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Umgang mit
Psychopharmakaim werksärztlichen
DienstOlga Zumstein | BASF SE
Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz
Prof. Dr. med. Stefan Lang
Chief Medical Officer
10./11.06.2016 Regionalforum “fit 4 job” VDBW Landesverband
Westfalen-Lippe “
Statistik
Psychopharmaka: Psychoanaleptika ( Antidepressiva,
Psychostimulanzien, Antidementiva) und Psycholeptika ( Antipsychotika,
Lithium, Anxiolytika, Hypnotika), ist die dritte am häufigsten verordnete
Arzneimittelgruppe nach den Herz-Kreislauf- Mitteln und
Ulkustherapeutika (Arzneiverordnungsreport 2011, 2012)
Verbrauch von Psychoanaleptika in Deutschland hat seit 1999 um mehr
als 84 % zugenommen ( WHO)
2011 wurden mit 1257 Mio. DDD ( defined daily dosis, definierte
Tagesdosis) knapp 7% mehr Antidepressiva verschrieben als in 2010
2Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Statistik
Weltweit leben 350 Mio. Menschen mit Depressionen
Davon 4 Mio. in Deutschland (WHO)
1,3 Mio. Menschen in Deutschland leiden an Alkoholabhängigkeit
319.000 Menschen in Deutschland leiden an Polytoxikomanie (Cannabis,
Amphetamine, Kokain)
2,3 Mio. Menschen sind medikamentenabhängig
368.000 Personen mit leichter Spielsucht und 443.000 Personen mit
schwerer Spielsucht im Alter von 16 bis 65J.a
(Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen 2013; Jahrbuch Sucht 2013)
3Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Entwicklung Wiedereingliederungen
BASF SE
4Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Entwicklung Wiedereingliederungen
BASF SE
5Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Was bereitet uns Schwierigkeiten?
„Dünne“ Studienlage, wegen niedriger
Anzahl von Krankenprobanden,
limitierte Zahl der Messparameter
Validität der Tests
Situationseinschätzung ist immer
individuell
66
Bekannte Effekte von Psychopharmaka:
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe
Einfluss auf Vigilanz, kognitive Funktionen,
psychomotorische Reaktionen
10./11.06.2016
Was sagen die Studien?
Depression und Fahrtüchtigkeit
A. Brunnauer und G. Laux, 2013:
65% Patienten vor Behandlungsbeginn erfüllten nicht die gesetzliche
Mindestanforderungen für die Fahrtüchtigkeit
72,5% der auf AD eingestellten Patienten wurden vor der Entlassung
vom Fahrlehrer als „gute Fahrer“ eingestuft (85% in Kontrollgruppe)
22,5% Patienten zeigten „befriedigende Fahrleistungen“ (15%Personen in der Kontrollgruppe)
5% Patienten bekamen „leichte Bedenken“ in Bezug auf
Fahrkompetenzen
7Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 7
Was sagen die Studien?
Antidepressiva (AD)
Indikationen:
Depression
depressive Anpassungsstörung
Angststörung
Panikstörung
bipolare Störung
posttraumatische Belastungs-störung
chronisches Schmerzsyndrom
Somatisierungsstörung etc.
Kognitionen und Motorik:
Erkrankungen selbst beeinflussen
Reaktionen und Kognitionen mehr
als Antidepressiva, wenn
Einstellung erfolgte
8Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 8
Was sagen die Studien?
Antidepressiva (AD)
TZA – Amitriptilyn, Doxepin, Imipramin, Nortriptylin, Trimipramin,
Opipramol
TetraZA – Maprotilin, Mianserin
NaSSA – Mirtazapin
SSRI – Es-und Citalopram, Sertralin, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin
SNRI – Venlafaxin, Duloxetin
NARI – Reboxetin
MAO-Hemmer – Moclobemid
Melatonerge AD – Agomelatin
9Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Was sagen die Studien?
Antidepressiva (AD)
Die modernen AD haben ca. 73% Anteil von der gesamten (ohne
Johaniskraut) AD-Verordnungen:
SSRI: Citalopram/Escitalopram, Sertralin, Fluoxetin, Paroxetin
NaSSA: Mirtazapin
Melatonerge AD: Agomelatin ( Valdoxan)
Aus der Gruppe SNRI: Venlafaxin (Trevilor), Duloxetin (Cymbalta),
Bupropion (Elontril)
Aus der TZA Gruppe: Amitriptylin, Opipramol, Doxepin, Trimipramin
10Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Was sagen die Studien?
Antidepressiva (AD)
TZA haben 2,2 – 6 Fach erhöhte Verkehrssicherheitsrisko (je nach
Dosierung) (Ray et al.1992, Leveille et al.,1994)
Insbesondere Akuteffekte von sedierenden AD wirken negativ bei
Fahrproben
Mirtazapin reduziert Fahrtüchtigkeit bei akuter Einnahme gesunder
Probanden, bei wiederholter Einnahme zeigt es keinen Einfluss auf
Fahrtüchtigkeit; bei kranken Probanden wird die Fahrtüchtigkeit
verbessert (Brunnauer und Laux, 2012)
Nachteinnahme der sedierenden AD hat keine negative Auswirkung auf
Fahrtüchtigkeit am nächsten Tag (Ramaekers 2003)
11Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Unfallrisiko: Was sagen die Studien?
Monotherapie
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Alle AD zeigen kein erhöhtes Unfall- oder Verursacherrisiko (Neutel,1995, Mc.Gwin et al., 2000)
Sedierende oder nicht sedierende AD – kein erhöhtes Unfallrisiko bei
jüngeren Personen (Barbone et al., 1998, Gibson et al., 2009), bzw. leicht erhöhtes
Unfallrisiko (Bramness et al., 2008)
Ältere Personen (>60J) - erhöhtes Risiko unter TZA (Leveille et al., 1994),
das zudem dosisanhängig ist (Ray et al., 1992)
Reboxetin erhöht Fahrtüchtigkeit bei Erkrankten (Brunnauer und Laux, 2012)
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 12
Unfallrisiko: Was sagen die Studien?
Kombinations- oder Augmentationstherapie
Bei der Kombination von 2 oder mehr Psychopharmaka steigt Unfallrisiko
1,5- 2 Fach (Leveille, 1994, Raver und Gier, 2010)
Unfallrisiko wird deutlich erhöht bei gleichzeitiger Einnahme von BZD und
TZA (Ray et al., 1992)
65% der depressiven Patienten unter Polypharmazie erreichen die
gesetzliche Mindestanforderungen für die Fahrtüchtigkeit
Bei 5 bis 16% Patienten zeigen sich schwerwiegende Auffälligkeiten
Fazit: Für die Fahrtüchtigkeit gibt es im Vergleich zur antidepressiven
Monotherapie keinen Nachteil bei polypharmazeutischen
Behandlungsstrategien (Brunnauer und Laux, 2013)
13Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 13
International Council on Alcohol, Drugs and
Traffic Safety (ICADTS)
ICADTS Klassifikation 2007 unterteilt pharmakologische Substanzen mit dem
Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit in 3 Kategorien:
Sichere Substanz ohne Effekte auf die Fahrtüchtigkeit:
SSRI, SNRI (Fluoxetin, Es- und Citalopram, Paroxetin, Venlafaxin,
Sertralin, Fluvoxamin, Moclobemid)
II Hohe Wahrscheinlichkeit für geringe oder moderat negative Effekte
Nortriptylin, Opipramol, Flupentixol
III Hohe Wahrscheinlichkeit für deutliche negative Effekte (vermutlich
gefährlich)
Amitriptylin, Trimipramin, Doxepin, Mirtazapin, Mianserin,
Trazodon)
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 14
Antipsychotika = Neuroleptika (NL)
Indikation
Behandlung psychotischer Störungen,
z.B. Schizophrenie, drogeninduzierte
Psychose, schizoaffektive Psychose,
diverse Wahnstörungen
Kognitionen und Motorik:
Bei diesen Erkrankungen sind
insbesondere selektive Aufmerksamkeit,
Arbeits- und Langzeitgedächtnis,
exekutive Funktionen deutlich
beeinträchtigt
Hochpotente NL zeigen in niedriger bis
mittlerer Dosierung gute antipsychotische
Wirkung ohne Sedierung (Haloperidol,
Benperidol, Fluphenazin, Flusperilen )
Mittelpotente NL - gute antipsychotische
Wirkung mit mäßiger Sedierung
(Zuclopenthixol (Ciatyl-Z))
Niederpotente NL- in niedriger bis mittlerer
Dosierung geringe antipsychotische
Wirkung bei deutlicher bis ausgeprägter
Sedierung (Promethazin, Chlorprothixen,
Levomepromazin (Neurocil) etc. )
Atypische NL (Olanzapin, Aripirazol,
Quetiapin, Risperidon,
Clozapin)
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.201615
Was sagen die Studien?
Psychosen und Fahrtüchtigkeit
Untersuchung von 120 Patienten mit der Diagnose einer Schizophrenie unter
Monotherapie mit Neuroleptika (NL) (Brunnauer et al., 2004)
Fazit:
Großteil der Patienten mit einer Erkrankung aus dem schizophrenen
Formenkreis erreicht nicht die gesetzliche Mindestanforderungen
zum Führen eines Kraftfahrzeugs, trotz optimaler Therapie und
gebesserter Klinik
Atypische NL zeigen bessere Ergebnisse in Vergleich zu typischen
Testung der Fahreignung bei solchen Patienten anzuraten!
16Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 16
International Council on Alcohol, Drugs and
Traffic Safety (ICADTS)
Kategorie II:
Hochpotente NL :Haldol
Niederpotente NL: Melperon,
Pipamperon
Atypische NL: Olanzapin,
Quetiapin, Risperidon, Clozapin
Kategorie III:
Niederpotente NL: Chlorpromazin,
Levomepromazin
17Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 17
Sedierende Medikation
Neuroleptika
Sedierende Antidepressiva
Sedativa, Hypnotika:
Benzodiazepine (BZD),
Non-Benzos, Melatonin
Psychoanaleptika
Alkoholentwöhnungsmittel
Raucherentwöhnungsmittel
Andere Substanzen (Opioide)
ICADTS Kategorien:
Kategorie II: BZD (Tetrazepam,
Medazepam), Non-BZ
(Zolpidem, Zaleplon), Codein
und Derivate, Gabapentin,
Oxycodon, Levodopa, Methadon
Kategorie III: fast alle BZD inkl.
Diazepam, Non-BZ Zopiclon,
Morphin, Buprenorphin,
Tramadol, Tilidin
1818Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Was sagen die Studien?
Tranquilizer und Hypnotika
BZD werde in Abhängigkeit von der Dosierung, der Anzahl der
eingenommenen Präparate und der Dauer der Behandlung um den Faktor
1,5 bis 5,5 erhöhten relativen Verkehrsunfallrisiko bewertet
Zur Anxiolyse eingesetzte BZD mit einer langen Halbwertzeit stellen eine
deutliche Gefährdung der Verkehrssicherheit dar (Barbone et al.1998, van Laar
u.Volkerts1998)
Bei Verunfallten fanden sich in bis zu 13% der Fälle BZD, voe allem bei
den Unfallverursachten ( Currie et al.1995)
Verschiedene BZD-Hypnotika, Non BZD Zopiclon haben Residualeffekte,
d.h.16-17 Stunden nach Einnahme des Medikaments werden die
Auffälligkeiten im Fahrverhalten vergleichbare mit dem
Alkoholkonzentration >0,5 prom. (Verster etal. 2002, 2004)
19Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Was sagen die Studien?
Opioide im Rahmen Schmerztherapie
10 kontrollierten Studien (1989 – 2005): Überprüfung Fahrtüchtigkeit relevanten
Dimensionen
6 Studien: zur Einschätzung der Kognitionen und Opiodgebrauch(G. Kurita, L. Lundorff,C. Pimenta, P. Sjorgen)
Fazit:
Stabile Opioid - Langzeittherapie hat kein Auswirkung
auf Fahrtüchtigkeit
Unmittelbar nach Dosissteigerung bestehen wirksame
kognitive und psychomotorische Einschränkungen
Kurzwirksame Opioide on top führen zur vorübergehende
ante- und retrograden Gedächtnisstörung
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 20
Was sagen die Studien?
Depression und Fahrtüchtigkeit
Nur 45% bipolare Patienten erreichen die gesetzlichen
Mindestanforderungen zum Führen eines Kraftzeugs
21Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 21
Was sagen die Studien?Stimmungsstabilisierer
Indikationen:
Epilepsie, bipolare Störung,
Depression, neuropathische
Schmerzen, Angststörung,
soziale Phobie
Wirkung auf Kognitionen und
Motorik:
Beeinträchtigung des Kurz-
und Langzeitgedächtnisses
durch Erkrankungen (Ferrier, Zubieta, Ananth, Schaw etc.)
Stimmungsstabilisierer:
Lithium,
Antikonvulsiva:
Carbamazepin,
Valproinsäure,
Lamotrigin,
Gabapentin,
Pregabalin (Lyrica)
2222Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Was sagen die Studien?
Stimmungsstabilisierer
Lithium Therapie hat nur initial sedierende Wirkung, Reaktionszeit ist
Dosisabhängig ( Bechetal.1976, Hatcher etal.1990)
Kognitive und motorische Funktionen können durch Antikonvulsiva
beeinträchtigt werden, insbesondere unter Therapie mit Carbamazepin,
Phenytoin ( zerebelläre Ataxie)
23Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
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Fazit
Einschränkungen bestehen :
während: der Einstellungsphase, Aufdosierung,
Umstellung, Dosiskorrektur
in Kombination mit Alkohol oder Drogen
bei Opioidwechsel
mit sedierenden Tri – oder Tetrazyklischen AD
bei BZ insbesondere in Kombination mit Tri – oder
Tetrazyklischen AD
bei schlechtem Allgemeinzustand
in höherem Lebensalter
24Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
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Fazit
Eine pauschale Bewertung ist nicht möglich
Immer individuelle Entscheidung
Anamnese, persönliches Gespräch
Fremdanamnese
Netzwerk: Rücksprache mi dem Facharzt
für Psychiatrie, Befunde von Kliniken und
Fachärzten
Medikamentöse Anamnese
Krankheitsverlauf
Leistungstestung
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016 25
Wichtigste Dimensionen für die
Einschätzung der kognitiven Funktionen
26Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
ReaktionszeitPsychomotorische
Geschwindigkeit
Aufmerksamkeit
Gedächtnisleistung
Konzentration
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Untersuchungsinhalte
Konzentrationstest
Test zur Daueraufmerksamkeit
Test zu fortlaufender visueller
Wiedererkennung ( „Merkfähigkeit“)
Reaktionstest
27Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe10./11.06.2016
Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Fragen?
10./11.06.2016 28
10./11.06.2016 Regionalforum " fit 4 job" VDBW Landesverband Westfalen-Lippe 29