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Begegnung mit Peter Bechtel „Wenn der Professor zur Visite kam, musste alles vom Gang verschwinden, was nicht notwendig war. Schüler und Auszubildende gehörten definitiv dazu“, erzählt Peter Bechtel. Das erste halbe Jahr seiner Ausbildung in den 1970er Jahren habe er überwiegend im „Schmutzarbeitsraum“ verbracht. Diese Wahrnehmung von Pflege gehört zum Glück längst der Vergangenheit an, sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes Pflegemanagement. PflegeKarriere Porträt

Peter Bechtel

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Page 1: Peter Bechtel

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Begegnung mit

Peter Bechtel„Wenn der Professor zur Visite kam, musste alles vom Gang verschwinden, was nicht notwendig war. Schüler und Auszubildende gehörten definitiv dazu“, erzählt Peter Bechtel. Das erste halbe Jahr seiner Ausbildung in den 1970er Jahren habe er überwiegend im „Schmutzarbeitsraum“ verbracht. Diese Wahrnehmung von Pflege gehört zum Glück längst der Vergangenheit an, sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes Pflegemanagement.

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53Heilberufe / Das P� egemagazin 2014; 66 (5)

Selbst wenn man bei der Chefvisite dabei war, gestaltete sich das Lernen schwierig: „Es waren etwa 15 Leute un-terwegs. Bis der letzte einen Platz im Zimmer gefunden

hatte, war der Chefarzt beim nächsten Patienten im Zimmer nebenan.“ Aber es waren auch Sachen möglich, die aus heutiger Sicht durchaus als abenteuerlich zu bezeichnen sind. Er denkt zurück an die Zeit, als er mit 16 an den Wochenenden im kleinen städtischen Krankenhaus gearbeitet hat. Damals gab es noch den so genannten geteilten Dienst, „das Personal ging um 1 Uhr, das andere kam um 4 und so war ich durchaus auf der ganzen Station zeitweise auch allein“, erinnert sich der heutige Pflegedirektor am Universitäts-Herzzentrum Freiburg Bad Krozingen. „Ich war total unbedarft. Und wenn ich mir heute überlege, was ich damals alles gemacht habe, Infusionen angehängt, Dauerkatheter gelegt – einfach unglaublich.“

Wenn er an all diese Erlebnisse und Erfahrungen zurückdenkt, muss Bechtel schmunzeln und meint: „Das ist nicht mehr vor-stellbar.“ Die Wahrnehmung von Pflege, die Anerkennung des Berufs habe sich verändert. Heute geschehe gerade im stationären Bereich vieles auf Augenhöhe mit den Ärzten – „das System würde sonst auch gar nicht mehr funktionieren“. Und auch die

Möglichkeiten und Chancen innerhalb der Pflege hätten sich enorm verändert: Die Karrierewege seien vor ein paar Jahr-zehnten sehr überschaubar gewesen. Nach der Ausbildung habe man die Wahl zwischen Anästhesie/Intensiv- und OP-Pflegekraft, Stations- oder Pflegedienstleitung gehabt oder konnte an einer Schule tätig sein. An ein Studium sei sowieso nicht zu denken gewesen. „Da hat sich viel getan.“

Vielleicht empfiehlt Bechtel auch deshalb Jüngeren, diesen Beruf zu ergreifen. In der Familie hat das übrigens perfekt ge-klappt: Seine Frau ist in der Pflege tätig, auch die vier Söhne haben sich dafür entschieden, „obwohl wir das nie forciert und immer sehr offen über alle Probleme des Berufsalltags gesprochen haben“. Fachkrankenpflege Anästhesie/Intensiv, Health Care Studium und kardiologische Intensivpflege sind vertreten. Der Jüngste hat eine Ausbildung in der Gesundheits- und Krank-heitspflege begonnen. Der Mittfünfziger schmunzelt: „Man könnte uns als die Kelly-Family der Pflege bezeichnen.“

Bei allen Fortschritten sieht er – seit vielen Jahren berufspolitisch engagiert – ganz klar: „Es bleibt viel zu tun.“ Wichtige Vorhaben sind: die Reform der Ausbildung, die Generalistik mit Schwer-punktbildung (von der letzten Bundesregierung bereits verspro-chen) und schließlich eine bessere Personalausstattung in den Kliniken. In dieser Frage wünscht er sich bei der Politik mehr Bewusstsein dafür, „dass Pflege nicht nur im Heim, sondern auch in der Klinik stattfindet“.

Am Herzen liegt ihm das „Berufsgesetz Pflege“, in dem auch fest-zulegen wäre, mit welcher Qualifikation eine Pflegekraft welche

Aufgaben ausüben kann – in Abgrenzung zu anderen Berufs-gruppen, „damit endlich die leidige Diskussion um vorbehaltene Tätigkeiten beendet wird“, so Bechtel. In seiner eigenen Einrich-tung ist er da ein gutes Stück vorangekommen: Für die bisherige Grauzone zur i.v.-Injektion durch examiniertes Pflegepersonal beispielsweise gibt es eine Verfahrensanweisung, mitgetragen vom Ärztlichen Direktor. Das hat insgesamt zwei Jahre gedauert – von einer Positivliste zu Medikamenten, die gespritzt werden dürfen, über ein mit Pharmakologen entwickeltes Kompendium bis hin zu haftungsrechtlichen Fragen.

Wenn so etwas gelingt und er sich nicht nur mit dem Tages-geschäft „rumschlagen“ muss, dann sind das für ihn gute Tage. Darüber kann er sich freuen, wobei Optimismus ohnehin seinem Naturell entspricht: „Bei mir ist das Glas eher immer halb voll.“ Und bestimmte Dinge gehen nur zu bestimmten Zeiten. Er glaubt, dass die Zeit für Pflegekammern nie so günstig war wie jetzt, auch wenn er eher ein Mensch der schnellen Entscheidung ist. Zur Not auch, wenn diese noch nicht ausgereift sind. Er schiebt die Dinge nicht auf die lange Bank und nimmt abends nichts mit nach Hause. Sein Schreibtisch ist dann leer – „also wirklich leer. Ich verstecke dann nichts im Schrank oder so.“

Der abgearbeitete Schreibtisch führt dazu, dass er, trotz aller Verpflichtungen als Pflege-direktor, Geschäftsführer, gefragter Referent, Buchautor und Vorsitzender des Bundesver-bandes Pflegemanagement, abends und an den Wochenenden gut abschalten kann. Im Som-

mer erholt sich Peter Bechtel beispielsweise beim Motorradfah-ren im Schwarzwald oder in den Vogesen. „Ich bin ein reiner Genussfahrer und kann das total genießen.“ Außerdem fotogra-fiert und kocht er leidenschaftlich gern. Von Letzterem profitiert dann besonders die Familie. Und dass die Küche nachher tiptop aufgeräumt ist, versteht sich bei Peter Bechtel von selbst. Ute Burtke

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Politiker brauchen mehr Bewusstsein dafür, dass Pflege nicht nur im Heim, sondern auch in der Klinik stattfindet.

Peter Bechtel

▶ Geboren 1958, verheiratet, vier Söhne

▶ 1979 Krankenpflegeexamen, erste Erfahrungen im OP und als Stationsleitung Innere Medizin

▶ 1985 Abschluss der Weiterbildung zur PDL

▶ Bis 1987 Stellv. PDL in einem kommunalen Krankenhaus mit 150 Betten, danach ein Jahr selbstständiger Unterneh-mensberater im Klinikbereich

▶ 1988–90 Ltd. OP-Pfleger in einem konfessionellen Kranken-haus

▶ Seit 1990 Pflegedirektor am Universitäts-Herzzentrum Freiburg Bad Krozingen; seit 2010 zusätzlich Geschäftsführer einer Rehaklinik mit 360 Betten

▶ Seit 1999 in der Berufspolitik; seit sieben Jahren Vorsitzender des Bundesverbandes Pflegemanagement

ZU R PE R SO N