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Pierre Romera fühlt sich mitten drin im Journalismus und kommt doch aus einer ganz anderen Ecke. Als Programmierer hat der 24-jährige Franzose angefangen. Heute hilft er Journalisten, Daten zu analysieren und aufzuarbei- ten. von Alexandra Scherrer und Florance Hildebrand Du bist Experte im Datenjourna- lismus. Was versteht man darun- ter genau? Datenjournalismus ist die Kombi- nation von drei Berufen: Program- mierer, Grafiker und Journalist. Die- se drei Kompetenzen braucht es, um rohe Datensätze journalistisch zu nutzen und aufzuarbeiten. Es ist auch möglich, dass eine Person sowohl programmieren als auch schreiben kann - es braucht nicht immer drei Leute. Und Du bist was? Angefangen habe ich als Program- mierer, aber heute bin ich immer mehr Journalist. Ich interessiere mich sehr für diesen Beruf. Die Welt der Medien fasziniert mich und ich kenne sie sehr gut. Aller- dings habe ich noch nie einen Ar- tikel geschrieben. Da ich jetzt nur noch für journalistische Projekte arbeite, bin ich zwar immer noch Programmierer, aber richte meine Arbeitsweise nach dem Journalis- mus aus. Euer Projekt Journalisme ++ bie- tet Weiterbildungen für Journalis- ten an. Wie sieht so ein Kurs aus? Zum ersten Mal in Zürich und sogleich am Bahnhof abgefangen: Pierre Romera im Interview mit „ZoooM!“ über Datenjournalismus und Journalisme + + . (Foto: Manuel Lopez) Es gibt zwei Ziele, die ich verfolge. Das eine besteht darin, den Journa- listen das Basiswissen im Program- mieren zu vermitteln, damit sie mit den Experten kommunizieren kön- nen. Ausserdem möchte ich ihnen Mittel in die Hand geben, um diese Daten zu analysieren, zu interpre- tieren und in einem Artikel zu ver- wenden. Gibt es noch nicht viele Journa- listen, die so mit Daten umgehen können? Die Vorstellung, mit einem Pro- grammierer zusammen zu arbei- ten, ist vielen Journalisten immer noch fremd. Auch fehlen ihnen oft die Kenntnisse, Tabellen und Grafiken zu erstellen. Es gibt zwar immer mehr Journalisten, die sich mit diesem Thema auseinander- „Ich habe noch nie einen Artikel geschrieben“ setzen, vor uns liegt aber noch ein langer Weg. Denkst Du, Datenjournalismus bekommt in der Zukunft mehr Bedeutung? Es wird immer verschiedene Arten von Journalisten geben. Der Daten- journalismus wird die Arbeitsweise aber ändern. Das macht er jetzt schon. Ausbildung: Études d‘informatique (Informatik) Herkunft: Grenoble (FR) Wohnort: Paris twitter: @pirhoo mehr zu Journalisme ++ : http://jplusplus.org Impressum Herausgeber Junge Medien Schweiz 8000 Zürich www.jugendmedientage.ch Redaktion Janosch Szabo (Leitung) René Rödiger (Leitung) Melanie Obrist Rebecca Dütschler Miriam Kalunder Anna Maltsev Florance Hildebrand William Stern Alina Dekker Matthias Strasser Alexandra Scherrer Layout Melanie Obrist Manuel Lopez Bildredaktion Manuel Lopez Auflage 100 Exemplare Publikation 21. Oktober 2012 Partner „Zmitzt dinna“: Mit ihrer Sen- dung auf Tele Südostschweiz hat Sereina Venzin schon zwei- mal den Ostschweizer Medien- preis gewonnen. Und als Jour- nalistin mitten drin zu sein, ist denn auch ihr Credo – real na- türlich, nicht virtuell. Rebecca Dütschler Sereina Venzin, müssen Journa- listen immer erreichbar sein? Auf einer Redaktion ist man ja nicht alleine verantwortlich. Die Arbeit wird aufgeteilt. Wenn ich zum Beispiel Redaktionsleitung habe, dann kann eine Woche sehr stressig sein, und ich mache viel- leicht Überstunden. Dafür ist dann die folgende Woche wieder etwas ruhiger. Aber Journalisten müssen ihre Fühler natürlich immer aus- gestreckt haben für Geschichten. Wenn sechs Uhr ist, kann ich nicht einfach Feierabend machen, wenn nebenan gerade ein Grossbrand ist. Bist du auch rund um die Uhr er- reichbar? Wie handhabst du Soci- al Media? Ich habe einen Facebook-Account aber nur unter einem anderen Namen. Diesen habe ich für den Fall, dass ich einmal recherchieren muss. Ansonsten pflege ich meine Freundschaften im realen Leben. Twitter benutze ich nicht. Ich bin eher der altmodische Typ, habe alle Fühler ausgestreckt, aber ohne speziell Social Media miteinzube- ziehen. Du hast ja zweimal den Ost- schweizer Medienpreis gewon- nen. Was bedeutet dir das? In erster Linie ist es eine grosse Wertschätzung. Das sind ja gestan- dene Profis, die das bewerten. Es ist eines der schönsten Feedbacks, wenn man eine Auszeichnung er- hält. Und die Bevölkerung sieht, ah ja Sereina hat einen Preis für ihre Sendung erhalten. Es gibt aber auch Leute, die finden, diese Prei- se nicht so toll, weil sie es komisch finden, wenn jemand sein eigenes Projekt einsendet und es preis- würdig findet. Sie würden das eher über Drittpersonen machen. Das muss halt jeder selbst entscheiden. Ein Journalist muss also eine „Rampensau“ sein? Eine „Rampensau“ würde ich nicht gerade sagen, aber auch nicht zu bescheiden. Als Journalistin muss ich wach sein, präsent sein. Ich mache eine Geschichte vor allem, damit sie dem Publikum gefällt. Wenn sie dann auch noch ausge- zeichnet wird, dann bringt das ne- ben der persönlichen Freude letzt- lich auch dem Sender etwas. Welche Bedeutung haben denn Preisverleihungen für die Me- dienlandschaft? Ich denke, dass sie wichtig sind. Es sind ja vor allem Fachpersonen, die solche Preisverleihungen beobach- ten. Die kennen die Preise. Es kann einen Journalisten auch beruflich weiterbringen oder ihn zumindest in den Fokus rücken. Wach, präsent, die Fühler immer ausgestreckt Social Media für Journalisten Soziale Medien sind gerade der jüngeren Generation sehr ver- traut. Aber wie kann man Social Media als Journalist optimal nut- zen? Konrad Weber und Julian Schmidli brachten es engagierten JMT-Teilnehmern im Workshop „Online“ bei. Miriam Kalunder Gerade bei Twitter stellt sich Jour- nalisten immer wieder die Frage nach der Echtheit von Profilen in sozialen Netzwerken. Das Twit- terprofil @ChrMoergeli gehört dem echten Nationalrat Mörgeli, das Profil @real_moergeli nicht unbedingt. Das erschliesst sich dem Journalisten beispielsweise bei einem Besuch auf Mörgelis Homepage oder der Website der Parlamentsdienste. Auch Zahl und Art der Follower, die Tweets selber oder Bilder können Hinweise auf die Authentizität geben. Schwierige Verifikation Wie verifiziert ein Journalist aber Bilder und Videos aus dem Inter- net? Konrad und Julian kennen die Antwort und zeigen den Teil- nehmern einige Tricks. So können Bilder beispielsweise auf ihre Me- tadaten hin untersucht werden. Wer digitale Bilder schiesst, der verewigt Zeit, Datum und teilwei- se sogar den Ort in der Bilddatei. Wer den Standort kennt, kann bei Bildern und Videos über Google Maps und Google Street View die Angaben prüfen. Doch zurück zu Twitter. Konrad und Julian sind sich einig, dass man die wichtigsten Funktionen wie den Retweet, Hashtags und Mentions beherrschen sollte. Listen seien für gewisse Themengebiete ebenfalls von grossem Nutzen. Geschlosse- ne Listen im Speziellen seien bei Recherchen von Vorteilen, die nicht sofort offensichtlich sein sollen. Filtern und foglen Auch sollten die Filterfunktionen bei der Suche benutzt werden. Beim Attentat von Breivik filterte Konrad beispielsweise nach Tweets in der Originalsprache, um die vie- len Gerüchte auszuschliessen. Mit einem Retweet von einem „Leader“ kann ein Anliegen sehr rasch in der Community verbreitet werden.

Zoom! #2 – Das Magazin zu den ersten Schweizer Jugendmedientagen

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Pierre Romera fühlt sich mitten drin im Journalismus und kommt doch aus einer ganz anderen Ecke. Als Programmierer hat der 24-jährige Franzose angefangen. Heute hilft er Journalisten, Daten zu analysieren und aufzuarbei-ten.

von Alexandra Scherrer und Florance Hildebrand

Du bist Experte im Datenjourna-lismus. Was versteht man darun-ter genau?Datenjournalismus ist die Kombi-nation von drei Berufen: Program-mierer, Grafiker und Journalist. Die-se drei Kompetenzen braucht es, um rohe Datensätze journalistisch zu nutzen und aufzuarbeiten. Es ist auch möglich, dass eine Person

sowohl programmieren als auch schreiben kann - es braucht nicht immer drei Leute.

Und Du bist was?Angefangen habe ich als Program-mierer, aber heute bin ich immer mehr Journalist. Ich interessiere mich sehr für diesen Beruf. Die Welt der Medien fasziniert mich und ich kenne sie sehr gut. Aller-dings habe ich noch nie einen Ar-tikel geschrieben. Da ich jetzt nur noch für journalistische Projekte arbeite, bin ich zwar immer noch Programmierer, aber richte meine Arbeitsweise nach dem Journalis-mus aus.

Euer Projekt Journalisme ++ bie-tet Weiterbildungen für Journalis-ten an. Wie sieht so ein Kurs aus?

Zum ersten Mal in Zürich und sogleich am Bahnhof abgefangen: Pierre Romera im Interview mit „ZoooM!“ über Datenjournalismus und Journalisme + + . (Foto: Manuel Lopez)

Es gibt zwei Ziele, die ich verfolge. Das eine besteht darin, den Journa-listen das Basiswissen im Program-mieren zu vermitteln, damit sie mit den Experten kommunizieren kön-nen. Ausserdem möchte ich ihnen Mittel in die Hand geben, um diese Daten zu analysieren, zu interpre-tieren und in einem Artikel zu ver-wenden.

Gibt es noch nicht viele Journa-listen, die so mit Daten umgehen können?Die Vorstellung, mit einem Pro-grammierer zusammen zu arbei-ten, ist vielen Journalisten immer noch fremd. Auch fehlen ihnen oft die Kenntnisse, Tabellen und Grafiken zu erstellen. Es gibt zwar immer mehr Journalisten, die sich mit diesem Thema auseinander-

„Ich habe noch nie einen Artikel geschrieben“

setzen, vor uns liegt aber noch ein langer Weg.

Denkst Du, Datenjournalismus bekommt in der Zukunft mehr Bedeutung?Es wird immer verschiedene Arten von Journalisten geben. Der Daten-journalismus wird die Arbeitsweise aber ändern. Das macht er jetzt schon.

Ausbildung: Études d‘informatique(Informatik)Herkunft: Grenoble (FR)Wohnort: Paristwitter: @pirhoomehr zu Journalisme ++ :http://jplusplus.org

ImpressumHerausgeberJunge Medien Schweiz8000 Zürichwww.jugendmedientage.ch

RedaktionJanosch Szabo (Leitung)René Rödiger (Leitung)Melanie ObristRebecca DütschlerMiriam KalunderAnna MaltsevFlorance HildebrandWilliam SternAlina DekkerMatthias StrasserAlexandra Scherrer

LayoutMelanie ObristManuel Lopez

BildredaktionManuel Lopez

Auflage100 Exemplare

Publikation21. Oktober 2012

Partner

„Zmitzt dinna“: Mit ihrer Sen-dung auf Tele Südostschweiz hat Sereina Venzin schon zwei-mal den Ostschweizer Medien-preis gewonnen. Und als Jour-nalistin mitten drin zu sein, ist denn auch ihr Credo – real na-türlich, nicht virtuell.

Rebecca Dütschler

Sereina Venzin, müssen Journa-listen immer erreichbar sein?Auf einer Redaktion ist man ja nicht alleine verantwortlich. Die Arbeit wird aufgeteilt. Wenn ich zum Beispiel Redaktionsleitung habe, dann kann eine Woche sehr stressig sein, und ich mache viel-leicht Überstunden. Dafür ist dann die folgende Woche wieder etwas

ruhiger. Aber Journalisten müssen ihre Fühler natürlich immer aus-gestreckt haben für Geschichten. Wenn sechs Uhr ist, kann ich nicht einfach Feierabend machen, wenn nebenan gerade ein Grossbrand ist.

Bist du auch rund um die Uhr er-reichbar? Wie handhabst du Soci-al Media?Ich habe einen Facebook-Account aber nur unter einem anderen Namen. Diesen habe ich für den Fall, dass ich einmal recherchieren muss. Ansonsten pflege ich meine Freundschaften im realen Leben. Twitter benutze ich nicht. Ich bin eher der altmodische Typ, habe alle Fühler ausgestreckt, aber ohne speziell Social Media miteinzube-ziehen.

Du hast ja zweimal den Ost-schweizer Medienpreis gewon-nen. Was bedeutet dir das?In erster Linie ist es eine grosse Wertschätzung. Das sind ja gestan-dene Profis, die das bewerten. Es ist eines der schönsten Feedbacks, wenn man eine Auszeichnung er-hält. Und die Bevölkerung sieht, ah ja Sereina hat einen Preis für ihre Sendung erhalten. Es gibt aber auch Leute, die finden, diese Prei-se nicht so toll, weil sie es komisch finden, wenn jemand sein eigenes Projekt einsendet und es preis-würdig findet. Sie würden das eher über Drittpersonen machen. Das muss halt jeder selbst entscheiden.

Ein Journalist muss also eine „Rampensau“ sein?

Eine „Rampensau“ würde ich nicht gerade sagen, aber auch nicht zu bescheiden. Als Journalistin muss ich wach sein, präsent sein. Ich mache eine Geschichte vor allem, damit sie dem Publikum gefällt. Wenn sie dann auch noch ausge-zeichnet wird, dann bringt das ne-ben der persönlichen Freude letzt-lich auch dem Sender etwas.

Welche Bedeutung haben denn Preisverleihungen für die Me-dienlandschaft?Ich denke, dass sie wichtig sind. Es sind ja vor allem Fachpersonen, die solche Preisverleihungen beobach-ten. Die kennen die Preise. Es kann einen Journalisten auch beruflich weiterbringen oder ihn zumindest in den Fokus rücken.

Wach, präsent, die Fühler immer ausgestreckt

Social Media für JournalistenSoziale Medien sind gerade der jüngeren Generation sehr ver-traut. Aber wie kann man Social Media als Journalist optimal nut-zen? Konrad Weber und Julian Schmidli brachten es engagierten JMT-Teilnehmern im Workshop „Online“ bei.

Miriam Kalunder

Gerade bei Twitter stellt sich Jour-nalisten immer wieder die Frage nach der Echtheit von Profilen in sozialen Netzwerken. Das Twit-terprofil @ChrMoergeli gehört dem echten Nationalrat Mörgeli, das Profil @real_moergeli nicht unbedingt. Das erschliesst sich dem Journalisten beispielsweise bei einem Besuch auf Mörgelis

Homepage oder der Website der Parlamentsdienste. Auch Zahl und Art der Follower, die Tweets selber oder Bilder können Hinweise auf die Authentizität geben.

Schwierige VerifikationWie verifiziert ein Journalist aber Bilder und Videos aus dem Inter-net? Konrad und Julian kennen die Antwort und zeigen den Teil-nehmern einige Tricks. So können Bilder beispielsweise auf ihre Me-tadaten hin untersucht werden. Wer digitale Bilder schiesst, der verewigt Zeit, Datum und teilwei-se sogar den Ort in der Bilddatei. Wer den Standort kennt, kann bei Bildern und Videos über Google Maps und Google Street View die Angaben prüfen.

Doch zurück zu Twitter. Konrad und Julian sind sich einig, dass man die wichtigsten Funktionen wie den Retweet, Hashtags und Mentions beherrschen sollte. Listen seien für gewisse Themengebiete ebenfalls von grossem Nutzen. Geschlosse-ne Listen im Speziellen seien bei Recherchen von Vorteilen, die nicht sofort offensichtlich sein sollen.

Filtern und foglenAuch sollten die Filterfunktionen bei der Suche benutzt werden. Beim Attentat von Breivik filterte Konrad beispielsweise nach Tweets in der Originalsprache, um die vie-len Gerüchte auszuschliessen. Mit einem Retweet von einem „Leader“ kann ein Anliegen sehr rasch in der Community verbreitet werden.

Page 2: Zoom! #2 – Das Magazin zu den ersten Schweizer Jugendmedientagen

Off The Record – Investigativer Journalismus

Die Fotoausstellung der Jugendmedientage begeisterte mit Bildern von hoher künstlerischer Qualität. (Foto: Manuel Lopez)

Bunte Lippen und dunkle Städte

Der letzte Abend der Jugendme-dientage stand ganz im Zeichen der Fotografie. 16 Nachwuchs-talente stellten in der Remise in Zürich ihre besten Werke zu ver-schiedensten Themen aus und begeisterten Teilnehmer und Be-sucher gleichermassen.

Anna Maltsev

„Ich fotografiere, weil ich es ein-fach liebe“, sagt Elias Kaiser und strahlt. Neben ihm hängt seine neueste Fotoserie „Lips“. In beein-druckender Art und Weise hat der 23-Jährige die Nahaufnahme von Lippen in verschiedenen Farben in Szene gesetzt. Seine Kreativi-tät auszuleben, ist dem Studenten besonders wichtig. „Ich habe mir fest vorgenommen, immer noch meine eigenen Ideen umzusetzen – egal wie viele Aufträge ich ein-mal habe.“ Und über mangelnde Aufträge kann sich Elias schon jetzt nicht beklagen – seit einem Jahr lebt er von seiner Leidenschaft.

Professionell und kreativZusammen mit 15 weiteren Jung-fotografinnen und Jungfotografen hatte er die Chance, einige seiner Werke an den Jugendmedientagen in Zürich auszustellen. Von profes-sionellen Studioporträts über dy-namische Konzertaufnahmen und poetische Schwarz-Weiss-Fotogra-fien bis hin zu faszinierenden De-

tailaufnahmen war an der Fotoaus-stellung am Samstagabend in der Remise alles zu sehen. „Ich hätte nie gedacht, dass es so gute Fotos zu sehen gibt. Die meisten Fotogra-fen sind zwischen 16 und 20 und die Bilder sind wirklich sehr professio-nell und kreativ gemacht – ich bin beeindruckt“, sagt die 22-jährige Sophie, die an den JMT teilnahm.

Gelungener AbschlussEin anderer dieser Nachwuchsta-lente ist Jan Müller. Von klein auf hat der heute 20-Jährige gerne fo-tografiert, vor zwei Jahren kaufte er sich die erste Spiegelreflexkamera. Mit viel Liebe zum Detail konzent-riert er sich nun vor allem auf Mo-mentaufnahmen. „Ich mag keine gestellten Fotos. Den besonderen Augenblick einzufangen – eine be-stimmte Atmosphäre – das geht am besten, wenn der Fotografierte

nicht einmal weiss, dass er gerade fotografiert wird.“ Neben Men-schen fotografiert Jan am liebsten grosse Städte bei Nacht. Nebenbei engagiert sich der Hobbyfotograf für Tink.ch und möchte am liebsten Fotojournalist werden.

Abschluss mit The DropsNeben der beeindruckenden Aus-stellung sorgten „The Drops“ aus

Basel für super Stimmung und run-deten den letzten Abend der ersten Schweizer Jugendmedientage ab. Während die jungen Nachwuchs-journalisten, -redaktoren, und -fo-tografen beim Grillieren die vielen Eindrücke der letzten Tage disku-tierten, war das Fazit eindeutig: Die ersten Jugendmedientage der Schweiz werden bestimmt nicht die letzten sein!

The Drops – „Wir haben einen Song für euch“„The Drops“ waren nicht nur vor-dergründig das musikalische High-light des Samstagabends. Nach ihrem Auftritt in der Remise über-raschten sie das JMT-Newsroom-Team mit einem kleinen Extra-Auftritt. Sänger Noah Kaiser und Schlagzeuger Kevin Guida schau-ten im Hinterzimmer vorbei und gaben direkt am Newsdesk einen

Song zum Besten. Die Ansage war simpel: „Wir haben einen Song für euch.“ Was dann folgte, war typisch für die junge Basler Band: jung, spontan und mit dem richtigen Ge-fühl fürs Publikum. Die Musiker der Band, die zum DRS3-Best-Talent gewählt wurde, wissen sehr genau, was sie wollen: „Auf grossen Büh-nen spielen“, sagte Noah Kaiser

nach dem Auftritt gegenüber Zoo-om! Er ist übrigens der Bruder von Elias Kaiser, der nebst anderen in der Fotoausstellung ausgewählte Bilder zeigte.

Ein ausführliches Interview mit „The Drops“ gibt es im Blog auf www.jugendmedientage.ch zu hö-ren.

Im investigativen Journalismus geht es um viel Taktik und Feinge-fühl, um an geheime und verbor-gene Informationen zu gelangen. Dass dabei grosse Unterschie-de zwischen der Schweiz und Deutschland bestehen, erklärte Julian Schmidli am Roundtable.

Von Melanie Obrist

Fällt der Begriff „investigativer Journalismus“, ist die erste Assotia-tion dazu wohl „Der Spiegel“, Euro-pas auflagenstärkstes Nachrichten-Magazin. Was in Deutschland eine wichtige Rolle im Journalismus-Ge-füge eingenommen hat, stösst in der Schweiz schnell an seine Gren-zen: „In der Schweiz ist investigati-

ver Journalismus viel komplizierter als bei unseren Nachbarn“, meint Julian Schmidli, der als investigati-ver Journalist bei der Sonntagszei-tung und Le Matin Dimanche tätig ist. Als einen der Hauptgründe sieht er die Diskretion der Schwei-zer im Umgang mit ihrem Wissen und ihren Netzwerken. Sowieso sei das deutsche System, politisch wie auch gesellschaftlich betrachtet, viel härter und kompetitiver.

Wissen ist MachtInformationen gibt es nie umsonst, auch nicht für Journalisten, die sich bereits einen Namen gemacht haben. „Es ist immer ein Tausch-handel“, meint der 27-jährige Jour-nalist. Dazu gehört einerseits die

Möglichkeit eines Sprachrohres für eigene Interessen, andererseits ist das Beibehalten der Anonymität der sogenannten Whistleblower von grösster Wichtigkeit. Im Ge-genzug erhält der Journalist Ein-sicht in unveröffentlichte Daten und Informationsnetze. Um aber überhaupt an Informanten zu kom-men, braucht es zuerst ein ausge-prägtes Netzwerk mit Ansprechs-personen und Bekannten aus jeglichen Bereichen. Entscheidend dafür ist nicht zuletzt der Ruf des Journalisten, der die Glaubwürdig-keit und mögliche Zusammenar-beit massgebend beeinflusst. Das Vertrauen zwischen Whistleblower und investigativem Journalisten muss aber gegenseitig funktionie-

Es gibt einige Printmedien, die im heutigen Nachrichtenfluss noch die Möglichkeit haben, „richtig“ zu recherchieren. Was sich po-sitiv anhört, hat aber nicht nur Vorteile.

Von Alina Dekker

Die Schnelllebigkeit des heutigen Journalismus macht intensive Re-cherche immer schwieriger. Trotz-dem gibt es immer noch Printme-dien, welche die Recherche als Hauptbestandteil ihrer journalisti-schen Arbeit sehen. Eines von ih-nen ist der „Beobachter“. Das Kon-

Der Beobachter lebt langsamsumentenmagazin erscheint alle zwei Wochen. Eine Woche bevor es in den Druck geht, müssen die Arti-kel komplett sein. Wo bleibt da die Zeit für anspruchsvolle Recherche?

Drei Monate RechercheNicole Krättli ist seit rund zwei Jahren Redaktorin beim „Beobach-ter“. Für ihre letzte Titelstory hat sie fast drei Monate lang recher-chiert. „Neben der Haupttätigkeit, dem Recherchieren, muss ich mich aber natürlich auch noch anderen Arbeiten widmen. Sonst gäbe es nicht alle zwei Wochen eine neue Ausgabe des Beobachters“, erklärt

sie. Dass sie solange recherchieren kann, wie sie dafür Zeit braucht, ist für Nicole ein Privileg. „Das Produkt ist so letztlich von hoher Qualität“, sagt Nicole. Die Möglichkeit zu auf-wändigen Nachforschungen habe aber auch seine Nachteile. „Beim Beobachter können wir uns nicht in ein aktuelles Thema vertiefen. Denn eine Woche später kann alles wieder anders aussehen.“ Deshalb müsse man sich auf zeitlose The-men konzentrieren. Schlecht findet das die Journalistin aber nicht. „Es ist nun mal etwas Anderes und es kommt immer darauf an, wo man sich selbst sieht.“

Nicole hat mit 24 Jahren schon ei-nen langen Lebenslauf. Vor ihrer

Anstellung beim Beobachter war sie Praktikantin bei der „Südost-schweiz“, beim „TagiMagi“, beim „Stern“ und noch vielen mehr. Vor allem die Zeit bei der „Südost-schweiz“ behält sie als gute Schule in Erinnerung.

Lehrgeld bei der TageszeitungSie empfiehlt jungen Journalisten unbedingt zuerst Erfahrungen bei einer Tageszeitung zu sammeln, bevor sie sich überlegen zum Maga-zinjournalismus zu wechseln. „Denn bei einer Tageszeitung bist du nicht einfach Praktikant. Du wirst wirk-lich gebraucht“, sagt Nicole: „Du lernst einiges mehr und bist in der Zukunft für fast jedes Printmedium gerüstet.“

ren. Gleich wie der Journalist dem Informanten Quellenschutz ver-spricht, muss der Informationsquel-le vertraut werden können. Dazu verwenden die Medienschaffenden die Zwei-Quellen-Regel als Über-prüfungsmethode.

Gesuchte LeuteSelbst wenn investigativer Journa-lismus in der Schweiz einen ande-ren Stellenwert hat als in Deutsch-land, sind gute Leute selten. Laut Schmidli, dessen Spezialität in der Datenanalyse- und Beschaffung liegt, sind investigative Journalisten nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern auch in den Bereichen Kul-tur, Wissenschaft und Sport immer mehr gesucht.

„Ihr müsst hartnäckig sein und Rückschläge einstecken können. Jeder Artikel ist eine Chance. Geht nicht immer den einfachsten Weg, sondern probiert auch Neues aus.“

„Ihr müsst für den Journalismus leben, das Feuer haben. Streckt auch in der Freizeit alle Fühler nach spannenden Geschichten aus.“

„Schreiben, schreiben, schreiben, soviel wie möglich und egal wo. Seid vor allem offen gegenüber

Menschen, Themen und Medienkanälen.“

Nicole Krättli

Simone RauSere

ina

Ven

zin