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Die Dreisten Vögel Comeback, wenns am Schönsten ist Vor elf Jahren verzückte das Duo aus dem badischen Raum mit ihrer Hitsingle “Kaffeebier” die Independent-Szene. Nach zahl- reichen Fernsehinterviews und einer ausgiebigen Tour, die den Titel “Kaffeebierfahrt” trug, wurde es still um die beiden smarten “Musiker”. Niemand wusste, wo sich die Dreisten Vögel im letzten Jahrzehnt aufgehalten haben - umso erstaunlicher, als wir vor einigen Wochen eine Presse-Mitteilung erhielten, in dem die Dreisten Vögel eine Comeback-Single ankündigten. Verkehrsrüpel heißt das neue Werk und handelt von einem Thema, das uns alle betrifft - entweder aktiv oder passiv: der immer aggressivere Ton auf deutschen Straßen. Die Single erscheint Mitte November. Wir durften die Scheibe bereits Probehören und sind begeistert - da kommt Großes auf uns zu. In einer kleinen Bahnhofskneipe in ihrem Heimatort haben wir mit Ficht und Bär ein Exklusiv-In- terview zum größten Comeback seit Michael Jackson und Amy Winehouse geführt. Wish’ns: 12 Jahre ist euer legendärer Ghost-Auftritt auf dem Bizarre-Festival in Weeze nun her. Gibt es immer noch Re- aktionen von Fans auf diesen Gig? Ficht: Hin und wieder werden wir schon noch drauf angesprochen. Aber alles in allem ist dies längst Passé und interessiert uns nicht mehr. Wish’ns: Ok, dann lasst uns über euer neues Projekt sprechen. Mitte November seid ihr mit einer neuen Single am Start, die den vielversprechenden Titel Ver- kehrsrüpel trägt. Bär: Ja, wir sind sehr stolz auf diesen Song. Wahrscheinlich eines unserer besten zwanzig Lieder, die wir jemals aufgenom- men haben. Wir haben die Neptun-Stu- dios gerockt. Wish’ns: Wie ist die Idee zum Song ent- standen? Bär: Julia K. aus K. ignorierte dankes- werter Weise eine rote Ampel auf der Karlsruher B10 und hat uns damit maß- geblich inspiriert. Ficht: Sie war prinzipiell nur dreizehn Se- kunden zu spät dran. Bär: Es war knapp. Fast wäre das Signal wieder grün gewesen. Wish’ns: Hat sie ihren Lappen verloren? 10 - Wish’ns 11/12

Wish'ns Ausgabe 11/12

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Die Dreisten Vögel back in town

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Die Dreisten Vögel

Comeback, wenns am Schönsten istVor elf Jahren verzückte das Duo aus dem badischen Raum mit ihrer Hitsingle “Kaffeebier” die Independent-Szene. Nach zahl-reichen Fernsehinterviews und einer ausgiebigen Tour, die den Titel “Kaffeebierfahrt” trug, wurde es still um die beiden smarten“Musiker”. Niemand wusste, wo sich die Dreisten Vögel im letzten Jahrzehnt aufgehalten haben - umso erstaunlicher, als wir voreinigen Wochen eine Presse-Mitteilung erhielten, in dem die Dreisten Vögel eine Comeback-Single ankündigten. Verkehrsrüpelheißt das neue Werk und handelt von einem Thema, das uns alle betrifft - entweder aktiv oder passiv: der immer aggressivere Tonauf deutschen Straßen. Die Single erscheint Mitte November. Wir durften die Scheibe bereits Probehören und sind begeistert - dakommt Großes auf uns zu. In einer kleinen Bahnhofskneipe in ihrem Heimatort haben wir mit Ficht und Bär ein Exklusiv-In-terview zum größten Comeback seit Michael Jackson und Amy Winehouse geführt.

Wish’ns: 12 Jahre ist euer legendärerGhost-Auftritt auf dem Bizarre-Festivalin Weeze nun her. Gibt es immer noch Re-aktionen von Fans auf diesen Gig?

Ficht: Hin und wieder werden wir schonnoch drauf angesprochen. Aber alles inallem ist dies längst Passé und interessiertuns nicht mehr.

Wish’ns: Ok, dann lasst uns über euerneues Projekt sprechen. Mitte November

seid ihr mit einer neuen Single am Start,die den vielversprechenden Titel Ver-kehrsrüpel trägt.

Bär: Ja, wir sind sehr stolz auf diesenSong. Wahrscheinlich eines unserer bestenzwanzig Lieder, die wir jemals aufgenom-men haben. Wir haben die Neptun-Stu-dios gerockt.

Wish’ns: Wie ist die Idee zum Song ent-standen?

Bär: Julia K. aus K. ignorierte dankes-werter Weise eine rote Ampel auf derKarlsruher B10 und hat uns damit maß-geblich inspiriert.

Ficht: Sie war prinzipiell nur dreizehn Se-kunden zu spät dran.

Bär: Es war knapp. Fast wäre das Signalwieder grün gewesen.

Wish’ns: Hat sie ihren Lappen verloren?

10 - Wish’ns 11/12

Bär: Ja, sie muss ihn einen Monat abge-ben. Jedenfalls war sie eine große Hilfebeim Schreiben des Songs. Wir widmenihr auch das Lied. Ich denke, sie wird sichsehr darüber freuen.

Wish’ns: Auf der Single gibt es auch nochzwei weitere Songs.

Ficht: In der Tat, zum Einen die Karaoke-Version von Verkehrsrüpel. Bestens geeignet,um mitgröhlend sämtliche Verkehrsregelnzu missachten, die man sich nur vorstel-len kann...

Bär: Stellt euch vor, ihr fahrt mit 73 km/hdurch ein Spielstraße, die Polizei hält euchan und stellt euch die Frage: Warumhaben Sie das getan? Die Antwort: “Weilich Verkehrsrüpel bin”.

Ficht (lacht): A rüpling man... Das zweiteBonus-Lied auf der Single wird eine klas-sische B-Seite. Hidden-Trash haben wirdas mal getauft. Nur soviel: Es wird ziem-lich trashig. Dafür weniger hidden.

Wish’ns: Ist auch ein Album geplant?

Bär: Momentan haben wir beruflich vielum die Ohren. Erstmal möchten wir nurmal schauen, ob wir von dem Single-Erlöseinen Urlaub in Rumänien, den wir schonlange planen, finanzieren können. Viel-leicht inspiriert uns das dann und wir kön-nen an einem neuem Album arbeiten.Aktuell ist das aber nicht in Planung.

Ficht: Es gab auch Gerüchte über eineneue Tour. Die Kaffeebierfahrt-Tour 2001war ja schon ziemlich erfolgreich. Aberganz ehrlich: Wer möchte sich denn diealten Hits wie Kaffeebier, Eisen, Gerlindeschrein usw. noch anhören. Die meistenpotentiellen Konzertbesucher waren dochdamals noch zu jung, um uns wahrzuneh-men.

Bär: Es wird den ein oder anderen Pro-moauftritt geben. Auf der Polizeigewerk-schafts-Weihnachtsfeier in Bingen werdenwir live performen...

Ficht: Auch auf dem Bahnhofsfest inHochspeyer sind wir am Start.

Wish’ns: Was könnt ihr über das Artworkder Single erzählen.

Bär: Ein heikles Thema.

Ficht: Da sind einige Köpfe gerollt.

Wish’ns: Warum?

Bär: Wir waren mit unserem Chefgrafikernicht so zufrieden. Früher hat er ja tolleSachen gemacht. Mittlerweile ist er aberetwas in die Jahre gekommen und nichtmehr so trendy. Wir waren mit den ersten

Entwürfen nicht so zufrieden und dahaben wir uns von ihm getrennt.

Ficht: Aber unsere neue Agentur istklasse. Die Single erscheint in einer Super-Retro-Papp-Hülle.

Bär: Ich hatte Tränen in den Augen, alsich das Ding zum ersten Mal in den Hän-den hielt.

Ficht: Nicht nur das. Du hast die CDmehrere Minuten in die Luft gehoben undgebrüllt: DA IST DAS DING.

Wish’ns: Eine Textzeile in Verkehrsrüpellautet: “Ich trink gern Flaschenbier ausDosen”. Eine andere: “Ich war als Kindschon hochriskant, mit meinem Dreiradfuhr ich gegen eine Wand”. Erinnert ihreuch gerne an eure Kindheit?

Bär: Eigentlich schon. Ich hatte ein Bo-nanza-Rad. So etwas gibts heute ja nichtmehr. Heute gibts nur noch Internet undPlaystation und Facebook und Fotos vonschräg oben und...

Ficht (unterbricht): Da habt ihr ein heik-les Thema angesprochen. Wir leben immernoch in den Zeiten von Maniac Mansion,sinnloses Dosenbier-an-den-Hinterkopf-kicken-und-dazu-parallel-Achtung-rufenund natürlich dem guten alten Spongeln.

Wish’ns: Ihr spongelt nicht mehr?

Ficht: Die Zeit. Das Business. Oli ist jetztberufstätig und Baba.

Bär: Bewegen geht auch nicht mehr so wiefrüher. Wobei - eigentlich gings früherauch nicht.

Wish’ns: Zurück zu den Dreisten Vögeln.Hattet ihr nach eurem Bizarre-Gig noch-mals Kontakt zu den “Urban Suburbs”?Denen habt ihr ja damals u.a. die Auf-tritts-Zeit gestohlen.

Ficht: Wir haben einen lieben Entschul-digungs-Brief (damals gab es noch keineE-Mails) geschrieben.

Wish’ns: Und, kam eine Reaktion?

Bär: Leider haben wir nie eine Antworterhalten. Keine Ahnung, ob die immernoch sauer sind. Uns aber auch egal.

Ficht: Wir sind die Dreisten Vögel, uns istegal was andere provinziellen Möchte-gern-Bands von uns halten.

Wish’ns: Vielen Dank für das wunderbareInterview. Wir wünschen euch viel Erfolgmit der (Hit-)Single. Bleibt tapfer undnun lasst uns mit diesem wunderbarenKrefelder anstoßen. Prost.

Wish’ns 11/12 - 11