Vom Welterklärer zum Web-Navigator
Wie das Internet den Journalisten-Beruf verändert
Beitrag von Bernd Oswald zum Seminar „World Wide Web -globaler Segen oder Fluch?!“ an der Georg-von-Vollmar-Akademie in Kochel
13. April 2011
Dienstag, 12. April 2011
Agenda
I. Neue Kommunikationsmuster
II. Neue Informationsmuster
III.Herausforderungen für das journalistische Berufsbild
Dienstag, 12. April 2011
I. Neue Kommunikationsmuster
Dienstag, 12. April 2011
Digitalisierung
• Digitale Inhalte sind jederzeit:
• verfügbar
• Austauschbar
• Kopierbar (Urheberrecht)
Dienstag, 12. April 2011
Neue Kanäle
• Blogs (private, professionelle)
• Foren
• Social Media
• Content-Plattformen wie YouTube und Flickr
Dienstag, 12. April 2011
Sender-Empfänger-Modell ist Geschichte
• Früher brauchte man für (Massen-)Kommunikation ein klassisches Medium: Zeitung, Zeitschrift, Radio, Fernsehen
• Mit dem Internet ist ein mächtiges Medium hinzugekomen
• Jeder kann kommunzieren
Dienstag, 12. April 2011
Content-Explosion
Dienstag, 12. April 2011
Internet als Aufmerksamkeitsökonomie
• Links (zu viralen Inhalten)
• Mentions
• Retweets
• Kommentare
• Likes
Dienstag, 12. April 2011
II. Neue Informationsmuster
Dienstag, 12. April 2011
Angebotsexplosion auch im Journalismus
• Online-Ableger klassischer Medien (immer stärker auch mit eigenen mobilen Angeboten)
• Online only: Netzeitung, Meedia, European
• Journalistische Blogs (oft sehr spezialisiert)
• Bürgerjournalismus (z.B. myHeimat)
Dienstag, 12. April 2011
Politische Information vor allem über klassische Medien
Dienstag, 12. April 2011
...doch auch im Netz hat Politik Konjunktur
Quelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2010
Dienstag, 12. April 2011
Im Netz stehen die Online-Angebote der klassischen Medien hoch im Kurs
Dienstag, 12. April 2011
Spiegel Online als neues Leitmedium
• Online-Angebot der ersten Stunde
• Größte journalistische Online-Redaktion Deutschlands
• Aktuell, exklusiv, meinungsbildend
• Meist zitiertes Online-Angebot
• Sehr hohe Reichweite
Dienstag, 12. April 2011
Aus: Spiegel Quality Channel: DAS Nachrichtenportal im Internet: http://www.spiegel-qc.de/deutsch/media/dokumente/partner/basis/spon_basis.pdf
Zum Vergleich: Der Print-Spiegel erreicht ca. 6 Mio Leser/Woche (Anm. B.O.)
Dienstag, 12. April 2011
Quelle: „Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien und Medien - Internationale Delphi-Studie 2030“, veröffentlicht beim Nationalen IT-Gipfel 2009 in Stuttgart
Rosige Zukunft für die klassische Leitmedien?
Dienstag, 12. April 2011
Quelle: „Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien und Medien - Internationale Delphi-Studie 2030“, veröffentlicht beim Nationalen IT-Gipfel 2009 in Stuttgart
...insbesondere für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Dienstag, 12. April 2011
„Guttenplag Wiki“: kollektive Rechercheleistung
• Plagiatsvorwürfe werden in einem eigenen Wiki überprüft und dokumentiert (Crowdsourcing)
• Im Social Web bricht eine Spottwelle über Guttenberg herein (Remix-Kultur)
• Klassische Medien greifen beides auf und vertiefen es durch eigene Rechrechen
Dienstag, 12. April 2011
Bedeutung von „Guttenplag“ für Mediennutzung
• Meinungsbildung stark über das Internet: Wiki als Quelle, Blogs, Facebook
• Klassische Medien und Internet ergänzten sich hier vorzüglich
Dienstag, 12. April 2011
„Einmalig an der Guttenberg-Affäre war, dass die Aufklärung noch nie so demokratisch war wie in diesem Fall, weil sie nicht mehr allein Journalisten vorbehalten war.“
(Nicolas Richter, stv. Ressortleiter Investigative Recherche bei der Süddeutschen Zeitung)
Dienstag, 12. April 2011
Verlieren klassische Medien ihre
Deutungshoheit?
Dienstag, 12. April 2011
Funktionsteilung zwischen alten und neuen Medien
• „neue“ Medien: individuelle, schnelle, aktuelle, immer verfügbare Information an der Oberfläche
• „alte“ Medien: sinnvolle Deutung und Vernetzung der Einzelinformationen ➡ (Hintergrund-)Wissen
Quelle: „Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien und Medien - Internationale Delphi-Studie 2030“, veröffentlicht beim Nationalen IT-Gipfel 2009 in Stuttgart
Dienstag, 12. April 2011
Journalistische Hauptleistungen
• Informationen strukturieren und in einen sinnvollen Zusammenhang bringen
• Das Priorisieren von Meldungen - das klassische Agenda-Setting - macht aus Informationen relevante Nachrichten
• Informationen auf ihre Seriosität hin untersuchen
Dienstag, 12. April 2011
Wer erbringt diese Leistungen besser?
Online- oder klassische Medien?
Dienstag, 12. April 2011
III. Herausforderungen für das Berufsbild
Journalist
Dienstag, 12. April 2011
Herausforderungen für das Berufsbild Journalist
1. Berichterstattung in Echtzeit
2. Relevante Informationen sichten
3. Multimediale Informationsaufbereitung
4. Dialog mit dem Publikum führen
Dienstag, 12. April 2011
1. Berichterstattung in Echtzeit
• Eilmeldungen
• Ständige Aktualisierungen
• Live-Ticker bzw. Live-Blogs
• Sichtung unterschiedlichster Medien
• Problem der Verifizierung
• Prozessjournalismus
• Berichterstattung von unterwegs
Dienstag, 12. April 2011
6 Tipps zum Umgang mit Breaking News
1. Sei vorbereitet – Dein persönlicher Social Circle für Breaking News
2. Identifiziere relevante Quellen
3. Suche nach User Generated Content
4. Newssuche
5. Crisis Mapping
6. Quellen verifizieren Quelle: Steffen Leidel: Breaking News - eine Kurzanleitung
http://training.dw-world.de/ausbildung/blogs/lab/?p=2171
Dienstag, 12. April 2011
2. Relevante Informationen sichten• Web-Suche beherrschen
• Social Media-Monitoring
• Abgleich verschiedener Quellen (Agenturen, Pressemitteilungen, Fernsehen, Web-Inhalte)
• Fakten überprüfen, Gegenrecherche (Telefon! Persönliches Netzwerk)
• Datensätze analysieren können (Wikileaks)
Dienstag, 12. April 2011
Wikileaks
• Irak-Video „Collateral Murder“ sorgt für weltweite Aufmerksamkeit
• „Afghan War Logs“
• „Iraq War Logs“
• „Cablegate“: US-Botschafterdepeschen
Dienstag, 12. April 2011
Weitere Leaking-Plattformen
• Al Jazeera Transparency Unit (AJTU) – seit Januar 2011: www.ajtransparency.com
• Crowdleaks: www.crowdleaks.org
• GreenLeaks: www.greenleaks.com
Dienstag, 12. April 2011
Deutsche Leaking-Plattformen
• OpenLeaks, Daniel Domscheit-Berg: www.openleaks.org
• BayernLeaks: www.bayernleaks.de
• Der Westen: www.derwesten-recherche.org
• Anhaltspunkte zum Nachsurfen: www.derwesten.de/blogs/rechercheblog
Dienstag, 12. April 2011
Wikileaks als Katalysator für den Datenjournalismus
• Herausforderungen:
• Zigtausend Datensätze müssen gesichtet werden (Ressourcenfrage)
• Relevante Information auswählen (journalistisches Nachrichten-Gespür)
• Visualisierung (optische Aufbereitung)
Dienstag, 12. April 2011
Staatliche Daten sollen öffentlich sein
Quelle: http://bund.offenerhaushalt.de/
Dienstag, 12. April 2011
3. Multimediale Informationsaufbereitung
• Produktion multimedialer Formate: technische Kompetenzen gefragt
• Datenvisualisierung
• Inhalte aggregieren und kuratieren
Dienstag, 12. April 2011
Multimediale Formate
• Audioslideshows
• Podcasts
• Videos
• Interaktive Grafiken
• Interaktive Zeitleisten
Dienstag, 12. April 2011
Datenvisualisierung
http://vimeo.com/17976885
Dienstag, 12. April 2011
Datenvisualisierung
• Gregor Aisch: „eine Infografik sagt mehr als 1000 Bilder!
• Schwierigkeit: komplexe Sachverhalte auf einen Blick nachvollziehbar machen
• Logische Navigation mit zunehmender Informationstiefe
Dienstag, 12. April 2011
Inhalte aggregieren und kuratieren
• Vertrauenswürdige Quellen sichten und verlinken
• Transparenz herstellen
• Sachverhalte in einen Zusammenhang bringen, einordnen
• Mehrwert für den Nutzer schaffen: „People come back to places that send them away“
Dienstag, 12. April 2011
Kuratieren mit „Storify“
Dienstag, 12. April 2011
4. Dialog mit dem Publikum führen
• Echter Austausch, Gespräch statt ein Sender, viele Empfänger
• Feedback-Möglichkeiten eröffnen (im eigenen Angebot)
• Diskussionen in sozialen Netzwerken führen
• Crowdsourcing, Bsp. Guardian
Dienstag, 12. April 2011
Beispielhafte Social Media-Einbindung bei Spiegel Online
• Relaunch von Spiegel Online im August 2009:
• Vorankündigung auf der Homepage
• SPON bildet Relaunch-Diskussion auf Facebook und Twitter auf einer SPON-Seite ab
• Auch auf der eigenen Forums-Seite können sich die Leser austoben
Dienstag, 12. April 2011
Kernthesen von Miriam Meckel
• Recherche beginnt immer öfter in Communities
• Journalisten verlieren einen Großteil ihrer Interpretationshoheit
• Es gibt keine „fertigen“ journalistischen Produkte mehr
• Journalisten müssen ihre Geschichten in Gesprächsflüsse einbringen können
• Der Journalist ist in eine Vielzahl von Öffentlichkeiten eingebunden
Dienstag, 12. April 2011
Linkliste• www.netzpolitik.org
• www.digitale-gesellschaft.de
• www.datenjournalist.de
• Lab - Blog der Deutschen Welle Akademie
• www.onlinejournalismus.de: Multi-Autoren-Blog
• www.medialdigital.de: Ulrike Langer
• http://www.onlinejournalismus.org/: Seite zum Buch „Onlinejournalismus“ von Gabriele Hooffacker
Dienstag, 12. April 2011
Vernetzung gewünscht?
• Slideshare: www.slideshare.net/berndoswald
• Homepage: www.berndoswald.de
• Onlinejournalismus-Blog: www.journalisten-traning.de
• Netzpolitik-Blog: www.pin-blog.eu
• Twitter: @berndoswald
Dienstag, 12. April 2011