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LV 143.020, 143.021 – ET, TM PHYSIK LV 138.029 – MB, VT, WI-MB PHYSIK FÜR INGENIEURE 5. THERMODYNAMIK WS 2010/11 Vortragende: N. GURKER, J. CUSTERS Skriptum: H. EBEL, N. GURKER, M. MANTLER, J. WERNISCH Dieses Dokument unterliegt dem Urheberrechtsgesetz. Vervielfältigungen, Übersetzungen, Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Medien sind nicht erlaubt.

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143.020;2010W;VO;Physik;04,0;W;GURKER N.;;;180; 143.021;2010W;UE;Physik;02,0;O;GURKER N.;;;55; 138.029;2010W;VO;Physik für Ingenieure;02,0;W;GURKER N.;;;247;

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LV 143.020, 143.021 – ET, TM

PHYSIK

LV 138.029 – MB, VT, WI-MB

PHYSIK FÜR INGENIEURE

5. THERMODYNAMIK

WS 2010/11

Vortragende: N. GURKER, J. CUSTERS

Skriptum:

H. EBEL, N. GURKER, M. MANTLER, J. WERNISCH

Dieses Dokument unterliegt dem Urheberrechtsgesetz. Vervielfältigungen, Übersetzungen, Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Medien sind nicht erlaubt.

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5. THERMODYNAMIK 5.1. Statistische Theorie der Wärme In der klassischen Physik nimmt man an, daß die Entwicklung jedes abgeschlossenen Systems beliebig weit in die Zukunft vorhergesagt werden kann, wenn sein Zustand zu einem Bezugs-zeitpunkt bekannt ist. Die Beschreibung dieses Zustands erfolgt durch die physikalischen Sy-stemvariablen, das sind z.B. die Lagekoordinaten und Impulse der Punktmassen in einem Koordinatensystem. Entscheidend ist dabei die prinzipielle Möglichkeit der Vorhersage und nicht der etwa unbewältigbare mathematische Aufwand. Im Gegensatz dazu ist in der moder-nen Physik die Vorhersagbarkeit in Frage gestellt. An die Stelle der strengen Determiniertheit treten Wahrscheinlichkeitsaussagen (s.a.Quantenmechanik). Die statistische Mechanik hat mit dieser Problematik primär nichts zu tun, sondern ist eine Konsequenz des nicht bewältigbaren mathematischen Aufwands bei der Beschreibung komplexer mechanischer Systeme. Ein klas-sisches Beispiel dafür sind die Eigenschaften der idealen Gase. Geht man davon aus, daß die Gasmoleküle als punktförmige Massen mit individuellen Lagekoordinaten und Impulsen an-gesehen werden können und versucht, alle Stoßprozesse und Lageänderungen einzeln zu be-schreiben, so gerät man in unübersehbare praktische Schwierigkeiten. Die Anzahl der Moleküle in technisch praktikablen Volumina beträgt nämlich etwa 1023 bis 1030 und das übersteigt die Möglichkeiten der besten denkbaren Rechenanlagen um viele Größenordnun-gen. Zur Veranschaulichung einer statistischen Behandlung möge die Wahrscheinlichkeit dafür gezeigt werden, in einem Gasvolumen V, das durch eine gedachte Trennwand in zwei gleich große Teilvolumina aufgeteilt wird, zu einem beliebigen Zeitpunkt in einem der beiden eine bestimmte Anzahl von Gasmolekülen zu finden. Wenn in V insgesamt N Moleküle vor-handen sind, so könnte man annehmen, daß der Versuchsausgang des Gedankenexperiments N/2 sein müßte. Aus der Abb.01th ist die Wahrscheinlichkeitsdichte P(n) für N=20 und N=1000 ersichtlich. Der Ordinatenmaßstab der beiden Verteilungsfunktionen unterscheidet sich insoferne, als die Fläche unter den beiden Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen gleich groß - nämlich eins - sein muß. ( ).dP P n dn= Gl.01th

Abb.01th Die weiteren Ausführungen zur Thermodynamik befassen sich nicht mehr mit statistischen Fragestellungen oder Verteilungsfunktionen, sondern mit den makroskopischen Eigenschaften des Gesamtsystems.

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Page 3: 05_THE

Thermodynamik

5.2. Ideales Gas Es sei ein Volumen von V = 1dm3 bei Raumtemperatur mit Helium unter einem Druck von p = 105Pa (entspricht ungefähr dem Normalluftdruck) gefüllt. Unter diesen Bedingungen haben die Gasatome genügend Platz für ihre Bewegungen. Der leere Raum zwischen den He-Atomen ist groß im Vergleich zu den Volumina der He-Atome - auch aller He-Atome zu-sammengenommen. Es wird weiter angenommen, daß zwar Zusammenstöße zwischen den He-Atomen und darüber hinaus auch mit der Gefäßwand stattfinden, die durch die Gesetze des elastischen Stoßes beschrieben werden können, aber die sonstige Wechselwirkung zwi-schen den Atomen vernachlässigbar ist. Bei "idealer" Erfüllung dieser Voraussetzungen wird ein Gas als ein "ideales Gas" bezeichnet. Edelgase, aber auch viele andere Gase, verhalten sich unter den oben genannten Bedingungen hinsichtlich Druck und Temperatur in guter Nä-herung wie ideale Gase. 5.3 Innere Energie des idealen Gases Die He-Atome werden als kleine kugelförmige Massen behandelt, die im betrachteten Volumen umherfliegen. Sie haben Impulse und kinetische Energien, die jedoch als Folge der Zusammenstöße mit Gefäßwänden und Gasatomen Schwankungen unterworfen sind. Die Summe aller kinetischen Energien ist dann zeitlich konstant, wenn das betrachtete System aus Behälter und Gas ein energetisch abgeschlossenes System bildet. Die gesamte kinetische Energie (für mehratomige Gase kommt noch die Rotations- und die Schwingungsenergie hin-zu) ist die innere Energie des idealen Gases. Für eine bestimmte Atomart ist die Atommasse m vorgegeben. Entfällt auf das Einzelatom eine mittlere kinetische Energie, so kann mit m ein gemittelter Geschwindigkeitswert u (die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat) angegeben werden. u wird in den folgenden Ausführungen als Ersatz für die Geschwindig-keitsverteilung verwendet. 5.4. Druck des idealen Gases Es wird ein Flächenelement df der ebenen Begrenzungsfläche des Gasvolumens V betrachtet. Eine über df aufgeschlagene Halbkugelschale habe den Radius R und die Wandstärke dR. Werden die Zahlenwerte von R und u gleich groß gewählt, dann erreichen jene He-Atome, die zum Zeitpunkt t=0 das Volumen dV verlassen, in Richtung df fliegen, und dabei keine Zu-sammenstöße mit anderen He-Atomen erfahren, nach einer Sekunde das Flächenelement df. Es wird angenommen, daß die Geschwindigkeitsrichtungen räumlich gleichverteilt sind und die Wahrscheinlichkeit für das Auftreffen auf df beträgt. Jedes der auf df auftreffenden He-Atome wird reflektiert, wobei sich die zu df senkrechte Komponente des Impulses um

24/sin Rdf πϕ⋅

ϕsinum ⋅⋅⋅2 ändert. Die Gesamtzahl derartiger Impulsänderungen je Zeitein-heit, die auf df erfolgen, ist definitionsgemäß gleich der Kraft dF und wird diese durch df di-vidiert, so ergibt sich daraus der auf df wirkende Gasdruck p = dF/df.

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Abb.02th Mit einem Gasvolumen V und N Gasatomen in diesem errechnet sich die Anzahl der Gas- atome in dV (Abb.02th) zu ( ) ( ) dRdRdcosRVN ⋅⋅⋅⋅⋅⋅ ϕψϕ . Multipliziert man diesen Aus-druck mit der Wahrscheinlichkeit für das Auftreffen auf df und weiter mit der Impulsände-rung der zu df senkrechten Komponente, so ist dies der Beitrag des Volumens dV zu der auf df wirkenden Kraft.

Fd 4

42

sincos 2 sin4

N dfd F R d R d dR m uV R

ϕϕ ψ ϕπ

ϕ⋅= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅

⋅ ⋅ Gl.02th

Dividiert man Gl.02th durch df und integriert über ϕ von 0 bis π/2 und ψ von 0 bis 2π, so re-sultiert

3

N m udp dRV

⋅= ⋅ ⋅ Gl.03th

Da die Geschwindigkeit u es all jenen Gasatomen, die zur Zeit t=0 von Kugelschalen mit Ra-dien R≤u starten, ermöglicht, innerhalb einer Zeitspanne von einer Sekunde bis zu df zu ge-langen, ist Gl.03th noch über R von 0 bis u zu integrieren. Wird in dem Ergebnis noch die mittlere kinetische Energie Ekin der Gasatome durch m·u2/2 eingesetzt, so lautet der Aus-druck für den Gasdruck p

23 kin

Np EV

= ⋅ ⋅ . Gl.04th

Führt man mit die Molzahl n als Maß für die Gasmenge ein, erhält man N n L= ⋅

23 kinp V n L E⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ . Gl.05th

L ist die LOSCHMIDTsche Zahl (L = 6.0221367·1023/mol). Die LOSCHMIDTsche Zahl wird in der englischsprachigen Literatur als AVOGADROsche Zahl bezeichnet. L gibt damit die Anzahl der Gasteilchen für ein Mol an. Ein Mol stellt die "Normmenge" eines Gases dar und ist jene Gasmenge angegeben in g, welche zahlenmäßig dem Atomgewicht/Molekulargewicht (besser: der relativen Atommasse/Molekülmasse) des Gases entspricht; z.B.: He besitzt das Atomgewicht A 4, 1 mol He entspricht einer Gasmenge von 4g He; O≈ 2 besitzt das Mole-kulargewicht M ≈ 32, 1 mol O2 entspricht damit einer Gasmenge von 32g O2).

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Thermodynamik

5.5. Zustandsgleichung des idealen Gases Experimentell werden für ideale Gase die Gesetze p·V = c1 (c1 = konst) bei konstanter Tem-peratur T (Gesetz von BOYLE-MARIOTTE) und V/T = c2 (c2 = konst) bei konstantem Druck p (Gesetz von GAY-LUSSAC) gefunden. T ist die absolute Temperatur des Gases. Aus der Kombination beider Gesetze findet man somit , p V c T c konst⋅ = ⋅ = ; Gl.06th c ist dabei eine zur Gasmenge bzw. Teilchenzahl N proportionale Größe, sodass man auch

schreiben kann. Aus dem Experiment ergibt sich für die Konstante J/K (BOLTZMANN-Konstante). Vergleicht man Gl.05th und Gl.06th,

ergibt sich nun die wichtige Beziehung, dass

(c k N k konst= ⋅ = )231.380658 10k −= ⋅

32kinE k T= ⋅ ⋅ Gl.07th

Die absolute Temperatur T ist damit ein direktes Maß für die mittlere kinetische Energie eines Gasteilchens; für T = 0 gilt daher 0kinE = , alle Bewegung ist "eingefroren".

Mit der Umformung der Konstanten aus Gl.06th entsprechend c k N n k L n R= ⋅ = ⋅ ⋅ = ⋅ J/mol·K, Gaskonstante) erhält man die Gleichung ( 8.314511R k L= ⋅ =

p V n R T⋅ = ⋅ ⋅ Gl.08th

Dies ist die Zustandsgleichung des idealen Gases, die eine Beziehung zwischen allen Zustandsvariablen p, V, T und n herstellt. Die Zustandsvariablen legen den Zustand eines Gases makroskopisch eindeutig fest. Wird dem Gas bei konstant gehaltenem Volumen V durch eine einmalige Wechselwirkung mit der Umgebung die Wärmeenergie dQ zugeführt, hat dies eine Erhöhung der inneren Energie zur Folge hat. Die äußere Erscheinungsform dieser Zustandsänderung ist eine Er-wärmung. Als Maß dafür dient die Temperaturerhöhung dT, wobei die Wärmemenge dem Zuwachs an Temperatur proportional ist.

VdQ n C dT= ⋅ ⋅ Gl.09th

VC ist die Molwärme bei konstantem Volumen. Gl.09th beschreibt auch die Erhöhung der inneren Energie Vn C dT n L d E⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ kin Gl.10th und damit

3 32 2V kin kinn C T n L E N E N k T n R T⎛ ⎞ ⎛⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ = ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅⎜ ⎟ ⎜

⎝ ⎠ ⎝⎞⎟⎠

Gl.11th

die innere Energie des Gases. Ein Vergleich des Anfangs- und Endausdruckes in Gl.11th lehrt, daß für das einatomige Gas CV = 3(R/2) ist.

Setzt man kin Vn L E n C T⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ in Gl.05th ein, so ergibt sich das Produkt p·V zu

23 Vp V n C T⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ Gl.12th

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5.6. Molwärme ein- und zweiatomiger idealer Gase Bei konstantem Volumen Wie bereits im Zusammenhang mit der inneren Energie eines Gases erwähnt wurde, setzt sich diese bei mehratomigen Gasen - z.B. einem zweiatomigen Gas wie N2, O2, CO etc - zusätz-lich zur kinetischen Energie der Moleküle aus Rotations- und Schwingungsenergie zusam-men. Um die auf die möglichen Energieformen entfallenden Anteile angeben zu können, wird zunächst auf das einatomige Gas zurückgegriffen. Dort ist die Energie ausschließlich kineti-sche Energie der translatorischen Bewegung der Gasatome. Die Bewegung ist durch die An-gabe von 3 Geschwindigkeitskomponenten beschreibbar, die die 3 Freiheitsgrade der Bewegung repräsentieren. Da keine der Richtungen bevorzugt ist, setzt sich die mittlere kine-tische Energie Ekin des Gasatoms aus den 3 gleich großen Anteilen der auf einen einzelnen Freiheitsgrad entfallenden mittleren kinetischen Energie Ekin /3 zusammen. Als Ergebnis dieser Überlegung beträgt der auf einen Freiheitsgrad entfallende Anteil der Molwärme L·k/2 = R/2. Je Rotationsfreiheitsgrad ( bei einem zweiatomigen Gas sind es 2 Rotationsfreiheits-grade ) ist unter der Annahme einer Gleichverteilung der Energie auf die Freiheitsgrade eben-falls ein Beitrag von R/2 zur Molwärme zu erwarten. Bei der Schwingung sind es 2 Freiheitsgrade, und zwar die gemittelte kinetische und die gemittelte potentielle Energie der Schwingung. Es entfallen also auf die Molwärme eines zweiatomigen Gases bei konstantem Volumen 3(R/2) auf die 3 Translationsfreiheitsgrade, 2(R/2) auf die beiden Rotationsfrei-heitsgrade und 2(R/2) auf die beiden Schwingungsfreiheitsgrade. Letztere treten allerdings erst bei höheren Temperaturen in Erscheinung. Unter der Voraussetzung der Nichtberücksichtigung der auf die Schwingung entfallenden Energie gilt für einatomige Gase CV = 3(R/2) und für zweiatomige Gase CV ≅ 5(R/2). Bei konstantem Druck Wird dem Gas, wie bereits erörtert, eine Wärmemenge dQ zugeführt, so erhöht sich die Tem-peratur T und bei konstantem Volumen V der Druck p. Soll p konstant gehalten werden, so muß sich das Gasvolumen ausdehnen. Das bedeutet, daß gegen den Außendruck eine Arbeit dW = p·dV zu verrichten ist. Die Differentiation der Zustandsgleichung ergibt dp V p dV n R dT⋅ + ⋅ = ⋅ ⋅ . Gl.13th Da der Druck vereinbarungsgemäß konstant bleiben soll (dp = 0), beschreibt auf der linken Seite dW = p·dV und auf der rechten Seite n R dT⋅ ⋅ die für diese Arbeit aufzuwendende Energie. Soll 1 mol eines einatomigen Gases bei konstantem Druck um 1K erwärmt werden, so ist zur Molwärme CV für konstantes Volumen noch die für die Arbeit dW erforderliche Energie R (J/K·mol) hinzuzufügen. Die Molwärme bei konstantem Druck Cp beträgt daher für ein

einatomiges Gas Cp = 5(R/2) und für ein zweiatomiges Gas Cp ≅ 7(R/2).

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Thermodynamik

5.7. Erster Hauptsatz der Thermodynamik Wärme ist eine Energieform. Führt man einem Gas die Wärme dQ zu, so kann sich seine innere Energie U um dU erhöhen und es kann durch Expansion Arbeit dW nach außen verrichtet werden. dQ dU dW= + Gl.14th Die innere Energie U (Translation und Rotation) des Gases hängt im allgemeinen von den Zustandsvariablen T, V und p ab. Die Zustandsgleichung des idealen Gases gestattet es, p durch T und V zu beschreiben und so U durch U(T,V) anzugeben. dU ist das totale Differential (also die gesamte differentielle Änderung) der Funktion U(T,V).

V T

U UdU dT dVT V

∂ ∂∂ ∂

= ⋅ + ⋅ Gl.15th

Die partielle Ableitung von U nach T wird bei konstantem Volumen ausgeführt und steht nach den vorangegangenen Ausführungen zur Molwärme CV für konstantes V in Beziehung. Das ideale Gas zeichnet sich dadurch aus, daß die innere Energie unabhängig vom Volumen ist und damit der zweite Summand gleich null ist. Die oben (Gl.14th) gegebene allgemeine Formulierung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik erhält für das ideale Gas die in Gl.16th angeschriebene Form. VdQ n C dT p dV= ⋅ ⋅ + ⋅ Gl.16th 5.8. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik Wärme geht nicht von selbst auf einen auf höherer Temperatur befindlichen Körper über. Als Konsequenz daraus folgt, daß es unmöglich ist, eine periodisch arbeitende Wärmekraft-maschine zu bauen, die es gestattet, Wärme zur Gänze in mechanische Arbeit umzusetzen. Die erste Aussage ist gleichbedeutend mit der Feststellung, daß der Gleichgewichtszustand eines Systems der Zustand der größten Wahrscheinlichkeit ist. Jede Zustandsänderung geht in die Richtung größerer thermodynamischer Wahrscheinlichkeit, das heißt größerer Entropie. Das Entropiedifferential dS ist folgendermaßen definiert

dS dQT

= Gl.17th

Jeder von selbst ablaufende Prozeß geht in Richtung einer Entropiezunahme dS > 0. Es gibt keinen Vorgang, der von selbst in die Richtung einer Entropieabnahme abläuft. Bei jedem realen Kreisprozeß muß die Entropie insgesamt zunehmen; bei einem idealen Prozeß, wie z.B. dem CARNOT-Prozeß, kann sie bestenfalls gleich bleiben. Der CARNOTsche Kreispro-zeß wird unter 5.11. behandelt.

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5.9. Isotherme Zustandsänderung (dT = 0) Der 1.Hauptsatz

0VdVdQ n C p dV n R TV

= ⋅ ⋅ + ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ Gl.18th

ergibt nach Integration

ln End

Anfang

VQ n R TV

= ⋅ ⋅ ⋅ . Gl.19th

Die zugeführte Wärmemenge Q wird zur Gänze in mechanische Arbeit umgewandelt, da die Temperatur T und damit auch die innere Energie konstant bleibt. Ähnlich zu Gl.19th läßt sich aus dS = dQ/T durch Integration die Entropieänderung ΔS bei der isothermen Zustandsänderung berechnen.

ln End

Anfang

VS n RV

Δ = ⋅ ⋅ . Gl.20th

5.10. Adiabatische Zustandsänderung (dQ = 0) Bei einer adiabatischen Zustandsänderung ist dQ = 0. Es wird weder Wärme zu- noch abge-führt. Wenn das System nach außen Arbeit verrichtet, so erfolgt dies auf Kosten der inneren Energie. 0 Vn C dT p dV= ⋅ ⋅ + ⋅ Gl.21th Drückt man p durch T und V aus und formt um,

VdT dVC RT V

⋅ = − ⋅ Gl.22th

so erhält man nach Integration und unter Verwendung von κ

p

V

CC

κ = und Gl.23th

p VC C R− = Gl.24th die Adiabatengleichung Gl.25th 1

1 constVT =⋅ −κ

bzw. nach Umformung . Gl.26th 2constVp =⋅ κ

Aus Gl.21th läßt sich die bei einer adiabatischen Zustandsänderung vom System nach außen verrichtete Arbeit Wadiab ermitteln. Typische Zahlenwerte der Adiabatenkonstante κ sind 5/3 für einatomige Gase - das sind Edelgase, Metalldämpfe (z.B.Hg-Dampf) - und 7/5 für zwei-atomige Gase.

( )

( )adiab V Anfang End

Anfang End

W n C T T

T T

= ⋅ ⋅ −

> Gl.27th

Aus dQ = 0 folgt auch dS = 0; die Integration führt daher zu ΔS = 0.

Die Entropie ändert sich während der adiabatischen Zustandsänderung nicht, es ist eine isentrope Zustandsänderung.

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Thermodynamik

5.11. CARNOTscher Kreisprozeß

Abb.03th Der CARNOTsche Kreisprozeß behandelt eine ideale Wärmekraftmaschine mit 4 Zustands-änderungen eines idealen Gases:

1. Isotherme Expansion (1 ⇒ 2) bei der Temperatur T1. Die aus einem auf der Temperatur T1 befindlichen Wärmereservoir entnommene Wärmemenge Q1 = n·R·T1·ln(V2/V1 ) wird voll-ständig in mechanische Arbeit umgewandelt.

2. Adiabatische Expansion (2 ⇒ 3). Die von der Maschine verrichtete Arbeit Wadiab,2 stammt aus der inneren Energie des Gases. Das Gas kühlt sich von T1 auf T2 <T1 ab.

,2 1 2( )adiab VW n C T T= ⋅ ⋅ − Die gesamte bisher gewonnene mechanische Arbeit Q1 +Wadiab,2 wird in einem

Schwungrad gespeichert. 3. Isotherme Kompression (3 ⇒ 4) bei der Temperatur T2 . Die an ein auf der Temperatur T2

befindliches Wärmereservoir von der Maschine abgegebene Wärmemenge Q3= n·R·T2.ln(V4/V3 ) geht zu Lasten der im Schwungrad gespeicherten Energie.

4. Adiabatische Kompression (4 ⇒ 1). Die innere Energie des Gases wird zu Lasten der im Schwungrad gespeicherten Energie restauriert. Das Gas erwärmt sich von T2 auf T1>T2 .

,4 2 1 ,2( )adiab V adiabW n C T T W= ⋅ ⋅ − = − Die tatsächlich aus dem Schwungrad pro Kreisprozeß entnehmbare mechanische Arbeit Wmech ist die Summe der vier Beiträge 1 ,2 3mech adiab adiabW Q W Q W ,4= + + + wobei Q1 aus dem Reservoir mit T1 entnommen wird, die Adiabatenbeiträge in Summe null ergeben und Q3 in das Reservoir mit T2 abgegeben wird. Es ist also nicht möglich, die gesam-te Wärmemenge Q1 in mechanische Arbeit umzusetzen. Als Wirkungsgrad η wird das Ver-hältnis der nutzbaren Wmech zur aufzuwendenden Energie Q1 definiert. Durch Einsetzen und Umformung errechnet sich der Wirkungsgrad der CARNOT-Maschine zu

(%) 1001

21 ⋅−

=T

TTη . Gl.28th

Der Wirkungsgrad steigt mit dem Temperaturunterschied.

65

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Eine Umkehrung der CARNOT-Maschine ergibt eine Wärmepumpe. Die Abb.04th zeigt die Funktion in symbolischer Form. Wie funktioniert die Wärmepumpe? Wie ist der Wirkungs-grad einer Wärmepumpe zu definieren und unter welchen Temperaturbedingungen T1 und T2 werden die besten Ergebnisse erzielt? Eines der Konzepte zur Energieeinsparung bei der Be-heizung von Gebäuden und Wohnungen baut auf dem Einsatz von Wärmepumpen auf. Unter welchen Voraussetzungen können die bestmöglichen Ergebnisse erzielt werden?

Abb.04th Die CARNOT-Maschine wird durch die Zufuhr mechanischer Arbeit angetrieben und pumpt Wärme vom Behälter auf tieferer Temperatur T2 in jenen mit höherer Temperatur T1 . Der Wirkungsgrad der Wärmepumpe ist gleich dem Kehrwert des CARNOT-Wirkungsgrades

(%) 10021

1 ⋅−

=TT

TPumpeη Gl.29th

und größer als 100%. Die besten Ergebnisse werden bei geringen Temperaturdifferenzen erzielt, also im Falle der Raumheizung dann, wenn die Außentemperatur noch nicht zu

weit abgesunken ist T T1 − 2

Die CARNOT-Maschine hat als Wärmepumpe einen bestimmten Wirkungsgrad. Angenom-men, es werden eine CARNOT-Maschine und eine CARNOT-Wärmepumpe gekoppelt, so liefert die Pumpe gerade jene Wärmemenge, die die Maschine für ihren Betrieb benötigt. Welchen Wirkungsgrad müßte eine unbekannte Wärmepumpe aufweisen, so daß die Pumpe eine größere Wärmemenge in das Reservoir T1 liefert, als die CARNOT-Maschine für ihren Betrieb benötigt (perpetuum mobile)? Welche Schlußfolgerungen ergeben sich aus diesem Gedankenexperiment hinsichtlich des CARNOTschen Wirkungsgrades? Es wird vorausgeschickt, daß ausschließlich ideale Maschinen betrachtet werden, die keine Reibungs- oder sonstige Verluste aufweisen. Die unbekannte Pumpe müßte im Betrieb als Wärmekraftmaschine einen schlechteren Wirkungsgrad als die CARNOT-Maschine aufwei-sen. Im Betrieb als Wärmepumpe würde sie sodann im Vergleich zur CARNOT-Maschine eine höhere Wärmemenge von T2 nach T1 pumpen. Es könnte also durch die Kombination einer CARNOT-Maschine als Antriebsaggregat und dieser unbekannten Wärmepumpe im Dauerbetrieb Wärme von der tieferen zur höheren Temperatur transportiert werden, ohne da-bei von außen Energie zuführen zu müssen. Mit anderen Worten ausgedrückt, die aus der Er-fahrung gewonnene Aussage, daß Wärme von selbst nur von der höheren zur tieferen

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Page 11: 05_THE

Thermodynamik

Temperatur überzugehen vermag, wäre damit widerlegt. Die sich aus dieser Überlegung erge-bende Schlußfolgerung lautet, daß für die Umsetzung von Wärme in mechanische Arbeit der CARNOT-Wirkungsgrad die bestimmende Größe ist. 5.12. NERNSTscher Satz Der absolute Nullpunkt ist unerreichbar. Der NERNSTsche Satz wird oft auch als 3.Hauptsatz der Theromodynamik bezeichnet. Experimentell wurden bisher Temperaturen bis herab zu etwa 10-6K erreicht. 5.13. Reales Gas Beim realen Gas werden die Volumina der Moleküle und die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen nicht mehr als vernachlässigbar klein angesehen. Man kann die Zustands-gleichung des idealen Gases entsprechend korrigieren: reales Volumen = ideales Volumen - Molekülvolumen

(Binnenvolumen)

realer Druck = idealer Druck + Wechselwirkungsterm (Binnendruck)

Statt pV = RT (für 1 mol, also n =1) schreibt man nun:

( )( )p aV

V b RT+ − =2 Gl.30th

Abb.05th

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Die VAN DER WAALSsche Zustandsgleichung ist eine empirische Näherung, deren Kon-stantwerte a und b der jeweiligen Gassorte angepaßt werden müssen. In Abb.05th ist der Ver-lauf der Isothermen in einem p-V-Diagramm dargestellt, wobei der Abszissenmaßstab in Vielfachen des kritischen Volumens Vk und der Ordinatenmaßstab in Vielfachen des kriti-schen Druckes pk angegeben ist. Im kritischen Punkt Pk zeigt die Isotherme entsprechend der kritischen Temperatur Tk einen Wendepunkt mit horizontaler Tangente. Das Zustandsschaubild dieser Funktion zeigt im dunklen Bereich das Verhalten des Gases bei Verflüssigung, wobei die tatsächliche Zustandsänderung den Pfeilen und nicht der mathema-tischen Kurve folgt. Es verringert sich also das Volumen bei konstantem Druck und konstan-ter Temperatur bis zu einem Minimalwert des Volumens - ein Zusammensacken während der Verflüssigung. Das errechnete Flüssigkeitsvolumen kann nur mehr durch extrem hohe Werte des Druckes verringert werden. Die in Gl.30th angegebene VAN DER WAALSsche Gleichung gilt für 1 mol. Für eine Gas-menge von n mol ist a durch n2·a und b durch n·b zu ersetzen. 5.14. Innere Energie des realen Gases Beim realen Gas hängt die innere Energie U auch vom Volumen ab. Somit unterscheidet sich der 1. Hauptsatz der Thermodynamik für das reale Gas von dem für das ideale Gas.

VT

UdQ n C dT dV p dVV

∂∂

= ⋅ ⋅ + ⋅ + ⋅ Gl.31th

Läßt man ein Gas adiabatisch ( dQ = 0 ) in ein Vakuum expandieren ( p·dV = 0 ) so erfährt das reale Gas eine Temperaturänderung von

1

TV

UdT dVn C V

∂∂

= − ⋅ ⋅⋅

. Gl.32th

Eine solche wäre bei einem idealen Gas nicht zu beobachten. Je nach dem Vorzeichen von ∂U/∂V wird sich das Gas dabei entweder erwärmen oder aber abkühlen. Das Vorzeichen än-dert sich bei der Inversionstemperatur Ti . Oberhalb Ti tritt Erwärmung ein und umgekehrt. Der Effekt heißt JOULE-THOMSON-Effekt und findet Verwendung bei der Gasverflüssi-gung. Ti = 33K für Helium 193K für Wasserstoff 620K für Stickstoff

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Thermodynamik

Beispiele th01 Welche Bedeutung haben in der Abb.03th die Flächen zwischen den folgenden Punkten: 1-2-V2-V1 , 2-3-V3-V2 , 3-4-V4-V3 , 4-1-V1-V4 und 1-2-3-4 ? th02 Wie ist in einem p-V-Diagramm ein Kreisprozeß aus zwei isobaren und zwei isochoren Zu-standsänderungen darzustellen? th03 Es soll versucht werden, für die isobare und die isochore Zustandsänderung den Energiehaus-halt und die Entropieänderung in Analogie zur isothermen und zur adiabatischen Zustandsän-derung zu behandeln. th04 In welchem Bereich der Abb.04th verhält sich das reale Gas wie ein ideales Gas? Lösungen zu den Beispielen th01 Die mechanische Arbeit ist im ersten Hauptsatz durch dW = p·dV ausgedrückt. Wenn in einem p-V-Diagramm, z.B. die Fläche ( 1-2-V2-V1 ) über die isotherme Expansion von V1 bis V2 integriert wird, so beschreibt dieses Integral die Fläche ( 1-2-V2-V1 ) und die bei der isother-men Expansion verrichtete Arbeit. Analog ist die Bedeutung der anderen Flächen.

• ( 1-2-V2-V1 ) ist die bei der isothermen Expansion verrichtete Arbeit. • ( 2-3-V3-V2 ) ist die bei der adiabatischen Expansion verrichtete Arbeit. • ( 3-4-V4-V3 ) (negatives Vorzeichen) ist die bei der isothermen Kompression

aufzuwendende Arbeit. • ( 4-1-V1-V4 ) (negatives Vorzeichen) ist die bei der adiabatischen Kompression

aufzuwendende Arbeit. • ( 1-2-3-4 ) ist die bei einem gesamten Umlauf verrichtete Arbeit. th02

Abb.B_01th

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th03 Isobare Zustandsänderung: p = const , dp=0 ;

Gasgleichung: p·V = n·R·T bzw dp·V + p·dV = n·R·dT wenn p konstant ist, dann ist dp = 0 und somit lautet die Gasgleichung nach Differentiation im Falle der isobaren Zustandsänderung p·dV = n·R·dT . Die bei der isobaren Zustandsänderung verrichtete mechanische Arbeit dW ist gleich n·R·dT bzw. nach Integration W = n·R·(T2 - T1) . 1. Hauptsatz: dQ = n·CV ·dT + p·dV Wird für p·dV aus der Gasgleichung n·R·dT eingesetzt, so errechnet sich dQ zu dQ= n·(Cv+R)·dT = n·Cp·dT bzw. nach Integration Q = n·Cp· (T2-T1). Die dem System zur Verrichtung der Arbeit W = n·R·(T2-T1) zuzuführende Wärmemenge beträgt Q= n·Cp·(T2-T1) .

Da eine im Vergleich zur verrichteten Arbeit größere Wärmemenge zugeführt werden muß, dient diese zur Erwärmung des Gases um T2-T1 .

Das Entropiedifferential dS lautet mit den oben gezeigten Überlegungen pdQ dTdS n CT T

= = ⋅ ⋅

und die Entropieänderung über den vollständigen isobaren Prozeß

2

1

lnpTS n CT

Δ = ⋅ ⋅

Isochore Zustandsänderung: V = const , dV=0 ;

Mit dW = p·dV = 0 ist die bei diesem Prozeß verrichtete Arbeit W = 0 . 1.Hauptsatz: dQ = n·CV ·dT Wird über den gesamten Prozeß integriert, so lautet das Ergebnis Q = n·CV ·(T2 - T1).

Mit dem Entropiedifferential

VdQ dTdS n CT T

= = ⋅ ⋅

errechnet sich hier die Entropieänderung über den gesamten isochoren Prozeß zu

2

1

lnVTS n CT

Δ = ⋅ ⋅ .

th04 Für Isothermen T > 1,5·Tk

70