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Studie Sourcing Governance 2030 Eine Trendstudie der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Procurement Leaders

Sourcing Governance 2030

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Die Studie «Sourcing Governance 2030» zeigt aktuelle und künftige Herausforderungen im Wertschöpfungsmanagement und die Agenda der Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung aller relevanten Sourcing Governance-Aspekte.

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Studie

Sourcing Governance 2030

Eine Trendstudie der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Procurement Leaders

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Sourcing Governance 2030 | 3

1 Vorwort: Sourcing Governance – ein neues Buzzword? 4

2 Hintergrund und Methodik der Studie 5

3 Top-Trends in der externen Wertschöpfung 6

4 Handlungsbedarf und Reaktionsstrategien 10

5 Sourcing Governance – 2015 14

6 Sourcing Governance – 2030 16

7 Ausblick 18

Inhalt

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Sprechen wir Klartext – ist Sourcing Governance vielleicht nur ein weiterer Hype in der langen Liste der Management­moden? Ein weiteres Buzzword oder bestenfalls alter Wein in neuen Schläuchen? In der Tat: Einige der Teilneh­mer dieser Studie sehen Sourcing Governance durchaus aus dieser Perspektive. Wissenschaftler, Berater und Autoren von Managementratgebern stehen oft genug im Verdacht, Bedarf und Herausforderungen erst zu kreieren, um anschließend den verunsicherten Klienten und Lesern die entsprechenden Lösungen zu verkaufen.

Ehrlicherweise ist dieser Einwand nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch gleichzeitig ist es die Aufgabe der Berater, ihre Kunden für neue Themen zu sensibilisieren und ihnen Wissen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die die Kunden selbst aufgrund organisatorischer Rahmenbedin­gungen, knapper Zeit und fehlender Vergleichsmöglich­keiten mit anderen Unternehmen und Branchen nicht aufbringen können.

Nicht wenige dieser Themen haben ein großes Transforma­tionspotenzial, eine kritische Bedeutung für das Überleben und den Erfolg von Unternehmen. Wir sind überzeugt, dass auch Sourcing Governance dieses Potenzial hat. In einer hochgradig vernetzten und globalisierten Welt, in der die Wertschöpfungstiefe kontinuierlich sinkt, die Volatilität und Fragilität aber stetig zunehmen, haben die Unternehmens­grenzen keine absolute Bedeutung mehr: Ohne die Partner in der Wertschöpfungskette wird es kaum gelingen, sou­verän mit den Megatrends der kommenden Jahrzehnte umzu gehen. Kein Unternehmen kann vermutlich künftig seine Inno vations­ und Wett bewerbsfähigkeit verteidigen, seine ökonomischen, recht lichen und ökologischen Risiken im Alleingang beherrschen. Ohne eine tiefe Einbindung strategischer Lieferanten lassen sich hoch komplexe Kundenanforderungen unter Qualitäts­ und Effizienz­gesichtspunkten nicht erfüllen.

Die Zusammenarbeit in internationalen Supply Networks wird im Jahr 2030 deshalb wesentlich enger und intensiver sein als heute. Ihre Steuerung erfordert neue Methoden und Instrumente sowie einen übergeordneten strategi­schen Ansatz, der den gemeinsamen Erfolg von Unterneh­men und ihren Lieferanten im Blick hat, sie erfordert Sourcing Governance. Diese wird nach unserer Überzeu­gung in Zukunft mitentscheidend sein, wenn es um den Wert eines Unternehmens, die realisierbaren Kostensen­kungspotenziale und den Zugang zu den besten Lieferanten und somit um das beste Know­how geht.

Diese Studie wirft ein Schlaglicht auf aktuelle und künftige Herausforderungen im Wertschöpfungsmanagement und die Agenda der Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung aller relevanten Sourcing Governance­Aspekte.

Als Autoren bedanken wir uns ganz besonders bei den Studienteilnehmern, die uns einen Einblick in ihre strategi­schen Überlegungen ermöglicht haben, und wünschen Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre!

Alla Schwamborn Manager

Dr. Lars Immerthal Director

Sven T. Marlinghaus Partner

1Sourcing Governance – ein neues Buzzword?

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Sourcing Governance 2030 | 5

Sourcing Governance wird allgemein als das verantwor­tungsvolle Management und Controlling der externen Wert­schöpfung verstanden und fokussiert damit die gesamte externe Supply Chain eines Unternehmens. Damit verbun­den ist auch die Übernahme der Verantwortung für recht­lich, wirtschaftlich, ethisch und ökologisch korrektes und wertschaffendes Handeln aller Lieferanten und Vorliefe­ranten.

Die zunehmende Aufmerksamkeit, die Sourcing Gover­nance heute erfährt, hat vier wesentliche Ursachen:

1. Das Prinzip der Zurechnung, bei dem ein Unternehmen für Verstöße seiner Zulieferer haftet, setzt sich weltweit immer stärker durch. Beispiele dafür sind etwa neue Gesetze und Börsenregelungen zum Umgang mit Konfliktmineralien, wie der amerikanische Dodd­Frank Act, die London Bullion Market Association (LBMA) und das Antikorruptionsgesetz UK Bribery Act. Auch Ände­rungen des Deutschen Corporate Governance Kodex sowie neue und veränderte branchenspezifische Gesetze und Kodizes lassen ähnliche Entwicklungen erwarten.

2. Die Wahrnehmung der Öffentlichkeit ändert sich: Insbesondere ökologische, ethische und arbeitsrecht­liche Verstöße der Zulieferer können aufseiten der Unternehmen zu massiven Reputationsverlusten führen. In der Konsequenz beurteilen auch Investoren und Analysten Unternehmen nicht länger allein anhand ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und der internen Compli­ance­Systeme, sondern auch im Hinblick auf die vor­gelebte Unternehmenskultur sowie die Effizienz und Effektivität der auf die Supply Chain ausgerichteten Kontrollmechanismen, die häufig erhebliche Schwächen aufweisen.

3. Die zunehmende Integration der global gespannten Wertschöpfungsketten als eine der ökonomischen und strukturellen Rahmenbedingungen führt auch zu einer Integration der Risiken: Hohe Preisschwankungen, Versorgungsengpässe, Umweltkatastrophen, politische oder ökonomische Instabilität sowie Cyberterrorismus können die gesamte Supply Chain sprengen, wenn sie auch nur ein einziges kritisches Glied treffen.

4. Schließlich zielt Sourcing Governance auch auf die systematische Nutzung der Chancen in der Lieferkette: insbesondere auf die Innovationspotenziale, die Kennt­nis lokaler Märkte und spezifisches fachliches oder vertriebliches Know­how der Zulieferer. Dieses Wissen auch für das eigene Unternehmen zu einem strategi­schen Wettbewerbsvorteil zu machen, ist das Erfolgs­geheimnis des Konzepts.

Wie beurteilen die Unternehmen die Relevanz von Sourcing Governance mit Blick auf das Jahr 2030? Welche Rolle spielt der Ansatz im Hinblick auf den Umgang mit Mega­trends und den Transformationsanforderungen der nächs­ten Jahre? Wie sehen die Best Practices in der externen Wertschöpfung und in der Sourcing Governance aus? Wo entsteht in den kommenden Jahren besonderer Handlungs­druck? Diesen Fragen sind wir im Rahmen der vorliegenden Studie nachgegangen.

Dabei wurden branchenübergreifend insgesamt 136 Unter­nehmen in einem Mix aus persönlichen Gesprächen und schriftlichen Interviews befragt. Alle Studienteilnehmer gehören den obersten Führungs­ und Entscheidungsgre­mien ihrer Unternehmen an. Bei den befragten Organisatio­nen handelt es sich ausschließlich um Großunternehmen: 75 Prozent weisen einen Umsatz von mindestens 500 Mil­lionen Euro aus, 80 Prozent der Befragten haben mehr als 1.000 Mitarbeiter.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind dennoch auch für mittelständische Unternehmen von großer Relevanz: Studienergebnisse und Projekterfahrungen der letzten Jahre haben immer wieder gezeigt, dass rechtliche, orga nisatorische und finanzielle Herausforderungen der Groß unternehmen auch für den Mittelstand bestehen – tendenziell sogar in einer deutlich schärferen Ausprägung.

2Hintergrund und Methodik der Studie

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Zwischen der Entwicklung einer fundierten und effektiven Sourcing Governance­Strategie und tiefgreifenden und langfristigen Entwicklungen besteht eine direkte Wechsel­wirkung, die das Wertschöpfungsmanagement bis 2030 prägen wird. Die Studienteilnehmer haben mehrere, in enger Beziehung zueinander stehende Themenfelder iden­tifiziert, die in den kommenden Dekaden einen hohen Trans­formationsdruck auf ihre Branche im Allgemeinen und ihr Unternehmen im Besonderen ausüben werden:

• Zunehmende Bedeutung von Kooperationen und Allianzen

• Ausweitung des Local­for­Local­Ansatzes und steigende Relevanz der Wachstumsmärkte

• Höhere gesetzliche Auflagen und verschärfte Compli­ance­Anforderungen

• Drohende Ressourcenknappheit

• Signifikante Marktkonsolidierung

• Rapide steigender Flexibilisierungsbedarf im Hinblick auf Kosten und Prozesse.

Innerhalb dieser Themenkomplexe konnten im Rahmen der Studie die wesentlichen Fragestellungen ermittelt werden, die Unternehmen – mit Blick auf ihre externe Wertschöp­fung und bezogen auf das Jahr 2030 – besonders intensiv beschäftigen.

Allianzen und Kooperationen

Die große Bedeutung der Kooperationen korrespondiert einerseits mit der nach Einschätzung der Befragten auch in den kommenden Jahren abnehmenden Wertschöpfungs­tiefe: Sie macht eine zunehmend enge Zusammenarbeit mit strategischen Lieferanten unabdingbar, deren Beitrag zum unternehmerischen Gesamterfolg immer kritischer wird. Gleichzeitig schätzen die Unternehmen auch Konso­lidierungsprozesse auf Lieferantenseite als wahrscheinlich ein – und damit in Summe einen Machtgewinn einiger Zulieferer. Auch die Relevanz der vertikalen Integration beziehungsweise gezielter Akquisitionen an kritischen Stellen der Supply Chain wird bis 2030 steigen. Auf horizon­taler Ebene rechnen die Befragten ebenfalls mit neuen, teilweise branchenübergreifenden, strategischen Allianzen,

die insbesondere dort eine wichtige Rolle spielen werden, wo es darum geht, die Verfügbarkeit knapper Rohstoffe sicherzustellen. Diese Entwicklung ist bereits heute deutlich erkennbar.

Verschiebung der Machtpotenziale in Wachstumsmärkte

Der gesamtwirtschaftliche Megatrend der letzten Dekaden – die Verschiebung von Nachfrage­ und zunehmend auch Angebotsmacht hin zu den Wachstumsmärkten – wird nach Einschätzung der befragten Entscheider anhalten. Diese Entwicklung wird für das Management der externen Wertschöpfung mehrere Implikationen haben.

Einerseits wird sich der Zuschnitt der Supply Chains ver­ändern. Ein wesentlich größerer Teil der wertschöpfenden Tätigkeiten wird in die Nähe der boomenden Nachfrage­märkte und Produktionsstandorte in Asien und Latein­amerika verlagert. Sourcing­ und Produktionsprozesse für lokale Nachfragemärkte werden vor diesem Hintergrund im Jahr 2030 selbstverständlich sein. Der Zugewinn an wirt­schaftlichem und politischem Gewicht, den Asien und Lateinamerika erfahren, äußert sich dabei auch in der wachsenden Stärke und Konkurrenzfähigkeit der lokalen Anbieter, wodurch die „Auswärtsspiele“ westlicher Wett­bewerber zunehmend anspruchsvoll werden. Das Bemü­hen, nicht als Exporteur, sondern als ebenfalls lokaler Anbieter im Zielmarkt zu agieren, wird auch vor diesem Hintergrund deutlich intensiviert werden.

Compliance und Regulierung

Bereits in den letzten Jahren war weltweit eine enorme Expansion gesetzlicher Regelwerke zu beobachten. Viele Neuerungen konfrontieren die Unternehmen nicht nur mit hoher rechtlicher Dynamik und Komplexität, sondern zwingen sie auch, das eigene Unternehmen ebenso wie ihre gesamte Supply Chain zu überwachen und rechts­konform zu gestalten. Die Befragten erwarten, dass dieser Trend weiterhin anhält: Insbesondere verschärfte Umwelt­auflagen und zunehmende Regulierung kritischer Prozesse (etwa bei Holzverarbeitung oder Energiehandel) werden mit Blick auf das Jahr 2030 als eine sehr ernst zu nehmende Herausforderung gesehen.

3Top-Trends in der externen Wertschöpfung

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Ressourcenknappheit

Ein weiteres Themenfeld, das nach mehrheitlicher Meinung der Befragten im Jahr 2030 eine kritische Rolle für ihre Branche bzw. ihr Unternehmen spielen wird, ist die Knapp­heit strategisch wichtiger Ressourcen. Dies betrifft einer­seits die zur industriellen Produktion notwendigen Metalle, nachwachsende Rohstoffe sowie auch Kunststoffe, deren Verknappung bei gleichzeitig steigendem Bedarf mittelfris­tig kein unwahrscheinliches Szenario ist. Andererseits ist gerade die Knappheit immaterieller Ressourcen, insbeson­dere wettbewerbsdifferenzierendes Know­how und Zugang zu Patenten und Innovationen, künftig eine zentrale Heraus­forderung. Entsprechend wird die Sicherung kritischer Ressourcen als eine der wichtigsten Aufgaben betrachtet. Parallel dazu erwarten die Studienteilnehmer auch, dass die Reduktion des Materialeinsatzes in der Produktion und eine Optimierung des Wertstoffmanagements eine signifikant höhere strategische Relevanz als noch heute haben werden.

Marktkonsolidierung

Die globale Wettbewerbslandkarte wird sich nach Meinung der Befragten bis 2030 deutlich gewandelt haben. Die wesent lichen Treiber dieser Entwicklung sind neue Anbie­ter aus den Wachstumsregionen, die einen massiven Druck auf etablierte Marktstrukturen erzeugen. Als Folge dieser Entwicklung betrachten die Studienteilnehmer eine umfas­sende Marktkonsolidierung auf allen Ebenen der Wert­schöpfungskette als wahrscheinlich.

Dabei ist auch mit der Entstehung neuer oligopolistischer Beschaffungsmärkte zu rechnen, etwa bei nachwachsen­den Rohstoffen wie Kakao und Kautschuk. Aber auch in der Produktion industrieller Güter und Vorprodukte sind Zusam­menschlüsse und eine Marktbereinigung denkbar. Der Shift der Machtpotenziale hin zu den Zulieferern wird deshalb neue Strategien und Formen der Zusammenarbeit erforder­lich machen.

Flexibilisierung

Vor dem Hintergrund rapide abnehmender Planbarkeit und der Notwendigkeit, sich schnell auf veränderte Rahmen­bedingungen und starke Marktschwankungen einstellen zu können, sehen die befragten Entscheider die Flexibilisie­rung von Kosten und Prozessen als einen weiteren lang­fristigen Trend, der die externe Wertschöpfung im Jahr 2030 stark definieren wird.

Dies betrifft einerseits die Betriebsprozesse und die Mög­lichkeit, sowohl die eigenen installierten Kapazitäten als auch die Anlagen der Lieferanten innerhalb eines adaptiven Produktionsnetzwerks flexibel zu nutzen. Andererseits wird insbesondere die Flexibilisierung der Fixkosten bis 2030 zu einem strategischen Imperativ werden, um finanzielle Risiken in einer zunehmend intransparenten und volatilen globalen Wirtschaft zu beherrschen.

Eine weitere, in diesem Kontext wichtige Dimension ist die Fähigkeit, sich auf neue geopolitische Konstellationen einstellen zu können: Die sich verändernden politischen Akteure und staatlichen Strukturen beeinflussen maßgeb­lich den Zuschnitt und die geografische Ausdehnung der Supply Chains und verlangen den Unternehmen künftig auch in dieser Hinsicht ein hohes Maß an Anpassungs­fähigkeit ab.

Über die Top­Themen hinaus schätzen die Studienteilneh­mer mit Blick auf 2030 auch folgende Entwicklungen als relevant ein: die Digitalisierung der Supply Chain, die Ausrichtung von Sourcing und Produktion nach Nach­haltigkeitskriterien und den sich unter anderem als Folge des demografischen Wandels abzeichnenden Kampf um Talente. Dennoch scheint die Mehrheit der Studien­teilnehmer diesen Entwicklungen insgesamt ein geringeres Transformationspotenzial im Hinblick auf ihre externe Wertschöpfung einzuräumen.

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Wie gut sind die Unternehmen vorbereitet?

Wie gut fühlen sich die Unternehmen für die skizzierten Veränderungen gerüstet? Die befragten Entscheider gehen mehrheitlich davon aus, dass die Unsicherheit bis 2030 deutlich zunehmen wird – dieser These stimmen die Befrag ten mit sechs von sieben möglichen Punkten deut­lich zu. Gleichzeitig halten die Teilnehmer der Studie es mehrheitlich für wahrscheinlich, dass sich die Supply Chains in ihren jeweiligen Industrien bis 2030 fundamental verändern werden und die Wertschöpfungstiefe unter 50 Prozent sinken wird.

Angesichts einer derart hohen strategischen Unsicherheit zeigen sich die Unternehmen nur bedingt gut vorbereitet: Weder im Hinblick auf die genaue Kenntnis der wichtigsten Trends in der globalen Wertschöpfung, noch hinsichtlich der Vorbereitung auf diese Entwicklungen sieht sich die Mehrheit der Befragten ausreichend munitioniert.

Abb. 1: Thesen zur Wertschöpfung im Jahr 2030

Stimme gar nicht zu Stimme voll zu

Die Unsicherheit (das heißt der Grad an Komplexität und Dynamik) im Branchenumfeld wird bis 2030 weiter zunehmen.

Unser Unternehmen kennt die Trends der Wertschöpfung bis 2030 genau.

Unsere Branche ist für die langfristige Zukunft sehr gut aufgestellt.

Die Wertschöpfungskette unserer Industrie wird sich bis 2030 fundamental verändern.

Unser Unternehmen wird 2030 eine Wertschöpfungstiefe unter 50 Prozent haben.

Unser Unternehmen ist auf kommende Trends der Wertschöpfung ausreichend vorbereitet.

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© 2014, KPMG in Deutschland

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Wie stellen sich die befragten Unternehmen im Hinblick auf die beschriebenen Trends und Herausforderungen auf? Die zentralen Maßnahmen lassen sich im Wesentlichen vier Themenbereichen zuordnen, die im Fokus der befragten Entscheider stehen.

Transparenz & Integration: strategisches Lieferantenmanagement

Die erwarteten Veränderungen in den Rahmenbedingungen und Strukturen des Wertschöpfungsmanagements rücken die Lieferanten ins Zentrum der Überlegungen der Unter­nehmen. Insbesondere hinsichtlich des Aufbaus neuer Prozesse für die Lieferanteneinbindung und der Stärkung langfristiger Lieferantenbeziehungen sehen die Befragten großen Handlungsbedarf. Parallel dazu wird sehr viel Gewicht auf die strategische Qualifizierung der Lieferanten gelegt – was für die Mehrzahl der Entscheider, insbeson­dere vor dem Hintergrund abnehmender Wertschöpfungs­tiefe und enger Integration der Supply Chains, unabdingbar ist.

Die große Bedeutung, die dem Lieferantenmanagement eingeräumt wird, erklärt sich jedoch nicht nur aus den

künftigen Herausforderungen, sondern auch aus der aktuel­len Situation: Lediglich 27 Prozent der Befragten erzielen heute mehr als die Hälfte der jährlichen Kostenreduzierun­gen in Zusammenarbeit mit ihren strategischen Lieferanten, und auch der Ausblick auf das kommende Jahr zeigt keine wesentlichen Veränderungen auf.

Angesichts der auch perspektivisch geringen Wertschöp­fungstiefe einerseits und des zunehmenden Preis­ und Kostenwettbewerbs andererseits signalisieren diese Zahlen hohen Handlungsdruck: Kein Unternehmen wird künftig in der Lage sein, nachhaltige Kostensenkungen ohne eine umfassende Einbeziehung der Potenziale in seiner Wert­schöpfungskette zu realisieren. Die Voraussetzung dafür bilden jedoch tiefe, strategisch geführte Beziehungen zu den Lieferanten. Allerdings geben die Studienteilnehmer an, bei Weitem nicht in ausreichendem Maße über solche Partnerschaften zu verfügen: Mehr als 60 Prozent der Befragten haben nicht einmal zu jedem vierten Lieferanten eine strategische, Mehrwert generierende Beziehung. Nach Einschätzung der Teilnehmer wird sich diese Situation auch in den kommenden fünf Jahren nur langsam verän­dern.

Abb. 2: Gemeinsames Kostenmanagement mit strategischen Lieferanten

4Handlungsbedarf und Reaktionsstrategien

Lieferantenbeziehung

Wie viel Prozent der gesam-ten Kostenreduzierung pro Jahr lassen sich auf strategi-sche Lieferantenbeziehungen zurückführen?

Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sich weniger als 25 Prozent der gesamten Kosten-reduzierungen auf strategische Lieferantenbeziehungen zurück-führen lassen.

Für das nächste Jahr gingen 48 Prozent der Befragten davon aus, dass sich weniger als 25 Pro-zent auf strategische Lieferanten-beziehungen zurückführen lassen.

Wie viel Prozent der gesam-ten Kostenreduzierung lassen sich im nächsten Jahr auf strategische Lieferanten-beziehungen zurückführen?

55 %

18 %

12 %

15 %

48 %

24 %

17 %

11 %

< 25 % 25–49 % 50–74 % 75–100 %

< 25 % 25–49 % 50–74 % 75–100 %

© 2014, KPMG in Deutschland

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Vor diesem Hintergrund sehen die Unternehmen umfas­senden Handlungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf den Ausbau der Lieferantenbeziehungen im Sinne eines Win­Win­Ansatzes. Wesentliche Faktoren sind dabei die Intensivierung der Zusammenarbeit, etwa unter Ressour­cen­/Versorgungsgesichtspunkten, und die stärkere Integration der Lieferanten in die Umsetzung der Kunden­anforderungen bis hin zur direkten Delegation von Themen an Tier­1­Zulieferer.

Da die Lieferanten im Zuge dieser Entwicklung deutlich mehr Verantwortung übernehmen werden, richten die Unternehmen ihren Blick verstärkt auf die Transparenz und Beherrschbarkeit ihres externen Wertschöpfungsmanage­ments. Neben dem Aufbau und der Implementierung effektiver Systeme für Controlling, Monitoring und Perfor­mance­Messung – sowohl für Lieferantenaudits als auch für die Steuerung unternehmensübergreifender Supply Chain­Prozesse – planen die Befragten einen wesentlichen Ausbau des Tier­1­Lieferantenmanagements, insbesondere im Hinblick auf Risiken, Kosten, Innovationpotenziale und die Qualifikation der Mitarbeiter.

Vertragsmanagement und Compliance

Die Befragten gehen davon aus, dass die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Lieferanten auch auf vertraglicher Seite Veränderungsbedarf hervorrufen wird. Dies betrifft insbesondere die Vereinbarung von Service Level Agree­ments, die unter anderem auch Governance­ und Compli­ance­Erwartungen beinhalten, sowie Tender Compliance und die Gestaltung und Durchsetzung einer ethisch korrek­ten Beschaffung. Einzelne Branchen, wie etwa die Automo­bilindustrie und Teile des Handels, haben die Vorreiterrolle für die Durchsetzung externer und interner Standards (unter anderem Code of Conduct) in der Lieferkette übernommen. Die hier bereits etablierten Nachweispflichten, Prüfungs­rechte und sonstigen Verpflichtungen werden zukünftig immer mehr zum Standard werden. Die dazu notwendige Transparenz und die Durchführbarkeit sogenannter Compli­ance­Prüfungen bei Lieferanten bedürfen jedoch der Rechtssicherheit und damit der vertraglichen Gestaltung und Vereinbarung, auch um dem Schutz des geistigen Eigentums und dem Datenschutz Rechnung zu tragen.

Abb. 3: Intensität der Lieferantenbeziehungen

Lieferantenbeziehung

Mit wie viel Prozent der Lieferanten haben Sie eine Beziehung, die Sie als bedeutend und Mehrwert generierend beschreiben würden?

Die Mehrheit der Befragten (~ 61 Prozent) hat mit weniger als 25 Prozent aller Lieferanten eine strategisch bedeutsame Beziehung.

49 Prozent der Befragten gab an, auch im nächsten Jahr mit weniger als 25 Prozent der Lieferanten eine bedeutende Beziehung zu haben.

Mit wie viel Prozent Ihrer Lieferanten werden Sie in den nächsten fünf Jahren eine Beziehung mit hoher Bedeu-tung haben?

61 %20 %

12 %6 %

49 %

15 %

19 %

16 %

< 25 % 25–49 % 50–74 % 75–100 %

< 25 % 25–49 % 50–74 % 75–100 %

© 2014, KPMG in Deutschland

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Optimierung des Einkaufs und des Supply Chain Managements

Mit der Neukonzeption des strategischen Lieferanten­managements geht auch die Prozessoptimierung im Ein­kauf einher sowie die grundsätzliche Neubewertung der bestehenden Ansätze zur Steuerung der Wertschöpfungs­ketten. Mit der Perspektive auf das Jahr 2030 liegt das besondere Augenmerk der befragten Entscheider auf zwei Punkten. Zum einen geht es um die Optimierung der Schnittstelle zwischen dem Einkauf und den anderen Fach bereichen der Organisation, um auf sich abzeichnende Marktveränderungen und ­chancen schnell reagieren zu können. Zum anderen geht es darum, die Expertise des Einkaufs insbesondere auch für umfassende Cost Cutting­Programme nutzen zu können.

Eine herausgehobene Rolle spielt in diesem Kontext das strategische Rohstoffmanagement. Hier muss der Einkauf zusammen mit weiteren Unternehmensbereichen in den kommenden Jahren Strategien zur Absicherung der Roh­stoffverfügbarkeit und ­qualität aufbauen und auch alter­native Spezifikationen für Rohmaterialien weiterentwickeln. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der „politi­schen Dimension“ kritischer Rohstoffe.

Um diese Ziele zu erreichen, erwarten die Unternehmen einen signifikant steigenden Qualifizierungsbedarf im Hinblick auf Schnittstellenaufgaben, sowohl im Einkauf als auch organisationsweit. Dies betrifft vor allem die Implementierung von Methoden und Instrumenten für die Steuerung der globalen Supply Chains, die Globalisierung von Wissen sowie den Aufbau strategischer Partnerschaf­ten und Kooperationen bei Themen rund um Forschung und Entwicklung, Sourcing und Ressourcenflexibilisierung.

Strategische Anpassung und Implikationen für das Wertschöpfungsmanagement

Die beschriebenen Trends machen Anpassungsprozesse nicht nur auf der Ebene des Wertschöpfungsmanagements, sondern auch im Kontext der Gesamtstrategie notwendig. Gleichzeitig bilden die strategischen Weichenstellungen der kommenden Jahre auch Rahmenbedingungen für die Entwicklung des externen Wertschöpfungsmanagements. Die Studienteilnehmer sehen perspektivisch mehrheitlich einen signifikanten Bedarf an Schärfung der strategischen Ausrichtung sowie an strategischer Geschäftsfeldentwick­lung. Gleichzeitig sollen die Fokussierung auf die Kern­kompetenzen und die Arrondierung der Portfolios voran­getrieben werden.

Diese Prozesse implizieren auch eine Neubewertung der eigenen Wertschöpfung, ihrer geografischen Verteilung und Tiefe. Im Einzelnen rücken damit Themen wie die Flexibilisierung der Lieferkette und Optimierung von Built­to­Order, globale Kostensenkungsansätze und die Entwick­lung optimal geeigneter Lokalisierungsstrategien (Best Country Sourcing versus Lokalisierung) in den Vordergrund. Eine besondere Rolle spielt dabei auch die Verlagerung wertschöpfender Teile der Supply Chain in die Wachstums­regionen.

Diese umfangreichen Veränderungen werden nach Meinung der Befragten neue Anforderungen an die Orga­nisation stellen: Vor allem die Komplexitätsreduktion und Qualitätssicherung durch Systemharmonisierung für durch­gängige Planungsprozesse, die Standardisierung und Digi­talisierung von Systemen und Abläufen sowie die Sicher­stellung der Prozessqualität, etwa durch Spezifikation von Bedarf, werden bis 2030 deutlich an Bedeutung gewinnen.

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Mit Blick auf die in den vorangegangenen Kapiteln beschrie­benen Trends im Wertschöpfungsmanagement liegt die Annahme nahe, dass Sourcing Governance bereits heute, in jedem Fall aber in den kommenden Jahren zum unter­nehmerischen Standard gehören sollte. Sowohl im Hinblick auf die Beherrschung von Risiken und die Sicherstellung der Innovationsfähigkeit als auch hinsichtlich der Reputation und der Rechtssicherheit erscheint die konsequente Implementierung von Sourcing Governance­Strukturen nahezu alternativlos. Die Studie zeichnet jedoch ein anderes Bild.

Keine umfassende Transparenz

So vereinbart nur knapp die Hälfte der befragten Unter­nehmen langfristige Ziele mit ihren Lieferanten und sorgt für deren kontinuierliche Überwachung. Gleichzeitig gab jeder vierte Befragte an, dass lediglich direkte Lieferanten, nicht aber die anderen relevanten Wertschöpfungspartner hinsichtlich operativer und strategischer Performance systematisch bewertet werden. Darüber hinaus überprüfen derzeit mehr als 60 Prozent der Unternehmen nicht die operative Performance der Vorlieferanten (Tier­2­ und Tier­3­Lieferanten). Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass lediglich ein knappes Drittel der Befragten angibt, die Transparenz der Vorlieferanten erhöhen zu wollen.

Im Gegensatz dazu ergibt sich bei der Prozess­ und Risiko­kontrolle sowie bei der Überprüfung der Rechtssicherheit ein differenziertes Bild: Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, die aus den Lieferantenbeziehungen resultierenden Risiken frühzeitig zu identifizieren und dabei auch den Reifegrad des Compliance Management­Systems der Lieferanten bei der Supplier­Auswahl zu berücksichti­gen. Gleichzeitig setzt jedoch die Mehrheit der Unter neh­men keine automatisierten Verfahren zur Überwachung der Einhaltung von Richtlinien und Prozessvorgaben ein. Und während zwei Drittel aller Unternehmen über einen Code of Conduct verfügen, der auch für die Lieferanten verpflich­tend ist, sorgt weniger als die Hälfte der Befragten dafür, dass die Einhaltung der Vorschriften auch überprüft wird.

Noch besorgniserregender sieht es im Hinblick auf das Management von Nachhaltigkeitsrisiken in der Wertschöp­fungskette aus: Nur 36 Prozent der Unternehmen geben an, umfassend zu Nachhaltigkeitsaspekten zu berichten, und gerade einmal ein Fünftel der Befragten unterstützt die Lieferanten dabei, die Nachhaltigkeitsrisiken systematisch zu verringern. Studien der letzten Jahre belegen, dass das Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen nach wie vor keinen angemessenen Stellenwert hat – dass es im Hinblick auf die Supply Chain erst recht keine Wahrnehmung findet, ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend.

Umsetzungshürden

Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass der geringe Durch­dringungsgrad von Sourcing Governance nicht mangelnder Erkenntnis, sondern vor allem Problemen bei Konzeption und Umsetzung geschuldet ist. Die Hürden liegen dabei einerseits auf prozessualer und technologischer Ebene, etwa bei einem fehlenden Compliance Management­ System. Andererseits fehlt häufig die organisatorische Basis für die Umsetzung einer umfassenden Sourcing Governance­Architektur: Für eine substanzielle Weiterent­wicklung ist eine enge Koordination zwischen den Finanz­, Risk­, Compliance­ und Einkaufsabteilungen unabdingbar. Sie müssen gemeinsam einen geeigneten Aktionsrahmen aufspannen. Dieser ist auch eine zwingende Voraussetzung für die Integration der Kompetenzen von Einkauf und Supply Chain Management (SCM) – und zwar im Hinblick auf sowohl das Wissen des Finanzdepartments über Risiko­management­Instrumente und ­Prozesse als auch auf die Kenntnis der Wertschöp fungs ketten. Und schließlich gibt es in den Einkaufs­ und SCM­Abteilungen der Unterneh­men einen massiven Qualifizierungsstau, was Risiko­, Compliance­ und Finanzthemen angeht. Hier sind struktu­rierte, systemische Weiterbildungsansätze gefordert.

5Sourcing Governance – 2015

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Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Unternehmen den Handlungsbedarf bei Sourcing Governance deutlich erkennen: Sourcing Governance im Jahr 2030 wird als „selbstverständlich“, als „K.­o.­Kriterium für die Wett be­werbs fähigkeit“ und als „gesellschaftlich unabding­bar“ bezeich net – als ein Thema, das Teil der „DNA der Organisation“ werden muss. Deshalb sehen die befragten Entscheider eine ganze Reihe strategischer Maßnahmen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden müssen, um die Voraussetzungen für eine umfassende und nach­haltige Implementierung und Durchsetzung aller relevanten Sourcing Governance­Aspekte zu schaffen.

Die Top-Themen: Einkaufsoptimierung und Lieferantenmanagement

Bei der Frage nach der Roadmap der nächsten zwei bis fünf Jahre werden insbesondere Einkaufsoptimierung und Lieferantenmanagement hervorgehoben. Dabei gibt es zwei Stoßrichtungen. Bei der ersten steht die Entwicklung eines Masterplans für die Evolution von Einkauf und Supply Chain Management im Fokus. Diese strategische Maß­nahme erfordert auch die Positionierung des Themas auf der Agenda der obersten Führungsgremien des Unter­nehmens. So halten die Befragten es für erfolgskritisch, dass die Definition der Ziele für Einkaufsoptimierung künftig auf Konzernebene erfolgt und ein ausreichendes Investitionsbudget für die Zentralisierung des Einkaufs, die Erhöhung der Transparenz durch eine höhere „managed spend“­Quote, eine kontinuierliche Performance­Messung und Bewertung sowie die strategische Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeiter zur Verfügung gestellt wird. Die zweite Stoßrichtung liegt – insbesondere vor dem Hintergrund des unbefriedigenden Status quo – in der Verbesserung der Nachhaltigkeit im Einkauf.

In Bezug auf das Lieferantenmanagement sehen die Studienteilnehmer großen Bedarf, die Leistungsfähigkeit, Effektivität und Effizienz der Einkaufsorganisation zu erhöhen und die Führung des Wertschöpfungsnetzwerks zu „verdichten“. Dies soll einerseits durch eine intensivere und regelmäßige Kommunikation, etwa Jahresgespräche und Lieferantentage, erreicht werden. Andererseits wollen die Befragten die Lieferantenbewertung um weitere, vor allem qualitative Aspekte erweitern. Parallel dazu sollen künftig Zielvorgabensysteme und Road Maps sowie regel­mäßige Audits bei Lieferanten und automatisierte Monito­ring­Lösungen die Steuerung unterstützen. In diesem Kontext stehen auch der Rollout von Compliance Manage­ment­Systemen und die konsequente Umsetzung des Code of Conduct im gesamten Lieferantennetzwerk auf der Agenda der Entscheider.

Eine weitere Betrachtungsebene stellen die heute bereits vorhandenen technologischen Möglichkeiten dar, die Sourcing Governance als End­to­End­Ansatz möglich machen. Bislang hat ein Großteil der Unternehmen diese Potenziale nicht annähernd realisiert. So sind etwa Schnitt­stellen für strukturiertes Forecasting entweder nicht vor­handen oder werden suboptimal gemanagt, beispielsweise im Hinblick auf das Working Capital. Das fehlende Glied eines integrierten, durchgängigen Sourcing Governance­Prozesses ist dabei bislang der Kunde. Genau wie der Lieferant sollte er mittelfristig einen festen Platz in der Konzeption und der technologisch gestützten Umsetzung von Sourcing Governance finden.

6Sourcing Governance – 2030

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Blickt man heute auf die politische und ökonomische Land­karte der Welt, wird deutlich, wie stark sich in den letzten Dekaden die Kraftlinien verschoben haben. Die nach dem Ausschluss Russlands im März 2014 wieder im Format der G7 bestehende Gruppe der weltweit leistungsfähigs­ten Volkswirtschaften wurde von der ökonomischen, zunehmend auch politischen Realität gnadenlos überholt. Längst liegen China und Brasilien unter den Top 8, während Kanada – von Indien und Russland überflügelt – aktuell nur noch Rang 11 ein nimmt. Doch nicht nur der ökonomische Schwerpunkt unseres Planeten bewegt sich von West­europa und Nordamerika in östlicher und südlicher Rich­tung, sondern auch der politische: Regio nale Allianzen und internationale Kooperationen jenseits früherer poli­tischer Großmächte gewinnen spürbar an Bedeutung.

Ein weiterer Vektor, auf dem die Machtpotenziale gen Osten und Süden wandern, ist die technologische Inno­vation. Westlichen Unternehmen und staatlichen Organisa­tionen fällt es immer schwerer, die globale technologische Führungsrolle zu verteidigen. Durch teils von sprudelnden staatlichen Fonds gestützte Innovations­ und Bildungs­offensiven in China, Südkorea und anderen asiatischen Ländern sowie strategische Unternehmensübernahmen und Beteiligungen im Westen werden diese Länder bereits in wenigen Jahren nicht mehr als verlängerte Werkbank Europas und der USA zur Verfügung stehen.

Um auf diese Herausforderungen eine langfristig und strategisch angemessene Antwort zu finden, ist in Europa und den USA ein neues Verständnis von Globalisierung erforderlich. Denn nach wie vor sind der Export, der Roh­stoffeinkauf und die Verlagerung von wenig wertschöpfen­den Teilen der Supply Chain die dominierenden Kanäle, über die wir die Welt erschließen. Die großen Zukunfts­märkte verlangen einen anderen Umgang. Sie erfordern konsequente Lokalisierung, die Verlagerung von Intelligenz und Entscheidungsmacht und den Blick auf die Innovations­potenziale dieser Regionen. Und nicht zuletzt gilt es durch intensive Zusammenarbeit und starke Präsenz vor Ort, die Versorgungssicherheit der an Rohstoffen armen europäi­schen Volkswirtschaften zu gewährleisten.

Die damit einhergehende engere Vernetzung und Integra­tion globaler Wertschöpfungsketten erfordert nicht nur strategisches Geschick, prozessuales Know­how und kulturelle Expertise. Vielmehr müssen auch die etablierten Strategien und Instrumente im Finanz­ und Risikomanage­ment tiefgreifend überdacht werden. Aus dieser Perspek­tive betrachtet gewinnt Sourcing Governance eine Bedeu­tung, die weit über das wirtschaftliche Geschick einzelner Unternehmen und selbst Branchen hinausreicht. Sie wird damit zu einem der Pfeiler für die Welt, in der wir 2030 leben werden.

7Ausblick

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