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Polaritätsuntersuchungen an polymer-modifizierten Oberflächen mittels co-adsorbierter
solvatochromer Sondenmoleküle
von der Fakultät für Naturwissenschaften der Technischen Universität Chemnitz
genehmigte Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades
Dr. rer. nat.
vorgelegt von
Dipl.-Phys. Silvio Prause
geb. am 25.07.1970 in Olbernhau
eingereicht am 11.07.2003
Gutachter: Prof. Dr. Stefan Spange, Technische Universität Chemnitz
Prof. Dr. Rudolf Holze, Technische Universität Chemnitz
Prof. Dr. Christian Reichardt, Phillips Universität Marburg
Tag der Verteidigung: 18.11.2003
Internet-Archiv: http://archiv.tu-chemnitz.de/pub/2004/0019
2
Bibliographische Beschreibung und Referat
Prause, S.
Polaritätsuntersuchungen an polymer-modifizierten Oberflächen mittels co-
adsorbierter solvatochromer Sondenmoleküle
Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Naturwissenschaften, Dissertation, 2003, 93 Seiten, 100 Literaturzitate, 10 Tabellen, 32 Abbildungen
Polymer-modifizierte Oberflächen von anorganischen Trägermaterialien werden
bezüglich der Polarität an der Grenzfläche Polymer/Träger untersucht. Zu diesem
Zweck werden solvatochrome Sondenmoleküle (Farbstoffe) an die Oberfläche co-
adsorbiert und mittels UV/Vis-Spektroskopie vermessen. Aus den UV/Vis-
Absorptionsmaxima der solvatochromen Sonden lassen sich die empirischen Polari-
tätsparameter Acidität α, Basizität β und Dipolarität/Polarisierbarkeit π* nach KAMLET
und TAFT ermitteln.
Ausgehend von den Polaritätsparametern oxidischer Trägeroberflächen und synthe-
tischer Polymere wird untersucht, wie sich die Polarität während und nach der
Adsorption des Polymers an die Oberfläche ändert. Dabei wird die verwendete
Konzentration als auch die molare Masse der Polymere variiert. Elementaranalysen
der gebildeten Komposite geben Aufschluß über die tatsächlich adsorbierte Menge
an Polymer. Des weiteren werden die empirischen Polaritätsparameter von mit
Polydimethylsiloxan funktionalisiertem Kieselgel bestimmt und der Einfluß des
Funktionalisierungsgrades untersucht. Erstmalig wird die Methode der Solvatochro-
mie an polymer-modifizierten Glasfasern angewendet. Die ermittelten empirischen
Polaritätsparameter werden mit denen der inversen Gaschromatographie verglichen
und ausführlich diskutiert.
Polaritätsparameter, Acidität, UV/Vis- Spektroskopie, Solvatochromie, solvatochrome
Sondenmoleküle, Adsorption, synthetische Polymere, anorganische oxidische
Träger, funktionalisiertes Kieselgel, Glasfaser
3
Die Wirklichkeit ist es, die uns täuscht.
Seneca
4
Inhaltsverzeichnis
A EINLEITUNG....................................................................................................... 8
B GRUNDLAGEN................................................................................................. 12
1 Polarität ............................................................................................................ 12
1.1 Lösungsmittelpolarität ................................................................................ 12
1.2 Der Mehrparameteransatz nach KAMLET und TAFT .................................... 13
1.3 Oberflächenpolarität ................................................................................... 15
2 Solvatochrome Sondenmoleküle................................................................... 17
2.1 Phänomen Solvatochromie ........................................................................ 17
2.2 Verwendete Sondenmoleküle .................................................................... 18
2.2.1 Die Komplexverbindung Fe(phen)2(CN)2 ............................................ 19
2.2.2 MICHLER´s Keton ................................................................................. 21
2.2.3 Cumarin 153........................................................................................ 23
2.2.4 Aminobenzodifuranon ......................................................................... 24
3 UV/Vis-Spektroskopie ..................................................................................... 26
3.1 Physikalisches Prinzip................................................................................ 26
3.2 Technische Umsetzung.............................................................................. 29
3.3 Verwendete Meßanordnung....................................................................... 29
C UNTERSUCHTE SYSTEME ............................................................................. 31
1.1 Anorganische Trägermaterialien / synthetische nichtvernetzte Polymere .. 31
1.2 Pyrogenes Kieselgel / Polydimethylsiloxan ................................................ 61
1.3 Polymermodifizierte Glasfasern.................................................................. 70
D ZUSAMMENFASSUNG .................................................................................... 79
5
E EXPERIMENTELLER TEIL............................................................................... 82
1 Verwendete Geräte.......................................................................................... 82
2 Materialien........................................................................................................ 83
3 Durchführung der Solvatochromiemessungen ............................................ 84
F LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................. 85
6
Abkürzungsverzeichnis
ABF Aminobenzodifuranon; solvatochromer
Farbstoff
AN Akzeptorzahl nach Gutmann
APS γ-Aminopropyl-triethoxysilan
ATR abgeschwächte Totalreflexion
BET Verfahren zur Bestimmung der
spezifischen Oberfläche von Feststoffen
nach Brunauer, Emmett und Teller
Cu(tmen)(acac)+B(C6H5)4- Kupfer(II)-Komplex; solvatochromer
Farbstoff
tmen…Tetramethylethylendiamin acac…Acetylacetonat
C153 Cumarin 153; solvatochromer Farbstoff
DCE 1,2-Dichlorethan; unpolares
Lösungsmittel
DCM Dichlormethan; unpolares Lösungsmittel
DRIFT - Diffuse-Reflexion-Infrarot-Fourier-
Transformation -
DTBP 2,6-Di-tert-butylpyridin; stark basisches
Lösungsmittel
EA Elementaranalyse
EP Epoxidharz
EPA / EPD Elektronenpaarakzeptor / -donor
FTIR - Fourier-Transformation Infrarot -
Fe(phen)2(CN)2 Dicyano-bis(1,10-phenanthrolin)eisen(II)-
Komplex; solvatochromer Farbstoff
HBA / HBD Wasserstoffbrückenakzeptor / -donor
7
HFI Hexafluor-2-propanol; stark acides
Lösungsmittel
HOMO höchstes besetztes Molekülorbital
highest occupied molecular orbital
IGC inverse Gaschromatographie
IR Infrarot
LFE Lineare Freie Energie
LUMO niedrigstes nicht besetztes Molekülorbital
lowest unoccupied molecular orbital
ODMS Oligodimethylsiloxan
PDMS Polydimethylsiloxan
PEO Polyethylenoxid
PMMA Polymethylmethacrylat
PP Polypropylen
PS Polystyrol
PU Polyurethan
PVAc Polyvinylacetat
PVP Polyvinylpyrrolidon
PVPy Polyvinylpyridin
UV/Vis Ultraviolett/Visuell
XPS Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie
X-ray-photoelectron-spectroscopy
8
A Einleitung
Native Polymere besitzen eine existentielle Bedeutung für alle Lebewesen.
Lebensnotwendige Funktionen des pflanzlichen und tierischen Organismus werden
durch ständig ablaufende Abbau- und Aufbauprozesse von nativen
makromolekularen Verbindungen wie Peptiden und Polysacchariden aufrechter-
halten. Technische Polymere haben der Menschheit in ihrer Entwicklung zu weiterem
Fortschritt verholfen. Dies trifft für die moderne Gesellschaft des derzeitigen 21.
Jahrhunderts mehr denn je zu. Die technologische Bedeutung synthetischer
Polymere als Zusätze oder Ausgangsstoffe in der Waschmittel- und Kosmetik-
industrie, als Dispersionsmittel für Lacke und Farben, als Schmier- und Gleitmittel für
bewegliche Anlagenteile, als Beschichtung sowohl technischer als auch für
Bekleidungszwecke genutzter Fasern steht heute außer Frage. Die Aufzählung ließe
sich beliebig fortsetzen. Bei all den genannten Anwendungen steht die Struktur des
Polymers nicht allein im Mittelpunkt des Interesses, sondern vielmehr die im
mikroskopischen als auch makroskopischen Maßstab auftretenden Wechsel-
wirkungen mit einer Oberfläche oder Grenzfläche. Dabei können die Wechsel-
wirkungen entweder bei der Herstellung eines Produktes oder erst beim
nutzbringenden Einsatz zum Tragen kommen.
Eine Verbesserung der Herstellungsverfahren als auch der Produkteigenschaften im
wirtschaftlich-technischen Bereich sowie die Entwicklung von Behandlungsmöglich-
keiten (z.B. bei Ablagerungen an Gefäßwänden) oder bioverträglichen Materialien in
der Medizin erfordern in steigendem Maße detailliertere Kenntnisse der Abläufe
während der Anbindung eines Polymers an eine Oberfläche. In der Literatur sind
eine Vielzahl von Methoden beschrieben, die den Vorgang der Adsorption eines
Polymers an eine Feststoffoberfläche in flüssiger organischer Phase zum Inhalt
haben [1–7]. Die bewährten Verfahren zur Aufnahme kinetischer und thermodyna-
mischer Größen wie freier Adsorptionsenergie oder -enthalpie sind oftmals mit einem
hohen apparativen und zeitlichen Aufwand verbunden. Durch den Einsatz
rechnergestützter Methoden wie UV/Vis-, RAMAN- oder FTIR/DRIFT-Spektroskopie
konnte zumindest der Zeitfaktor erheblich reduziert werden.
Die Funktionalisierung einer Oberfläche mit einem synthetischen Polymer kann
grundsätzlich nach zwei Methoden, physikalisch oder chemisch, erfolgen.
9
Hauptsächlich physikalisch bestimmt ist die Adsorption eines Polymers an
eineOberfläche. Das Polymer kann entweder aus der Lösung oder der Schmelze an
die Oberfläche adsorbieren [8–21]. Aus technischer Sicht stellt die Adsorption ein
sehr einfaches Verfahren dar, vorteilhaft für viele Anwendungen, weil zeitaufwendige
Syntheseschritte nicht erforderlich sind. Je nach Molekularstruktur, Molmasse und
Lösungsmittel bzw. Morphologie der Oberfläche liegt das Polymer in einer
andersgearteten Konformation an/auf der Oberfläche vor (Abbildung 1) [22]. Größen
wie die Acidität des anorganischen Trägermaterials oder die Basizität des Polymers
als auch die Polarität des Lösungsmittels sind für den Ausgang der Adsorption
ebenfalls von entscheidender Bedeutung.
tail train loop
Abbildung 1: Mögliche Konformationen eines Polymers an/auf einer Oberfläche nach der Adsorption
Chemische Funktionalisierungen von Oberflächen beruhen auf einer kovalenten
Anbindung von endgruppenständigen Polymeren (grafting onto Reaktionen) oder
Pfropfreaktionen (grafting from) von Monomeren (M) an den funktionellen
Oberflächengruppen (Abbildung 2). In der Literatur sind für eine Reihe von
anorganischen Substratmaterialien Reaktionen dieser Art beschrieben [23–29].
grafting onto
10
grafting from
Abbildung 2: Chemische Funktionalisierung (grafting onto, grafting from) von Oberflächen mit Polymeren
Der wesentliche Unterschied zwischen dem physikalischen und dem chemischen
Verfahren zeigt sich nach der Funktionalisierung in der Segmentdichteverteilung des
Polymers als Funktion des Abstandes von der Feststoffoberfläche [30] (Abbildung 3).
Bei der Adsorption ist die Segmentdichte des Polymers unmittelbar an/auf der
Oberfläche, als Folge der Anlagerung des Polymers in Form von Schleifen (loops)
und gestreckten Kettenabschnitten (trains) auf der Oberfläche, am größten. In
größerem Abstand tragen nur noch die Segmente der von der Oberfläche
wegzeigenden Ketten (tails) zur Gesamtverteilung bei. Dagegen befinden sich die
meisten Segmente bei Pfropfung eines Polymers an die Oberfläche in einem
gewissen Abstand von dieser. Der Abstand liegt aber noch unter dem sogenannten
Gyrations-Radius RG [30] eines ungestörten Polymerknäuels in Lösung.
tails
loopsρ
rRG
ρ
r
Abbildung 3: Segmentdichte ρ in Abhängigkeit vom Abstand r von der Träger- oberfläche für ein adsorbiertes (links) und gepfropftes Polymer
n M
11
In der vorliegenden Arbeit wurde ein anderer Weg eingeschlagen, um die
Problematik der Anbindung eines Polymers an eine Oberfläche wissenschaftlich zu
untersuchen. Als Verfahren kam die Methode der Solvatochromie zum Einsatz. Im
Unterschied zu den etablierten Verfahren wurden hierbei nicht die unmittelbar mit der
Adsorption verbundenen Kenngrößen wie Bedeckungsgrad oder Adsorptionsenergie
ermittelt. Vielmehr wurde die Änderung der unter dem Begriff Polarität
zusammengefaßten Eigenschaften von den an der Adsorption beteiligten Materialien
bis hin zum gebildeten Komposit mittels solvatochromer Sonden UV/Vis-
spektroskopisch verfolgt. Dabei tritt das Polymer zu dem vorab an der Oberfläche
des Trägers adsorbierten Sondenmoleküls in Konkurrenz. Eine Beschreibung des
Adsorptionsprozesses im eigentlichen Sinne ist damit nicht möglich. Über die der
Polarität zugrunde liegenden Säure-Base- und Dipol/Dipol-Beziehungen lassen sich
jedoch qualitative Aussagen zu den auftretenden Wechselwirkungen zwischen
Polymer und anorganischer Trägeroberfläche treffen.
Kernstück der Arbeit bilden die solvatochromen Untersuchungen an ausgewählten
Kombinationen von Polymeren und anorganischen oxidischen Trägern. Dazu wurden
zeitaufgelöste UV/Vis-Spektren von verschiedenen solvatochromen Sondenmole-
külen, adsorbiert an dem jeweiligen System, aufgenommen und bezüglich des
längstwelligen UV/Vis-Absorptionsmaximums ausgewertet.
Die vordergründigen Fragestellungen lauteten:
♦ Welche Polarität zeigt das sich bildende Komposit an?
♦ Wie schnell ändert sich die Polarität nach Zugabe des Polymers?
♦ Welchen Einfluß hat die Konzentration und die Molmasse des Polymers
auf die sich einstellende Polarität an der Grenzfläche?
♦ Ergeben sich Unterschiede in der Polarität des Komposits in Abhängigkeit
von der Art der Anbindung des Polymers an die Trägeroberfläche?
12
B Grundlagen
1 Polarität
Obwohl in dieser Arbeit die Polarität von Grenz- und Oberflächen Gegenstand der
Untersuchungen ist, sei um des besseren Verständnisses wegen ein Kapitel über die
Polarität von Lösungsmitteln vorangestellt.
1.1 Lösungsmittelpolarität
Ein Großteil der zur Synthese von organischen Verbindungen verwendeten
chemischen Reaktionen als auch die Adsorption eines gelösten Stoffes an eine
Grenzfläche findet in Lösung statt. Dabei kommt der Wahl eines geeigneten
Lösungsmittels oft eine tragende Rolle zu, denn es bestimmt unter anderem, in
welchem Maße eine gewünschte Reaktion abläuft. Die unter dem allgemeinen Begriff
Polarität zusammengefaßten Eigenschaften eines Lösungsmittels gewannen in den
40er Jahren des vorigen Jahrhunderts immer mehr an wissenschaftlicher Bedeutung.
Mit der Einführung des Begriffes der empirischen Polarität vollzog sich ein Wandel
der bis dahin stark physikalisch geprägten Anschauungen hin zu einer mehr
chemischen Sichtweise, welche sich schon in anderen Teilgebieten der Chemie wie
der Koordinationschemie bewährt hatte.
Konkret bedeutete dies, daß die oftmals unzureichende Erklärung von kinetischen
als auch thermodynamischen Abläufen während der Solvatation von Molekülen
mittels der dielektrischen Eigenschaften des Lösungsmittels durch die aus der
Koordinationschemie bekannten Säure-Base-Beziehungen von Lösungsmitteln
ersetzt wurde [31]. Dadurch war es möglich, die komplexen Vorgänge nicht wie bis
dahin üblich nur durch eine einzige physikalische Maßzahl (Dielektrizitätskonstante,
Brechungsindex) auszudrücken, sondern zwischen mehreren Parametern (Acidität,
Basizität, Akzeptor- und Donatorstärke) zu differenzieren.
Aus diesem Zusammenhang heraus hat die IUPAC 1965 eine Empfehlung zur
Beschreibung der Lösungsmittelpolarität gegeben [32]. Darin wird die Lösungsmittel-
polarität als Gesamtheit der intermolekularen Wechselwirkungen zwischen den
13
gelösten Ionen oder Molekülen und den Solvensmolekülen definiert. Zu den
Wechselwirkungen zählen neben den unspezifischen Coulomb-, Induktions- und
Dispersionswechselwirkungen auch spezifische Wasserstoffbrücken- und
Elektronenpaar-Donor- / -Akzeptor - Wechselwirkungen.
Für die Beschreibung all dieser Wechselwirkungen werden empirische Maßzahlen
ermittelt, wobei es nicht erforderlich ist, den genauen mathematischen
Zusammenhang mit einer speziellen physikalisch definierten Größe zu kennen.
Grundlage für die Bestimmung von empirischen Polaritätsparametern von
Lösungsmitteln bilden geeignete, stark solvensabhängige Prozesse, die in einer
Vielzahl von Lösungsmitteln zu beobachten sind. Dabei können Geschwindigkeits-
oder Gleichgewichtskonstanten von bestimmten Reaktionen, die spektrale
Absorption im UV/Vis- oder IR-Bereich oder aber die chemische Verschiebung im
NMR-Spektrum aktiver Molekülverbindungen als Referenzprozesse herangezogen
werden. Aufgrund der Korrelation der so gewonnenen Meßdaten lassen sich
empirische Parameter der Lösungsmittelpolarität aufstellen [31,33–36].
Aus der Vielzahl an Möglichkeiten zur Ermittlung von Lösungsmittelpolaritäten hat
sich die Methode der Solvatochromie (s. Kap. B 2.1.), nicht zuletzt wegen ihrer ein-
fachen Anwendbarkeit und guten Reproduzierbarkeit als besonders geeignet
herausgestellt. Je nach verwendeten Farbstoffen und/oder angewandter
Spektroskopie wurden unterschiedliche Polaritätsskalen aufgestellt [31,34,35,37]. In
dieser Arbeit fand ausschließlich der Mehrparameteransatz von KAMLET und TAFT
[35], basierend auf dem kombinierten Einsatz verschiedener Sondenmoleküle, zur
Ermittlung von Polaritätsparametern Verwendung.
1.2 Der Mehrparameteransatz nach KAMLET und TAFT
In Erweiterung zu den ersten singulären Polaritätsskalen [34,37] stellten KAMLET und
TAFT [35] Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts eine Beziehung auf, in die
mehrere Parameter einbezogen wurden. Grundgedanke des Ansatzes ist die
Beschreibung einer physikalisch-chemischen Prozeßgröße mittels der
Polaritätsparameter α (Acidität), β (Basizität) und π* (Dipolarität/Polarisierbarkeit),
welche in ihrer Gesamtheit die Polarität eines Systems widerspiegeln. Der in Form
14
einer LFE-Beziehung (“Lineare Freie Energie Beziehung“) aufgestellte
Mehrparameteransatz ist in der Fachliteratur [35,38–40] anerkannt, da er sowohl
Säure-Base- als auch nichtspezifische Wechselwirkungen berücksichtigt. In
nachfolgender Gleichung ist eine vereinfachte Formulierung des Ansatzes gegeben.
XYZ = (XYZ)0 + aα + bβ + sπ* XYZ ... phys.-chem. Prozeßgröße (Gl. 1) (XYZ)0 ... phys.-chem. Standardprozeßgröße a, b, s ... lösungsmittelunabhängige Koeffizienten
Unter der Acidität α wird die Fähigkeit des umgebenden Lösungsmittels verstanden,
gegenüber dem Gelösten als Wasserstoffbrücken-Donor (HBD) oder als
Elektronenpaar-Akzeptor (EPA) zu wirken. Die Fähigkeit des Lösungsmittels als
Wasserstoffbrücken-Akzeptor (HBA) oder Elektronenpaar-Donator (EPD) unter
Ausbildung von Wasserstoffbrücken- oder koordinativen Bindungen zu fungieren,
wird durch die Basizität β repräsentiert. Der Polarisierbarkeitsterm π* steht für das
Vermögen eines Lösungsmittels, eine benachbarte Ladung oder einen Dipol
aufgrund nichtspezifischer dielektrischer Wechselwirkungen zu stabilisieren.
Der prinzipielle Vorteil dieser LFE-Beziehung ergibt sich aus der Tatsache, daß die
verschiedenen komplexen Einflüsse eines Mediums auf einen gelösten oder adsor-
bierten Stoff voneinander getrennt betrachtet werden können [41]. Dazu bedarf es
geeigneter Referenzprozesse, welche im Idealfall mit jeweils nur einer der Größen
korrelieren. Letztendlich lassen sich damit die expliziten Werte der drei Polaritäts-
parameter α, β und π* eines Mediums bestimmen. KAMLET und TAFT stützten sich bei
der Bestimmung der α-, β- und π*-Werte auf eine Vielzahl solvensabhängiger chemi-
scher Prozesse, vor allem auf die Verschiebung des UV/Vis-Absorptionsmaximums
solvatochromer Farbstoffe. In diesem Fall stellt sich Gleichung 1 wie folgt dar:
ῦmax (Sonde) = ῦmax (Sonde)0 + aα + bβ + sπ* (Gl. 2)
ῦmax (Sonde) und ῦmax (Sonde)0 stehen für die gemessenen Absorptionsmaxima des
Sondenmoleküls im/am untersuchten Medium und in einem unpolaren Lösungsmittel
oder in der Gasphase (alle drei Parameter Null).
15
1.3 Oberflächenpolarität
Die Übertragung des Konzeptes der Polaritätsbestimmung von Lösungsmitteln auf
Feststoffe und deren Oberfläche eröffnete ein breites Anwendungsfeld. Wie schon
die Lösungsmittelpolarität stellt auch die Oberflächenpolarität eine äußerst
vielschichtige physikalisch-chemische Größe dar [42–44]. Erschwerend kommt
hinzu, daß für die Untersuchung an Oberflächen eine erfolgreiche und auch in
ausreichendem Maße erfolgte Adsorption der Sonde an der Oberfläche erforderlich
ist. In Analogie zu der von der IUPAC vorgeschlagenen Verlautbarung zur
Lösungsmittelpolarität [32] kann die Oberflächenpolarität als Gesamtheit der
intermolekularen Wechselwirkungen zwischen den Molekülen der Oberfläche und
den daran adsorbierten Sondenmolekülen betrachtet werden.
In einer Reihe von Arbeiten wurden Polaritätsparameter von verschiedenen
Feststoffen, wie reine Kieselgele [45,46], modifizierte Kieselgelpartikel [45], Titan-und
Aluminiumoxide [47] synthetische [48,49] und native Polymere [50] mit Hilfe der für
Lösungsmittel aufgestellten Gleichungen bestimmt. Die Ergebnisse zeigten, daß sich
die Untersuchung von Oberflächen komplizierter darstellt, als es bei den
Lösungsmitteln der Fall ist. Dies liegt oftmals an der stärker ausgeprägten
Inhomogenität einer Oberfläche. Ein weiterer Aspekt ist die eingeschränkte Verwend-
barkeit der Sondenmoleküle für bestimmte Oberflächen, so daß die ermittelten
Polaritäten nicht direkt miteinander verglichen werden können.
Zentrales Thema der vorliegenden Arbeit war die Ermittlung der Polarität an der
Grenzfläche Polymer – anorganischer oxidischer Träger. Damit sollte eine Antwort
auf die Frage gefunden werden, ob die Ergebnisse aus den Solvatochromie-
untersuchungen an Polymeren und anorganischen Trägermaterialien zum
Verständnis des Verhaltens von Polymeren in komplexen Systemen beitragen.
Die Polaritätsuntersuchungen an den einzelnen Feststoffoberflächen sind dadurch
gekennzeichnet, daß sich die Sondenmoleküle an den entsprechenden polaren
Zentren der Oberflächen anlagern, und/oder in der Lösung verbleiben. Durch die
Anwesenheit einer weiteren Oberfläche entsteht eine völlig andere Situation. Die
möglichen Wechselwirkungen des Sondenmoleküls sind nicht mehr auf zwei
beschränkt, sondern es ergeben sich nun vier Möglichkeiten der Lokalisierung
(Abbildung 4). Dies ist insofern von Bedeutung, als daß mit der Methode der
16
Solvatochromie geringfügigste Änderungen der Polarität in der unmittelbaren
Umgebung der Sonde detektiert werden können. Auf das Problem der
Polymeradsorption übertragen heißt das, es macht einen Unterschied in welcher
Grenzschicht die Sonde lokalisiert ist. Ob sie sich z.B. in einer adsorbierten
Polymerschicht (Oberfläche/Polymer/Sonde/Polymer), an der Grenzfläche zwischen
Oberfläche und Polymer oder aber an der Grenzfläche zwischen Oberfläche und
Lösungsmittel/Polymer/Lösungsmittel befindet. Sonde und Polymer treten in
Konkurrenz um die aktiven funktionellen Gruppen an der Oberfläche, denn auch die
Sondenmoleküle weisen basische oder acide Zentren auf, die bevorzugt mit den
Oberflächengruppen im System wechselwirken.
Abbildung 4: Lokalisierungsmöglichkeiten eines Sondenmoleküls S an der Grenzfläche Siliziumdioxidoberfläche / adsorbiertes Polymer
In den wenigsten Fällen können diese unterschiedlichen Anbindungen im
dazugehörigen UV/Vis-Absorptionsspektrum identifiziert werden. Es stellt sich die
Frage, welche Polarität das Spektrum der Sonde letztlich repräsentiert? Mit
Sicherheit keine mittlere Polarität aller im System vorkommenden unterschiedlich
stark polaren Zentren, wie es bei den Untersuchungen an den einzelnen
Komponenten der Fall ist. Aufgrund der Konkurrenz zwischen Sondenmolekül und
Polymer um die polaren Zentren an der Oberfläche des Trägers, werden neben der
HBA- (EPD-) Fähigkeit von Sonde und Polymer auch die Zugänglichkeit und die
HO
HO
H
O
O
SiO
O
HH
SiO
Si OO
SiSi
O
OO
OO
S
S
S
Si
O
OO
O
H
OO
O
O
SiO
O
HH
SiO
Si O
O
O
Si
SS
S S S
17
Verfügbarkeit eben jener Bindungsstellen bestimmend für die sich einstellende
Polarität sein. Diese stellt wiederum einen Mittelwert aller detektierten Polaritäts-
zentren dar. Die Verteilung und Stärke der potentiellen Bindungsstellen ist jedoch um
die mit Polymer besetzten Zentren reduziert.
2 Solvatochrome Sondenmoleküle
2.1 Phänomen Solvatochromie
Unter der Vielzahl an existierenden chemischen Verbindungen gibt es eine Gruppe
von Substanzen, die ganz außergewöhnliche Eigenschaften besitzen. Daraus
resultierende Erscheinungen, z. B. Farbänderungen (Halo-, Piezo-, Solvatochromie)
oder Schallwellen (Piezoakustik), werden aufgrund ihrer sehr guten Nachweisbarkeit
für spektroskopische Zwecke genutzt. In dieser Arbeit wurde die Solvatochromie als
Mittel zum Zweck ausgewählt.
Der Begriff Solvatochromie setzt sich aus dem lateinischen Wort solvere [(auf)lösen]
und dem griechischen Wort chroma (Farbe) zusammen. Unter Solvatochromie
versteht man im Allgemeinen die Verschiebung des Absorptionsmaximums eines
Sondenmoleküls beim Wechsel des Lösungsmittels durch differenzierende
Solvatation des Chromophors im elektronischen Grund- und Anregungszustand.
Diese Verschiebung ist gleichfalls ein Maß für die Stärke der polaren Eigenschaften
des Lösungsmittels. Als Ursachen für das Auftreten von Solvatochromie werden
Dispersions- und Dipol-Dipol-Wechselwirkungen bei der Solvatation der
lichtabsorbierenden Moleküle und die Möglichkeit zur Ausbildung von HBD/HBA- und
Charge-Transfer-Komplexen angesehen. Zum Nachweis des solvatochromen
Effektes werden die oftmals farbigen Sondenmoleküle (daher auch als Farbstoffe
bezeichnet) mittels UV/Vis-Spektroskopie (s. Kap. B 3) vermessen. Solvatochrome
Farbstoffe lassen sich in zwei prinzipiellen Gruppen unterteilen [51]:
18
1) Farbstoffe mit negativer Solvatochromie
Mit zunehmender Polarität des Lösungsmittels erfahren diese eine hypsochrome
Verschiebung der längstwelligen Absorptionsbande, d. h. eine Blauverschiebung zu
kürzeren Wellenlängen.
Dies ist bei Molekülen der Fall, welche im elektronischen Grundzustand eine höhere
Dipolarität aufweisen als im angeregten Zustand, d. h. bei Molekülen mit großem
Dipolmoment im Grundzustand, der durch Wechselwirkung mit den Lösungsmittel-
molekülen stabilisiert wird.
2) Farbstoffe mit positiver Solvatochromie
Mit zunehmender Polarität des Lösungsmittels erfahren diese eine bathochrome
Verschiebung der längstwelligen Absorptionsbande, d. h. eine Rotverschiebung zu
längeren Wellenlängen.
Dies betrifft Moleküle mit einem größerem Dipolmoment im elektronischen
Anregungszustand als im Grundzustand.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß es auch Farbstoffe gibt (einige
Merocyanine), welche beide Effekte solvatochromen Verhaltens in sich vereinen, d.h.
eine Solvatochromie-Umkehr mit zunehmender Lösungsmittelpolarität [51].
2.2 Verwendete Sondenmoleküle
Mehrere in der Literatur etablierte Sondenmoleküle wurden in Voruntersuchungen
auf ihre Eignung bezüglich der UV/Vis-spektroskopischen Verfolgung der
Polymeradsorption an anorganischen Trägeroberflächen getestet. Dabei fanden
hauptsächlich solche Sondenmoleküle Verwendung, die bereits für die Untersuchung
der Einzelkomponenten (Polymer, oxidischer Träger) mit Erfolg eingesetzt wurden.
Jedoch wirkte sich die Anforderung scharfer Absorptionsbanden mit ausreichend
hoher Extinktion restriktiver aus.
Folgende Sondenmoleküle wurden ausgewählt: Aminobenzodifuranon (ABF),
Cumarin 153, Dicyano-bis(1,10-phenanthrolin)eisen(II) [Fe(phen)2(CN)2] und 4,4´-
Bis(dimethylamino)benzophenon (Michler´s Keton). Im Falle des ABF und des
19
Cumarin 153 wurde festgestellt, daß die ohnehin geringe Extinktion der beiden
Farbstoffe, nach Adsorption an der Trägeroberfläche, bei Zugabe der Polymerlösung
nochmals reduziert wird. Dies führte zu einer unerwünschten Verbreiterung der
Absorptionsbande im dazugehörigen UV/Vis-Absorptionsspektrum. Eine Bestimmung
des Absorptionsmaximums innerhalb zulässiger Fehlergrenzen war nicht mehr
möglich. Die Nichteignung von ABF ist insofern von Bedeutung, weil damit kein
solvatochromer β-Indikator (HBA- bzw. EPD-Fähigkeit) zur Verfügung stand. Denn
auch ein anderer potentieller β-Indikator, das {Cu(tmen)(acac)+B(C6H5)4-}, adsorbierte
nicht im erforderlichen Maß an die Oberfläche des Trägers. ABF und Cumarin 153
konnten jedoch für die Untersuchung von gepfropften Kieselgelpartikeln eingesetzt
werden. Fe(phen)2(CN)2 und 4,4´-Bis(dimethylamino)benzophenon erfüllten die
Anforderungen weitestgehend, und fanden ebenso Verwendung in dieser Arbeit.
Nachfolgend werden nähere Erläuterungen zu den vier Indikatoren gegeben.
2.2.1 Die Komplexverbindung Fe(phen)2(CN)2
Bei Untersuchungen in verschiedenen Lösungsmitteln wurde festgestellt, daß der
neutrale Komplex Dicyano-bis(1,10-phenanthrolin)eisen(II) 1, üblicherweise mit
Fe(phen)2(CN)2 abgekürzt (Strukturformel sh. Abbildung 5), seine längstwellige
Absorptionsbande in Abhängigkeit von der Lewis-Säure-Stärke der Lösungsmittel
drastisch veränderte [52,53]. Die Lösungsfarben reichen von blau für nicht acide
Lösungsmittel (Hexamethylphosphorsäuretriamid), über rot für protische Medien
(Ethanol) bis zu gelb für stark acide Umgebungen (Ameisensäure). Mit anderen
Worten, der Solvatochromieumfang von 1 umfaßt im Sinne einer negativen
Solvatochromie einen Wellenzahlbereich von ∆ῦ = -5370 cm-1. Daraus leitete sich
schließlich die Verwendung des Eisenkomplexes als Indikator für acide Zentren ab.
Ursache für die hypsochrome Verschiebung der im sichtbaren Bereich liegenden
Eigenabsorption des Komplexes sind sogenannte Metall → Ligand Ladungsüber-
gänge (Metall-Ligand-Charge-Transfer).
20
FeN
N
N
C
C
N
N
N
C O
NCH3
H3C
NH3CCH3
OCF3
O
N
OO
OO
CH3
NH2
Fe(phen)2(CN)2 Michler´s Keton Cumarin 153 Aminobenzodifuranon
1 2 3 4
Abbildung 5: Strukturformeln und handelsübliche Bezeichnungen der verwendeten solvatochromen Sondenmoleküle
Die Koordination der freien Elektronen der Cyanogruppen mit den Akzeptorzentren
der Lösungsmittel führt zu einer drastischen Reduzierung der Ligandenfeldstärke, in
deren Folge das gesamte 3d-Niveau des Eisens energetisch abgesenkt wird. Weil
sich im Gegensatz dazu die Lage des π*- Orbitales am Phenanthrolin weder bei
Wechsel des Lösungsmittels noch bei Austausch der Substituenten kaum ändert,
kommt es zu einer Verschiebung der Absorptionsmaxima der Charge-Transfer-
Banden mit steigender Akzeptorstärke, entsprechend der wachsenden
Energiedifferenz, zu kürzeren Wellenlängen.
Der in [54] aufgestellte lineare Zusammenhang zwischen den UV/Vis-Absorptions-
wellenzahlen von 1 und der Akzeptorzahl AN ergab bei Anwendung auf eine größere
Zahl an untersuchten Lösungsmitteln folgende Beziehung:
AN = 13.26∗ῦmax (1) [cm-1] - 200.32 (Gl. 3)
n = 37; r = 0.99; sd = 0.21
Des weiteren wurde eine gute Wechselbeziehung mit den Polaritätsparametern α
und π* gefunden [54].
ῦmax (1)∗10-3 [cm-1] = 14.92 + 2.24α + 1.63π* (Gl. 4)
n = 34; r = 0.96; sd = 0.32
21
2.2.2 MICHLER´s Keton
Das als Michler´s Keton bekannte 4,4´-Bis(dimethylamino)benzophenon 2
(Strukturformel s. Abbildung 5) zeichnet sich durch eine positive Solvatochromie aus.
Mit steigender Polarität der Lösungsmittel wird die aus einer Überlagerung von n-π*
und π-π* Übergang (s. Kap. B 3.1) resultierende längstwellige UV/Vis-Absorptions-
bande stark bathochrom verschoben. Mit einem Solvatochromieumfang von ∆ῦ =
5090 cm-1 weist 2 ein weiteres außergewöhnliches Attribut auf. Mögliche
Wechselwirkungen von Michler´s Keton mit dem Lösungsmittel finden über das
Elektronenpaar am Carbonyl-Sauerstoff als auch über die π-Elektronen der
aromatischen Ringe statt.
Für die Wellenzahlen der UV/Vis-Absorptionsmaxima von 2, gemessen in 51
Lösungsmitteln, ließ sich eine sehr gute Beziehung mit den Parametern aus dem
Ansatz von KAMLET und TAFT aufstellen [54].
ῦmax (2)∗10-3 [cm-1] = 30.01 - 1.79α - 2.18π* (Gl. 5)
n = 51, r = 0.98, sd = 0.19
Mit den Polaritätsparametern der Lösungsmittel als Bezugssystem konnten ähnliche
Beziehungen für die UV/Vis-Absorptionsmaxima von 1 und 2, adsorbiert an den
Oberflächen von oxidischen Trägermaterialien gefunden werden [45a,47a]. Aufgrund
der Funktionalität der Polaritätsparameter α und π* mit den UV/Vis-Absorptions-
maxima von 1 und 2 können die beiden Parameter jeweils einzeln eliminiert werden.
α = -7.90 + 0.45 ῦmax (1)∗10-3 + 0.02 ῦmax (2)∗10-3 (Gl. 6)
n = 34; r = 0.95; sd = 0.17
π* = 13.89 - 0.25 ῦmax (1)∗10-3 - 0.32 ῦmax (2)∗10-3 (Gl. 7)
n = 36; r = 0.57; sd = 0.15
Eine Rekorrelation der gemessenen UV/Vis-Absorptionsmaxima von 1 und 2 bei
Adsorption an Partikeloberflächen mit den Polaritätsparametern α und π*, berechnet
22
mit Hilfe der für Lösungsmittel geltenden Gleichungen (4) und (5), ergab veränderte
Zusammenhänge. Das längstwellige Absorptionsmaximum des Eisenkomplexes wird
nur noch allein von der Acidität α der Partikeloberfläche bestimmt.
ῦmax (1)∗10-3 [cm-1]= 16.27 + 2.20α (Gl. 8)
n = 33; r = 0.99; sd = 0.03
Schlußfolgernd läßt sich sagen: der Zusammenhang α = f (1) stellt für HBD-Medien,
Lösungsmittel und Oberflächen eine signifikante Funktion dar. Insofern scheint eine
Berechnung von α über ῦmax (1) gerechtfertigt.
Für das UV/Vis-Absorptionsmaximum von 2 blieb der Zusammenhang mit den
Polaritätsparametern α und π* prinzipiell bestehen.
ῦmax (2)∗10-3 [cm-1] = 30.80 - 1.84α - 3.11π* (Gl. 9)
n = 34; r = 0.97; sd = 0.15
Das differierende Verhalten von 1 und 2 in Lösungsmitteln und an Oberflächen wird
deutlich, wenn man die Faktoren der Polaritätsparameter α und π* in den
Gleichungen (4) und (8) sowie (5) und (9) miteinander vergleicht. Die Summe aus
beiden Faktoren ist ein Maß für die generelle Empfindlichkeit der Sonde gegenüber
der Polarität ihrer Umgebung (Solvatochromieumfang). Aus dem Verhältnis a/s läßt
sich schließen, auf welchen der beiden Terme, Acidität α oder Dipolarität/
Polarisierbarkeit π*, die Sonde empfindlicher reagiert.
Das UV/Vis-Absorptionsmaximum von 1 wird in Lösungsmitteln sowohl von deren
Acidität als auch deren Dipolarität/Polarisierbarkeit beeinflußt, obschon α stärker
beteiligt ist (a/s = 1.37). Bei der Adsorption an Oberflächen ergibt sich nur noch eine
singuläre Abhängigkeit von der Acidität der Oberfläche. Dabei ändert sich der Faktor
von α gegenüber dem für die Lösungsmittel nur geringfügig. Anders verhält es sich
für das UV/Vis-Absorptionsmaximum von 2. Dessen Lage wird in Lösungsmitteln und
an Oberflächen von beiden Polaritätsparametern beeinflußt, mit der Dipolarität/
Polarisierbarkeit als bestimmenden Größe (a/s = 0.82 bzw. 0.59). Jedoch ist zu
23
erkennen, daß bei Adsorption an Oberflächen der Einfluß der beiden Parameter auf
das UV/Vis-Absorptionsmaximum von 2 zunimmt (a+s = 3.97 bzw. 4.95). Mehr noch,
für die Dipolarität/Polarisierbarkeit der Oberfläche gilt dies in stärkerem Maße als für
die Acidität, festzumachen an dem niedrigeren a/s Verhältnis. Trotz kleinerem Faktor
und damit geringerer Wichtung der Acidität ist der Einfluß der Acidität auf das
UV/Vis-Absorptionsmaximum von 2, adsorbiert an Oberflächen, immer noch groß.
An der Oberfläche adsorbierte Sondenmoleküle sind beweglich. Sie detektieren, in
Abhängigkeit von ihrer Struktur, die polaren Bindungsstellen, wo der Gewinn an freier
Adsorptionsenergie am höchsten ist. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß
beide Indikatoren 1 und 2 zu den mäßig starken Basen zählen. Sie weisen eine
wahrscheinliche Basizität von βI = 0.4 ... 0.7 auf [40,47,55,56]. βI repräsentiert die
HBA-Stärke des Gelösten (Sonde) im Vergleich zum reinen Lösemittel. Es handelt
sich dabei um geschätzte Werte anhand chromatographischer und IR-
spektroskopischer Daten von Substanzen mit ähnlicher Struktur [55,56,57]. Für 2
wird in [57] ein βH2 von 0.65 angegeben. Die nicht unerheblichen basischen Eigen-
schaften der beiden Sonden werden im Zusammenhang mit der Polymeradsorption
von Bedeutung sein (s. Kap. C 1.1).
2.2.3 Cumarin 153
Der aminosubstituierte Cumarinfarbstoff C153 (3) (Struktur s. Abbildung 5) wird von
verschiedenen Autoren als empfindliche solvatochrome Sonde [58a] für die
Untersuchung von Kieselgelhybridmaterialien [58b] und der Solvatation in HBD-
Medien [59] empfohlen. Aufgrund der starren Konformation der Aminogruppe zeigt
C153 ein wenig kompliziertes solvatochromes Verhalten [60]. Seine positive
Solvatochromie umfaßt einen Wellenzahlbereich von ∆ῦ = 4360 cm-1, ermittelt aus
den UV/Vis-Absorptionsmaxima von 3, gelöst in unpolarem n-Hexan (α = 0) [61] und
in Hexafluor-2-propanol (HFI) als stärksten HBD-Lösungsmittel (α = 1.96) [58a].
Damit zählt C153 zu den positiv solvatochromen Farbstoffen mit den größten
positiven Verschiebungen [37]. Für die lösungsmittelabhängige UV/Vis-Absorption
von 3 konnte nachfolgende LFE Beziehung aufgestellt werden.
24
ῦmax (3)∗10-3 [cm-1] = 25.63 - 0.91α - 1.92π* (Gl. 10)
n = 22; r = 0.94; sd = 0.30
Entsprechend den Erwartungen wird die UV/Vis-Absorption des Indikators 3 in
Lösungsmitteln neben deren Acidität auch von deren Dipolarität/Polarisierbarkeit
bestimmt. Trotz des nicht zu vernachlässigenden Einflusses der Acidität wird 3
bevorzugt als π*-Indikator eingesetzt.
2.2.4 Aminobenzodifuranon
Für die Ermittlung der Basizität von funktionalisierten Oberflächen hat sich in der
Literatur noch kein solvatochromer Farbstoff durchsetzen können [49c,50,62–65].
Obwohl der Übergangsmetall-Komplex Cu(tmen)(acac)+ eine direkte Korrelation zur
Basizität von funktionalisierten Kieselgelen aufweist [65b], ist seine Adsorption an
diversen Oberflächen oftmals nicht ausreichend für eine Auswertung bezüglich des
Absorptionsmaximums. Bei anderen möglichen β-Indikatoren, wie 4-Aminobenzo-
phenon [62] oder Aminobenzodifuranon 4 [64] (Struktur s. Abbildung 5), hängen die
UV/Vis-Absorptionsmaxima entweder von β und π* oder von α, β und π* ab. Die
Anwendung dieser beiden solvatochromen Sonden als HBA-Indikatoren setzt voraus,
daß die Wechselwirkung mit der zu untersuchenden Oberfläche einzig über die
aktiven Wasserstoffatome der Aminogruppe erfolgt, weniger über das freie
Elektronenpaar des Stickstoffes der Aminogruppe und des Carbonyl-Sauerstoffes.
Mit den von Gorman et. al [64] gemessenen UV/Vis-Absorptionsmaxima von 4 in ver-
schiedenen Lösungsmitteln konnte nachfolgende LFE Beziehung aufgestellt werden.
ῦmax (4)∗10-3 [cm-1] = 18.60 + 0.97α - 2.93β - 0.91π* (Gl. 11)
n = 25; r ≈ 1.00; sd = 0.12
Sind die beiden Parameter α und π* bekannt, läßt sich mit Gleichung (11) der β-Wert
der untersuchten Probe berechnen. Eine Möglichkeit zur direkten Berechnung der
25
Basizität β ergibt sich aus der Korrelation von β mit den UV/Vis-Absorptionsmaxima
der Sonden 1 und 4 [74b].
β = 3.06 + 0.17 ῦmax(1)∗10-3 - 0.33 ῦmax(4)∗10-3 (Gl. 12)
n = 21; r = 0.96; sd = 0.10
Durch Vergleich der mittels Gleichung (11) und (12) berechneten Basizitäten lassen
sich Rückschlüsse ziehen, inwieweit die unabhängig ermittelten Polaritätsparameter
α und π* der untersuchten Proben die realen Werte widerspiegeln.
Für die solvatochromen Untersuchungen wurden die vier Indikatoren 1, 2, 3 und 4 als
Lösungen eingesetzt. Die Konzentrationen variierten dabei je nach Größe des
Extinktionskoeffizienten und des Adsorptionsvermögens der Farbstoffe.
26
3 UV/Vis-Spektroskopie
Wegen der zentralen Bedeutung der UV/Vis-Spektroskopie für die Bestimmung von
Polaritätsparametern soll im folgenden Kapitel auf den theoretischen Hintergrund
dieser Methode näher eingegangen werden.
3.1 Physikalisches Prinzip
Die Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie bildet die Grundlage
für alle spektroskopischen Verfahren. Dabei trifft im einfachsten Fall ein Photon auf
ein Materieteilchen und überträgt diesem seine Energie. Mit der zusätzlichen Energie
ist das Teilchen in der Lage, einen energetisch höheren, angeregten Zustand
einzunehmen. Dieser Vorgang wird als Absorption eines Strahlungsquants
bezeichnet, und setzt voraus, daß die Energie des Quants genau der
Energiedifferenz zwischen dem Ausgangszustand und dem angeregten Zustand des
Materieteilchens entspricht [66].
Die grundlegende Beziehung zwischen der Energie und der Frequenz der
elektromagnetischen Strahlung ist gegeben durch:
E = h ∗ ν (Gl. 13)
wobei h ≈ 6,63 ∗ 10-34 Js das PLANCK´sche Wirkungsquantum darstellt. In welcher
Form die Strahlungsenergie letztlich angegeben wird, hängt von der jeweiligen
Spektroskopie und deren historischen Entwicklung ab. Für die Anregung im UV/Vis-
Spektralbereich erfolgt die Angabe in Einheiten der Wellenlänge. Die Überführung
der unterschiedlichen Einheiten in die jeweils andere läßt sich mit der folgenden
Beziehung leicht realisieren:
c = λ ∗ ν (Gl. 14)
mit c ≈ 2,99 ∗ 10 8 ms-1 der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.
27
Aus dem Namen ersichtlich, umfaßt die Spektroskopie zwei größere
Spektralbereiche: den der Ultraviolett-Strahlung von λ = 10 – ca. 400 nm und den
sich daran anschließenden der sichtbaren Strahlung bis ca. 800 nm. Die Unterteilung
ist auch insofern von Bedeutung, da für Untersuchungen mit UV-Strahlung nur
Quarzglas als optisches Material Verwendung findet. Hingegen genügt für den
Bereich der sichtbaren Strahlung einfaches Glas. Die Anschaulichkeit der UV/Vis-
Spektroskopie begründet sich auf der Tatsache, daß Substanzen, welche sichtbares
Licht absorbieren, farbig erscheinen. Jedoch entspricht der wahrgenommene
Farbeindruck nicht der spektroskopisch ermittelten Wellenlänge der absorbierten
Strahlung. Er verkörpert vielmehr das elektromagnetische Spektrum ohne den Anteil,
welcher absorbiert wurde.
Die UV/Vis-Spektroskopie beruht auf der Strahlungsabsorption von Molekülen unter
Anregung von Elektronen. Dabei werden im Allgemeinen die bestehenden
Bindungen in den Molekülen nicht zerstört, was der Methode letztlich zum Vorteil
gereicht. Bei entsprechender Anregung der Elektronen kann ein sogenannter
Elektronensprung nach dem HOMO-LUMO (highest occupied molecular orbital;
lowest unoccupied molecular orbital) Prinzip erfolgen. Je nachdem zu welcher Art
Bindung die Elektronen beitragen, ergibt sich eine weitere Differenzierung der
Übergänge (Abbildung 6).
σ∗
nπ∗
πσ
E
Abbildung 6: Übergangsmöglichkeiten von Elektronen in Molekülen
Aufgrund der großen Energiedifferenz, gleichbedeutend mit einer maximalen
Absorptionswellenlänge von weniger als 200 nm haben sowohl σ→σ*- als auch
π→π*- Übergänge für die UV/Vis-Spektroskopie oberhalb 200 nm keine analytische
Bedeutung. Eine wichtige Anwendung dieses Umstandes findet sich in der Auswahl
28
an geeigneten Lösungsmitteln für die UV/Vis-Spektroskopie. Es sind genau jene,
welche im besagten Spektralbereich nur unterhalb 200 nm eine optische Absorption
zeigen. Dazu zählen neben den Alkanen, die Alkohole und das Wasser.
Werden Lösungen oder Suspensionen mittels UV/Vis-Spektroskopie untersucht,
geschieht dies in der Regel durch Aufnahme eines Absorptionsspektrums. Im
Gegensatz zur Atomspektroskopie sind die Spektren nicht durch einzelne
Absorptionslinien sondern durch Absorptionsbanden als Überlagerung zahlreicher
eng beieinander liegender Linien gekennzeichnet. Als Charakteristikum einer Bande
wird in Abhängigkeit von der Wellenlänge ihr Absorptionsmaximum bestimmt. Für die
grafische Darstellung der Absorption wird üblicherweise die Extinktion E über der
Wellenlänge aufgetragen. In die Extinktion gehen mehrere stoffspezifische Größen
ein; neben der Konzentration und der Schichtdicke auch eine als
Extinktionskoeffizient ε bezeichnete Konstante.
E = ε ∗ c ∗ l (Gl. 15)
Die Grundlage für Gl. 15 bildet das BOUGUER-LAMBERT-BEER´sche Gesetz, das die
Abhängigkeit der Lichtintensität ID nach dem Durchgang einer Lösung aufzeigt, wenn
die eingestrahlte Lichtintensität I0 beträgt [67].
ID = I0 ∗ 10 -ε • c • l (Gl. 16)
Weitere Maße für die Angabe der Stärke der Absorption ergeben sich aus den
geltenden Beziehungen zwischen eingestrahlter, absorbierter und durchgehender
Strahlungsintensität I0, IA und ID, respektive. Es gilt:
I0 = IA + ID oder 1 = IA/I0 + ID/I0 (Gl. 17)
Der erste Quotient in Gleichung (17) wird als Absorption A bezeichnet, der Folgende
steht für die Durchlässigkeit D. Bei der Auftragung in einem Absorptionsspektrum
werden beide Größen gewöhnlich in Prozentwerten angegeben.
29
3.2 Technische Umsetzung
Ganz allgemein besteht eine spektroskopische Meßanordnung aus einer
Strahlungsquelle, einer Probenvorrichtung und einem Detektor. Für die UV/Vis-
Spektroskopie sind aufgrund der Besonderheit des Spektralbereiches zur Erzeugung
der entsprechenden Strahlung zwei unterschiedliche Lichtquellen erforderlich. Die
UV-Strahlung wird fast ausschließlich mit Deuterium-Gasentladungslampen erzeugt,
den sichtbaren Bereich realisieren Halogen - oder einfache Glühlampen. Durch die
Verwendung von Diodenarray-Detektoren können moderne Spektrometer das von
der Quelle ausgesandte polychromatische Licht sofort für die Untersuchung
verwenden. Im Gegensatz zu den mit Monochromatoren ausgestatteten Geräten
erfolgt die Abtastung des Wellenlängenbereiches durch eine simultane Vermessung
mehrerer Wellenlängen. Des weiteren lassen sich Photometer in Einstrahl- und
Zweistrahlgeräte klassifizieren [68]. Einstrahlgeräte arbeiten nach dem
Substitutionsprinzip, d.h. Referenz- und Probenspektrum werden nacheinander
aufgenommen, wobei die Substitution oftmals von einer Software automatisch
durchgeführt wird. Zweistrahlgeräte besitzen ein zusätzliches Bauteil, den
Strahlteiler. Dieser spaltet die Primärstrahlung in zwei identische Strahlen auf,
welche anschließend gleichzeitig Referenz und Probe durchstrahlen. Nach
Wiedervereinigung der durchgegangenen Anteile fällt Licht wechselnder Intensität
auf den Empfänger und erzeugt ein Signal. Die Ausgabe der elektronisch
aufbereiteten Meßsignale beider Gerätetypen übernehmen entsprechende
Computerprogramme.
3.3 Verwendete Meßanordnung
Für die in dieser Arbeit mittels UV/Vis-Spektroskopie durchgeführten Messungen
stand ein Einstrahlspektrometer in Kombination mit einem Diodenarray-Detektor zur
Verfügung. Der Detektor setzt sich aus 1024 einzelnen Fotodioden zusammen, die
eine simultane Vermessung unterschiedlicher Wellenlängen (s. o.) ermöglichen. Als
äußerst praktisch erwies sich die Verwendung von Lichtleiterkabeln aus Quarzglas
zur Verbindung der einzelnen Module. Zum einen war damit eine optimale Ein- und
30
Auskopplung der Strahlungsintensitäten gewährleistet. Zum anderen konnten ohne
größeren zeitlichen und räumlichen Aufwand die unterschiedlichen Meßsysteme
angeschlossen werden. Aufgrund der oberhalb 300 nm zu beobachtenden optischen
Absorption der verwendeten Sondenmoleküle wurde eine lichtintensive Xenon-
Hochdrucklampe als Strahlungsquelle verwendet. Zur Aufnahme der UV/Vis-
Absorptionspektren von an Feststoffen adsorbierten Sondenmolekülen wurden diese
in geeigneten Lösungsmitteln suspendiert und mit einer speziellen Tauchküvette TS
5A (Abbildung 7) vermessen. Voraussetzung ist die ausreichende Transparenz der
Suspensionen, so daß der Detektor noch auswertbare Signale liefern kann. Um eine
homogene Verteilung des Feststoffes im DCE sicherzustellen, wurde die Suspension
bei laufender Messung gerührt. Für Untersuchungen an nichttransparenten Proben
kam ein kommerziell erhältlicher Reflexionshandmeßkopf (Abbildung 7) zum Einsatz.
Das Besondere lag darin, daß, obwohl die Vermessung der Probe im
Reflexionsmode erfolgte, letztlich ein Absorptionsspektrum aufgenommen wurde.
Abbildung 7: Schematischer Aufbau der Tauchküvette TS 5A (links) und des Reflexionshandmeßkopfes
Vis-Lampe Detektor
Vis Lampe Detektor
Probe
hν hν
Rührer
Suspension
Prisma
überstehende Lösung
Quarzglasboden
31
C Untersuchte Systeme
In mehreren, voneinander unabhängigen, Meßreihen wurden solvatochrome
Untersuchungen an mit Polymeren modifizierten Trägeroberflächen durchgeführt.
Neben diversen Kieselgelen gehörten auch erstmalig Glasfasern zu den
Untersuchungsobjekten. Im Folgenden werden die einzelnen Meßreihen und deren
Ergebnisse ausführlich dargestellt.
1.1 Anorganische Trägermaterialien / synthetische nichtvernetzte Polymere
Jensen [41] postulierte mittels eines Linearansatzes einen möglichen
Zusammenhang zwischen der Adsorptionsenergie eines Komposits und den
individuellen KAMLET-TAFT Parametern, der an der Adsorption beteiligten Materialien.
P = Po + Aαsβp + Bαpβs + Cπ*sπ*p (Gl. 18)
P – physikalisch-chemische Größe, z.B. Adsorptionsenthalpie, -energie
Po – Referenz zu einem theoretische Standardprozeß mit A = B = C = 0
αs – HBD-Fähigkeit (Acidität) der Oberfläche
βp – HBA-Fähigkeit (Basizität) des Polymers
αp – HBD-Fähigkeit (Acidität) des Polymers
βs – HBA-Fähigkeit (Basizität) der Oberfläche
π*s/π*
p – Dipolarität/Polarisierbarkeit der Oberfläche/des Polymers
A, B und C sind materialunabhängige Korrelationskoeffizienten. Sie geben die
Wichtung der drei unterschiedlichen Terme für P an; Säure-Base (A) und umgekehrt
(B) als auch nichtspezifische dipolare Wechselwirkungen (C). Je größer das Produkt
eines Terms, um so stärker sollte das Polymer an die Oberfläche adsorbieren. Zur
Bestätigung dieser Annahme wurde als Maßgabe für die Selektion der einzelnen
Komponenten das Vorhandensein extremer polarer Eigenschaften, entweder ein
32
hoher Aciditätsparameter α gepaart mit einem niedrigen Basizitätsparameter β, oder
die genau entgegengesetzte Kombination vorausgesetzt.
Anorganische Trägermaterialien
Die verwendeten Trägermaterialien wurden auf der Grundlage einer umfangreichen
Studie über die Polarität von sowohl unmodifizierten als auch chemisch
funktionalisierten Kieselgelen [47] ausgewählt.
Jedoch waren zum einen im HBD-Verhalten der untersuchten Träger keine großen
Differenzen auszumachen, zum anderen erwiesen sich die Materialien mit den
geringsten β-Werten als spektroskopisch nicht leicht zu vermessende Substanzen
(kaum meßbare Extinktion des adsorbierten Farbstoffes). Insbesondere die Gruppe
der Alumosilikate (Bsp. Siral 40) stellte sich in Voruntersuchungen als nicht geeignet
für die spektroskopische Untersuchung der Polymeradsorption an deren Oberfläche
heraus, gleichwohl sie wegen des sehr niedrigen β-Wertes und hohen α-Wertes
(Tabelle 1) für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten solvatochromen
Untersuchungen ausgewählt worden waren. Speziell die Auswertung der UV/Vis-
Absorptionsspektren von 1, adsorbiert an der Oberfläche eines Alumosilikats,
bereitete große Schwierigkeiten. Zwei Gründe waren dafür ausschlaggebend:
Einerseits erforderte die ungenügende Transparenz der Alumosilikate, daß die
Proben mittels des Reflexionshandmeßkopfes (Abbildung 7) vermessen werden
mußten. Durch den prinzipbedingten höheren Signalverlust aufgrund der stärkeren
Streulichteffekte, einhergehend mit einem schlechteren Signal-Rausch Verhältnis,
sind die mit dieser Technik aufgenommenen UV/Vis-Absorptionsspektren im
Vergleich zu Transmissionsmessungen durch breitere und demzufolge unschärfere
Absorptionsbanden gekennzeichnet (Abbildung 8). Andererseits weist das UV/Vis-
Absorptionsspektrum von 1, bei Adsorption an die Oberfläche eines Alumosilikats
zwei sich überlagernde Absorptionsbanden auf. Deren Intensitätsverhältnis kehrt sich
zusätzlich noch während der Adsorption um (Abbildung 8). Eine korrekte Bestim-
mung der Lage des längstwelligen Absorptionsmaximums von 1 wird dadurch außer-
ordentlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich.
33
Solvatochromieuntersuchungen an Alumosilikaten in schwach polaren Lösungsmit-
teln offenbarten eine weitere Besonderheit [69,70]. Aufgrund des stark aciden Cha-
rakters der Trägeroberfläche kommt es, vermittelt durch das Lösungsmittel, zu einer
Protonenwanderung in Richtung Sonde. Dies wiederum führt zu inakzeptabel hohen
α-Werten des Trägers. Ähnlich verhält sich die Adsorption von basischen Polymeren
an stark aciden Oberflächen. In diesem Fall tritt das Polymer als Vermittler auf.
400 500 600 700
465 nm
498 nm
Zugabe 60 min
Abs
orpt
ion
/ -
Wellenlänge / nm
Abbildung 8: UV/Vis-Absorptionsspektren von 1, adsorbiert an Alumosilikat Siral 40 aufgenommen unmittelbar nach Zugabe von 1 und nach 1 h Adsorption
Letztendlich erwiesen sich die beiden festen Säuren Aerosil® 300 und Aluminiumoxid
als geeignet für die Untersuchung der Polymeradsorption an ihrer Oberfläche.
Tabelle 1 enthält neben den typischen Kenngrößen der Trägermaterialien wie spezi-
fische Oberfläche (nach BET-Methode über N2 Adsorption) und mittlerem Poren-
radius, auch die ermittelten Polaritätsparameter [47].
Die Acidität der beiden Trägermaterialien wird hauptsächlich durch die an deren
Oberfläche befindlichen OH-Gruppen, als acide Brønsted-Zentren, hervorgerufen.
34
Tabelle 1: BET-Oberfläche und mittlerer Porenradius sowie die ermittelten
Polaritätsparameter α, β und π* der verwendeten anorganischen Träger-
materialien
Träger BET-
Oberfläche
[m2 g-1]
mittlerer
Porenradius
[nm]
Acidität
α
Basizität
β
Dipolarität
π*
Siral 40 460 35 1.84 -0.43 0.43
Aerosil® 300 240 -- 1.06 0.54 0.85
Al2O3 100 11.4 1.46 0.54 0.37
Im Falle des Aerosil® 300 liegen die als Silanolgruppen bezeichneten
Hydroxygruppen isoliert oder gepaart (geminal und vicinal) vor (Abbildung 9) [71].
Verantwortlich dafür ist die mikrokristalline Struktur der Oberfläche im Gegensatz
zum ansonsten amorphen Charakter von Aerosil® 300. Liegt eine (100) oder (111)
Orientierung des Silizium-Sauerstoff-Netzwerkes vor, werden isolierte oder gepaarte
Silanolgruppen gebildet. Infolge des geringen Abstandes (ca. 0.25 nm) [72] zwischen
den Sauerstoffatomen von benachbarten geminalen Silanolgruppen kommt es zur
Ausbildung von Wasserstoffbrücken. Durch diese zusätzliche Verknüpfung sind die
geminalen Hydroxygruppen acider (pKs = 5 - 7) als die isolierte Spezies (pKs = 9.5).
Von daher werden sie als die chemisch und physikalisch aktiven Zentren der
Kieselgel- Oberfläche betrachtet.
O
O
O
Si OH
Si
O
O
O H
H
Si
O
OH
H
H
OO
O
Si
O
OO
O
H
OO
O
O
SiO
O
HH
SiO
Si O
O
O
Si
Abbildung 9: Schematische Strukturen von geminal gepaarten (links) und isolierten (rechts) Silanolgruppen an der Oberfläche von Aerosil® 300
35
Eine Besonderheit stellt das wasserstoffbrückengebundene H-Atom an der
Oberfläche von Al2O3 dar. Die Stärke dieser Bindung bestimmt das acide Verhalten
der Aluminiumoxid-Oberfläche. Weiterhin werden in oberflächennahen Bereichen
durch die Desorption von chemisorbierten Wasser bei Temperaturen über 200 °C
Aluminium- und Sauerstoff-Ionen generiert (Abbildung 10). Die nicht abgesättigten
Aluminium-Atome fungieren dabei als acide Lewis-Zentren [47a]. Aluminium als
Element der dritten Hauptgruppe ist bestrebt noch ein zusätzliches Elektronenpaar
aufzunehmen, damit es hinsichtlich der Valenzelektronen die stabile
Edelgaskonfiguration einnehmen kann. Je nach elektronischer Umgebung des Al3+-
Ions erhöht oder verringert sich die Stärke der Bindung zu der OH-Gruppe und
letztlich die zu dem für die Acidität ausschlaggebenden Proton. Alles zusammen
resultiert in einen erheblich größeren α-Wert für das Al2O3. Mögliche
Wechselwirkungen mit den beiden Trägermaterialien vollziehen sich über Wasser-
stoffbrücken der erwähnten aciden Zentren, verbunden mit einer Änderung der
polaren Oberflächeneigenschaften der Träger.
δ
Al
OO
Al
OO
Al
OO
Al
OO
Al
OOH
OO
Al
OO
OOOH H
Al
OO
Al
OO
OOH
Al
OO
O
H
O
O
H
Al
O
H
O
δ
δ
Abbildung 10: Schematische Struktur der Oberfläche von Al2O3
Um den störenden Einfluß von an der Trägeroberfläche adsorbiertem Wasser auf ein
Minimum zu reduzieren, wurden die Träger im Vorfeld der Untersuchungen für
mindestens 12 h bei 400 °C ausgeheizt. Thermogravimetrische Analysen an Aerosil®
300 hatten ergeben, daß die Desorption des an der Oberfläche gebundenen
Wassers in mehreren Stufen erfolgt. In einem ersten Schritt bis etwa 130 °C wird
über Dispersionskräfte gebundenes Wasser entfernt. Bei Temperaturen bis 400 °C
werden die Bindungen der über Wasserstoffbrücken verknüpften Wassermoleküle
zerstört. Eine weitere Temperaturerhöhung hätte zur Folge, daß die von der
Oberfläche stammenden OH-Gruppen zu Siloxanbrücken kondensieren [73].
36
Ein entscheidender Vorteil der selektierten Trägermaterialien lag in ihrer
ausreichenden optischen Transparenz sowie chemischen Stabilität in den mit 1,2-
Dichlorethan (DCE) oder Dichlormethan (DCM) hergestellten Suspensionen. Im
Zusammenhang mit den geringen Streulichteffekten im sichtbaren Bereich ergab sich
die Möglichkeit, UV/Vis-Transmissionsspektren von an der Trägeroberfläche
adsorbierten solvatochromen Sondenmolekülen aufzunehmen. Dies ist insofern von
Bedeutung, weil die UV/Vis-Absorptionsbanden in einem Transmissionsspektrum
oftmals von besserer Qualität sind (schärfere Bandenform) als diejenigen eines
durch Reflexion erhaltenen Spektrums. Die Verschiebung des Absorptionsmaximums
solvatochromer Farbstoffe in Abhängigkeit von Medieneffekten beträgt oft nur wenige
Nanometer, so daß der genauen Lagebestimmung der längstwelligen UV/Vis-
Absorptionsbande eine entscheidende Bedeutung zukommt.
Polymere
Die Auswahl der Polymere erfolgte nach diametral entgegengerichteten
Gesichtspunkten, gleichwohl sie sich ähnlich schwierig gestaltete wie für die
Substratoberflächen. Grundvoraussetzung für die Verwendung der Polymere war
ihre Löslichkeit in DCE oder DCM, so daß schon dadurch nur eine begrenzte Anzahl
der in [49] hinsichtlich ihrer Polarität untersuchten Polymere in Frage kam. Für die
Adsorption an den anorganischen Trägern wurden die in Abbildung 11 dargestellten
synthetischen nichtvernetzten Polymere benutzt.
n
CH2 CH
n
CH2
NO
CH
Nn
CH2 CH
Polystyrol
(PS)
Polyvinylpyrrolidon
(PVP)
Polyvinylpyridin
(PVPy)
37
O CH2 CH2 OHHn nC O
OCH3
CH2 CCH3
Polyethylenoxid
(PEO)
Polymethylmethacrylat
(PMMA)
Abbildung 11: Molekulare Strukturen der für die Adsorption an anorganischen Trägern verwendeten Polymere
In Anlehnung an [49] wurden die Polymere als 5 %ige Lösungen für die Untersu-
chungen eingesetzt. Ausschlaggebendes Unterscheidungskriterium der verwendeten
Polymere ist, wie aus Tabelle 2 ersichtlich, die Basizität β bei zu vernachlässigender
Acidität α. In der Dipolarität/Polarisierbarkeit π* der Polymere treten moderate
Differenzen auf.
Tabelle 2: Mittlere Molmasse MW und empirische Polaritätsparameter α, β und
π* der verwendeten Polymere a), entnommen aus [49]
Polymer MW
[g mol-1]
Acidität
α
Basizität
β
Dipolarität
π*
PS 45 000 0 0.28 0.66
PMMA 120 000 0 0.38 0.71
PEO 100 000 0 0.65 0.86
PVPy 176 000 0.06 0.83 0.85
PVP 25 000 0.01 0.93 0.93 a) als Film gemessen
Die unterschiedlichen Basizitäten spiegeln die strukturell bedingten ungleich starken
Fähigkeiten der Polymere wider, als Wasserstoffbrücken-Akzeptor oder
Elektronenpaar-Donator in einer koordinativ chemischen Bindung zu wirken.
Entscheidend hierfür ist das Vorhandensein von lokalisierten freien
38
Elektronenpaaren. So ist der geringe β-Wert vom Polystyrol eine Folge der starken
Delokalisierung der π-Elektronen im Benzolring. Sowohl beim PMMA als auch beim
PEO erfolgt eine mögliche Wechselwirkung über die freien Elektronenpaare der
Sauerstoffatome. Jedoch sind diese im Falle des PMMA durch die Doppelbindung
zum Kohlenstoff, einhergehend mit einer sp2-Hybridisierung (sp3 im PEO), stärker an
den Sauerstoff gebunden, so daß ein geringerer β-Wert für das PMMA gemessen
wird. Der ausgesprochen basische Charakter von PVPy und PVP läßt sich auf die
Anwesenheit des Stickstoffs im Molekül zurückführen, in jeweils unterschiedlichen
Hybridisierungen. Im PVPy liegt der Stickstoff sp2-hybridisiert vor. Dadurch kommt es
zu einer geringfügigen Verringerung der Elektronegativität des Stickstoffes mit der
Folge einer dementsprechend verminderten Fähigkeit der Protonenaufnahme. Im
Gegensatz dazu führt die Anwesenheit des freien Elektronenpaars vom Stickstoff im
PVP, begünstigt durch dessen sp3-Hybridisierung, zu einer mesomeren
Grenzstruktur mit partiellen Ladungen am Stickstoff und am Carbonyl-Sauerstoff
(Abbildung 12), resultierend in einen etwas höheren β-Wert.
CH CH2
N O
CH CH2
N O
Abbildung 12: Mesomere Grenzstrukturen des PVP
Das Ausmaß der solvatochromen Verschiebung infolge der Adsorption von Polymer
hängt neben der Polarität des Polymers auch von der eingesetzten Menge und der
Adsorptionszeit ab. Die dabei erhaltenen Kurvenverläufe können durch Langmuir-
Adsorptionsisothermen beschrieben werden [74].
Ergebnisse und Diskussion
Zu Beginn der systematischen Untersuchung der Adsorption von Polymeren an
oxidischen Trägern wurde in einer ersten Meßreihe die Menge an Polymer bestimmt,
bei der die zu beobachtende solvatochrome Verschiebung am größten ausfällt. Dazu
39
wurde als unmittelbare Fortführung der in [74c] beschriebenen Untersuchungen am
System PEO/Aerosil® 300 die eingesetzte Menge an PEO (MW = 10 000 gmol-1) im
Bereich von 20 bis 120 mg variiert. Die Adsorption des PEO erfolgte dabei jeweils an
300 mg Aerosil® 300. In Abbildung 13 sind die UV/Vis-Absorptionsspektren von 1,
aufgenommen nach einer Stunde Adsorption des Polymers, der vier Ansätze zu
sehen. Die größte solvatochrome Verschiebung, als Differenz der UV/Vis-
Absorptionsmaxima von 1 adsorbiert an Aerosil® 300 und bei Co-Adsorption von
PEO, wurde bei Zugabe von 60 mg PEO beobachtet. Sie beträgt ∆λ = 14 nm. Eine
Erhöhung der eingesetzten Polymermenge führt zu einer etwas geringeren
Verschiebung, da es bedingt durch die höhere Zahl an Polymerketten zu sterischen
Hinderungen der Ketten selbst kommt und die Bindungsstellen an der
Trägeroberfläche schwerer zugänglich sind. Im Gegensatz dazu läßt sich die
erheblich kleiner ausfallende Verschiebung bei Adsorption von 20 mg PEO allein
durch die nicht ausreichende Zahl an adsorptionsfähigen konkurrierenden
Polymerketten erklären. Folglich wurde bei den sich anschließenden
Adsorptionsuntersuchungen jeweils 60 mg Polymer eingesetzt.
400 500 600 7000.00
0.05
0.10
0.15
0.20 1 pur 536 nm 20 mg PEO 541 nm 60 mg PEO 550 nm 90 mg PEO 546 nm 120 mg PEO 546 nm
Wellenlänge / nm
Abso
rptio
n / -
Abbildung 13: UV/Vis-Absorptionsspektren von 1, adsorbiert an Aerosil® 300 und nach 1 Stunde Co-Adsorption von 20 – 120 mg PEO (MW = 10 000 gmol-1), suspendiert in DCE bei 20°C
40
Die charakteristische Absorptionsbande von 1, adsorbiert an Aerosil® 300, liegt bei
λmax = ca. 540 nm. Dem bloßen Auge des Betrachters erscheint die Trägeroberfläche
magentafarben. Durch die Adsorption von Polymer an die Oberfläche verschiebt sich
das langwellige Absorptionsmaximum von 1 zu größeren Wellenlängen (Abbildung
14), optisch an der nun tiefroten Färbung des Trägers erkennbar.
400 500 600 700 800
0.00
0.02
0.04
0.06
Fe.pur (539 nm) Fe.0s (550 nm) Fe.10s (549 nm) Fe.30s (551 nm) Fe.60s (551 nm) Fe.10min (552 nm) Fe.30min (551 nm) Fe.60min (552 nm)
Wellenlänge / nm
Abso
rptio
n / -
Abbildung 14: Zeitabhängige UV/Vis-Absorptionsspektren von 1 bei Adsorption von 60 mg PEO 10000 an 300 mg Aerosil® 300, suspendiert in DCE bei 20°C
Die Oberfläche von Al2O3 wird durch die Adsorption von 1 rotorange gefärbt, was
einer Absorptionswellenlänge von λmax = ca. 518 nm (λ1) entspricht (Abbildung 15).
Die Zugabe von Polymer bewirkt eine Verschiebung zu größeren Wellenlängen und
im Falle des PVPy zusätzlich eine Verdrängung des Farbstoffes von der Oberfläche.
Untrügliches Zeichen dafür ist die violette Farbe der überstehenden Lösung (λ2),
anzeigend, daß sich der Farbstoff in Lösung befindet.
41
400 500 600 700 800
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6λ2λ1
Fe.pur (516 nm) Fe.0s (530 nm) Fe.10s (529/600 nm) Fe.30s (531/600 nm) Fe.60s (533/600 nm) Fe.10min (536/607 nm) Fe.30min (537/607 nm) Fe.60min (538/607 nm)
Abs
orpt
ion
/ -
Wellenlänge / nm
Abbildung 15: Zeitabhängige UV/Vis-Absorptionsspektren von 1 bei Adsorption von 60 mg PVPy an 300 mg Al2O3, suspendiert in DCE bei 20°C
Zur Verifizierung der Polymeradsorption wurden polymermodifizierte Aerosil® 300-
und Al2O3-Proben mittels Elementaranalyse (EA) als auch Röntgen-Photoelektronen-
Spektroskopie (XPS für X-ray Photoelectron Spectroscopy) untersucht. Die mit Hilfe
der EA ermittelten Stickstoff- und Kohlenstoffgehalte sind in Tabelle 3 aufgeführt. Es
ist einerseits zu erkennen, daß für alle Polymere erwartungsgemäß geringere
Elementgehalte gemessen wurden, als die Berechnung bei vollständiger Adsorption
vorgibt (Spalte 2). Andererseits liegen die ermittelten Werte für Aerosil® 300 deutlich
über denen für Al2O3, was sich mit der mehr als doppelt so großen spezifischen
Oberfläche von Aerosil® 300 erklären läßt.
Die XPS-Analyse beschränkte sich auf die Proben, welche die beiden stickstoff-
haltigen Polymere PVPy und PVP enthielten. Aufgrund des Fehlens von Stickstoff im
Trägermaterial kann das N 1s-Signal als Unterscheidungskriterium zwischen
Trägermaterial und adsorbiertem Polymer herangezogen werden. Bei der Analyse
mittels XPS liefern demzufolge nur solche Probenbereiche ein für die Bestimmung
der Elementzusammensetzung geeignetes Signal, welche Polymer (sprich Stickstoff)
enthalten.
42
Tabelle 3: Elementaranalytisch ermittelte N- und C-Gehalte in Gew. % der gebildeten Komposite nach Adsorption von jeweils 60 mg Polymer an 300 mg Trägermaterial, suspendiert in DCE bei 20°C
Polymer berechneter Wert für komplette Adsorption
N : C
Aerosil® 300
N : C
Al2O3
N : C
PS - : 15.3 - : 10.3 - : 8.5
PMMA - : 10.0 - : 8.7 - : 7.2
PEO - : 9.1 - : 8.5 - : 7.2
PVPy 2.2 : 13.3 1.8 : 13.2 1.5 : 10.9
PVP 2.1 : 10.8 1.5 : 8.5 1.2 : 6.5
Für alle mit XPS untersuchten Proben wurden Stickstoff- und Kohlenstoffgehalte
ermittelt, die deutlich über denen bei vollständiger Adsorption (s. Tabelle 3) lagen.
Zusammen mit der äußerst lokalisierten Messung (Querschnitt des
Elektronenstrahles) ist dies ein klares Indiz dafür, daß die Polymere auf der
Trägeroberfläche sehr inhomogen verteilt sind. Und zwar derart, daß auf der
Oberfläche Bereiche mit adsorbiertem Polymer und welche ohne Polymer vorhanden
sind. In rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen von modifizierten Trägerober-
flächen waren jedoch keine derartigen Unterschiede auf der Oberfläche direkt zu
erkennen. Sowohl die Partikelassoziation der anorganischen Träger als auch das
Verkleben durch adsorbiertes Polymer führen zur Bildung größerer Agglomerate.
Unter Berücksichtigung der Konkurrenz zwischen Sonde und Polymer (P) um
potentielle Bindungsstellen an der Oberfläche (S) und dem HBA-Vermögen der
verwendeten Indikatoren βI lassen sich auf der Basis von Gleichung (18) drei
Grenzfälle diskutieren.
I. Das Polymer adsorbiert vollständig an die Oberfläche, bei
gleichzeitiger Desorption des Farbstoffes. Dies tritt ein für große
αsβp-Werte, d.h. αsβp >> αsβI.
43
II. Das Polymer co-adsorbiert neben der bereits adsorbierten Sonde,
ohne dabei merklich auf deren Bindungsstelle an der Oberfläche
einzuwirken. Dies tritt ein für geringe αsβp-Werte, d.h. αsβp << αsβI.
III. Das Polymer co-adsorbiert an der Oberfläche neben der bereits
adsorbierten Sonde. Diese weicht auf andere freie Bindungsstellen
aus, da das Polymer ihre ursprüngliche besetzt. Erwartet wird das
für moderate αsβp-Werte, d.h. αsβp ≥ αsβI.
Die Auswertung der gewonnenen UV/Vis-Absorptionsspektren von 1 erbrachte
deutlich unterschiedliche Ergebnisse sowohl für die einzelnen Polymere als auch für
die verwendeten Trägermaterialien. Tabelle 4 bringt dies in qualitativer Form
insbesondere in Relation zu den diskutierten αsβp-Werten zum Ausdruck.
Die gefundenen Zusammenhänge bestätigen prinzipiell, daß Säure-Base Wechsel-
wirkungen während der Adsorption von Polymer an die anorganische Träger-
oberfläche über denen infolge der Dipolarität beider Substanzen dominieren.
Letzterer Effekt kann mit den zwei solvatochromen Sonden 1 und 2 nicht beobachtet
werden. Dies läßt sich damit erklären, daß die Dipolarität/Polarisierbarkeit von DCE
(π* = 0.81) und DCM (π* = 0.82), im Gegensatz zu ihrer verschwindend geringen
Basizität (β ≤ 0.1), in der gleichen Größenordnung liegt wie jene der Polymere.
A priori niedrige αsβp-Werte sind gleichzusetzen mit schwachen solvatochromen
Effekten der co-adsorbierten Sonden. Da die Sonden mäßig starke βI-Werte von 0.5
± 0.2 aufweisen, verursachen Polymere mit kleinen βp-Werten keine bis geringe
Verschiebungen im UV/Vis-Absorptionsspektrum der adsorbierten Sonde. Die Kon-
kurrenz des Polymers mit der Sonde um die Bindungsstellen an der Oberfläche ist
demzufolge ausschlaggebend für den beobachteten solvatochromen Effekt.
44
Tabelle 4: Maximale Verschiebung ∆λmax, 1 der längstwelligen Absorptions-
bande von 1 ermittelt nach einer Stunde Adsorption von Polymeren an Aerosil® 300 und Al2O3, suspendiert in DCE bzw. DCM bei 20°C
Einfluß auf Solvatochromie von Polymer / Feststoff αsβp 1 2
PS/Aerosil® 300 0.30 schwach hypsochromer Effekt gemäß I
∆λmax, 1 = - 6 nm
kein meßbarer Effekt
PMMA/Aerosil® 300 0.40 geringe bathochrome Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 2 nm
allmähliche Desorption der Sonde gemäß I
PEO/Aerosil® 300 0.69 starke bathochrome Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 14 nm
sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
PVPy/Aerosil® 300 0.88 reversible Adsorption a) sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
PVP/Aerosil® 300 0.98 starke bathochrome Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 8 nm
sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
PS/Al2O3 0.41 kein meßbarer Effekt kein meßbarer Effekt PMMA/Al2O3 0.55 starke bathochrome
Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 6 nm
sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
PEO/Al2O3 0.95 starke bathochrome Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 16 nm
sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
PVPy/Al2O3 1.21 starke bathochrome Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 22 nm
sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
PVP/Al2O3 1.36 starke bathochrome Verschiebung gemäß III, ∆λmax, 1 = 21 nm
sofort einsetzende Desorp-tion der Sonde gemäß I
a) oszillierende Adsorption, s. Text
45
Adsorption an Aerosil® 300
Treibende Kraft bei der Adsorption von basischen Polymeren an Kieselgelen ist die
Bildung von Wasserstoffbrücken zwischen den verschiedenen Silanolgruppen der
Kieselgeloberfläche und den einzelnen Elektronenpaaren des Polymers,
nachgewiesen durch DRIFT-Spektroskopie und Adsorptionskalorimetrie [1,9,10]. Das
UV/Vis-Absorptionsspektrum von an Kieselgel adsorbierten solvatochromen Sonden
wie 1 und 2 repräsentiert einen Mittelwert aller aciden und dipolaren Bindungsstellen
der Oberfläche. Eine zunehmende Bedeckung der Oberfläche (Γ) durch chemische
Funktionalisierung der Si-OH Gruppen mit unpolaren Alkylgruppen führt zu einem
linearen Abfall in der Acidität α [45b].
α = 1.14 - 0.11Γ (µmol/m2) Gl. (19)
n = 5; r = 0.99; sd = 0.02
PS und PMMA zeigen eine geringe bis mäßige Basizität. Die Adsorption von
Polystyrol an Aerosil® 300 bewirkt keine bathochrome Verschiebung der
Absorptionsbande von 1. Vielmehr wurde bei Verwendung von 100 mg PS zur
Adsorption an 300 mg Aerosil® 300 für den Indikator 1 eine hypsochrome
Verschiebung von ∆λ = - 6 nm beobachtet. Die Lage des UV/Vis-Absorptionsmaxi-
mums von 1 änderte sich mit der Zeit: λmax (1) = 539 nm vor der Zugabe von PS; λmax
(1) = 536 nm nach 30 min und λmax (1) = 533 nm nach 20 h Adsorptionszeit. In derarti-
gen Fällen können acide Verunreinigungen oder Säurespuren (HCl) im Lösungsmittel
dafür verantwortlich sein. Dies kann aber hier ausgeschlossen werden, da etwaige
Restsäurespuren im DCE durch Filtration über basischem Aluminiumoxid endgültig
entfernt wurden. Der scheinbare Anstieg in der HBD-Fähigkeit ist dem besonderen
Umstand zu verdanken, daß die Polaritäten gemittelte Werte darstellen. PS besetzt
bei der Adsorption an der Aerosil® 300 Oberfläche hydrophobe, schwach polare
Bindungsstellen. Diese können von 1 nicht mehr detektiert werden, so daß die
mittlere Acidität der Oberfläche nunmehr aus der Summe aciderer Bindungsstellen
gebildet wird.
46
Welche Abhängigkeiten in der Acidität als Funktion der Zeit bei Adsorption der stark
basischen Polymere an die Oberfläche von Aerosil® 300 gefunden wurden, zeigt
Abbildung 16.
Alle vier dargestellten zeitlichen Adsorptionsverläufe lassen sich in zwei Schritte
unterteilen. Innerhalb der ersten zehn Sekunden nach Zugabe des Polymers zum
Zeitpunkt t = 0s kommt es zu einer sprunghaften Absenkung der Oberflächenacidität.
Ursache dafür ist die Anbindung von Polymerketten an den noch freien aktiven
sauren Zentren der Oberfläche. Der Adsorptionsvorgang wird durch das Säure-Base-
Gleichgewicht zwischen der aciden Oberfläche auf der einen und dem basischen
Charakter des Polymers auf der anderen Seite bestimmt.
0 10 20 30 40 50 60 1200 2400 3600
0.85
0.90
0.95
1.00
1.05
PEO 1000 PEO 10000 PEO100000 PVP
Aerosil® 300
α
Zeit / s
Abbildung 16: Acidität α als Funktion der Zeit bei Adsorption von 60 mg Poly-
mer an 300 mg Aerosil® 300, suspendiert in DCE bei 20°C
Anschließend findet eine Reorganisation oder Umlagerung der adsorbierten
Polymerketten auf der Oberfläche statt. Dabei erweisen sich die Beweglichkeit der
einzelnen Ketten, die freie Zugänglichkeit von potentiellen Bindungsstellen sowohl
auf der Oberfläche als auch von der Polymerkette und das Vorhandensein von
unbesetzten acideren Zentren auf der Oberfläche als limitierende Faktoren. Das
47
konkurrierende Verhalten zwischen dem bereits adsorbierten Farbstoff und dem
Polymer spielt hierbei eine große Rolle.
Das in der Literatur bereits mehrfach beschriebene System PEO/Kieselgel [1,20]
wurde in der vorliegenden Arbeit bezüglich des Einflusses der molaren Masse auf die
solvatochrome Verschiebung untersucht. Für alle eingesetzten Spezifikationen
konnte bei Adsorption an Aerosil® 300 eine signifikante bathochrome Verschiebung
der maximalen UV/Vis-Absorptionsbande von 1 unmittelbar nach der Zugabe
beobachtet werden (s. Abbildung 16). Gleichwohl wurden im zeitlichen
Adsorptionsverlauf bestimmte Unterschiede beobachtet. Oligomere des PEO (MW =
1000 g mol-1) adsorbieren etwas stärker, zu erkennen an der vergleichsweise
geringen Acidität von α = 0.83. Dagegen stellt sich bei PEO mit einer mittleren
Molmasse von 10 000 g mol-1 erst nach 6 h Adsorption durch Reorganisation ein
ähnlicher Wert für die Acidität der Oberfläche ein. Bei Verwendung noch höherer
Molekulargewichte (MW = 100 000 bzw. 1 000 000 g mol-1) fällt die Absenkung der
Acidität geringer aus (α ≅ 0.9). Dieses Ergebnis läßt sich mit der verringerten
Beweglichkeit infolge der höheren Molmasse erklären. Auch ist es denkbar, daß
adsorbierte längere Ketten auf der Oberfläche Schleifen bilden, so daß benachbarte
potentielle Bindungsstellen nicht mehr zugänglich sind.
Entgegen den Erwartungen konnten für die beiden Polymere mit den höchsten βp-
Werten nicht die größten solvatochromen Verschiebungen beobachtet werden. Die
schwächer ausfallende bathochrome Verschiebung von 1 bei Adsorption von PVP an
die Aerosil® 300 Oberfläche ist möglicherweise eine Folge von geringsten
Wasserspuren. Diese lassen sich bei PVP nie ganz verhindern, da es in organischen
Lösungsmitteln mit Wasser starke Komplexe bildet. Untersuchungen mit PVPy
erbrachten eine Besonderheit (Abbildung 17). Nach Ablauf von 10 min kehrte sich
die Verschiebung des längstwelligen Absorptionsmaximums von 1 in Richtung der
charakteristischen Wellenlänge von 1, adsorbiert an reinem Aerosil® 300, um. In
Abbildung 17 ist dies an dem Sprung in der Acidität von α = 0.98 auf α = 1.04 nach 30
min zu erkennen. Eine schlüssige Erklärung dafür findet sich in der Desorption des
PVPy von der Trägeroberfläche. Gestützt wird diese Erklärung durch die Arbeit von
Voronov et al. [75]. Die Autoren stellten fest, daß der Gehalt an PVPy, adsorbiert an
Kieselgelpartikel, mit der Zeit oszilliert. Durch eben jenes oszillierende Verhalten des
PVPy stehen ständig frei zugängliche Bindungsstellen an der Aerosil® 300-
48
Oberfläche für die Sondenmoleküle 1 zur Verfügung. Somit wird nur die Polarität
dieser Bindungsstellen detektiert. Die letztlich gemessene Acidität hängt demzufolge
nicht nur von der Anzahl, sondern auch von der Stärke der mit PVPy besetzten
Bindungsstellen ab.
0 10 20 30 40 50 60 1200 2400 3600
0.96
0.98
1.00
1.02
1.04
1.06
α
Zeit / s
Abbildung 17: Änderung der Acidität an der Grenzfläche Aerosil® 300/PVPy während der Adsorption von 60 mg PVPy an 300 mg Aerosil® 300, suspendiert in DCE bei 20°C
Für die Akzeptorzahl AN nach Gutmann ergeben sich wegen des ebenfalls linearen
Zusammenhangs mit dem Absorptionsmaximum von 1 bei der Adsorption von
Polymeren an die Oberfläche von Aerosil® 300 gleiche Abhängigkeiten wie für die
Acidität α. Die Interpretation der gefundenen Beziehungen entspricht derjenigen für
die Acidität.
Bei den während der Polymeradsorption durchgeführten solvatochromen Unter-
suchungen mit Michler´s Keton (2) erwies sich ein für die Solvatochromie typisches
Phänomen als unüberwindbares Problem. Durch die Zugabe eines Polymers führt
die Konkurrenz zwischen 2 und dem Polymer um die aktiven Zentren an der
Oberfläche zu einer Verdrängung des Sondenmoleküls von dieser Oberfläche. Im
49
UV/Vis-Absorptionsspektrum läßt sich dies an dem Auftreten der UV/Vis-
Absorptionsbande von 2 in DCE bei λ = 354 nm verfolgen. Erschwerend kommt noch
hinzu, daß die UV/Vis-Absorptionsbanden von 2 in DCE und adsorbiert an Aerosil®
300 sehr nah beieinander liegen. Im dazugehörigen UV/Vis-Absorptionsspektrum
überlagern sich die beiden Banden, wobei die Bande bei λ = 390 nm oft nur noch als
Schulter detektierbar ist. Für eine Lagebestimmung der UV/Vis-Absorptionsbande
von 2, adsorbiert an Aerosil® 300, ist ein Differenzspektrum mit dem UV/Vis-Absorp-
tionsspektrum der überstehenden Lösung erforderlich (Abbildung 18). Aus rein
meßtechnischen Gründen war eine Vermessung der überstehenden Lösung
während der zeitlichen Verfolgung der Polymeradsorption durch die Aufnahme von
UV/Vis-Absorptionsspektren nicht möglich. Somit konnte das langwelligste UV/Vis-
Absorptionsmaximum von 2, welches für die Berechnung des Polaritätsparameters π*
benötigt wird, nicht genau ermittelt werden. Eine qualitative Auswertung der
aufgenommenen Serien an UV/Vis-Absorptionsspektren von 2 bei Adsorption an
Aerosil® 300 kann aber gegeben werden, woraus sich wichtige Schlußfolgerungen
zur Natur der Wechselwirkung ziehen lassen.
330 360 390 420 450 480 510 540
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
387 nm
350 nm
359 nm nach 24 h Adsorption überst. Lösung Differenzspektrum
Abso
rptio
n / -
Wellenlänge / nm
Abbildung 18: UV/Vis-Absorptionsspektren von 2, adsorbiert an Aerosil® 300 – nach 24 h Adsorption von PVPy in DCE bei 20 °C
50
Die drei Polymere mit den höchsten Basizitätswerten (PEO, PVPy, PVP) bewirkten
unmittelbar nach ihrer Zugabe eine Verdrängung des adsorbierten Farbstoffes 2 von
der Trägeroberfläche. Für das Auge des Beobachters war dieser Umstand an der
sofort einsetzenden Entfärbung der vormals gelben Suspension nach Zugabe der
Polymerlösung zu erkennen. Im dazugehörigen UV/Vis-Absorptionsspektrum läßt
sich das am Verschwinden der Schulter bei ca. 390 nm (λ2) und der Zunahme der
Bande bei ca. 354 nm (λ1) festmachen. Die Adsorption der beiden schwach
basischen Polymere PS und PMMA veränderte hingegen kaum etwas an der Lage
der beiden UV/Vis-Absorptionsbanden von 2. Dadurch läßt sich eine gewisse
quantitative Auswertung der Spektrenserien, und zwar bezüglich des
Intensitätsverhältnisses dieser beiden Absorptionsbanden, vornehmen.
In Abbildung 19 ist zu erkennen, daß sich für PS bei dessen Zugabe und auch im
weiteren zeitlichen Verlauf kaum etwas an dem Intensitätsverhältnis der UV/Vis-
Absorptionsbanden von 2 ändert. Dies ist ein Indiz dafür, daß 2 nicht durch PS
verdrängt worden ist.
0 10 20 30 40 50 60 1500 3000
1.5
2.0
2.5
3.0
3.5
4.0
4.5 PS PMMA
Inte
nsitä
tsve
rhäl
tnis
λ1/λ
2
Zeit / s
Abbildung 19: Zeitlicher Verlauf des Intensitätsverhältnisses der UV/Vis-Absorptionsbanden von 2 in DCE und adsorbiert an Aerosil® 300 (300 mg) während der Adsorption von 60 mg PS oder PMMA bei 20°C
51
Die minimale Erhöhung wird durch die Verdünnung der Suspension, infolge der
Zugabe der Polymerlösung, verursacht. Der etwas höhere β- bzw. π*-Wert des
PMMA bewirkt hingegen eine Verdrängung des Farbstoffes 2 von der Aerosil® 300-
Oberfläche. Jedoch geschieht dies im Gegensatz zu den drei Polymeren mit den
höchsten β-Werten wesentlich langsamer. Es läßt sich daher UV/Vis-spektroskopisch
gut verfolgen. Die Adsorption von PMMA läßt sich in zwei Abschnitte einteilen. In den
ersten 60 Sekunden nach Zugabe verdrängen die Polymerketten die an schwach
aciden oder leicht zugänglichen Oberflächenzentren adsorbierten Sondenmoleküle
fast vollständig von der Oberfläche, erkennbar an dem Plateau bei t = 10–60 s.
Anschließend werden durch Reorganisation der mittlerweile adsorbierten, aber auch
durch die noch in Lösung befindlichen Polymerketten Sondenmoleküle von stärker
aciden Zentren verdrängt. Dies ist im Diagramm durch einen stetigen Anstieg des
Intensitätsverhältnisses zugunsten der UV/Vis-Absorptionsbande von 2 in DCE
ersichtlich.
Adsorption an Aluminiumoxid
Ausgehend von der Tatsache daß die Oberfläche von Al2O3 sowohl Brønsted- als
auch Lewis-saure Zentren aufweist, wird sich die Adsorption eines Polymers in
Abhängigkeit von dessen Struktur und vom Lösungsmittel auch über beide poten-
tielle Bindungsstellen vollziehen [6,11b,76,77]. Der Indikator 1 adsorbiert gut an die
Oberfläche des Aluminiumoxids, resultierend in einem deutlichen Absorptions-
maximum bei λmax, 1 = 525 nm (α = 1.26) unmittelbar nach Zugabe. 30 Sekunden
später verschiebt sich die UV/Vis-Absorptionsbande des adsorbierten Farbstoffes 1
hin zu niedrigeren Wellenlängen und bleibt nach einer Stunde Adsorption konstant
bei einem Wert von λmax (1) = 510 - 516 nm (α = 1.55 - 1.40). Als Erklärung für dieses
Verhalten wird die Wanderung der Indikatormoleküle von schwach aciden Brønsted-
hin zu stärker aciden Lewis-Zentren angesehen. Bestätigung fand diese Vermutung
in einem einfachen Experiment. Dazu wurde nach Adsorption von 1 die starke
Brønsted-Base 2,6-Di-tert-butylpyridin (DTBP) in 50fachem Überschuß zur
eingesetzten Menge an Farbstoff 1 zugegeben (Abbildung 20). Direkt mit der Zugabe
war eine bathochrome Verschiebung (∆λmax (1) = 5 nm) der UV/Vis-Absorptionsban-
52
de von 1 verbunden. Das bedeutet, die Brønsted-Acidität der Al2O3-Oberfläche hat
sich verringert. Ursache dafür ist die Bindung der mobilen Protonen an der
Oberfläche durch DTBP. Nach ca. 60 s setzt eine schnelle hypsochrome
Verschiebung des adsorbierten Farbstoffes 1 ein, begründet durch die Wanderung
von 1 zu den stärker aciden Lewis-Zentren, so daß die UV/Vis-Absorptionsbande
dann bei λmax (1) = 510 nm erscheint.
0 10 20 30 40 50 60 1200 2400 3600
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
0
2
4
6
bath
ochr
omhy
psoc
hrom
Fe(phen)2(CN)2
Fe(phen)2(CN)2 + DTBP
∆λ /
nm
Zeit / s
Abbildung 20: Verschiebung des UV/Vis-Absorptionsmaximums von 1 als Funktion der Zeit bei Adsorption an 300 mg Al2O3, suspendiert in DCE und 20°C, sowie nach Zugabe von DTBP
Die drastischere hypsochrome Verschiebung bei Anwesenheit von DTBP ist ein
klares Indiz dafür, daß die Base ausschließlich mit den schwächer aciden
Bindungsstellen (Brønsted-Zentren) reagiert. Dagegen bleiben die stärker aciden
Lewis-Zentren, infolge der sterischen Hinderung der Base, unbeeinflußt. Aufgrund
der eingeschränkten Zugänglichkeit der sich oftmals in Poren befindlichen Lewis
Zentren ist eine längere Adsorptionszeit erforderlich, bis alle großen Sondenmoleküle
an den Bindungsstellen endgültig adsorbiert sind. Die Polymere wurden daraufhin
immer nach einer Stunde Voradsorptionszeit von 1 an Al2O3 zugegeben. Das
53
bedeutete aber auch, daß vorzugsweise die Konkurrenz um die Lewis-Zentren
zwischen dem Polymer und der Sonde detektiert wird.
Verglichen mit den für Aerosil® 300 vorgestellten Ergebnissen, erbrachten die
Untersuchungen an Al2O3 sowohl ähnliche als auch unterschiedliche Resultate beim
zeitlichen Verlauf der Acidität während der Adsorption von Polymeren (Abbildung
21). Die Adsorption von PS bewirkt an der Al2O3-Oberfläche keine Verschiebung in
der UV/Vis-Absorptionsbande von 1.
In Übereinstimmung ist weiterhin die mit der Zugabe von Polymer unmittelbar
einsetzende drastische Absenkung des α-Wertes der Oberfläche. Selbst für das
schwach basische PMMA wurde eine signifikante Änderung ermittelt.
0 10 20 30 40 50 60 1200 2400 3600
1.1
1.2
1.3
1.4
PMMA PEO1000 PEO10000 PEO100000 PVPy PVP Al2O3
αK
ompo
sit
Zeit / s
Abbildung 21: Acidität α in Abhängigkeit von der Zeit bei Adsorption von 60
mg Polymer an die Al2O3-Oberfläche (300 mg), suspendiert in DCE bei 20 °C
Bei den beiden stark basischen Polymeren PVP und PVPy war die Konkurrenz mit
dem adsorbierten Sondenmolekül am deutlichsten zu beobachten. Unmittelbar nach
Zugabe von PVPy konnte eine bathochrome Verschiebung von ∆λmax (1) = 15 nm im
UV/Vis-Absorptionsspektrum von 1, gleichbedeutend mit einer Verringerung der
54
Oberflächenacidität, detektiert werden (s. Abbildung 15). Nach 10 sek setzte die
Verdrängung des Farbstoffes 1 von der Oberfläche ein. Damit verbunden ist das
Erscheinen der UV/Vis-Absorptionsbande von 1, gelöst in der überstehenden
Lösung, bei λmax = 607 nm. Mit dem bloßen Auge an der violetten Färbung der
überstehenden Lösung zu erkennen. Die Umkehrung der Adsorption von 1, in Folge
des konkurrierenden Verhaltens von PVPy, erfordert eine ähnlich lange Zeitspanne
wie die Migrationsbewegung der Sondenmoleküle zu den stärker aciden Lewis-
Zentren. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, daß keine chemischen Reaktionen von 1
mit dem Lösungsmittel oder der Oberfläche stattfinden.
Nach 60 min Adsorption von PVPy oder PVP weisen die gebildeten Komposite α-
Werte (1.05 bzw. 1.08) nahe dem von Aerosil® 300 (α = 1.06) auf. Berücksichtigend,
daß auf der Al2O3-Oberfläche sowohl Brønsted- als auch Lewis-acide Zentren
vorkommen, legt das den Schluß nahe, daß die den Unterschied in der Acidität zum
Aerosil® 300 ausmachenden Lewis-aciden Zentren an der Al2O3-Oberfläche von
Polymerketten besetzt wurden.
Beim Al2O3 war eine Auswertung der an Michler´s Keton aufgenommenen UV/Vis-
Absorptionsspektren mit dem Ziel der Berechnung des Polaritätsparameters π* nicht
möglich. Jedoch enthält das UV/Vis-Absorptionsspektrum von 2, adsorbiert an der
Oberfläche von Al2O3, eine aus der Überlagerung von zwei Banden resultierende
zusätzliche Bande. Diese beruhen auf den Wechselwirkungen von 2 mit den Lewis-
aciden Zentren an der Trägeroberfläche. Von daher ist es möglich, anhand des
UV/Vis-Absorptionsspektrums von an Al2O3 adsorbierten 2, zwischen Lewis- und
Brønsted-aciden Zentren zu unterscheiden [47a]. Der Lewis-Angriff der unbesetzten
ionenähnlichen Bindungsstelle vom Aluminium findet am freien Elektronenpaar des
Carbonyl-Sauerstoffes von 2 statt. Dabei bildet sich ein Oxycarbenium-Ion mit einer
charakteristischen UV/Vis-Absorptionsbande bei λmax (2) = 470 - 500 nm [47b,78]. Die
genaue Lage der UV/Vis-Absorptionsbande ist von der Struktur der Säure, welche
am Sauerstoffatom koordiniert, abhängig [47,76]. Brønsted-acide Bindungsstellen
werden im UV/Vis-Absorptionsspektrum von 2 durch die Bande bei λmax (2) = 380 nm
repräsentiert. Titrationsuntersuchungen an der Oberfläche mit DTBP ermöglichten
die Zuordnung der UV/Vis-Absorptionsbanden von 2. Aufgrund der sterischen
Hinderung konkurriert DTBP nicht mit 2 um Lewis-acide Zentren an der Oberfläche.
55
Die während der Titration mit DTBP unbeeinflußte UV/Vis-Absorptionsbande von 2
bei λmax (2) = 470 nm ist somit eine Folge der Wechselwirkung von 2 mit Lewis-
aciden Zentren.
Adsorbieren basische Polymere an die mit 2 beladene Oberfläche von Al2O3,
verursachen sie eine drastische Reduzierung der Intensität der UV/Vis-
Absorptionsbande bei λ1 = 470 nm, gleichzeitig erhöht sich die UV/Vis-Absorption in
der Suspension bei λ2 = 360 - 370 nm. Aufgrund der moderaten Basizität von PMMA
läßt sich die Verschiebung in den Intensitäten zeitlich sehr gut verfolgen und
dementsprechend auswerten (Abbildung 22).
400 500 6000.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5λ2 λ1
Al2O3 pur (376/474 nm) mk.0s (376/473 nm) mk.10s (375/468 nm) mk.30s (369/464 nm) mk.60s (360/462 nm) mk.10min (359/458 nm) mk.30min (356/459 nm) mk.60min (356/458 nm)
Abs
orpt
ion
/ -
Wellenlänge / nm
Abbildung 22: Zeitabhängige UV/Vis-Spektrenserie von 2 während der Adsorption von 60 mg PMMA an 300 mg Al2O3, suspendiert in DCE bei 20°C
Das Intensitätsverhältnis der zwei UV/Vis-Absorptionsbanden λ1 und λ2 von 2, adsor-
biert an Al2O3, verringert sich mit fortschreitender Adsorption infolge der Desorption
eines Teils von 2 in die überstehende Lösung. Der Effekt ist um so deutlicher
ausgeprägt, je größer der β-Wert des adsorbierten Polymers ist (Abbildung 23).
Aus Abbildung 23 wird deutlich, daß die Adsorption von basischen Polymeren an die
Oberfläche von Aluminiumoxid sich bevorzugt über die Lewis-aciden Bindungsstellen
56
vollzieht. Sogar PS als sehr schwach basisches Polymer bewirkt eine meßbare
Verringerung in der Intensität der UV/Vis-Absorptionsbande von 2 bei λ1 = 470 nm.
Jedoch verschwindet die Bande nicht im UV/Vis-Absorptionsspektrum, anzeigend
daß PS kaum oder nur sehr schwach mit dem bereits adsorbierten Indikator 2 um die
stark aciden Bindungsstellen an der Oberfläche konkurriert.
0 10 20 30 40 50 60 1500 3000
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8 PS PMMA PEO10000 PVPy PVP
Inte
nsitä
tsve
rhäl
tnis
λ1/λ
2
Zeit / s
Abbildung 23: Zeitlicher Verlauf des Intensitätsverhältnisses der UV/Vis-Absorptionsbande von 2, suspendiert in DCE und adsorbiert an Al2O3 (300 mg), während der Adsorption von 60 mg Polymer bei 20 °C
57
Zusammenfassende Diskussion
Aerosil® 300- und Al2O3-Proben, deren Oberfläche mit den Indikatoren 1 und 2
beladen waren, wurden als Adsorbent für verschiedene Polymere verwendet. Je
ausgeprägter das basische Verhalten des Polymers war, desto stärker konkurrierte
es mit den Sonden 1 und 2. Dies ist deutlich zu beobachten an einer Desorption der
Sonde in die Lösungsmittelphase und/oder einer charakteristischen Änderung im
UV/Vis-Absorptionsspektrum des adsorbierten und sich in der überstehenden
Lösung befindlichen Farbstoffes. So führt die Adsorption von Polymeren an Proben,
beladen mit dem Indikator 1, zu einer signifikanten bathochromen Verschiebung der
UV/Vis-Absorptionsbande, hervorgerufen durch eine Verringerung der Oberflächen-
acidität. Die Sondenmoleküle wandern zu den weniger aciden Zentren an der
Oberfläche, weil die Polymere sie von den stärker aciden verdrängen. Für das
schwach basische PS konnte kein bemerkenswerter Effekt hinsichtlich einer
Änderung der Oberflächenacidität beobachtet werden. Ursache ist die erheblich
größere Basizität der solvatochromen Sonde gegenüber der von PS.
0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1.0
1.2
1.4PS
PMMA
PEO 100000
PVPyPVP
Al2O3
Aerosil® 300 Linearfit Al2O3
Linearfit Aerosil® 300
α Kom
posi
t
βPolymer
Abbildung 24: Acidität α des Komposits in Abhängigkeit vom β-Wert des
Polymers bei Adsorption von 60 mg Polymer an die Oberfläche von 300 mg Al2O3 bzw. Aerosil® 300, suspendiert in DCE bei 20 °C
58
In Abbildung 24 sind die nach 60 min Adsorption ermittelten Aciditäten der
Polymer/Aerosil® 300- und Polymer/Al2O3-Komposite als Funktion des HBA-
Vermögens der Polymere dargestellt. Das System PVPy/Aerosil® 300 wurde für die
Diskussion und Regressionsanalyse wegen des ungewöhnlichen (oszillierenden)
Adsorptionsverhaltens von PVPy nicht berücksichtigt.
Es ist deutlich zu sehen, daß sich mit zunehmender Basizität βp auf Seiten der
Polymere die Acidität des gebildeten Komposits verringert. Für die Aerosil®
300/Polymer-Komposite konnte nur ein Trend beobachtet werden, da PEO einen
größeren Effekt bewirkte als die stickstoffhaltigen Polymere PVP und PVPy (Gl. 20).
ῦmax,1 (Aerosil® 300)∗10-3 [cm-1] = 18.74 - 0.62 βp (Gl. 20)
n = 4; r = 0.77; sd = 0.18
Das Ergebnis als Ganzes betrachtet befindet sich in Übereinstimmung mit dem Ein-
fluß von HBA-Lösungsmitteln (βLM) auf die UV/Vis-Absorption von 1, adsorbiert an
Aerosil® 300 [70].
ῦmax,1 (Aerosil® 300)∗10-3 [cm-1] = 19.02 - 1.65 βLM (Gl. 21)
n = 13; r = 0.58; sd = 0.46
Verschiedene Lösungsmittel wie Nitromethan, Acetonitril oder Anisol zeigen ein
anomales Verhalten. Werden sie für eine Korrelation nicht berücksichtigt, verbessert
sich die Güte der LFE-Beziehung außerordentlich [70].
ῦmax,1 (Aerosil® 300)∗10-3 [cm-1] = 18.99 - 3.31 βLM (Gl. 22)
n = 8; r = 0.94; sd = 0.19
Der in den Gleichungen (21) und (22) wiedergegebene Einfluß von Lösungsmitteln
auf ῦmax(1) an Aerosil® 300 steht in Relation zu dem für die HBA-Polymere. Ein
Vergleich der Anstiege ∆ῦmax(1)/∆β zeigt aber unmißverständlich, daß die Acidität der
Aerosil® 300-Oberfläche viel empfindlicher auf Änderungen in der Basizität von
59
Lösungsmitteln als von Polymeren reagiert. Zu erklären ist dies mit der höheren
Mobilität der HBA-Lösungsmittelmoleküle, welche dadurch die HBD-Oberfläche
wirkungsvoller bedecken können.
Der Anstieg ∆ῦmax(1)/∆β für Polymer/Al2O3-Komposite ist wesentlich größer als für
Polymer/Aerosil® 300-Komposite, verursacht durch die stärkeren Säure-Base-
Wechselwirkungen zwischen den Lewis-aciden Zentren der Al2O3-Oberfläche und
dem adsorbierten Polymer.
ῦmax,1 (Al2O3)∗10-3 [cm-1] = 19.82 - 1.50βp (Gl. 23)
n = 5; r = 0.98; sd = 0.09
Für den Einfluß von Lösungsmitteln auf das UV/Vis-Absorptionsmaximum von 1,
adsorbiert an Al2O3, wurde eine ähnliche Beziehung gefunden [79].
ῦmax,1 (Al2O3)∗10-3 [cm-1] = 20.41 - 2.66 βLM (Gl. 24)
n = 7 (βLM > 0.3); r = 0.97; sd = 0.11
Gleichung (24) wurde für ein anderes Al2O3-Pulver bestimmt. Es weist jedoch die
gleiche Lewis-Säure-Stärke (α ≈ 1.4) auf [77]. Von daher ist eine Diskussion der
Ergebnisse gerechtfertigt. HBA-Lösungsmittel wechselwirken vollständig mit der
Aluminiumoxidoberfläche, vor allem weil sie die Lewis-aciden Bindungsstellen
nahezu ungehindert erreichen können. Im Gegensatz dazu ist die Adsorption und
effektive Oberflächenbedeckung von PMMA an Al2O3 unter anderem auch signifikant
von dessen Taktizität abhängig [6]. Isotaktisches PMMA bedeckt die Oberfläche von
Al2O3 effektiver als ataktisches. Dies macht einmal mehr deutlich, daß bei der
Polymeradsorption sterische Effekte eine sehr große Rolle spielen.
Worauf sich letztlich der stärkere Einfluß von HBA-Lösungsmitteln bei der Adsorption
von solvatochromen Sonden an die Oberfläche einer festen Säure begründet, ist in
Abbildung 25 schematisch dargestellt.
60
a)
b)
Abbildung 25: Mögliche Lokalisierungen von solvatochromen Sonden an der Grenzfläche (a) HBA-Polymer/feste Säure in schwachem HBA-Lösungsmittel
(βLM = 0,1)
(b) HBA-Lösungsmittel (βLM > 0,4)/feste Säure als Suspension
An einer Oberfläche adsorbiertes Polymer liegt gewöhnlich nicht als einheitliche
ebene Schicht vor. Vielmehr ragen die Polymerketten mit einem Ende in das
umgebende Lösungsmittel hinein (tail Konformation) oder das Polymer bildet eine
Schleife (loop) auf der Oberfläche (a). Im Gegensatz dazu bedecken die frei
beweglichen Lösungsmittelmoleküle die Oberfläche sehr homogen (b). In den
Abschnitten, wo das Polymer schleifenförmig vorliegt, wird die an den sicherlich nur
moderat aciden Bindungsstellen der Oberfläche adsorbierte solvatochrome Sonde
durch das Polymer nicht verdrängt. Aus diesem Grund messen solvatochrome
Sonden für polymermodifizierte anorganische Partikel immer eine größere mittlere
Acidität als wenn die Partikel in Lösungsmittel mit vergleichbarer HBA-Stärke
suspendiert werden.
S
S
S S
S
S
S S
61
1.2 Pyrogenes Kieselgel / Polydimethylsiloxan
Polydimethylsiloxan (PDMS) als auch Oligodimethylsiloxan (ODMS) stellen technisch
bedeutsame Produkte für die Funktionalisierung von Kieselgeloberflächen dar. Im
Zentrum des Interesses stehen dabei die Verbesserung der Kompatibilität der
Kieselgele mit anderen Polymeren in entsprechenden Kompositen sowie die
Synthese von Hybridmaterialien [80–97]. Die Oberflächenfunktionalisierung von
Kieselgelpartikeln mit PDMS kann durch zwei unterschiedliche Verfahren erreicht
werden.
Si OH + Si ClCl
CH3
CH3
n H2O-2n HCl
CH3
CH3
Si O Si OHn
n-1
CH3
CH3
Si O
Abbildung 26: Funktionalisierung der Oberfläche von Kieselgel mit PDMS durch Pfropfung mit Dichlordimethylsilan
Bei der sehr effektiven Methode der Adsorption von Dimethylsilan (DMS) an
Kieselgel gehen reaktive Kettenenden des Polymers [~Si(CH3)2-OH oder ~Si(CH3)2-
Cl] eine Bindung mit den Silanolgruppen der Oberfläche ein. Die Funktionalisierung
von Silanolgruppen an Ober- bzw. Grenzflächen wird vorwiegend in der Schmelze
oder während eines Sol-Gel Prozesses durchgeführt (Abbildung 26) [78,81].
Die kovalente Immobilisierung von PDMS oder ODMS Ketten wird durch eine direkte
Reaktion an der Oberfläche der Kieselgelpartikel mit Dichlordimethylsilan realisiert
(Abb. 26) [87,98,99].
Die Kompatibilität zwischen synthetischen Polymeren und anorganischen Trägern
(Keramiken) in Kompositen und Hybridmaterialien ist bestimmt durch eine starke
Adhäsion zwischen den einzelnen Komponenten [8,30,41,86]. Die dabei auftreten-
den Kräfte können Säure-Base- als auch nichtspezifischen Wechselwirkungen
zugeordnet werden. Über Sol-Gel Technik hergestellte PDMS/Kieselgel-Hybrid-
partikel wurden mittels Kontaktwinkelmessungen hinsichtlich ihrer Oberflächen-
polarität untersucht [98].
62
Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen an DMS-
funktionalisiertem Kieselgel waren ebenfalls auf die Oberflächenpolarität fokussiert.
Dabei stand im Mittelpunkt des Interesses, inwiefern die kovalente Modifizierung der
Kieselgeloberfläche deren Polarität verändert.
Adsorption von PDMS an Kieselgel
Mit einer Basizität von βp = 0.17 zählt PDMS zu den schwachen HBA-Polymeren.
Der Wert wurde über Gleichung 12 mit ῦmax(4) = 17.73∗103 cm-1, gemessen in einem
PDMS-Film, und ῦmax(1) = 17.42∗103 cm-1, als der von der Adsorption an PDMS
unveränderten UV/Vis-Absorptionsbande von 1, berechnet. Damit ist die Basizität
von PDMS gegenüber der beider Indikatoren 1 und 2 (βH2 = 0.65) [57] vernach-
lässigbar. Dies erklärt schlüssig, warum die Adsorption von PDMS aus DCE an die
mit 1 beladene Kieselgeloberfläche keinen Einfluß auf die UV/Vis-Absorption der
solvatochromen Sonde ausübt.
DMS-gepfropfte Kieselgelpartikel
Der Grad der Pfropfung wurde durch das Mengenverhältnis von Dichlordimethylsilan
zu Kieselgel eingestellt. Die daraus resultierende Oberflächenfunktionalisierung
führte zu einem variierenden Restsilanolgehalt an der Oberfläche von 91 bis 11 %
(Bezeichnung der Proben s. Tabelle 5).
Bei Verwendung von DCE als Lösungsmittel adsorbieren die solvatochromen
Sonden 2, 3 und 4, im Gegensatz zu 1, nur zum Teil an die Oberfläche der
Hybridpartikel. In den dazugehörigen UV/Vis-Absorptionsspektren ist dies an der
Überlagerung der Absorptionsbanden für adsorbierten und gelösten Farbstoff zu
erkennen. Aus Cyclohexan adsorbieren die drei Sonden dagegen vollständig an die
Oberfläche der untersuchten Proben.
63
Zur Gewährleistung von Gleichgewichtsbedingungen wurden die Proben 24 Stunden
geschüttelt. Anschließend erfolgte die Aufnahme der UV/Vis-Absorptionsspektren
sowohl von adsorbierten als auch noch in Lösung befindlichen Sondenmolekülen.
Eine typische Serie aufgenommener UV/Vis-Absorptionsspektren von 1, adsorbiert
an den Kieselgelproben ist in Abbildung 27 zu sehen.
400 500 600 7000.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7 W0 (525 nm) W1 (528 nm) W2 (529 nm) W3 (534 nm) W4 (547 nm) W5 (553 nm) W6 (557 nm) W7 (562 nm) W8 (563 nm) W9 (563 nm)
Abs
orpt
ion
/ -
Wellenlänge / nm
Abbildung 27: UV/Vis-Absorptionsspektren von 1, adsorbiert an unterschied-lich stark mit DMS gepfropften Kieselgelproben, gemessen in DCE bei 20°C
Die ermittelten UV/Vis-Absorptionsmaxima der an der DMS/Kieselgel-Hybridpartikel-
oberfläche adsorbierten Indikatoren sind in Tabelle 5 zusammengestellt.
Aus den Meßwerten in Tabelle 5 ist zu erkennen, daß eine Erhöhung der Ober-
flächenfunktionalisierung mit kovalent gepfropften DMS-Ketten zu einer drastischen
Verschiebung in den UV/Vis-Absorptionsmaxima der co-adsorbierten Indikatoren
führt. Die bathochrome Verschiebung der solvatochromen UV/Vis-Absorptionsbande
von 1 sowie die hypsochrome Verschiebung entsprechender Banden von 2 und 3
sind ein deutliches Indiz für die mit zunehmender Bedeckung der Silanolgruppen
einhergehende Verringerung der Acidität als auch der Dipolarität/ Polarisierbarkeit an
der Oberfläche.
64
Tabelle 5: UV/Vis-Absorptionsmaxima der Indikatoren 1, 2, 3 und 4 bei Adsorption an DMS-gepfropften Kieselgelpartikeln, suspendiert in DCE oder Cyclohexan bei 20°C
ῦmax∗10-3/ cm-1 Probe Restsilanolgehalt an der
Oberfläche Γ / % 1 a) 2 b) 3 b) 4 b)
W0 100 19.05 26.04 22.57 n.m. c)
W1 91 18.94 26.04 22.62 18.78
W2 79 18.9 26.18 22.68 n.m.
W3 59 18.73 26.25 22.73 n.m.
W4 39 18.28 26.46 22.88 n.m.
W5 26 18.08 26.74 22.99 n.m.
W6 23 17.95 26.74 22.99 n.m.
W7 17 17.79 26.81 22.99 n.m.
W8 14 17.76 26.88 22.99 n.m.
W9 11 17.76 26.88 22.99 17.76
PDMS - 17.42 28.82 24.51 17.73 a) in DCE b) in Cyclohexan c) n.m. ... nicht meßbar; das UV/Vis-Absorptionsmaximum der adsorbierten Sonde konnte nicht ausgewertet werden
Die Empfindlichkeit der solvatochromen Sonden 1, 2 und 3 in Abhängigkeit von der
Polarität des untersuchten Mediums wird durch die Summe aus den Faktoren a und
s, gemäß Gleichung (1) wiedergegeben. Aus dem Verhältnis von a und s läßt sich
ersehen, auf welche der beiden Größen – Acidität oder Dipolarität/Polarisierbarkeit –
der Farbstoff empfindlicher reagiert. Die Werte für a und s der Sonden 1, 2 und 3
sind den Gleichungen (4), (5) und (10), respektive, entnommen worden. a + s und a/s
werden mit der größten Verschiebung im UV/Vis-Absorptionsspektrum der Sonde,
adsorbiert an den Proben W0 und W9, verglichen.
1: a = 2.24 , s = 1.63; a/s = 1.37 ; a + s = 3.87 , ∆ῦ = 1260 cm-1
2: a = -1.79 , s = -2.18; a/s = 0.82 a + s = -3.97; ∆ῦ = 840 cm-1
3: a = -0.91 , s = -1.92; a/s = 0.47, a + s = -2.83; ∆ῦ = 360 cm-1
65
Entgegen den theoretischen Überlegungen (höchster Wert für a+s) wurde für die
Sonde 2 nicht die größte Bandenverschiebung gemessen. Der mit Abstand
ausgeprägteste Unterschied im UV/Vis-Absorptionsmaximum für W0 und W9 war
beim HBD-sensitiven Indikator 1 zu beobachten.
Das Ausmaß der Verschiebung der UV/Vis-Absorptionsbande von 1, adsorbiert an
den DMS/Kieselgel-Proben, infolge des unterschiedlichen Funktionalisierungsgrades
kann mit dem bloßen Auge beobachtet werden. Die in Abbildung 28 zu sehende
graduelle Veränderung in der Färbung der Suspensionen ist eine anschauliche
Demonstration der Empfindlichkeit von 1 als Indikator für die Acidität einer
Oberfläche.
Abbildung 28: Fotografie von Suspensionen aus DMS-gepfropften Kieselgel-partikeln und adsorbiertem Farbstoff 1 in DCE [links reines Kieselgel; nach rechts zunehmender Grad der Funktionalisierung (9 bis 89 %) der Kieselgelpartikel]
Der nach rechts zunehmende Grad der Oberflächenfunktionalisierung bewirkt einen
Übergang in der Färbung der adsorbierten Sondenmoleküle von rot nach blau-violett.
Es ist offensichtlich, je größer der Wert für das Verhältnis a/s ist, desto empfindlicher
reagiert die Sonde auf Änderungen in der Umgebung der Oberfläche. Dies ist ein
deutliches Indiz dafür, daß die Funktionalisierung der Kieselgeloberfläche haupt-
sächlich zu einer Verringerung der HBD-Kapazität führt, wohingegen die
Dipolarität/Polarisierbarkeit kaum beeinflußt wird.
66
In Tabelle 6 sind die mittels verschiedener Gleichungen berechneten Polaritäts-
parameter α und π* der DMS-gepfropften Kieselgelpartikel aufgeführt.
Tabelle 6: KAMLET-TAFT Polaritätsparameter α und π* der DMS-gepfropften
Kieselgelpartikel, berechnet mit den Daten aus Tabelle 5
Probe α a) π* b) α c) π* d)
W0 1.19 0.89 1.25 1.00
W1 1.14 0.82 1.23 0.98
W2 1.13 0.79 1.21 0.96
W3 1.05 0.81 1.13 0.97
W4 0.85 0.85 0.92 0.99
W5 0.77 0.81 0.83 0.98
W6 0.71 0.85 0.77 1.01
W7 0.64 0.86 0.69 1.05
W8 0.63 0.85 0.68 1.05
W9 0.63 0.85 0.68 1.05 a) berechnet mittels Gl. 6 b) berechnet mittels Gl. 7
c) berechnet mittels Gl. 8
d) berechnet mittels Gl. 10 und α c)
Der geringfügige Unterschied von ca. 0.06 in den mittels Gleichung (6) und (8)
berechneten Aciditäten ergibt sich unmittelbar aus dem Gleichung (8) zugrunde
liegenden direkten Zusammenhang zwischen dem UV/Vis-Absorptionsmaximum von
1 und der Acidität. Zur Veranschaulichung der gefundenen Zusammenhänge sind in
Abbildung 29 die berechneten HBD-Werte der Kieselgelproben, suspendiert in DCE
oder Cyclohexan, als Funktion des Restsilanolgehaltes an der Oberfläche dargestellt.
Aus Abbildung 29 ist ersichtlich, daß bis zu einem Restsilanolgehalt Γ von ca. 30 %
die Acidität der Oberfläche mit steigender Oberflächenfunktionalisierung linear
abfällt, unabhängig vom umgebenden Lösungsmittel. Der funktionelle Zusammen-
hang wird durch die Gleichungen 25 (DCE) und 26 (Cyclohexan) wiedergegeben.
67
α = 1.29 - 0.07Γ (Gl. 25)
n = 6; r = 0.98; sd = 0.04
α = 1.51 - 0.12Γ (Gl. 26)
n = 6; r = 0.99; sd = 0.04
100 80 60 40 20
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
1.6 gemessen in DCE gemessen in Cyclohexan
α
Restsilanolgehalt an der Oberfläche / %
Abbildung 29: Acidität α der mit DMS modifizierten Kieselgelproben in
Abhängigkeit vom Restsilanolgehalt Γ an der Oberfläche
Für Bedeckungsgrade über 70 % verringert sich die Acidität zwar weiterhin, jedoch
durch asymptotische Näherung an einen konstanten Wert. In diesem Zusammen-
hang sei erwähnt, daß auch die Sonde 3 keine weitere Verschiebung im UV/Vis-
Absorptionsspektrum bei Adsorption an den Proben mit Bedeckungsgraden > 70 %
zeigt. 2 detektiert für diese Proben eine gleichbleibende kleine Verringerung in der
Gesamtpolarität. Ein ähnlicher Effekt wurde bei der Untersuchung von chemisch
funktionalisierten Kieselgelpartikeln gefunden [45b]. Die gleichzeitige Anwesenheit
von restlichen Silanolgruppen und gepfropften Alkylgruppen an der Oberfläche führt
zu einer stärkeren Mittelung der Dipolarität/Polarisierbarkeit.
68
Die mit Hilfe Gleichung (10) aus den direkt abhängigen α-Werten und den UV/Vis-
Absorptionsmaxima von 3 berechneten π*-Werte (Tab. 6, Spalte 5) sind prinzipiell
vergleichbar mit den aus ῦmax(1, 2) (Tab. 6, Spalte 3) ermittelten. Bei beiden ist kein
Trend zu erkennen, vielmehr schwanken die π*-Werte in geringem Maße um einen
festen Wert. Aus diesem Grund kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon
ausgegangen werden, daß die Dipolarität/Polarisierbarkeit an der Kieselgelober-
fläche nur minimal von an ihr gepfropften DMS-Ketten beeinflußt wird.
Ein Umstand wurde in der bisherigen Diskussion der Ergebnisse überhaupt noch
nicht berücksichtigt. Die Adsorption und anschließende Vermessung von 1 erforderte
die Verwendung von DCE (π* = 0.81), wohingegen 2, 3 und 4, infolge ihrer unzurei-
chenden Adsorption aus DCE an die DMS/Kieselgel -Proben, in Cyclohexan (π* = 0)
verwendet worden sind. Es stellt sich die Frage, welche Rolle die Dipolarität/
Polarisierbarkeit des verwendeten Lösungsmittels bei der Messung der Acidität an
der Oberfläche spielt? Aufgrund der Nichtlöslichkeit von 1 in Cyclohexan wurden mit
1 voradsorbierte DMS/Kieselgel-Proben hergestellt. Zu diesem Zweck wurde in
einem ersten Schritt 1 aus DCE an die Proben adsorbiert, filtriert, gewaschen und
getrocknet. Anschließend erfolgte die Vermessung der mit 1 beladenen Proben,
suspendiert in Cyclohexan. Die aufgenommenen UV/Vis-Absorptionsspektren waren
durch breite Absorptionsbanden gekennzeichnet, die relevanten Absorptionsmaxima
nur als Schulter auszumachen. Unter diesen Umständen war die Lagebestimmung
der UV/Vis-Absorptionsmaxima nicht eindeutig, veranschaulicht auch durch die
entsprechend großen Fehlerbalken in Abbildung 29. Aus der selben Abbildung ist
weiterhin zu entnehmen, daß die berechneten Aciditäten der mit DMS gepfropften
Kieselgelproben, gemessen in Cyclohexan, für niedrige Funktionalisierungsgrade
beträchtlich größer und für hohe geringer ausfallen als in DCE. Sie reichen von α =
1.44 (W1) bis α = 0.53 (W9). Dieser nicht unerwartete Trend stimmt mit den
gefundenen Abhängigkeiten der katalytischen Aktivität und HBD-Fähigkeit von der
Lösungsmittelpolarität überein [79]. Im Gegensatz zu den Ergebnissen für die
Messungen in DCE ist in Cyclohexan ein sprunghafter Abfall der Acidität beim
Übergang von W5 zu W6 beobachtet worden. Die weitere Erhöhung des Umsatzes
an Silanolgruppen geht mit einer kontinuierlichen Abnahme der Acidität an der
Oberfläche einher. Möglicher Grund für das abweichende Verhalten ist die stark
69
eingeschränkte Beweglichkeit von 1 bei Adsorption an den verfügbaren
Bindungsstellen der Kieselgeloberfläche, weil die Sonde an der Grenzfläche durch
Cyclohexan nicht wirklich solvatisiert wird. Bei Verwendung von DCE kann dagegen
von einer Solvatisierung der Sondenmoleküle an der Grenzfläche ausgegangen
werden. Dies hat zur Folge, daß für Funktionalisierungsgrade > 70 % der Effekt von
den Silanolgruppen bzw. den gepfropften DMS-Ketten von der Dipolarität/ Polari-
sierbarkeit des DCE übertroffen wird. Mit anderen Worten, die Gesamtpolarität der
Oberfläche von DMS-gepfropften Kieselgelpartikeln mit einem Umsatz an Silanol-
gruppen von 10-70 % wird hauptsächlich von der Dipolarität/ Polarisierbarkeit des
umgebenden DCE bestimmt. Als Konsequenz leitet sich daraus ab, daß schwache
HBD-Kapazitäten an Kieselgeloberflächen (α < 0.7) nicht in Lösungsmitteln mit π*-
Werten größer als 0.8 gemessen werden können.
Die β-sensitive Sonde 4 konnte nur an zwei DMS/Kieselgel Proben (W1 und W9)
erfolgreich aus Cyclohexan adsorbiert werden. Bei den anderen Proben war eine
Bestimmung des UV/Vis-Absorptionsmaximums aufgrund der schlechten Qualität
des Spektrums nicht möglich. Der β-Wert von DMS-gepfropften Kieselgelpartikeln
erhöht sich mit zunehmenden DMS-Gehalt an der Oberfläche von β = 0.14 (W1) auf
β = 0.27 (W9). Das Ergebnis ist begründet und läßt sich gut in die vorhandene β-
Skala für Lösungsmittel und organische Polymere einordnen.
70
1.3 Polymermodifizierte Glasfasern
Im Rahmen einer Forschungsarbeit [Arbeits- und Ergebnisbericht, MBFSt-Kennziffer
2219] wurde die Methode der Solvatochromie erstmalig zur Bestimmung der
Polaritätsparameter α und π* von Glasfaseroberflächen eingesetzt. Ein Ziel des
Projektes bestand darin, die Oberflächeneigenschaften (Polaritätsparameter) von
Glasfasern mittels solvatochromer Sondenmoleküle zu ermitteln und mit den
Polaritätsparametern, berechnet aus den Meßwerten der inversen Gaschroma-
tographie (IGC), zu vergleichen.
Die Glasfasern wurden mit der Glasspinnanlage am Institut für Polymerforschung
(IPF) Dresden e.V. hergestellt und mit einem Haftvermittler – γ-Aminopropyl-
triethoxysilan (APS) – und folgenden Filmbildnern: Polyurethan (PU), Epoxidharz
(EP) und Polypropylen (PP) geschlichtet (modifiziert). Als Gegenstück zum Haftver-
mittler wurde ein Trennmittel – Polyvinylacetat (PVAc) – verwendet. Bei den Film-
bildnern handelte es sich um wäßrige nichtionische Polymerdispersionen (Tabelle 7).
Tabelle 7: Charakteristik und physikalische Eigenschaften des Haftvermittlers (Silan) und der Filmbildner
Hersteller Tg
[°C]
pH Partikelgröße
[nm]
γ-Aminopropyl-triethoxy-
silan (APS)
SIVENTO
Chemie, GmbH
- 11 -
flexibles Epoxidharz (EP) DSM Italia srl 20 7 – 9 500
aliphatisches / cycloalipha-tisches Polyurethanharz (PU)
DSM Italia srl -27 5.8 – 7.5 700
mit Maleinsäureanhydrid gepfropftes Polypropylen (PP)
SYBRON Chemie NL
- 8.5 – 10.5 45
Poly(vinylacetat-co-ethylen) (PVAc)
Air Products USA
5 4 – 5 800
71
Die in Abbildung 30 dargestellten typischen UV/Vis-Absorptionsspektren von 1,
adsorbiert an den Glasfaseroberflächen, wurden mittels des Reflexionshand-
meßkopfes aufgenommen. Unabhängig von der Schlichte sind die UV/Vis-
Absorptionsbanden der adsorbierten Sonde 1 sehr breit. Die Bestimmung des
UV/Vis-Absorptionsmaximums war dadurch oftmals nicht eindeutig. Nichtsdestotrotz
ist eine unterschiedlich starke Verschiebung des UV/Vis-Absorptionsmaximums von
1, je nach verwendeter Glasfaserprobe, zu erkennen.
400 500 600 700
0.00
0.05
0.10
0.15
rein (539 nm) APS (563 nm) EP (561 nm) PP (519 nm) PU (511 nm) PVAc (520 nm)
Wellenlänge / nm
Abso
rptio
n / -
Abbildung 30: UV/Vis-Absorptionsspektren von 1, adsorbiert an mit Polymeren geschlichteten Glasfasern, gemessen in Reflexion bei 20°C
Die ebenfalls mit dem Reflexionshandmeßkopf aufgenommenen UV/Vis-Absorptions-
spektren des Indikators 2, adsorbiert an den polymermodifizierten Glasfaserober-
flächen, sind gekennzeichnet durch verhältnismäßig scharfe Absorptionsbanden.
Entsprechend einfach und genau ließen sich die UV/Vis-Absorptionsmaxima
bestimmen.
72
Aufgrund der im Falle des Indikators 1 sehr breiten UV/Vis-Absorptionsbanden,
verbunden mit einer zum Teil erheblichen Streuung der gewonnenen Meßwerte,
wurden zum Vergleich Untersuchungen an einer Modelloberfläche (Kieselgel) in
analoger Vorgehensweise durchgeführt.
Trotz der oftmals erschwerten Zugänglichkeit wurden die UV/Vis-Absorptions-
spektren von 1 und 2, adsorbiert an den geschlichteten Glasfasern, bezüglich ihres
längstwelligen Absorptionsmaximums ausgewertet, um letztlich mit Hilfe der
Gleichungen (8) und (9) die Polaritätsparameter α und π* zu berechnen. Die Ergeb-
nisse sind in Tabelle 8 als Mittelwerte (kursiv) aus den Intervallen von jeweils 5
Meßwerten (in Klammern) zusammengestellt. Eine Angabe relativer Fehler erscheint
nicht sinnvoll, weil die Streuung der Meßwerte für die gleiche Glasfaserprobe zu groß
ist und nicht auf meßtechnischen Unzulänglichkeiten beruht.
Tabelle 8: Maximale UV/Vis-Absorptionswellenlängen von 1 und 2 adsorbiert an geschlichteten Glasfasern, berechnete bzw. gemittelte (kursiv) Polaritäts-
parameter α und π*
λmax [nm] Polaritätsparameter Glasfaser
1 2 α π*
unmodifiziert (520-539)
530
(354-365)
361
(1.03-1.35)
1.18
(0.06-0.50)
0.33
APS (563-567)
565
(357-361)
359
(0.60-0.66)
0.63
(0.54-0.72)
0.60
APS/EP (520-570)
548
(368-370)
369
(0.56-1.35)
0.89
(0.79-0.87)
0.68
APS/PP (519-526)
523
(355-364)
361
(1.25-1.37)
1.30
(0.08-0.36)
0.26
APS/PU (511-524)
518
(366-370)
368
(1.28-1.51)
1.39
(0.29-0.43)
0.36
PVAc (515-551)
529
(363-367)
365
(0.84-1.44)
1.20
(0.22-0.66)
0.41
73
Anhand der Werte in Tabelle 8 ist zu erkennen, daß mit Hilfe der Solvatochromie
eine Änderung der Polarität in Abhängigkeit von der Modifizierung detektiert werden
konnte. Jedoch ließen sich für die einzelne Glasfaseroberfläche keine einheitlichen
Polaritätswerte bestimmen. Als Ursachen werden zum einen die starke Heterogenität
der Faseroberflächen und zum anderen die Art und Weise der Modifizierung
angesehen. Untermauert wird dies durch rasterelektronenmikroskopische
Aufnahmen von geschlichteten Fasern, die eine fleckenartige Bedeckung der
Oberfläche mit den Schlichtematerialien zeigen. Zudem sind die Flecken
unterschiedlich groß und auch nicht gleichmäßig über die Oberfläche der Glasfaser
verteilt (Abbildung 31).
Abbildung 31: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von mit APS/PP- (links) bzw. mit APS/EP-(rechts) geschlichteten Glasfasern
So nimmt beispielsweise das Verhältnis von Silizium zu Kohlenstoff für eine mit APS
modifizierte Glasfaser einen ungewöhnlich großen Wert von 0.50 an, verglichen mit
dem für die APS/PP-modifizierte Glasfaser von 0.04 (Tabelle 9). Dies deutet auf eine
unvollständige Bedeckung der Glasfaseroberfläche mit APS hin.
Ergänzend zu den energetischen Oberflächencharakteristiken wurde der Anteil der
organischen Substanz an den Glasfasern durch Bestimmung des Glühverlustes
gravimetrisch ermittelt sowie deren Dicke (Tabelle 9) abgeschätzt. Bei Betrachtung
der Ergebnisse fällt auf, daß die unmodifizierte Glasfaseroberfläche einen unerwartet
hohen Anteil an organischer Substanz, vergleichbar mit dem der APS geschlichteten
Faser, enthält. Nach Temperung der unmodifizierten Faser bei 625 °C konnten keine
74
Spuren organischer Substanz mehr nachgewiesen werden. Die sehr geringe Dicke
der APS-Schicht ist sicherlich eine Folge der bereits erwähnten unvollständigen
Bedeckung der Glasfaseroberfläche mit APS.
Tabelle 9: XPS-Ergebnisse der verwendeten Glasfasern sowie die Dicke der organischen Schicht auf den Glasfaseroberflächen
Atomverhältnis Glasfaser O : C N : C Si : C
mittlere Dicke der orga-
nischen Schicht [nm]
0.949 0.019 0.253 2.0 unmodifiziert /
Temperung bei 625°C 4.137 - 1.173 -
APS 1.432 0.130 0.518 2.8
APS/EP 0.328 0.020 0.064 20.1
APS/PP 0.203 0.014 0.038 25.6
APS/PU 0.403 0.049 0.070 19.3
PVAc 0.636 0.011 0.120 20.1
Von daher ist davon auszugehen, daß die solvatochromen Sonden in Abhängigkeit
von der Polarität sowohl an der reinen als auch an der geschlichteten
Glasfaseroberfläche adsorbierten. Bedingt durch die nur im Reflexionsmodus
mögliche UV/Vis-spektroskopische Vermessung der Glasfaserproben konnte
jedesmal bloß von einem eng begrenzten Ausschnitt der Faseroberfläche ein
Absorptionsspektrum aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit der
inhomogenen Modifizierung der Glasfaseroberfläche führte dies zur Aufnahme sehr
unterschiedlicher UV/Vis-Absorptionsspektren ein und derselben Glasfaserprobe und
damit zur Berechnung differierender Polaritätswerte.
Eine weitere Bestätigung der Annahmen lieferten die Untersuchungen an den
pulverförmigen Kieselgelproben. Durch die nicht vollständige Funktionalisierung der
Kieselgeloberfläche war es den Sondenmolekülen möglich, mit den an der
Oberfläche befindlichen OH-Gruppen in Wechselwirkung zu treten. Diese
75
Wechselwirkungen werden aufgrund des höheren Energiegewinns infolge der
größeren Acidität der reinen Glasfaseroberfläche bevorzugt eingegangen. Folglich
konnten keine nennenswerten Unterschiede in den Absorptionsmaxima der, an den
Kieselgelproben adsorbierten, Sondenmoleküle detektiert werden.
Eine quantitative Diskussion der berechneten Polaritätsparameter der
Glasfaserproben ist unter diesen Umständen sehr schwierig und auch
wissenschaftlich nicht sinnvoll. Nichtsdestotrotz kann aber eine qualitative
Einordnung der Ergebnisse vorgenommen werden.
Die Werte der Polaritätsparameter α und π* für die ungeschlichtete Glasfaser sind
vergleichbar mit denen für andere untersuchte Kieselgelproben [45,46]. Wie erwartet,
führt die Schlichtung der Glasfaser mit APS zu einer drastischen Absenkung der
Acidität an der Oberfläche. Ursache ist die Reduzierung der freien aciden
Hydroxygruppen auf der Faseroberfläche infolge der Modifizierung mit APS. An
dieser Stelle sei erwähnt, daß alle berechneten π*-Werte komplexe Werte darstellen,
denn der solvatochrome Parameter π* spiegelt eine Kombination aus Polarität und
Polarisierbarkeit wieder. In unserem Fall wird der Parameter von der Acidität
mitbestimmt, denn in die Berechnung von π* geht ebenfalls die Verschiebung des
Indikators 1 ein. Demzufolge wurde für die mit APS modifizierte Glasfaser ein
höherer π*-Wert ermittelt.
Die Modifizierung der Glasfaseroberflächen mit EP, PP, PU und PVAc brachte eine
Erhöhung in der Acidität mit sich. Außer für PP ist dies auch erwartet worden, weil
die verwendeten Polymere acide Zentren wie Carbonyl-Sauerstoff und Etherbrücken
enthalten. Der Mittelwert in der Acidität für die mit EP modifizierte Glasfaser ist im
Vergleich zu dem der unbehandelten Glasfaser zu niedrig. Eine Erklärung dafür
findet sich bei Betrachtung der aufgenommenen UV/Vis-Absorptionsspektren von 1,
adsorbiert an den mit APS und APS/EP modifizierten Glasfasern (Abbildung 32).
Wie in Abbildung 32 zu sehen, sind die UV/Vis-Absorptionsbanden der mit 1
beladenen Glasfaseroberflächen sehr breit. Des weiteren fällt auf, daß die
Absorptionsmaxima der Spektren von der mit APS/EP modifizierten Glasfaser nahe
dem Wert für die mit APS geschlichtete Faser liegen. Beides zusammen impliziert,
daß die UV/Vis-Absorptionsspektren der an modifizierten Glasfasern adsorbierten
76
Sonde 1 sich aus Absorptionsbanden unterschiedlicher Adsorptionszentren
zusammensetzen und die Sondenmoleküle hauptsächlich mit den funktionellen
Gruppen des APS wechselwirken.
500 600 700 800 900
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
0.40 APS (567 nm) APS/EP (570 nm) APS/EP (562 nm) APS/EP (552 nm) APS/EP (561 nm)
Abso
rptio
n / -
Wellenlänge / nm
Abbildung 32: UV/Vis-Absorptionsspektren von 1, adsorbiert an APS- und APS/EP-modifizierten Glasfasern
Unter Berücksichtigung der Erläuterungen zur inhomogenen Bedeckung der Glas-
faseroberflächen sowie deren spektroskopische Vermessung im Reflexionsmode (S.
72) ist davon auszugehen, daß bei der Untersuchung der mit APS/EP modifizierten
Glasfaser fast ausschließlich Oberflächenbereiche detektiert wurden, die nur oder
zumindest größtenteils mit APS bedeckt waren.
Vereinzelt wurden jedoch auch UV/Vis-Absorptionsspektren mit Absorptionsmaxima
bei ca. 520 nm aufgenommen. Der dazugehörige α-Wert von 1.35 legt nahe, daß in
diesen Fällen EP-modifizierte Bereiche auf der Glasfaseroberfläche vermessen
worden sind, zumal der Wert gut mit den α-Werten der anderen polymermodifizierten
Glasfaserproben übereinstimmt. Die unerwartet hohe Acidität für die mit PP-
modifizierte Glasfaser begründet sich aus der Verunreinigung des Polypropylens.
Das Polymer wurde bei der Herstellung mit einer geringen Menge an hochpolarem
77
Maleinsäureanhydrid versetzt. Spuren dieser Chemikalie konnten auf der
Glasfaseroberfläche mittels ATR-Spektroskopie nachgewiesen werden [100].
Wie eingangs des Kapitels erwähnt, sollen die mittels solvatochromer
Sondenmoleküle ermittelten Polaritätswerte von Glasfaseroberflächen mit denen aus
IGC-Untersuchungen verglichen werden. Ohne im Detail auf die Methode der
inversen Gaschromatographie (IGC) einzugehen, sind die mit ihr ermittelten
Aciditätswerte KA der Glasfaseroberflächen in Tabelle 10 den α-Werten von der
Solvatochromie gegenübergestellt.
Tabelle 10: Polaritätsparameter KA (IGC) und α (Solvatochromie) von
Glasfaseroberflächen
Glasfaser KA α
unmodifiziert 0.057 1.18
APS 0.043 0.63
APS/EP 0.086 0.89 (1.35)
APS/PP 0.029 1.30
APS/PU 0.072 1.39
PVAc 0.084 1.20 (1.44)
Beim Vergleich des Verlaufs der Aciditätswerte für die untersuchten Glasfaserproben
gibt es zwischen den beiden Parametersätzen sowohl Übereinstimmungen als auch
gravierende Unterschiede. Mit beiden Methoden wurde eine drastische Verringerung
in der Acidität zwischen der unmodifizierten und mit APS geschlichteten Glasfaser-
probe nachgewiesen. Für die APS/EP-modifizierte Glasfaser scheinen die KA-Werte
der IGC Analyse realistischer zu sein. Der zu geringe α-Wert von 0.89 repräsentiert
letztlich nur ein berechnetes Mittel, da gerade bei dieser Probe die Streuung der
verwendeten UV/Vis-Absorptionsmaxima (λmax(1) = 520–570 nm) sehr groß war. Aus
bereits diskutierten Gründen wurde jedoch geschlußfolgert, daß der ermittelte
Maximalwert für die Acidität (α = 1.35) am ehesten für eine mit APS/EP geschlichtete
Glasfaseroberfläche zutrifft. Bei Berücksichtigung dieser Besonderheit ergibt sich
78
auch für die APS/EP-modifizierte Glasfaser eine gute Übereinstimmung mit den IGC-
Daten. Obwohl eine Erhöhung des α-Wertes für die APS/PP-modifizierte Glasfaser
im Vergleich zu einer unmodifizierten Glasfaser unter Beachtung der Pfropfung des
PP mit sauren funktionellen Gruppen logisch scheint, spiegelt sich dieser Umstand
bei der IGC Untersuchung nicht wider. Der Grund dafür könnte in der Beeinflussung
des chromatographischen Prozesses und damit der IGC-Daten durch die Diffusion
der verwendeten Sondenmoleküle in der vergleichsweise unpolaren APS/PP-Schicht
liegen.
Für die mit PVAc modifizierte Glasfaser bedarf der α-Wert aus dem gleichen Grund
wie bei APS/EP einer Korrektur. Damit stehen die Aciditätsparameter der IGC und
Solvatochromie der mit PU und PVAc geschlichteten Glasfasern tendenziell im
Einklang.
Der Vergleich der mittels IGC und Solvatochromie ermittelten Polaritätsparameter
von ungeschlichteten und geschlichteten Glasfaseroberflächen macht deutlich, daß
die Interpretation der Ergebnisse aufgrund der chemischen Heterogenität der
Faseroberflächen nicht eindeutig ausfällt.
Bedingt durch die hohe Empfindlichkeit solvatochromer Sonden sowie die
Vermessung der Glasfasern im Reflexionsmode repräsentieren die α-Werte jeweils
nur einen lokal eng begrenzten Ausschnitt der Faseroberfläche. Wohingegen bei der
IGC zur Ermittlung des KA-Wertes die gesamte Oberfläche der untersuchten Fasern
herangezogen wurde.
Dies erklärt, warum kein direkter Zusammenhang zwischen den beiden
Aciditätsparametern α und KA gefunden wurde.
79
D Zusammenfassung
Thema der vorliegenden Arbeit war die Bestimmung empirischer Polaritätsparameter
von polymermodifizierten Oberflächen anorganischer Feststoffsäuren (Kieselgel,
Alumosilikat, Aluminiumoxid) mittels co-adsorbierter solvatochromer Sonden-
moleküle. Aus den detektierten UV/Vis-Absorptionsmaxima der solvatochromen
Sonden wurden mittels empirisch gefundener LFE-Beziehungen, abgeleitet aus den
für Lösungsmittel gültigen Korrelationen, Polaritätsparameter von der Grenzfläche
Polymer/oxidischer Träger berechnet.
Die Adsorption von Polymeren an anorganischen Feststoffsäurepartikeln wie
Kieselgel, Aluminiumoxid oder Alumosilikat in organischen Lösungsmitteln (1,2-
Dichlorethan oder Dichlormethan) wurde mit Hilfe der UV/Vis-Spektroskopie der co-
adsorbierten solvatochromen Sondenmoleküle Fe(phen)2(CN)2 (1) und Michler´s
Keton (2) untersucht.
Im Falle von Alumosilikat (α = 1.84) führte die Adsorption von basischen Polymeren
zu Protonenwanderungen von der Trägeroberfläche zu den co-adsorbierten
Sondenmolekülen, so daß die protonierten Formen von Fe(phen)2(CN)2 bzw.
Michler´s Keton im UV/Vis-Absorptionsspektrum detektiert wurden. Diese UV/Vis-
Absorptionsdaten sind für die Bestimmung von Oberflächenpolaritätsparametern
nicht geeignet, weil die Methode der Solvatochromie die nicht protonierte Form der
Sonden erfordert; denn die gültigen LFE-Beziehungen wurden für die nicht
protonierte Form ermittelt.
Für Al2O3 und Aerosil® 300 kann die Acidität α nach Adsorption von Polymeren
mittels LFE-Beziehungen ermittelt werden. Bei Al2O3 werden bevorzugt Lewis-acide
Zentren detektiert, wie Oberflächentitrationsuntersuchungen mit der sterisch
gehinderten Base 2,6-Di-tert-butylpyridin belegten.
Das System Polyvinylpyridin (PVPy)/Aerosil® 300 zeigt eine Besonderheit. Nach
einer Stunde Adsorption von PVPy an die Oberfläche von Aerosil® 300 wurde die
unmittelbar mit der Zugabe des PVPy einhergehende Verringerung der
80
Oberflächenacidität von αs = 1.05 auf αs = 0.98 wieder aufgehoben. Dieses Phäno-
men läßt sich mit dem bereits in der Literatur beschriebenen oszillierenden
Adsorptionsverhalten von PVPy an Kieselgelen erklären.
Bei der Adsorption der Polymere an die Oberfläche der oxidischen Träger wurden in
Abhängigkeit von der Acidität der Oberfläche (αs) und Basizität des Polymers (βp)
drei qualitativ unterschiedliche Effekte gefunden.
• Die Co-Adsorption von Polymer führt nicht zu einer Verschiebung der UV/Vis-
Absorptionsbande des Sondenmoleküls. Dies trifft zu, wenn βp kleiner ist als
die Basizität des Sondenmoleküls. Bsp.: Polystyrol (βp = 0.28).
• Durch die Co-Adsorption von Polymer kommt es zu einer Verschiebung im
UV/Vis-Absorptionsspektrum des an der Oberfläche adsorbierten Sonden-
moleküls. Dies wird beobachtet für mittlere βp-Werte von Polymeren wie
Polymethylmethacrylat (βp = 0.38) und Polyethylenoxid (βp = 0.65).
• Je basischer das Polymer um so deutlicher sind die beobachteten Effekte im
UV/Vis-Absorptionsspektrum der co-adsorbierten Sonde zu erkennen. Sehr
starke basische Polymere wie Polyvinylpyridin (βp = 0.83) und Polyvinyl-
pyrrolidon (βp = 0.93) verdrängen die Sondenmoleküle von der Oberfläche in
die überstehende Lösung.
Für die Polymer/Kieselgel- und Polymer/Aluminiumoxid-Komposite (Bedeckung: 60
mg/300 mg Träger) wird mit zunehmendem βp-Wert des reinen Polymers eine lineare
Abhängigkeit des α-Wertes des Komposits gefunden.
Dabei weist das Al2O3 eine höhere Empfindlichkeit, ausgedrückt durch den
Quotienten ∆ῦmax(1) / ∆βp, im Vergleich zu Aerosil® 300 auf.
Änderungen in den Dipol-Dipol-Wechselwirkungen und in den schwachen Säure-
Base-Wechselwirkungen (π*-Wert) während der Polymeradsorption an die
Trägeroberfläche konnten, bedingt durch die verwendete Materialkombination
Lösungsmittel – Sonde – Träger – Polymer, nicht mit den verwendeten Sonden
81
beobachtet werden. Ursache hierfür ist, daß das verwendete Lösungsmittel selbst
einen hohen π*-Wert besitzt.
Mittels kovalent gebundenem Polydimethylsiloxan (PDMS) funktionalisierte
Kieselgele wurden durch Adsorption der solvatochromen Sonden Fe(phen)2(CN)2,
Michler´s Keton und Cumarin 153 in DCE und Cyclohexan hinsichtlich der Polarität
an der Oberfläche untersucht.
Bis zu einem Funktionalisierungsgrad von 30 % nimmt die Acidität der mit PDMS
gepfropften Kieselgeloberfläche linear ab. Die Dipolarität/Polarisierbarkeit der
modifizierten Kieselgelproben bleibt nahezu unbeeinflußt vom Grad der
Funktionalisierung.
Für ausgewählte mit PDMS gepfropfte Kieselgelproben konnte die Basizität durch
Co-Adsorption eines Aminobenzodifuranon-Farbstoffes gemessen werden. Ein
höherer Pfropfungsgrad mit PDMS (91 % zu 11 %) führt zu einer entsprechend
größeren Basizität der Oberfläche (β = 0.27 zu β = 0.14).
Oberflächen von polymermodifizierten (geschlichteten) Glasfasern lassen sich mit
der Methode der Solvatochromie prinzipiell untersuchen. Bedingt durch die
meßtechnische Einschränkung (Vermessung der Proben war nur in Reflexion
möglich) sowie die ausgesprochen hohe Empfindlichkeit der Solvatochromie können
oftmals nur qualitative Aussagen zu spezifischen Zentren an der Faseroberfläche
gegeben werden. Ein Vergleich der ermittelten Polaritätsparameter mit denen aus
der inversen Gaschromatographie ist aus diesem Grund nur begrenzt möglich.
82
E Experimenteller Teil
1 Verwendete Geräte
UV/Vis-Spektrometer
Für die UV/Vis-Untersuchungen stand das Gerät MCS 400 der Firma Carl Zeiss Jena
GmbH zur Verfügung. Als Lichtquelle für den sichtbaren Spektralbereich diente eine
Xenon-Hochdrucklampe.
Ein Diodenarray aus 1024 Dioden und einer maximalen Aufnahmegeschwindigkeit
von 24 ms fungierte als Detektor.
Zur Messung von transparenten Suspensionen wurde die Tauchküvette TS 5A der
Firma Carl Zeiss Jena GmbH verwendet.
Nichttransparente Suspensionen oder getrocknete Feststoffe wurden mit einem
speziellen Handmeßkopf in Reflexionstechnik vermessen.
Lichtquelle, Meßzelle und Detektor wurden über flexible Quarz-Lichtleiterkabel
miteinander verbunden.
Darstellung und Auswertung der UV/Vis-Absorptionsspektren erfolgte mit dem
Programm ASPECT PLUS, Version 1.31 der Firma Carl Zeiss Jena GmbH.
Elementaranalyse
Die elementaranalytischen Untersuchungen wurden mit dem Gerät Vario SL der
Firma Elementar Analysensysteme GmbH, Hanau durchgeführt.
BET Messungen
Für die Ermittlung der BET-Oberflächen der anorganischen oxidischen Träger kam
das Meßinstrument Sorptomatik 1990 der Firma Fison, Hofheim zum Einsatz.
83
2 Materialien
Lösungsmittel
Die verwendeten Suspensionsmittel 1,2-Dichlorethan, Dichlormethan und
Cyclohexan wurden vor Benutzung unter Argonatmosphäre über CaH2 frisch
destilliert. 1,2-Dichlorethan wurde anschließend zur Beseitigung von restlichen
Säurespuren über basischem Aluminiumoxid aufbewahrt.
Sondenmoleküle
Der Dicyano-bis(1,10-phenanthrolin)eisen(II)-Komplex (1) wurde nach der Vorschrift
von Schilt [55] präpariert.
Michler`s Keton (2) wurde käuflich von Merck erworben, zweifach aus Ethanol um-
kristallisiert und über CaH2 getrocknet.
Cumarin 153 (3) wurde käuflich von der Radiant Laser Dyes GmbH bezogen und
ohne weitere Behandlung eingesetzt.
Das Aminobenzodifuranon (4) wurde freundlicherweise von der BASF, Manchester
zur Verfügung gestellt.
Im Einzelnen betrugen sie für:
1 und 2 10-3 mol/l 1,2-Dichlorethan
2 und 3 5∗10-4 mol/l Cyclohexan
4 10-4 mol/l Cyclohexan
Anorganische oxidische Träger
Für die Untersuchung der Adsorption von Polymeren wurden uns von folgenden
Firmen anorganische oxidische Träger freundlicherweise zur Verfügung gestellt:
Aerosil® 300 und Al2O3 von Degussa, Hanau
mit PDMS gepfropfte Kieselgelsäure-Proben von Wacker Chemie, Burghausen
polymermodifizierte Glasfaserproben von IPF Dresden e.V.
Polymere
Alle für die Adsorptionsuntersuchungen verwendeten Polymere wurden kommerziell
erworben.
Polyethylenoxid, Polymethylmethacrylat, Polystyrol bei Aldrich-Chemie, Steinheim
84
Polyvinylpyridin bei PolyScience
Polyvinylpyrrolidon bei Merck AG, Darmstadt
Polydimethylsiloxan bei ABCR, Karlsruhe
3 Durchführung der Solvatochromiemessungen
Anorganischer Träger/ Polymer
Für die UV/Vis-spektroskopischen Untersuchungen wurden jeweils 300 mg
ausgeheiztes Trägermaterial (8 h bei 400°C) in einem Kolben vorgelegt und mit 20
ml DCE versetzt. Anschließend erfolgte die Zugabe des in Lösung vorliegenden
Sondenmoleküls. Sobald das Sondenmolekül in ausreichendem Maße an der
Feststoffoberfläche adsorbierte, wurde ein zeitbestimmter Meßzyklus für die Dauer
einer Stunde gestartet. Nach Aufnahme des ersten UV/Vis-Spektrums, das somit ein
Spektrum der alleinigen Trägeroberfläche repräsentiert, wurden 60 mg Polymer aus
einer 5 %igen Lösung mittels Maßpipette zugegeben. Die unverzügliche Verteilung
des Polymers und die Verhinderung einer Phasenseparation Feststoff –
Lösungsmittel erforderte ein ständiges Rühren der Suspension.
PDMS-gepfropfte Kieselgelproben
Dazu wurden jeweils 200 mg der modifizierten Kieselgelproben mit 20 ml
Farbstofflösung versetzt und für 24 h geschüttelt. Anschließend erfolgte die UV/Vis-
spektroskopische Vermessung der Probe und der überstehenden Lösung mittels der
Tauchküvette TS 5A.
Polymermodifizierte Glasfasern
Die Präparation der Glasfasern erfolgte derart, daß jeweils 200 mg kleinge-
schnittenes Fasermaterial mit 20 ml Farbstofflösung versetzt wurden. Nach 24 h
Adsorption wurden die überstehenden Indikatorlösungen dekandiert und die
Glasfasern unter Vakuum bei 30°C getrocknet. Die so präparierten Glasfaserproben
wurden mittels eines speziellen Handmeßkopfes im Reflexionsmodus vermessen. In
analoger Weise wurden die Untersuchungen an den Kieselgelproben durchgeführt.
85
F Literaturverzeichnis
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13, 1749.
91
Danksagung
Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Professor Stefan Spange. Mit der
Befürwortung meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl bot er mir die Möglichkeit, daß
mir bis dahin unbekannte Wissensgebiet der Solvatochromie kennenzulernen. Er war
es auch, der mich dank seiner Offenheit zur Anfertigung der vorliegenden
Dissertation ermunterte. Dabei stand mir Prof. Spange mit seinem umfangreichen
Wissen stets beratend zur Seite.
Dr. Torsten Meyer danke ich für seine unermüdliche Hilfsbereitschaft. In zahlreichen
Diskussionen gab er mir bereitwillig Anworten auf meine Fragen zur Chemie im
Allgemeinen wie auch im Speziellen.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhles Polymerchemie, die mich auf
vielfältige Weise bei meiner Tätigkeit im Labor unterstützt haben, möchte ich hiermit
meinen Dank aussprechen.
Frau Jana Buschmann danke ich für die Anfertigung der Elementaranylsen.
Herrn Dr. Frank Simon (IPF Dresden e.V.) danke ich für die Durchführung der XPS
Analysen.
Der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Max-Buchner-Forschungs-
stiftung fühle ich mich für die im Rahmen zweier unabhängiger Forschungsprojekte
gewährten finanziellen Unterstützung zu Dank verpflichtet.
In diesem Zusammenhang möchte ich es nicht versäumen, mich bei Frau Dr. Victoria
Dutschk (IPF Dresden e.V.) für die Vermittlung des Stipendiums der Max Buchner
Stiftung zu bedanken.
Meinen Eltern danke ich für die mir zuteil gewordene Unterstützung und das mir
entgegengebrachte Verständnis.
92
Selbständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, daß ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter
Verwendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel angefertigt habe.
Chemnitz, den 11.07.03
Silvio Prause
93
Lebenslauf
Name: Silvio Prause
Geburtsdatum: 25.07.1970
Geburtsort: Olbernhau
Familienstand: ledig
Schule: 1977-1987
Polytechnische Oberschule „Ottomar Laux“
Olbernhau
Berufsausbildung: 1987-1990
Facharbeiter für BMSR-Technik Bergbaubetrieb
Schmirchau der SDAG Wismut
Abitur: 1987-1990
allgemeine Hochschulreife Betriebsberufsschule der
SDAG Wismut Schlema
Wehrdienst: 1990-1991
Studium: 1991-1997
Physik an der TU Chemnitz
1993 Vordiplom
Promotion: 1998-2003
Professur Polymerchemie der TU Chemnitz unter Leitung
von Prof. S. Spange