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54 FOCUS-MONEY 16/2013 MONEYMAKER Foto: S. Noorani/World Bank Anleger suchen sichere Erträge, Arme eine sichere Zukunft. Lohnenswert für beide Seiten: Mikrofinanzfonds. Eine alternative Anlage in turbulenten Zeiten Duales Anlageziel größern. Dem gegenüber stehen Investoren in Industrielän- dern, die nach Möglichkeiten suchen, ihr Geld sicher, pro- fitabel und zugleich sinnvoll anzulegen. Durch die Idee von Muhammad Yunus, Vater der Mikrokredite und Friedens- nobelpreisträger, gelingt es, Arm und Reich wirtschaftlich zusammenzuführen. Die Kredite ermöglichen den Men- schen den Kauf einer Ziege, einer Nähmaschine oder von ein paar Quadratmetern Anbaufläche. Dem Anleger bieten die Fonds neben einem guten Gewissen auch eine beacht- liche Rendite von teilweise über drei Prozent. Bei den histo- risch niedrigen Zinsen für Anleihen keine schlechte Bilanz. Die Renditechancen hängen jedoch von der Entwick- lung in den einzelnen Ländern ab, in denen der Fonds tä- tig ist. Die Überwachung der Länderrisiken und eine breite Diversifikation auf verschiedene Länder bieten dem Anle- ger einen gewissen Schutz. Die meisten Fonds investieren in Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika gleichzei- tig und arbeiten nur mit geprüften und für gut befundenen MFIs zusammen. So auch bei dem ersten in Deutschland zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Mikrofinanzfonds Invest in Vision. Der Fonds ist inzwischen auf ein Volumen von über 24 Millionen Euro angewachsen und hat sich ver- pflichtet, nicht mehr als 15 Prozent seines Gesamtvolumens in ein einzelnes Land zu investieren. Läuft es in einem K eine Schweißausbrüche mehr, wenn wieder einmal ein Euro-Land seine Notlage verkündet, Börsenkurse in den Keller rauschen oder Einlagen nicht länger sicher scheinen. Wer wünscht sich das nicht? Unabhängig, rentabel und sozial. Mikrofinanzfonds sind die Lösung. Eine Geldanlage, die politischen und wirt- schaftlichen Stürmen standhält und trotzdem eine finanzi- elle und sogar soziale Rendite abwirft. Wie funktioniert’s? Anleger investieren über Fonds in Mikrofinanzinstitute (MFIs). Diese Minibanken vergeben dann Minidarlehen an die Ärmsten der Armen, insbesondere in den Entwick- lungs- und Schwellenländern. MFIs dienen als Brücke zwischen Investoren und Kreditnehmern. Durch sie er- halten Menschen ohne Sicherheiten Kredite von oftmals weniger als 20 Euro, um ihr Geschäftsmodell umzusetzen und eine Existenz zu gründen. Mittlerweile gibt es mehr als 500 Millionen Menschen, die Zugang zu Kleinstkre- diten erhalten haben, dadurch zu Unternehmern wurden und sich und ihrer Familie eine Zukunft geben können. Doch die Nachfrage ist noch lange nicht gedeckt. Welt- weit leben über eine Milliarde Menschen in absoluter Ar- mut. Sie verfügen über weniger als einen Euro am Tag. Eine Existenzgründung ist unmöglich. Ohne Zugang zu Krediten kann man weder ein Geschäft gründen noch ver- Mikrofinanzfonds Bankgeschäfte im Schneider- sitz: Angestellte eines Mikro- finanzinstituts (MFI) zahlen Kleinstkredite aus

Sicher und rentabel investieren in Mikrofinanz

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Anleger suchen sichere Erträge, Arme eine sichere Zukunft. Lohnenswert für beide Seiten: Mikrofinanzfonds. Eine alternative Anlage in turbulenten Zeiten

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Page 1: Sicher und rentabel investieren in Mikrofinanz

54 FOCUS-MONEY 16/2013

MoneyMaker

Foto: S. Noorani/World Bank

Anleger suchen sichere Erträge, Arme eine sichere Zukunft. Lohnenswert für beide Seiten:

Mikrofinanzfonds. Eine alternative Anlage in turbulenten Zeiten

Duales Anlageziel

größern. Dem gegenüber stehen Investoren in Industrielän-dern, die nach Möglichkeiten suchen, ihr Geld sicher, pro-fitabel und zugleich sinnvoll anzulegen. Durch die Idee von Muhammad Yunus, Vater der Mikrokredite und Friedens-nobelpreisträger, gelingt es, Arm und Reich wirtschaftlich zusammenzuführen. Die Kredite ermöglichen den Men-schen den Kauf einer Ziege, einer Nähmaschine oder von ein paar Quadratmetern Anbaufläche. Dem Anleger bieten die Fonds neben einem guten Gewissen auch eine beacht-liche Rendite von teilweise über drei Prozent. Bei den histo-risch niedrigen Zinsen für Anleihen keine schlechte Bilanz.

Die Renditechancen hängen jedoch von der Entwick-lung in den einzelnen Ländern ab, in denen der Fonds tä-tig ist. Die Überwachung der Länderrisiken und eine breite Diversifikation auf verschiedene Länder bieten dem Anle-ger einen gewissen Schutz. Die meisten Fonds investieren in Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika gleichzei-tig und arbeiten nur mit geprüften und für gut befundenen MFIs zusammen. So auch bei dem ersten in Deutschland zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Mikrofinanzfonds Invest in Vision. Der Fonds ist inzwischen auf ein Volumen von über 24 Millionen Euro angewachsen und hat sich ver-pflichtet, nicht mehr als 15 Prozent seines Gesamt volumens in ein einzelnes Land zu investieren. Läuft es in einem

Keine Schweißausbrüche mehr, wenn wieder einmal ein Euro-Land seine Notlage verkündet, Börsenkurse

in den Keller rauschen oder Einlagen nicht länger sicher scheinen. Wer wünscht sich das nicht?

Unabhängig, rentabel und sozial. Mikrofinanzfonds sind die Lösung. Eine Geldanlage, die politischen und wirt-schaftlichen Stürmen standhält und trotzdem eine finanzi-elle und sogar soziale Rendite abwirft. Wie funktioniert’s? Anleger investieren über Fonds in Mikrofinanzinstitute (MFIs). Diese Minibanken vergeben dann Minidarlehen an die Ärmsten der Armen, insbesondere in den Entwick-lungs- und Schwellenländern. MFIs dienen als Brücke zwischen Investoren und Kreditnehmern. Durch sie er-halten Menschen ohne Sicherheiten Kredite von oftmals weniger als 20 Euro, um ihr Geschäftsmodell umzusetzen und eine Existenz zu gründen. Mittlerweile gibt es mehr als 500 Millionen Menschen, die Zugang zu Kleinstkre-diten erhalten haben, dadurch zu Unternehmern wurden und sich und ihrer Familie eine Zukunft geben können.

Doch die Nachfrage ist noch lange nicht gedeckt. Welt-weit leben über eine Milliarde Menschen in absoluter Ar-mut. Sie verfügen über weniger als einen Euro am Tag. Eine Existenzgründung ist unmöglich. Ohne Zugang zu Krediten kann man weder ein Geschäft gründen noch ver-

Mikrofinanzfonds

Bankgeschäfte im Schneider-sitz: Angestellte eines Mikro- finanzinstituts (MFI) zahlen Kleinstkredite aus

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PkteSymbiotics-Microfinance-Index

auf US-Dollar-Basis

Land schlecht, kann eine gute Entwicklung in einer ande-ren Region das ausgleichen.

Besonders die Finanzkrise hat gezeigt, dass sich Mi-krofinanzfonds weitgehend losgelöst vom restlichen Marktgeschehen und daher unabhängig von anderen Anlageklassen entwickeln. Auf Grund dieses geringen Gleichlaufs (Fachbegriff: niedrige Korrelation) können Anleger selbst in unbeständigen Zeiten mit stabilen Er-trägen rechnen. Aus dem sozialen Engagement wird ein krisensicheres Investment.

Gute Aussichten. Während in der Euro-Zone weiterhin Gewitterwolken am Horizont aufziehen, gibt es auf der anderen Seite der Erdkugel Lichtblicke. Das durchschnitt-liche Bruttoinlandsprodukt der 15 wichtigsten Mikro - finanzmärkte wird gemäß dem Internationalem Wäh-rungsfonds (IWF) nach guten 4,7 Prozent 2012 die-ses Jahr um 6,2 Prozent zulegen. Entwicklungs- und Schwellenländer bleiben attraktiv und wachsen stetig. Das spiegelt sich auch im globalen Mikrofinanzsektor wider. 2012 ist dieser um fast ein Fünftel gewachsen. Auch für 2013 erwarten Experten ein ähnliches Tem-po und rechnen mit einem realen Wachstum von 15 bis 20 Prozent. Einen besonders starken Anstieg bei der Ver-gabe von Mikrofinanzkrediten soll es in den Regionen Süd- und Ostasien geben.

Damit jedoch die Rechnung aufgeht und der Erfolg der jungen Industrie weiter anhält, muss nicht nur der Markt wachsen, sondern müssen vor allem die Kreditnehmer ihre Verpflichtungen ernst nehmen. Niedrige Ausfallra-ten von derzeit weniger als drei Prozent bestätigen die notwendige Zahlungsmoral. Eine Quote, von der andere Kreditgeber träumen.

Mikrofinanzfonds haben jedoch auch ihre Tücken. Eine tägliche Handelbarkeit ist nur bei dem Mischfonds Good Growth gegeben. Bei den anderen betrachteten Fonds sind Käufe bzw. Verkäufe nur monatlich möglich. Hin-zu kommt ein hoher administrativer Aufwand bei der Steuererklärung, weil die Erträge bei den ausländischen Fonds nicht ausgeschüttet, sondern wieder angelegt wer-den (Fachbegriff: thesaurierend). Dadurch ist der Anleger verpflichtet, die Höhe des thesaurierenden Anteils beim Finanzamt anzugeben, obwohl die Erträge nicht mal ge-flossen sind. Steuertechnisch nicht immer einfach.

STEPHANIE LICHTENBERG

Stabile EntwicklungEinen Überblick über die Mikrofinanzbranche gibt

Interessenten der Symbiotics-Microfinance-Index (SMI). Einfach und aussagekräftig bildet er die Wertentwick-lung der größten Mikrofinanzfonds seit 2004 ab. Die konstante Entwicklung und stetiges Wachstum sind ein-deutig. Noch viel wichtiger: Der Index bestätigt, dass sich Mikrofinanzfonds fast vollständig unabhängig von an-deren Anlageklassen entwickeln. Die Anleger blieben von den Einbrüchen an den globalen Finanzmärkten ver-schont. Die Strategie sorgte vor allem in Krisenzeiten wie 2008 und 2011 für eine Rendite, die wesentlich über dem Geldmarktniveau lag. Woher kommt die überdurch-schnittlich hohe Rendite? Wie bei Krediten üblich von den Zinszahlungen. Auf dem ersten Blick scheinen die Zinsen, die MFIs von ihren finanzschwachen Kunden ver-langen, horrend. Im Durchschnitt sind es über 20 Prozent im Jahr. Im Vergleich zu den lokalen Kredithaien, die mit-unter 20 Prozent am Tag verlangen, vertretbar. Dass die Zinsen hoch sind, hat mit der personalintensiven Verga-be von Kleinkrediten zu tun. Die Mitarbeiter der MFIs fahren mit dem Moped über ungeteerte Wege raus zu ihren Kunden, um dort die Zinsen bar abzuholen. Diese sind meist die einzige Einnahmequelle der Institute. Der Rest fließt auf das Konto des Anlegers.

Trotz der klaren Grundrichtung des Index unterschei-den sich die enthaltenen Mikrofinanzfonds deutlich. Die Mindesteinlage kann zwischen 500 und 10 000 Euro vari-ieren, die Rücknahme der Anteile von täglicher bis vier-tel- oder halbjährlicher Verfügbarkeit reichen. Gemein-sam haben alle Fonds des Index, dass sie das verstärkte Interesse bei privaten und institutionellen Anlegern spü-ren. Das Tiefzinsumfeld, die anhaltende Euro-Krise und die Angst vor Inflation machen Mikrofinanzfonds zu-nehmend attraktiv.

Quelle: Symbiotics

Stand: 28.2.2013; *ethisch orientierter Mischfonds mit hohem Anteil an MFIs und Mikrofinanzfonds

Invest in Visions DE000A1H44T1 Euro 24,89 01.10.2011 100 3,00 1,40 – – – – 0,97 0,46responsAbility Global LU0180190273 Euro 545,25 26.01.2005 1 000 5,00 2,60 6,88 1,09 2,07 3,29 2,88 0,44Dual Return-Vision LU0236782842 Euro 95,90 25.04.2006 1 000 3,00 3,00 5,60 3,27 2,72 2,51 3,34 0,31Dexia Micro-Credit LU0164081316 Euro 214,78 01.04.2003 10 000 4,00 2,65 5,90 2,42 1,28 0,86 2,24 –3,55Good Growth Fund* LU0360706096 Euro 12,40 14.05.2008 500 5,00 1,68 – 2,24 6,06 -4,52 0,93 1,14

Name ISIN Währung Fondsvolumen Auflage Mindesteinlage Agio Gebühren Wertentwicklung in % in Mio. Euro in Euro in % (p. a.) in % 2008 2009 2010 2011 2012 lfd. Jahr

Visionen verwirklichen Manche Mikrofinanzfonds dürfen in Deutschland nicht beworben werden. Anleger müssen direkt bei der Bank oder dem Online-Broker nachfragen, um investieren zu können. Achtung: Die Gebühren sind oftmals hoch.

Quellen: Onvista, Thomson Reuters Datastream, Fondsgesellschaften