EineSonderbeilage von text intern und der
VDZ Akademie zum Expertenforum
Auf dem
VDZ Akademie-Expertenforum
zeigen hochkarätige Experten
warum Smartphones und
Tablets eine echte Chance
für deutsche Medienunternehmen
darstellen.
Marco Koeder
Juan Senor
Heiko SchererPeter Hossli
Jean Pierre Crapet Staff an Ekholm Donata Hopfen
Arne Wolter
Treff punkt: Moderator Ulrich Hegge (li.) mit Donata Hopfen (Axel Springer)
und Arne Wolter (G+J EMS)
MOBILE MEDIA 2011!ALL AROUND: TABLETS, APPS & CO.
Ausgabe 27, Mittwoch, 6. Juli 20112
VDZ EXPERTENFORUM
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Der Kongress der guten Hoff nungZwei Tage zur Zukunft der mobilen Medien
M acht nicht
die selben
Fehler – das
ist der Neustart, eine
zweite Chance! Noch
so eine kommt nicht
mehr“. Mit diesem
Appell starten 100
Teilnehmer Anfang
Juni in ein Informati-
onsmarathon, den die
VDZ Akademie mit
ihrem Expertenforum
„Mobile Media 2011!“
veranstaltet. Dieser
fast schon beschwö-
rende Aufruf stammt
von dem Software-Entwickler Staffan
Ekholm, CEO von Moving Media+. Der
auf die Entwicklung von iPad-Angebo-
ten spezialisierte Schwede eröffnet mit
dem britischen Consultant Juan Senor
die Referate. Und die beiden halten nicht
ohne Grund den Eröffnungspart von
zehn Vorträgen. Sie sind der „Wakeup“.
Sie bringen internationales Flair in die
Diskussion rund um „Tablets, Apps &
Co.“ – und sie bringen die Dinge auf den
Punkt. „Das iPad ist die größte Medienin-
novation seit Gutenberg“ oder „Das jour-
nalistische Geschichtenerzählen ist die
Re-Investition, in Plattformen müssen
wir nicht investieren“, so fokussiert Senor
seine Thesen, seine Empfehlungen an
die Verlagsmanager im Publikum.
Die meisten der Teilnehmer sind
sicherlich nach Hamburg angereits, um
Erfahrungen und Tipps zu bekommen,
wie sich die Einbrüche im Werbemarkt
durch neue digitale Erlösquellen und
Geschäftsfelder wettmachen lassen. Sie
wollen wissen, welche HTML-Technolo-
gien wichtig werden, ob und wenn wel-
che Smartphones das Rennen machen
oder wie Apps Geld in die Kassen bringen
können. Zahlreiche Verlags- und Medi-
enhäuser planen oder setzen bereits
digitale Ableger ihrer Kernmarken um.
Im Mittelpunkt stehen meist Zusatzpro-
gramme (Apps) für Multimedia-Handys
und Tablets.
Der Kongress zeigt, wie sich die Zeiten
geändert haben. Während vor vier, fünf
VDZ-Kommunikationschef Peter Klotzki (re.) mit Chefredakteur
Christian Personn. text intern ist Medienpartner des Expertenforums
Der Stand der Dinge Laut der These des
schwedischen iPad-Spezialisten Ekholm
lässt sich der Entwicklungsstand der digi-
talen, mobilen Technologie ungefähr dort
verorten, wo sich die Vorfahren der Men-
schen zum aufrechten Gang aufrichten.
Im Vergleich zum heutigen Entwick-
lungsstand des zivilisierten Menschen
sei es noch ein weiter Weg
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Ausgabe 27, Mittwoch, 6. Juli 2011 3
VDZ EXPERTENFORUM
Jahren Multis wie Nokia oder Microsoft
im Zentrum von Zukunftsdiskussionen
standen, sind aktuell der iPad-Hersteller
Apple sowie das offene, von Google
entwickelte Betriebssystem Android
Wachstumstreiber. Der Markt explodiert:
Ende Januar 2011 wurde die Grenze von
10 Milliarden Downloads überschritten.
„Gründe für die steigende Nutzung des
mobilen Internets sind attraktive Flat-
rates sowie neue Geräte und Anwen-
dungen. Besonders das Interesse an
Tablet-PCs ist derzeit ungebrochen
groß“, so beschreibt die VDZ Akade-
mie die Lage.
Neueste Studien bestätigen dies:
Das Marktforschungsunternehmen
eMarketer prognostiziert für 2011
ein weltweites Absatz-Volumen von
24 Millionen Tablets. Der Markt dieser
Mobilgeräte bietet Verlagshäusern gänz-
lich neue Möglichkeiten hinsichtlich der
Distribution, Darstellung und Crossmedi-
alität digitaler Inhalte.
Neben den zahlreichen Chancen,
welche die neuen Trägermedien bieten,
stehen Verlagshäuser vor der Herausfor-
derung ihr Inventar für die neuen mobi-
len Medienkanäle zielgruppen- und
titelgerecht optimal aufzubereiten, so
formuliert es der Geschäftsführer der
VDZ Akademie Sven König zur Begrü-
ßung des Forums: „Im Mobile-Business
steckt unglaubliches Wachstums- und
Erlöspotenzial. Keine Gattung kann in
allen Bereichen mit so hohen Wachs-
tumsraten aufwarten“, begründet König
Zielrichtung der bewusst an der Praxis
orientierten Veranstaltung.
Doch die Verunsicherung ist groß.
Viele deutsche Unternehmen haben –
genauso wie sonst in westlichen Indus-
trieländern – kaum geeignete Paid-
Content-Modelle umgesetzt, viel zu
viele Inhalte sind kostenfrei ins Internet
transferiert worden – eine crossmediale
Vermarktung sieht anders aus. Denn am
Ende zahlen nur die Anbieter. Und das ist
ein Dilemma, das ja auch allen Medien-
unternehmen bewusst ist.
Besonders vor dem Hintergrund,
dass die Nutzer in Deutschland digitale
Technik und Angebote generell positiv
beurteilen und auch nachfragen. Laut
der Studie „Digitalbarometer Tablet-PCs“
des Marktforschers TNS Emnid wollen
User damit am liebsten Musik hören und
Video-Clips schauen. 45 Prozent würde
Tageszeitungen und gut ein Drittel auch
Zeitschriften lesen. Das attraktivste Genre
für eine App ist laut Studie das Thema
„Nachrichten“. 70 Prozent der Teilnehmer
halten solche Anwendungen für interes-
sant. Grundsätzlich ist ein Drittel der Nut-
zer bereit, für Apps zu bezahlen. Der „In-
App-Sales Studie“ von Mücke, Sturm &
Company (MS&C) zufolge werden 2013
voraussichtlich 1,6 Milliarden Euro durch
App-Downloads umgesetzt. Aufgrund
des rasanten Wachstums des App-Ange-
botes in den zahlreichen App-Stores
steige für Unternehmen in Zukunft die
Herausforderung, ihre Mobile Apps im
Wettbewerb profitabel zu positionieren.
Der Vormittag im Hamburger Hotel
Elysee zeigt, wie ungewohnt für viele
der Umgang mit neuen digitalen
Kanälen ist. Die VDZ Akademie
hat extra einen Hashtag einge-
richtet, Moderator Ulrich Hegge
versucht über Twitter-Account
die Teilnehmer im Saal zum Kom-
mentieren oder Fragen stellen zu
animieren. Allerdings nutzt dies
erst eine kleine Minderheit am
Nachmittag. „Learning by doing“
hatte morgens der Schwede
Ekholm empfohlen, nach einigen Stun-
den wurde dies auch umgesetzt.
Auch via Facebook ist die Veranstal-
tung präsent, hier können Interessierte
– am Computer oder Smartphone – die
Redebeiträge verfolgen. Zwei Diskussi-
onsrunden werden 30 Minuten lang live
im Facebook TV übertragen. Interviews
werden gefilmt, ein VDZ-Mitarbeiter
schreibt sich die Finger wund: Per Tweed
fasst er die wichtigsten Beiträge häpp-
chenweise zusammen. Die VDZ Aka-
demie hat wahrlich keine Kosten und
Mühen gescheut, um nachhaltig zu bele-
gen, wie moderne Medien funktionieren.
Alle Texte: Christian Personn
Xnip-Code: FBRK7P
Fotos: Klaus Knuffmann
Omipotenz: Der Gerätehersteller Apple als alles beherrschender Kiosk Provokation: So sehen viele anscheinend die wirtschaftliche Zukunft
„Man darf nicht mehr isoliert in Kanälen denken“
Ulrich Hegge , Medienun-
ternehmer und Moderator
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Ausgabe 27, Mittwoch, 6. Juli 20114
VDZ EXPERTENFORUM
„Wir sind noch ganz am Anfang“Die meisten Experten der Mobil-Branche sehen große Chancen für
deutsche Medienunternehmen – wenn sie jetzt durchstarten
W e are the wine and not the bottle“.
Dieses Zitat von Juan Senor, Director
Innovation Media Consulting Group,
ist eine der Kernaussagen zum Selbstverständnis
der Verlage in einem dynamisch gewachsenen
Mobile-Markt. Der gebürtige Spanier liest den
anwesenden Manager erst die Leviten – und baut
sie dann wieder auf. Er warnt davor, ähnliche Feh-
ler zu begehen wie vor Jahren die Musikindustrie.
Sie habe bekanntlich einen Großteil ihres Umsatzes
verloren, weil dem kostenlosen (illegalen) Runter-
laden von Musikdateien kein Alternativmodell ent-
gegenstand.
Senor macht Mut für die Zukunft. Der Berater
großer Unternehmen wie Financial Times oder
Condé Nast sagt, worauf es seiner Meinung nach
ankommt: „Nur für das, was begehrt ist, was exklu-
siv ist, kann man
auch eine Rechnung
stellen“. Für ihn ist die
Erfindung des iPads
ein Segen, da von
Anfang an damit auch
ein Geschäftsmodell
verbunden war. Apps
und der iTunes-Store
seien der Schlüssel zu einem Modell.
Das mobile Internet wachse gerade in Deutsch-
land rasant – um 13 Prozent im Jahr 2010 und
um erwartete 20 Prozent in diesem Jahr. Satte
65.000.000 Gigabyte an Daten haben die Deut-
schen per Mobilfunk-Verbindung im Jahr 2010 aus
dem Internet gezogen. Es wurden doppelt so viele
Daten herunter geladen wie noch im Vorjahr.
In dieser Situation haben die Verlage viele
Erkenntnisse und Erfahrungen im ersten Tablet-
Jahr gesammelt und wissen, wo sie stehen und wel-
che Chancen sie nutzen können. Dabei zeigt sich
immer mehr, dass Apps ein eigenes Medium sind,
das sehr erfolgreich sein kann, wenn man seinen
Charakter versteht, pflegt und nutzt.
„It is“, so Senor, „neither print, not web, it is
an app“. Er plädierte für differenzierte Inhalte
auf differenzierten Plattformen: Geschichten
müssten erzählt werden für Augen, Ohren
und Finger. Während für Print der Charakter
„long narrative“ kennzeichnend sei, sollten
Apps „depth and experience“ vermitteln.
Wesentlich ist der „unique content“, die jour-
nalistischen Stories, die kein Provider oder
Geräthersteller bieten könne. Die Frage „Print
oder nicht Print?“ sei falsch. Besser wäre es, die Rol-
len sauber zu definieren.
Print werde sich künftig immer mehr zur Haute
Couture entwickeln (müssen): Die Verlage bräuch-
ten vor allem auch für die Apps hochwertigen
journalistischen Inhalt: Darüber hinaus müssten
sie aufpassen, die Hoheit über Preise und Kunden-
daten nicht zu verlieren. Apple und Google dürften
nicht beherrschende Marktpositionen eingeräumt
werden – den Verlagen ruft Senor sinngemäß zu:
Lasst euch nicht das Geschäft wegnehmen, das ihr
Jahrhundertlang beherrscht habt.
Eine Voraussetzung für Innovationen und Inves-
titionen ist Kenntnis darüber, wie weit die mobile
Infrastruktur entwickelt ist. Dazu schätzt Jean-
Pierre Crapet, Leiter Content Strategy & Coope-
ration Deutsche Telekom, dass Ende 2011 drei
Betriebssysteme und 20 verschiedene Geräte am
Markt sein werden. Crapet gibt die Position eines
umfassenden Technologie-Anbieters wieder. Für
die Deutsche Telekom sind danach die generellen
Nutzungen aller denkbaren Abspielkanäle (über
unterschiedliche Geräte) durch die User wesentlich.
Es sind nicht nur journalistische Inhalte, sondern
auch Spiele und TV-Formate, die im Nutzungsver-
halten eine wesentliche größere Rolle spielen.
Seine Voraussagen: Der Umgang mit Mobile ent-
wickelt sich zunehmend zu einer Parallel-Nutzung,
insbesondere zum Fernsehen, während das Tablet
den PC verdrängt. Zur Frage der Monetarisierung
sagte er, dass zwar der Anteil der Paid Apps (in den
USA bei 10 Prozent) steige, der Erlös für die einzelne
Apps derzeit aber abnehme. Er riet den Verlagsver-
tretern, auf Reichweite und Nutzbarkeit zu achten.
„Denken Sie konvergent!“
Als Erfolgsfaktoren nannte Crapet folgende:
- hocheffektive Datennetze
- effektives Handling
- große Reichweite
- hoher Kundennutzen
- Monetarisierung aus Gratisangeboten.
„iPad=iPaid“
Juan Senor, Media
Consulting Group
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„Wer viel das Tablet nutzt, nutzt entspre-chend den PC weniger“
Jean-Pierre Crapet, Deutsche Telekom
Ausgabe 27, Mittwoch, 6. Juli 2011 5
VDZ EXPERTENFORUM
„Der App-Hype ist schon wieder am Abklingen“ Die Ernüchterung über die kleinen Wunderdinger
E s gibt unendlich viele Möglichkeiten – so
beschreibt Heiko Scherer von der Multime-
dia-Agentur KircherBurkhardt die mobile
Situation. Es gebe immer mehr Endgeräte und
verschiedenste Nutzungssi-
tuationen. Überraschend: Das
iPad wird am meisten im Bett
genutzt, zur Fernsehen-Prime
time und am Wochenende.
Die Beschäftigung mit Gerät
und den angebotenen Inhal-
ten dauere auch viel länger
als z. B. beim Smartphone.
Deshalb Scherers Grund-
satz: Unterschiedliche Geräte
erfordern unterschiedliche
Konzepte. Weitere Thesen: Die ortsbezogene Infor-
mation, die auf dem Mobilgerät geliefert wird, ist
eines der Hauptthemen der Zukunft. Gerade lokal
wäre das User-Feedback enorm ausgeprägt und
dieses stelle einen hohen Mehrwert für den Anbie-
ter. Daneben bieten die Social Communities Twitter
und Facebook für mobile Endgeräte komplett neue
Potentiale.
Wohin will Google? Unkonventionelle Thesen eines unkonventionellen Unternehmens
S ehr oft tritt Stefan Tweraser, Country Direc-
tor Sales Google Deutschland, für sein
Unternehmen ins Rampenlicht. Der Öster-
reicher wird inzwischen als deutsches „Gesicht“ sei-
ner Firma präsentiert. Anders als alle Vortragenden
sonst tritt der ehemalige McKinsey-Mitarbeiter eher
leger gekleidet auf und verzichtete ganz auf Charts.
Sein Vortrag ist thesenhaft und zeigt die mit-
telfristige Strategie des Suchmaschinen-Multis auf
dem inzwischen auch für Google sehr wichtigen
mobilen Terrain. In 2010 habe Google weltweit
einen Umsatz von 1 Milliarde Dollar im Mobilbe-
reich gemacht. „Mobil first“ – diese Kernaussage
von dem jetzigen Google-Verwaltungsvorsitzen-
den Eric Schmidt sei die generelle Strategie. Dazu
komme die generelle Ausrichtung „User first“. Dabei
werde dem Lokalen einen wesentliche Bedeutung
zugemessen: Bereits 30 Prozent aller Suchanfragen
und 40 Prozent aller mobilen Anfragen seien heute
schon lokal einzuordnen. Neben dem Lokalen seien
„commercial“ und „mobile“ die tragenden Säulen
von Googles Aktivitäten für die nächsten Jahre.
Das Unternehmen geht laut Tweraser davon
aus, dass kein Gerät dem Menschen in Deutsch-
land emotional und rein räumlich so nah ist wie
das mobile Telefon. Untersuchungen belegen, dass
junge Leute 24 Stunden – also selbst in der Nacht
– ihr Handy bei sich haben wollen. Auf viele Dinge
des alltäglichen Lebens würden
die Deutschen verzichten, aber
nicht auf ihr Handy, so belegen
es Untersuchungen, laut Stefan
Tweraser.
Jede Anwendung werde
heute auf die von Google ent-
wickelte Android-Technologie
ausgerichtet, zudem arbeite
man an lokalen Plattformen.
Generell weisen für Google die
Apps in ihrer Funktionalität
keine zukunftsträchtige Per-
spektive auf. Der Browser stehe
im Interesse von Google weiter
vorne, dies sei „die zentrale App“.
Im Übrigen würde in ein paar
Quartalen niemand mehr über
Apps sprechen. Eine „gut pro-
grammierte HTML 5-Seite kann
vieles besser“, sagt der Manager.
Auf jedem mit Android-Software
ausgestattete Gerät gebe es die
Möglichkeit, Paid Content zu generieren. Tweraser
relativierte seine These allerdinsg etwas: Die Logik
hinter Apps sei richtig, also die Komplexitäten eines
Browsers zu reduzieren.
Scherers Vortarg wurde via Twitter veröffentlicht
Heiko Scherer hält Apps für überbewertet
Kurz und prägnant war das Referat von Google
Deutschland Manager Stefan Tweraser
Ausgabe 27, Mittwoch, 6. Juli 20116
VDZ EXPERTENFORUM
„Es geht um konvergentes Denken“ Wie die digitalen Marktführer Bild und G+J EMS vorgehen
K onvergentes Denken, das hat, so Donata
Hopfen (Geschäftsführerin Bild digital
und Mitglied der Verlagsgeschäftsführung
Bild), die Mobile-Strategie von Axel Springer von
Anfang an geprägt. Ein strategischer Vorteil sei es,
dass Bild bereits 2007 einen Mobil-Tarif selbst auf-
gelegt habe. Zudem habe man sich konsequent am
Verhalten der Nutzer orientiert: So ergebe sich eine
Hightime-Nutzung ganz früh morgens und sehr
spät abends. Nutzer seien auch eher bereit Regis-
trierungsdaten am mobilen Gerät abzugeben als
am stationären. Richtschnur ist bei Axel Springer:
jede Mediennutzung neu denken, 1:1-Kopien funk-
tionierten nicht. Entsprechend sei auch der Content
auf das jeweilige Gerät ausgerichtet. Axel Springer
sei mit dem Vermarktungsmodell des „Apple App
Stores“ sehr zufrieden, auch wenn es ein Sharing
von 30 Prozent pro Auftrag für Apple gebe. Der
Hauptvorteil für Springer sei die „sehr geringe
Absprungquote bei App-Käufen“.
Axel Springer habe von Anfang an stark auf
Premium-Apps gesetzt und entschieden, ein
hochwertiges Produkt wie beim iPhone auch für
das iPad zu entwickeln, das entsprechend bezahlt
werden muss. Generell müsse bei der Entwicklung
immer das typische Printerlebnis von Bild auch
auf die anderen Abspielgeräte umgesetzt werden.
„Wir kommen aus der Printwelt und haben unsere
Inhalte immer mit Print- und Anzeigenerlösen
monetarisiert. Es gibt für die Verlage daher die Ver-
pflichtung, einen zweiten Erlösstrom aufzubauen“,
so Donata Hopfen. Mobile Besonderheiten müsse
man kennen und berücksichtigen. „Wir müssen 24
Stunden aktuell sein“.
Bei der anschließenden Diskussionrunde pro-
phezeit die Managerin: „Es geht jetzt richtig los, es
lassen sich Erlöse erwirtschaften, da jetzt die Reich-
weite dem Aufwand entsprechen – es ist jetzt ein
Massenmarkt“.
„Die mobile Zielgruppe ist einfach super-attraktiv“
Zufriedenheit auch bei Arne Wolter, Bereichs-
leiter digitale und internationale Vermarktung bei
Gruner+Jahr EMS: Er zeigt sich begeistert vom
mobile Werbemarkt. Es sei ein eigenständiger
Medienkanal, „der ein dramatisches Reichweiten-
wachstum hat“, die Zielgruppe sei „super-attraktiv“,
„tolle Werbeformen“ ließen sich realisieren. Ein wei-
teres Kennzeichen seien die hohe Interaktivität und
die besondere Wiedererkennung.
Zudem hätten die Geräte den Riesenvorteil, dass
Werbung aufgrund des kleineren Displays als beim
Computer quasi „exklusiv“ sein , da der User immer
nur das eine Werbemotiv oder nur ein Video sehen
könne. Er empfahl, zu investieren, auch in die Por-
tale. Es gehe darum, diesen Bereich so lange wie
möglich im Hochpreisbereich zu halten – und dies
sei gut möglich, weil es mobile User gewohnt sind,
für Angebote zu zahlen. Sein Fazit: „Mobile User
sind eine der attraktivsten Zielgruppen, weil sie so
genau erreicht werden können“.
Wo die Potentiale bei Mobil media liegen können, zeigt die Grafik aus dem Vortrag von
Heiko Scherer, der für KircherBurghardt viele Unternehmen bei ihremWeg in die mobile
Welt berät. Wesentlich sind in dem Zukunfstmodell der lokale und vernetzte (=soziale)
Content, der durch die beiden Social Communities Facebook und Twitter „getrieben“
wird. Die mobilen Abspielgeräte sind die dabei präferierte Technologie
Arne Wolter sprach über zukünftige Vermarktungspotenti-
ale, Donata Hopfen referierte die Erfolgsstory von Bild digital
Ausgabe 27, Mittwoch, 6. Juli 2011 7
VDZ EXPERTENFORUM
Das Ausland macht es vorIn Japan, Schweden und der Schweiz entstehen Beispiele, wie es laufen kann
E s war viel von Eigenformaten für Apps die
Rede. Eines der meistdiskutierten Beispiele
für ein solches Eigenformat ist die komplette
Mobile-Neuentwicklung „The Collection“, von Rin-
gier aus der Schweiz. Peter Hossli, Chefredakteur
des Magazins, stellt das im April 2011 gelaunchte
Mobile-Produkt vor. Es ist aufwendig ausgestat-
tet, journalistisch hochwertig und wird in vielen
Ländern und allen App-Stores angeboten. Hossli
verfolgt damit den Anspruch, das Tablet so weitrei-
chend wie möglich zu nutzen: „Ein Gerät, mit dem
man wieder richtigen Journalismus machen kann.“
Und zwar auf allen Kanälen: Geschichten werden
per Video, per langem Text und in herkömmlicher
Slideshow erzählt. Ein zweites Kennzeichen von
„The Collection“ sei neben dem hochwertigen
Journalismus die starke Interaktivität, die sogar
für die Werbung gelte. „Tablet-User erwarten sehr
viel Interaktivität und nicht PDFs. Und sie erwarten
guten Journalismus.“
Staffan Ekholm, CEO Moving Media + aus
Schweden hat den Titel „Popular Science“ für das
Medienunternehmen Bonnier entwickelt. Mit über
150.000 verkauften Apps für durchschnittlich zehn
bis zwölf US-Dollar ist es ein gutes Beispiel für ein
erfolgreiches mobiles Geschäftsmodell. Marco
Koeder, Executive Director Cyber Media in Tokio,
zeigt auf, wie der sehr spezielle japanische Markt
funktioniert und was deutsche Verlage von dort ler-
nen können. Japan blicke auf zehn Jahre „mobile“
Erfahrungen zurück. Es sei ein hervorragendes
Anschauungsfeld für noch nicht so erschlossene
Märkte. So wird in Tokio mit einem, dem Lese-
zirkel ähnlichen System für Smartphones und
Tablets erfolgreich gearbeitet. Die Japaner seien
generell an monetäre Abo-Modelle gewöhnt und
lassen sich trotz digi-
talem Vormarsch
Tageszeitungen in
Mil l ionenauflagen
ins Haus schicken.
Längst gibt es in
dem Land aber auch
Zeitungen, die aus
Twitter-Meldungen
zusammengestellt
werden oder spe-
zielle Smartphones
mit vorinstallierten
Bezahl-Angeboten
z. B. für Mädchen im
Girlie-Alter.
Weniger bekannt
ist, so Koeder, dass
die mobile Infrastruk-
tur Japans bei der
Flut- und Reaktorka-
tastrophe vor einigen
Wochen wahrschein-
lich Hunderttausende
von Leben gerettet
hat. Während fast die
gesamte wirtschaft-
liche und Energie-
Infrastruktur des
Landes und auch die
klassische Telekom-
munikation mit dem größten Telekomnetz Japans
zusammenbrach, konnte man weiter mobil Mails
schreiben und Anrufe über Skype tätigen. „Eine
mobile Infrastruktur – das kann überlebensnot-
wendig sein für eine Nation“, so Köder.
Die wesentlichen Ergebnisse des Expertenforums der VDZ Akademieg p
„Das iPad ist nicht der heilige Gral, nur ein device“,
fasst Moderator Ulrich Hegge die wichtigsten
Ergebnisse des Tages zusammen. Es eigne sich
nicht zum Kopieren von bestehendem Inhalt, der
dann einfach nur in das Angebot reingehoben
werde. Wichtig seien der Sinn für neue Horizonte
und neue Ansätze. Dazu gehöre auch das Lernen
und die Zusammenarbeit mit Spiele-Entwicklern.
Die Technologie von mobilen Angeboten und de-
ren Beherrschung werde zur Kernkompetenz von
Medienunternehmen. Die nötige Konvergenz
sei der wesentliche Erfolgsfaktor: Verlage dürfen
nicht mehr isoliert in Kanälen denken. Exklusive
Stores wie von Apple verlieren ihre Bedeutung.
Die Entwicklung der neuen Programmiersprache
HTML 5 soll als kommende Plattform wesentlich
einfachere Handhabung und damit bessere Ver-
marktungsmodelle ermöglichen.
Die wichtigsten Thesen:
• Mobile Media hat ein enormes Wachstum
• Die technische Entwicklung befi ndet sich
noch in einer Frühphase
• Marken sind gute Treiber für wirtschaftlichen
Erfolg
• Technologiewissen muss zur Kompetenz von
Medienunternehmen werden
• Die Zukunft vom Heilsbringer App bleibt
ungewiss
Beispielseite des Rignier-Portals „The Collection“
Mahnte zum besonnenen Handeln: Staffan Ekholm
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