Strategien der PräventionStrategien der Prävention
Prof. HenseBereich Klinische Epidemiologie
Institut für Epidemiologie und Sozialmedizinder Universität Münster
Einführung in die Medizinische Soziologie und Public Health
Definition:Public Health verfolgt das Ziel, durch organisierte Anstrengungen der Gesellschaft
- die Gesundheit zu fördern,- Krankheiten vorzubeugen und- Leben zu verlängern.
Grundlegendes zu Public Health
(Bevölkerungsmedizin / Öffentliche Gesundheit)
Definition:Public Health verfolgt das Ziel, durch organisierte Anstrengungen der Gesellschaft
- die Gesundheit zu fördern,- Krankheiten vorzubeugen und- Leben zu verlängern.
Grundlegendes zu Public Health
(Bevölkerungsmedizin / Öffentliche Gesundheit)
Primordiale P. Primäre P. Sekundäre P. Tertiäre P.
Universelle P. Selektive P. Indizierte P.
Verhaltens-P. Verhältnis-P. Biologische P.
Bevölkerungsstrategie der P. Hochrisikostrategie der P.
Lernziele: Sie sollen kennen und verstehen
Formen der Prävention
PrimärpräventionVerhinderung der Entstehung einer
Erkrankung
SekundärpräventionErkennen von Erkran-
kungen im Frühstadium bevor Beschwerden oder
Symptome auftreten
TertiärpräventionVermeidung von Folge-schäden nach Eintritt
einer Erkrankung
Krankheitsfrei Asymptomatisch klinischer Verlauf
Prävention
Primäre Prävention: umfasst alle spezifischen Aktivitäten vor Eintritt einer faßbaren biologischen Schädigung. Ziel ist es, die Rate für Ziel ist es, die Rate für NeuerkrankungenNeuerkrankungen zu senken. zu senken.
Sekundäre Prävention:umfasst alle Maßnahmen zur Entdeckung symptomloser Krankheitsfrühstadien und Zuführung zu entsprechender Frühbehandlung. Ziel ist es, die Rate für Ziel ist es, die Rate für fortgeschrittene Stadienfortgeschrittene Stadien einer Krankheit einer Krankheitzu senken. zu senken.
Tertiäre Prävention:umfasst alle Maßnahmen, die nach Krankheitseintritt eine Verschlechterung hin zu bleibendem Defekt oder Funktionseinbußenverhindern. Ziel ist es, Ziel ist es, BehinderungBehinderung zu vermeiden. zu vermeiden.
PrimärpräventionVerhinderung der Krankheitsentstehung Beseitigung von Risikofaktoren Erhöhung der Resistenz von Individuen Beseitigung von Umweltfaktoren, die an einer Krankheitsentstehung
beteiligt sind spezifische Aktivitäten vor Eintritt einer faßbaren biologischen
Schädigung
Beispiele Weglassen von Noxen (Rauchen, Alkohol u.a.) Regelmässige Bewegung Schutzimpfungen, Lebensmittel- / Trinkwasserhygiene, Verbesserung der Arbeitsplatzsicherheit, Helm- und Gurtpflicht
Formen der Prävention – Formen der Prävention –
eine neuere Einteilung (WHO)eine neuere Einteilung (WHO)
Primärprävention Verhinderung der Entstehung Risikofaktoren
einer Erkrankung
Sekundärprävention Erkennen von Erkrankungen im Latent krank
Frühstadium vor Symptomen
Tertiärprävention Vermeidung von Folgeschäden nach Klinisch krank
Eintritt einer Erkrankung
Primordialprävention Verhinderung der Entstehung Gesund
von Risikofaktoren
Primärprävention Verhinderung der EntstehungRisikofaktoren
einer Erkrankung
Sekundärprävention Erkennen von Erkrankungen im Latent krank
Frühstadium vor Symptomen
Tertiärprävention Vermeidung von Folgeschäden nach Klinisch krank
Eintritt einer Erkrankung
Primordialprävention Verhinderung der Entstehung Gesund
von Risikofaktoren Zervixkarzinom
Formen der Prävention – Formen der Prävention –
eine neuere Einteilung (WHO)eine neuere Einteilung (WHO)
HPV Infektion HPV assoziiertePräkanzerosen
HPV assoziiertesKarzinom
Virus&
Wirt
PrimordialePrävention
PrimärePrävention
SekundärePrävention
• therapeutische Impfung
• therapeutische Impfung
• prophylaktische Impfung
Prävention + ImpfungKarzinom der Cervix uteri
SekundärpräventionErkennen von Erkrankungen im Frühstadium bevor Beschwerden oder Symptome auftreten
Beispiele Krebsfrüherkennungsuntersuchungen Untersuchungen zur Krankheitsfrüherkennung bei Kindern Schulzahnarztuntersuchungen
Ziel Senkung der Rate manifester oder fortgeschrittener Erkrankungen
Methode der WahlScreening (Filteruntersuchungen) mit nachfolgender diagnostischer Untersuchung bei positivem Screeningergebnis
BeginnBeginnErkennbarkeitErkennbarkeit
SymptomeSymptomeDiagnoseDiagnose MetastasenMetastasen TodTod
natürlicher Verlauf Karzinomnatürlicher Verlauf Karzinom
FrüherkennungÜberleben
späte späte TherapieTherapie
frühe frühe TherapieTherapie
Sekundärprävention – Screeningkriterien Screeninguntersuchungen sollten für wichtige Krankheiten durchgeführt werden
Für die entdeckten Fälle muss die Möglichkeit der effektiven Behandlung vorhanden sein
Es muss ein erkennbares Frühstadium der betreffenden Krankheit geben + Möglichkeiten zur weiterführenden diagnost. Abklärung
Es muss ein adäquater Test oder ein adäquates Untersuchungs-verfahren zur Verfügung stehen
Der Test sollte für die zu Untersuchenden akzeptabel sein
Der natürliche Verlauf der Krankheit, d.h. die Entwicklung vom latenten zum manifesten Stadium, sollte hinreichend bekannt sein
Es muss klar sein, wer als Patient behandelt werden soll
Die Kosten der Screeninguntersuchung sollen in Beziehung zu den insgesamt für die medizinische Versorgung aufgewandten Kosten stehen
Screeninguntersuchungen sollten ein kontinuierlicher Prozess sein und keine „einmal und nie wieder“ Aktion
Beispiele für etablierte ScreeningsRisikofaktoren
• Hypertonie• Fettstoffwechselstörungen• Diabetes mellitus
Krebserkrankungen• Mamma-Ca• Colon-Ca• Cervix-Ca• Prostata-Ca
•Hautkrebs
Seltene genetische Erkrankungen• Phenylketonurie• Galaktosämie• Kongenitale Hypothyreose
Sieg u. Theilmeier DMW 2006
Koloskopische Polypektomie Koloskopische Polypektomie
Reduktion der Inzidenz von Kolonkarzinom
~ 75% (Winawer et al 1993)
~ 66% (Citarda et al. 2001)
Bis zu 90% aller Kolonkarzinome entwickelnsich aus Adenomen.
Präventive Koloskopie ist auch eine potenziell primär-präventive Maßnahme!
Tertiärprävention
Vermeidung von Vermeidung von Folgeschäden nach Eintritt einer Folgeschäden nach Eintritt einer ErkrankungErkrankung
Ziel
Vermeidung von erneuten Krankheitsereignissen und von Krankheitskomplikationen
Beispiele Aspirineinnahme(-gabe) nach einem Herzinfarkt
Physiotherapie nach einem Schlaganfall
Ergotherapie bei Patienten mit einem Parkinsonsyndrom
VerhaltenspräventionVerhaltensprävention
Beeinflussung von Gewohnheiten, Einstellungen und Handlungsweisen von einzelnen Personen oder Gruppen mit dem Ziel der Vermeidung oder Früherkennung von Krankheiten
z.B. • Kondombenutzung• Raucherentwöhnung• kalorienreduzierte Diät bei Adipositas• Sportverein
VerhältnispräventionVerhältnispräventionVeränderung der biologischen, sozialen oder technischen Umwelt durch gesellschaftliche und staatliche Einflüsse um Krankheiten zu vermeiden oder früh zu erkennen
z.B. • Gurtpflicht beim Autofahren• Grenzwertbestimmung für Schadstoffe im Trinkwasser• Rauchverbot in Restaurants oder öffentlichen Plätzen• Verbot von Tiermehlfütterung
BevölkerungsstrategieBevölkerungsstrategie
versusversus
Hochrisiko-StrategieHochrisiko-Strategie
der Präventionder Prävention
Quelle: Das Public Health Buch, S.199
Beispiel: Prävention der Koronaren Herzkrankheit
Hochrisiko-Strategie der Prävention ?Bevölkerungs-Strategie der Prävention ?
Welche Alternative ist effektiver?
Hypertonie
0
5
10
15
20
25
30%
Rel
ativ
e H
äufig
keit
Verteilung des Blutdruckes in der Bevölkerung
Systolischer Blutdruck (mmHg)
100 140 180
HochrisikostrategieHochrisikostrategie
Medikamentöse Beeinflussung von Individuen mit einzelnen oder Kombinationen deutlich erhöhter Risikofaktoren + Individuum orientiert - hohe Screeningkosten+ bessere persönliche Motivation - limitierte Effekte+ bessere ärztliche Motivation - zeitlich begrenzte Effekte+ gutes Risiko-Nutzen-Verhältnis - wenig Einfluss auf Verhaltensweise
Hypertonie
0
5
10
15
20
25
30%
Rel
ativ
e H
äufig
keit
Verteilung von physiologischen Faktoren in verschiedenen Bevölkerungen
Systolischer Blutdruck (mmHg)
100 140 180
0
5
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25
30%
Rel
ativ
e H
äufig
keit
Verteilung des Blutdruckes in der Bevölkerung
Hypertonie
BevölkerungsweitePrävention
Systolischer Blutdruck (mmHg)
100 140 180
BevölkerungsstrategieBevölkerungsstrategie Verschiebung eines möglichst großen Teils der gesamten Bevölkerung in einen günstigen Risikofaktorenbereich
+ großes Präventionspotential - geringer Vorteil für das Individuum+ zielt auf allgemeine Änderung - schlechte Motivation für Individuum von Verhaltensweisen+ anhaltende („radikale“) Wirkung - geringe Motivation für Arzt
Der “Präventionswürfel”Der “Präventionswürfel”
Interventionsansätze für Interventionsansätze für Prävention und Gesundheitsförderung Prävention und Gesundheitsförderung
Universal
Selektiv
Primär
Indiziert
Sekundär TertiärBiologie
VerhaltenVerhältnis
Primordial
Definitionen Definitionen
Interventionsansätze für Interventionsansätze für Prävention und Gesundheitsförderung Prävention und Gesundheitsförderung
UniversalUniversal
Selektiv
Primär
Indiziert
SekundärSekundär TertiärBiologieBiologie
Verhalten
Verhältnis
Primordial
Definitionen Definitionen
Mammographie-Screening Programm
Interventionsansätze für Interventionsansätze für Prävention und Gesundheitsförderung Prävention und Gesundheitsförderung
UniversalUniversal
Selektiv
Primär
Indiziert
Sekundär Tertiär
BiologieVerhaltenVerhalten
Verhältnis
PrimordialPrimordial
Definitionen Definitionen
„Fit statt fett“
Interventionsziel: Rauchfreiheit
Interventionszeitpunkte
Universell
Selektiv
Primär
Indiziert
Sekundär Tertiär
Zielgruppen
Ansätze
BiologieVerhalten
Verhältnis
Schriftenreihe Bayer. LGL, 09/2004
Primär Sekundär TertiärPrimordial
Universal
Selektiv
IndiziertBiologie
Verhalten
Verhältnis
Interventionsziel: Rauchfreiheit
Interventionszeitpunkte
Universell
Selektiv
Primär
Indiziert
Sekundär Tertiär
Zielgruppen
Ansätze
BiologieVerhalten
Verhältnis
Schriftenreihe Bayer. LGL, 09/2004
Primär Sekundär TertiärPrimordial
Einsatz in verschiedenen SettingsSettings
• Arbeitsplatz
• Schule
• ÖPNV
• etc.
Universal
Selektiv
IndiziertBiologie
Verhalten
Verhältnis
Beispiele für PräventionsmaßnahmenPrimordial Primär Sekundär Tertiär
Impfung Kondome Mammographie Blutdruckbehandlung Sicherheitsgurte Neugeborenen-Screening Koronarsportgruppe Krebsvorsorgeunters. Aspirin-Prophylaxe Kochsalzjodierung Verbot Tabakwerbung PSA-Test AHB Kur
PräventionsparadoxPräventionsparadox Eine Präventionsmaßnahme, die viele Vorteile für eine Bevölkerung bringt, bietet dem teilnehmenden Individuum oft wenig.
(Geoffrey Rose,1985)
Mit der Bevölkerungsstrategie müssen viele Personen eine präventive Maßnahme durchführen, obwohl nur wenige einen direkten Nutzen, z.B. in Form verlängerter Lebenszeit, davon haben.
Die (Kosten-) Effektivität der Bevölkerungsstrategie ist meist besser als die der Hochrisikostrategie: eine große Anzahl von Personen mit nur gering erhöhtem Risiko erzeugt bei erfolgreicher Prävention mehr vermiedene Fälle als eine kleine Anzahl mit sehr hohem Risiko.
In der Praxis werden beide Strategien meist ergänzend eingesetzt.
PräventionsparadoxPräventionsparadox
„Es ist besser gesund zu sein als krank oder tot. Dies ist der Anfang und das Ende des einzig wirklichen Arguments für eine präventive Medizin. Es ist hinreichend.“ Geoffrey Rose (Strategy of Prevention, 1991)
Vorlesung am Montag im L 20
Demographische Transitionund Gesundheit