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Zeitsehrift fiir die gesamte experimentelle Medizin, 131, 105--117 (1959) Aus dam Physiologisch-Chemischen Institut der Karl-Marx-Universiti~t Leipzig (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. STRACK) Uber den Einfluit yon Glycerin auf den Blutzucker und yon Glucose auf den Glycerinumsatz Von ERICH STRACK~ HERBERT THEILE nEd DIETMAR BIESOLD Mit 5 Textabbildungen (Eingegangen am 12. Oktober 1958) Die enge strukturelle Beziehung des Glycerins zu den Triosen hat zahlreiche Untersuchungen darfiber angeregt, in welcher Weise diese Substanzen im Stoffwechsel miteinander verbunden slEd. Ffir den GesamttierkSrper wurde bewiesen, dab Glycerin in Glucose oder in Glykogen fibergehen kann und dab es Kohlenhydrate der Nahrung in gewissem Umfange zu ersetzen vermag. Mehr oder weniger umstritten bleiben die Beziehungen des Glycerins zum Insulin, zur Insulinhypo- glykiimie, zur eigenen UmsatzgrSBe und das Problem, wie Glucose den Glycerinumsatz oder Glycerin den Glucoseumsatz beeinflussen 1. Spfirt man den Urs~ehen Each, die bei den Einzelautoren zu den abweiehenden Befunden und sogar zu gegens~tzlichen Erkenntnissen ffihrten, so kann man einige augenfi~llige Unterschiede bei den Versuchen bemerken: Die Reaktionstage des Tieres im Kohlenhydrathaushalt, die yon Versuch zu Versueh sehr unterschiedlieh sein kann, blieb unbeachtet. -- Die umgesetzten Mengen und ihre jeweiligen Umsatzwege waren unzureichend bekannt; es best~nden somit keine einsiehtigen Beziehungen zwischen Stoffzufuhr, UmsatzgrSl3e nEd Umsatzweg in ihrem zeitliehen Verhalten oder zwisehen ihnen und dem benutzten Kriterium. -- Manche Veffahrensweise, wic z.B. den Blutzueker zu ermitteln, war nicht geeignet, die gestellten Probleme zu 15sen. In Untersuchungen, die schon 1929 begonnen wurden, hatten wir gefunden, dal~ man M/~ngel obiger Art weitgehend vermeiden kann, wenn man die zu prfifenden Stoffe gleichm~13ig infundiert 11, 14, 18. Unter der Dauerinfusion kann sich der TierkSrper in seinen Stoffweehselvorgi~ngen fiber l~ngere Zeit hinweg gleiehbleibend einregeln. In diesem Znstand sind deshalb ganz allgemein die Stoffweehselreaktionen auf eine zugeffihrte Substanzmenge gut zu charakterisieren und an den verschiedenartigen Kriterien unterein~nder vergleichend zu messen. Z. ges. exp. ~r163 Bd. 135 8

Über den Einfluß von Glycerin auf den Blutzucker und von Glucose auf den Glycerinumsatz

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Page 1: Über den Einfluß von Glycerin auf den Blutzucker und von Glucose auf den Glycerinumsatz

Zeitsehrift fiir die gesamte experimentelle Medizin, 131, 105--117 (1959)

Aus dam Physiologisch-Chemischen Institut der Karl-Marx-Universiti~t Leipzig (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. STRACK)

Uber den Einfluit yon Glycerin auf den Blutzucker und yon Glucose auf den Glycerinumsatz

Von

ERICH STRACK~ HERBERT THEILE n E d DIETMAR BIESOLD

Mit 5 Textabbildungen

(Eingegangen am 12. Oktober 1958)

Die enge strukturelle Beziehung des Glycerins zu den Triosen hat zahlreiche Untersuchungen darfiber angeregt, in welcher Weise diese Substanzen im Stoffwechsel miteinander verbunden slEd. Ffir den GesamttierkSrper wurde bewiesen, dab Glycerin in Glucose oder in Glykogen fibergehen kann und dab es Kohlenhydrate der Nahrung in gewissem Umfange zu ersetzen vermag. Mehr oder weniger umstri t ten bleiben die Beziehungen des Glycerins zum Insulin, zur Insulinhypo- glykiimie, zur eigenen UmsatzgrSBe und das Problem, wie Glucose den Glycerinumsatz oder Glycerin den Glucoseumsatz beeinflussen 1.

Spfirt man den Urs~ehen Each, die bei den Einzelautoren zu den abweiehenden Befunden und sogar zu gegens~tzlichen Erkenntnissen ffihrten, so kann man einige augenfi~llige Unterschiede bei den Versuchen bemerken: Die Reaktionstage des Tieres im Kohlenhydrathaushalt , die yon Versuch zu Versueh sehr unterschiedlieh sein kann, blieb unbeachtet. - - Die umgesetzten Mengen und ihre jeweiligen Umsatzwege waren unzureichend bekannt; es best~nden somit keine einsiehtigen Beziehungen zwischen Stoffzufuhr, UmsatzgrSl3e nEd Umsatzweg in ihrem zeitliehen Verhalten oder zwisehen ihnen und dem benutzten Kriterium. - - Manche Veffahrensweise, wic z .B. den Blutzueker zu ermitteln, war nicht geeignet, die gestellten Probleme zu 15sen.

In Untersuchungen, die schon 1929 begonnen wurden, hat ten wir gefunden, dal~ man M/~ngel obiger Art weitgehend vermeiden kann, wenn man die zu prfifenden Stoffe gleichm~13ig infundiert 11, 14, 18. Unter der Dauerinfusion kann sich der TierkSrper in seinen Stoffweehselvorgi~ngen fiber l~ngere Zeit hinweg gleiehbleibend einregeln. In diesem Znstand sind deshalb ganz allgemein die Stoffweehselreaktionen auf eine zugeffihrte Substanzmenge gut zu charakterisieren und an den verschiedenartigen Kriterien unterein~nder vergleichend zu messen.

Z. ges. exp. ~r163 Bd. 135 8

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Mit der Dauerinfusion ha t ten wir kfirzlich die Glycerinverwertung crneut untersucht und am nfichternen Kaninchen gefundenl~: Von Glycerininfusionen mit Mengen bis zu 0,5 g /kg/Std wird mit der h6heren Zufuhr anteilig immer mehr Glycerin im H a m wieder ausgeschieden. Die aus Zufuhr abzfiglich Ausscheidung ermittel ten Umsatzwer te lieBen ffir das Kaninchen ein Maximalumsatzverm6gen yon etwa 0,25 g/kg/Std errechnen. Bei Mengen fiber 0,6, die wir bis zu 1,0 g /kg/Std zufiihrten, stieg jedoch die VerwertungsgrSBe erneut an. Die Umsa tzkurve kippte in einem Grenzbereich urn, der bci Zufuhren zwischen 0,5 und 0,6 g /kg/Std und bei cinem Blutspiegel um etwa 200 rag-~ Glycerin lag. Wir nehmen an, dab der TierkSrper bei hohem Angebot zus/~tzliche Verwertungswege benii tzt gegenfiber jenen, die er bei niederem Angebot einsetzt.

Diese Beobachtung ha t dazu geffihrt, dab wit vorerst Glycerin nur bis zu 0,5 g/kg/Std infundierten, weft man bis zu dieser Menge mit einem g]eichbleibenden und spezifischen Verwertungsweg rechnen kann. Der Glycerinstoffwechsel, gemessen an Zufuhr - - Blutspiegel - - Umsatz - - Ausscheidung, ist un tcr der Dauerinfusion gleiehm~tgig und gut re- produzicrbar, womit ffir verschiedene Tiere, in verschiedcnen Ans/itzen und unter wechselnden Versuchsbcdingungen echte quant i ta t ive Verhalt- nisse im Umsatz erfaBt werden kSnnen 13. I n den folgenden Unter- suehungen haben wir die gegenseitige Beeinflussung yon Glucose und Glycerin studiert, indem wit Glycerin in Mengen bis zu 0,5 g /kg/Std und Glucose in Mengen bis zu 1,0 g /kg/Std infundierten.

M e t h o d i k

3--4 kg schweren m~nnlichen Kaninchen wurden mit einem bei uns tiblichen Infusionsverfahren dutch eine Duodenalfistel die gel6sten Stoffe gleichmggig enterM dauerinfundiert% Wghrend der Infusion wurden die Tiere frei beweglich im Stoffweehselkafig gehalten und erhielten keine Nahrnng. Zwisehen den Infusionen verblieben sie stets mehrere Tege im Stall, um sich zu erholen. Sic wurden mit nor- maler Stallkost geffittert, da Kaninchen eine l~ngere Nahrungskarenz sehleeht ver- tragen. Innerhalb jeder Versuehsserie wurden m6gliehst die gleichen Tiere ver- wendet, wodurch die Vergleichsfghigkeit in der Einzelversuehsreihe verbessert wird. Mehrfaehe Kontrollen bei einem Tier mit gleicher Glycerinmenge, abet in versehie- denen Zeitintervallen sehlossen ~us, dab sich die Reaktionsweise der Tiere im Ver- laufe der Versuehsreihe gegndert hat.

VersuehslSsungen. a) Halb-Ringer: Die iibliehe Warmbliiter-RingerlSsung wurde mit der gleichen Menge dest. Wasser versetzt, b) ZuekerlSsungen: Die fiir jeweils 24 Std benStigte Zuekermenge wurde mit dest. Wasser zu 240 ml gelSst und mit der gleiehen Nenge RingerlSsung versetzt, e) Glycerinl6sungen: Von einer genau bekannten etwa 25~oigen Stamml6sung wurde die fiir 24 Std ben6tigte Menge mit dest. Wasser zu 240 ml gelSst und der Glyeeringehalt nochmals refraktometrisch kontrolliert. Diese LSsung wurde mit 240 ml RingerlSsung oder mit 240 ml Glucose in RingerlSsung versetzt. Alle Versuche wurden mit einer genau dosierten Vor- infusion eingeMtet, die entweder aus Halb-Ringerl6sung oder aus Glucose in Halb- Ringerl6sung bestand. Each 24 Std wurde dann auf die jeweils folgende LSsung ohne Verzug umgesehMtet. Die infundierte Fliissigkeitsmenge betrug stets 20 ml/Std.

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Einflul3 von Glycerin auf den Blutzucker 107

Der Ham wurde unter der Infusion w~hrend der Einstellungszeit und wlhrend der Gleiehgewichtsperiode am Tagesende durch Katheterisieren in 2stiindigen Portionen gewonnen, wic es aus Abb. 2 hervorgeht. Nach Abbruch der Infusion wurde noch eine 18stiindige Nachperiode aufgefangen. Die einzelnen Harnportionen wurden getrennt verarbeitet. Auf Glucose wurde stets qualitativ geprfift. War Glucose vorhanden, wurde sic polarimetrisch bestimmt. Glycerin im Ham wurde mittels einer modifizierten Perjodatmethode ermittelt 12. Die angegebenen Glycerin- werte sind durch Blindwerte nicht korrigiert wordcn.

Die Blutproben wurden nach Erw~rmen des Ohres aus der Randvene entnom- men 15. In Hinsicht auf den Blutzucker entspricht der Gehalt dann etwa dem des gesamtvenSsen Mischblutes. Im Blur wurden die Glucose nach FRANK u. Km- nE~E~ 6, das Glycerin mittels Perjodat und Chromotropsanrc a photometrisch be- stimmt. Die Messungen wurden am Universalkolorimeter nach LA~G]~ ausgefiihrt. Die in die Abbildungen aufgenommenen Werte wurden aus gut iibereinstimmenden Doppelbestimmungen gebildet, so dab gefundene Schwankungen in erster Linie biologische Ursachen haben.

Um eventuell entstandene Triosen zu erfassen, beniitzten wit das Vcrfahren yon I)Isc~E u. BORE~F~EV~I) 4, die neben Aldo- und Ketozuckern auch Triosen be- stimmten, indem sic diese mit Carbazol kondensiert und die entstehenden Farb- stoffe spektrophotometrisch bestimmten. Wir benfitzten dieses Verfahren fiir Blur in der folgenden Weise: 0,1 ml Blur wurden in 0,9 ml Wasser einpipettiert und rnit je 0,5 ml n/10 NaOH und 1,8~oig. ZnSO a nach SOMOG:~I x~ enteiweiBt. Es wurde zentrifugiert und yore Oberstand 1,0 ml flit die Bestimmung abgehobeu. Nachdem der Farbstoff gebildet worden war, wurde in iiblicher Weise im Spiegelmonochro- mator abgclesen und die Farbstoffkonzentrationcn errechnet. Die Auswertung bei 650 und 470 m# l~Bt 1 ~ Glycerinaldehyd sichcr bestimmen. Dies entspricht einer Konzentration yon 2 mg-~o Glycerinaldehyd im Blur. Zns~tze yon Glycerinaldehyd bis zu einer Konzentration yon 8 mg-~o zum Blur ergaben Proportionalit~t zwischen Menge und Farbbildung. Gegenwart yon 200 mg-~o Glucose und 8 mg-~o Glucuron- s~ure stSrten die Bestimmungen nicht. Dutch die Enteiweigung nach SoMoGu wird die Farbbildung nicht beeinflui3t.

Versuchsergebnisse Wird einem K a n i n c h e n Glycerin im Stol~ in t raduodena l zugefiihrt,

so steigt der Glycerinblutspiegel berei ts innerha lb weniger Minuten auf hohe Werte an (Abb. 1), um d a n n exponent ial im Laufe einiger S tunden wieder abzufallen. Diese Form der Blutspiegelkurve, die schon NICLOVX s in ~hnlichen Ans~tzen bei Zufuhr per os am H u n d land, 1/~Bt die sehr gute Resorbierbarkei t des Glycerins erkennen. Sic ist in verschiedenen Ver- suchen als gleichartig ablaufend reproduzierbar. Aber hinsichtl ich der H5he und Dauer der Glycerins zeigen sich betr~chtliche Schwan- kungen. Ebenso unsicher sind die Aussagen fiber den E i n t r i t t und die HShe der un te r der Glyceringabe auf t re tenden Hyperglyk~mie. Fi ir quan t i t a t ive Beziehungen zwischen den Vergleichspartnern Glycerin - - Zucker oder Zufuhr - - Umsatz sind sic n icht brauchbar .

Wird dagegen das Glycerin in Form der Dauerinfusion zugefiihrt, so ist ein kons tan tb le ibendes Gleichgewicht zwischen Zufuhr und Umsatz meist 6 - - 8 Std nach Infus ionsbeginn eingespielt. Auf ieden Fall sind

8*

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auch bei den gr6Beren Zufuhren in der 2. Tageshilfte Zufuhr, Blutspiegel, Umsatz und Ausscheidung eindeutig gleichbleibend eingestellt i~. Abb. 2 gibt den Ablauf eines unserer anns 100 Infusionsversuche am nfichternen Kaninchen wieder, dem 24 Std lang Halb-Ringerl6sung vor-

I I I I . . /~- - .~_ 61ucose k l- . . . . . . . . . . . . - g . . . . .

o 2 3 ~ 5 Std 6 Abb. 1. Glycerin- und Gheoseblntspiegel beirn Kanin- ehen nach einmaliger intraduodenaler Zufuhr yon

Glycerin

infundiert und dann 0,5 g pro k g /S td Glycerin in- fundiert wurdc. Im Ge- gensatz zu Zuckerinfusi- onen steigt der Glycerin- spiegel im Blut allmi~hlieh an, bis er die H6he er- reieht hat, die der Zufuhr- menge entspricht. Bei ver- schiedenen Tieren lag der

Glycerinspiegel individuell verschieden hoch. Im allgemeinen wurde bei h6heren Zufuhren eine gr6Bere Schwankungsbreite gefunden. Bei 0,3 g pro kg/Std Glycerin fanden wir 83 :L 17 mg-% Glycerin im Blur i~. Beim gleichen Tier stellen sich in verschiedenen Versuchsans/~tzen die mittleren

fOO - '/yce/'~ in im B/u/ 50 ........ " ~ Glu,

III mn_ o / I . . . . , , , mmm._ _

Blutspiegelh6hen mit gerin- geren Abweichungen ein. Bei 0,3 g/kg/Std Glycerin fanden wir maximal ~ 4,2 rag-% Schwankung um den Mittel- wert. Wie Abb. 2 weiterhin erkennen liiBt, wird durch die Glycerininfusion der Blutzuk- ker erhSht.Er verbleibt schlieB- lich in dieser neuen Lage mit geringer Schwankungsbreite.

Die Ausscheidung des Gly- cerins im Harn steigt mit dem

2o 2z 2q/o 2 q 6 18 zo 22 2q/o 2 qSfd Glycerinspiegelim Blut an und Abb. 2. Glycerin- und Glueoseblutspiegel, Harn- glycerinausscheidung bei intradnodenaler Dauer- stellt sich in der 2. Tagesh~lfte

infusion Yon Glycerin ebenfalls ziemlich gleichblei-

bend ein. Der I{arn der 6.--18. Std ist in Abb. 2 als e inWert eingesetzt. Die ausgeschiedenen Anteile sind in Prozent der zugeffihrten angegeben.

Infundiert man niichternen Kaninchen enteral gleichm~i~ig Glucose, so erhi~lt man den bekannten Ablauf einer Zuckerbelastungskurve mit anfs Blutzuckeranstieg und einigen l~achschwankungen. H6he und AusmaB der Blutzuckeriinderung bestimmt die jeweilige Reaktions- lage des Tieres i5. Dann stellt sich jedoch der Blutzucker auf eine neue ttShe ein, die der zugeffihrten Zuckermenge angepaBt ist. Beim gleichen Tier schwankt der Zuekerspiegel nur gering urn den Mittelwert. Bei ver-

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EinfluB yon Glycerin auf den Blutzucker 109

(/ersychs- ser/e

I

Glycerin ~o, 8~

sehiedenen Tieren streut der mittlere Wert aueh nut ms wenn nieht besondere Bedingungen fiir den Stoffwechsel vorliegen. In unserer Test- zeit, den letzten Stunden der 2. Tageshs schwankt der Blutzucker- spiegel nicht mehr als es auch sonst bei ausgegliehenen Stoffweehsel- verhgltnissen und bei guter Entnahmeteehnik gefunden wird (Abb. 3). Der Mittelwert der Bestimmungen aus der 2. Tageshglfte ist als der ffir

~ H ~ / ~ ~ / ~ o ~ e ~ [~/~/S~d] 0,0 0,25 O,50 0,75

% O,3g/kg/Sfd zgo 6/.ycer/n zos

80

m

Glycerin ~0~ 8~

�9 ; ~ ~

: ~ "* ~

� 9 1 4 9 1 4 9

7,O

�9 ~ _ ~

- - I I r

Abb . 3. B l u t g l u c o s e w e r t e be i i n t r a d u o d e n a l e r D ~ u e r i n f n s i o n y o n G l y c e r i n . . 4 21. u n d 23. S t d der V o r i n f u s i o n , B 1 8 . 2 0 , 22. l i n d 24. S t d d e r I n f u s i o n . E rk l~ rmag s iehe T e x t

die jeweilige Infusionsmenge charakteristische Blutzucker angesetzt. Er liegt den weiteren Berechnungen und den Vergleichen zugrunde.

1. Beeinflussung des Blutzuckerspiegels durch Glycerinzu[uhren. Abb. 3 enth~tlt unter A die Blutzuckerwerte, die sich bei reiner Zuckerinfusion einstellten. Best immt wurde die 21. und 23. Std nach Beginn der gleich- m~Bigen Infusion. Der Nfichternblutzucker ist bei Infusionen yon Italb- Ringerl6sung ( ~ 0,0 Zucker) gleiehfalls in der 21. und 23. Std erhalten worden. Wir haben ihn ffir jede der 3 Versuehsserien gesondert als Aus- gangswert genommen, denn es m6gen sich immerhin im L~ufe der Unter- suchungen andernde Bedingungen wie die Jahreszeit, die Ernahrung usw. durch allgemeine Einflfisse bemerkbar machen. Unter B sind die Werte der 18. , 20., 22. und 24. Std der Hauptinfusion erfal~t. Aus diesen Einzel- werten haben wir den Mittelwert fiir jede der 14 Kategorien der Versuehs- ans~tze gebildet. Um die Ergebnisse fibersiehtlieh zu gestalten, haben wir sehheBlich ffir Abb. 4 ftir jedes Tier im gleichartigen Versuehsansatz den Mittelwert seiner Blutzuckerwerte gebildet und die Streuungen dieser

�9 �9 I ' l I ~

23 2 0 g ~ 23 2 0 ~ 23 2 0 ~ 23 2 0 g r 23 g 0 2 ~

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110 ERICH STRACK, HERBERT TtIEILE und DIETMAR BIESOLD:

individuel len Mittelwerte u m das Gesamtmi t te l des Versuehsansatzes eingetragen. Abb. 4 zeigt somit zusammengefaBt die Ergebnisse der kombin ie r ten Glucose-Glycerin-Infusionen. Es sind die mi t t le ren Blut-

Versuchs- 3er/e

m•- "

02 ! r/kg/G~d tO0 G zcerm .go

8O

N- j~ ~ o -

~'ycerin 90

60-

~ 3

2O8,0

I M 80,0 g~,8 9O,3 99,6 ZOl, q Z07,1 ZO~,O Z07,6 n5,r S ~_5,5 +_6.r +-6,9 27,'/ t~,3 +_7.3 t9,1 +-2,7

D z~,6 9,6 5,7 ~6 ~,[~rlifll~Gnf sD -4-7,35 _+1,08 t3,96 _+ ~,~

6 5 5 g # 1'4 8ZS 702,0 sZl ~oa,~ 1o3,7 no, s 1o7,8 zT~.o z~7

3 t#~ -*5.2 • • _+5,9 ~6.5 t7,r +-q,9 _+7,2 D z~, ~ 53 6,8 ~2 so +-6,;3 _+s, ss ~_8s5 _,6.~

~ni~ant t(o#s + + 0 ,9 N I I 5 5 7 7 M 8to s~,g ~ 2 ~ou,~ ~o2,o ..08.3 1o52 s *_~i *_s,8 +q,3 ~62 *_12,3 *_8.3 27o,3 D ~52 ~q -33 s O +-3,8 -+;3s +_s,;e

~nih'k#nl t(o,~. + § N 3 3 3 3

Abb. 4. ~=nderung des Blutglucosespiegels bei intraduodenalcr Dauerinfusion yon Glycerin (Ei~zelwerte s. Abb. 3). M Gesara~mittel, s St+reuung der individuellen Mi~telwerte um das Gesamtmittel, D Differenz dcr Mittelwerte A und B, sD Streuung tier Differenz, N Anzahl

der Versuche

spiegel der t t a lb -R inge r - In fus ionen und der Zuckerinfusionen Yon 0,25, 0,5, 0,75 u n d 1,0 g /kg/Std angeffihrt. Diese mi t t le ren Blutzucker sind mi t den Blu tzuckermi t te lwer ten verbunden , die aus gleicher Zucker- infusion zuzfiglich der Glycerininfusion en t s t anden waren. I n Serie I wurde0,2, in Serie I I 0,3 u n d in Serie I I I 0,5 g/kg/Std Glycerin infundier t . Die Differenz zwischen den mi t t l e ren Blutzuckerwer ten der Vorinfusion A

n~;~_ 7~0

/WSfd zOO G zcerm 80

80

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EinfluB yon Glycerin auf den Blutzucker 111

und der Glycerininfusion B wnrde im Paarvergleich auf Signifikanz mit dem t-Test geprfift.

Ans Abb. 4 ersieht man, dab der Blutzucker sich einer gr5Beren Zufuhr mit einem hSheren bleibenden Niveau anpaBt, und dab zns~tzliche Glycerininfusionen den bestchenden Blutzucker steigern. Eine Ausnahme machen die Versuche in Serie III , bei denen 0,5 g/kg/Std Glucose infun- diert worden waren. Diese auch sonst aus dem Rahmen fallenden Ver- suche liegen bei der sehr groBen Streunng noch weit im Zufallsbereich. Trotzdem meinen wir, dab hier uns noch nicht dnrchsichtige Verh/~ltnisse mitgewirkt haben, die vermutlich mit der Grenzkonzentration der Glycerinvcrwcrtung im Zusammenhang stehen.

Weiterhin bemerkt man, dab in den einzelnen Versuchserien der Blutzuckeranstieg auf die gleiche Glucoseznlage umso kleiner wird, je hSher die Gesamtzufuhr ist. Gleichsinnig verhalten sich die zus~tzlichen Glycerininfusionen. Anch sic treiben den Blutzucker umso weniger hoch, jc h5her der Ausgangsblutzucker bereits liegt. AuBerdem ist hervor- zuheben, dab die Gr5Be der Glycerinmenge ohne Einfiufi auf die Blut- zuckererhShung zu sein scheint, denn in Serie I I I erzeugt die 21~fach hShere Glycerinzufuhr nur etwa den gleichen Effekt wie in Serie I. Unterlegt man jedoch nicht die zngefiihrte, sondern die umgesetzte Glycerinmenge, so ist auch kein allzu groBer Unterschied zu erwarten, denn in Serie I betr/~gt der Umsatz 0,16, in Serie I I 0,19 und in Serie I I I 0,23 g/kg/Std 12. Der Glyeerinumsatz ist also nur um etwa 44~o gesteigert worden.

Abb. 4 l~l~t erkennen, da~ Kaninchen die Zufuhr von 1,0 g/kg/Std Glucose noch einregeln k6nnen. Zulagen yon Glycerin treiben aber den Blutzucker nunmehr unmaBig hoch. Ein ~hnliches Verhalten haben wir friiher aueh bei Zuckerzufuhren gesehen, die fiber 1,0 g/kg/Std betrugen. Es kommt meist nicht mehr bis zum Tagesende zu einer klaren Niveau- einstellung. I-Iierbei macht sich die Gr61~e der Glyceringabe jedoch deut- lich bemerkbar. In Serie I I I vermSgen die Kaninchen bei Infusion von 0,75 g/kg/Std Glucose ihren Blutzueker schon nieht mehr einznregeln, wenn 0,5 g/kg/Std Glycerin zus~tzlich infundiert wird. Aus Abb. 3, in der wir die Werte fiir die 18.--24. Std angeben, ist zu ersehen, wie in den letzten Stunden des Infusionstages der Blutzucker kraftig welter ansteigt. In Abb. 4 ist der Mittelwert aus den letzten Einzelwerten angegeben.

Bereits VO~GTLIN nnd Mitarbeiter (s. nnter 1) warfen die Frage auf, ob der unter Glyeeringaben gefundene Blutzuekeranstieg nicht durch Triosen vorgetauscht wird, die mit den verwendeten Reduktionsproben miterfaBt werden. Wir konnten diese MSgliehkeit ausschlieBen, indem wir in mehreren Versuchen die Triosen gleichzeitig mitbestimmten. Wir konnten weder unter der Glucose- noch unter der Glycerininfusion meBbar gesteigerte Triosenwerte ermitteln.

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2. Der Glycerinspiegel im Blur bei gleichzeitigen Glucoseinfusionen. In der Tabelle 1 haben wir die Glycerinspiegel im Blut unter steigender Zuckerinfusion dargestellt. Angegeben sind die Mittelwerte, die aus den Doppelbestimmungen der 18., 21. und 24. Std des 2. Infusionstages bei der angegebencn Tierzahl gcbildet worden sind. In den Reihen 2 und 3 sind die gleichen Tiere untersucht worden, die zu den entspreehenden Versuchcn der Abb. 3 und 4 verwendet wurden. Die Einzelwerte streuten

Tabelle 1. Glycerinblutspiegd (rag.%) im Umsatzgleichgewicht bei verschiedenen Glucosegaben (g/kg/Std)

Glycerin

0,0 g/kg/Std

0,2 g/kg/Std

0,5 g/kg/Std

0,0 0,25

5,4 4,2 N = 1 8 10

N = 6 5 i

0,5

4,2 11

43 6

150 3

0,75 1,0

6,4 4,5 l l 11

40 4 4

_

3

um den Mittelwert im l~ahmen der angegebcnen engen Schwankungs- brcite des Glycerinspiegels. Tabelle 1 entMlt in Reihe 1 die Glycerinwerte im Blur ohne Glycerinzufuhr bei Infusion yon Halb-Ringer- oder Glucose16sung. Die Werte bewegten sich durchweg im l~ahmen der friiher ermittelten Niiehternwerte ffir Kaninchcn s. (NICLOUX s fand mit anderem Verfahren im Blur 4,2'--4,9 rag-% bei Kaninchen und 2,5 mg-~o Glycerin beim Hund.) Dieser Glycerinwert erfaBt, methodisch bedingt, noch weitere Stoffe, die bei der Oxydation mit Perjodat Formaldehyd ergeben. Der ermittelte Nfichternspiegel ist deshalb zu hoch. Jedoch tr i t t wedcr die Blutzuckererh6hung yon 80 auf 105 rag-% hervor, noch haben die gr6geren Zuckerumsi~tze diesen Nfichternwert durch Auftreten yon reaktionsf/~higen Zwischenstufen ge/s

Ganz /~hnlieh verh/~lt sich die Reihe 2, in der 0,2 g/kg/Std Glycerin infundiert wurde. Die GlyeerinspiegelhShe liegt um etwa 40 mg-%. Sie wird durch die Glueoseinfusion nieht in bestimmter Weise vers such nieht bei Infusionen yon 1,0 g/kg/Std Glucose, bei denen der Blut- zueker schon entgleist (Abb. 3 u. 4).

In der Reihe 3 dagegen scheint eine echte Scnkung des Glycerin- blutspiegels mit steigendcr Glucoseinfusion einzutreten. Interessant sind diesc Ver/~nderungen des Blutglycerinspiegels in Hinsicht auf die folgend besehriebenen AusscheidungsgrSgen. Die Glycerinwerte im Blur sind nieht korrigiert worden, sie cnthalten also noch die Blindwertanteile.

3. Beeinflussung der Glycerinausseheidung durch gleichzeitige Glucose- gaben. Abb. 5 zeigt die Glycerinausscheidung im Harn sowohl hinsicht-

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EinfluB yon Glycerin auf den Blutzucker 113

lieh der Gesamtbilanz (einschlieBhch der Nachausscheidung) als auch im Umsatzgleichgewieht der letzten 6 Infusionsstunden als Prozent der Zufuhr (s. Abb. 2). In der Gesamtbilanz ist die Ausseheidung verstgnd- licherweise geringer, weil sich der L6sungsraum bemerkbar maehen mug. Durch ihn steigt und f/~llt die Konzentration nur allm/~hlich.Die Umsatzzeit ist somit verl/ingert.

In den Versuchsserien I und II finder man eine Zunahme der Glycerinausscheidung mit stei- gender gleichzeitiger Glucosezu- fuhr .Lediglich inVersuchsserie I I I ist diescr Effekt nicht deutli .h zu erkennem In der Versuchs- serie I I wurden bei allen Tieren am SchluB der Versuchsserie Kon- trollversuche ohne gleichzeitige Glucosegabe durchgeffihrt. Die in Abb. 5 am Ende dieser Serie eingetragenen Werte lassen deut- lich erkennen, dab die Umsat.z- f~higkeit durch die fiber 1/ingere Zeit erfolgten Glycerinfusionen nicht beeinfluBt wordcn ist.

Die I)ifferenz der Glycerin- ausscheidung zwischen den ein- zelnen Versuchgruppen (1--5 bei steigender Glucosezufuhr(Abb.5)) wurde innerhalb der Versuchs- serien im Paarvergleich nach dem t-Test auf Signifikanz gepr/ift. Wurde ein Versuch bei einem Tier mehrfaeh durchgeffihrt, so

zue e 'hr/ s/ucos m .g [dkdstd] (1) (2) (s) (5) (5) (1) 0'0 0,25 o~so o,75 1,0 0,0

30 go 10

~ N 3 23,0 23,g 2~,g 27,8 B 2g,3 23~q 28,6 29,0 31,7 N 6 5 6 r 5

so O,,3g/k,g/Sfd 6 / yce r /n

': tlllll 30

20

1

e6,5 31,S 35,S al, S gO,/ aS, O B 29,8 35,8 a~,s sq, o 57,2 N / N g 5 5 7 7 7

go

3o

20

1o

O A ~,0 g3~ ~2,1 ~,2 B ~,s g7,g 57,7 53~8 N 3 3 3 3

Abb. 51 Harnglyeerin~usscheid~mg bei in t ra- duodenaler Dauerinfusion yon Glycerin als P rozen t der zugeft ihr ten Menge. Helle S~ule (A) : Gesamtausscheidung, dunklc S~nle (B) : Ausscheidmlg im Umsatzg te ichgewich t dcr

le tz ten 6 Infns ionss tundcn

wurde ffir den Paarvergleieh der Mittelwert aus den individuellen Ver- suehen gebildet, so dab die Anzahl der ffir den Signifikanztest ver- wendeten Werte geringer ist als die Anzahl der Versuehe (untersehied- liehe N in Abb. 5 und Tabelle 2).

])as Ergebnis dieser Prfifung zeigt Tabelle 2, aus der hervorgeh~, dag die Zunahme der Glyeerinausseheidung in der Versuchsserie I I signifikant ist, nieht dagegen in den Serien I und III , die aber dem Sinne der Zu- nahme der Ausscheidung nieht widerspreehen. Bei 0,5 g/kg/Std Glycerin mag zudem ein Effekt in der relativ und absolut hohen Ausseheidung untergegangen sein.

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114 El~C~ STRACI4, HE~BERT THEILE und DIETI~IAR BIESOLD :

Beim Vergleich der Versuchsgruppen 2/3, 2/4 und 3/4 in der Serie I I ergab sich keine Signifikanz, so dab die geringere Glycerinausscheidung bei Zufuhr yon 0,75 g/kg/Std Glucose (Gruppe 4) gegenfiber 0,5 g/kg/Std (Gruppe 3) als Zufallsabweichung zu betrachten ist.

T~belle 2.

Versuchs- serie

III

II

A

B

A

B

A

Paarvergleich der Glycerinau~cheidung nach dem t-Test. Angabe der

N t

Signif.

t Signif.

N t

Signif.

t Signif.

N t

Signif.

t B Signif.

Signifikanz fiir t (o, o5) (zu Abb. 5)

Paarvergleich zwischen den Gruppen �89

3 0,161

0,99

4 4,48

§

1,36

3 0,52

0,27

"h, �88

3 4 1,60 1,36

1,38 3,92

4 4 3,93 3,66

§ §

3,22 0,60 +

3 3 0,81 1,28

0,07 1 ,55

1/5

4 3,08

2,98

4 7,72

§

5,49 +

In den Versuchen, bei denen der Blutzuckerspiegel sich nicht mehr auf ein Gleiehgewicht einstellt (s. Abb. 4), wurde mit einigen Harnportionen eine geringe Menge Glucose ausgeschieden. Diese wurde polarimetrisch ermittelt, und es wurde eine entsprechende Glueose]6sung mit Perjodat

Tabelle 3. Per]odatoxydable Substanzen im Harn als mg Glycerin/kg/Std unter verschieden gro[3en Glucosegaben

Zugeffihrte Glucoseraenge (g/kg/Std)

0,0 0,25 0,50 I 0,75 1,0

2,18 2,67 1,84 I 2,38 1,99 N -- 21 13 14 I 15 11

wie Glycerin bestimmt. Die Werte waren der Zuckermengc etwa pro- portional und maehten einen Bruchteil der Glycerinwerte aus. Sie sind yon dem Glycerinwert im Harn abgezogen. Die erh6hten Glycerin- ausseheidungcn sind deshalb dureh die eventuelle Glueoseausscheidung nicht verfs Weiterhin haben wir die Perjodatwerte unter der H~lb-

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EinfluB von Glycerin auf den Blutzucker 115

Ringer- und der Glucoseinfusion in den Harnen bestimmt. Diese Werte sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Die Glucoseinfusionen beeinflussen die Leerwerte nicht. Wegen der relativ kleinen und gleichm~Bigen Leer- werte um 2--2,5 mg/kg/Std ,,Glycerinwert" haben wir die Harnwerte des Glycerins nicht korrigiert.

Besprechung der Versuchsergebnisse Aus unseren Befunden am Blutzuckerverhalten lassen sich auch ffir

den Zuckcrumsatz einige recht interessante Betrachtungen anstellen. Der Blutzuckerspiegel, der sich einige Std nach Beginn der gleichm~Bigen Infusion yon Traubenzucker einstellt, ist charakteristisch ffir die In- fusionsmenge. Der Blutspiegel steigt mit der Menge an. Eine bestimmte Zuckerzulage steigert den Blutzuckerspiegel umso weniger, je mehr Zucker schon umgesetzt wird. Wenn die Blutzuckerh6he die Insulin- ausschiittung steuert, so k6nn~e man schlie~en, dag eine gleiche Blut- zuckerdifferenz die Inseln starker anreizt, Insulin auszuschfitten, je h6her der Blutzucker schon liegt. Es wfirde sich also sinngem~B eine Maximal- kurve ergeben, wenn die Reize ( = BlutzuekerhShen) auf der Ordinate und die ausgeschfitteten Insnlinmengen auf der Abszisse aufgetragen werden. In dieser Betrachtung bleibt vorausgesetzt, dab das Zucker- Insulin-Aquivalent yon der umgesetzten Zuckermenge unabhi~ngig gleich grog bleibt.

Eine zweite Erkl~rung, die mit den bekannten Befunden fiber das Verhalten des •quivalents im Tierk6rper gut vereinbar ist, wi~re die, dab mit steigender Zuckerzufuhr das J~quivalent Zucker/Insulin gr6Ber wird, die Aktivit~t des Insulins sich also ver~ndert. Das Zucker/Insulin- Aquivalent wiirde aber auch steigen, wenn yon der gr6Beren Zuckermenge erh6hte Anteile auf Verwertungswege gelenkt werden, die nicht oder wenig insulinbediirftig sind. Die 3 Hauptwege der Zuckerverwertung Anbau (Glykogen), Abbau (Verbrennung), Umbau (Fettbildung) be- n6tigen unterschiedlich Insulin. Das Zueker/Insulin-~quivalent bliebe hierbei grunds~tzlich gleich grog. Es erscheint uns nur in der Gesamt- bilanz als angestiegen. In diesem letzten FMle w~re die Konzentrations- steuerung durch die Blutzuckerh6he ffir den Mengenumsatz in dem Sinne t/~tig, dab bestimmte Verwertungswege besehriinkt w/irden und nicht vom Angebot beliebig abMngig sind. DiG Blutzuckerh6he als aktive Lenkungseinrichtung im TierkSrper erscheint hier in neuem Liehte. Aber dieser Fragenkomplex Zucker-Insulin ist zu umfangreich, um ihn an Hand unserer Befunde hier zu diskutieren.

Weiteres In~eresse n6tigt der Befund ab, dab Glycerin den Blutzucker entsprechend seiner Zuckerwertigkeit, 2 Glycerin = 1 Zucker, erh6ht. Glycerin kann bekanntlich in Zucker fibergehen. Ktirzlich haben GII)EZ u. KARNOVSKY 7 14C-markiertes Glycerin verabreicht und gefunden, daB

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116 ERZCH STRACK, HERBERT THEILE und DIET1KAR BIESOLD:

dcr neu gebildete Zucker zu 70--100% und das gebildete Glykogen zu 15--39~o aus dem zugeffihrten Glycerin stammen. Unserc Befunde beweisen, dab Glycerin sehr hochprozentig in Zucker fibergcht. Darfiber- hinaus zeigen sic noch, dab der fiberwiegend in der Leber aus dem Glycerin gebildete Zucker nicht unmittelbar in diesem Organ angesetzt worden ist. Der Zucker wird erst in die Blutbahn abgegeben und erh6ht den Glucosespiegel. Der neu gebildete Zucker regt dann einc ihm angepa~te Insulinausschfittung an, die wic oben ffir gleich gro~e Zuckerzulagcn zu werten ist. In Hinsicht auf den Glykogenansatz in der Leber besteht ffir die Glyccrinzuckeranteile die Besonderheit, daI~ sic wie eine parente- rale Gabe vertcilt und vcrwertet werden. Da die Leber ffir diese Zucker- mengen somit nur im Teflkreislauf liegt, sic also parenteraler Zufuhr entspreehen, erklgrcn sich die geringen und schwankenden Anteile des Glykogenansatzes, dcr nach Zufuhr yon markiertem Glycerin erfolgt 5, 7 Auch die Beobachtung yon BE~HAaD U. WAGSE~ 2, da~ der Glykogen- ansatz bei hungernden Ratten in der Leber nach D-markierter Glycerin- zufuhr viel starker ist als bei gut ern~hrtcn Tieren, ist durch die ver- schiedcnc Insulinausschfittung bei unterschiedlichem Kohlenhydrat- stoffwechsel erkl~rt. Weft der neu gebildete Zucker erst in den gro~en Kreislauf fibertritt, konnten GIDEZ u. KAR~OVSKu auch keine Abhingig- keit in der Glykogenbildung vom Zufuhrweg, ob cnteral oder parenteral, finden.

In gewissem Grade vermag auch der Kohlenhydrathaushalt unmittel- bar auf den Glycerinumsatz einzuwirken. Das Verh~ltnis yon Blutspiegel, Umsatz und Ausscheidung des Glycerins kann sich dureh Zuckcrzufuhr ver~ndern. Bei gleich hohem Blutspiegel wird die Ausscheidung des Glycerins crhSht und damit der Umsatz geringer, wenn grSBere G]ucose- mengen zugleich infundiert werden. Vielleicht bestehen hier Einflul~- nahmen durch konkurriercnden Phosphatbedarf zwischen Zucker und Glycerin, der solche Bceinflussungcn erkli~ren kSnnte. [Jber diese Fragen soll in einer folgenden Arbeit fiber die Phosphatbewegung im Organismus berichtet werden.

Zusammenfassung Der Blutspiegel von Glucose und Glycerin sowie der Umsatz und die

Ausscheidung yon Glycerin werden mittels enteraler Dauerinfusion von Glycerin und Glucose im eingestellten Gleichgewichtszustand untersucht.

1. Glucoscinfusionen yon 0,25; 0,5; 0,75 und 1,0 g/kg/Std erhShen den Glucosespiegel charakteristisch fiir die Menge. Eine gleiche Zuckerzulage steigert den Blutspiegel umso weniger, je grSl~er die Gesamtzufuhr ist. Mengen fiber 1,0 g/kg/Std kSnnen racist nicht mehr eingeregelt werden, ebenso entgleist der Blutzuckerspiegel, wenn Glycerin zugleich mit 1,0 g Glucose infundiert wird.

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Einflul~ yon Glycerin auf den Blutzueker 117

2. G lyce r in e r h S h t den B l u t z u c k e r e n t s p r e c h e n d se iner Zucke rwer t i g -

kei t . D e r n e u gebf lde te Z u e k e r w i r d p r i m e r in den grol]en K r e i s l a u f

ge le i te t , ehe er v e r w e r t e t wird . 3. D e r Glyce r insp iege l i m B l u r w i r d d u r c h G l u c o s e z u f u h r n i c h t be-

einflul]t . Be i h o h e r G lyee r in in fus ion (0,5 g / k g / S t d ) w i rd er d u r e h Glucose-

z u f u h r ein wen ig gesenk t .

4. Die G l y c e r i n a u s s c h e i d u n g wi rd be i g l e i c h b l e i b e n d e m B l u t s p i e g e l

d u t c h Z u c k e r z u f u h r e n v e r s t s

5. D e r G l y c e r i n l e e r w e r t in B l u t u n d H a m w i r d d u r c h Glucose-

i n fus ionen n i c h t ve rg rS~e r t . U n t e r G lyce r in in fus ion s ind ke ine Tr iosen

i m B l u r nachwe i sba r .

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Professor Dr. Dr. E. STRAe~, Leipzig C 1, LiebigstraBe 16, Physiologisch-Chemisches Institut der Karl-Marx-Universit~t