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C. Doberauer
Klinik für Innere Medizin
Histiozytosen – eine seltene Gruppe von Erkrankungen
Hannover, 22. Januar 2016
Histiozytosen
Einteilung
� Histiozytosen dendritischer Zellen- Langerhans-Zell-Histiozytose
-- Langerhans-Zell-Sarkom
� Histiozytosen von Makrophagen- Juveniles Xanthogranulom- Multizentrische Retikulohistiozytose- Morbus Erdheim-Chester
-- Histiozytäres Sarkom-- (Myelo)monozytäre Leukämie
- Rosai-Dorfman-Erkrankung
Histiozytosen
Histopathologie
� Langerhans-Zell-Histiozytose- Immunhistochemisch CD1a, CD207 (Langerin), S100
� Juvenile Xanthogranuloma-Familie einschl. Morbus Erdheim-Chester- Immunhistochemisch CD14, CD68, CD163, Faktor 13a, Fascin,
S100� Rosai-Dorfman-Erkrankung
- Immunhistochemisch CD14, CD68, CD163, Fascin, S100
Cave:Überlappungen aller Subgruppen in einem Patienten möglich.Involution der Läsionen im Verlauf mit nur noch Fibrose, xanthomatösen Histiozyten und vereinzelt inflammatorischenZellen. Proliferationsraten ~ 10 %.
Histiozytosen
Immunhistochemie LCH
H&E S100
CD1a CD207
Picarsic et al, Hematol Oncol Clin N Am 2015; 29: 799-823
Histiozytosen
Genmutationen bei LCH
MAPK-Signaltransduktionsweg
BRAF (45-65 %) →
MAP2K1 (10-28 %) →
Badalian-Very et al, Blood 2010; 116: 1919-23
Rollins, Hematol Oncol Clin N Am 2015; 29: 839-851
Histiozytosen
Modell Pathogenese LCH
Berres et al, J Exp Med 2014; 211: 669-683
Collin et al, Hematol Oncol Clin N Am 2015; 29: 825-838
Histiozytosen
Definition LCH
� Neoplasie myeloischer Vorstufen dendritischer Zellen mit immunhistochemisch Positivität für CD1a und CD207 sowie Aktivierung der Mitogen-aktivierten Protein-Kinase (MAPK)
� Klinisches Bild wahrscheinlich in Relation zum Stadium der Entwicklung somatischer MAPK-Mutationen
� Als dendritische Zellen Funktionen der Antigenpräsentation und Aktivierung einer Immunreaktion mit histologisch begleitend inflammatorischen Veränderungen
LCH im Erwachsenenalter
Epidemiologie
� Exakte Inzidenz und Prävalenz bei Erwachsenen nicht bekannt (geschätzt 1 - 2 Patienten pro 1.000.000 Erwachsenen pro Jahr; 8 – 9 Patienten pro 1.000.000 Kinder/Jugendliche < 15 Jahre; Umwelteinflüsse, z. B. Rauchen bei isoliertem Lungenbefall?)
� Frauen erkranken häufiger als Männer
� Bevorzugtes Manifestationsalter 3. - 4. Lebensjahrzehnt
� Familiäre Häufung
� Assoziation mit malignen Tumoren
� Entwicklung zu einem Langerhans-Zell-Sarkom möglich
LCH im Erwachsenenalter
Diagnostik
� Anamnese und körperliche Untersuchung (insbesondere Inspektion von Haut und sichtbaren Schleimhäuten)
� Sonographie von Hals mit Schilddrüse, Abdomen und Pelvis, Röntgen und ggf. HRCT des Thorax, low-dose-CT oder NMR des Skeletts, NMR des Schädels, Labor mit Blutbild, klinischer Chemie und Urinstatus
� Fakultativ Skelettszintigraphie, PET-Scan oder PET-CT, Knochenmarksbiopsie (vor allem bei Bizytopenie) und andere symptomorientierte Untersuchungen (z. B. Hormone)
� Experimentell Bestimmung von genomischen Veränderungen in mononuleären Zellen (z. B. BRAF- oder MAP2K1-Mutationen in Knochenmark, Blut, Gewebe)
LCH im Erwachsenenalter
Hautbefall
LCH im Erwachsenenalter
Schleimhaut
Cisternino et al, Int J Clin Exp Path 2015; 8: 13539-13545
LCH im Erwachsenenalter
Gastrointestinaler Befall
LCH im Erwachsenenalter
Histopathologie Magen
CD68S100CD1a
H&EH&E
LCH im Erwachsenenalter
Gastrointestinaler Befall
Morbus Erdheim-Chester
Gastrointestinaler Befall
Morbus Erdheim-Chester
Histopathologie Dickdarm
CD68H&E
Morbus Erdheim-Chester
Merkmale
� Neoplasie myeolischer Vorstufen mit immunhistochemischer Positivität für CD14 und CD68 sowie Aktivierung der Mitogen-aktivierten Protein-Kinase (MAPK)
� Histologisch Infiltrate durch Lipid beladene Makrophagen, mehrkernige Riesenzellen, Lymphozyten und Histiozyten mit umgebender Fibrose
� Klinisch ubiquitärer Befall möglich mit insbesondere Knochenmark-beteiligung, Sklerosierung langer Röhrenknochen, kardiovaskulärerInfiltration, „haarigen“ Nieren, Retroperitonealfibrose und Gehirn-beteiligung
Morbus Erdheim-Chester
Röntgen lange Röhrenknochen
Morbus Erdheim-Chester
Computertomographie lange Röhrenknochen
Morbus Erdheim-Chester
Fibrosierung und Sklerosierung
LCH im Erwachsenenalter
Knochenbefall
LCH im Erwachsenenalter
Knochenbefall
LCH im Erwachsenenalter
Lungenbefall
Araujo et al, Case Rep Radiol 2015: 536328
LCH im Erwachsenenalter
Lungenbefall
LCH im Erwachsenenalter
Lungenbefall
LCH im Erwachsenenalter
Befall ZNS
Ohne KM
Mit KM
Ghafoori et al, Arch Iran Med 2015; 18: 193-195
LCH im Erwachsenenalter
Befall ZNS
LCH im Erwachsenenalter
Befall ZNS
LCH im Erwachsenenalter
Befall ZNS
Verlauf 3 Jahre Verlauf 7 Jahre
Prosch et al, AJNR 2007; 28: 1022-1028
LCH im Erwachsenenalter
Leberbefall
Araujo et al, Case Rep Radiol 2015: 536328
CD1aH&E
LCH im Erwachsenenalter
Verlauf
� Befall jedes Organs möglich, allein („single system disease“, 3/5) oder mehrere Organe sequentiell bzw. parallel („multisystem disease“, 2/5),mögliche Risikoorgane Knochenmark, Milz, Leber, Gehirn (?)
� Drohende Organdysfunktion durch Fibrosierung (z. B. Lungen, Leber),Instabilität (z. B. Knochen) oder Funktionsausfall (z. B. Hypophyse)
� Hohe Variabilität mit spontanen Rückbildungen an Haut (bis 70 %), Lungen (bis 50 %) und anderen Organen (selten), langsame und schnelle Entwicklungen
� Aktive Erkrankung mit den Kategorien Regression, stabile Erkrankung und Progression, nichtaktive Erkrankung mit potentieller Reaktivierungim selben oder anderen Organen (1/3 der Patienten)
Eigene Daten: 47/132 Patienten ~ 36 % binnen Median 7 Jahre
LCH im Erwachsenenalter
LCH und maligne Neoplasien
� Auftreten der LCH: meist vor oder gleichzeitig mit malignen Neoplasien, selten nach Diagnose eines Malignoms
Eigene Daten: 18/132 Patienten ~ 14 % bei Median 39 Jahren
� Histopathologie maligner Neoplasien: insbesondere maligne Lymphome, solide Tumore
Haupt et al, in Histiocytic Disorders in Children and Adults; Egeler 2005
� Langerhans-Zell-Sarkom: sehr seltene Erkrankung, sowohl de novo als auch aus einer vorangegangenen LCH
Lee et al, J Korean Med Sci 2006; 21: 577-580
� Behandlung eines Langerhans-Zell-Sarkoms: keine Richtlinien bekannt, bevorzugt multimodal
Howard et al, Cancer Treat Rev 2015; 41: 320-331
LCH im Erwachsenenalter
LCH und Morbus Hodgkin
LCH im Erwachsenenalter
Maßnahmen bei isoliertem Lungenbefall
� Nichtrauchen, insbesondere zur Prävention zusätzlicher ErkrankungenEigene Daten: 60 % Regression
� Prednison 1 mg/kg/Tag po (max. 50 mg) über 6 Monate bei symptomatischen Patienten mit progredienten nodulären Läsionen
Feuillet et al, Presse Med 2010; 39: 107-115
� Azathioprin 2 mg/kg/Tag po bei steroidabhängigem Verlauf
� Cladribin 0,14 mg/kg/Tag sc Tage 1-5 alle 4 WochenLorillon et al, Am J Respir Crit Care Med 2012; 186: 930-932
� Lungentransplantation (20 % Reaktivierungen im Transplantat)Dauriat et al, Transplantation 2006; 81: 746-750
LCH im Erwachsenenalter
Maßnahmen bei isoliertem Hautbefall
� Topisch Glukokortikoidsalbe, Tacrolimussalbe, ggf. PUVA-TherapieImafuku et al, Br J Dermatol 2007; 157: 1277-1279
� Systemisch Methotrexat 20 mg/m²/Woche po über mindestens 6 MonateSteen et al, Br J Dermatol 2001; 48: 44-49
oder Thalidomid 100-200 mg/Tag po über 6-12 Monate Sander et al, Dermatology 2004; 208: 149-152
LCH im Erwachsenenalter
Maßnahmen bei unilokulärem Knochenbefall
� Ohne Frakturgefahr Biopsie, Kürettage und/oder Methylprednisolon 40-160 mg lokal, Resektion
� Mit Frakturgefahr Excochleation mit Spongiosaplastik, Osteosynthese
� Bei drohendem neurologischem Defizit oder hohem Operationsrisiko Radiotherapie 16-24 Gy
� Bei „Risikoläsionen“ (temporale, maxillofaziale oder orbitale Läsionen mit bei Kindern erhöhtem Risiko für eine ZNS-Beteiligung) lokale Therapiemaßnahmen und engmaschige Kontrollen
Eigene Daten: keine Reaktivierung
LCH im Erwachsenenalter
Operation eines eosinophilen Granuloms der Kalotte
LCH im Erwachsenenalter
Maßnahmen bei multilokulärem Knochenbefall
� Bevorzugt supportiv Bisphosphonat intravenös oder oral über mindestens 12 Monate
Sivendran et al, Int J Haematol 2011; 93: 782-786
� Bei rascher Progression und/oder kritischen Lokalisationen mit intrakranieller oder intraspinaler Tumorausbreitung zytostatische Chemotherapie wie bei Multisystemerkrankung
LCH im Erwachsenenalter
Maßnahmen bei Befall des ZNS
� Lokalisiert mittels Resektion oder Radiotherapie
� Systemisch bevorzugt mit Cladribin allein oder in Kombination mit Cytarabin
LCH im Erwachsenenalter
Befall ZNS
01/2012 10/2012
LCH im Erwachsenenalter
Maßnahmen bei Multisystembefall
� Bisheriger Standard Induktionstherapie mit Prednison 1 mg/kg/Tag pound Vinblastin 6 mg/m²/Woche iv über 6 Wochen gefolgt von einerErhaltungstherapie mit Prednison 1 mg/kg/Tag po Tage 1-5 alle 3 Wochen, Vinblastin 6 mg/m² iv Tag 1 alle 3 Wochen und 6-Mercaptopurin 30 mg/m²/Tag po über 6 oder 12 Monate
Eigene Daten: Regressionen in 40 %
� Aktuell Cladribin 0,14 mg/kg/Tag sc Tage 1-5 alle 4 Wochen oder Cladribin 5-9 mg/m²/Tag iv Tage 1-5 und Cytarabin 1000 mg/m²/Tag iv Tage 1-5 alle 4 Wochen
Eigene Daten: Regressionen in 65 %
oder Etoposid 100 mg/m²/Tag iv Tage 1-3 alle 3 Wochen
LCH im Erwachsenenalter
Therapieverlauf im Rahmen der LCH-A1-Studie
Von Stebut et al: Arch Dermatol 2008; 144: 649-653
LCH im Erwachsenenalter
LCH im Erwachsenenalter
Weitere Optionen bei Multisystembefall
� Bei lebensbedrohlich aggressiven Verläufen allogene Stammzell-Transplantation
Veys et al, Br J Haematol 2015; 169711-718
� Bei chronisch rezidivierenden Verläufen antiinflammatorische, antiangiogenetische und antiproliferative Kombination aus Rofecoxib/Pioglitazon/Trofosmamid
Reichle et al, Brit J Hematol 2005; 128: 730-736
� Intensive zytostatische Chemotherapie (MACOP-B)Derenzini et al, BMC Cancer 2015; 15: 879-884
� Monotherapie mit Clofarabin (Purinanalogon)Simko et al, Pediatr Blood Cancer 2014; 61: 479-487
LCH im Erwachsenenalter
Weitere Optionen bei Multisystembefall
� Experimentell Kinaseinhibitor Imatinib (Hemmung der Differenzierung von CD34 positiven Vorläuferzellen zu dendritischen Zellen)
Janku et al, J Clin Oncol 2010; 28: e633-636
� oder Vemurafenib (Hemmung der aktivierten BRAF-Kinase)Haroche et al, J Cin Oncol 2015; 33: 411-418
Aktuelle Studien: bei BRAF V600-Mutation Dabrafenib allein odermit Trametinib zur Vermeidung einer Resistenz,bei MAP2K1-Mutation Trametinib
Cave:Kutanes Plattenepithelkarzinom, Basalzellkarzinom, DRESS-Syndrom. Bisher keine Resistenzentwicklung.
Histiozytosen
Wirksamkeit von Vemurafenib
ECD ECD und LCH
Histiozytosen
Zusammenfassung
� LCH und ECD sind Neoplasien myeloischen Ursprungs mit klonalerProliferation von CD1und CD207 bzw. CD14 und CD68 positiven Zellenund begleitender entzündlicher Reaktion
� In 75 % bzw. mehr als 50 % der Fälle finden sich Treibermutationen des MAPK-Signalweges
� Diese Histiozytosen können alle Organe betreffen
� Die Therapie richtet sich nach Ausdehnung, Organdysfunktion und Verlauf
� Neben lokalen Therapiemaßnahmen kommen immunmodulierende, immunsuppressive, zytotoxische und neuMAPK-Inhibitoren in Betracht
� Maligne Formen sind möglich
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