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Primär biliäre Cholangitis (PBC) Deutsche Leberhilfe e. V. PBC

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Primär biliäreCholangitis (PBC)

Deutsche Leberhilfe e. V.

PBC

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2 • Deutsche Leberhilfe e. V.

Liebe Patientin, lieber Patient,

das Bild der PBC hat sich in den letzten Jahren gewandelt.Der bisherige Name „Primär biliäre Zir rho se“ wurde 2015in „Primär biliäre Cholangitis“ umgeändert, da viele PBC-Patienten zu Lebzeiten gar keine Zirrhose entwickeln. Die Erkrankung ist zwar ein lebenslanger Begleiter, aberlässt sich durch Medikamente stark bremsen und teilweisesogar zum Stillstand bringen. Immer weniger Menschenmit PBC benötigen heute eine Transplantation. Auch dieLebenserwartung wird heute wesentlich optimistischereingeschätzt als früher. Viele Patienten leben bereits seitJahrzehnten mit ihrer Erkrankung. Viele Betroffene habenjedoch mit Symptomen und Beschwerden zu kämpfen. Auchhier gibt es einige Möglichkeiten der Linderung. DieseBroschüre soll Ihnen einen Überblick geben, wie Sie oderIhre Ange hö rigen Ihr Leben bestmöglich auf PBC einstel-len können. Auch wenn PBC als seltene Erkrankung gilt:Sie sind nicht allein. Nutzen Sie die Deutsche Leber hilfee. V. auch zum Austausch mit anderen PBC-Betroffenen.

Ingo van ThielCatharina Pfingstgraf

Dr. med. Wolfgang Avenhaus

CatharinaPfingstgrafRedaktion

Ingo van ThielRedaktion

Dr. med. WolfgangAvenhaus

Ärztliche Beratung

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Stand: Februar 2018

Inhalt

Vorwort S. 21. Einleitung: Was ist PBC? S. 42. Was sind die Ursachen der PBC? S. 53. Wie verläuft PBC? S. 74. Symptome und häufige Begleit erkrankungen S. 11

bei PBC5. Diagnose der PBC S. 136. Therapie S. 187. PBC und Familienplanung S. 238. Umgang mit PBC-Symptomen S. 269. Impfungen bei PBC: Was ist sinnvoll, was erlaubt? S. 3310. Ernährung: Was gibt es zu beachten? S. 3411. Lebenswandel und Sport S. 3612. PBC und soziales Umfeld S. 3713. Selbsthilfe S. 38Nachwort S. 43

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1. Einleitung: Was ist PBC?

Primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine autoimmuneLebererkran kung. Bis vor Kurzem wurde die Krankheitnoch als „Primär biliäre Zirrhose“ bezeichnet; dank frühererDiag nosen und Therapien entwickeln die meis ten Pa tien -ten heute aber keine Zirrhose mehr. Der alte Name „Pri märbiliäre Zirrhose“ traf daher oft nicht zu und führte zu un -nötigen Ängsten bei der Erstdiagnose. Viele PBC-Patientenberichteten zudem, dass Außen stehende ihnen allein auf-grund des Wortes Zirrhose fälschlicherweise ein Alkohol -problem unterstellten. PBC wurde deshalb im Jahr 2015umbenannt. Der neue Be griff „Primär biliäre Cho langitis“ist neutraler und erhält die bekannte PBC-Abkürzung.Aus bislang nicht vollständig geklärten Gründen greift daseigene Immun system zunächst die kleinen Gallen gänge inder Leber an. Dies führt zu einer Entzündung der Gallen -gänge (Cholangitis). Langfristig kann die Entzündung aufdie ganze Leber übergreifen, welche vernarbt. Im End sta -dium der Erkrankung kann eine Zirrhose entstehen.Warum manche Menschen eine PBC entwickeln, ist nichtbekannt. Möglicherweise gibt es eine genetische Veran la -gung zur Entwicklung dieser Erkrankung, welche danndurch andere Faktoren ausgelöst wird. Verschiedene Fak -toren wie Umweltgifte, Rauchen, Haarfärbemittel, Infek -tionen, Schwanger schaft und Menopause könnten alsoden Ausbruch einer PBC begünstigen – aber nur, wennjemand die Veran la gung zu PBC hat. Alkohol ist erwiese-nermaßen keine Ursache von PBC. Er kann jedoch die Le ber -schädigung verschlimmern und sollte gemieden werden. PBC gilt als selten; seitdem Ärzte häufiger darauf unter-suchen, steigt jedoch die Zahl der Diagnosen. PBC betrifftin ca. 90 % der Fälle erwachsene Frauen und in etwa 10 %Männer. Bei Kindern und Jugendlichen wird PBC – trotzseltener Einzelfallberichte – praktisch nie beobachtet.

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PBC verläuft je nach Patient unterschiedlich, die Lebens -erwartung wird heute aber optimistischer eingeschätzt alsfrüher. Lange Zeit ging man davon aus, dass Patientennach etwa „zwölf Jahren“ eine Transplantation benötigenoder versterben würden. Diese Ansicht stammt jedochnoch aus Zeiten, wo keine Therapie zur Verfügung standund die meisten PBC-Diagnosen erst im Spätstadiumgestellt wurden. Inzwischen kennt man auch deutlichlangsamere Verläufe über mehrere Jahrzehnte.Die Standardtherapie besteht seit vielen Jahren ausTabletten oder Kapseln mit Ursodeoxycholsäure (UDCA).Diese können die PBC nicht heilen, aber die Leberschä di -gung verlangsamen und manchmal sogar ganz stoppen. Jefrüher die Therapie beginnt und je schneller die La bor -werte darauf ansprechen, desto günstiger sind die Lang -zeit aussichten. Wenn UDCA allein nicht genug anspricht,kann Obeticholsäure (OCA) hinzugegeben werden.Für einige PBC-Patienten kann eine Trans plan ta tion not-wendig werden, wenn eine fortgeschrittene Zir rho se mitKomplikationen vorliegt und die Leber funk tion immerweiter abnimmt. PBC gehört zu den am besten trans -plantierbaren Leber er kran kungen. Die PBC-typischenAuto anti körper bleiben nach der Transplantation weitermessbar, die Erkran kung kommt jedoch bei drei von vierPatienten zur Ruhe. Bei einem Viertel der Patientenkommt es erneut zu PBC-typischen Schä di gun gen.

2. Was sind die Ursachen der PBC?

Was bei der PBC passiert und wie sie verläuft, ist guterforscht: Das eigene Immunsystem greift körpereigeneZellen an, weil es nicht mehr zwischen fremd und eigenunterscheiden kann. Warum dies passiert, ist nach wie vornicht geklärt. Wahr scheinlich haben manche Menschen

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schlafende Autoimmun krankheit: PBC, Autoimmunhepatitis etc.

mögliche Auslöser:Giftstoffe, Infektionen etc.

Bildhaft gesprochen sind Autoimmunkrankheiten wieschlafende Raubtiere. Eine zusätzliche Belastung durchGiftstoffe oder Infektionen wäre dann nur ein zufälligerStörenfried, der diesem Raubtier auf den Schwanz tritt.PBC ist nach heutigem Wissen keine Erbkrankheit. Genekönnten einen Menschen zwar anfälliger für PBC machen,reichen als alleinige Begründung aber nicht aus. Es gibteine leichte Häufung von PBC-Fällen bei erstgradigenweiblichen Verwandten, also bei Schwestern und Töchternvon Patienten. Dennoch sind auch hier so wenige Ver -wandte betroffen, dass dies gegen eine Vererbung der PBCspricht. Wenn es innerhalb einer Familie einen PBC-Fallgibt, kann es dennoch auch für andere Familienmitgliederratsam sein, sich zur Sicherheit ebenfalls untersuchen zulassen (vgl. das Kapitel zu Diagnostik auf S. 13).

eine Veranlagung, die ihr PBC-Risiko erhöht. Diese kanndann unter bestimmten Umständen ausbrechen, wennandere Auslöser hinzukommen. Verschiedene möglicheAuslöser wurden diskutiert, wie z. B. Harnwegsinfektionen,Hormonbehandlungen, Nagel lack und Haarfärbemittel,Rauchen und Giftmüll de po nien. All diese Faktoren sindzwar nicht die Ursache der PBC, könnten aber beiMenschen mit entsprechender Ver anlagung dazu führen,dass die PBC erstmals aktiv wird. Einen ähnlichen Ablaufvermutet man auch bei anderen Autoimmun erkran -kungen wie z. B. der Auto immun hepatitis.

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3. Wie verläuft PBC?3.1 Die vier Stadien der PBC

Die PBC wird in vier histologische (feingewebliche)Stadien eingeteilt. Erst im letzten Stadium liegt tatsäch-lich eine Leber zirrhose vor. Die Stadien können unter-schiedlich lange dauern und sind nicht immer klar vonein-ander abzugrenzen. Manchmal können in einer Leber auchmehrere Sta dien gleichzeitig vorliegen, d. h., mancheStellen sind stärker geschädigt als andere.Stadium 1: Die kleinen Gallengänge werden von Entzün -dungs zellen des Körpers angegriffen und geschädigt undteils zerstört. Die Entzündung beschränkt sich in diesemfrühen Stadium noch auf die Gallengänge und dasBindegewebe, welches diese umgibt.Stadium 2: Die Leber versucht, die zerstörten Gal len -gänge neu zu bilden und schießt dabei über das Ziel hin-aus: Statt weniger finden sich nun vermehrt Gallen gän geim Gewebe. Gleichzeitig verstärkt sich die Entzün dung imBinde gewebe, das die Gallengänge umgibt. Die Entzün -dung greift auch auf das benachbarte Lebergewebe über.Stadium 3: Die Leber kann die Zerstörung von Gallen -gängen nicht mehr ausgleichen. Die Zahl der Gallengängenimmt nun immer stärker ab. Das umgebende Leber -gewebe ist stärker entzündet. Da die Leber auch nichtmehr ausreichend Leberzellen neu bilden kann, lagert siestattdessen Bindegewebe ein: Das Organ beginnt zu ver-narben (Fibrose, beginnende Zirrhose). Stadium 4: Die PBC hat nun zur Zirrhose geführt, bei derdie Leber stark vernarbt ist. Bindegewebe zerteilt dasLeber gewebe in verschieden große Bezirke. Nach wie vorversucht die Leber, sich zu regenerieren und neue Zellenzu bilden. Hierdurch bilden sich knotenförmige Zell -ansamm lungen, die man Regeneratknoten nennt. Diese

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PBC-Stadium 1

PBC-Stadium 2

Entzündungszellen, die die

Gallengänge zerstören

Bindegewebsfasern

Leberzellen

(Leberläppchen)

Entzündung greift auf

das Lebergewebe über.

Gallengänge sind vermehrt

(Gallengangsproliferation)

und entzündlich zerstört.

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PBC-Stadium 3

PBC-Stadium 4

Grafiken aus: Leuschner U: Primär biliäre Zirrhose (PBC) und Primär sklerosierendeCholangitis (PSC). Herausgeber: Dr. Falk Pharma GmbH 2009.

starke Vermehrung

des Binde gewebes,

das die Leber voll-

ständig aufteilt

(Leberzirrhose)

Binde gewebe und

Entzündung greifen

auf das Leberläppchen

über und zerteilen es.

Die Zahl der Gallengänge nimmt

wieder ab (Rarefizierung).

Abnahme der

Entzündungszellen

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lassen die Leberoberfläche knotig und höckerig aussehen.Es gibt nur noch wenige Gallengänge, auch die Entzün -dung im Bindegewebe ist jetzt großenteils „ausgebrannt“und geht zurück.

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gesunde Leber Leberzirrhose

3.2 Risiken der Zirrhose

Wenn die PBC zur Zirrhose führt, bestehen die gleichenRisiken wie bei einer Zirrhose durch andere Leber -erkrankungen. Im anfänglichen Zirrhosestadium („kom-pensierte Zirrhose“) kann die Leber ihre Funktionen oftnoch ausreichend wahrnehmen. Bei fortgeschrittenerZirrhose können ernste Komplikationen entstehen, wiez. B. Bauchwassersucht (Aszites), Blutungen aus Krampf -adern in Speiseröhre oder Magen (Ösophagus- oderFundus varizenblutung), Störungen der Hirnfunktion(Hepatische Enzephalopathie) oder Leberkrebs. DieseFolgen können lebensgefährlich sein.Eine rechtzeitige Diagnose und konsequente Behandlungder PBC können solche Spätfolgen meist ganz verhindern.

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4. Symptome und häufigeBegleiterkrankungen bei PBC

Viele PBC-Patienten spüren zunächst wenig von ihrerErkran kung. Lebertypische Beschwerden tauchen erst spätauf. Selbst wenn die Leber noch nicht stark geschädigt ist, leiden manche Patienten jedoch unter einer Reihe vonSymptomen. An diesen Symptomen kann man allerdingsnicht erkennen, wie die Lebererkrankung verläuft.

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Am häufigsten berichten Patienten über ausgeprägteMüdigkeit (Fatigue).Ein weiteres häufiges Symptom ist erheblicher Juckreiz(Pruritus). Dieser tritt insbesondere nachts im Bett an denArmen, dem Rücken oder den Unterschenkeln auf. Möglich sind auch trockene Augen- und Mundschleim -häute. Dies wird als Sicca-Syndrom bezeichnet. Rheumatische Symptome mit geschwollenen, schmerzen -den Gelenken sind unter PBC-Patienten weit verbreitet.Rheumatische Symptome treten auch bei anderen Leber -erkrankungen häufiger auf.

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Ebenfalls häufiger wirdbei PBC ein Raynaud-Syndrom beobachtet, beidem kältebedingt dieDurchblutung der äuße-ren Gliedmaßen wie z. B.der Finger gestört ist. Dieskann sich durch Weiß -färbung und Taub heits -gefühl äußern. Andere Erkrankungen be -treffen überzufällig häufigPBC-Patienten, sind aber

auch in der Allgemeinbevölkerung nicht selten: Dazugehören Schilddrüsenerkrankungen, eine Gluten-Unver träglichkeit (Zöliakie) und Knochen schwund(Osteoporose). Hier sind sich Experten noch nicht einig,ob diese Erkrankungen durch PBC begünstigt werden oderzufällig gleichzeitig auftreten.In einer Langzeitstudie mit PBC-Patienten wurdenbestimmte Tumore wie z. B. Brustkrebs etwas häufigerbeobachtet als in der Allgemeinbevölkerung. Allgemeinanerkannt ist dieser Zusammenhang derzeit zwar nicht,PBC-Patienten sollten jedoch alle altersüblichen Krebs-vorsorgeuntersuchungen konsequent wahrnehmen.Mehr zum Umgang mit PBC-Symptomen finden Sie aufSeite 26.

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5. Diagnose der PBC

5.1 Blutwerte

Oft lässt sich eine PBC bereits durch Blutuntersuchungenrecht zuverlässig feststellen. Besonders zwei Laborwerte sind zur Diagnosestellungwichtig: antimitochondriale Antikörper (AMA) und diealkalische Phosphatase (AP). Wenn AMA und die alkali-sche Phosphatase auffällig sind, ist die PBC-Diagnoseschon so gut wie sicher.Antimitochrondriale Antikörper sind sehr spezifisch fürPBC: Die meisten Menschen mit einem positiven AMA-Test haben PBC. Bei Gesunden ist ein positiver AMA-Testmit unter 1 % sehr selten. AMA sind nur für die Diagnoseinteressant und zeigen, dass eine PBC vorliegt. Man kannjedoch nicht an der Höhe der AMA-Spiegel erkennen, wiegut oder wie schlecht die Erkrankung verlaufen wird.Die alkalische Phosphatase (AP) findet sich bei jedem Men - schen im Blut und wird vor allem in den Gallen gän gen undKnochen gebildet. Die AP kann aus verschie de nen Ursa chenansteigen, z. B. bei Gallenwegs erkran kun gen und Kno chen - brüchen. Bei PBC bedeutet ein erhöhter Wert, dass derGallefluss gestört ist. Die AP ist nicht nur für die Erst diag -nose wichtig, sondern auch für die Verlaufs beobachtung.Weitere Blutuntersuchungen umfassen die LeberwerteGamma-GT, GOT und GPT sowie das Bilirubin, die meistweniger erhöht sind. Häufig ist bei PBC-Patienten auchdas Cholesterin erhöht.Andere Immunmarker können bei PBC ebenfalls erhöhtsein. Dazu gehört vor allem das Immunglobulin M. Weitere Autoantikörper wie z. B. ANA (antinukleäreAnti körper) oder ASMA (Antikörper gegen glattesMus kel ge webe) können bei einer PBC ebenfalls auftre-ten. Diese haben nicht immer eine zusätzliche Bedeutung,

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sollten aber mit dem Facharzt besprochen werden. Unterbestimmten Umständen können diese Antikörper daraufhinweisen, dass neben der PBC noch eine weitere Krank -heit wie eine Autoimmunhepatitis vorliegen könnte (so -genanntes Overlap-Syndrom). Besteht hier ein Ver dacht,sind weitere Untersuchungen nötig.

5.2 Organische Untersuchungen

Ultraschall (Sonographie)

Die Ultraschall-Untersuchung wird bei der Leber mit einerSonde vorgenommen, die der Arzt über die Bauchdeckeführt. Durch Ultraschall lässt sich gut erkennen, ob z. B.ein Gallestau vorliegt oder ob die Leber zusätzlich verfet-tet ist. Eine Fettleber tritt insbesondere bei übergewichti-gen Patienten auf und kann den Verlauf der PBC ungüns -tig beeinflussen. Ebenfalls lässt sich mit Ultraschall häufigerkennen, ob eine Zirrhose vorliegt oder nicht.

Leberpunktion (Biopsie)

Bei der Leberpunktion wird ein Stück Lebergewebe miteiner Hohlnadel durch die Bauchdecke entnommen undunter dem Mikroskop untersucht. Patienten werden vordem Eingriff örtlich betäubt. Da diese Untersuchung sel-ten mit Komplikationen wie z. B. Blutungen einhergehenkann, stellen sich Patienten die Frage: „Punktion, muss daswirklich sein?“ Die Antwort: Das hängt davon ab, wasgenau man feststellen will. Lassen Sie sich in dieser Fragevon Ihrem Arzt beraten. Häufig ist die Diagnose PBC so eindeutig, dass man keinePunktion mehr benötigt.

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Wenn die PBC-Diagnose nicht eindeutig ist, kann diePunktion jedoch bestimmte, PBC-typische Veränderungenan den kleinen Gallengängen in der Leber nachweisen.Auch wenn der Verdacht besteht, dass neben der PBCzusätzlich eine Autoimmunhepatitis vorliegt, reichenBlutwerte, Ultraschall und andere Untersuchungen nichtaus – man muss ins Lebergewebe „hineinschauen“, umtypische Zellveränderungen zu erkennen. Zur Verlaufskontrolle – also um zu prüfen, inwieweit dieLeberschädigung voranschreitet – wird die Punktion heutebei PBC nur noch selten eingesetzt.

FibroScan (Elastographie)

Seit einigen Jahren steht auch die sogenannte Elasto -graphie zur Verfügung. Diese ist ähnlich wie derUltraschall und nicht invasiv, d. h., es wird nichts in denKörper eingeführt. Der FibroScan misst mit Schallwellen,wie elastisch oder wie verhärtet die Leber ist. Je elasti-scher die Leber, desto gesünder ist sie. Je stärker die Leberverhärtet ist, desto eher besteht der Verdacht auf einefortgeschrittene Vernarbung oder gar Zirrhose. Der FibroScan ist eine hilfreiche Methode, um den Verlaufeiner chronischen Lebererkrankung langfristig zu überwa-chen. Bei der Verlaufsbeobachtung kann der FibroScan oftsogar eine Punktion ersetzen.Der FibroScan ist allerdings nicht dazu geeignet, dieGrunddiagnose zu klären, z. B. wenn die Frage nach einerPBC nicht eindeutig ist oder noch der Verdacht auf einezusätzliche Autoimmunhepatitis besteht. Wenn dieDiagnose unklar ist und die Ärzte eine Punktion empfeh-len, ist der FibroScan kein Ersatz für eine Gewebeprobe.

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5.3 Sonderfälle der PBC:Autoimmuncholangitis

Eine besondere Form der PBC ist die Autoimmun -cholangitis (AIC). Hier fehlen die typischen antimitochon-drialen Antikörper. Deshalb wird die Autoimmun cho -langitis auch als AMA-negative PBC bezeichnet. Fast alle Patienten mit Autoimmuncholangitis weisenjedoch entweder antinukleäre Antikörper (ANA) oderAntikörper ge gen glatte Muskulatur (ASMA) auf. Um denVerdacht auf Autoimmuncholangitis abzuklären, ist eineBiopsie not wendig. Nur so lässt sich erkennen, ob ähnlicheSchä den an den kleinen Gallengängen bestehen wie beider PBC.Autoimmuncholangitis ist selten. Die Erkrankung verläuftjedoch ähnlich wie PBC und scheint genauso gut auf diePBC-Therapie anzusprechen.

5.4 Sonderfälle der PBC: Overlap-Syndrom

Etwa einer von zehn PBC-Patienten hat gleichzeitig An -zei chen einer Autoimmunhepatitis (AIH), was sich so wohlan Autoantikörpern im Blut als auch im Leber ge we be zeigen kann. In diesem Fall spricht man von einem Über-lappungssyndrom oder Overlap-Syndrom.Bei Autoimmunhepatitis greift das Immunsystem eben-falls körpereigene Zellen an. Der Angriffspunkt sind hieraber nicht die kleinen Gallengänge, sondern die Leber -zellen (Hepatozyten). Hierdurch entsteht eine Leber ent -zün dung. Die Autoimmunhepatitis wird mit Immun sup -pres siva behandelt, die das Immunsystem dämpfen (z. B.Predniso(lo)n oder Budesonid, jeweils in der Regel mitAzathioprin).

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Overlap-Syndrome sind selten und kein klar definierterBegriff. Selbst Experten sind sich nicht einig, ob hier zweiKrankheiten gleichzeitig vorliegen oder ob das Overlap-Syndrom eine eigenständige Erkrankung ist, die sowohlEigenschaften von PBC und AIH hat.Es ist unklar, ob die Leber bei einem Overlap-Syndromrascher geschädigt wird als bei alleiniger PBC. Auch dieWahl der richtigen Therapie ist nicht endgültig geklärt, daman nur auf sehr kleine, unkontrollierte Studien mitwenigen Patienten zurückgreifen kann.Die PBC-Standardtherapie mit Ursodeoxycholsäure(UDCA) scheint für einige Overlap-Patienten wirksam ge -nug zu sein. Andere Overlap-Patienten sprechen besser an,wenn man wie bei zwei Erkrankungen behandelt und zumUDCA noch zusätzlich ein Immunsupressivum hinzugibt.Die Diagnose des Overlap-Syndroms setzt sich aus ver-schiedenen Autoantikörpern, Laborwerten und Verände -run gen im Lebergewebe zusammen. Eine Biopsie ist not-wendig, um sowohl AIH-typische Zellveränderungen alsauch PBC-typische Schäden an den kleinen Gallengängenzu erkennen. Gleichzeitig wird nach Autoantikörpern bei-der Erkrankungen gesucht sowie nach erhöhten Labor -wer ten, die auf einen Gallestau (alkalische Phosphatase undGamma-GT) und eine Leberentzündung hinweisen (GPT).

5.5 Sonderfälle: erst PBC, dann AIH

In sehr seltenen Fällen kann zuerst eine PBC vorliegen, diespäter in eine Autoimmunhepatitis übergeht – und umge-kehrt. Dies nennt man „sequenzielle Syndrome“, also auf-einander folgende Erkrankungen. Die Therapie wird in die-sen Fällen an die neue Diagnose angepasst.

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6. Therapie6.1 Standardtherapie: Ursodeoxycholsäure

Derzeit ist Ursodeoxycholsäure (UDCA) das Standard -medi kament zur Behandlung der PBC. UDCA wird täglichin Form von Tabletten oder Kapseln eingenommen. Zu ge -lassen ist eine tägliche Dosis von 13 bis 15 mg UDCA proKilogramm Körpergewicht.UDCA wird in der Regel direkt nach der PBC-Diagnose ver -schrieben, muss lebenslang eingenommen werden und ist

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meist gut verträglich. Bei einem Teil der Patienten kommtes im ersten Jahr zu einer Gewichtszunah me, Magen-Darm-Beschwerden, Durchfällen und – selten – zu ausgedünntenHaaren. Um die Wirksamkeit nicht zu beeinträchtigen, sollteUDCA nur mit zeitlichem Abstand zu bestimmten anderenMedi ka menten eingenommen werden (z. B. Colesty ra min).In mehreren großen Studien verlängerte UDCA das Über-leben, insbesondere wenn die Therapie früh begonnenwurde. Seit der Einführung von UDCA sinkt auch die Zahlder PBC-Patienten, die eine Transplantation benötigen.Ob das Medikament anspricht, erkennt man in erster Liniean den Laborwerten. Der wichtigste Wert ist die alka lische

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Phosphatase: Je stärker diese sinkt, desto besser sind dieLangzeitaussichten. Verbessert werden oft auch andereLabor werte wie Gamma-GT, GOT und GPT und das Bi li -rubin. Erhöhte Cholesterinwerte können mitunter eben -falls abfallen. Ein Immunmarker – das Immun glo bu lin M(IgM) – kann ebenfalls sinken. Auf die antimitochondrialenAntikörper (AMA) hat Ursodeoxycholsäure keinen Einfluss,diese sind aber für den Verlauf nicht von Bedeutung.Ursodeoxycholsäure wirkt bei PBC unter anderem leber-schützend, indem sie schädliche Gallensäuren bindet unddamit der Zellschädigung entgegenwirkt. Langzeitstudienhaben gezeigt, dass sich das Lebergewebe unter derTherapie sogar teilweise erholen kann. Auch wenn die Therapie wirkt, ist dies für Patienten oftnicht durch ein besseres Befinden spürbar. Leider hatUDCA keinen bzw. kaum Einfluss auf PBC-Symptome wieMüdigkeit, Juckreiz, Knochenerkrankungen oder autoim-mune Begleiterscheinungen. Um diese Symptome zu lin-dern, sind andere Maßnahmen notwendig. Diese werdenim Kapitel „Leben mit PBC“ besprochen.

6.2 Was tun, wenn Ursodeoxycholsäure allein nicht wirkt?

Falls Ursodeoxycholsäure allein nicht ausreichend an spricht(„Nonresponse“), kann das Medikament ggf. mit anderenSubstanzen kombiniert werden. Ende 2016 wurde Obe ti -cholsäure (OCA) für diesen Zweck zugelassen. OCA wird alstägliche Tablette zusammen mit UDCA eingenommen. In derZulassungs studie erreichte diese Kombination bei etwa derHälfte der Patienten ein Ansprechen der La bor werte. Es feh-len noch Langzeitstudien zur Frage, ob dies auch den Verlaufder Lebererkrankung verbessert. Häu fige Ne ben wirkungenvon OCA sind Juckreiz sowie ein er höh tes Cho les terin. Bei

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fortgeschrittener Zirrhose (Child Pugh B oder C) muss OCAdeutlich niedriger dosiert werden, da sonst Überdosierun-gen und ernste Leberkomplikationen möglich sind.Wenn UDCA alleine nicht anspricht, ist nicht immer einMedikamentenversagen der Grund. Patienten und Ärztesollten auch weitere mögliche Ursachen offen besprechen:– Fällt die regelmäßige Einnahme schwer, z. B. wegen

Ne benwirkungen oder Ablenkungen im Alltag? Einsolches Problem würde nicht gelöst, wenn Patien tennoch mehr Tabletten verschrieben bekommen. Dosis -än de run gen oder Erinnerungshilfen (Handy etc.) können hier eine bessere Lösung sein.

– Werden andere Arzneimittel wie z. B. Colestyraminein genommen, welche die Wirksamkeit von UDCA be -einflussen können? Hier kann es helfen, die Medi ka -men te zeitlich versetzt einzunehmen.

– Könnte noch eine weitere Auto immun er kran kung vor-liegen, z. B. ein Overlap-Syndrom von PBC mit Auto im -mun hepatitis? Hier kann es sinnvoll sein, im mun sup -pressive Medi ka mente hinzuzugeben (vgl. Seite 16).

Künftige Therapien

In Studien wurden Fibra te bei Pa tienten eingesetzt, die aufUDCA alleine nicht angesprochen hatten. Die Kom bi na tionaus Fibraten und UDCA verbesserte ebenfalls die La bor wer teund konnte den Juckreiz lindern, zudem gibt es erste Hin weiseauf einen günstigeren Er kran kungs ver lauf. Der zeit sindFibrate nicht für PBC zugelassen; in einigen Fäl len sinderhöhte Le ber werte möglich. Weitere Substanzen werden(meist kombiniert mit UDCA) in frühen klinischen Studiengetestet. Intensiv werden auch wirksamere Ersatzstoffefür Urso deoxy chol säure, wie zum Beispiel die Nor-Ursodeoxy chol säure (Nor-UDCA), in Studien unter sucht.

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6.3 Alternativmedizinische Therapien?

Derzeit ist keine alternativmedizinische Behandlung fürPBC bekannt. Silymarin-Kapseln (Mariendistel) wurden beiPBC-Patienten untersucht, zeigten aber keine Wirkung. Zuanderen pflanzlichen Präparaten bei PBC gibt es keineDaten, wes wegen sich weder Nutzen noch Risiken beur-teilen lassen.Die sogenannte „Leber rei ni gung“nach Clark/Moritz ist nicht zuempfehlen. Durch eine un ge -wöhnliche Diät aus Spei se - ölen, Frucht säften undBittersalz verklumpt undverfärbt sich der Stuhl -gang; Pa tienten wirdweisgemacht, die ver-färbten Exkre mente inder Toi let te seien er folg -reich aus geschie dene„Gal len steine“.Stellt der Arzt einen Vita min - mangel fest, sollten Vi ta min - prä pa rate gegeben werden, ins-besondere die fettlöslichen Vita mineA, D, E und K. Die notwendige Dosis sollte mit dem Arzt besprochen undnicht überschritten werden. Ins besondere Vitamin-A-Überdosierungen können die Leber schä digen und imExtremfall sogar zu Leberversagen führen. Soweit mög-lich, ist es günstiger, Vitamine über die Nah rung zuzufüh-ren (vgl. hierzu das Kapitel zur Ernährung auf S. 34).

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6.4 Lebertransplantation

Wenn die Erkrankung bis zur Zirrhose voranschreitet undsich Komplikationen einstellen, kann eine Leber trans -plantation notwendig sein. Diese ist eine große Operation,allerdings hat man mittlerweile fünf Jahrzehnte Erfah rungmit diesem Eingriff. Nach der Lebertransplantation müs-sen dauerhaft Medikamente eingenommen werden, diedas Immun system unterdrücken und damit eineAbstoßung des neuen Organs vermeiden. Hierzu ge hören

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Cortison-Präparate wie Prednisolon oder Prednison,Cyclosporin, Tacrolimus, Azathioprin und MycophenolatMofetil, die zum Teil miteinander kombiniert werden.Die antimitochondrialen Antikörper bleiben auch nach derTransplantation im Blut messbar. Bei der Mehrzahl derPBC-Patienten verschwindet aber die Lebererkrankung mitder alten Leber. Bei etwa einem Viertel der Patienten kön-nen PBC-ähnliche Schäden jedoch auch im neuen Organwieder auftreten.

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7. PBC und Familienplanung

PBC betrifft vorwiegend Frauen. Die Frage nach Familien -planung und nach Vereinbarkeit von Schwan gerschaftund PBC ist für viele Patientinnen und ihre Partner vongroßer Bedeutung. Es gibt allerdings nur wenige wissen-schaftliche Untersuchungen zu PBC und Schwangerschaft,und vieles wird im Einzelfall und aus praktischer Er fah -rung entschieden – was z. B. die medikamentöse The ra piewährend der Schwangerschaft anbelangt. Wichtig ist also,individuell mit dem Arzt über Familien pla nung, Kinder -wunsch und Schwangerschaft zu sprechen.

7.1 Schwanger werden mit und trotz PBC

Frauen mit PBC können schwanger werden. Allerdingskommen Schwangerschaften insgesamt seltener vor alsbei gesunden Frauen. Man weiß, dass ein Zusammenhangzwischen Gesundheitszustand und Schwangerschafts -wahr scheinlichkeit besteht: Je weiter die Erkrankung fort-geschritten und je schlechter der Allgemeinzustand derPa tien tin ist, umso weniger wahrscheinlich ist, dass sieschwan ger wird. In der Frühphase der PBC sind die Chancenfür eine Schwangerschaft höher.

7.2 Arztwahl

Empfohlen wird auf jeden Fall eine enge Zusammenarbeitvon PBC-behandelndem Arzt und Gynäkologen. Wennmöglich, sollten Sie sich in die Hand eines Spezialistenbegeben (z. B. in einem Zentrum). Auch die Auswahl derGeburtsklinik nach medizinischen Gesichtspunkten kannsinnvoll sein (z. B. Klinik mit Perinatalzentrum).

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7.3 Einfluss der Schwangerschaft auf die PBC

Während man früher allgemein davon ausging, dass eineSchwangerschaft einen eher negativen Einfluss auf diePBC hat, so ist dieses Bild heute differenzierter. Schwan -gers chaften in der Frühphase der PBC scheinen keinennennenswerten Effekt auf die PBC zu haben. Sogar eineVerbesserung der Laborwerte während der Schwan ger -schaft ist möglich. Ist die PBC allerdings fortgeschritten,muss mit einer Ver schlech terung der Erkrankung durcheine Schwanger schaft gerechnet werden. Wie für andereLebererkrankun gen gilt offensichtlich auch für die PBC: Jeweiter vorangeschritten die Krankheit ist, umso mehrRisiken kann eine Schwangerschaft bergen.

7.4 Risiken

Die Chancen, eine Schwangerschaft regulär durch dieGeburt zu beenden, stehen gut und werden mit etwa 80 %angegeben. Diese Zahl ist allerdings mit Vorsicht zubetrachten. Fehlgeburten oder Frühgeburten sind zumeinen auch bei gesunden Frauen möglich, zum anderenhandelt es sich nur um kleine Fallzahlen der untersuchtenPBC-Schwangeren. Die Zahl zeigt jedoch, dass die aller-meisten Schwangerschaften wie geplant beendet werdenkönnen – vor allem bei PBC-Patientinnen, die (noch) keineZirrhose entwickelt haben. Die Risiken für Komplikationensteigen mit der Schwere der Leberkrankheit. Insbesondereist für diese Patientinnen das Risiko für Varizenblutungenerhöht.

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7.5 Schwangerschaft und Medikamente

Kann UDCA während der Schwangerschaft weiter einge-nommen werden? Aktuelle Leitlinien sind hier großzügigerals die Fachinformation, welche von UDCA in derSchwanger schaft abrät (insbesondere im ersten Drittel), essei denn, dies sei „eindeutig erforderlich“.Die deutsche Leitlinie für autoimmuneLe ber erkran kun gen (2017) erlaubtgrundsätzlich die UDCA-Ein nahmewährend der Schwan ger schaft;bislang gab es keine Hinweiseauf fruchtschädigende Wir -kungen bei Menschen, wobeies zu UDCA im ers ten Trimenonnur wenig Erfahrungen gibt. Wäh rend der Stillzeit empfiehltdie Leitlinie, UDCA weiter ein-zunehmen.Für Obe ti chol säure (OCA) in derSchwan ger schaft gibt es noch keineErfah rung und keine Leit linien emp -feh lung; die Fach infor mation rät, einegleich zeitige OCA-Einnahme vorsichtshalber zu vermeiden.Patientinnen, die Azathioprin einnehmen, wird empfoh-len, das Medikament abzusetzen, wenn eine Schwan ger -schaft geplant wird. Tritt eine Schwangerschaft unterAza thio prin ein, besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob diesesweiter eingenommen oder abgesetzt werden werden soll.Laut Fachinformation müssen hier Nutzen und Risikensorgfältig abgewogen werden. Gleiches gilt auch fürBudesonid, Predniso(lo)n und andere Glucocorticoide. Wichtig: Sprechen Sie bei Kinderwunsch frühzeitig mitIhrem Arzt über Ihre PBC-Behandlung und informieren Sieihn sofort, falls Sie schwanger werden.

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8. Umgang mit PBC-SymptomenDie medikamentöse Therapie hat die Prognose der PBC-Patienten erheblich verbessert. Allerdings kann dieBehandlung zwar Laborwerte verbessern und oft dieLeberschädigung eindämmen, lindert aber nicht die PBC-typischen Symptome Müdigkeit, Juckreiz und Sicca-Syndrom. Diese verlaufen offenbar unabhängig von derSchwere der eigentlichen Grund erkrankung PBC undebenso unabhängig davon, ob die Behandlung bezüglichder Leber erfolgreich ist oder nicht. Die Symptome abersind es, die die betroffenen Patienten im Alltag belasten.

8.1 Müdigkeit (Fatigue)

Müdigkeit ist sehr häufig bei PBC: Bis zu 80 % der Patien -ten sind davon betroffen. Der genaue Zusam men hangzwischen PBC und Fatigue ist nicht geklärt. Zur Be hand lungder PBC-bedingten Fatigue gibt es leider keine medizi ni -sche Standardtherapie. Das Narkolepsie-Medikament Modafinil wurde in Studienauch für PBC-Müdigkeit untersucht, wird aber wegenunzu verlässiger Wirksamkeit und zum Teil schwererNebenwirkungen aktuell nicht für PBC empfohlen.Allen Patienten, die an Fatigue leiden, kann im Momentnur geraten werden, andere mögliche Ursachen dieser ex -tre men Müdigkeit auszuschließen, denn nicht immer istdie PBC (alleine) für die Beschwerden verantwortlich:Fatigue und Schlaf: Fatigue wird durch Schlafstörungennoch verstärkt. Stress, starke berufliche oder privateBelastungen können die Schlafqualität beeinträchtigen.Juckreiz (vgl. S. 28) kann den Schlaf ebenfalls beeinträch-tigen. Dies gilt auch für weitere Erkrankungen: Das soge-nannte Restless-leg-Syndrom (RLS) z. B. äußert sich durch

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Missempfindungen und Bewe gungs drang in den Beinen.Das Einschlafen und der Ruhe schlaf werden nachhaltiggestört. Der ständige Schlaf entzug zeigt sich in Müdigkeit,Leistungsabfall und Er schöpfung. Möglicherweise leidenPBC-Patienten gehäuft an RLS. Die Behandlung der RLS-Beschwerden mit Medi kamenten ist möglich, wenn auchnicht immer gleichermaßen erfolgreich.Fatigue und andere körperliche Ursachen: Blutarmutoder Schilddrüsenunterfunktion kommen als Auslöser derFatigue infrage – ebenso wie ein Vitamin-D-Mangel. DieKombination von PBC und Fettleber kann die Müdigkeitebenfalls verstärken. Treten neben der Müdigkeit nochAtemprobleme und Schwindelgefühle beim Stehen auf, sosollte vom Arzt zur Sicherheit auch die Herzfunktion ge -prüft werden, denn auch Herzerkrankungen können sichdurch extreme Müdigkeit bemerkbar machen.Fatigue und Medikamente: Die Einnahme bestimmterMedikamente (z. B. Betablocker oder Antihistaminika)kann für die Müdigkeit verantwortlich sein bzw. diese ver-schlimmern.Fatigue, Psyche und soziales Leben: Die Art der Müdig -keit und Erschöpfung, wie sie Fatigue beschreibt, ist oftnur schwer zu vereinbaren mit einer aktiven Teilnahme amsozialen Leben. Depressionen treten häufiger auf, wobei

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nicht ganz klar ist, ob Depressionen für die soziale Abkap -se lung verantwortlich sind oder ob die soziale Isolation zudepressiven Verstimmungen führt. Gerade bei Fatigue istes wichtig, soziale Kontakte trotzdem soweit wie möglichaufrechtzuerhalten. Der Fatigue sollte möglichst mit einem ganzheitlichenBehandlungsansatz begegnet werden. Eine Strukturierungdes Tagesablaufs kann helfen, in dem abwechselnd aktivePhasen und Ruhephasen eingeplant und auch soziale Kon -takte, Familie und Freunde berücksichtigt werden. AuchBe wegung an der frischen Luft wird von vielen Betrof -fenen als positiv für den Umgang mit den Symp tomenempfunden. Zudem wirkt sie einem Vitamin-D-Mangelentgegen.

8.2 Juckreiz (Pruritus)

Juckreiz ist ebenfalls ein PBC-typisches Symptom. Auchhier kennt man die genaue Ursache nicht. Der Juckreizkann sich auf einzelne lokale Körperstellen begrenzen,aber auch den gesamten Körper betreffen. Die Symptomeverschlimmern sich häufig abends und nachts im Bett,was den Schlaf stören und die Tages müdigkeit verstärkenkann. Auch bei Kontakt mit Wolle oder anderen Textilien,Hitze oder auch durch eine Schwanger schaft ist eine Ver -schlechterung möglich. Zur Behandlung der Juckreiz -symptome können verschiedene Medikamente eingesetztwerden. Allerdings ist die Wirksamkeit z. T. umstritten undNebenwirkungen müssen in Kauf genommen werden.Der Wirkstoff Colestyramin soll Juckreiz auslösendeSubstanzen aus dem Körper „entfernen“ und somit denJuckreiz lindern. In der Regel ist das Medika ment gut ver-träglich; Neben wir kun gen im Darmtrakt sind möglich

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(Blä hun gen, Ver stop -fung, Durch fall).Kommt diese Be hand -lung nicht infrage, kannder Nutzen einer The -ra pie mit dem An ti bio -ti kum Ri fam pi cin mitdem Arzt ab ge wogenwerden; schwe re Neben-und Wech sel wir kun gensind al ler dings möglich.Auch Opioid anta go -nis ten (z. B. Naltre xon)können wirksam gegenden Juckreiz sein. Nachihrem Ab setzen können allerdings Entzugs erschei nungenauftreten.Hilft auch dies nicht, kann ein Versuch mit Sertralin(einem Antidepressivum) gestartet werden. Anti histaminika haben einen leicht betäubenden Charak -ter, können ebenfalls zur Juckreizlinderung eingesetztwerden und insbesondere bei Patienten mit gleichzeitigenSchlafstörungen hilfreich sein. Allerdings können sie auchzur PBC-bedingten Müdigkeit beitragen. Anti his ta minikasind ungeeignet für Patienten, die unter Tro cken heit derMund- und Augen schleimhäute leiden (Sicca-Syndrom):Dies wird durch die Anti histaminika noch verstärkt. Vom Einsatz von Lokal anästhetika (z.B. oberflächenbe-täubende Salben) auf einzelnen betroffenen Körperstellenwerden ebenfalls positive Effekte berichtet. SpezielleRezepturen kann der Arzt ver schreiben. Fibrate wirkten in Studien ebenfalls gegen den Juckreiz. Leiden Patienten sehr stark und andauernd an unstillbaremJuckreiz, kann in Ausnahmefällen als letzte Konse quenzeine Lebertransplantation in Betracht gezogen werden.

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8.3 Sicca-Syndrom (trockene Augen/ trockener Mund)

Trockene Augen und ein trockener Mund sind typisch fürdas Sicca-Syndrom, das ebenfalls zu den häufigen PBC-typischen Symptomen zählt. Leichte Formen könnendurch Erhöhung der Luftfeuchtigkeit gemildert werden –z. B. durch regelmäßiges Stoßlüften oder feuchte Hand -tücher auf der Heizung. Auch Trinken ausreichenderFlüssigkeitsmengen, Verzicht auf Rauchen, vitaminreicheKost und ausreichend Schlaf gehören zu den allgemeinenEmpfehlungen.Tränenersatzflüssigkeit in Form von Tropfen oder Gel kanndie Symptome im Auge gezielt lindern. Bei anhaltendenProblemen kann der Augenarzt Medikamente verschreiben,die die Tränenproduktion anregen. Ein positiver Ein flussvon Omega-3-Fettsäuren auf die Augen trocken heit wirddiskutiert. Omega-3-Fettsäuren müssen über die Nah rungzugeführt werden. Leinsamen und dunkle, fette Kalt was ser -fische gelten als natürliche Omega-3-Liefe ran ten. Alter -nativ kann Ihr Arzt Sie zu Ergänzungs prä paraten beraten.Patienten mit Mundtrockenheit wird empfohlen, denMund öfter mit Wasser zu spülen. Auch zuckerfreie Kau -gummis und Bonbons können den Speichelfluss anregen.Sind die Beschwerden stärker, gibt es Speichel ersatz -flüssigkeit – z. B. in Form eines Mundsprays. Einige Prä pa -rate enthalten zusätzlich Fluorid und Mineralien, um Ka -ries vorzubeugen. Tatsächlich steigt bei Mund trocken heitauch das Kariesrisiko an, da die natürliche Funktion desSpeichels fehlt. PBC-Patienten mit Sicca-Syndrom solltendeshalb besonders auf die Zahnhygiene achten: fluor -haltige Zahnpasta, tägliche Verwendung von Zahn seideund regelmäßige Zahnarztbesuche werden emp fohlen.Pilzbefall im Mund kann durch die Mundtrockenheitbegünstigt werden. Der Arzt kann dann spezielle Medi ka -

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8.4 Rheumatische Begleiterscheinungen

Rheumatische Beschwerden wie z. B. Muskel- und Gelenk -be schwerden können bei PBC ebenso wie bei anderen Auto - immunerkrankungen auftreten. Der Arzt kann ent zün dungs -hemmende Medikamente verschreiben, um diese Symp to mezu lindern. Die Wahl der Medi kamente ebenso wie Risikenund Nutzen sollten im Einzel fall besprochen werden, dadiese Substanzen auch die Leber schädigen können.

8.5 Fettstühle

Zu Fettstühlen kommt es, wenn Nahrungsfette vomKörper nicht mehr ausreichend gespalten und aufgenom-men werden können. Bei PBC-Patienten, die unter demSicca-Syndrom leiden, wird die Spaltung von Nahrungs -fetten im Körper beeinträchtigt. Fett wird über den Stuhlausgeschieden. Fettstühle (Steatorrhoe) sind lehmfarben,voluminös und haben einen unangenehm fauligenGeruch. Zusätzlich können Beschwerden wie Bauch -schmerzen, Völlegefühl oder Blähungen auftreten. AuchNeigung zu Durchfällen ist möglich.Wer unter Fettstühlen leidet, sollte den Fettgehalt derNahrung reduzieren – auf etwa 40 g Fett pro Tag. BeimKochen können sog. mittelkettige Fette (MCT-Fette; als Öl

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mente verschreiben. Trockene Lippen können mit Lippen -balsam auf Öl- oder Petroleumbasis gepflegt werden.Trockene Schleimhäute können auch den Intimbereichtreffen. Bei Trockenheit in der Vagina helfen speziellefeuchtig keitsspendende Cremes. Gleitmittel sind nichtfeuchtigkeitsspendend und daher nicht zur Behandlunggeeignet.

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oder Margarine erhältlich) verwendet werden. Auch einemedikamentöse Behandlung mit enzymhaltigen Medi -kamenten ist möglich.PBC-Patienten mit Fettstühlen sollten ihren Vitaminstatuskontrollieren lassen. Durch die PBC nimmt die Menge anGallensäuren im Darm ab, die für die Aufnahme von fett-löslichen Vitaminen benötigt werden. Ein Mangel an fett-löslichen Vitaminen äußert sich unterschiedlich. Vitamin-A-Mangel fördert Nachtblindheit, Vitamin-K-Mangelkann Blutgerinnungsstörungen hervorrufen und Vitamin-D-Mangel begünstigt Osteoporose und Fatigue. Bei denmeisten PBC-Patienten liegen allerdings keine relevantenMangelerscheinungen vor.

8.6 Osteoporose

Osteoporose (Knochenschwund) betrifft ebenfalls vielePBC-Patienten. Inwieweit allerdings das Risiko ursächlichdurch die PBC erhöht ist, ist durchaus umstritten. VielePBC-Betroffene sind Frauen mittleren Alters. DieAbgrenzung zu einer durch die Menopause bedingtenOsteoporose ist somit schwierig. Wenn Patienten bereitseine Leberzirrhose ausgebildet haben, ist das Osteo -poroserisiko aber eindeutig höher als in der Allgemein -bevölkerung.Ob eine Osteoporose vorliegt, sollte bei PBC-Patientendurch ein röntgenologisches Verfahren (DEXA) überprüftwerden. Wichtig ist auch eine jährliche Überprüfung desVitamin-D-Spiegels. Bei Bedarf können Vitamin-D- undCalcium-Präparate verschrieben werden. Ob weitere Me di -kamente wie z. B. Bisphosphonate für die Osteo po rosenot wendig sind, sollte mit dem Arzt besprochen werden.

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9. Impfungen bei PBC: Was ist sinnvoll, was erlaubt?Impfungen sind die effektivste Maßnahme zur Verhütungvon Infektionskrankheiten. In Deutschland werden offi-zielle Impfempfehlungen durch das Robert-Koch-Institutherausgegeben. Diese Empfehlungen beziehen sich aufgesunde Kinder oder Erwachsene. Patienten mit Auto immun erkrankungen wie PBC solltensich von ihrem Arzt über das Thema Impfen beraten las-sen. Dies gilt insbesondere für Patienten, die zusätzlichImmun suppressiva nehmen müssen: Hier dürfen keineLebend impfungen gegeben werden (mit abge schwäch ten,aber aktiven Erregern), also z.B. keine Impfstoffe gegenMumps, Masern, Röteln, Windpocken, Gelbfieber, aberauch einzelne Grippe impfstoffe. Totimpf stoffe (z. B. gegenHepatitis A und B, viele Grippe impf stoffe) enthalten keineaktiven Erreger, hier gibt es weniger Einschränkungen.Für alle Personen mit chronischen Lebererkrankungen giltdie Empfehlung, sich gegen Hepatitis A und Hepatitis Bimpfen zu lassen und so weitere Schädigungsquellen derLeber auszuschließen. Speziell bei der Hepatitis-B-Impfung wird empfohlen, den Impfstatus abschließendprüfen zu lassen, da fortgeschrittene Lebererkrankungendie Wirksamkeit der Impfung beeinträchtigen können.Jährliche Impfungen gegen Influenza (echte Grippe) unddie Pneumokokken-Impfung sind ebenfalls wichtig fürchronisch Leberkranke, da die Anfälligkeit für dieseErreger bei Leberkranken erhöht sein kann. All diese Impfungen werden von der Krankenkasse über-nommen. Gleiches gilt für Auffrischimpfungen vonTetanus und Diphtherie alle zehn Jahre.Wichtig: Informieren Sie den impfenden Arzt über dievorliegende PBC und über die Medikamente, die Sie ein-nehmen (insbesondere Immunsuppressiva).

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10. Ernährung: Was gibt es zubeachten?

Für Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, dienoch keine Einschränkung der Leberfunktion haben, wirdeine ausgewogene Ernährung empfohlen – die sogenann-te leichte Vollkost, die den Körper mit allen notwendigenNährstoffen versorgt. Auf persönliche Un verträglichkeitenvon Le bensmitteln sollte Rück sicht genommen werden.Von speziellen „Leber-Diäten“ oder „Leber-Kuren“ sollteman besser die Finger lassen. In der Praxis werden häufig ergänzende Vitamin-D-Prä -pa rate gegeben. Vitamin D kann nur sehr eingeschränktüber die Nahrung aufgenommen werden und Mangel er -schei nun gen können PBC-typische Symptome verstärken. Inwieweit zusätzliche Nahrungsergänzung z. B. mitOmega-3-Fettsäuren für PBC-Patienten sinnvoll ist, istnicht hinreichend geklärt. Diskutiert wird ein günstigerEffekt auf das Sicca-Syndrom (insbesondere Augen tro -ckenheit). Sprechen Sie am besten mit Ihrem behandeln-den Arzt, ob Zusatzpräparate sinnvoll für Sie sind. Auch für PBC-Patienten gilt: Übergewicht vermeiden oderabbauen. Übergewicht begünstigt die Entstehung einerFettleber, die wiederum negativen Einfluss auf denVerlauf der PBC (stärkere Schädigung der Leber) und diePBC-Symptome wie Müdigkeit haben kann.Wer hingegen stark an Gewicht verliert und sich kraftlosfühlt, sollte vom Arzt abklären lassen, ob eine Mangel -ernährung (z. B. Mangel an fettlöslichen Vitaminen) vor-liegt, die behandelt werden muss. Auch Fettstühle könnenzu Gewichtsverlust führen (siehe S. 31).Wichtig für alle Patienten mit Lebererkrankungen:Alkohol muss gemieden werden und auch der Verzichtaufs Rauchen wirkt sich positiv aus.

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- Bei Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen)sollte man keine scharfkantigen Speisen wie z. B. Knä -cke brot schlucken, um die Adern nicht zu verletzen.

- Falls Hirnstörungen durch Giftstoffe auftreten (Hepa -ti sche Enzephalopathie, HE), sollte zunächst nachUrsachen gesucht werden. Eine eiweißarme Diät wirdauch bei HE heute nur noch empfohlen, wenn dieseein deutig auf eine Eiweißunverträglichkeit zurück -geht. Da Eiweißmangel zum Muskelabbau führt, sollteEiweiß auch dann nur zeitlich begrenzt und unterärztlicher Beobachtung stark reduziert werden.Pflanz liches Eiweiß wird häufig besser vertragen alstierisches.

Wichtig ist bei Zirrhose allgemein, eine Unterversorgungzu vermeiden.

Patienten, die bereits eine fortgeschrittene Zirrhose ent-wickelt haben, sollten zusätzliche Ernährungsvorschriftenbeachten. - Bei Bauchwassersucht (Aszites) sollte auf Salzen ver-

zichtet und mit dem Arzt besprochen werden, wie vielFlüssigkeit pro Tag aufgenommen werden darf.

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11. Lebenswandel und Sport

Eine gut eingestellte PBC erfordert keinen speziellenLebens wandel. Vielmehr sollte die Frage nach derLebensqualität gestellt werden. Ausreichend Bewegung ander frischen Luft und leichte Ausdauersportarten könnendie Lebensqualität verbessern und stabilisierend auf diePsyche wirken. Die moderate Belastung kann außerdempositive Effekte auf die Entstehung von Osteoporosehaben.

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Sportliche Einschränkungen ergeben sich vor allem durchbegleitende Symptome. So sollten z. B. Patienten mitrheu matischen Beschwerden ein gelenkschonendes Trai -ning (z. B. Schwimmen) bevorzugen. Zirrhosepatienten mitKrampfadern in der Speiseröhre sollten stark anstrengendeTätigkeiten wie zum Beispiel Kraftsport vermeiden.Insbesondere für Patienten, die unter Fatigue und/oderSchlafstörungen leiden, kann eine Anpassung des Tages -rhythmus hilfreich sein. Auch soziale Kontakte solltennicht zu kurz kommen, wenn es um die eigene Lebens -qualität und Lebensfreude geht.

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12. PBC und soziales Umfeld

Die Unwissenheit in der Bevölkerung über Leber erkran -kungen ist groß. Viel zu oft werden Lebererkrankungenmit Alkoholsucht in Verbindung gebracht, viel zu oftsehen sich chronisch Leberkranke mit Vorurteilen kon-frontiert. Speziell bei der PBC sind es auch die Symptomewie Müdigkeit oder auch der quälende Juckreiz, die sichAußenstehenden nur schwer vermitteln lassen. Erwarten Sie nicht, dass Ihr Umfeld (Kollegen, Freunde,Familie) gut informiert ist. Wenn es Ihnen wichtig ist,müssen Sie die Initiative ergreifen und selbst über PBCund die Symptome aufklären. Sagen Sie z. B., dass PBCeine Autoimmunerkrankung ist, deren Entstehung nichtsmit Ihrem Lebenswandel zu tun hat. Sie können auch darauf hinweisen, dass PBC nicht ansteckend oder über-tragbar ist. Fordern Sie Personen in Ihrem Umfeld auf,Fragen direkt an Sie zu stellen.„Ich bin auch oft müde …“, „Geh doch mehr an die frischeLuft …“. Solche eigentlich gut gemeinten Kommentarehelfen nicht weiter. Falls Familie und Freunde Sie nichtverstehen, bitten Sie diese, sich über Fatigue oder andereSymptome der PBC zu informieren und so mehrVerständnis für Sie zu haben. Es gibt durchaus auch Ärzte, die Symptome wie Fatiguebei ihren Patienten nicht ernst genug nehmen und dieseals vermeintlich „psychisches“ Problem abtun. SprechenSie Ihren Arzt konkret auf die Behandlung der Beschwer -den an. In letzter Konsequenz bleibt Ihnen auch ein Arzt -wechsel. Tipp: Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus, dievermutlich ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie Sie.

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13. SelbsthilfeBetroffene für Betroffene – so das grundlegende Konzeptder Selbsthilfe. Speziell für PBC gibt es bundesweit eigeneKontaktstellen. Sie können die Adressen direkt über dieDeutsche Leberhilfe e. V. erfragen.Angeboten werden telefonische und persönliche Beratungzu Erkrankung, Behandlung sowie Leben und Alltag mitPBC. In einigen Städten finden regelmäßige Treffen von

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Selbsthilfegruppen statt, in der sich PBC-Erkrankte aus-tauschen und gegenseitig unterstützen. Bei der DeutschenLeberhilfe e. V. gibt es zudem eine Kontaktliste für PBC-Betroffene, die sich untereinander austauschen möchten.Weiterhin gibt die Leberhilfe einen jährlichen Newsletterfür PBC-Betroffene heraus.Wenn Sie hieran Interesse haben, kontaktieren Sie unsbitte: Telefon: 0221/28 29 980Fax: 0221/28 29 981E-Mail: [email protected] auf dem Postweg:Deutsche Leberhilfe e. V., Krieler Str. 100, 50935 Köln

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Die Deutsche Leberhilfe e. V. ist Gründungsstifter derDeutschen Leberstiftung: www.deutsche-leberstiftung.de

Deutsche Leberhilfe e. V.Spendenkonto:IBAN: DE95265522860000124800BIC: NOLADE21MEL

NachwortWir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser Broschüre einenÜberblick über die PBC verschaffen konnten. Bei weiterenFragen wenden Sie sich gerne an uns! Auch für Nicht-Mit -glieder bieten wir eine unverbindliche Erstberatung an:

Telefon: 0221/28 29 980Montag bis Donnerstag: 9–12 Uhr, 14–16 UhrFreitag: 9–12 Uhr

Noch etwas in eigener Sache: Die Deutsche Leber hilfee. V. ist als gemeinnütziger Verein auf Spenden und Mit -glieds beiträge angewiesen. Mit Spenden oder Ihrer Mit - glied schaft helfen Sie uns, unsere Bera tung auch wei ter -hin anzubieten und auszubauen. Mitglieder erhalten vier-mal im Jahr unsere Patientenzeitschrift „Lebens zeichen –Das Leber magazin“. Zu den Schwerpunkten der Zeitschriftgehört neben Virus hepatitis und anderen Erkrankungenauch die PBC. Zu dem können Mitglieder ohne Zusatz -kosten unsere Sonder hefte und Broschüren anfordernsowie regelmäßig unsere telefonische Beratung in An -spruch nehmen. Für komplexe Fragen steht den Mit glie -dern der Deutschen Leberhilfe e. V. auch unser medizini-scher Beirat zur Verfügung. Informationen zur Mitglied schaft erhalten Sie telefonischoder online unter www.leberhilfe.org/mitglied-werden/Ihr Team der Deutschen Leberhilfe e. V.

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Wenn Sie zu Lebererkrankungen weitere Fragenhaben, in Ihrer Nähe einen Leber spe zialisten odereine Selbsthilfe gruppe suchen, können Sie sichgerne an uns wenden.

Deutsche Leberhilfe e. V.Krieler Str. 100 – 50935 KölnTel.: 02 21/28 29 980 – Fax: 02 21/28 29 981www.leberhilfe.org – [email protected]

Wir danken der Firma Dr. Falk Pharma GmbH für dieFörderung dieser Broschüre.