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Frischer Wind weht he~rein Ernst-Herbert Pfleiderer lädt ein zur neuen Saison der " Konzertfreunde"
Hereinspaziert Ernst-Herbert Ptleiderer, der Künstlerische Leiter der "Neumarkter Konzertfreunde", bittet zum Musikgenuss. Foto: Edgar Ptrogner
Ernst- Herbert Pfleiderer, Künstlerischer Leite r der .,Neumarkter Konzertfreunde", macht die Tür auf: zum Pressegespräch über den inzwischen 34 Jahre alten und erfolgsverwöhnten Verein sowie für die neue Saison 2014/15. Erster Eindruck: Da weht ein ziemlich frischer Wind.
Herr Pfleiderer, die Konkurrenz schläft nicht, überall tauchen neue Konzert- und Festival-Pflänzchen auf. Wie positionieren sich da die etablierten "Neumarkter Konzertfreunde"?
Ernst-Herbert Pfleiderer: Wir müssen es immer wieder betonen: Wir machen keine Konzerte nur für feine Leute, wir sind als "Konzertfreunde" keine Schicki-Micki-Truppe. Das waren wir von Anfang der .,Konzertfreunde" -G€schichte an nicht, sondern wir bedienen eine inhaltsorientierte Gruppe, ein enthusiastisches Musikpublikum. Dieses Konzept und diese Konzerte wollen wir noch bekannter machen in Nordbayern.
Warum ist das Publikum für Sie so wichtig: außer, dass es kommt und Eintritt zahlt?
Pfleiderer: Unser Publikum verfolgt die Konzerte überall die Jahre hin so konzentriert und kenntnisreich wie kaum sonst wo. Das schätzen auch unsere Künstler, und manche kommen eigens deswegen nach Neumarkt: zum Beispiel der Countertenor Philippe J aroussky in der nächsten Saison zum dritten Mal. Und wenn jetzt generationsbedingt ein paar Abo-Plätze neu vergeben werden können, auch mehr Einzelkarten zur Verfügung stehen oder es für neue Interessenten ein "Schnupper-Abo" gibt: Uns liegt an dem typischen, besonderen Reitsta-
Konzertgenuss ist nicht Mangelware Nimmermüde "Neumarkter Konzertfreunde" wollen auch für Diskussionsstoff sorgen
NEUMARKT - Mit dem Programm 2014/15 der "Neumarkter Konzertfreunde" ist nicht nur der Reitstadel-Genussfaktor erneut garantiert, sondern es bringt Abonnenten und Einzelkartenkäufer auf die Höhe der aktuellen Kammermusikdiskussion und -szene. Man kann Eindrücke aus früheren Konzerterlebnissen festigen, neue Gruppierungen kennen lernen, die sich hier das erste Mal vorstellen, oder die gegenwärtig' aktuellen Superstars hören.
Da weht ein frischer Wind durch den Reitstadel, durch Besetzungslisten und Programme: auch mit einer Menge Musik aus der klassischen
Moderne und zeitgenössischen Komponistencomputern. Wovor sich niemand fürchten muss, denn an Penderecki oder Gorecki haben sich die Ohren längst gewöhnt, und Kurt Weill ist ein klassisches Vergnügen.
Musiker klopfen an Die zehn Konzerte sind wieder das
Ergebnis langer Feldforschung und intimer Kenntnis der Kammermusikszene von heute. Musiker waren von ihren ersten Gastspielen i,n Neumarkt begeistert und kommen mit Handkuss wieder- oder freuen sich, dass sie endlich eingeladen, eingelassen werden. Die "Konzertfreunde" wagen auch
mal ein Debüt mit unbekanntem Namen: Man ruht sich nicht auf den Lorbeeren der vergangeneu 34 Jahre aus. Sondern will für Diskussionsstoff sorgen. Denn nur bequeme Konzertsessel will . eigentlich heute keiner mehr. Die Jungen sowieso nicht und auch nicht die Alteren. Oft sind Interpreten sichtlich überrascht, wie viel Applaus es für Schnittke, Schostakowitsch oder Ligeti in Neumarkt gibt.
Auch mit einer durchdachten Eintrittspreis-Politikbauen die "Konzertfreunde" an ihrer "Konzertzukunft". Und die verspricht 2015/16 dann auch wieder Andräs Schiff oder Thomas Hengelbrock. UWE MITSCHING
Solitäre sorgen für. Festspiel-Atmosphäre Zehn Konzerte zum Zungenschnalzen-Ein Wiederhören mit Countertenor Jaroussky
VON UWE MITSCHING
NEUMARKT - So sieht Ernst-Herbert Pfleiderer die zehn Konzerte der Saison 2014/15:
25. September: Ein Klaviertrio mit bekannten Namen: Sergey und Lusine Khachatryan spielen mit dem Gewinner des Tschaikowsky-Wettbewerbs 2011, dem Cellisten Narek Hakhnazaryan, Beethoven, Rachmaninov und ein Trio des armenischen Nationalkomponisten Babadjanian. Der erste Auftritt dieses Trios, bevor es in das Concertgebouw Amsterdam weiter-
geht (Abos A und G). 14. November: "Das war eine schwe
re G€burt, aber jetzt ist es ein tolles Projekt" und für die Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager wie gemacht. Sie bringt Kurt Weills "Die sieben Todsünden der Kleinbürger" (nach Bertolt Brecht) und Auszüge aus der Oper "Der Silbersee". Dazu gibt es viel Instrumentalwitz von Darius Milhaud mit dem amarcord-Quartett und eine Begleitung durchs Swedish Chamber Orchestra (B und G).
24. November: "Kim Kashkashian ist eine der fünf besten Bratscherin-
Finnische Revolution: O lli Mustonen spielt mit dem Streichquartett .,Meta4" unter anderem eine eigene Komposition - eme Erstaufführung. Foto: Fritz Etzold
nen weltweit" und spielt mit der Flötistin Marina Piccinini (New York/Wien) und Sivan Magen (Harfe) "sehr feine Kammermusik" in der Mischung von Rameau, Ravel, Debussy, Gubaidulina und Takemitsu (A und G).
19. Januar 2015: "Eine finnische Revolution" ist das "Meta 4"-Streichquartett. Allein spielt es Haydn, zusammen mit ihrem Landsmann Olli Mustonen das Klavierquintett von Cesar Franck, noch dazu mit Ollis Frau Sole die Erstaufführung von Mustonens Quartett für Oboe, Violine, Viola und Klavier von 2010 (A und G).
.,Grande Dame" am Piano 28. Januar: Klaviertrio klingt in der
Reitstadel-Akustik am besten: auch wenn der Piano-Star Mitsuko Uchida mit der Geigerio Veronika Eberle und der Cellistin Marie-Elisabeth Hecker zusammen und zum ersten Mal Mozart und Schubert spielt: KV 542 und D 898. Die "grande dame" Uchida war bei ihren letztjährigen Aufnahmen im Reitstadel begeistert: "Das ist für mich der Schumann-Saal" - auch wenn sie jetzt Schubert spielt (Abos B undG).
12. Februar: "Dieser Trifonov gehört zu keiner Schule, er ist eine einmalige Begabung, die von innen kommt", sagt Klavierlegende Menahem Pressfer über den Pianisten-Jungstar Daniil Trifonov. Der spielt die beiden Chopin-Klavierkonzerte in einer Fassung für Streichorchester. Das ist an diesem Abend die · Kremerata Baltica, die noch Penderecki und Gorecki beisteuern darf (A und Sonderkonzert).
6. März: "lgor Levit stand schon lange auf meiner Liste: Ist er wirklich ein Jahrhunderttalent, Wie die FAZ meint?" Erst sollte er mit dem Württembergischen Kammerorchester kommen, jetzt kommt er zu einem Solorecital und mit drei Beethoven-Sonaten plus Bach und Busoni (B und G).
15. April: Zu diesem Abend fällt Ernst-Herbert PHeiderer auch kein
del-Publikum. Dem bieten wir weiterhin künstlerische Qualität und sehen uns dabei in einer "Pole Position".
Der Musikmarkt bringt ja unaufhörlich neue Namen hervor: schnell gepusht, dann auch wieder schnell vergessen. Wo sind 2014/15 die wirklich interessanten Namen?
PHeiderer: Mit neuen Namen sind wir gut dabei, es gibt etliche Reitstadel-Debüts. Gerade auf dem Klaviermarkt ist das Angebot ja riesig - aber nur wenige sind wirklich auserwählt. Daniil Trifonov ist sicher ein Spitzenangebot für unser Publikum. Bei den Streichquartetten sind wir in der komfortablen Situation, dass das Niveau
DAS INTERVIEW insgesamt sehr gut ist. Aber auch hier nehmen wir nur die Allerengagiertesten.
Große Teile des potentiellen Publikums wollen heute {Jeim Konzert auch ein Stück Event, Musikfest.
Pfleiderer: Wenn damit . MusikShow gemeint ist, mache ich dafür die Tür nicht auf. Aber wenn wirkliche künstlerische Qualität dazu kommt, wie bei Martin Grubinger oder Patricia Kopatchinskaja mit ihrer Familie, wo es ursprünglich und künstlerisch sauber ist, sind die "Konzertfreunde" dabei. Auch in der nächsten Saison, wenn Spitzenkräfte aus Frankreich mit romantischen Liedern eine Art Crossover versuchen.
Die Stadt Neumarkt musste sich um das überregionale Musikprofil selber nie viel kümmern, das haben die "Kon-
zertfreunde" besorgt. Würden Siesich inzwischen mehr Unterstützung wünschen?
PHeiderer: Außer der kostenfreien Überlassung des Reitstadels bekommen wir auch weiterhin keine öffentliche Unterstützung. Und die will ich auch weiterhin nicht, weil ich im Programm unabhängig sein will. Die Konzertreihe ist ein G€schenk der "Konzertfreunde" an die Neumarkter Bürger: Dieses Konzept verfolgen wir weiterhin. Vieles an Kultur ist in Neumarkt ja auch ohne Privatinitiative, das sieht man bei der Stadt manchmal allzu sehr als Selbstverständlichkeit an.
Wo sehen Sie noch ungenütztes Publikumspotential?
PHeiderer: Es gibt immer noch Leute, die uns nicht kennen. Die wollen wir für uns gewinnen. Die jüngere· Generation ist natürlich unser Nachwuchs für später, deshalb wird es jetzt 50 Prozent Nachlass für Schüler und $tudenten geben, auch schon im Vorverka.~. Aber wir wissen genau, dass die Alteren Zeit, G€ld, Interesse, Sachverstand haben: Sie bilden letztlich den wichtigsten Teil unseres Publikumsstammes - und wir sind nicht unglücklich darüber.
Was schreiben Sie als Motto über die neue Saison?
Pfleiderer: Zehn Konzerte, offene Programmatik, viel Moderne, die aucli für konservativere Ohren gut und interessant erlebbar ist. Und nicht zu vergessen: der neue Steinway-Flügel als unser neues Paradepferd. Da mussten wir ein neues Meisterstück aus der aktuellen Produktion finden - und ich glaube, wir haben es gefunden. Interv.: UWE MITSCHING
Gut zu wissen
Die Neuigkeiten aus dem Kartenbüro der "Neumarkter Konzertfreunde":
Es gi~t keine Preiserhöhungen in der neuen Saison.
Schüler und Studenten bekommen 50 Prozent Ermäßigung auch schon im Vorverkauf.
Es gibt . "Schnupper-Abos" für neue Interessenten in allen drei Abo-Reihen und Preiskategorien; für ein Jahr, mit 15 Prozent Nachlass.
Aus baurechtliehen Erwägungen heraus dürfen die "Neumarkter Konzertfreunde" im Reitstadel keine Stehplätze mehr vergeben. Dafür gibt es unten im Parkett so genann-
te "Nischenplätze" zum Sitzen und mit festgelegter Nischennummer, beschränkt auf 18 Plätze. Der Preis weiterhin: zehn Euro, auch im Vorverkauf erhältlich.
Bei besonders nachgefragten Konzerten wird es auch Bühnenplätze geben.
Einzelkarten in allen Kategorien sind für sämtliche Konzerte bereits von Beginn der Saison an erhältlich.
Noch in der Diskussion ist ein Preisnachlass für Abonnenten bei zusätzlichen Einzelkarten aus den anderen Reihen - so wie es bei den großen Münchner Orchestern praktiziert wird. UWE MITSCHING
Der ~eniale Countertenor Philippe Jaroussky kommt wieder. Am 15. April 2015 wird 1hn das Streichquartett Quattour Ebene 1m Reistadel begleiten. Foto: Etzold
Superlativ mehr ein: Der "weltbeste" Countertenor Philippe Jaroussky lässt sich vom Pianisten Jerome Ducras begleiten und macht mit dem Streichquartett Quattuor Ebene ein Crosso-" ver zum Thema "Melodies francaises". "Fetzige Zugaben" sind schon jetzt versprochen (A und G).
Junge Cellistin aus Holland 8. Mai: "Die junge holländische Cel
listin Harrlet Krijgh haben wir bei den Mondsee-Musiktagen kennen gelernt", sagt PHeiderer und gibt zu: "und waren sofort begeistert". Mit Magda Amara am Klavier spielt sie
Brahms, Beethoven, Rachmaninov. Mit ihren 22 Jahren hat sie auch schon ein eigenes Festival auf Burg Freistritz in Österreich: "Harriet & Friends" (A und G).
24. Juni: "Ein Streichquintett, das ganz schwierig zu bekommen war, noch dazu mit einem so schönen Programm": Baiba Skride, Gergana Gergova, Brett Dean, Nils Mönkemeyer und Alban Gerhardt spielen zum Saisonschluss Mozart (KV 614) und Brahms (op. 111), dazu noch "Epitaphs" von Brett: Der war 20 Jahre lang Bratscher bei den Berliner Philharmonikern (B und G).