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Seite1 Reisebericht über die Fahrt zum Dorfjubiläum "250 Jahre - ein Dorf in der Vojvodina 1765 - 2015 Kernya, Kernyaja, Kerény, Krnjaja, Kernei, Kljajićevo" vom 27.05.2015 - 4.06.2015 Die HOG Kernei unter der Leitung von Helmut Schmidt bot für das Jahr 2015 vom Mittwoch, den 27. Mai 2015 bis Donnerstag, den 4. Juni 2015 wieder eine Reise in die alte Heimat Kernei an. Diese Reise stand unter dem Motto: "250 Jahre - ein Dorf in der Vojvodina". Dieser Reise ging, im Unterschied zu anderen Reisen nach Kernei zuvor, eine einjährige Pla- nungsphase mit Vertretern des Gemeinderats von Kljajićevo voraus. Eingebunden in die Vorberei- tung waren das Bürgermeisteramt von Sombor, Herr Beck als Vorsitzender des Gerhard-Werkes von Sombor, der Gemeinderat von Kljajićevo so- wie der Bischof von Subotica und die örtliche Pfarrei der serbisch-orthodoxen Kirche von Kljajićevo. Zunächst wurde ein gemeinsames Symbolbild mit dem Gemeinderat in Kljajićevo (Er- innerung - Begegnung- Freundschaft) vereinbart. Dieses Bild gestaltete die bekannte Künstle- rin und Malerin Hilde Reiser aus Stuttgart, die in zahlreichen Kirchen neben Bildern auch Kreuz- wege gemalt hat. Die drei Aspekte Erinnerung - Begegnung - Freundschaft sollten von den heu- tigen Dorfbewohnern und den Reisenden erkannt und später auf der Reise erlebt werden. Auf dieser Reise gab es also Orte der Erinnerung, Stätten des Gedenkens, Orte der Begegnung und Orte der Freundschaft. Wir trafen uns am Mittwoch, den 27. Mai 2015, vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Auf der Fahrt nahmen wir in Ulm und München weitere Mitreisende auf. Weiter ging es über Salzburg, Linz, an Wien vorbei zur ungarischen Grenze, dann nach Györ, wo wir im Hotel Wesselenyi unser ge- meinsames Abendessen einnahmen und übernachteten. Hier fand beim gemütlichen Beisam- mensein ein näheres Kennenlernen der Reiseteilnehmer statt. Am Donnerstag, den 28. Mai 2015, fuhren wir nach dem Frühstück weiter auf der Autobahn an Budapest vorbei nach Kalocsa. Nach dem köstlichen Mittagessen in der katholischen Schul- mensa traten wir die Weiterfahrt nach Baja zur serbischen Grenze bei Herczegszántó an, da- nach ging es weiter nach Sombor zu den Hotels Piccolina und Kronic. Mittlerweile trafen auch die mit eigenen PKWs angereisten Kernerinnen und Kerneier ein und schlossen sich unserem Abendessen an.

Reisebericht über die Fahrt zum Dorfjubiläum 250 Jahre ...hog-kernei.de/PDF/Reisebericht 2015.pdf · (von links Davor Šmalc, Branka Vuletić, Zoran Ćujić, Rade Ćujić, Dejan

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Reisebericht über die Fahrt zum Dorfjubiläum "250 Jahre - ein Dorf in der Vojvodina 1765 - 2015

Kernya, Kernyaja, Kerény, Krnjaja, Kernei, Kljajićevo" vom 27.05.2015 - 4.06.2015

Die HOG Kernei unter der Leitung von Helmut Schmidt bot für das Jahr 2015 vom Mittwoch, den 27. Mai 2015 bis Donnerstag, den 4. Juni 2015 wieder eine Reise in die alte Heimat Kernei an. Diese Reise stand unter dem Motto: "250 Jahre - ein Dorf in der Vojvodina". Dieser Reise ging, im Unterschied zu anderen Reisen nach Kernei zuvor, eine einjährige Pla-nungsphase mit Vertretern des Gemeinderats von Kljajićevo voraus. Eingebunden in die Vorberei-tung waren das Bürgermeisteramt von Sombor, Herr Beck als Vorsitzender des Gerhard-Werkes von Sombor, der Gemeinderat von Kljajićevo so-wie der Bischof von Subotica und die örtliche Pfarrei der serbisch-orthodoxen Kirche von Kljajićevo. Zunächst wurde ein gemeinsames Symbolbild mit dem Gemeinderat in Kljajićevo (Er-innerung - Begegnung- Freundschaft) vereinbart. Dieses Bild gestaltete die bekannte Künstle-rin und Malerin Hilde Reiser aus Stuttgart, die in zahlreichen Kirchen neben Bildern auch Kreuz-wege gemalt hat. Die drei Aspekte Erinnerung - Begegnung - Freundschaft sollten von den heu-tigen Dorfbewohnern und den Reisenden erkannt und später auf der Reise erlebt werden. Auf dieser Reise gab es also Orte der Erinnerung, Stätten des Gedenkens, Orte der Begegnung und Orte der Freundschaft. Wir trafen uns am Mittwoch, den 27. Mai 2015, vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Auf der Fahrt nahmen wir in Ulm und München weitere Mitreisende auf. Weiter ging es über Salzburg, Linz, an Wien vorbei zur ungarischen Grenze, dann nach Györ, wo wir im Hotel Wesselenyi unser ge-meinsames Abendessen einnahmen und übernachteten. Hier fand beim gemütlichen Beisam-mensein ein näheres Kennenlernen der Reiseteilnehmer statt.

Am Donnerstag, den 28. Mai 2015, fuhren wir nach dem Frühstück weiter auf der Autobahn an Budapest vorbei nach Kalocsa. Nach dem köstlichen Mittagessen in der katholischen Schul-mensa traten wir die Weiterfahrt nach Baja zur serbischen Grenze bei Herczegszántó an, da-nach ging es weiter nach Sombor zu den Hotels Piccolina und Kronic. Mittlerweile trafen auch die mit eigenen PKWs angereisten Kernerinnen und Kerneier ein und schlossen sich unserem Abendessen an.

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Nach der Zimmerbelegung und Erkundung der neuen Umgebung fuhren wir mit dem Bus zum Dida Hornjakov Salaš in Sombor. Auf diesem Salaš an der Somborer Stadtgrenze hatte Herr Beck für uns ein Abendessen bestellt. Im Hauptgebäude eines Bauernhofes, der im Jahre 1901

gebaut wurde, befinden sich zwei Ausstellungsräume. Die alte Scheune dient als Atelier und Ausstellungsraum für das Kunsthandwerk. Mit unterschiedlichen Schnapsarten wurden wir freundlich begrüßt und zur Besichtigung des Anwesens eingeladen. Wir sahen ein Handar-

beitszimmer mit ausgestellten Handarbeiten (Handge-stricktes und Gehäkeltes, Malereien, Tonarbeiten, Glas-malerei und andere kunsthandwerkliche Gegenstände).

Ein typischer Hausgang, wie er in den Kolonistenhäusern der damaligen Zeit vorzufinden war, führte uns zu einer nach altem Vorbild mit alten Möbeln gestalteten Wohnstube sowie zu einem Schlafzimmer. Nach der Besichtigungstour erwartete uns das Abendessen in einem wunder-schönen, großen, hellen, abgerundeten Saal mit sichtbaren Dachbalken. Dieser war rings her-um mit Fenstern versehen und ermöglichte so einen Rundumblick auf die umliegenden Felder des wirtschaftlichen Teils des Salašs. Alles, was wir hier an Köstlichkeiten genießen konnten, stammte aus hauseigener Produktion.

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Herr Beck stellte uns im Laufe des Abends den Fotografen Dragojub Zamurović vor. Er wurde 1947 in Niš (Serbien) geboren. Nach seinem Abschluss an der Fakultät für Architektur an der Universität Belgrad verfeinerte er seine Kunst durch ein Aufbaustudium in Fotografie an der Fakultät für Angewandte Kunst. Er hat sowohl im Inland als auch im Ausland viele Auszeichnungen für seine Foto-grafien erhalten. Er ist Autor von mehreren fotografischen Monographien, die in Großbritannien, Deutschland, Italien, den Vereinigten Staaten, Serbien, Montenegro, Bosnien und Japan veröffentlicht wurden. An diesem Abend schenkte er den Gästen eine fotografische Monographie zum Thema Vojvo-dina. Wer sich weitere beeindruckende Fotografien von ihm ansehen will, findet diese auf seiner Webseite. Das Ende dieses Abendessens wurde sogar noch durch einen schönen Sonnenuntergang ge-krönt. Unser Bus brachte uns wieder sicher in die Hotels zurück, wo der Abend nach freier Ver-fügung gestaltet werden konnte. Am Freitag, den 29. Mai 2015, besuchten wir zunächst in Sombor das „Haus der Versöhnung“, welches auch Sitz des Gerhardswerks ist. Dort stellte uns der Vorsitzende, Herr Beck, seine Mit-arbeiterinnen vor. Diese zeigten uns nach einem sehr freundlichen Empfang das Haus. In einem Power-Point-Vortrag stellten sie uns Organisation, Finanzierung, Aufgaben, Projekte und Hinder-nisse sowie die Bedeutung dieser Einrichtung für die deutschstämmigen Mitbürger von Sombor und Umgebung dar.

Nach einer anschließenden kleinen Erfrischung war vorgesehen, das Denkmal in Kruschiwl zu besuchen. Da es in den Tagen zuvor in dieser Region erheblichen Niederschlag gegeben hat-te, war es nicht möglich, unsere Gedenkfeier direkt am Denkmal in Kruschiwl abzuhalten. Aus

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diesem Grund verlegten wir unsere Gedenkfeier auf die Straße vor den Grundmauern und Rui-

nen der ehemaligen katholischen Kirche in Kruschiwl. Nach ein paar einleitenden Sätzen des Vorsitzenden der HOG Kernei, Helmut Schmidt, stimmte Frau Berberich das Kirchenlied: "Wo-hin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücken?" an. Gemeinsam sprachen wir das Friedensgebet: "Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens". Zum Abschluss legte Herr Schmidt zum Gedenken an das Leid, das die internierten und dort verstobenden Kerneierinnen und Kerneier erdulden mussten, ein Blumenbuquet auf der Grundmauer des Kir-che nieder. Wir bestiegen den Bus und Herr Beck geleitete uns zum Friedhof in Gakowa, wo unsere Ker-neier Lageropfer in den Massengräbern ruhen. Am Denkmal legten wir ein Blumenbuquet nie-der. Herr Schmidt sprach folgendes Gebet: "Im Gebet gedenken wir nun aller unserer Opfer, die auf der Flucht gestorben sind, die in Kernei auf grausame Weise ihr Leben verloren haben, die in der Verschleppung nach Russland in fremder Erde verscharrt wurden, die in Kruschiwl, Gakowa und in den anderen Todeslagern in Massengräbern ruhen und wir gedenken aller un-serer Soldatenopfer, die an der Front gefallen oder aus der Gefangenschaft nicht heimgekehrt sind". In Gakowa wurde 2005 auf dem Friedhof ein Denkmal errichtet.

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Auf dem Gedenkstein ist zu lesen: „Hier ruhen unsere donauschwäbischen Mitbürger. Sie werden für immer in unseren Herzen sein. Mit der Er-richtung des Kreuzes gedenken wir ihrer in Würde und Ehrfurcht. Die Donauschwaben stammten von den Ko-lonisten ab, die im 18. Jahrhundert von den Habs-burgern in der panonischen Ebene angesiedelt wur-den.“

Nun waren alle gespannt, was uns in Kernei/Kljajićevo erwartete. Mit dem Bus fuhren wir übers Bahngleis durch die Zwerchenreihe und bogen in die Kirchen-gasse ein. Bald darauf erblickten wir die Kirche. Vor der Kirche wurden wir von Rade Ćujić und einer gro-ßen Anzahl von Mitgliedern des Gemeinderates sehr freundlich empfangen.

Als wir aus dem Bus ausgestiegen waren, strömten alle in die Kirche. Der jetzige Pope, Bosko Simic, be-grüßte die Kirchenbesucher und verteilte anschließend Ansichtskarten von Kljajićevo. Nach einer kurzen Zeit gingen wir die Bahngasse hinauf, kreuzten die Böh-menreihe und kurz danach sahen wir zwei Mädchen in

serbischer Tracht. Die Mitreisenden waren von dem Anblick sehr angetan. Rade Ćujić forderte uns in seiner Begrüßungsgeste auf, ein Stück Brot und Salz zu neh-men. Nebenbei führten Medienvertreter mit einzelnen Gästen Interviews in ungarischer Sprache durch. Herr Rade Ćujić , der Ortsvorsteher, bat uns dann in einen großen, farblich sehr ansprechend gestalteten, hohen Festsaal, der für uns von der Familie Juras bereitge-stellt und vorbereitet war. Die Familie Juras war eben-falls für die Vorbereitung und Zubereitung des Mittag-essens verantwortlich. Als alle Besucher sehr beein-druckt an den vorgesehenen zwei Tischreihen Platz genommen hatten und auch die anderen privat ange-reisten Gäste (Josef Elter, Jakob und Tochter Gärtner, Katharina Spöri, Dieter Jerg, Nikolaus Müller, Attila Si-mon, Zoltan Schmidt, Imre Toth, Herr und Frau Be-ditsch, Herr und Frau Gärtner, Gisela Haubrich, Johann Beditsch und Josef Beditsch, Hans Geissinger, Herr

und Frau J. Geissinger) eingetroffen waren, wurden wir nochmals von den Gemeinderäten der Gemeinde Kljajićevo sehr freundlich begrüßt. In seiner Ansprache hob Herrn Ćujić die guten Beziehungen zur HOG Kernei hervor. Er freue sich, anlässlich der 250 Jahre nach der Grün-dung des Dorfes die Reisegruppe der Heimatortgemeinschaft Kernei begrüßen zu dürfen. Für ihn sei es wichtig, - dass sich die heutige Gemeinde mit den früher in diesem Ort lebenden

(von links Davor Šmalc, Branka Vuletić, Zoran Ćujić, Rade Ćujić, Dejan Momčilović, Dejan Nikšić, Petar Ivanović - Übersetzer, Dušan Vujašković )

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Menschen freundschaftlich treffen könnten und er hoffe, dass sich die Beziehungen noch weiter entwickeln mögen. Er wünschte uns für die Tage viele schöne Erfahrungen. Anschließend sprach der Pope Bosko Simic das Tischgebet. Im Anschluss wurde von der Familie Juras und zwei Bedienungen ein wohlschmeckendes Mittagessen serviert. Als ich mich umsah, erblickte ich sehr zufriedene Gesichter.

Nun gab es aber kein Halten mehr und alle strömten in das Dorf, um ihre Freunde, Bekannten und Verwandten zu besuchen, die Orte aufzusuchen, wo sie geboren wurden, hart arbeiteten oder sich als Kinder oder Jugendliche aufhielten und ihre freie Zeit verbrachten, oder auch die Lagerzeit oder die Vertreibung erleben mussten. Wer wollte, konnte sich mit den bereitstehen-den Kutschen durch das Dorf fahren lassen. Ein von Vielen begangener Weg führte vom Kalva-rienberg über den jüdischen Friedhof zur Ruine der Stöckelkappelle. Dort mussten wir feststellen, dass der Zerfall der Stöckelkapelle rapide fortschreitet und dass diese nur noch aus einem Eckteil von zwei Wänden besteht. Weiter führte uns der Weg auf dem Höhenrücken zum ehema-ligen Kerneier Friedhof mit der Rochuskapelle, die sich noch in dem bekannten, ebenfalls ruinen-haften Zustand befindet. Weiter ging es über den sanierten Hauptweg an der Rochuskapelle hin-unter zur Ungarngasse. Überall, wo man an die Tür klopfte - so die übereinstimmenden Aussa-gen der Mitreisenden - begegnete man freundlichen Menschen, die einen mit den besten Köst-lichkeiten des Hauses bewirteten. Wenn man alte Häuser der früheren Ansiedlung suchte, war es durch die baulichen Veränderungen schwieriger geworden, die ehemalige Bebauung zu rekon-struieren. Auch stehen viele alte Lehmhäuser leer. Da sich niemand darum kümmert, verfallen diese so nach und nach. Die Kirche ist in einem wahrlich jämmerlichen Zustand, obwohl sich die serbisch-orthodoxe Gemeinde um dem Erhalt sehr bemüht. In der Böhmenreihe, so meinten manche, stehen noch viele Häuser, die mit Hausschmuck verziert und gut erhalten sind. Am späten Nachmittag trafen wir uns wieder vor der Kirche am Bus und fuhren nach Apatin. Wer wollte, konnte sich noch vor dem Abendessen die Fußgängerzone von Apatin ansehen -vielleicht gab es auch dort noch so manches Eis.

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Herr Anton Beck hat für uns in der "Zlatna Kruna" (Goldene Krone) wie in den vergangenen

Jahren Tische reservieren lassen. Als dann die Kessel auf den Tisch gestellt wurden, war das Warten auf das Abendessen mit Fischpaprikasch oder anderen Spezialitäten des Restaurants am Donauufer vorbei. Ein stimmungsvoller Sonnenuntergang krönte den Tag und die abendli- che Stimmung.

Am Samstag, den 30.5.2015, fuhren wir zur heiligen Messe in die Kerneier Kirche. Der schlechte Zustand der Kirche wurde für alle offensichtlich. Der Zahn der Zeit hat sehr am Außenputz, dem Mauerwerk, der Regenwasserentsorgung, dem Dach, den Fenstern und Türen von außen genagt. Mit großem Aufwand hat die orthodoxe Kirchengemeinde die lockeren Stuckteile, Simse und Reliefs in einer vor kurzem durchgeführten Aktion beseitigt und das Dach des Kirchen-schiffs an der Turmseite mit Platten neu gedeckt. Durch die Eigentumsfrage gelingt es der jetzigen Nutzerin, der ser-bisch-orthodoxen Kirche nach Aussagen des Popen Bosko Simic nicht, Mittel der Gemeinde oder/und durch den Vertre-ter der katholischen Kirche, des Bischofs von Subotica, zu erhalten, um die nötigen Reparaturen durchführen zu kön-nen. Man kann sich vorstellen, dass das Gebäude bei weite-rem Verfall bald nicht mehr als verkehrssicher bezeichnet werden kann. Betritt man die Kirche, verbreiten die immer noch gut erhalte-nen und kontrastreichen Wandgemälde und Deckengemälde das Flair der Kerneier Zeit. Die Kerneier früherer Zeit hatten in ihrer Kirche eine sehr umfangreiche Kirchenausstattung (Fahnen, Statuen und Gemälden usw.). Leider sind erwar-tungsgemäß beim Aufenthalt in der Kirche nun deutliche Veränderungen im Altarbereich erkennbar geworden, die aus

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liturgischen Gründen in der serbisch-orthodoxen Kirche von Bedeutung sind. Schmerzlich wurde von unseren Landsleuten festgestellt, dass das Taufbecken nicht mehr am ursprünglichen Platz steht (neben dem Sakristeieingang), sondern demontiert wurde und auf der Empore zwischenge-lagert ruht. Dennoch bietet der Kirchenraum immer noch die ruhige Atmosphäre für religiöse Me-ditation oder, um sich eine Zeit des Nachdenkens zu nehmen. Mit einem Liedblatt versehen feierten die Mitreisenden und die eingeladenen ortsansässigen Kerneierinnen und Kerneier die heilige Messe - auch im Bewusstsein der kirchengeschichtlichen Vergangenheit der katholischen Kirche in diesem Ort.

(von links Ministrant, Pfarrer Dr. Endre Horvath, Msgr. Josef Mioc, Pfarrer Josef Vogrinc, im Hintergrund Jakob Gärtner)

Gemeinsam wurde das Festhochamt durch die Präsenz der Hauptzelebranten Msgr. Josef Mioc und den päpstlichen Prälat und Rektor des Paulinum-Seminars in Subotica sowie die konzeleb-rierten Pfarrer Josef Vogrinc aus Hodschag und Dr. Endre Horvath, Pfarrer in Csonopel, dem Anlass entsprechend würdig gefeiert. Ihnen gilt unser herzlicher Dank! Die Kirche wurde im Vor-feld des orthodoxen Altarraumes gehalten und die Gesänge der Kirchengemeinde wurden durch ein eigens herangeschafftes Harmonium begleitet. Der 89jährige Jakob Gärtner spielte, wie er es als 15jähriger auf der Kerneier-Orgel auch schon getan hatte, und bereicherte den Verlauf der Heiligen Messe dadurch sehr. Pfarrer Josef Vogrinc aus Hodschag hielt eine sehr würdige Pre-digt. Er hob hervor: "Der Heilige Geist schenkt Leben, er belebt Mutlose und Ängstliche, wenn sie ihn bitten. Wer den Geist Gottes wirken lässt, der kann nicht gleichgültig bleiben. Der Geist for-dert von uns, dass wir anderen helfen, dass wir Frieden stiften, wo Streit ist, dass wir anderen verzeihen und nicht zurückschlagen." Im weiteren Verlauf seiner Predigt stellte er die Schwierig-keiten des Menschen beim Zeugnisgeben fest: "Die Sprache, mit der wir ein Geschehnis darstel-len, verhüllt vieles und verschleiert einiges. Deswegen benutzen wir Bilder und Worte, um die Eindrücke unserer Wahrnehmung darstellen zu können. Diese verstehen aber nicht alle sofort und manches wird als unauflösbarer Widerspruch interpretiert." Zur Wandlung selbst mussten die

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Gottesdienstbesucher nicht auf ein - wenn auch bescheidenes - Geläut der großen Glock ver-zichten. Nach dem Festhochamt sind wir alle zusammen in den Bus eingestiegen mit dem Ziel, den Friedhof zu besuchen. Wir hielten in der Ungarngasse und mit ein paar Schritten standen wir vor

dem ehemaligen Friedhof, um der dort beerdigten Kerneier zu gedenken. Auf dem Friedhof er-warteten uns zwei Vertreter der Gemeindeverwaltung Sombor. Wir wurden herzlich begrüßt. Die Gemeindevertreter stellten uns das Projekt der Friedhofsanierung vor, das in der Zusam-menarbeit mit Herrn Anton Beck dazu führen soll, dass der Friedhof von dem gesamten Ge-strüpp befreit wird. Anlässlich des Jubilä-umsfestes hatte die Stadt Sombor zunächst den Hauptweg zur Kapelle (Rochuskapelle) auf einer Breite von 15 m vom Gestrüpp be-freien lassen. Langfristig ist geplant - von unten gesehen rechts neben der Kapelle - eine Betonplatte anzulegen, auf der die ge-fundenen Grabsteine fest einzementiert auf-gestellt werden sollen. In der Tat, der Hauptweg zur Friedhofskapel-le (Rochuskapelle) war nach 70 Jahren komplett von Hecken und Gestrüpp befreit worden. Und an der Stelle, wo die Kinder-gräber früher waren, hatte Herr Beck ein großes Holzkreuz aufstellen lassen. Die frei-gelegten Grabstätten waren dadurch sicht-bar geworden. Alle Besucher machten sich auf den Weg, die Grabsteine ihrer Vorfahren zu finden. Es wurden die Formen der Grab-steine bewundert, Namen gelesen und mit-einander über die Erinnerungen aus früherer Zeit gesprochen. Hauptfrage war: Wer weiß noch, wo die Familiengräber, Grabsteine der Vorfahren zu finden sind? Leider gibt es kei-nen offiziellen Friedhofsplan. So suchten wir einzeln den Friedhof nach bekannten Na-men ab. Die HOG Kernei lud Herrn Rade Ćujić , den Ortsvorsteher, die Gemeinderatsmitglieder, Mit-glieder der Verwaltung von Kljajićevo, den Popen und Herrn Anton Beck ein zweites Mal in den großen, farblich sehr ansprechenden Festsaal zum gemeinsamen Mittagessen ein. Wieder gab die Familie Juras für etwa 90 Personen ihr Bestes und servierte uns wieder ein wohlschme-ckendes Mittagessen. Nun war Zeit für eine Begegnung mit den ortsansässigen Einwohnern und auch mit der Kultur von Kljajićevo im Kulturhaus in einem sehr komprimierten Programm.

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Das Kulturhaus war voll be-setzt. Zur Einstimmung wurden Bilder von Menschen vom Ort und Gebäuden aus früheren Zeiten auf eine Leinwand proji-ziert. Mittlerweile traf der Bür-germeister von Sombor, Sascha Todorovic, ein und begrüßte die Anwesenden ganz herzlich.

Herr Rade Ćujić führte durch das Programm. Es folgten sehr engagierte Darbietungen. Der Verein "Djurdjevak Kljajićevo" und "Petrova Gora Kljajićevo" (Frauengesangsgruppe) haben mit ihrem Tanz und den Gesangsstücken ein wirklich interessantes Re-pertoire an Folklore vorgetragen. Wir erlebten weite-re Gesangs- und Theaterstückaufführung, die von Schulkindern und Erwachsenen vorgetragen wur-den. Ein Kinderchor der Schule unter der Leitung der Musiklehrerin sang serbische und deutsche Lieder. Aus der Schule wurde noch eine spielerische Pup-peninszenierung mit selbst gemachten Figuren vorge-führt: "Wie gute Mächte die bösen Mächte überwälti-gen und besiegen!" Alle Anwesenden im vollen Kul-turhaus waren begeistert und spendeten den Akteu-ren viel Applaus. Die Leiterin der Kindertanzgruppe stellte zum Schluss dar, wie schwierig ihre Arbeit ist, da sie nicht über ausreichende Finanzmittel verfügen, damit alle Kinder zu einem europäi-schen Tanzfestival nach Spanien fahren können. Nach der wunderbaren Aufführung wurde in der Rei-segruppe spontan gesammelt, so dass dadurch 3 weitere Kinder die Möglichkeit bekamen, am Tanz-festival teilnehmen zu können.

Am Ende dieser Veranstaltungsreihe ergriff der Vor-sitzende der Heimatortgemeinschaft Kernei, Hel-

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mut Schmidt, das Wort. In Anwesenheit des Bürgermeisters Sascha Todorovic überbrachte Herr Schmidt einen kleinen Umschlag. Dazu erzählte er die Geschichte der Aussöhnung zwi-schen Deutschland und Frankreich als gelungenes Modell für den Versöhnungsgeist Europas. Die Übergabe des Umschlags war einerseits verbunden mit dem Dank, dass er sich für die Friedhofsanierung persönlich eingesetzt hat und andererseits verbunden mit der Hoffnung, dass Sascha Todorovic diesen Ort Kljajićevo weiterhin so positiv und tatkräftig unterstützen möge.

Am Abend fand die Aufführung "Szenen mit Mario-netten" von Helmut Schmidt im Kulturhaus statt. Das gemischte Publikum ließ sich von der Illusion, die durch die einzelnen Figuren ausgelöst wurde und die im Hintergrund spielenden Melodien sehr be-geistern. Der Conférencier Alfred stellte im Laufe seines Programms bemerkenswerte Solisten vor, die auf Geige, dem Akkordeon und dem Klavier spiel-ten, Sänger und Sängerinnen, denen es mal wieder um das Thema Liebe ging, und Trickmarionetten, die die Zuschauer begeisterten. Anschließend organisierte Davor Smalc für die Rei-segruppe in Kljajićevo in einem kleinen Restaurant

ein kleines Abendessen. Dabei wurde viel über die Kulturangebebote und die Begegnungen des Tages gesprochen. So klang der zweite Tag in Kernei harmonisch aus und wir fuhren voller positiver Eindrücke wieder in die Hotels zurück. Am Sonntag, den 31. Mai 2015, fuhren wir nach dem Frühstück nach Apatin zur Pilgerkirche. Herr Boris Masic empfing uns und beschrieb seinen Auftrag, den er hier durch die Ausstellung

dokumentieren will. Vor 12 Jahren gründete er in Apatin den deutschen Verein. Ihm ist es schon lange sehr wichtig, so hob er hervor, sich um das donauschwäbische Kulturerbe zu kümmern. Er beschreibt die Devastierung (Zerstörung oder Verwüstung) von einzelnen Kirchenbauwerken. Sein Ziel ist es, die Gegenstände als Kulturzeugnisse zu sichern, um sie dann auch auszustellen. Sehr lange arbeitete er in den Kirchenarchiven deutscher Ortschaften. Erkenntnisse und Funde hat er in dieser Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf den Pilgeremporen zeigte er uns seine Ausstellung und die Sammlung donauschwäbischer Kirchenfunde. Ein Teil der Bü-cher und Dokumente (einige sind von unschätzbarem Wert!), einige Exponate (Bibeln, Messge-

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wänder, Messutensilien, Fahnen, Musikinstrumente, Statuen, eine Sammlung von Kom-munionbildern und mehr) sind schon in einem Teil der Kirche ausgestellt. Herr Masic beschrieb, wie mühevoll diese Arbeit ist und bedauerte, dass er von kirchlicher Seite nicht die erhoffte Un-terstützung erhält. Sein mühevolles Suchen wurde 2013 im Zusammenhang mit dem Orgelaus-bau durch den Fund der zerbrochenen Buntglasfenster in der Kerneier Kirche belohnt. Mit einer kleinen Spende bedankten wir uns für den engagierten Vortrag bei Herrn Boris Masic. Nun stiegen wir in den Bus und fuhren über Tschinopl nach Kernei. Wir parkten an der Teletschka. Nun gingen wir die "2. Hohl" - wie die Bergdurchfahrt früher genannt wurde - hinauf auf das Kösegifeld. Oben angekommen erwartete uns schon Rade Ćujić und führte uns zur Vereinigung der Winzer und Obstbauern "Visovi". Unter Weinreben standen Tische und Bänke.

Auf der rechten Seite wurde ein Schwein gegrillt. Bilder waren zu einer Ausstellung zusammen-gestellt und einige Künstlerinnen und Künstler malten an ihren Werken. Erzeugnisse des Ortes, Wein und Schnaps standen zum Probieren bereit. Ein ganz besonderes Augenmerk fiel auf den italienischen Künstler Antonio, der auf seiner Flöte anregende Melodien spielte.

Es war eine wahrlich sehr anregende Künstlerkolonie, die sich bereits die ganze Woche hier zu einem Künstlermeeting getroffen hatte.

Wir gingen wieder die "2. Hohl" hinunter zum Bus, stiegen ein und fuhren zu unserem 3. Mittag-essen in Kernei. Diesmal wurden wir von Rade Ćujić zum Schweinespießbratenessen eingela-den. Wiederum haben wir uns in dem schönen, sehr ansprechend gestalteten Saal zum ge-meinsamen Mittagessen zusammengefunden. Familie Juras mit den Bedienungen gab wieder ihr Bestes und servierte uns den wohlschmeckenden Schweinespießbraten. Als Abschluss gab es einen sehr guten Tortennachtisch. Nachdem alle fertig gespeist hatten, ergriff Helmut Schmidt das Wort. Er bedankte sich für die nicht zu überbietende Gastfreundschaft, die überall erfahren wurde, die vielen freundlichen und

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intensiven Gespräche mit den Einwohnern bei allen und ins-besondere bei den Mitgliedern der Vereine, die dazu beige-tragen hatten, diese 3 Tage zu ermöglichen. Er drückte seine Freude über das spürbare Engagement des Gemeinderats für Freundschaft, Begegnung und Zusammenarbeit mit den ehemaligen Einwohnern und deren Nachfahren aus. Herr Schmidt übergab Herrn Rade Ćujić als Dankeschön für die Planung und Organisation einen Geschenkkorb mit Speziali-täten aus Deutschland, den Andrea Oswald zusammenge-stellt hatte. Herr Rade Ćujić bedankte sich und lud alle ein, bald wieder zu kommen, damit diese Freundschaft am Leben gehalten wird.

Nach dem Mittagessen wurden wir noch von Herr Dušan Vujašković zur Präsentation „Rubac“ auf dem Marktplatz eingeladen. Der Frauenverein in Kljajićevo hatte auf dem Marktplatz traditi-

onelle Gerichte vorbereitet. Die Mitglieder des Vereins präsentierten ihre selbst hergestellten Produkte an kleinen Ständen auf dem Marktplatz hinter der Kirche (wo früher die alte Schule stand). Hier bot sich ein vielfältiges Bild von tradi-tionellen Angeboten (Wein, Schnaps, Marmelade, Strickwaren aller Art, Spitzen, gestickte Tischde-cken mit wunderschönen Rosenmotiven). Insbe-sondere wurden traditionelle Spezialitäten an ei-nem offenen Ofen gekocht und gebacken. Da wir

gerade erst vom Mittagessen kamen, war die Bereitschaft, diese Köstlichkeiten aus-auszuprobieren nicht besonders groß. Ich hoffe, die Mitglieder des Frauenvereins hatten dafür Verständnis.

Da wir vor dem Abendessen Zeit noch hat-ten, beschlossen wir außerplanmäßig zum Wallfahrtsort Doroszló (ungarische Ortsbe-zeichnung) zu fahren. Manchen war dieser Wallfahrtsort noch aus der Kinder- bzw. Jugendzeit bekannt. Die Kerneier katholi-sche Jugend und ältere Menschen pilgerten regelmäßig zu dieser Kirche. Der Wall-fahrtsort Doroszló löste 1920 Mariagyüd

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nach der Trennung der Batschka von Ungarn ab. Der heutige Pfarrer in Doroszló, Verebélyi Árpádin, nahm sich Zeit und erklärte der Kerneier Gruppe die Bedeutung dieses Ortes und der heiligen Quelle.

Als früher die Pilgergruppe von Kernei losging, so wird erzählt, wurde sie vom Geistlichen bis zum Ortsende Kerneis begleitet. Dann ging es zu Fuß in Kleinstapar über die Kanalbrücke, durch Stapar nach Doroszló. Auf die mitfahrenden Pferdefuhrwerke sind meistens nur die älteren oder gehbehinderten Pilger aufgestiegen. Doroszló war aufgrund der heiligen Quelle ein Anziehungs-punkt. Diese Quelle ist heute in einem Brunnen gefasst. Doroszló ist und war ein Ort für Bittgebe-te, die von Menschen mit großen Sorgen abgelegt wurden. In Doroszló konnte man bei den Fa-milien in einem Zimmer oder in Nebenräumlichkeiten übernachten. Bei schönem Wetter schliefen viele auch im Freien bei Pferd und Wagen. Im Kerneier Heimatblatt Jahrgang 43/2000 Seite 22 kann man das Programm einer Wallfahrt nachlesen. Auf der Rückfahrt nach Sombor führte uns Herr Beck in das Rathaus, zeigte uns den Sitzungs-saal, in dem der Rat der Dörfer tagt. Sehr beeindruck waren wir vom wandfüllenden Gemälde, das die Konfrontation der Habsburger mit den Osmanen im Raum Petrovaradin zeigt. Sie steht im direkten Zusammenhang mit der Schlacht von Zenta. Das Schlachtengemälde zeigt Eugen von Savoyen in der Schlacht von Zenta.

Wenige Schritte vom Bürgermeisteramt entfernt besichtigen wir anschließend die Karmelitten-kirche in Sombor.

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Nun wurde es Zeit und wir fuhren weiter zum Abendessen in der Villa Tamara, die etwa 16 km von der Donau entfernt liegt, wie es heißt in dem ehemaligen Jagdrevier Titos. Wir begrüßten zum abschließenden Abendessen Herrn Davor Smalc als Vertreter des Gemeinderats. Der Vorsitzende der HOG Kernei, Helmut Schmidt, bedankte sich nach dem Abendessens bei Da-vor Smalc für sein persönliches Engagement und sein großes Interesse an den Kerneiern. Zu-dem hob Herr Schmidt seine positiven Erfahrungen mit ihm hervor, dankte ihm für die gute Zu-sammenarbeit und das Engagement aller Beteiligten und Vereine, die dazu beigetragen haben, dass eine solche Begegnung stattfinden konnte. Er drückte seinen Wunsch aus, dass sich die Beziehung so freundschaftlich weiterentwickeln mögen, wie dies bisher der Fall war. Davor Smalc wurde dabei ein Umschlag mit einem Geldbetrag für Schule, Kindergarten und Kirche überreicht.

Am Montag, den 1. Juni 2015, fuhren wir zu den Orten, an welche Gegenstände aus der Kerneier Kirchenaus-stattung gegeben worden waren. Auf der Fahrt durch Kernei nahmen wir Abschied und so mancher dachte an die Fülle von Erlebnissen jeglicher Art nach. Erinnerun-gen an das Programm gingen uns noch einmal durch den Kopf. Weiter fuhren wir über Gyulafal nach Backa Topola. In der Kirche Jézus Szive, die zwischen 1990 - 2001 er-baut wurde, läuten die zwei mittleren Glocken der Ker-neier Kirche. Der Stadtpfarrer zeigte uns den Weg zur Kirche, so dass wir die Heiligenfiguren aus der Kerneier Kirche ganz nah ansehen konnten. Die in der Kirche auf-gestellten Figuren sind alle farblich gut erhalten und ver-strahlen immer noch ihre Festtagsgeheimnisse (Pieta, Herz Mariä, Herz Jesu, Schmerzensmann, Hl. kleine The-resia). Zum Abschluss hörten wir noch das Geläut der Glocken.

Herz Mariä Herz Jesu Schmerzensmann Hl. Kleine Theresia

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Wir bestiegen wieder unseren Bus und fuhren über Subotica nach Kelebija. Auf einem Lipizza-nergestüt mit Restaurant waren wir zum Mittagessen angemeldet. Dort trafen wir MSRG Josef Mioc und Pater Csaba Paskó sowie Jakob Gärtner mit seiner Familie. Mittlerweile hat in

der katholischen Pfarrkirche in Kelebija so manche Vorbereitung für die Orgelpräsentation der umgesetzte Kerneier Orgel begonnen. Die Orgel des Orgelbauers Franz Lindauer aus der ka-tholischen Kirche in Kernei/Kljajićevo, die er 1938 in Kernei aufgebaut hat, hat nun - wie die Kerneier - eine 2. Heimat gefunden. Sie hat 22 Register mit 1744 Pfeifen aus Zinn, Kupfer, Holz und Zink und wurde 1940 fertiggestellt. Für die Reisegruppe war dies ein Wiedersehen nach 70 Jahren. Pater Csaba Paskó berichtete in kurzen Zügen über die Hindernisse, die bewältigt werden mussten, bis sie wieder zum Erklingen gebracht werden konnte. Pater Paskó spielte die ersten beiden Orgelstücke, um die Möglichkeiten der Orgel zu demonstrieren. Dann ging für Jakob Gärtner ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung. Auf der Orgel, auf der Jakob Gärtner als Jugendlicher in der Kerneier Kirche schon gespielt hatte, konnte er wieder als 89jähriger spie-len. Alle konnten sich von seiner Spielkunst überzeugen. Als besonderes Sahnehäubchen sang sein Sohn Bernhardt Gärtner, der von Beruf Sänger ist, stimmlich sehr ausdrucksstark: Ich bete an die Macht der Liebe". Zum Abschluss der Orgelpräsentation spielte Jakob Gärtner das Kir-chenlied: Großer Gott, wir loben dich"… und alle sangen begeistert und bewegt mit.

Anschließend fuhren wir zur ungarischen Grenze und danach weiter über die Autobahn nach Budapest ins Hotel Canada. Nach dem Frühstück am Dienstag, den 2. Juni 2015, fuhren wir in die historische Stadt Eger. Eger ist eine der schönsten Barockstädte Ungarns. Im Hotel Eger am Park waren schon Kaffee und Kuchen vorbereitet und wir nahmen unser zweites Frühstück ein, um uns für die anstehen-

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de Stadtführung zu stärken. Für die Einführung in die geschichtlichen Geheimnisse der Stadt Eger konnte ich Frau Zsuzsa Jacobi gewinnen. Frau Zsuzsa Jacobi zeigte uns Bauwerke der Barockzeit, die Burg, Museen, Kirchen, Statuen und Prachtwerke der Schmiedekunst. Trotz des intensiven Sonnenscheins und der Wärme bot sie uns einen engagierten Vortrag an den jewei-ligen historischen Orten der Stadt Eger. Nun fuhren wir in das Tal der Schönen Frauen bei Eger. In dem typisch ungarischen Kellerres-

taurant Kulacs Cs-árda Panzió Ege waren wir nun zum Mittagessen mit Weinprobe ange-meldet. Wir ließen uns zunächst die köstliche Gulasch-suppe schmecken. Zwischendurch er-hielten wir Wein-proben von den un-terschiedlichsten

Weinsorten, Egri Stierblut usw., die in der Umgebung ange-baut werden. Der Wein wurde mit einem Weinheber vom Kellner zielgenau in die Gläser oder auf besonderen Wunsch auch direkt in den Mund gefüllt. Für einen weite-ren Höhepunkt sorgte die Zigeunerkapelle der Tscharda, Peter Berki. Mit ihren stim-mungsvoll vorgetragenen Volksliedern sorgten sie für einen weiteren Stimmungs-höhepunkt. Als das Lied: "Az a szép" (Die Schönheit, die Schönheit, deren Augen wa-ren blau), welches auch unsere Vorfahren gesungen haben, von den Musikern ange-stimmt wurde, hielt es so manchen Ker-neier und so manche Kerneierin nicht mehr auf dem Platz und es wurde fröhlich der

Zweischrittige getanzt. Schließlich rundete eine umfangreich belegte Schlachtplatte unser üppi-ges Mittagessen ab. Anschließend fuhren wir wieder nach Budapest zurück und verbrachten den Nachmittag in Bu-dapest. Die Reiseteilnehmer/innen konnten sich entscheiden, ob sie einen Einkaufsbummel in der bekannten Váci utca vornehmen wollten, oder ob sie zum Burgberg hochfuhren, um dort das Stadtpanorama zu genießen. In der Váci utca war ich mit Herrn Alpár Bezzegh, einem Historiker, verabredet, der in Tübingen studiert hat und sich vertieft mit der Geschichte der Donau-schwaben befasst. Wir luden ihn zum gemeinsamen Abendessen ins Hotel Ca-nada ein, so dass er die anderen Kerneierinnen und Kerneier auch kennenler-nen konnte. Er bot der HOG Kernei seine Unterstützung in Übersetzungsfragen oder geschichtlichen Fragestellungen an. Am Mittwoch, den 3. Juni 2015, fuhren wir über die Autobahn zur österreichischen Grenze - dann auf der Autobahn an Wien vorbei in die Wachau zum Stift Göttweig. Hier trafen wir Pater Jakobus Schröder nach dem ausgiebigen Mittagessen auf der Stiftsterasse und genossen ne-

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ben dem Essen auch den einmaligen Panoramablick in die Wachau. Wir versammelten uns

nach der Besichtigung der Klosteranlage mit Pater Jakobus Schröder in der Stiftskirche und erhielten seinen Reisessegen.

Anschließend fuhren wir weiter nach Amstetten ins Hotel Gürtler zur letzten Übernachtung. Und am Donnerstag, den 4. Juni 2015, ging es auf die Heimreise nach Stuttgart.

Die gemeinsame Reise anlässlich der Fahrt zum Dorfjubiläum "250 Jahre Kernei/Kljajićevo" er-möglichte gemeinsame Erfahrungen und schuf neue Beziehungen. Durch die Offenheit, Flexibilität, Kompromissbereitschaft und hohe Spendenbereitschaft der Rei-segruppe, die ich persönlich ganz besonders hervorheben möchte, durch die organisatorische Unterstützung von Herrn Beck aus Sombor als Wegbegleiter, durch das engagierte Handeln der Gemeinderäte - insbesondere durch Herrn Rade Ćujić und Davor Schmalz - durch das Engage-ment der Vereine in Kljajićevo, die uns im Kulturhaus ein farbenfrohes Programm gezeigt haben,

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und schließlich durch die einzelnen kirchlichen katholischen Einrichtungen und Pfarrer, die uns bei den einzelnen Stationen empfangen und geschichtliche Informationen gegeben haben, wurde die Fahrt zu einer Zeit der Erinnerung, Begegnung und Freundschaft. Durch die störungsfreie Fahrt an die gewünschten Orte mit dem Bus hat auch Herr Wagner dazu beigetragen, dass wir uns sicher und gut aufgehoben fühlten. Ihnen allen möchte ich recht herzlich danken! Ich für mich möchte mit einer Feststellung schließen. Zunächst dachte ich: Wie soll das gelin-gen? Doch viele standen mir mit Rat und Tat zur Seite, ganz besonders Andrea Oswald, Herr Beck und Msrg Josef Mioc sowie auch unser lieber Hans Schmidt, dem es gesundheitlich leider nicht so gut geht. Alle Mitfahrenden kamen bereichert durch ihren Besuch in der alten Heimat zurück. Sie haben gesehen, unter welchen Bedingungen die Menschen heute in Kljajićevo leben. Sie haben die positive Einstellung der Gemeindeverwaltung unter Vorsitz von Herrn Rade Ćujić und des Bürgermeisters von Sombor, Sascha Todorovic, erlebt. Wir nehmen den Eindruck mit, dass man die Belange der Kerneier tatsächlich beachtet und berücksichtigt. Es ist dem Gemein-derat durch das Programm und die Einladung von Herrn Rade Ćujić , Kljajićevo öfter zu besu-chen, gelungen, das Gefühl des Willkommenseins in einer gemeinsamen Heimat zu unterstrei-chen. Helmut Schmidt Fotoliste: 01. Seite Bild 1-2 H. Schmidt 10. Seite Bild 27 A. Simon 02. Seite Bild 3 D. Zamurović 10. Seite Bild 28-32 J. Müller, 02. Seite Bild 4-8 H. Schmidt 10. Seite Bild 30 H. Schmidt 03. Seite Bild 9-10 D. Zamurović 11. Seite Bild 34 J. Müller 03. Seite Bild 11 H. Schmidt 11. Seite Bild 35-36 H. Schmidt 04. Seite Bild 12 +14 D. Zamurović 12. Seite Bild 37-41 H. Schmidt 04. Seite Bild 13 T. Dach 13. Seite Bild 42 Albrecht Gärtner 05. Seite Bild 15 T. Dach 13. Seite Bild 43-48 H. Schmidt 05. Seite Bild 16-18 H. Schmidt 14. Seite Bild 49-50 H. Schmidt 06. Seite Bild 19 A. Simon 15. Seite Bild 51-55 H. Schmidt 07. Seite Bild 20-21 H. Schmidt 16. Seite Bild 56+58 H. Schmidt 07. Seite Bild 22 A. Simon 16. Seite Bild 57 T. Dach 08. Seite Bild 23-24 A. Simon 17. Seite Bild 59-60 H. Schmidt 09. Seite Bild 25 A. Simon 17. Seite Bild 61 Alpár Bezzegh 09. Seite Bild 26 H. Schmidt 18. Seite Bild 62-64 H. Schmidt