werden. Gleichwohl haben beide Schulen schon bei der Antragstellung das Interesse der Schülerinnen und Schüler an einem möglichen Austausch abgefragt und deutsch-portugiesische Schülerpaare zu-geordnet, die dann per E-Mail Kontakt mit-einander aufnahmen – zu einem Zeitpunkt also, als noch gar nicht sicher war, ob das COMENIUS-Projekt in der geplanten Form stattfinden würde. Michael Dreke empfiehlt das Vorgehen trotzdem. »Für den negativen Fall hätten wir den Beteiligten erklärt, dass die bis dahin etablierte E-Mail-Partnerschaft unabhängig von dem COMENIUS-Projekt weitergeführt werden soll.«

Ein COMENIUS-Projekt bedeutet oft auch für Schülerinnen und Schüler mehr Arbeit. Dass manchen dabei die Luft auszu-gehen droht, ist verständlich. Michael Dre-ke hat allerdings erfahren, wie motivierend eine geplante Mobilität – in diesem Fall ein zweiwöchiger Aufenthalt in Lissabon – wir-ken kann, wenn die Euphorie einmal stockt.

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In der Tagungsdokumentation des letzten Thematischen Seminars unter www.kmk-pad.org finden sich unter anderem Informationen zu COMENIUS-Schulpartnerschaften, die ihre europäische Projektarbeit mit politischer Bildung verknüpfen und Partizipation in Europa zum Thema machen. So bereiteten Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs in Herford (Nordrhein-Westfalen) in ihrer Partnerschaft die Sitzung eines Europäisches Jugendparlaments vor, auf der Themen wie »Einwanderung«, »Klimawandel« und »Beschäftigungs-perspektiven Jugendlicher« behandelt werden. Die Wirkung von Vorurteilen im Umgang mit Minderheiten und/oder anderen Nationen sind weitere Themen, denen sich europäische Schulpartnerschaften widmen. In anderen Projekten geht es um gelebte Solidarität – etwa bei »EUSOLA«, der COMENIUS-Schulpartnerschaft des Obermenzinger Gymnasiums Mün-chen (Bayern), das gemeinsam mit Schulen aus 12 europäischen Staaten ein humanitäres Hilfsprojekt in einer Region außerhalb Europas startete. Wie Grundschulen soziales Lernen in den Mittelpunkt internationaler Schul-partnerschaften stellen können, zeigt das Projekt »HELP − How European Little People (can change the world)«

Ressourcen im Netz

Demokratie üben und soziale Verantwortung lernenDie Nationale Agentur im PAD veranstaltet regelmäßig

»Thematische Seminare« für COMENIUS-Schulpartnerschaften

– so beispielsweise zum Themenfeld »Soziale Verantwortung

lernen − Werteerziehung«. Veranstaltungen dieser Art ermögli-

chen den Austausch von Erfahrungen und sollen die Ergebnisse

der Projektarbeit interessierten Lehrkräften zugänglich machen.

der Franziskus-Schule Erkelenz (Nord-rhein-Westfalen). Schülerinnen und Schüler überlegen sich Aktivitäten, mit denen sie das soziale Klima an ihrer Schule verbessern können und tauschen sich mit ihren Partnern in Europa darüber aus.

Als Ressourcen für didaktisches Material zur Demokratie- und Men-schenrechtserziehung sind verschie-dene Internetportale empfehlenswert, die ebenfalls auf der Website des PAD dokumentiert werden. Ein Beispiel ist das Portal des Europarates. Unter www.coe.int/t/dc/files/themes/citoy ennete/default_de.asp gibt es Infor-mationen über Demokratieerziehung und Menschrechte. Verschiedene Landesbildungsserver bieten eben-falls Materialien an. Genannt werden kann etwa das vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus verantwortete Portal zur Werteerziehung www.km.bayern.de/eltern/erziehung-und-bildung/werte.html.

Ebenfalls erhältlich auf der Web-site des PAD ist die Präsentation des Expertenvortrags »Wie kann der Bei-trag von transnationalen Schulpartner-schaften zum sozialen Lernen gestärkt werden?« von Professor Hermann Josef Abs (Universität Gießen).Andrea Lummert, PAD

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unerwartet stolperte Michael Dreke nämlich in einer Buchhandlung über eine Neuerscheinung, in der darüber berichtet wurde, was es angeblich nicht gegeben haben soll. Dem-nach existierte zumindest zwischen 1939 und 1941 in Hamburg ein Generalkonsulat, wo Generalkonsul Pedro Cid an seinen Vorgesetzten vorbei Visa für Hamburger Juden zur Einreise nach Portugal ausstellte. Wie es der Zufall wollte, lagen alle Dokumente im Archiv des Außenmi-nisteriums in Lissabon, wo Michael Dreke sie am Tag darauf bereits einsehen konnte.

Schülerinnen mit SpürsinnKopien davon präsentierten er und

die Schülerinnen und Schüler später bei der feierlichen Einweihung des Fliesenpaneels an der Rudolf-Roß-Gesamtschule auch dem anwesen-den portugiesischen Generalkonsul, dessen Interesse damit geweckt war und der zu weiteren Nachforschun-gen anregte. »Die Beziehungen zwi-schen Generalkonsulat und Schule haben sich dadurch beträchtlich intensiviert«, sagt Michael Dreke. Besonderen Spürsinn entwickelten drei Schülerinnen, die im Einwohner-meldeamt und im Stadtarchiv in alten Adressbüchern nach Hinweisen über das verschwundene Generalkonsulat, Pedro Cid und seine damaligen Mit-arbeiter – der Name des Vizekonsuls konnte inzwischen in Erfahrung gebracht werden – recherchierten. Tatsächlich ließen sich so präzise Angaben ermitteln, die dann dem Generalkonsul vorgelegt wurden. Dieser zeigte sich »außerordentlich beeindruckt von der Arbeit der Schü-lerinnen, die einen beträchtlichen Anteil daran hatten, die historische Identität des portugiesischen Ge-neralkonsulats wiederherzustellen«, berichtet Michael Dreke. Beendet ist die Arbeit damit allerdings nicht. Dokumente, die der portugiesische Generalkonsul zwischenzeitlich aus Lissabon erhalten hatte, legen nahe, dass die diplomatische Karriere von Pedro Cid von oben beendet und im Nachhinein umgeschrieben wurde. »Wir werden der Sache nachgehen«, sagt Michael Dreke.Martin Finkenberger, PAD

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Fremdsprachenassistentenprogramm

Ein »arbitre allemand« erklärt die Abseitsregel

Herr Mössinger, Fremdspra-chenassistenten werden oft für Landeskunde oder Konversati-onsübungen herangezogen. Sie dagegen sind in Niort auch als Fußballschiedsrichter eingesetzt worden. Wie kam es dazu?

Mit der Sprachfähigkeit vieler Schüler am damaligen Collège Fontanes, die ein oder zwei Jahre

Deutsch als Fremdsprache hat in Schottland einen schweren Stand. Fremdsprachen

genießen derzeit keinen hohen Stellenwert bei den dortigen Bildungsverantwortlichen und

die Konkurrenz gegen Französisch, Spanisch oder Mandarin ist groß. Zu den Aufgaben

von Wolfgang Mössinger, Generalkonsul in Edinburgh, gehört es deshalb auch, für seine

Muttersprache zu werben – wie Mitte November im schottischen Parlament, als er mit

Kulturmittlern vor Ort rund 50 Teilnehmer, darunter 15 Abgeordnete, von seinen Argumenten

zu überzeugen suchte. Wie schwierig es sein kann, Interesse an Deutsch als Fremdsprache

zu wecken, weiß der 54-Jährige aus eigener Erfahrung als Fremdsprachenassistent vor

fast 30 Jahren im französischen Niort.

Auch dadurch, dass Sie den Schülern die Abseitsregel auf Deutsch erklärt haben?

Das habe ich tatsächlich einmal versucht – wahrscheinlich aber ohne Erfolg.

Dafür dürften heute noch einige Ihrer damaligen Schüler erstaunlich genau wissen, wo Kaiserslautern oder Mönchengladbach liegen.

Mit einigen Schülern habe ich die Bundesliga aufmerksam verfolgt. Ich hatte mir nämlich zehn Sonderhefte eines bekannten Fußballmagazins zuschicken lassen, in dem alle Vereine und Spieler vorgestellt wurden. Auf die Art und Weise haben die Schü-ler dann nicht nur gelernt, welchen Platz Kaiserslautern oder Mönchen-gladbach in der Tabelle einnehmen, sondern auch, wo diese Städte liegen und wie sie fehlerfrei ausgesprochen werden.

Sind Sie auch auf die Szene wenige Wochen zuvor bei der Fußball-WM 1982 im Spiel zwi-schen Frankreich und Deutschland angesprochen worden? Torhüter Schumacher verletzte damals An-greifer Battiston schwer, um ein Tor zu verhindern – und wurde nicht bestraft.

Das grobe Foul lief nicht jeden zweiten Tag im Fernsehen. Aber es war immer noch ein großes Thema – und jede Erinnerung daran machte es

Zur Person

Wolfgang Mössinger, Jahrgang 1957, studierte Deutsch, Fran-zösisch und Geschichte für das Lehramt in Freiburg. Im Schuljahr 1982/83 war er Fremdsprachen-assistent in Niort in Frankreich. 1987 trat der passionierte Fußball-schiedsrichter ins Auswärtige Amt ein. Seit 2008 ist er Generalkonsul in Edinburgh (Schottland).

schlimmer. Als Schiedsrichter wurde ich natürlich zu meiner Meinung gefragt, ob Schumacher eine Strafe verdient hätte. In solchen Situationen musste ich ehrlicherweise antworten, dass der Unparteiische einen Fehler begangen habe. Ich galt aber inso-fern als glaubwürdig, weil ich auch einige Amateurspiele in Niort in der regionalen Liga pfiff und dabei die Regeln sehr streng ausgelegt habe. Aufgrund eines Zeitungsartikels in der Lokalpresse, in dem geschildert wurde, wie »rigoureux« und »strict« der »arbitre allemand« sei, eilte mir ein Ruf voraus. Es ging im Übrigen in allen Diskussionen immer nur um Schu-macher und seine Sportlichkeit und Fairness – aber nie um die Deutschen.

Unter den Lehrkräften konnten Sie dagegen ganz unvermittelt politische Bildung leisten...

Ich kam am 1. Oktober 1982 mit meinem PKW in Frankreich an – der Tag, als im Bundestag Helmut Kohl durch ein konstruktives Misstrauens-votum zum Kanzler gewählt wurde. Ich erinnere mich noch, dass ich während der Fahrt versucht hatte, möglichst lange deutschsprachiges Radio zu hören, um die Ereignisse zu verfolgen. Aber irgendwann war es damit vorbei. Das Ergebnis habe ich dann am Abend im französischen Fernsehen erfahren. Erstaunlicher-weise hat dieses Ereignis viele Lehrer interessiert. Sie wollten vor allem

Deutsch gelernt hatten, war es nicht weit her. U n d i n d e n Grammatikun-terricht der Leh-rerin, mit deren Klassen ich ar-beiten durfte, sollte ich mich n i c h t e i n m i -schen. Stattdes-sen wurde ich au fgefo rder t , das Interesse der Schüler für

Deutschland auf anderen Wegen zu wecken. Da mein Hobby immer schon die Schiedsrichterei war, habe ich regelmäßig Mannschafts-spiele der Schüler untereinander gepfiffen. Es war nämlich so, dass der eigentlich schulfreie Nachmit-tag am Mittwoch für die Jungs am Collège Fontanes in Fußballtraining bestand. Immerhin bekam ich so einen besseren Kontakt zu einigen von ihnen.

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Fremdsprachenassistentenprogramm

wissen, wie es ohne Wahlen zu einem Regierungswechsel kommen kann. Das gab mir die Gelegenheit, in den Lehrerkollegien die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland vorzustellen – was dann zur Folge hatte, dass die Geschichtslehrer der beiden Schulen mich öfters für Unter-richtsmodule, zum Beispiel über die Weimarer Republik, rekrutiert haben.

Sie wiederum haben erlebt, dass Lehrer in Frankreich etwas können, was ihnen in Deutschland mehr-heitlich untersagt ist – sie dürfen streiken. Wie haben Sie sich als Fremdsprachenassistent aus dieser Zwickmühle gerettet?

Was immer ich an diesem Tag getan hätte, es wäre falsch gewe-sen, denn ich stand zwischen den Fronten und war völlig ohne mein Zutun in diese Situation geraten. Mir war nämlich gar nicht bewusst, dass die Lehrergewerkschaft einen Streik angekündigt hatte. So stand ich vor der Alternative, mich entweder an-zuschließen und dafür einen Tag des Stipendiums abgezogen zu bekom-men – oder Streikbrecher zu werden. Der Schulleiter des Collège Fontanes hat daraufhin entschieden, ich solle nach Hause gehen. Er würde mich an diesem Tag einfach als krank führen.

Wofür wurde überhaupt ge-streikt?

Es ging um die Zahl der wöchent-lichen Unterrichtsstunden. Die Lehrer sollten für das gleiche Gehalt mehr arbeiten. Das lehnten sie ab. Für die-ses Anliegen hatte ich Sympathie und Verständnis. Aber einen Tag auf mein Stipendium zu verzichten, das konnte ich mir als Fremdsprachenassistent nicht leisten. Insofern war die Lösung des Schulleiters diplomatisch.

Als Generalkonsul in Edinburgh gehört es auch zu ihren Aufga-ben, für die deutsche Sprache zu werben. Weshalb tut sich Deutsch als Fremdsprache in Schottland schwer?

Oberflächlich betrachtet liegt das an den geänderten Vorschriften für die höheren Schulabschlüsse in Schott-land. Für den Abschluss »Higher«, der unserem Abitur entspricht, ist es seit 2003 nicht mehr erforderlich,

eine Fremdsprache nachzuweisen. Das bedeutet, dass Fremdsprachen nur noch von denen gelernt werden, die das wirklich wollen. Wenn es dann irgendwann nicht mehr genug Schüler gibt, wird das Fach eingestellt. Der tiefer liegende Grund ist, dass viele Akteure in Politik und Schulwesen die Ansicht vertreten, Fremdspra-chenunterricht sei Zeitvergeudung, da der Rest der Welt doch ohnehin Englisch spreche. Hinzu kommt, dass viele Eltern eine Abneigung gegen Fremdsprachen haben, weil sie selbst einen vergleichsweise schlechten Sprachunterricht hatten. Es geht deshalb darum, unter den Bildungs-verantwortlichen zu werben, dass Schüler neben ihrer Muttersprache zwei Fremdsprachen gleichgewichtig lernen sollten.

Mit welchen Argumenten wer-ben Sie für Deutsch als Fremd-sprache?

Für das Fremdsprachenlernen gibt es viele gute Gründe, auf die ich auf Veranstaltungen und in Gesprächen immer verweise. Dazu gehört zum Beispiel die Tatsache, dass Deutsch die Sprache einer der wirtschaftlich stärksten Staaten in Europa ist, zu dem Schottland außerhalb der anglo-phonen Welt die meisten wirtschaftli-chen Kontakte unterhält. In Schottland selbst haben sich außerdem zahlrei-che mittelständische Firmen mit Sitz in Deutschland angesiedelt. Insofern fördern Fremdsprachen die »Employa-bility«, denn viele dieser Unternehmen bevorzugen Mitarbeiter, die sie auch anderswo einmal einsetzen können. Hinzu kommt, dass Deutsch für viele Studiengänge hilfreich ist – sei es Ge-schichte, Philosophie oder auch die In-genieurwissenschaften. Unbeabsich-tigt unterstützt werde ich dabei seit einiger Zeit von Studentenverbänden, die von den Universitäten verstärkt for-dern, dass Fremdsprachenunterricht studienbegleitend angeboten wird. Die Universitäten in Edinburgh und Aberdeen sind darauf bereits einge-gangen, denn die Nachfrage ist riesig. Viele Studenten haben offensichtlich das Gefühl, dass ihnen in der Schule etwas vorenthalten wurde.

Die Fragen stellte Martin Finkenberger

Weil ihn das Collège Fontanes zu sehr an eine Kaserne erinnerte, bezog Wolfgang Mössinger eine Wohnung außerhalb der Schule – im ältesten noch erhaltenen Wohngebäude in Niort. Ein Schlussstein im Treppen-haus datierte es auf das Jahr 1517 und eine Madonnen-statue schützt seine Bewohner.

»Think German«: Der Abgeordnete Colin Beattie (re.) war Gastgeber einer Veranstaltung im November 2011 im Schottischen Parlament, auf der Wolfgang Mössinger (li.) für Deutsch als Fremdsprache warb.

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Europäisches Sprachensiegel 2011

Das »Palais Niederösterreich« im Zentrum von Wien brauchte sich für den 7. Oktober nicht eigens herauszuputzen. Die Kronleuchter im »Landtagssaal«, in dem früher Abgeordnete aus Niederösterreich zusammenkamen, strahlten mit den Preisträgern um die Wette. Aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft, aus Deutschland wie auch aus ganz Österreich waren die Vertreterinnen und Vertreter der Projekte angereist, denen im Rahmen der trinationalen Sprachenkonferenz »Mit Sprache/n an Beruf und Gesellschaft aktiv teil-nehmen« das Europäische Sprachen-siegel 2011 verliehen werden sollte. Die Auszeichnung, die in diesem

Jahr für alle drei Staaten einheitlich in Form einer transparenten Acryl-Wandtafel ansprechend gestaltet wurde, empfingen die Preisträger aus den Händen ihrer ranghöchsten Bildungsvertreter: Für Deutschland überreichte der Niedersächsische Kultusminister und Präsident der Kultusministerkonferenz, Dr. Bernd Althusmann, die Auszeichnungen sowie das Preisgeld in Höhe von 500 Euro an die Vertreterinnen und Vertreter der neun auszuzeichnen-den deutschen Projekte. Aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens war Minister Oliver Paasch nach Wien gekommen. Die Preis-träger aus Österreich nahmen die

Auszeichnung aus den Händen von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und Kurt Nekula, Sektions-leiter im Bundesministerium für Un-terricht, Kunst und Kultur, entgegen.

Eine Ära geht zu EndeNach einem einleitenden Round-

Table-Gespräch, in dem die Bil-dungsvertreter Gelegenheit hatten, Eckpunkte der jeweiligen nationalen Sprachenpolitik zu skizzieren, stellten die Juryvorsitzenden die Projekte in Form von Laudationes vor. Den Auftakt bildete Deutschland. Für Professor Hartmut Ebke (Tübingen) war dies seine letzte Amtshandlung als Jury-Vorsitzender: Nachdem er

Sprachenlernen im DreivierteltaktIn Wien wurden die Europäischen Sprachensiegel verliehen

Die europäische Dimension hat auch bei Veranstaltungen der Nationalen Agentur im PAD

Tradition: Nachdem 2009 die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens und Deutschland

die Preisträger des Wettbewerbs um das Europäische Sprachensiegel auf einer gemeinsamen

Sprachentagung auszeichneten, sind am 7. Oktober 2011 in Wien während einer trinationalen

Konferenz die diesjährigen Sprachensiegel verliehen worden.

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Würdigung in feierlichem Rah-men: 18 Sprach-projekte aus Deutschland, Österreich und der Deutsch-sprachigen Gemeinschaft erhielten am 7. Oktober 2011 das Europäische Sprachensiegel.

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Europäisches Sprachensiegel 2011

1999 den Wettbewerb um das Euro-päische Sprachensiegel für Deutsch-land mit aus der Taufe gehoben hatte und den ersten Pilotwettbewerb organisierte, stand er insgesamt sie-ben Mal der Jury vor, jeweils in den Jahren, in denen die Länder bzw. die Nationale Agentur im Pädagogischen Austauschdienst federführend den Wettbewerb auslobte. Mit Ende des Jahres 2011 wird Professor Ebke in den Ruhestand gehen und auch das Amt des Jury-Vorsitzenden nie-derlegen.

Das Sprachensiegel im europäischen Kontext

Die Leiterin des Referats für »Poli-tik der Sprachenvielfalt« der Europä-ischen Kommission, Belén Bernaldo de Quirós, zeigte die Bedeutung des Europäischen Sprachensiegels im Kontext der Arbeit der EU-Kommissi-on in den vergangenen zehn Jahren auf. Sie wies darauf hin, dass Polen, das in der zweiten Jahreshälfte 2011 die Ratspräsidentschaft innehatte, das Thema »Multilinguismus« zu einer seiner Prioritäten während der Amtszeit erklärt hatte. »This decision is particularly important because it sends a clear message: developing multilingual competences is a re-source to rely on even in times of

economic difficulties, when mobility of workers and internationalisation of business play a key role in eco-nomic recovery«, führte de Quirós aus. Wie in der Praxis das weltweit agierende österreichische Unterneh-men »Infineon Technologies« aktive Sprachenpolitik für und mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreibt, erläuterte die Vorstandsvor-sitzende Monika Kircher-Kohl nach der Mittagspause überzeugend.

Die Praxis kennen lernenDen Nachmittag nutzten die Teil-

nehmerinnen und Teilnehmer, um die prämierten Initiativen näher kennen zu lernen. Auch eine Reihe weiterer Projekte guter Praxis aus verschiede-nen Förderaktionen des Programms für lebenslanges Lernen, die zum Thema der Konferenz arbeiteten, waren vertreten und stellten ihre Pro-jektergebnisse vor. Dies war auch die Gelegenheit, grenzüberschreitend Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen.

Den Abschluss der eintägigen Veranstaltung bildete das leiden-schaftliche Resümée von Professor Hans-Jürgen Krumm, der Deutsch als Fremdsprache am Institut für Ger-manistik der Universität Wien lehrt. Unter dem Titel »Wie viel/e Sprache/n

Welche Kompetenzen sind entscheidend? Mit dieser und anderen Fragen zum Thema Sprachkenntnisse für das Arbeitsleben befassten sich die Workshops am Nachmittag.

braucht der Mensch?« führte er aus, dass es »in Zeiten, in denen leider immer wieder versucht wird, Angst vor Fremdem, auch vor fremden Sprachen, zu schüren« umso wich-tiger sei, »die Normalität unserer Gesellschaften als mehrsprachige Gesellschaften zu betonen.« Dazu ge-höre auch zu erkennen, dass es keine richtigen und falschen Sprachen gebe, sondern auch die individuelle Biografie eines Menschen eine nicht unbedeutende Rolle spiele.Cora Oepen, PAD

Europa bewegt sich – Grundschule Burgdamm, BremenEurope in Motion

GUT* im Tandem Dietrich-Heise-Schule, Freie (gemeinsamer Unterrichtstag) Evangelische Grundschule, Görlitz

How to Become a Chef in Europe Albrecht-Dürer-Schule, Berufskolleg der Landeshauptstadt Düsseldorf

Theatergruppe Babylon: Universität Regensburg, ZentrumNasrin oder Die Kunst zu träumen für Sprache und Kommunikation Lehrgebiet Deutsch als Fremdsprache

Internationale Schreibpartner- Stiftung Universität Hildesheimschaften – ISP Lese- und Schreibzentrum / Institut für Interkulturelle Kommunikation

LiBRe – Little Bookworm Bergische Universität Wuppertal Reading Club Didaktik des Englischen

Deutsch-Französischer Landesakademie für FortbildungOnline-Markt und Personalentwicklung, Esslingen

YELL – Young Europeans Volkshochschule im Landkreis Love Languages Cham e.V.

Mulingula – Multilinguale KIM – Kontaktstelle für Inter-Leseaktivitäten kulturelles Lernen und Menschen- rechtserziehung in der Grundschule, Münster

Mehr InformationenProjekttitel Projektverantwortliche

Weitere Informationen zu den prämierten deutschen Projekten finden Sie auf der Website des PAD unter www.kmk-pad.org/praxis/ess/aktueller-wettbewerb.html. Das Programm der Spra-chentagung in Wien sowie die Manuskripte der oben genann-ten Vorträge stehen unter www.lebenslanges-lernen.at/sprachen konferenz2011 zur Verfügung.Der Wettbewerb um das Europä-ische Sprachensiegel 2012 wird dem Thema »Digitale Medien beim Sprachenlernen« gewidmet sein. Die Nationale Agentur Bil-dung für Europa beim Bundesins-titut für Berufsbildung koordiniert den Wettbewerb 2012. Informa-tionen zum Thema und zu den Be-werbungsmodalitäten finden Sie auf der Website www.na-bibb.de/wer_wir_sind/die_nationale_agen tur_bildung_fuer_europa.html.

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Aus der Forschung

Eltern und Lehrkräfte an Grund-schulen sind vielfach skeptisch, ob Kinder zwischen 8 und 12 Jahren an einer internationalen Begegnung teilnehmen sollen. Zu Recht?

Aus der Entwicklungspsychologie wissen wir, dass Kinder in diesem Alter durchaus reif sind für solche Begeg-

Kindern aus einem anderen Land, die meist eine andere Sprache sprechen als sie selbst. Sie erfahren, dass sie sich zunächst mit diesen Kindern nicht ohne weiteres verständigen können, dass aber dennoch eine Kommunikati-on auf anderen Wegen gelingen kann.

Würden Sie auch von Lernerfah-rungen sprechen?

Für fast alle Kinder kann festge-stellt werden, dass sie selbst meinen, mehr über andere Kinder, deren Land und deren Lebensweisen zu wissen. Eine fremdsprachliche Kompetenz erwerben Kinder in diesem Alter durch solche Begegnungen nur in geringem Maße. Der Großteil der befragten Kinder gibt an, zumindest ein paar Worte gelernt zu haben – Mädchen sprechen dabei auch öfter von er-worbenen Sprachkenntnissen als Jungen. Anders stellt es sich dar, wenn der Spracherwerb im Mittelpunkt der Begegnung steht oder aber die Arbeitssprache eine Drittsprache ist, die sie bereits in der Schule lernen. Als eine wichtige Lernerfahrung ist auch anzusehen, wenn Kinder Hemmungen abbauen und merken, dass Kommu-nikation ohne Kenntnis der fremden Sprache möglich ist – etwa durch Mimik, das Zeigen mit den Fingern, oder ein Bild, das sie malen. Welche Lernerfahrungen die Kinder machen, hängt jedoch nicht zuletzt von der Gestaltung der Begegnung selbst ab.

Fällt allen Kindern die Kommuni-kation so leicht?

Experten, die wir in einer Vorstudie befragt haben, waren der Ansicht,

dass die Kommunikationsfähigkeit eine zentrale Ressource der Kinder sei, die sie flexibel und vielseitig einzusetzen wüssten. Die Haupt-studie hat allerdings ergeben, dass diese Vielseitigkeit vom Alter und den Vorerfahrungen abhängt. Ein achtjähriges Kind ohne Kenntnisse einer fremden Sprache verhält sich anders als ein Zwölfjähriger, der be-reits Englisch im Unterricht lernt. In unserer Studie haben sich, was das Kommunikationsverhalten betrifft, vier Gruppen herauskristallisiert: Es gibt zum Beispiel Kinder, die vielseitig kommunizieren durch Sprache, den Einsatz von »Händen und Füßen« oder durch Zeichen. Sie sind selten unsicher und brechen die Kommu-nikation nicht ab, wenn Probleme auftreten. Meistens sind es ältere Kinder und oft Mädchen. Eine zweite Gruppe handelt »bi-optional«. Das heißt, dass sie ihre Fremdsprachen-kenntnisse aus dem Unterricht und zusätzlich ein weiteres nonverbales Kommunikationsmittel nutzen. Dann gibt es die – wie sie in unserer Studie heißen – Germanisten, die in einer Be-gegnung mit großer Leidenschaft vor allem Deutsch sprechen, obwohl die anderen Kinder sie kaum verstehen. Das sind oft die Jüngeren und häufig Jungen. Als viertes gibt es schließlich die Unsicheren und Resignativen, die alles ausprobieren, die aber auch die Kommunikation abbrechen, wenn sie zum Beispiel bei einem Spiel nicht wei-terkommen, weil sie eine Regel nicht übersetzen können. Die Unsicheren und Resignativen sind allerdings in allen Altersgruppen vertreten und stel-

»Interkulturalität als roter Faden einer Begegnung«Eltern sind oft besorgt und Lehrkräfte an Grundschulen vielfach skeptisch: Sind Kinder

im Alter von 8 bis 12 Jahren reif für die Teilnahme an einer internationalen Begegnung? Und

wie sollten solche Begegnungen gestaltet werden, damit Kinder interkulturelle Kompetenz

erwerben? Mit Fragen wie diesen befasst sich die Studie »Interkulturelle Kompetenz durch

internationale Kinderbegegnung«, die Barbara Rink vom Deutschen Jugendinstitut (DJI)

gemeinsam mit Isabelle Krok und Kirsten Bruhns erstellt hat. Im Mittelpunkt standen zwar

Begegnungen im außerschulischen Bereich. Die Erkenntnisse können allerdings auch dem

Austausch insbesondere von Grundschulen Argumente und Impulse an die Hand geben.

Über die Studie

Die Studie »Interkulturelle Kom-petenz durch internationale Kin-derbegegnung« wurde zwischen Februar 2009 und August 2010 durchgeführt. In die Untersuchung wurden sieben Begegnungen mit insgesamt 81 teilnehmenden Kindern aus Deutschland einbezo-gen, die zwischen fünf Tagen und bis zu vier Wochen dauerten. Die Untersuchung umfasste eine Pa-nelbefragung zu drei Zeitpunkten, vertiefende qualitative Interviews mit ausgewählten Kindern drei bis vier Monate nach der Begegnung sowie eine Elternbefragung zum sozioökonomischen Hintergrund und Befragungen der Projekt-durchführenden.

nungen. Ein Ergebnis unserer Studie ist aber, dass nicht so sehr das Alter entscheidend ist. Viel wichtiger sind an-dere Faktoren, etwa die Persönlichkeit der Kin-der, ihre Vorerfahrungen oder Sprachkenntnisse. Wir kommen allerdings auch zu der Erkenntnis, dass diese Unterschie-de vor dem Hintergrund der Gestaltung der Be-gegnung zurücktreten können. Ob jemand schüchtern oder ängst-lich ist, spielt dann eine weniger wichtige Rolle.

Erwerben Kinder durch solche Begeg-

nungen tatsächlich interkulturelle Kompetenz, wie der Titel der Studie suggeriert? Oder müsste nicht von Erfahrungen gesprochen werden?

Interkulturelle Kompetenz zu er-werben ist ein langjähriger Prozess und nicht das Ergebnis einer fünf-tägigen Begegnung. Internationale Begegnungen können aber ein wich-tiger, für einige sogar der erste Schritt in diesem Prozess sein. Die Kinder erleben unmittelbar den Umgang mit

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Über die Autorin

Aus der Forschung

len insgesamt die kleinste Gruppe dar. Diese Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, die Teilnehmenden vorzubereiten und ihnen alternative Wege der Kommunikation aufzuzei-gen. Dies könnte auch Bestandteil der Kinderbegegnung sein.

Wie sollte eine internationale Begegnung für Kinder gestaltet sein, um interkulturelles Lernen zu ermöglichen?

Damit bei einer Begegnung inter-kulturelles Lernen stattfindet, sollte sich Interkulturalität als roter Faden durch die Begegnung ziehen. Das beginnt mit der Vorbereitung der Kin-der, die sich nicht auf organisatorische und logistische Informationen be-schränkt, und der Zusammensetzung der Betreuerinnen und Betreuer – im schulischen Austausch also vor allem die Lehrkräfte –, die als interkulturel-les Team zusammen das Programm gestalten. Die Kinder sollten eben darauf vorbereitet werden, dass sie Kinder aus einem anderen Land mit einer anderen Sprache treffen, denen sie etwas über sich und ihre Familie mitteilen oder mit denen sie gemein-same Aktivitäten durchführen können. Es hat sich gezeigt, dass Kinder, die so vorbereitet wurden, zuversichtlich und mit großer Neugierde teilnehmen. Ein weiteres wichtiges Element ist die intensive Kennenlernphase für die Kinder und ihre Betreuerinnen und Betreuer. Hinzu sollten Gemeinschaft stiftende Elemente kommen, die sich wie ein Ritual durch die Begegnung ziehen und die Gruppe immer wieder zusammenführen. Und schließlich sollte es möglichst viele und unter-schiedliche Formen geben, in denen die Kinder miteinander in Kontakt treten – sowohl in der Großgruppe wie im Tandem.

Welche Bedeutung hat eine ge-meinsame Unterkunft?

Durch eine gemeinsame Unter-bringung in einer Bildungsstätte zum Beispiel nehmen die Kinder auch un-terschiedliche Lebensgewohnheiten wahr und beginnen zu differenzieren. In einem deutsch-französischen Aus-tausch, den wir begleitet haben, war es für die Kinder aus Deutschland beispielsweise ungewohnt, wie in Frankreich Bettdecken benutzt wer-den oder dass das Frühstück ohne Teller stattfindet und für die warmen

Getränke eine Art »Müsli-Schüssel« verwendet wird. Dies bietet Raum für interkulturelles Lernen – vor allem dann, wenn thematisiert wird, ob die beobachteten Verhaltensweisen ver-allgemeinerbar sind oder etwas Spe-zifisches zum Beispiel an diesem Ort. In der Untersuchung hat sich zudem gezeigt, dass es förderlich ist, wenn Kinder gemeinsam in einem Zimmer untergebracht sind, um so die Distanz im Raum aufzuheben. Gerade im informellen Teil am Abend finden sie so leichter Kontakt. Allerdings können dabei auch Konflikte auftreten, die es seitens der Betreuenden zu erkennen und zu lösen gilt.

Zu der Studie gehörten eine schriftliche Befragung der Kinder aus Deutschland zu drei Zeitpunk-ten – zu Beginn und am Ende der Begegnung sowie drei Monate nach der Begegnung – und die Durch-führung qualitativer Interviews mit einigen ausgewählten Kindern drei Monate nach der Begegnung. Wel-che Wirkungen auf die Kinder haben Sie feststellen können?

Mit Aussagen zu nachhaltigen Wirkungen hält sich die Studie zurück, vor allem deswegen, weil die Kinder in den Wochen nach der Begegnung vielen Einflüssen ausgesetzt sind, die wir nicht kennen. Wir konnten allerdings feststellen, dass die Erleb-nisse und Erfahrungen zu verblassen beginnen – ganz im Gegensatz zu den Befragungen unmittelbar nach der Begegnung. Ihre Wahrnehmung, dass Kinder aus anderen Ländern ihnen ähnlich sind, ist allerdings immer noch stärker als vor der Begegnung. Aber auch Konflikte, die es möglicherweise gab, sind weiterhin präsent. Was die Sprache betrifft, zeigt sich, dass sich Begegnungen, bei denen der Spra-cherwerb Teil des Programms war, positiv auf die Kinder ausgewirkt ha-ben, weil sie zum Beispiel das Gefühl haben, im Unterricht mehr als andere Kinder zu können und bessere Noten zu erhalten. Grundsätzlich positiv ist auch, dass die überwiegende Zahl der Kinder sagt, sie würden wieder an einer solchen Begegnung teilnehmen und dies auch ihren Freunden empfeh-len. Generell ist zu sagen, dass eine internationale Begegnung besonders nachhaltig ist, wenn sie den Kindern nach der Rückkehr weitere Angebote macht, etwa durch ein Treffen zur

Nachbereitung und durch anschlie-ßende Veranstaltungen, an denen die Kinder teilnehmen können.

Sind alle Kinder für die Teilnahme an einer internationalen Begegnung geeignet?

Es sollte immer genau darauf geachtet werden, welche Kinder bei der Begegnung zusammenkommen und ob sie spezielle Bedürfnisse haben. Darauf sollten dann auch die Aktivitäten und die Auswahl der Be-treuerinnen und Betreuer abgestimmt sein. Solche Überlegungen verhindern nicht, dass es in fast jeder Begegnung, die wir begleitet haben, Außenseiter gab – ganz gleich, aus welchen Grün-den. Umso wichtiger ist es, dass bei allen Maßnahmen immer die Kinder im Mittelpunkt stehen. Die Gestaltung des Programms sollte deshalb die Dy-namik von Gruppen berücksichtigen und gemeinschaftsstiftende Elemente enthalten, um problematische Situa-tionen aufzufangen.

Kann interkulturelles Lernen in diesem Alter auch scheitern?

Es besteht bei jeder Kinderbegeg-nung und jedem Schüleraustausch die Gefahr, dass ein Austausch Stereoty-pe oder Vorurteile fördert oder festigt. Deshalb ist es wichtig, dass die Grup-pen vorbereitet und begleitet werden und dass Konflikte, die während einer Begegnung auftreten, als Chance für eine Lernsituation wahrgenommen und bearbeitet werden.

Die Fragen stellte Martin Finkenberger, PAD

Barbara Rink, Jahrgang 1975, ist Diplom-Pädagogin. Sie hat an der Universität Koblenz-Landau und an der Université René Descartes – Paris V Erziehungswissenschaften studiert und an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris ein Aufbaustudium in Sozio-logie absolviert. Nach dem Studium war sie zunächst als Bildungsrefe-rentin in der internationalen Jugend-arbeit aktiv. Seit 2007 ist sie am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München tätig. Dort war sie unter anderem an der Studie »Interkulturelle Kompetenz durch internationale Kinderbegeg-nung« beteiligt, deren Ergebnisse 2010 publiziert worden sind. Die Studie ist unter www.dji.de/bibs/816_IKKB_Endbericht_ FINAL_1711.pdf verfügbar.

Foto

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Ihre Redaktion »PAD aktuell«

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Ausblick

Beispiele in Serie

Phantasie und Wirklichkeit – so lässt sich das außergewöhnliche COMENIUS-Schulprojekt »The Ma-gic of Elements in Beauty and

Hairdressing« charakte-risieren, das das Berufs-bildungszentrum Bad Salzungen (Thüringen) mit seiner finnischen

Partnerschule in Raahe zwei J a h r e l a n g durchgeführt hat. Das Pro-jekt verband die kreat ive und gestalteri-sche Projektar-beit der deut-

schen und finnischen Friseur- und Kosmetikauszubildenden mit dem gezielten Erwerb handwerklicher und berufsbezogener Fähigkeiten.

Im COMENIUS-Schulprojekt »Ler-nen mit allen Sinnen« erforschte die Landesschule für Körperbehinderte in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) mit seinen Partnern in fünf Staaten neue Wege im son-

»The Magic of Elements in Beauty and Hairdressing«, »Lernen

mit allen Sinnen« und »Natur und Technik in frühen Bildungs-

prozessen« lauten die Titel der COMENIUS-Projekte, die

der PAD in einer Serie von Projektfaltblättern vorgestellt hat.

derpädagogischen Unterricht. Dabei bewegte die Lehrkräfte die Frage, wie sie die Sinne ihrer Schülerinnen und Schüler nutzen können, um sie zum Lernen anzuregen – sind doch geistig und körperlich behinderte Schülerinnen und Schüler ebenso wie Kinder mit Lernbeeinträchti-gungen in besonderem Maße auf Anschaulichkeit und individuelle Lehrmethoden angewiesen.

In dem multilateralen Projekt »Natur und Technik in frühen Bil-dungsprozessen« entwickelte die Pädagogische Hochschule Lud-wigsburg mit ihren Partnern in fünf Staaten pädagogische Konzepte, um Kindern in der Bildungsphase von vier bis acht Jahren Naturphä-nomene und technische Problem-stellungen aufzuschließen. Dazu wurden insbesondere die kreativen und konstruktiven Fähigkeiten der Kinder gefördert.

Alle Faltblätter sind als PDF auf der Website des PAD unter www.kmk-pad.org/service verfügbar und können auch bestellt werden. Die Serie wird fortgesetzt.

Neu im NetzGriechin zu Gast an Grundschule: Der PAD zeichnet die Maria-Montessori-Grundschule in Winnweiler (Rheinland-Pfalz) für ihre beispielhafte Aufnahme einer COMENIUS-Assistentin aus Griechenland als »Projekt des Monats« aus.www.kmk-pad.org/praxis/pdm/pdm-12-2011.html

Soziale Verantwortung lernen: Umfassend dokumen-tiert wird ein Seminar in Hamburg für COMENIUS-Schul-partnerschaften, die Projektarbeit zum Thema »Soziales Lernen« durchführen. www.kmk-pad.org/service/doku/comenius-soziale-werte.html

COMENIUS in Deutschland: Zahlen und Fakten be-legen die europäische Erfolgsgeschichte COMENIUS. Ein Faltblatt veranschaulicht den Umfang der Projekte, Partnerschaften und Mobilitäten seit 2007.www.kmk-pad.org/service/veroeffentlichungen

www.kmk-pad.org