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28 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017 Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017 | 29 Viele Wege führen nach China „Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht“, besagt ein chi- nesisches Sprichwort. Vielleicht hat sich Chinas Staats- präsident Xi Jinping an diese Weisheit erinnert, als er der Welt 2013 seine Vision von „One Belt – One Road“ (OBOR) mit der Neuen Seidenstraße im Mittelpunkt prä- sentierte. Vor allem die westlichen Industrienationen, die anfangs noch irritiert mit dem Kopf geschüttelt haben an- gesichts der gigantischen Dimensionen des Jahrhundert- projekts, sind heute beeindruckt, mit welchem Tempo das Reich der Mitte seine Strategien vorantreibt, ohne das Für und Wider endlos abzuwägen. Frei nach dem Motto: Neue Lösungen und Ideen können sich nur be- währen, wenn man sie ausprobiert. Und die bisher er- reichten Erfolge sprechen für diese Theorie. Neben Pipelines, Strom- trassen, Tiefseehäfen und dem Zugang zu Rohstoff- vorkommen steht die Wie- derbelebung der Neuen Seidenstraße durch schie- nen-gebundenen Güterver- kehr im Zentrum der OBOR-Überlegungen. Seit Jahrhunderten wird der Verkehr zwischen dem Fer- nen Osten und Europa durch die Schifffahrt domi- niert. Das wird sich auch nicht ändern, aber China arbeitet daran, mit dem Land- weg eine Alternative zu entwickeln. Die Bahn soll als neue ökonomische und politische Brücke zwischen Euro- pa und China dienen. Wie schnell aus einer Vision Realität werden kann, zeigt ein Blick in die aktuelle Studie des Internationalen Eisen- bahnverbands UIC und der Unternehmensberatung Ro- land Berger aus September 2017 über die Eurasischen Bahnkorridore. Demnach sind allein 2016 über 1.700 Zü- ge mit einem Containervolumen von 145.000 TEU auf den Strecken der Neuen Seidenstraße zwischen China und Europa gefahren. Nach UIC-Prognosen soll das Auf- kommen in zehn Jahren, also 2027, auf 670.000 TEU stei- gen. Unrealistisch ist das nicht, wenn man bedenkt, dass die Zahlen 2014 noch bei rund 800 Zügen und 25.000 TEU lagen. Hamburg spielt bei dieser Entwicklung eine wichtige Rol- le und will sich auch zukünftig noch stärker als Eisenbahn- knoten für China-Verkehre positionieren. Dass die Hanse- stadt das Tor nach Europa für den seeseitigen Handel mit der Volksrepublik ist, ist keine Neuigkeit. Allein 2016 wur- den in Deutschlands größtem Seehafen 2,6 Mio. TEU im China-Verkehr umgeschlagen. Fast jeder dritte Container, der im Hamburger Hafen über die Kaikante geht, hat sein Ziel oder seinen Ursprung im Reich der Mitte. Aber was hat der Hamburger Hafen mit dem Gütertrans- port per Bahn auf der Neuen Seidenstraße zu tun? „Der Hafen ist Europas größte Logistikdrehscheibe und im Handel mit China der führende Hafenplatz. Zur Logistik des Standorts trägt im Zu- und Ablaufverkehr des Hafens der Bahnverkehr entscheidend bei. Mit 2.000 angebote- nen Containerzugverbindungen pro Woche ist Hamburg mit großem Abstand der stärkste Player im Markt“, erläu- terte Axel Mattern, Vor- stand von Hafen Hamburg Marketing (HHM), bereits im vergangenen April auf der Veranstaltung „Ham- burg – Gateway zur Neuen Seidenstraße“, zu der HHM eingeladen hatte. Als Europas Bahnhafen Nummer eins und mit der weitreichenden China-Ex- pertise im Rücken sei es nur konsequent, dass Hamburg auch bei der Neuen Seidenstraße eine Schlüsselrolle einnimmt. Aber sehen das die chinesischen Initiatoren genauso? „Hamburg wird in China als einer der wichtigsten End- punkte der Seidenstraße betrachtet, sowohl bei den see- seitigen als auch bei den landseitigen Transportverbin- dungen“, bestätigt Lars Anke. Als Hafen-Hamburg- Repräsentant in Shanghai kann Anke die Betrachtungs- weise der chinesischen Seite gut beurteilen. In den ver- gangenen Jahren wurde er in ganz China zu zahlreichen Veranstaltungen mit Schwerpunkt Neue Seidenstraße zu Diskussionsrunden und als Referent eingeladen. Die wachsende Bedeutung Hamburgs als Eisenbahn-Hub im China-Verkehr ist vor allem auf das zunehmende Leis- tungsangebot zurückzuführen: Schon heute werden zwi- schen China und der Hansestadt wöchentlich 177 Con- tainerzugverbindungen angeboten. Und ständig kommen neue Services, verbesserte Bahnprodukte, zusätzliche Destinationen und damit auch zusätzliche Ladungsvolu- men hinzu. China ist der größte Handelspartner des Hamburger Hafens. Die Hansestadt gilt als das Tor nach Europa für chinesische Waren. Hamburg will aber nicht nur im Seehandel die Nase vorn haben, sondern positioniert sich auch als bedeutender Eisenbahnknoten für China-Verkehre. Als Europas Bahnhafen Nummer 1 ist es nur konsequent, dass Hamburg bei der Neuen Seidenstraße eine Schlüsselrolle einnimmt. LOGISTIKWELT LOGISTIKWELT 28 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017 Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017 | 29 2016 SIND ÜBER 1.700 ZÜGE MIT EINEM CONTAINERVOLUMEN VON 145.000 TEU AUF DEN BAHNTRASSEN DER NEUEN SEIDENSTRASSE ZWISCHEN CHINA UND EUROPA GEFAHREN.

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28 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017 Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017 | 29

Viele Wege führen nach China

„Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht“, besagt ein chi-nesisches Sprichwort. Vielleicht hat sich Chinas Staats-präsident Xi Jinping an diese Weisheit erinnert, als er der Welt 2013 seine Vision von „One Belt – One Road“ (OBOR) mit der Neuen Seidenstraße im Mittelpunkt prä-sentierte. Vor allem die westlichen Industrienationen, die anfangs noch irritiert mit dem Kopf geschüttelt haben an-gesichts der gigantischen Dimensionen des Jahrhundert-projekts, sind heute beeindruckt, mit welchem Tempo das Reich der Mitte seine Strategien vorantreibt, ohne das Für und Wider endlos abzuwägen. Frei nach dem Motto: Neue Lösungen und Ideen können sich nur be-währen, wenn man sie ausprobiert. Und die bisher er-reichten Erfolge sprechen für diese Theorie. Neben Pipelines, Strom-trassen, Tiefseehäfen und dem Zugang zu Rohstoff-vorkommen steht die Wie-derbelebung der Neuen Seidenstraße durch schie-nen-gebundenen Güterver- kehr im Zentrum der OBOR-Überlegungen. Seit Jahrhunderten wird der Verkehr zwischen dem Fer-nen Osten und Europa durch die Schifffahrt domi-niert. Das wird sich auch nicht ändern, aber China arbeitet daran, mit dem Land-weg eine Alternative zu entwickeln. Die Bahn soll als neue ökonomische und politische Brücke zwischen Euro-pa und China dienen. Wie schnell aus einer Vision Realität werden kann, zeigt ein Blick in die aktuelle Studie des Internationalen Eisen-bahnverbands UIC und der Unternehmensberatung Ro-land Berger aus September 2017 über die Eurasischen Bahnkorridore. Demnach sind allein 2016 über 1.700 Zü-ge mit einem Containervolumen von 145.000 TEU auf den Strecken der Neuen Seidenstraße zwischen China und Europa gefahren. Nach UIC-Prognosen soll das Auf-kommen in zehn Jahren, also 2027, auf 670.000 TEU stei-gen. Unrealistisch ist das nicht, wenn man bedenkt, dass die Zahlen 2014 noch bei rund 800 Zügen und 25.000 TEU lagen. Hamburg spielt bei dieser Entwicklung eine wichtige Rol-le und will sich auch zukünftig noch stärker als Eisenbahn-knoten für China-Verkehre positionieren. Dass die Hanse-

stadt das Tor nach Europa für den seeseitigen Handel mit der Volksrepublik ist, ist keine Neuigkeit. Allein 2016 wur-den in Deutschlands größtem Seehafen 2,6 Mio. TEU im China-Verkehr umgeschlagen. Fast jeder dritte Container, der im Hamburger Hafen über die Kaikante geht, hat sein Ziel oder seinen Ursprung im Reich der Mitte. Aber was hat der Hamburger Hafen mit dem Gütertrans-port per Bahn auf der Neuen Seidenstraße zu tun? „Der Hafen ist Europas größte Logistikdrehscheibe und im Handel mit China der führende Hafenplatz. Zur Logistik des Standorts trägt im Zu- und Ablaufverkehr des Hafens der Bahnverkehr entscheidend bei. Mit 2.000 angebote-nen Containerzugverbindungen pro Woche ist Hamburg mit großem Abstand der stärkste Player im Markt“, erläu-

terte Axel Mattern, Vor-stand von Hafen Hamburg Marketing (HHM), bereits im vergangenen April auf der Veranstaltung „Ham-burg – Gateway zur Neuen Seidenstraße“, zu der HHM eingeladen hatte. Als Europas Bahnhafen Nummer eins und mit der weitreichenden China-Ex-pertise im Rücken sei es nur konsequent, dass Hamburg auch bei der

Neuen Seidenstraße eine Schlüsselrolle einnimmt. Aber sehen das die chinesischen Initiatoren genauso? „Hamburg wird in China als einer der wichtigsten End-punkte der Seidenstraße betrachtet, sowohl bei den see-seitigen als auch bei den landseitigen Transportverbin-dungen“, bestätigt Lars Anke. Als Hafen-Hamburg- Repräsentant in Shanghai kann Anke die Betrachtungs-weise der chinesischen Seite gut beurteilen. In den ver-gangenen Jahren wurde er in ganz China zu zahlreichen Veranstaltungen mit Schwerpunkt Neue Seidenstraße zu Diskussionsrunden und als Referent eingeladen. Die wachsende Bedeutung Hamburgs als Eisenbahn-Hub im China-Verkehr ist vor allem auf das zunehmende Leis-tungsangebot zurückzuführen: Schon heute werden zwi-schen China und der Hansestadt wöchentlich 177 Con-tainerzugverbindungen angeboten. Und ständig kommen neue Services, verbesserte Bahnprodukte, zusätzliche Destinationen und damit auch zusätzliche Ladungsvolu-men hinzu.

China ist der größte Handelspartner des Hamburger Hafens. Die Hansestadt gilt als das Tor nach Europa für chinesische Waren. Hamburg will aber nicht nur im Seehandel die Nase vorn haben, sondern positioniert sich auch als bedeutender Eisenbahnknoten für China-Verkehre.

Als Europas Bahnhafen Nummer 1 ist es nur

konsequent, dass Hamburg bei der Neuen Seidenstraße

eine Schlüsselrolle einnimmt.

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2016 SIND ÜBER 1.700 ZÜGE MIT EINEM CONTAINERVOLUMEN VON 145.000 TEU AUF DEN BAHNTRASSEN DER NEUEN SEIDENSTRASSE ZWISCHEN CHINA UND EUROPA GEFAHREN.

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DAS SCHIENENNETZ ASIEN – EUROPATrassen der Neuen Seidenstraße Quelle: Merics/Grafik: HHM existierende Strecken geplant oder im Bau

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HAMBURG

Vor gut anderthalb Jahren stieg das im Hamburger Hafen ansässige Unternehmen TCO Transcargo GmbH in das China-Bahngeschäft ein. „In erster Linie wickeln wir Bahncontainer im Export nach China ab. Zu Beginn wa-ren es drei bis vier 40-Fuß-Container in der Woche“, erin-nert sich TCO-Geschäftsführer Thomas Wolnewitsch. Heute sind es wöchentlich schon 25 Container.Partner beziehungsweise Auftraggeber von TCO ist der chinesische Bahnoperateur ZIH (Zhengzhou International Hub Development). Derzeit verlassen fast täglich ZIH-Zü-ge Hamburg in Richtung China. Aufgrund des steigenden Bedarfs plant der Operateur, die Frequenz weiter zu erhöhen.Einen Vorteil der Bahncontai-ner sieht Wolnewitsch in der Zeitersparnis. Auf dem Was-serweg dauert der Transport durchschnittlich sechs Wo-chen von Tür zu Tür, auf der Schiene geht es mit knapp drei Wochen 50 Prozent schneller. „Zeitlich ist die Bahn also sehr interessant im Ver-gleich zum Seetransport. Und preislich ist sie sehr attraktiv im Vergleich zur Luftfracht“, so Wolne-witsch. Trotzdem ist er überzeugt, dass das neue Transportsystem keinen nennenswerten Einfluss auf die Transportvolumen im Seefrachtbereich haben wird. Dafür seien die Kapazitäten einfach zu gering. Denn durch den Erfolg stößt das Zugsystem teilwei-se an seine Grenzen. Vor allem an den Umladestati-onen, beispielsweise zwischen Polen und Weißruss-land, wo der Wechsel zwischen russischer Breit- und europäischer Normalspur stattfindet, kommt es häu-figer zu Engpässen und Zeitverzögerungen.

Lars Lauenroth, Leiter der Special Traffic & Project-Abtei-lung bei COSCO Shipping Lines (Germany) GmbH in Hamburg, kennt die Problematik an den Umladestatio-nen. Seine Abteilung kümmert sich um alles, was sich nicht um Standardcontainer im Seeverkehr dreht, also Breakbulk-Verladungen, Befrachtung von Multipurpose-Schiffen und eben auch Blockzüge zwischen China und Europa. Es mag verwundern, warum sich eine Reederei wie COSCO Shipping im eurasischen Schienengüterverkehr engagiert, aus Sicht von Lauenroth ist das aber kein Wi-

derspruch. „Wir sind in Europa vor allem als Schifffahrtsunter-nehmen bekannt, in China ist COSCO Shipping jedoch der größte Transport- und Logistik-dienstleister – mit Speditionen, Luftfracht, Bahnverkehren … Schienengüterverkehr ist also wahrlich kein Neuland für uns.“ Seit 2014 ist COSCO Ship-

ping Deutschland im China-Zug-Geschäft tätig. Das Unternehmen bietet von Hamburg aus wöchentlich drei Abfahrten zu verschiedenen Hubs in Mittel- und Südchina an. Gefahren werden hauptsächlich Auto-parts, Ersatzteile, Maschinen und auch Sammel- ladung. „Das Zugsystem ist in den letzten drei Jahren extrem schnell gewachsen. Angefangen haben wir mit einer Teil-zeitkollegin, mittlerweile sind es zwei Vollzeitkräfte, die sich ausschließlich um die China-Züge kümmern“, so Lauenroth. Allein zwischen 2016 und 2017 hat sich das Ladungsaufkommen um 85 Prozent erhöht. Der Nachteil: Knappe Kapazitäten auf den Trassen und an den Umlade-

Es gibt Planungen, das russische

Breitspurnetz gen Westen auszuweiten.

stationen. „Transitzeiten von 17 bis 18 Tagen, wie sie vor ein bis zwei Jahren kein Problem waren, verlängern sich derzeit auf 21 bis 25 Tage“, beschreibt Lauenroth die Si-tuation. Das ist zwar immer noch schneller als das See-schiff, zeigt aber auch die Krux: Die weitere Entwicklung des Zugsystems wird derzeit durch den eigenen Erfolg ausgebremst. Far East Land Bridge (FELB), mit zehn Jahren Erfahrung einer der Pioniere auf dem Gebiet der Bahntransporte zwischen Europa und Asien, sucht deshalb bereits nach neuen Routen und Umlademöglichkeiten. Im Oktober hat das Unternehmen, das schon heute jährlich fast 50.000 TEU auf dem Schienenweg zwischen Europa und Fernost bewegt, einen neuen wöchentlichen FCL-Ser-

vice zwischen Hamburg und der Provinzhauptstadt Changsha eingerichtet. Dabei wird in ostgehender Rich-tung erstmals eine Route über die Grenzstadt Erlian zwi-schen der Mongolei und China genommen. FELB will diese neue Option als Erweiterung seiner ostgehenden Dienste und als alternative Route zur Vermeidung von Grenzstaus nutzen. Um das Nadelöhr der Umladestationen zu entlasten, gibt es auf europäischer Seite unter anderem die Idee, das russische Breitspurnetz gen Westen auszuweiten. So schmieden die Österreichischen Bundesbahnen und Un-ternehmen aus der Slowakei, der Ukraine und Russland seit knapp zehn Jahren Pläne, die Breitspur um 450 km bis in die Region Wien-Bratislava auszubauen.

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Um die geplanten und prognostizierten Transportmen-gen bewältigen zu können, müssten zudem die Tras-senkapazitäten ausgebaut werden. Derzeit bahnen sich die Züge entlang von zwei Hauptrouten ihren Weg: Die Schiene verbindet Europa und China zum ei-nen über die nördliche Route via Mongolei, Russland und Belarus, zum anderen über die Südroute via Ka-sachstan. Letztere verzweigt sich in mehrere Linien und kann entweder durch Russland oder Zentralasien verlaufen. Eine weitere Trasse, die über die Türkei, den Iran, Pakistan und Indien führen soll, ist in der Planung. China-Experte Lars Anke ist allerdings skeptisch, ob es tatsächlich auf neue Schienenverbindungen hinaus-läuft. Er glaubt eher daran, dass bestehende Trassen zweigleisig ausgebaut werden. Die Umsetzung wäre deutlich schneller und unkomplizierter.

Wie stark die Wachstumspotenziale im Zugsystem zwischen Fernost und Europa sind, zeigt auch das Bei-spiel von DHL Global Forwarding. Die Deutsche Post-Tochter ist seit 2011 im eurasischen Bahngeschäft ak-tiv. „Das Frachtvolumen auf der Schiene zwischen Deutschland und Asien hat sich innerhalb eines Jahres verzehnfacht. Um der steigenden Nachfrage weiter ge-recht zu werden, mussten auch wir weiter wachsen, Prozesse optimieren und Kompetenzen bündeln. Des-halb haben wir uns für den Aufbau eines zentralen Chi-

na Rail Competence Centers entschieden“, sagte Volker Oesau, CEO DHL Global Forwarding Deutsch-land und Mitteleuropa im Mai 2017. Insgesamt bietet DHL Global Forwarding 15 Zugver-bindungen und damit siebenmal pro Woche einen Haus-zu-Haus-Schienenverkehr zwischen Deutsch-land und Fernost. Die Züge folgen dem transkasachi-schen Westkorridor und dem transsibirischen Nordkor-ridor, mit einem dichten Netz von Rail-Hubs in allen wichtigen Wirtschaftszentren in China, Taiwan, Japan und Korea.Es zeigt sich also, dass mit der Bahn eine transport- ökonomische Alternative zwischen Ost und West heran-wächst. Anfängliche Startschwierigkeiten sind bei einem derartigen Mammutprojekt unvermeidbar. Eine Zugfahrt nach China ist von ihrer Komplexität nicht mit einer inner-europäischen Beförderung zu vergleichen, wo der Zug-verkehr weitgehend liberalisiert ist. Die Container rollen durch mindestens fünf Länder, wo man von stabilen Volkswirtschaften und harmonisierten Prozessen häufig noch weit entfernt ist. Aber Lars Anke macht auch klar: „Für die Kürze der Zeit läuft es erstaunlich gut. Rom wur-de nicht an einem Tag erbaut.“ Die Zuverlässigkeit hat sich seit den Anfangsjahren enorm verbessert, und das ist für die Verladerschaft häufig noch wichtiger als die Transitzeiten. Der Hafen Hamburg-Repräsentant ist über-zeugt, dass die schienengebundene Seidenstraße noch viel Potenzial für Kooperationen zwischen chinesischen und europäischen Firmen bietet. „Den chinesischen Operateuren fehlt meist die Erfahrung im europäischen Netz, anders herum ist das chinesische Netz Neuland für europäische Anbieter. Wenn sich zwei passende Partner finden und neue, sinnvolle Bahnprodukte entwickeln, dann kann man einiges bewegen. Die chinesische Seite steht dem auf jeden Fall sehr offen gegenüber.“ Und wie sagte schon Konfuzius: Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. ■

Die Container rollen durch mindestens fünf Länder, wo man von stabilen Volkswirtschaften und harmonisierten Prozessen häufig noch weit entfernt ist.

Am Bahnterminal DUSS

Hamburg-Billwerder

werden fast täglich

China-Züge abgefertigt.

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In Itzehoe, nördlich von Hamburg, hat Anfang 2016 das sogenannte CLC China Logistic Center den Betrieb auf-genommen. Seither hat sich das Areal zu einer stetig wachsenden Logistik-drehscheibe entwickelt. Hinter dem Projekt steht eine deutsch-chinesische Investorengruppe mit der Logistik-er-fahrenen Familie Tietje und der chine-sischen Weijing Logistics Group. Das CLC umfasst 70.000 qm Lager- und 8.000 qm Bürofläche. Zudem stehen zusätzlich Flächen auf dem Gelände der ehemaligen Gruner & Jahr-Druckerei zur Entwick-lung weiterer Logistikkapazitäten bereit. China spielt im Portfolio der Kunden und Waren eine wichtige Rol-le. In Itzehoe werden B2B- und B2C-Waren eingela-gert, kommissioniert und konfektioniert, die über den Hamburger Hafen im Seecontainer umgeschlagen werden. Vereinzelt kommen die Güter auch schon im

Bahncontainer aus China. „Wir sind immer offen für neue Entwicklungen“, erklärt Gustav Tiedje, einer der drei CLC-Geschäftsführer. „Deshalb denken wir mit unseren chinesischen Partner auch darüber nach, ein eigenes Zug-Produkt zu entwickeln – eventuell über Kaliningrad.“ www.china-logistic-center.de

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