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Editorial 1 2|2006 ortimentsmanagement ist und bleibt die Königsdisziplin. Aus die- ser Kompetenz entsteht ein Großteil der Handelswertschöpfung. Das Zu- sammenstellen überzeugender Sorti- mente ist eine komplexe Aufgabe. Denken Sie nur an unser Ess- und Ver- zehrverhalten. Wir essen heute un- regelmäßiger, während immer kürzeren Pausenzeiten und immer seltener zu Hause. Permanent stellt sich da für Handel und Hersteller die Sortiments- frage neu. Die Antworten von gestern bedürfen in der Regel einer „zeitgemä- ßen“ Anpassung. Immer ausgefeiltere Tools wie zum Beispiel Category Management, Space Management und vor allem der hoch gelobte ECR-Ansatz versprechen Besserung. Ziehen wir Bilanz nach zehn Jahren ECR im deutschsprachigen Raum, so fällt diese ernüchternd aus. ECR hat zweifellos in der ersten Dekade geholfen, die Effi- zienz der Supply Chain zu verbessern. Gleichzeitig hat jedoch zwischen etlichen Unternehmen – möglicher- weise gerade wegen der einheitlich zum Einsatz kommenden ECR-Methoden – eine Sortimentsharmonisierung statt- gefunden. Lean Management und Busi- ness Process Reengineering-Ansätze haben eine Angleichung der Geschäfts- prozesse und Organisationsstrukturen bewirkt. Schließlich gleichen auch Marketingaktivitäten wie ein Ei dem anderen. Die Folge erleben wir Konsu- menten täglich: Der Preis rückt immer stärker ins Zentrum der Marketingakti- vitäten. Diese Entwicklung ist gefähr- lich. Für Hersteller und Handel sinkt die Wertschöpfung um Milliardenbe- träge. Um diese Down Trading-Spirale zu brechen, muss das „E“ des ECR- Ansatzes eine neue Interpretation erhalten. Neben der Effizienz müssen Sortimente „effektiver“ Kundenbedürf- nisse ansprechen. Nicht nur Sortimente noch effizienter machen, sondern Sor- timente werthaltiger gestalten, sollte zur Maxime aller Nicht-Discounter werden. So gehen effektive Sortimente erstens proaktiv auf den Bedürfniswan- del ein. Effektive Sortimente sind zwei- tens überschaubar und bilden das Ergebnis einer zielgruppengerechten Vorselektion. Drittens basieren effekti- ve Sortimente auf Innovationen, die aus Kundensicht einen wahrnehmbaren Mehrwert ausstrahlen. Die Autoren dieser Thexis-Ausgabe vermitteln Denkanstöße für den Auf- bau werthaltiger Sortimente. Die Bei- träge geben einen Ausblick auf die Hauptaufgabe der zweiten ECR-Deka- de, nämlich der Aufbau profilierter Sor- timente. Werthaltige Sortimente schaffen Prof. Dr. Thomas Rudolph Inhaber des Gottlieb- Duttweiler-Lehrstuhls für internationales Han- delsmanagement an der Universität St. Gallen, Direktor des Instituts für Marketing und Handel sowie Mit- herausgeber von Thexis, St. Gallen (CH) S Fachzeitschrift für Marketing des Instituts für Marketing und Handel an der Universität St. Gallen 23. Jahrgang, Nr. 2 Erscheint viermal jährlich

Werthaltige Sortimente schaffen

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Editorial

12|2006

ortimentsmanagement ist und

bleibt die Königsdisziplin. Aus die-

ser Kompetenz entsteht ein Großteil

der Handelswertschöpfung. Das Zu-

sammenstellen überzeugender Sorti-

mente ist eine komplexe Aufgabe.

Denken Sie nur an unser Ess- und Ver-

zehrverhalten. Wir essen heute un-

regelmäßiger, während immer kürzeren

Pausenzeiten und immer seltener zu

Hause. Permanent stellt sich da für

Handel und Hersteller die Sortiments-

frage neu. Die Antworten von gestern

bedürfen in der Regel einer „zeitgemä-

ßen“ Anpassung. Immer ausgefeiltere

Tools wie zum Beispiel Category

Management, Space Management und

vor allem der hoch gelobte ECR-Ansatz

versprechen Besserung. Ziehen wir

Bilanz nach zehn Jahren ECR im

deutschsprachigen Raum, so fällt diese

ernüchternd aus. ECR hat zweifellos in

der ersten Dekade geholfen, die Effi-

zienz der Supply Chain zu verbessern.

Gleichzeitig hat jedoch zwischen

etlichen Unternehmen – möglicher-

weise gerade wegen der einheitlich zum

Einsatz kommenden ECR-Methoden –

eine Sortimentsharmonisierung statt-

gefunden. Lean Management und Busi-

ness Process Reengineering-Ansätze

haben eine Angleichung der Geschäfts-

prozesse und Organisationsstrukturen

bewirkt. Schließlich gleichen auch

Marketingaktivitäten wie ein Ei dem

anderen. Die Folge erleben wir Konsu-

menten täglich: Der Preis rückt immer

stärker ins Zentrum der Marketingakti-

vitäten. Diese Entwicklung ist gefähr-

lich. Für Hersteller und Handel sinkt

die Wertschöpfung um Milliardenbe-

träge. Um diese Down Trading-Spirale

zu brechen, muss das „E“ des ECR-

Ansatzes eine neue Interpretation

erhalten. Neben der Effizienz müssen

Sortimente „effektiver“ Kundenbedürf-

nisse ansprechen. Nicht nur Sortimente

noch effizienter machen, sondern Sor-

timente werthaltiger gestalten, sollte

zur Maxime aller Nicht-Discounter

werden. So gehen effektive Sortimente

erstens proaktiv auf den Bedürfniswan-

del ein. Effektive Sortimente sind zwei-

tens überschaubar und bilden das

Ergebnis einer zielgruppengerechten

Vorselektion. Drittens basieren effekti-

ve Sortimente auf Innovationen, die

aus Kundensicht einen wahrnehmbaren

Mehrwert ausstrahlen.

Die Autoren dieser Thexis-Ausgabe

vermitteln Denkanstöße für den Auf-

bau werthaltiger Sortimente. Die Bei-

träge geben einen Ausblick auf die

Hauptaufgabe der zweiten ECR-Deka-

de, nämlich der Aufbau profilierter Sor-

timente.

Werthaltige Sortimente schaffen

Prof. Dr. ThomasRudolphInhaber des Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhlsfür internationales Han-delsmanagement an derUniversität St. Gallen,Direktor des Institutsfür Marketing und Handel sowie Mit-herausgeber von Thexis,St. Gallen (CH)

S

Fachzeitschrift für Marketing des

Instituts für Marketing und Handel an

der Universität St. Gallen

23. Jahrgang, Nr. 2

Erscheint viermal jährlich