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Journal Screen IN|FO|DIABETOLOGIE 2012; Vol. 6, Nr. 2 31 Diabetischer Fuß Amputationsrisiko bei Diabetikern nach Revaskularisation einem Jahr (CKD Klasse 1 = 88%, 2 = 86%, 3= 86%, 4= 75%, 5= 70%). Dies zeigte sich ähnlich auch für das majoramputationsfreie Überleben nach einem Jahr. Hierbei waren neben der CKD-Klasse auch das Bestehen einer Gangrän und einer Lungenerkrankung sowie das Alter signifikante Prädikoren. In der CART-Analyse zeigte sich die Niereninsuffizienz CKD Klassen 3–5 als signifikanter Prädiktor eines negativen Outcomes für das einjährige amputationsfreie Überleben mit 56% versus 71%. Bestand gleichzeitig noch eine Gangrän, betrug die Wahrscheinlichkeit des Überlebens ohne Majoramputation nach einem Jahr für die Patienten mit Niereninsuffizienz nur 41%. Schlussfolgerung: Die Niereninsuffizienz hat einen erheblichen negativen Einfluss auf den Erfolg einer Re- vaskularisation bei Menschen mit diabetischem Fuß- syndrom. Dies zeigte sich sowohl in der üblichen Re- gressiosanalyse als auch in der CART-Analyse. Mithilfe der CART-Analyse soll Klinikern ermöglicht werden, eine realistische Abschätzung des Erfolges einer Inter- vention bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren, vor- zunehmen. Venermo M, Bian- cari F, Arvela E et al. The role of chronic kidney disease as a predictor of outcome after revas- cularisation of the ulcerated diabetic foot. Diabetologia 2011;54(12):2971–7. Fragestellung: Welchen Einfluss hat eine chronische Niereninsuffizienz auf den Erfolg einer Revaskularisa- tion bei einem ulzerierten diabetischen Fuß? Hintergrund: Das Risiko einer Majoramputation ist bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom trotz er- folgreicher Revaskularisation höher als bei Nichtdiabe- tikern, die eine erfolgreiche Revaskularisation erhalten haben. Diabetische Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Majoramputation. Patienten und Methodik: In dieser monozentrischen Studie der Gefäßchirurgie der Universität Helsinki wur- den 1575 Revaskularisationen im Zeitraum von 2000 bis 2006 betrachtet, dabei betrafen 874 Revaskularisati- onen Patienten mit Diabetes. Auch in diesem Kollektiv war das Ergebnis bezüglich Beinerhalt und Überleben bei Diabetikern deutlich schlechter als bei Nichtdiabe- tikern. Zur weiteren Differenzierung der Gründe für dieses schlechtere Outcome wurden 732 Revaskularisa- tionen bei 597 Patienten mit Diabetes und Ulzera oder Gangrän analysiert. Neben der üblichen logistischen Regressionsanalyse zur Erkennung von Risikofaktoren wurde auch eine „Classification and regression tree“- (CART-)Analyse durchgeführt. Deren Merkmal ist, dass nur Binärbäume erzeugt werden, also an jeder Verzwei- gung des Algorithmus nur zwei Äste sind (Abb. 1). So soll eine optimale binäre Trennung gefunden werden. Die präoperative Nierenfunktion wurde nach der Chro- nic Kidney Disease(CKD-)Klassifikation eingeteilt. Ergebnisse: Die mittlere Nachuntersuchungszeit be- trug 2,8 ± 2,2 Jahre. Die chronische Niereninsuffizienz war ein unabhängiger Prädiktor des Beinerhaltes nach Schlechte Karten bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz Kommentar: Auch diese Studie weist nach, dass bei Patienten mit diabetischem Fuß ein deutlich schlech- teres Ergebnis nach Revaskularisation besteht, als bei Patienten ohne Diabetes. Die gehäuft bestehende Nie- reninsuffizienz bei Patienten mit diabetischem Fuß ist hierbei offenbar entscheidend wichtig. Auch in dieser monozentrischen Studie wurden andere mögliche Faktoren, insbesondere der Allgemeinzustand eines Patienten, nicht berücksichtigt, da in retrospektiven Studien dieser meist nicht ausreichend beschrieben ist. Inwieweit daher diese CART-Analyse wirklich eine Entscheidungshilfe für den Kliniker bei Interventionen bei Patienten mit diabetischem Fuß darstellt, bleibt meines Erachtens offen. Professor Dr. med. Maximilian Spraul Mathias-Spital & Jakobi-Krankenhaus (Med Klinik III) Interdisziplinäres Diabetes-Fuß-Zentrum Frankenburgstr. 31 D-48431 Rheine [email protected] Professor Dr. med. Maximilian Spraul Abb. 1: Die CART-Analyse bedient sich eines Algorith- mus, der immer nur eine von zwei Entscheidungsmög- lichkeiten zulässt. Ob sie Klinikern eine Hilfe sein kann?

Amputationsrisiko bei Diabetikern nach Revaskularisation ... · onen Patienten mit Diabetes. Auch in diesem Kollektiv war das Ergebnis bezüglich Beinerhalt und Überleben bei Diabetikern

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Journal Screen

IN|FO|Diabetologie 2012; Vol. 6, Nr. 2 31

Diabetischer Fuß

Amputationsrisiko bei Diabetikern nach Revaskularisation

einem Jahr (CKD Klasse 1 = 88%, 2 = 86%, 3= 86%, 4= 75%, 5= 70%). Dies zeigte sich ähnlich auch für das majoramputationsfreie Überleben nach einem Jahr. Hierbei waren neben der CKD-Klasse auch das Bestehen einer Gangrän und einer Lungenerkrankung sowie das Alter signifikante Prädikoren. In der CART-Analyse zeigte sich die Niereninsuffizienz CKD Klassen 3–5 als signifikanter Prädiktor eines negativen Outcomes für das einjährige amputationsfreie Überleben mit 56% versus 71%. Bestand gleichzeitig noch eine Gangrän, betrug die Wahrscheinlichkeit des Überlebens ohne Majoramputation nach einem Jahr für die Patienten mit Niereninsuffizienz nur 41%.

Schlussfolgerung: Die Niereninsuffizienz hat einen erheblichen negativen Einfluss auf den Erfolg einer Re-vaskularisation bei Menschen mit diabetischem Fuß-syndrom. Dies zeigte sich sowohl in der üblichen Re-gressiosanalyse als auch in der CART-Analyse. Mithilfe der CART-Analyse soll Klinikern ermöglicht werden, eine realistische Abschätzung des Erfolges einer Inter-vention bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren, vor-zunehmen.

Venermo M, Bian-cari F, Arvela E et al. The role of chronic kidney disease as a predictor of outcome after revas-cularisation of the ulcerated diabetic foot. Diabetologia 2011;54(12):2971–7.

Fragestellung: Welchen Einfluss hat eine chronische Niereninsuffizienz auf den Erfolg einer Revaskularisa-tion bei einem ulzerierten diabetischen Fuß?

Hintergrund: Das Risiko einer Majoramputation ist bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom trotz er-folgreicher Revaskularisation höher als bei Nichtdiabe-tikern, die eine erfolgreiche Revaskularisation erhalten haben. Diabetische Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Majoramputation.

Patienten und Methodik: In dieser monozentrischen Studie der Gefäßchirurgie der Universität Helsinki wur-den 1575 Revaskularisationen im Zeitraum von 2000 bis 2006 betrachtet, dabei betrafen 874 Revaskularisati-onen Patienten mit Diabetes. Auch in diesem Kollektiv war das Ergebnis bezüglich Beinerhalt und Überleben bei Diabetikern deutlich schlechter als bei Nichtdiabe-tikern. Zur weiteren Differenzierung der Gründe für dieses schlechtere Outcome wurden 732 Revaskularisa-tionen bei 597 Patienten mit Diabetes und Ulzera oder Gangrän analysiert. Neben der üblichen logistischen Regressionsanalyse zur Erkennung von Risikofaktoren wurde auch eine „Classification and regression tree“- (CART-)Analyse durchgeführt. Deren Merkmal ist, dass nur Binärbäume erzeugt werden, also an jeder Verzwei-gung des Algorithmus nur zwei Äste sind (Abb. 1). So soll eine optimale binäre Trennung gefunden werden. Die präoperative Nierenfunktion wurde nach der Chro-nic Kidney Disease(CKD-)Klassifikation eingeteilt.

Ergebnisse: Die mittlere Nachuntersuchungszeit be-trug 2,8 ± 2,2 Jahre. Die chronische Niereninsuffizienz war ein unabhängiger Prädiktor des Beinerhaltes nach

Schlechte Karten bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz

Kommentar: Auch diese Studie weist nach, dass bei Patienten mit diabetischem Fuß ein deutlich schlech-teres Ergebnis nach Revaskularisation besteht, als bei Patienten ohne Diabetes. Die gehäuft bestehende Nie-reninsuffizienz bei Patienten mit diabetischem Fuß ist hierbei offenbar entscheidend wichtig. Auch in dieser monozentrischen Studie wurden andere mögliche Faktoren, insbesondere der Allgemeinzustand eines Patienten, nicht berücksichtigt, da in retrospektiven Studien dieser meist nicht ausreichend beschrieben

ist. Inwieweit daher diese CART-Analyse wirklich eine Entscheidungshilfe für den Kliniker bei Interventionen bei Patienten mit diabetischem Fuß darstellt, bleibt meines Erachtens offen.

Professor Dr. med. Maximilian SpraulMathias-Spital & Jakobi-Krankenhaus (Med Klinik III)Interdisziplinäres Diabetes-Fuß-ZentrumFrankenburgstr. 31D-48431 [email protected]

Professor Dr. med. Maximilian Spraul

Abb. 1: Die CART-Analyse bedient sich eines Algorith-mus, der immer nur eine von zwei Entscheidungsmög-

lichkeiten zulässt. Ob sie Klinikern eine Hilfe sein kann?