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VIERTELVOR Das Heft fürs Nauwieser Viertel 07/2009 kostenlos Nauwieserfest-Programm im Innenteil # 10

Viertelvor Ausgabe 10

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Viertelvor – das Magazin für's Nauwieser Viertel – Ausgabe 10 vom Juli 2009

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VIERTELVORDas Heft fürs Nauwieser Viertel

07/2009kostenlos

Nauwieserfest-Programmim Innenteil

#10♠ ♣ ♦ ♥

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6OPERWolfgang Amadeus MozartDIE HOCHZEIT DES FIGARO26. September 2009, SST.........................................................................

DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG

IN DER RE IHE <ECHTZE IT>

Michel van der AaDAS BUCH DER UNRUHEmit Klaus Maria BrandauerVorstellung am 30. Oktober 2009, SST.........................................................................

MUSICAL -URAUFFÜHRUNG

Frank NimsgernPHANTASMA7. November 2009, SST.........................................................................

Engelbert HumperdinckHÄNSEL UND GRETEL19. Dezember 2009, SST

BALLETTURAUFFÜHRUNG

CASA AZULvon Marguerite Donlon im Rahmendes „N.O.W. dance Saar“-Tanzfestivals9. Oktober 2009, AFW

SCHAUSPIELLOLAnach dem Drehbuch vonPeter Märthesheimer und Pea Fröhlichfür Rainer Werner Fassbinder11. September 2009, AFW.........................................................................

Johann Wolfgang von Goethefaust12. September 2009, SST.........................................................................

DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG

PeterLichtDIE GESCHICHTE MEINEREINSCHÄTZUNG AM ANFANGDES DRITTEN JAHRTAUSENDS27. September 2009, sparte4.........................................................................

Bertolt BrechtMANN IST MANN14. November 2009, AFW.........................................................................

DAS WEIHNACHTSSTÜCK IM SST

L. Frank BaumDER ZAUBERER VON OZ15. November 2009, SST.........................................................................

Elfriede JelinekDIE KONTRAKTE DES KAUFMANNS15. November 2009, sparte4.........................................................................

SST: Staatstheater, AFW: Alte Feuerwache

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Willkommen zur 10. Ausgabe von VIERTELVOR!

Da wir es hier mit einer Jubiläumsausgabe zu tun haben, soll das aktuelle Titelbild eine kleine Re-miniszenz an das erste Heft darstellen, das im Juli 2003 erschienen ist – die guten alten Kau-

gummiautomaten, auch für sie werden die Zeiten offensichtlich härter.Nach den bisherigen zehn Ausgaben kann ich zusammenfassend sagen, dass ich sehr dankbar

bin, so viele interessante Leute kennengelernt zu haben, deren Bekanntschaft ich wohl nur dank desHeftes gemacht habe. Da taten sich mit jedem Viertelvor doch immer wieder erstaunliche neueTüren auf, obwohl man denkt, seine Pappenheimer zu kennen. Sehr inspirierend.

Was das aktuelle Heft angeht, waren wir freudig überrascht von der regen Teilnahme an unse-ren beidenMitmach-Aktionen „Dein liebstes Problem imNauwieserviertel“ und dem Viertel-Albumvon André Mailänder. Bei der Problem-Umfrage kamen innerhalb von 3 Wochen über 100 Zettel zu-rück und von André ließen sich insgesamt über 120 Models ablichten. Diese Fotostrecke wäre ei-gentlich ein Sonderheft wert und auch sie beweist, dass man zwar viele, aber noch lange nicht allenetten Leute im Viertel kennt!

viel Spassss!Ralf Leis

Erste Ausgabevom August 2003

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Inhalt

8 kurzes

10 mein liebstes problemvon Ralf Leis und Purk Reuleaux

16 die letzten ihrer artDie Geschichte vom Buchladenkollektiv, von Stefanie Baehr und Ralf Leis

24 das viertelalbumFotografien von André Mailänder

32 programm nauwieserfestDas Fest der Feste

42 der sammlerInterview mit Axel Späth, von Stefanie Baehr und Ralf Leis

50 the generation after nextvon Véronique Verdet, Illustrationen von Marc „Mieps“ Misman

56 kellner, philosoph und heisse luftvon Markus Spohn

62 teile des ganzenvon Stefan „Ede“ Grenner

64 impressumWerWieWas

66 nachschlagpräsentiert von Ursel und Norbert Jungmann

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Kurzes

♠ 20 Jahre Gemüsemädels

Janny & Tina wünschen wir nachträglichalles Gute zum 20jährigen! Seit 1989 werdenhier frisches Obst und Gemüse zusammen mitherbherzlicher guter Laune an den Mann unddie Frau gebracht. Das kleine Lädchen in derNauwieserstraße hat nun schon einige Höhenund Tiefen durchlebt und auch immer mal wie-der zu kämpfen gehabt. Mittlerweile sind diebeiden Schwestern aus dem Viertel aber nichtmehr wegzudenken.

Ihren Mittagstisch bieten die beiden mittler-weile seit ca. 6 Jahren an, ein leckerer Geheim-tipp mit Augenmerk auf gesunde frischeZutaten. Sehr geschätzt werden ebenfalls dashausgemachte Pesto und die Marmelade. Seitlängerem haben sie ihren Gemüseladen miteinem originellen Gerüst geschmückt, überdessen Ästhetik man streiten kann, das ihrerBeliebtheit aber keinen Abbruch getan hat.

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♠ Happy End...

in der Seilerstraße.

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Kurzes

♠ Zusammenrücken

Claude Oliver Rudolph muss sich sei-nen Container mittlerweile mit LeonardCohen teilen. Was für eine lustige Kombi-nation.

♠ Der alte Zausel...

hat mal wieder Recht.

♠ Übrigens, ...

wir finden die Re-Sozialisation von ehe-maligen Suchtkranken begrüßenswert. Undwir finden es auch durchaus in Ordnung,dass dies im Viertel statt findet. Insofern istdie absurde Mobilmachung gegen die Eröff-nung des Awo-Second-Hand-Buchladens„Lese-Viertel“, Ecke Förster-/Blumenstraße,in dem Ex-Junkies zur beruflichen Wieder-eingliederung beschäftigt sind, wohl nur alshysterisch zu bezeichnen. Hatte man erwar-tet, dass plötzlich aidsverseuchte Drogen-Zombie-Horden durchs Viertel wanken,kleine Kinder fressen und Geschäfte plün-dern? Oder ging’s schlicht und ergreifendum Sozialhygiene in unserem schicken,liberalen Viertel...? Ätzend.

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das liebste problemvon Purk Reuleaux und Ralf Leis

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Kollektivgeführte Buchläden trifft man eigentlichnur noch ausgestopft im Museum an. Dass sich aus-gerechnet der buchladen in der Försterstraße besterGesundheit erfreut, grenzt an ein kleines Wunder, istaber letztlich kein Zufall...von Stefanie Baehr und Ralf Leis, Foto von Ralf Leis

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die letztenihrer artMarika stöhnt leicht auf, „achje, der ganze

Politkram, das ist schon so lange her, das hatdoch mit der heutigen Situation gar nix mehrzu tun.“ Bei dem ersten Vorgespräch zu dieserReportage ist ihr anzumerken, dass das alteKlischee vom „linksalternativen Buchladen-kollektiv“ etwas nervt. Die Schwerpunkte desbuchladens liegen offensichtlich nicht mehr impolitischen Bereich bzw. Anstreben der Welt-revolution. Den „Sissy-Effekt“ nennt es Pauldann auch lachend, „das Politische haftet unseinfach an, wir werden zumindest medial oft da-rauf reduziert.“ Dabei geht es ihm eher darum,einen professionellen Job zu machen sowie –und das gilt wohl für alle – Kollektivgedankeund Arbeitssituation unter einen Hut zu kriegen.„Wobei man als ,Kollektivmitglied‘ auch heutenoch gerne mal mit ,Kommunist‘ verwechseltwird“, wie Marika belustigt erzählt.

Für unser Gespräch ist die komplette Be-setzung anwesend: Ur-buchladen-Mann ErlendBeth, Marika Klein und Anette Mantwill, diebeide gerade ihre 30jährige Kollektiv-Mitglied-schaft gefeiert haben, sowie die beiden „Neuen“,Paul Philippi und Frank Peters, die allerdings

auch schon seit 23 bzw. 19 Jahren dabei sind.Nachdem wir es uns nach Geschäftsschluss imWintergarten des Ladens gemütlich gemachthaben, gilt es erst einmal, die Fakten zu sortie-ren. 36 Jahre Geschichte plus Vorgeschichte er-fordert etwas Konzentration.

Vom Raubdruck zum Geschenkpapier

Gegründet wurde der politische buchladen,wie er damals noch hieß, 1973 – fünf Jahre nach’68. In einer Zeit, als es großen Bedarf an neuenpolitischen Büchern gab, Verlage aus dem Bodengeschossen waren und in vielen Städten derRepublik neue Buchläden und Vertriebsstruk-turen entstanden. Linkes Bildungsgut solltejedermann zugänglich gemacht werden. Dazugehörte auch, Raubdrucke von Schriften her-zustellen und zu vertreiben, die zu dieser Zeit nurschwer auf normalem Wege aus Bibliothekenoder aus dem Buchhandel zu beschaffen waren.

Vorläufer des Ladens war ab 1970 derMensa-Büchertisch der sogenannten ad-hoc-Gruppe (Basisgruppe der Wirtschaftswissen-schaftlichen Fakultät der Uni Saarbrücken).

von links: Erlend Beth, Marika Klein, Anette Mantwill, Frank Peters und Paul Philippi

Was bisher geschah...

1970- Mensa-Büchertisch der sogenannten1973 „ad-hoc-Gruppe“ (Basisgruppe an der

Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultätder Uni SB)

1973 Eröffnung des „politischen buchladens“GbR (Erlend Beth und Ralf Paul) in derDudweiler Straße 69

1975 Christa Wennberg fängt im buchladenals erste Azubildende an

1976 Beschlagnahmung „Wie alles anfing“von Bommi Baumann

1977 Umzug in die Johannisstraße 3 undNamensänderung in „der buchladen“.Besetzung: Erlend Beth, Ralf Paul undChrista Wennberg

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1978 Marika Klein steigt als Azubi ein.Saarbrücker taz-Initiative im buchladen.

1979 Anette Mantwill steigt als Azubi ein.Ralf Paul verlässt das Kollektiv inRichtung Schuldienst.

1980 Beschlagnahmung „Asterix und dasAtomkraftwerk“

1982 Umzug in die Försterstraße, Umwand-lung in GmbH. Anteilseigner sind alleBeschäftigten zu gleichen Teilen. DieGeschäftsführer werden per Würfelermittelt. Es trifft die beiden Azubis...

1983 Volkszählungsboykott – letztes Auf-bäumen gegen neue Technologien.1. Buchladenfest im Förster-Juz.

„Irgendwann wollten wir besser an die Leuteherankommen“ erzählt Erlend, „und so entstanddie Idee, einen Laden in der Stadt zu betreiben.“

Erster Standort des politischen buchladenswar die Dudweilerstraße 69. Neben den Klassi-kern des Sozialismus bestand das Sortiment vorallem aus den Gebieten kritische Ökonomie,Philosophie, Politik, Geschichte. Krimis und Bel-letristik fehlten komplett – mit Ausnahme vonein paar Arbeiterromanen mit Titeln wie „Auf-stand im Wedding“...

Gern schauten auch die Herren vom Staats-schutz mal vorbei. 1976 lief z.B. eine bundes-weite Beschlagnahmung von Bommi Baumanns„Wie alles anfing“. Das Buch erschien anschlie-ßend neu – herausgegeben von ca. 300 Einzel-personen und Betrieben aus dem Buchhandel,darunter natürlich auch der politische buchla-den. Die letzte Beschlagnahmung fand 1986statt: Die Konfiszierung der Zeitschrift „Radikal“bescherte dem buchladen absurderweise einErmittlungsverfahren wegen „Unterstützungeiner terroristischen Vereinigung“, was dannallerdings nicht weiter verfolgt wurde.

Mit dem Umzug in die Johannisstraße 3 imJahre 1977 wurde das „politische“ im Namengestrichen und der Schritt vom Experiment zur„richtigen“ Buchhandlung vollzogen. Marika:„Wir haben den Namen auch deshalb geändert,weil wir nicht unter einem Image leiden und des-halb als inkompetent gelten wollten“. Die vorherrelativ lose Gruppe begann, den Laden als be-rufliche Perspektive zu sehen und das Sortimentwurde um Belletristik, Frauenliteratur und Kin-derbücher erweitert.

Nachdem der Laden in der Johannisstraße1982 kündigungsbedingt geräumt werden mus-ste, entschied man sich, im Nauwieserviertel zubleiben und die schlechtere Lage in der Förster-straße in Kauf zu nehmen – was auch prompt

einen kräftigen Umsatzeinbruchmit sich brachte.1992 dann eine interne Revolution, als der

Computer Einzug hielt. Anette hatte sich schonlänger damit beschäftigt, die anderen wolltenlieber bei ihren alten Katalogen bleiben. Paul:„1987 auf der Buchhändlerschule wurde nochüber Vor- und Nachteile von Computern in Buch-läden diskutiert. Standard war es, im Verzeichnislieferbarer Bücher (VLB) nachzuschlagen.“

Wie funktioniert ein Kollektiv?

1982 in eine GmbH umgewandelt, funktio-nierte der Laden nach wie vor nach dem Gleich-heitsprinzip. Und das tut er immer noch: Anteils-eigner wurden alle Beschäftigten zu gleichenTeilen, Entscheidungen nach dem Konsens-prinzip getroffen, und es gab gleichen Lohn füralle. Da damals Geschäftsführer bestimmt wer-den mussten, wurden diese kurzerhand perWürfel ermittelt. Lustigerweise traf es die beidenAzubis Marika und Anette. Der Steuerberaterwar entsetzt...

Ursprünglich wurden die einzelnen Aufga-ben wie Buchführung, Einkauf usw. nach demRotationsprinzip verteilt – so wie es früher kor-rekt war. Mittlerweile hat jeder sein eigenesRessort und alle sind mit der festen Verteilungvon Kompetenzen zufrieden. Bücher werdennach wie vor gemeinsam ausgesucht, wobei esauch keine Spezialisierung auf Sortiments-bereiche gibt. Ausnahme: Paul, der sich aus ei-genem Interesse auf Kinder- und Jugendbücherspezialisiert hat.

Von dem Laden leben können sie alle nur inKombination mit zweitem Standbein oder dazu-verdienendemLebenspartner. VomUmsatz könn-te der Laden drei Leute ernähren, da sie aber zufünft sind, bleibt für jeden eine Arbeitszeit vonca. 30 Stunden pro Woche.

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1 „der politische buchladen“ in derDudweilerstraße

2 Erlend sucht den „Aufstand im Wedding“

3 Büchertisch auf dem Altstadtfest 1977,links Ralf Paul, rechts Erlend

4 Erlend Beth vs. Berufsverbot

5 1978: Ralf Paul verteilt die Nullnummer dertaz ganz stilecht mit Bart, Parka und Pfeife.Links im Hintergrund Anette Mantwill

6 1977: der buchladen in der Johannisstraße 3

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„Wir sind sozusagen überbesetzt“ grinstErlend und Anette ergänzt: „Marika und ich hat-ten uns damals gleichzeitig beworben. Das Be-werbungsgespräch fand im Bingert statt, und daman sich nicht entscheiden konnte, stellten sieuns einfach beide ein.“

Diese Überbesetzung wird aber auch gutge-heißen, denn jeder kann flexibel bleiben. Außer-dem ist die Arbeit gemütlich (bis auf 14 Tage vorWeihnachten...) und hat was von Wohnzimmer,das wollen sie sich nicht nehmen lassen. Klingtnach Traumjob, oder? „Nun ja,“ meint Frank,„ich finde das Kollektiv toll, die Arbeits- und diedaraus resultierende Lebensqualität, außerdemmag ich natürlich die Bücher. Aber für mich istder große Haken das Finanzielle, das sitzt mir oftim Nacken.“

Beratung war nicht vorgesehen

Erlends persönlicher Traumjob wäre mittler-weile eher Schiffsbaurestaurator. Das hat sichaber erst später herauskristallisiert. Ihm ging esbei der Gründung des buchladens nur sekundärum die Bücher, wichtig war für ihn die Politik.„Der buchladen war immer ein Bewegungs-laden. Wir waren in der Anti-AKW, Friedens-und Frauenbewegung aktiv. Mittlerweile ist derKontakt zur Szene abgerissen. Sogar von denLeuten von attac werden wir ja schon gesiezt.“(Allgemeine Heiterkeit)

Frank: „Als ich damals zum ersten Mal imbuchladen war, wollte ich mir nur die taz kaufen.Ich fand die Leute hier arrogant, so guruhaft undfühlte mich als Kunde einfach schlecht behan-delt.“ Erlend lacht: „Ja, so war das damals. Be-ratung war nicht vorgesehen, Aufklärung imLaden ja, Beratung nein.“ Frank: „Da war damalswohl eine gewisse Coolheit Trend, das Bewusst-sein, zur politischen Avantgarde zu gehören.“

Diese Coolheit ist seit langem einer sehrsympathischen, entspannten Professionalität ge-wichen, die aber niemals anbiedernd wirkt. Dawird dann notfalls auch mal von einem Buch ab-geraten. Und Beratung gehört selbst bei Erlendinzwischen dazu.

Auch der Anspruch an Vollständigkeit be-steht nicht. Zwar wurde die Revolution vertagt,aber man verkauft trotzdem nicht alles und trifftdie Auswahl der Bücher im politisch-morali-schen Sinn. Es findet sich im buchladen keineEsoterik, keine sexistische Literatur, kein DieterBohlen, kein Stephen King, kein Henry Miller,am Anfang gab es noch nicht mal CharlesBukowski (der ist aber mittlerweile rehabilitiert).

Auf die Frage, was Stephen King von HarryPotter unterscheidet, antwortet Frank: „Ganzeinfach, Harry Potter führen wir, weil Paul Fandavon ist. Wir entscheiden oft einfach nach eige-nem Geschmack, das macht auch den persön-lichen Stil des buchladens aus.“Marika ergänzt:„Ein Vorteil des Ladens ist, dass die Leute hiereine überschaubare Auswahl vor sich haben, miteinem Stil und guter Sortierung.“

Sehr vieles hat sich über die Jahre verändert,und es ist in der Tat eine eindrucksvolle Leis-tung, dass sie den Laden nun schon so lange ingleicher Besetzung am Leben erhalten haben.„Viele Ideale von damals habe ich ganz einfachnicht mehr, das stört mich aber auch nicht.“ sagtErlend, „Dass wir politisch nicht verbohrt undwandlungsfähig geblieben sind, ist ein Haupt-grund, warum der Laden nach so langer Zeitnoch existiert.“

Ein gewisser Stolz ist ihnen zu Recht anzu-merken, und es ist weniger die Tatsache, dass esden Laden noch gibt, als dass er in dieser Form,sehr professionell und absolut nicht angestaubtfunktioniert. Hut ab. ♠

1984 Eröffnung des Antiquariats in derFörsterstraße 9. 2. Buchladenfest

1985 3. Buchladenfest

1986 Beschlagnahmung der Zeitschrift„Radikal“. Paul Philippi beginnt seineUmschulung im buchladen

1988 4. Buchladenfest 15 Jahre u.a. mitAdele Haas (Eva & Adele)

1989 Einrichtung des Frauenzimmers

1990 Frank Peters beginnt Umschulung

1991 „Tatort“ wird im „buchladen“ gedreht

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1992 Der PC hält Einzug

1993 Christa geht (in Richtung Toskana).Bau des Wintergartens. Das Antiquariatkehrt zurück ins Stammhaus.5. Buchladenfest

1994 Wöchentliche Kollektiv-Sitzung wirdabgeschafft

1995 Nach 22 Jahren Diskussion wirdGeschenkpapier eingeführt...

1997 „der buchladen“ im Internet

1998 6. Buchladenfest „25 Jahre Buchladen“

2006 33 Jahre der „buchladen“,7. Buchladenfest im Förster-Juz

1 Marika beim Versprühen vonRevolutionsromantik

2 Antiquariat in der Försterstraße 9

3 1983: Christa Wennberg, Marika, Anetteund Erlend

4 1985: Büchertisch auf der Messe„Energie&Umwelt“

5 Legendär auch die Buchladenfeste imFörster-Juz. Hier zum 15jährigen Jubiläum1988 6 Die Szene macht einen drauf: AdeleHaas mit Hans Husel

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viertelalbumFotografien von André Mailänder

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programm nauwieserfest

Willkommen beim Nauwieser Fest 2009

Die Initiative Nauwieser Fest, unterstütztdurch den Rockstar e.V., hat es erneut ge-

schafft, ein attraktives Fest auf die Beine zu stel-len. Ich habe gerne die Schirmherrschaft dafürübernommen, denn gerade diese Veranstaltungist Jahr für Jahr ein Spiegel der kulturellenVielfalt unserer Stadt. Zur besonderen Wirkungdes Festes trägt auch das unverwechselbareFlair des Nauwieser Viertels bei.

Wir sind seit Jahren darum bemüht, dieseszentral gelegene Stadtviertel in seiner Grund-substanz zu bewahren und die Fortentwicklungder Wohnnutzung voranzutreiben. Die neu ge-stalteten Straßen und kleinen Plätze, der Kirch-garten an der Johanneskirche und der neu ge-staltete Landwehrplatz sind Beispiele diesererfolgreichen Bemühungen.

Die Besucherinnen und Besucher des Nau-wieser Festes erwartet auch diesmal ein an-spruchsvolles Bühnen- und Straßenmusikpro-gramm mit vielen renommierten Künstlern undGruppen, aber auch mit vielen jungen Musike-rinnen undMusikern aus der Saarbrücker Nach-

wuchs-Szene, die sich gerne einem großenPublikum präsentieren. Erneut wird es ein Kin-derprogramm geben.

Ich bedanke mich sehr herzlich bei denOrganisatoren des Nauwieser Festes, die sichimmer wieder der Herausforderung stellen, denunterschiedlichsten Kunst- und Kulturformen„eine Bühne zu geben“ und damit mit großerTreffsicherheit ein Fest der besonderen Artschaffen, ein Fest, das die spezifische Lebensartdes Viertels widerspiegelt und gleichzeitig un-sere Stadt von einer besonders liebenswertenSeite zeigt.

Allen Besucherinnen und Besuchern wün-sche ich viel Spaß und interessante Unterhal-tung beim Nauwieser Fest 2009.

Saarbrücken, im Mai 2009

Charlotte BritzOberbürgermeisterin

Grußwort

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hauptbühne max-ophüls-platz:p 19.00 UhrJelly ToastSka, Reggae, Funk und Punk aus dem Saarland.

p 20.15 UhrThe Bandgeek MafiaSka, Punk und Hardcore aus Trier.

p 21.30 UhrHungryKlassischer Punkrock mit Rock’n’Roll undmelodischem Hardcore aus Saarlouis.

p 22.30 UhrFar From FinishedStreetpunk, Rock’n’Roll aus Boston/USA.

bleistift, nauwieserstr:p 20.00 UhrCrippled Flower GardenElektrischer Gitarrenrock vom Feinsten.

antiquitätenladen, nauwieserstr:p 20.00 UhrMemphisRock und Pop-Covers auf der Akkustik-Gitarre.

karateklub meier, nassauerstr:p 21.30 UhrDie Fahrt von Holzminden nachOldenburgTrio-Coverband, legendär & kultig!

programm

Von links: Die Fahrt von Holzminden nach Oldenburg, Crippled Flower Garden, Little Town Blues Band, The Hic-A-Doo-Las

hauptbühne max-ophüls-platz:p 16.00 UhrGreen WavePsychedelic Rock aus Saarbrücken.

p 18.00 UhrNNPMelodischer Punkrock aus dem Saarland.

p 19.00 UhrSir Moron And The VillainsIndie und Britpop von der Saar.

p 20.00 UhrSpy Vs. SpyDie saarländischen Surf-Helden.

p 21.15 UhrBeatnicky & The SoulraidersOriginal Vintage Soul aus dem Saarland.

p 22.30 UhrAlias CaylonIndie Rock meets Pop Punk meets Post Hardcoreaus Flensburg.

bleistift, nauwieserstr:p 20.00 UhrCrocodile CowboysRock und Blues von der Saar.

antiquitätenladen, nauwieserstr:p 20.00 UhrLive MusikKünstler werden noch bekannt gegeben.

karateklub meier, nassauerstr:p 21.30 UhrThe Torpedo MoleculesLive Musik

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Freitag 31.07.09 Samstag 01.08.09

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Sonntag 02.08.09

nauwieserfesthauptbühne max-ophüls-platz:p 17.30 UhrTeddypickersKlasse Indie Rock aus dem Saarland.

p 19.00 UhrChinaski JugendJupiter Jones-Frontmann Nicki solo.

p 20.15 UhrFoodcomaEntspannter akustischer Pop und Rock aus Trier.

p 21.30 UhrBotanica„Punkrock-Kammermusik fürs 21. Jahrhundert“aus New York.

mono, ecke nauwieser/cecilienstr:p 16.00 UhrThe Hic-A-Doo-LasDas Spy Vs. Spy-Nebenprojekt liefert knackigenSurf-Sound vor dem Mono.

kurze eck, nauwieser str:p 17.30 UhrLive MusikKünstler werden noch bekannt gegeben.

bleistift, nauwieserstr:p 17.00 UhrThe ConsorrowsJunges Duo zwischen abgehobenem ProgressiveRock und seichter Akustikmusik.

p 20.00 UhrLittle Town Blues BandDas Repertoire der Band huldigt Legenden wieEric Clapton, Stevie Ray Vaughan, Gary Moore.

karateklub meier, nassauerstr:p 21.30 UhrPower & Die NervenRock meets Post Punk meets Powerpop.

schirmherrschaft:p Charlotte Britz, Oberbürgermeisterin derLandeshauptstadt Saarbrücken undp Christa Piper, Bezirksbürgermeisterin

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Außerdem natürlich wie jedes Jahr ein großesund abwechslungsreiches Angebot an Essens-,Getränke-, Schmuck- und sonstigen Ständenauf dem Max-Ophüls-Platz, in der gesamtenNauwieserstraße und einem Abschnitt derCecilienstraße.

sonstiges:

BücherflohmarktSamstag von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr im Hinter-hof des Buchladens in der Försterstraße.Interessierte melden sich bitte bis zum 25. Juliunter 0681-31171 beim Buchladen an.

CD- und SchallplattenbörseSamstag ab 13.00 Uhr und Sonntag ab 11.00 Uhrauf dem Max-Ophüls-Platz.

KinderprogrammSamstag und Sonntag abwechslungsreichesKinderprogramm mit Luftkissen und Kinder-schminken auf dem Spielplatz Nauwieser Platz.

KinderfestUnter dem Motto „Zirkus SOSini“.Samstag von 14.00 bis 20.00 Uhr und Sonntagvon 13.00 bis 18.00 Uhr im Innenhof des SOSAusbildungs- und Beschäftigungszentrumszwischen Seilerstraße und Nauwieser Platz(Eingang Nummer 9).Während die Eltern überdas Fest schlendern, können Kinder im Altervon 3 bis 10 Jahren etwas Spannendes erleben.

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programm nauwieserfestGrußwort

Unter den Festen im Saarland nimmt das Nauwieser Fest eine exponierteStellung ein. Es ist der besondere Charme des Viertels und seiner Men-schen – geprägt durch die kulturelle Vielfalt, nachbarschaftliche Toleranz,das Miteinander der Generationen und soziales Engagement – der dieseAnziehungskraft ausübt.

Das Fest ist mit der Zeit größer und vielleicht ein Stück professionel-ler geworden, aber nach wie vor ist es einzigartig, und man muss dabeisein. Auch dieses Jahr haben die Organisatoren ein Programm zusammen-gestellt, das zur Szene passt und Publikum anlocken und begeistern wird.Dem Team, den Künstlernnen und Künstlern, denen, die Stände betreibenund allen Helferinnen und Helfern gilt unser Dank.

Ich hoffe, dass im nächsten Jahr der Landwehrplatz ins NauwieserFest integriert wird und wünsche allen ungetrübten Festgenuss.

Ihre

Christa Piper, Bezirksbürgermeisterin

Jelly Toast

Sieben willenlos offbeat-süchtige Musikanten, die den Skakräftig mit Funk, Reggae und Punkrock mixen. Sie spielengerne schnell und manchmal auch langsam, aber immer schöndreckig, bitte. Drum kommt, schreit und tanzt mit ihnen!Infos: www.jelly-toast.deFr, 19.00 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

The Bandgeek Mafia

Ebenso rockende wie abwechslungsreiche Mischung aus Ska,Punk und Hardcore aus Trier.Infos: www.myspace.com/thebandgeekmafiatrierFr, 20.15 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Hungry

Gegründet im Jahre 2000 in Saarlouis, verbinden Hungry ein-drucksvoll klassischen Punkrock mit Rock’n’Roll und melodi-schem Hardcore – „Bastardized Punkrock“.Infos: www.myspace.com/hungryrocksFr, 21.30 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

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Far From Finished

Die Band aus Boston/USA sind in Saarbrücken keine Unbe-kannten mehr. Bei mehreren Auftritten konnten die Amerika-ner bereits unter Beweis stellen, wie gut ihre extrem eingängi-ge Mischung aus Streetpunk, Rock’n’Roll live funktioniert. EinMuss für alle Fans von Bands wie Social Distortion oder denDropkick Murphys! Infos: www.farfromfinished.comFr., 22.30 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Green Wave

1975 starteten die Saarbrücker Psychedelic Rocker mit demSlogan „Die letzte Rockband vor der Grenze“. Sie erspieltensich im Laufe der Jahre als Liveband bei vielen Veranstal-tungen einen Freundeskreis, der weit über die saarländischenGrenzen hinausreichte, bis hin ins Amsterdamer Melkweg.Infos: www.green-wave.deSa, 16.00 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

NNP

Melodischer Punkrock trifft auf emotionalen Hardcore – dieSaarländer sind seit 1992 ein Garant für energiegeladeneLiveshows. Infos: www.newnoiseproject.comSa, 18.00 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Sir Moron And The Villains

Indie und Britpop von der Saar. Ihre Livequalitäten durften diejungen Herren schon im Vorprogramm von angesagten Bandswie den Ting Tings oder Art Brut unter Beweis stellen.Erstaunlich frisch und very british!Infos: www.myspace.com/sirmoronandthevillainsSa, 19.00 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

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Spy Vs. Spy

Spione wie du und ich, die sich der Mission verschriebenhaben, an das Crime-Flair alter TV-Action/Krimi-Serien zuerinnern und totgeglaubte Helden wie Magnum oder SledgeHammer durch ihre Musik wiederauferstehen zu lassen. DasGanze serviert in groovigstem Surf-Punk-Gewand.Infos: www.myspace.com/spiongegenspionSa, 20.00 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

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programm nauwieserfest

Chinaski Jugend

Jupiter Jones-Frontmann Nicki solo, nur mit Akustik-Gitarrebewaffnet. Ein bisschen Jupiter Jones, ein bisschen Helden-musik, ein bisschen was Eigenes.Infos: www.myspace.com/chinaskijugendSo, 19.00 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Botanica

Knappe Gitarrenakkorde, Minimal-Schlagzeug, Wurlitzer E-Piano, eine raue, ausdrucksstarke Stimme zwischen JohnCale, Elvis Costello und Matt Johnson – und schon ist mandrin im Botanica-Sound. Düstere, staubtrockene, epische, bei-ßende und sexy Musik. Infos: www.botanicaisaband.comSo, 21.30 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Beatnicky & The Soulraiders

Original Vintage Soul der Motown-, Stax- und Atlantic-Ärasind die Eckpfeiler der siebenköpfigen Formation um Front-frau Beatnicky. (U.a. mit Ex-Thee Cherylinas, -Furdelux,-bossa’68, -Apemen). Erste eigene Stücke reihen sich nahtlosan Klassiker von Tom Jones, Supremes, Otis Redding, NancySinatra. Infos: www.myspace.com/beatnickysoulraidersSa, 21.15 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Alias Caylon

Indie Rock meets Pop Punk meets Post Hardcore. Die Flens-burger liefern den richtigen Sound für Fans von Bands wie AtThe Drive In oder Against Me!, überzeugen aber genauso inruhigeren Momenten.Infos: www.myspace.com/aliascaylonSa, 22.30 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

Foodcoma

Das Quartett aus Trier zelebriert entspannten Akustik-Pop:Leichte und doch ausgefeilte Percussion, wundervolle Gitar-renmelodien und eine warme, Seelen umschmeichelnde Stim-me erinnern an Jack Johnson. Infos: www.foodcoma.deSo, 20.15 Uhr, Hauptbühne Max-Ophüls-Platz

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wünscht allen viel Spaß auf dem Nauwieser Fest.Feiern, wo Saarbrücken ganz besonders ist.

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der sammler

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Briefmarkensammeln. Nicht gerade das Hobby mit demhöchsten Glamour-Faktor, aber muss es immer gleich Base-Jumping, Eisschwimmen oder Deep Water Soloing sein?Für die Ausschüttung von Endorphinen kann auch derErwerb von kleinen selbstklebenden Papierchen sorgen.Mit dem zuständigen Spezialisten im Viertel, Axel Späth,haben wir uns unterhalten.von Stefanie Baehr und Ralf Leis, Fotos von Ralf Leis

Seit 33 Jahren betreibt Axel Späth das Ge-schäft in der Cecilienstraße – an exponierter

Stelle direkt am Eingang zum Nauwieserviertel.Mit gerade mal 20 Jahren übernahm er es vonseinem Vorgänger und versorgt seitdem dieSammler-Gemeinde mit den neuesten (oder älte-sten) Sonder-Briefmarken, Münzen oder Post-karten mit historischen Saarbrücker Stadtan-sichten. In Zeiten des schnelllebigen Medien-Overkill ein angenehm entschleunigtes Business.

Axel Späth stammt ursprünglich aus demfernen Hannover, ist aber schon sehr lange undmit Herz und Seele Viertler. Außerdem ein über-aus angenehmer und natürlich auch fachkundi-ger Gesprächspartner.

Herr Späth, was ist eigentlich ihr Hobby?Briefmarkensammeln ist ja schon ihr Beruf...

(Lacht) Ich habe mein Hobby zum Berufgemacht! Als Schüler der Oberrealschule amLandwehrplatz, dem heutigen Otto-Hahn-Gym-nasium, war ich Kunde in diesem Geschäft, dasdamals schon existierte. Es ist eins der ältestensaarländischen Briefmarkengeschäfte. Nachdem Gymnasium hab ich eine Ausbildung alsKaufmann im Groß- und Außenhandel gemachtund nach meiner Lehre war der Vorbesitzer imRentenalter. Über diesen Weg hab ich praktischdas Geschäft mit 20 Jahren übernommen.

Wie kommt man dazu, mit so jungenJahren ein Geschäft zu übernehmen?

Ich hatte immer Spaß an Briefmarken undMünzen, hatte mir auch schon ein bisschenFachwissen angeeignet, und die Chance war ein-malig, dass der Mann grad in Rente gehen woll-te. Ich hatte im Kfz-Gewerbe meinen Kaufmanngelernt, und in der Zeit war das damals schwie-rig, d.h. nach meiner Lehre bin ich arbeitslosgeworden, und das war der Aufhänger, sichselbstständig zu machen, das hat gut gepasst.

Wissen Sie noch, um welches Objekt esging, als Sie zum ersten Mal hier vor der Thekestanden, „die Blaue Adenauer“ oder so?

Ich hatte mir als Sammelgebiet Deutschlandauserkoren, und da die alten deutschen Markensehr teuer waren, hab ich mein Geburtsjahr alsBeginn meiner Sammlung genommen. Es gingdamals um das Thema 125. Geburtstag vonHeinrich von Stephan, dem Mitbegründer desWeltpostvereins, und weil die 5 Tage nach mei-nem Geburtstag erschienen war, musste ich dieunbedingt haben. Die Marke war gottseidanknicht ganz so teuer und so konnte ich sie dannhier in diesem Geschäft erwerben.

Nochmal zurück zu IhremWerdegang. Wiehat es Sie aus Hannover hierher verschlagen?

Die berühmten Continental-Reifenwerke

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haben ihren Stammsitz in Hannover, und meinVater war dort beschäftigt. Als die Conti inSaargemünd damals das Zweigwerk errichtethat, war er als Abteilungsleiter mit dabei. Sohat es uns ins Saarland verschlagen... und ichwürd sagen, es war auch gudd so.

Und seit wann sind Sie Viertler?Ab 1982 habe ich dann hier im selben Haus

gewohnt, in dem ich mein Geschäft habe, ichkonnte also morgens praktisch in Hausschuhendie Treppe runtergehen. Nachdem ich vor 15Jahren geheiratet habe und unsere beiden Kin-der zur Welt kamen, wurde die Wohnung hierim Haus zu klein und wir mussten umdenken.Hier in der Cecilienstraße wurde ich dann nach3 Jahren Suche endlich fündig. Ich hatte solange gesucht, weil ich im Viertel bleiben wollte.

Sie stehen hier am Eingang zum Viertel,und übernehmen sozusagen eine Pförtnerrolle.Wer kommt und geht so den ganzen Tag?

Ja gut, über die Jahre kennt man natürlichschon die Leute, die im Viertel wohnen undwenn ich gerade in der Tür stehe, ist auch im-mer ein Schwätzchen drin. Insgesamt ist dasnatürlich sehr gemischt hier.

Ansonsten hab ich natürlich, da es nicht anjeder Ecke Briefmarken- und Münzfachgeschäf-te gibt, ein großes Einzugsgebiet, da kommtheut einer aus Neunkirchen, morgen einer ausSaarlouis. In meiner Branche hab ich natürlichnicht so viel mit den Leuten aus dem Viertel zutun wie ein Lebensmittelmarkt, weil natürlich

nicht jeder hier Briefmarken oder Münzen sam-melt. Man kennt teilweise die Geschäftsleute,die zwischendurch schnell mal was einkaufen...oder wenn ich in die Mittagspause gehe und ichseh grad die Frau Schmitt vom Käseladen da ste-hen...hallo, wie gehts...also, die sammelt auchkeine Briefmarken, das ergibt sich natürlich.

Unterhaltsam ist es doch bestimmt hier?Auf jeden Fall. Früher allerdings, als der

Kirchgarten noch nicht so gestaltet war wieheute, haben wir hier viele Drogendealer ge-habt, Überfälle, Schlägereien, da floss schonmal Blut. Man musste öfter die Kontaktpolizist-en in der Karcherstraße anrufen, die habendann so manches geschlichtet.

Sie würden also das alte Klischee vom„gefährlichen Viertel“ bestätigen?

Das hat sich ja mittlerweile gelegt, aberfrüher war das gerade hier am Kirchgarten sehrgeballt. Die Klientel, die da verkehrt hat undimmer mal wieder versucht, sich breit zumachen, hat auch gemerkt, dass einige derAnwohner ein Auge drauf haben. Das heißt,wenn eine Gruppe mit ‘ner Kiste Bier und dreiHunden ankommt, weist man schon mal höflichauf die Gartenordnung hin. Wir brauchen hierkeine Hunde, hier spielen Kinder und Alkoholtrinken ist in diesem kleinen Garten nicht er-laubt, geht doch bitte runter an die Saar odersonstwo hin. In der Regel klappt das auch.

1976 haben Sie den Laden übernommen,da waren Sie 20 und die Punkrevolution be-

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gann. Wie haben Sie das erlebt, als plötzlichjunge Menschen mit grünen Haaren im Viertelrumgeturnt sind?

Naja, man hat manchmal gestaunt und auchmal hinterher geguckt, aber ich hatte da eigent-lich nie Probleme mit. Damals am Gymnasiumgabs ja auch vor den Punkern schon andereBewegungen. Ich glaub, jede Zeit hat so ihreModeerscheinungen. Ich hab da nie Problememit gehabt.

Stichwort Sammler. Kann man die typolo-gisieren? Stimmt das Klischee vielleicht, dassdas alles Nerds sind, so verhuschte Stuben-hocker, um mal provokant zu fragen?

Kann man so nicht sagen. Was sich starkgewandelt hat, speziell mit Briefmarken, da feh-len uns jetzt wirklich ein bisschen die jungenSammler. Die Jugend hat halt mit Briefmarkennicht mehr so viel am Hut, die nehmen ihr Geldfür Handyrechnungen in die Hand, oder Com-puterspiele. Was schade ist. Ein gesunder Mixvon beidem, den modernen Medien und demaltehrwürdigen Briefmarkensammeln wäre nichtverkehrt, denn ich kann eigentlich nur sagen,durch Briefmarkensammeln ist noch niemanddümmer geworden. Wenn man sich mal mitHintergründen beschäftigt, z.B. meine Brief-marke vom Herrn von Stephan, wer war dasüberhaupt, ah ja, der damalige Postmeister undMitbegründer des Weltpostvereins, da kommtman natürlich erst drauf, wenn man das mal imLexikon nachschlägt.

Unsere nächste Frage haben Sie damitschon beantwortet, ob es Nachwuchsproblemegibt bei der Kundschaft...

Also, das ist sehr schade. Bei Münzen ist esgottseidank anders, da hat sogar der Euro nochmal einen Schub gegeben. Da hab ich dochauch viele junge Sammler. Das finde ich toll,während – es ist leider wirklich so – manch einjunger Briefmarkensammler als Außenseiter ab-gestempelt wird, was mir sehr leid tut. Es wär jaschade, wenn diese Jugendlichen heimlichBriefmarken sammeln müssten, aber das ist lei-der schon ein wenig so.

Was macht den Reiz einer Briefmarke aus?Ja gut, eine Briefmarke kann man sehen als

ein Stück Geschichte oder als Kapitalanlage –wenn man die richtigen Sachen kauft mit klei-nen, hochwertigen Auflagen. Und es gibt natür-lich die reinen Hobbysammler, die meinet-wegen auch nur Briefmarken von eingehendenBriefen ablösen, also praktisch nichts investie-ren außer hin und wieder ein Album für 5 Euround munter die Marken nebeneinander steckenund ihre Freude daran haben. Das geht in alleRichtungen.

Was fasziniert Sie vom ästhetischenGesichtspunkt gesehen an den Marken?

Ja, es gibt natürlich auch die Motivsammler.Einer interessiert sich für Schiffe oder Eisen-bahnen, einer ist Vogelkundler. Da kommenLeute hierher und fragen gezielt: „Ei, gibt’s wasNeues mit Loks?“ Da sag ich: „Moment, Belgien

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hatte grad ne neue Marke, da war ne schöne,alte Lokomotive drauf.“ Ob die jetzt ausBelgien kommt oder aus Frankreich, das störtnicht, die sammeln gezielt dieses Motiv.

Gibts da auch verpönte Sachen? Was gehtgar nicht, vielleicht selbstklebende Brief-marken?

Naja, es ist natürlich eine moderne Sache,man braucht sie nicht mehr anzufeuchten, ziehtsie ab, klebt sie auf den Brief, für den Postbe-nutzer also eindeutig eine schöne Sache, für dieSammler eine Doppelbelastung, weil es dieMarken parallel oft noch in nassklebend gibt,und da sie sich in Feinheiten unterscheiden,braucht der Sammler, der wirklich komplettsein will, natürlich beide. Manch einer nörgeltschon drüber...aber kauft sie dann doch.

Angenommen, es gäbe eine Sonderbrief-marke aus dem Viertel. Würde Ihnen da einMotiv einfallen?

Da gäbs mehrere Möglichkeiten, eine be-lebte Straße, vielleicht mit einem Straßencafé.Wenn man da mal nen Rundgang machenwürde, ich glaub, da könnten wir gleich eineSerie mit 10 Marken entwickeln.

Gibts bei Ihnen auch seltenes, antiquari-sches Bildmaterial über Saarbrücken?

Also, ich erleb es in erster Linie über histo-rische Ansichtskarten, dass ich an alte Bilderkomme. Ich muss auch sagen, dass ich privatsammle, den Ortsteil St. Johann gezielt, undhabe ich da auch eine große Sammlung zusam-men. Zum Hundertjährigen der Johanniskirchehabe ich dort eine Menge Karten ausgestellt,und zwar nur von der Johanniskirche. Von einerKarte, wo die Tür noch nicht eingebaut war, woman die Arbeiter noch sieht...das war die erste,die ich habe und auch die älteste... (Holt dieKarte aus einem Ordner, siehe Bild links)

Von wann ist die Aufnahme?...von 1898. Da sieht man, dass die Kirchen-

türen noch nicht eingebaut sind, das Rathaussteht noch nicht, das ist ja erst später angefan-gen worden....also, die Kirche war noch einbisschen unfertig.

Was gibts aus Ihrer Sicht noch zum Viertelzu sagen?

Also, vieles ist ja schon von anderen Leutenin diesem Heft gesagt worden. Mich fasziniertdie schnelle Erreichbarkeit von allen Geschäf-ten und Läden, dass man hier alles möglichedirekt vor der Tür hat. Wenn man abends malnoch schnell aufn Bier raus will, muss manüberlegen, in welche Kneipe gehste jetzt, lieberda hin oder lieber dort hin... Man hat auf relativkleiner Fläche eine große Vielfalt, das gefälltmir wirklich sehr gut. Und dass es viele Leuteim Viertel gibt, mit denen man gut klar kommt.Jeder hat ein Hallo, einen Gruß über, was ichmir in der Bahnhofstraße oder so nicht vorstel-len kann, da ist man einer unter tausend...aberhier: Mal hier ein Nicken, mal da ein Winken...

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Bäckerei Sander GmbHFörsterstraße 29, 66111 SaarbrückenTel: 06 81-3 59 16Fax: 06 81-9 38 68 99E-Mail: [email protected]

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Viele befürchten ja, dass diese kleinenLädchen, die auch (oder sogar vorwiegend) alsKommunikationszentren funktionieren, lang-sam verschwinden.

Richtig, ja. Gerade hier in der Ecke...derBuchhändler Hofstätter hat aufgehört und dort,wo jetzt der kleine Futon-Room drin ist, war seitEwigkeiten mein alter Bekannter Brück mit sei-ner Braun- und Remington-Vertretung, der fehltmir auch irgendwie. Also um solche Geschäftetut es mir natürlich leid. Ich gehe mal davonaus, dass der eine oder andere Hausbesitzermöglicherweise eine Miete verlangt, die mannicht mehr erarbeiten kann. Oder auch diesegroßen Märkte, die sich überall breit machenund den Kleinen das Wasser abgraben. Wennman die Riesen-Auswahl bei Thalia sieht, undbeim Hofstätter hätte man vieles bestellen unddrei Tage warten müssen. Ich konnte immerdrei Tage warten, aber es denken nicht alleLeute so.

Vielleicht hilft da manchmal nur, dass dieLäden mal ein Jahr leer stehen bleiben, dassdie Hausbesitzer auch lernen und das doch wie-der zu einigermaßen erschwinglichen Mietenführt und dass sich das Ganze über die Schienenoch mal erholt.

Aber um Sie müssen wir uns keine Ge-danken machen? Sie haben wahrscheinlichIhre Stammkundschaft...

Die hab ich, ja. Man merkt natürlich auchdie Wirtschaftskrise und eine Kaufzurückhal-tung der Leute. Ich mache das aber wieder wett:Es kommen zur Zeit viele Leute rein, die Geldbrauchen, die dann mal eine schöne Gold- oderSilbermünze hier anbieten. Ist zwar traurig,wenn man eigentlich... ja...der Nutznießer von

so einer Krise ist, aber andererseits kann ich nursagen, derjenige, der mir die Münze bringt unddem ich einen fairen Preis dafür gebe, dem istgeholfen. Und jemand, der Angst um sein Pa-piergeld hat, möchte vielleicht gern wieder eineSilber- oder Goldmünze kaufen, weil er da mehrSicherheit sieht, dem kann ich die Münze anbie-ten und der ist dann auch froh. Also hab ich denVerkäufer und den neuen Käufer zufrieden ge-stellt. Es schichtet sich immer mal wieder um.

Es gab zum Beispiel eine Zeit, da haben dieLeute wie verrückt Telefonkarten gesammelt,und da wurde auch sehr viel Geld investiert.Es gab damals z.B. eine Karte für 12 DM, diewurde irgendwann für 1.100 Mark gehandelt.Und das ist total kaputt gegangen. Auch da wie-der: Sie konnten den Hals nicht voll kriegen. Esgab alle drei Tage neue Telefonkarten und dannsagt der Sammler irgendwann: „Nee. Also aus-rauben lass ich mich nicht!“

...direkt ein Geschäft draus gemacht...

...Richtig, und damit ist das ganze Sammel-gebiet gestorben. Da wurde praktisch ja auchviel Geld verbrannt, ähnlich wie bei den Aktien.Klar, bei Telefonkarten im kleineren Stil, aberfür jemanden, der nicht viel Geld in der Taschehat und so was gekauft hat.... ei, wenn der 500Mark verloren hat, weil die Karten auf einmalkeiner mehr wollte, für den konnte das ja auchviel Geld sein.

Also man hat schon im Laufe der Jahre eini-ge Höhen und Tiefen erlebt, manches kommenund gehen sehen, aber das Grundgeschäft, alsoBriefmarken, Münzen, das hat sich eigentlichimmer durchgesetzt.

Ok, schönes Schlusswort. Vielen Dank fürdas Gespräch! ♠

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the generationafter nextvon Véronique Verdet, Illustration von Marc „Mieps“ Misman

„Na, endlich!“ schreien dieKinder ihre Erleichterungheraus, als der Bus nacheiner gefühlten endlosenFahrt ihr Ziel erreicht: dasFeriencamp Nr. 345 982...

Die Clique verbringt hier, wenn auch nichtunbedingt freiwillig, die Sommerferien. Auf

dem recht übersichtlichen, ehemaligen Festplatzdes Viertels ist ein Zeltlager errichtet worden.„Wenn ick nischt sofort duschen kann, drehe ickdurch.“Mille-Diva hasst es, Bus zu fahren. Da dieZüge aber schon seit einer Ewigkeit nicht mehrbis hierher fahren, blieb ihr und den anderennichts anderes übrig.

Die bundesweite Initiative heißt „Back to theRoots“. Kinder und Jugendliche sollen auf eige-ne Faust die Heimat ihrer Ahnen kennen lernenund anschließend einen ausführlichen Online-bericht inklusive einer Zukunftsprognose schrei-ben. Niko-Junior, Mille-Divas großer Bruder,wäre gerne Protokollführer gewesen, jedochseine familiär bedingte und allseits wohl be-kannte Geschwätzigkeit hat ihn disqualifiziert.Protokollführen würde Luisa-die-Zierliche, dasind sich alle schnell einig geworden.

Das wahre Ziel des Programms ist es, mög-lichst viele Menschen dazu zu bewegen, die ent-legensten Regionen der Republik neu zu bevöl-kern und somit die aus allen Nähten platzendeHauptstadt zu entlasten.

Das Lager ist fabelhaft. Der einst kahle Platzhat sich seit einigen Jahrzehnten in einen wah-ren Dschungel verwandelt. Überall wuchernwilde Pflanzen. Knotige, kinderarmdicke Baum-wurzeln ragen aus dem Asphalt. Die Fassadender Häuser, die den Platz säumen, sind unter derschweren Last des Efeus kaum zu erkennen, hierund da stehen noch rostige Bänke. Die Kindersind begeistert: das Ganze ist eine Art urbanerWald geworden. Bis auf Mille-Diva, die übereinen ausgeprägten Sinn für Ordnung undHygiene verfügt und sich strikt weigert, auchnur einen Fuß unter die improvisierte und zuge-geben stark gewöhnungsbedürftige Dusche zusetzen. Die vehementen Beschwerden ihrerFreunde können sie schließlich dazu bewegen,sich auch endlich mal zu waschen.

Nach einer unruhigen und spannenden er-sten Nacht in der fremden Umgebung mar-schiert die Clique mit einer alten Stadtkarte be-

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waffnet zum ersten Mal los, um das Viertel ihrerGroßeltern zu erkunden.

Zufällig, denn die Karte erweist sich schnellals absolut sinnlos: Sämtliche Straßenschildersind verschwunden, so mancher Gasseneingangist zugemauert worden, entdecken die Kindernach einer recht ergebnisarmen, dennoch müh-samen Wanderung das große, im Vergleich zuvielen anderen gut erhaltene Stadthaus vonAnna-Sophies Familie.

Die Jungs haben einige Schwierigkeiten, diemit Graffiti sowie uralten Plakaten vollständigbedeckte Eingangstür aufzumachen. DiverserUnrat muss erst entfernt werden, das morscheHolz ist im Laufe der Jahre aufgequollen. Nacheiner rapiden Inspektion der beinahe völlig leerstehenden Räume entdecken sie den viel ver-sprechenden, dunklen und niedrigen Speicher.Kleider, alte Spielsachen, erstaunliche Möbel,unzählige vergilbte Sportzeitungen, gar ein alterKaugummiautomat liegen herum.

„Hey, schaut mal her! Was ist denn das?“Aus der dunkelsten Ecke des Speichers zieht

Niko-Junior eine kleine, seinem lauten Stöhnennach ziemlich schwere Kiste hervor.

Niko-Junior trägt den Vornamen seinesGroßvaters, eines berühmten Managers, demman seiner Zeit, möchte man den endlosenErzählungen auf diversen Familienfesten Glau-ben schenken, die außergewöhnlichsten Ver-anstaltungen in der Region zu verdanken hatte.

Die Kiste ist aus Aluminium, auf der Vorder-seite klebt ein Schild. Obwohl die Tinte schonstark verblasst ist, kann man entziffern:

„VIERTELVOR I-X“„Sag mal, spinnst du, Junior? Warte, warte!

Lass mich mal!“Anna-Sophie ist die unangefochtene, wenn

auch unausgesprochene Chefin der Bande. DerSpeicher befindet sich auf dem ehemaligenFamiliensitz ihrer Großeltern Anna und Ralf,also gehört ihr das Privileg, die Kiste als Ersteunter die Lupe zu nehmen.

Die anderen Kinder schauen gespannt zu,wie Anna-Sophie den Deckel mit einiger Mühehochklappt.

Fein säuberlich sortiert kommen kleine,bunte Hefte zum Vorschein. Auf jedem steht inGroßbuchstaben „VIERTELVOR“.

„Viertel vor was?“ fragt ihr kleiner Bruder

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Jakob-der-Draufgänger.„Weiß ich nicht, warte doch!“ antwortet

Anna-Sophie ein wenig gereizt.Sie nimmt einige Hefte aus der Kiste und

verteilt sie an ihre Freunde.Gespannt fangen die Kinder an zu blättern.„Hey, das ist doch der Laden hier um die

Ecke, oder?“ Luisa-die-Zierliche zeigt den An-deren ein Foto, auf dem ein alter Mann mit Hutvor einem großen Schaufenster voller leererWeinflaschen steht.

„Hm, schwer zu sagen. Könnte sein." er-widert Jakob-der-Draufgänger und blättert wei-ter in seiner Ausgabe.

„Laut Stadtkarte ist es einfach nicht reali-stisch. Schau Dir doch mal das Fenster genaueran.“ meint Paula, der schnippische jüngsteSprössling einer Juristendynastie.

„Die Karte ist eh völlig sinndezimiert!“, kon-tert wie üblich wortgewandt Jakob-der-Drauf-gänger.

Es wird still auf dem Speicher. Die Kinderschauen sich die verwirrenden Bilder an.

Eindeutig sind es Fotos aus dem Viertel, wodie Ferienfreizeit statt findet, dennoch ist eskaumwieder zu erkennen. Laut dieser Hefte warhier einmal ein buntes Fleckchen voller Leben

mit Käsegeschäften, Hunde-Fotomodellen,Weinhändlern, Bestattungsinstituten, Schnick-schnack-Läden, Buchhandlungen, Cafés undBars.

Wo ist das alles geblieben?„Sag mal, von wann sind denn diese Hefte?“.

Paula fragt Anna-Sophie, ohne hoch zu schauen.„Nun ja, da steht „07/09“. Also sind sie vermut-lich bis 2009 herausgekommen. Warum sind siebloß alle von hier weggegangen?“ denkt sie lautnach.

„Bestimmt wegen PAX-4“, sagt Luisa-die-Zierliche.

„PAX-4? Was soll das sein?“ fragt Anton-der-Kluge.„Na, ja, so genau weiß ich das auch nicht, aberOma Sarah hat mal erzählt, dass man damalsPAX-4 viel einfacher in der Hauptstadt bekom-men konnte als hier.“

„Quatsch! PAX-4 haben früher ALLE be-kommen, überall.“, entgegnet Niko-Junior.

„Möglicherweise, aber warum sind sie dannalle umgezogen?“, fragt Paula in die Runde.

Darauf weiß keiner zu antworten.„Hey, Anna-Sophie, schau mal, der Heraus-

geber, das müsste doch Euer Opa sein, oder?“fragt Anton-der-Kluge.

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„Stimmt, du hast recht, das ist Opa Ralf.Lustig, ich dachte er wäre von Anfang an Fuß-ballmanager gewesen.“

„Also, ich kapiere das echt nicht. Es sah dochganz nett aus hier!“ Jakob-der-Draufgänger legtsein Heft zur Seite und schaut fragend seineFreunde an.

„Pfff, ganz nett! Nicht mal 'ne U-Bahn gibt’shier! Öde!“ meint Mille-Diva, die sehr gerne undso oft wie möglich mit der U-Bahn fährt.

„Ich denke, das hängt eher mit den Grubenzusammen. Damals sind ganze Dörfer zu-sammengekracht hier in der Gegend. Vielleichtist es einfach zu gefährlich geworden.“ sagtAnna-Sophie.

„Gruben?“ Was ist denn das?“ fragt Luisa-die-Zierliche.

„Keene Ahnung, so 'ne Art Bodenschatz,glaube ich“ antwortet Jakob-der-Draufgänger.„Auf jeden Fall nehmen wir die Kiste mit insLager“ entscheidet Anna-Sophie und sammeltdie Hefte wieder ein.

Luisa-die-Zierliche macht die ganze ZeitFotos und Notizen. Ihr gefällt das große, leereHaus mit den riesigen Bäumen vor der Tür. Hierist es so unfassbar ruhig.

„Ich würde gerne hier bleiben.“, denkt sie

laut nach.„Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“ Mille-Diva

kann es nicht fassen. „Das ist doch die totaleEinöde hier!“

„Lass sie doch, Diva. So ist unsere Luisa.Träumen, träumen, träumen. Keiner von unsbleibt hier. Keine Sorge! So, jetzt müssen wiraber los. Es gibt bald Essen und der Chef sagte,heute kochen wir die Spezialität seiner Ur-Oma:Lyonner mit krummen Bärchen.“

„Krumbieren meinst Du“ sagt ein wenighöhnisch Niko-Junior.

„Blödsinn, Crumb-Beers sagt man.“, meintAnton-der-Kluge.

„Nee, Grummbeerschen heißt das.“, erwi-dert Jakob-der-Draufgänger. „Ich hätte sowiesolieber wieder Tripplelappes oder Verlobte mitSpeck!“

„Och nee, ick dachte heute gibt’s endlichwieder 'ne Curry!“, jammert Mille-Diva undmacht sich mit den Anderen auf denWeg zurückins Camp.

Luisa-die-Zierliche bleibt ein paar Schrittezurück, sie weiß ganz genau, was sie in ihreZukunftsprognose schreiben wird. ♠

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„Und du kannst auchmehrere Teller gleich-zeitig tragen?“ Ich nickte. „Siehst mir gar

nicht danach aus, eher wie so ein Philosoph! Undnoch was: Falls du drogenabhängig bist und hierin die Kasse greifst, bekommst du in der ganzenStadt keinen Job mehr!“ In der ganzen Stadt,nicht schlecht. Die ganze Stadt hat immerhin nur3,5 Millionen Einwohner. Aber der Pate mit demweißen Trenchcoat hatte gesprochen.

Die Philosophensache gefiel mir allerdings,obwohl ich mich in meiner Berufsehre als Bar-mann und Kellner etwas gekränkt fühlte. Philo-soph, Philosoph ging es mir durch den Kopf. Wasmachen Philosophen eigentlich? Von was lebtder Philosoph? Liegt er ganz old school in einemFass, sitzt auf einer Säule oder brütet im dunklenKämmerchen? Wandelt er kopfschüttelnd überdas Angesicht der Erde? Oder sitzt er Latte Mac-chiato trinkend mit seinem MacBook in demKaffee um die Ecke? Oder er kellnert! Kellnerund Philosoph, drogenabhängig und kriminell.Sehr romantisch. Würde man Studenten derPhilosophie fragen, was man nach ihrem Stu-dium machen kann, würden sie wahrscheinlichantworten: Alles! Mit Allem kann man jederzeitAlles machen. Was heißt kann? Man muss, nein,man will. Deshalb kellnern Philosophen ja auchfür 5,50 brutto. Alles steht dir offen, man nenntdie Erde deshalb ja auch Planet der Möglichkei-ten. Bedenkt man nun, wieviele Planeten es gibt,multiplizieren sich diese Möglichkeiten ins Un-

endliche. Interplanetary, interplanetary, inter-planetary music.

Musik und Philosophie! Wo alle nichts mehrerklären können, fängt die Musik an. Soundsgood! Sags in Tönen, wenn du's nicht in Wortensagen kannst. Viele Musiker philosophierentrotzdem. In Worten. Vor ein paar Jahren kamdas Isle Of Wight Konzert von Miles Davis alsDVD auf den Markt. Neben der unglaublichenMusik gab es dazu Kommentare, Analysen undLiebeserklärungen an die Kunst des großenTrompeters von ehemaligen Mitmusikern undKollegen. Carlos Santana schwadronierte in seitJahrzehnten gewohnter Weise von kosmischemBewusstsein, kosmischemOrgasmus und allerleianderen kosmischen Schweinereien. Kritiker lie-ßen sich natürlich nicht lumpen, das ihrer Mei-nung nach unerträgliche Geschwätz von San-tana zu monieren. Aber was, wenn er recht hat?Er sitzt da, mit seinem Batik-T-Shirt, seiner un-stylishen PRS Gitarre, spielt kurz das Haupt-thema von „In A Silent Way“, spielt es nochnicht mal besonders gut, hört auf zu spielen undredet von kosmischer Liebe. Er schaut dabei dieganze Zeit sehr relaxed, straight und etwas naivin die Kamera. Carlos Santana, was macht dichso ausgeglichen? Something about him is deadserious. And what's so funny about love, peaceand understanding?

Die erste Band, die ich „meine eigene“nannte, war in der Tat Santana. Ich war 12 und

kellner,philosoph undheisse luft

von Markus Spohn, Illustration von Ralf Leis

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brauchte ein Geburtstagsgeschenk für meine äl-tere Schwester. Es gab in St. Ingbert in der Kai-serstraße einen Laden namens Emma, der nebenKleidung auch Schallplatten führte. Ich hattevorher noch nie eine Schallplatte gekauft. Ichkannte nichts und interessierte mich auch nichtfür aktuelle Musik. Zwei, drei Platten, Geschen-ke von Freunden, nannte ich mein eigen. Eineder drei Schallplatten war von Louis Armstrong.Damals spielte ich Trompete und ein guter Kum-pel meinte zu recht, man müsse als Trompeteretwas von Louis Armstrong haben. Dem erstenTrompeter, dem eigentlichen Erfinder diesesInstruments, dem ersten Superstar, dem Nestoraller modernen Musik. Die Platte, die er mirschenkte, hieß: „This is Louis Armstrong Satchmo70“ mit Aufnahmen der legendären Hot Fiveund Hot Seven, eine Musik, die ich erst Jahr-zehnte später in ihrer Schönheit und Komplexi-tät zu schätzen lernte. Doch zurück zu Santana.Ich stand in besagtem Laden und wusste über-haupt nicht, was ich tun sollte. Ich fing an zuschwitzen. Leichte Panik kroch in mir hoch. Un-möglich, jetzt einfach wieder unverrichteter

Dinge abzuhauen. Ich ging zum erstbesten Sta-pel Platten, kramte ein bisschen, zog die„Santana I“ heraus, ging zur Kasse, bezahlte unddas war's. Ab diesem Zeitpunkt war ich „Fan“.

Jeder hatte damals seine Band. Bei meinemBanknachbarn aus der Schule war es ELO. Wirtrafen uns oft nachmittags, spielten uns gegen-seitig unsere wachsende Sammlung vor und lie-ßen kein gutes Haar an der jeweils anderenGruppe. Ich hasste den Geigen- und Cello-Sound des Electric Light Orchestra – heute fürmich schwer nachvollziehbar – mein Freund has-ste die ausufernden Solos von Santana. Eigent-lich so eine Art Punk Attitüde, obwohl er mitPunk nicht das geringste am Hut hatte. Ich be-zweifle, dass 1978 in St. Ingbert irgend jemandwusste, was das überhaupt war: Punk? Die ToteHose in Rohrbach gab es noch nicht. Glaube ichzumindest.

In dem Film Taxi Driver, einem der ästheti-schen Impulsgeber der Punkbewegung, gibt eseinen schönen Dialog zwischen dem TaxifahrerTravis Bickle und seinem Kollegen, demWizard.Travis, total depremiert, will von dem Wizard

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Lebenshilfe, wie soll es weitergehen? Die Ant-wort: „You wanna know what your problem is?You think too much.“ Er sei jung, solle sich nichtso viele Gedanken machen, einfach ein bisschenrumficken, dann wird das schon wieder. Travisdaraufhin total konsterniert: „That's the dumbestshit I've ever heard.“ Ein unglaublicher Dialog.Musik und Philosophie, Religion und Jugendbe-wegung, Zen und Kapitalismus gehen auf eng-stem Raum Hand in Hand wie weiland SPD undSED.

Einen ähnlich philosophisch-idealistischenAnsatz propagiert seit Jahren das Magazin11Freunde, indem es versucht, Fußball und Pop-kultur in Deutschland miteinander zu verbinden.Eine schöne Idee, aber ein Besuch in jedem belie-bigen deutschen Stadion beweist: Der Samen fälltauf steinigen Tribünenboden. Doch es muss janicht immer gleich der große Wurf sein. Eineschöne, wahrscheinlich unbewusste Geste desFC Union Berlin – absolut unverdächtig popkul-tureller Anwandlungen – war das Warmlaufender Mannschaft vor der Max Schmeling Hallecirca zwei Stunden vor Beginn des diesjährigenBob Dylan Konzerts. Ein Typ hinter mir meinte,jetzt könne man sich ja Autogramme von Dylanund den Spielern des FC Union besorgen. Eine soblauäugige wie utopische Bemerkung. Denn derAlte gibt keine Autogramme und von den ande-ren will man keins – noch nicht. Vielleicht in einpaar Jahren. Aber St. Pauli wird aus denen wohleher nicht mehr.

Warum aber immer St. Pauli? Warum mussjeder Punk St. Pauli-Fan sein? War eine der Prä-missen von 77 nicht: Individualität, kein Be-standteil sein.

Ein paar Jahrzehnte später ist es für einigewenige von Vorteil, dass niemand mehr einBestandteil von irgend etwas ist, denn nur solässt es sich leicht herrschen. Marx und Engelswaren Philosophen, man hat ihnen Denkmälergebaut und Straßen nach ihnen benannt. Siewaren out nach dem Mauerfall, sind wieder inseit der Bankenkrise. Wie Toto, die als die fran-zösische Band Phoenix getarnt, derzeit ein phä-nomenales Comeback feiern. Wer aus dem Saar-land kommt, weiß, dass französische Bands so

klingen und so aussehen. C'est très bon. Allesganz normal.

Wenn es eine Nation gibt, die gerne philoso-phiert, dann die französische. Über Wein, Käseund guten Fußball. Der Franzose sagt auch gernund oft: „C'est la vie.“Aber das klingt nicht fata-listisch, eher: Man muss es nehmen wie eskommt. Was zufällig kommt! Der Zufall scheinteine der wenigen Konstanten im Leben zu sein.Er bringt dich von Punkt A nach Punkt B. Duwirst Pirat oder Fußballer, Bundespräsident oderKellner, mehr Lover oder mehr Fighter. Ebenwundert man sich noch über Leute, die exzessivin der Nase bohren, und zwanzig Jahre spätergehört man selber dazu. Wie und warum, kanndir keiner erklären.

Manche Dinge gehen weg und kommenwieder. Menschen tauchen auf und verschwin-den für immer. So leicht wie ein Sommerwind.„The summerwind is blowing in from across thesea...“ Summerwind ist und bleibt mein Lieb-lingstitel von Frank Sinatra. Mitte der Neunzigerhatte ich für zwei Jahre in einer WG gewohnt.Sechs Leute. So etwas wollte organisiert sein.Jeder/jedeMitbewohner/in hatte einen Kochtag,und wer rechnen kann, weiß, dass es dann aneinem Tag nichts zu essen gab. Wie dem auchsei: Mein Tag war der Montag. Ein kosmischerZufall wollte, dass ich die letzten zwanzig Jahremontags fast immer frei hatte. Ein Tag, denMilliarden anderer Menschen zu Recht verflu-chen, hätte mein Lieblingstag sein können. Ichund ein paar hundertausend Friseure entspanntauf der Sonnenseite des Lebens! Doch traumati-scher Chemieunterricht, immer zwei Doppel-stunden amMontagmorgen, hatten denWochen-beginn für mich scheinbar auf immer verseucht.Kochen, kaltes Bier, laue Frühlingsluft vomBalkon, „Summerwind“ von der Mixkassetteund nette WG-Mitbewohner beim Abendessensind dafür verantwortlich, dass ich seither mon-tags nicht mehr nur an faschistische Chemie-lehrer denke.

Jedoch: Die Naturwissenschaften, die Physik,die Mathematik bleiben der große Feind, diedunkle Seite der Macht, schlimmer als eine biszu den Zähnen bewaffnete Legion. Apropos

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Legion. Ich kann den strategischen Ablauf derSchlacht von Cannae – die Schlacht, in der dieRömer von den Karthargern unter Hannibal ver-nichtend geschlagen wurden – mit Brotkrümelnauf dem Küchentisch nachstellen. So geschehenin besagter WG im Jahr 1996. Die halbmondför-mige Aufstellung der zahlenmäßig unterlegenenkarthargischen Infanterie, die Überlegenheit derKavallerie Hannibals auf den Flügeln, dieZangenbewegung, der Angriff in den Rückendes römischen Hauptheeres. Zack, zack. Ausdem ff. Dieses Kunststück gehört zu einer Listevon ca. 20 Angeberpunkten, die ich mir im Laufmeines Lebens zusammengestellt habe, um siein passenden, aber auch sehr gern in unpassen-den Momenten abzurufen. Viele Menschen –Feuilletonisten und Militärs seien hier nur stell-vertretend genannt – bestreiten mit so einerPower-Angeber-Liste ihren Lebensunterhalt. Ichals Philosoph und Kellner lehne das natürlich ab.

So etwas nennt man wohl monetäre Naivität.Auch sogenannte Lebenskünstler müssen anspäter denken. Besonders intensiv an das immernäher rückende Später denkt man natürlich,wenn das sowieso knappe Geld mal wieder sehrknapp ist. Wie war das noch gleich während desZivildienstes? Und wie wird es sein – auf der an-deren Seite? Bringt mir dann auch irgendeineRotznase jeden Tag um halb elf ein zu kaltesMittagessen in einer Alu-Verpackung? Bekommtman keinen Nachtisch, weil die ausgehungertenjungen Leute selbigen verspeist haben? Wennman sich über die hohen Preise beschwert,werde ich dann auch von einer biestigen AWO-

Tussi angeschnauzt: „Was denken sie denn, wirsind doch hier nicht die Wohlfahrt!“ Muss ichmittags immer spazieren gehen, obwohl ich dazuüberhaupt keine Lust habe? Schade, dass ich nixvom Krieg erzählen kann. Ich könnte vielleichtetwas erfinden. Wie ich in den Dschungeln Mit-telamerikas gegen die Contras gekämpft habe,in Afghanistan zusammen mit den damals nochheldenhaften Mudschaheddin gegen den bösenRussen. Niemand wird mir glauben. Ein beson-ders beliebter Pflegefall während meiner Zivil-dienstzeit war ein alter Typ, der im zweitenWelt-krieg bei der Waffen-SS und direkt danach inAfrika bei der Fremdenlegion war. Um „Neger“abzuschlachten, wie er so nett meinte. So einArschlochwerde ich nicht sein. Ich werde ein kor-rektes Arschloch sein. So ein „Iggy-Pop-Pflege-fall“. Meine persönliche Allmacht-Rentner-Vision. Wenn der Zivi mit dem Essen reinkommt,drahtig Dehnungsübungen machen. Vor ihmnervös rumtänzeln! What's up little asshole?

Doch was soll das Geschwätz. Wir haben janoch so viel Zeit. Die Sonne geht unter über denStraßen der Stadt, die zum Teil immer noch nachpreußischen Kriegsverbrechern benannt sind.Die Luft riecht nach Benzin und U-Bahn. DerWind weht einen Fender Rhodes Sound und vielheiße Luft von der benachbarten Straßenseite zumir herüber. Mein Siegelring glänzt im Licht derStraßenbeleuchtung. Die ersten Sterne funkelnamHimmel. Der Kühlschrank funktioniert. Lassteuch nicht verarschen, Freunde! Niemals!Tonight's The Night. ♠

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Sie geht wieder in die Schule,obwohl sie ihre Tochter alleineerziehen muss.

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Er will sich nicht prügeln, obwohler damit aufgewachsen ist.

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teile des ganzenvon Stefan „Ede“ Grenner

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impressum♠ Herausgeber, Gestaltung, Redaktion:

Ralf Leis Schmollerstraße 566111 Saarbrü[email protected]

♠ Konzept, Idee:Ralf Leis und Frank Schilling

♠ Mitwirkende – danke, Sie warn bezaubernd!♠ André Mailänder♠ Marc „Mieps“ Misman♠ Markus Spohn♠ Purk Reuleaux♠ Stefanie Baehr♠ Stefan „Ede“ Grenner♠ Véronique Verdet

♦ Auflage: 7.500

♦ Druck: repa druck, Ensheim

♦ Für Anzeigenschaltung fordern Sie bitte unsere Mediadaten an: 0681-965 23 28 oder [email protected]

♦ Die bereits erschienenen Aus gaben vonVIERTEL VOR sind kostenlos erhältlich im buchladen in der Förster straße – solange Vorrat reicht!

♥ DankeAnna+Jakob+Henri, Mazze, Birgit, Ursel und Norbert Jungmann, Sebastian Rüstig,allen Zettelschreibern und Album-Models

♥ Ebenso bedanken wir uns bei unseren Anzeigenkunden, die dieses Projekt ermöglicht haben.

♦ Alle Rechte vorbehalten. Abdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren oder des Herausgebers.

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ausgeze i chne t mi t dem saar länd i s chenStaatspre i s fürDes ign 2005

leidervergriffen!

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Nachschlag

von Ursel und Norbert Jungmann, langjährige ehemalige Besitzer des Gasthauses „Zum Adler“

Zutaten:1 kg grüne Bohnen (gefroren oder frisch), Bohnenkraut,Petersilie, Schnittlauch, Knoblauch nach Geschmack,ca. 200 g Schinken gekocht, 1 ganzer Camembert,Rahm, Milch, Öl oder Butter, Gouda (oder Bergkäse)gerieben.

Rezept: Bohnen mit den Kräutern in einer Schüssel mischen,würzen mit Salz und Pfeffer (wenig). Schinken inWürfel schneiden. Camembert mit etwas Öl/Butter ineiner Kasserolle schmelzen lassen, Rahm/Milch dazu,so dass eine sämige Sauce entsteht. Pfeffern.

Die gewürzten Bohnen lagenweise in eine Auflaufformgeben, Schinken und geriebenen Käse (auch lagen-weise) dazu. Zum Schluss eine Lage Bohnen, Saucedarüber geben und im Backofen (ca. 200°) überbacken.Wenn die Bohnen köcheln, den Rest des geriebenenGoudas darüber streuen und goldgelb überbacken.

Am besten zusammen mit grünem Salat servieren.Guten Appetit!

clochardbohnen

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nauwieser 19Kultur- & Werkhof

Nauwieser Straße 19 /// 66111 Saarbrücken /// www.nauwieser19.de

Im Herzen des Viertels seit 19 Jahren

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