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September 2017 85308 Themenschwerpunkt neue Technologien für die Energiewende Themenschwerpunkt Ballastierung von Gewerbeanlagen Speichervergleich – die nächsten Tests | Agro-Photovoltaik | pv magazine award Der neue Modultest startet SONDEREDITION

Der neue Modultest startet - pmt.solutions · nis für jeden der beiden Lastfälle führen kann. Der Anbieter (3) hat außerdem einen Haftungsausschluss, sodass der Installationsbetrieb

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September 2017

85308

Themenschwerpunkt neue Technologien für die EnergiewendeThemenschwerpunkt Ballastierung von Gewerbeanlagen

Speichervergleich – die nächsten Tests | Agro-Photovoltaik | pv magazine award

Der neue Modultest startet

Sonderedi

tion

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Ballastierung

In meiner Arbeit geschehen immer wieder kuriose Dinge. Neu-lich flatterten einmal mehr Ballastauslegungen verschiedener Hersteller von Photovoltaik-Montagesystemen für ein und das-selbe Gebäude auf den Tisch. Ein Systemhersteller (1) hatte ein 13-Grad-Ost-West-System angeboten, ein weiterer Herstel-ler (2) die Zehn-Grad-Version seines Ost-West-Systems. Das Eigengewicht der Module und der Unterkonstruktion war in beiden Fällen jeweils nahezu identisch. Die jeweiligen Ballast-berechnungen erfolgten für ein etwa zwölf Meter hohes und großflächiges Hallendach an der Nordseeküste. Der berechnete Gesamtballast von Hersteller (1) lag bei ungefähr 4.000 Kilo-gramm, der von Hersteller (2) bei rund 23.000 Kilogramm.

Wie ist dies möglich, wo doch beide Systeme in ihrer System-geometrie sehr ähnlich sind? Der Bauherr hinterfragte diese äußerst unterschiedlichen Ergebnisse nicht. Offensichtlich war er glücklich mit dem vermeintlich besseren Ergebnis von Her-

steller (1). Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit habe ich sowohl System (1) als auch System (2) auf ihre aerodynami-schen Eigenschaften hin analysiert – in einem Grenzschicht-windkanal, der den Spezifikationen der Windtechnologischen Gesellschaft (WtG) entspricht. Das Ergebnis war wie erwar-tet: Beide Systeme sind aerodynamisch in etwa gleichwertig. Es liegt somit nahe, dass Systemhersteller (1) bewusste Ballast-reduzierungen vorgenommen hatte, um sich einen Vorteil bei der Auftragsvergabe zu ergattern.

Unterschiede bei Verschieben und AbhebenGrundsätzlich sind die meisten Photovoltaik-Montagesys-teme für zwei potenzielle Versagensmechanismen aufgrund von Windwirkung anfällig. Im Fachjargon haben sich dafür die Begriffe „Abheben“ und „Verschieben“ eingebürgert. Um diesen Versagensmechanismen entgegenzuwirken, wird eine Ballastierung benötigt, die für die Fälle Abheben und Verschie-ben jeweils separat berechnet werden muss. Ein Solarfeld kann sich häufig nur als Ganzes verschieben, wenn seine Elemente miteinander verbunden sind (zum Beispiel bei über Schienen verbundenen Systemen). In einem solchen Fall ist aufgrund der horizontal wirkenden Kräfte auch eine Umverteilung von Ballast innerhalb eines Feldes möglich. Beim Lastfall Abheben kann Ballast allerdings häufig nur geringfügig oder auch gar nicht umverteilt werden, da die vertikal wirkenden Windkräfte eine Lastübertragung zu Nachbarmodulen aufgrund der meist nur geringen vertikalen Systemsteifigkeit in nur sehr begrenz-tem Maße ermöglichen.

Beim Lastfall Verschieben spielt zudem der Haftreibungs-beiwert eine wichtige Rolle. Je höher die Haftreibung, desto schwerer lässt sich ein Körper aufgrund einer horizontal auf ihn einwirkenden Kraft aus der Ruheposition heraus in Bewe-gung setzen. Der sogenannte Böenstaudruck ist wiederum keine Systemeigenschaft, sondern kommt aus der Windstatis-tik, die in die jeweils gültige Windlastnorm vereinfacht ein-gearbeitet ist. Er wird für konventionelle Bauten in der Regel derart berechnet, dass er gemäß den statistischen Daten ein-mal innerhalb von 50 Jahren auftritt.

Ballastangaben nicht blind vertrauenFlachdachmontage: Ob eine Ballastauslegung korrekt ist, können Laien oft nur schwer erkennen. Der Windlast-experte Thorsten Kray hat eine Checkliste erstellt, mit der Bauherren und andere Projektbeteiligte die Ballast-angaben von Herstellern besser einschätzen können.

Modell eines Gebäudes mit Flachdach, Attika und Photovoltaikfeld im Maßstab 1 : 100 im großen Grenzschichtwindkanal des I.F.I.

Fotos: I.F.I. Institut für Industrieaerodynamik GmbH

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Ballastierung

Manche rechnen schönÜber die Gleichungen zur Berechnung von Ballast herrscht in der Fachwelt Einigkeit. Es ist auch davon auszugehen, dass große Player dabei anerkannte Experten zurate ziehen. Daher liegt für mich der Schluss nahe, dass der folgende namhafte Hersteller von Photovoltaik-Montagesystemen (3) Ballastie-rungswerte bewusst schönrechnet und Windschäden infolge von Verschieben und Abheben von Photovoltaikanlagen billi-gend in Kauf nimmt. Ich denke, auch deswegen Absicht unter-stellen zu können, da ich von diesem Hersteller in den letzten fünf Jahren knapp zehn Ballastberechnungen nachgeprüft habe und alle ergaben, dass der berechnete Ballast deutlich zu nied-rig ausfiel. Bei der im Folgenden beschriebenen Nachprüfung einer Ballastauslegung dieses Herstellers konnte der rechneri-sche Nachweis einer Ballastschönrechnung aus meiner Sicht erbracht werden – sowohl beim Lastfall Verschieben als auch beim Lastfall Abheben. Denn der Hersteller hat alle Variablen genannt, sodass eine Nachrechnung anhand der in der Fach-welt bekannten Ballastformeln nur zu einem einzigen Ergeb-nis für jeden der beiden Lastfälle führen kann.

Der Anbieter (3) hat außerdem einen Haftungsausschluss, sodass der Installationsbetrieb haftet, auch wenn der Schaden an fehlerhaften Berechnungen des Auslegungstools des Her-stellers liegt. Das dreiste Vorgehen dieses Herstellers wird im Folgenden chronologisch und mit Kommentaren versehen wiedergegeben:

Seitens des Montagesystemherstellers (3) wurde zunächst nur ein sogenannter Abhebenachweis geführt, bei dem der Bal-last berechnet wird, der nötig ist, um ein Abheben der Photo-voltaikanlage zu verhindern. Hierbei wurde ein recht hoher Ballast ermittelt. Es war allerdings unklar, inwiefern die Sys-temverbundwirkung berücksichtigt wurde. Denn allein aufge-stellte Reihen wurden genauso bemessen wie solche mit allsei-tigen Nachbarreihen. Ballast gegen ein Verschieben der Anlage wurde zunächst ignoriert und nicht ausgewiesen. Die Nach-rechnung des Ballasts gegen Abheben seitens des I.F.I. ergab jedoch große Ungereimtheiten (siehe Tabelle  1). Die Unter-schätzung beträgt zwischen sieben Prozent in der gelben Zone und 100 Prozent in der grauen Zone.

Da trotz der vorgenommenen Reduktion die Tragreserve des Daches übertroffen wurde, trat in der Folge herstellersei-

tig (3) ein neuer Ballastnachweis auf den Plan, der eine wei-tere Ballastreduktion versprach. Diesmal wurde allerdings nur ein Verschiebenachweis geführt, der den ersten auf dem Versagensmodus Abheben basierenden Ballastplan ersetzen sollte. Der gelieferte Verschiebenachweis galt aber nur für eine nicht näher aufgeschlüsselte „Gruppenwirkung“. Hier-mit waren mindestens mehrere zusammenhängende Rei-hen gemeint, wahrscheinlich sogar größere Felder. Trotzdem wurde die „Gruppenwirkung“ auch für einzeln stehende Rei-hen angesetzt.

Erneut ergab die Nachrechnung des Ballasts seitens I.F.I. große Ungereimtheiten (siehe Tabelle 2). Der System-hersteller  (3) unterschätzte den Verschiebeballast zwischen 25 Prozent in der gelben Zone und 62 Prozent in der grauen Zone.

Ballastauslegungen selbst überprüfenDas Rechenbeispiel im vorangegangen Abschnitt verdeutlicht, dass sich die Ballastangaben mancher Montagesystemherstel-ler sehr einfach nachrechnen lassen. Das dafür nötige Mathe-matikwissen beschränkt sich auf die Grundrechenarten. Bei der großen Mehrzahl der herstellerseitigen Ballastberechnun-gen fehlen jedoch ein oder mehrere Parameter, um die Bal-lastangaben nachvollziehen zu können. In solchen Fällen soll-ten Kunden darauf bestehen, dass diese nachgeliefert werden. Im Einzelnen kann eine Ballastberechnung anhand der folgen-den Zehn-Punkte-Checkliste überprüft werden:1. Sind alle für eine Ballastberechnung benötigten Parame-

ter in der Ballastauslegung des Herstellers von Photovoltaik-Montagesystemen angegeben? Unbedingt benötigt werden die Sicherheitsbeiwerte für Windlasten und ständige Lasten (Eigengewicht), das Eigengewicht der Module und der Unter-konstruktion, die Druckbeiwerte oder Kraftbeiwerte, der Modulanstellwinkel, der Anstellwinkel der Rückwand (sofern vorhanden), der Böenstaudruck (Spitzengeschwindigkeits-

Ballast gegen AbhebenZone

Parameter Einheit gelb blau rot grauγ_q Sicherheitsbeiwert [-] 1,5 1,5 1,5 1,5γ_g Sicherheitsbeiwert [-] 0,9 0,9 0,9 0,9Eigengewicht [kg] 37,51 37,51 37,51 37,51cp,vi (Druckbeiwert) [-] - 0,5 - 0,42 - 0,35 - 0,25cp,vs (Druckbeiwert) [-] - 0,45 - 0,3 - 0,2 - 0,1Modulanstellwinkel [°] 15 15 15 15qp (Böenstaudruck) [kN/m²] 0,58 0,58 0,58 0,58Modulfäche [m²] 1,64 1,64 1,64 1,64

Von Hersteller (3) berechneter Ballast

[kg] 102,6 57,2 26,9 0

Von I.F.I. berechneter Ballast [kg] 110,8 74,9 48,3 17,1Unterschied Hersteller (3) zu I.F.I. [%] - 7,4 - 23,6 - 44,4 - 100

Tabelle 1: Ballast gegen Abheben basierend auf den Angaben des Montagesystemherstellers (3) im Vergleich zu einer Nachrechnung seitens I.F.I. (Die Zonen auf dem Dach sind in den Berechnungen des Montagesystemherstellers (3) farblich gekennzeichnet und reichen von der exponiertesten gelben Zone über die blaue und rote Zone hin zu der am wenigsten exponierten grauen Zone; hierbei liegt die gelbe Zone in den Dachecken und die graue Zone im Dachinneren.)

Das Wichtigste in KürzeAls Windlastexperte stößt Thorsten Kray häufig auf fehler-hafte Berechnungen für die Ballastierung von Flachdach-montagesystemen. In einigen Fällen ist er davon überzeugt, dass Absicht dahintersteckt. Es gibt Möglichkeiten, wie Anwender die Glaubwürdigkeit der Ballastangaben von Herstellern relativ leicht prüfen können. Dafür stellt Kray einen Zehn-Punkte-Katalog auf. Um die Herstellerangaben prüfen zu können, sind ein paar wichtige Kennwerte nötig, dazu zählen zum Beispiel Sicher-heitsbeiwerte für Windlasten und ständige Lasten, Eigen-gewicht der Module und der Unterkonstruktion, die Druck-beiwerte oder Kraftbeiwerte, der Modulanstellwinkel, der Anstellwinkel der Rückwand, der Böenstaudruck, die Modul- und Rückwandfläche sowie der Haftreibungsbeiwert.

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Ballastierung

druck qp), die Modul- und Rückwandfläche sowie der Haftrei-bungsbeiwert. Es können aber weitere Parameter relevant sein.

2. Sind Formeln zur Ballastberechnung angegeben? Hinweis: Für Abheben und Verschieben sind separate Formeln anzu-geben. Der Haftreibungsbeiwert wird nur für den Lastfall Verschieben benötigt. Auf geneigten Dächern spielt auch der Hangabtrieb eine Rolle, der sich erhöhend auf den Ver-schiebeballast auswirkt.

3. Sind die Sicherheitsbeiwerte für Windlasten und stän-dige Lasten normkonform gewählt? Nach DIN EN 1990/NA:2010-12 sollte die Sicherheit für Windlasten 1,5 betra-gen. Die Sicherheit für ständige Lasten wird in der Regel zu 0,9 oder 1,0 gewählt. In Deutschland sind in der Praxis beide Varianten gängig. Im Ausland wird allerdings fast immer mit einem Wert von 0,9 gearbeitet.

4. Woher stammen die gewählten Druck- oder Kraftbeiwerte? Bei sogenannten aerodynamischen Montagesystemen gehen diese auf Windkanaluntersuchungen nach dem Merkblatt der Windtechnologischen Gesellschaft (WtG) zurück. Falls kein entsprechendes Windgutachten vorliegt, sind Druck-beiwerte nach DIN EN 1991-1-4:2010-12 und DIN EN 1991-1-4/NA:2010-12 zu wählen. Diese Druckbeiwerte sind jedoch so hoch, dass der errechnete Ballast fast immer die vorhan-dene Tragfähigkeit des Daches übersteigt.

5. Für welchen Systemverbund, im Fachjargon auch als „Lasteinflussfläche“ bezeichnet, wurden die Druck- oder Kraftbeiwerte ermittelt? Für den Lastfall Abheben können nur kleine Lasteinflussflächen angesetzt werden, die selten mehr als 15 Module beinhalten. Bei dem Lastfall Verschie-ben kann dagegen häufig die gesamte Photovoltaik-Feld-größe angesetzt werden, sofern horizontale Kräfte über einen Schienenverbund großflächig im Feld übertragen wer-den können. Systeme mit Click-Verbindungen weisen aller-dings häufig nur sehr geringe Steifigkeiten aus, die sogar dazu führen können, dass Module keine Lasten mit ihren Nachbarmodulen teilen und damit quasi als alleinstehend betrachtet werden müssen.

6. Falls ein Windkanalversuch vorliegt: Wurden die Untersu-chungen und Auswertungen nach dem Merkblatt der Wind-technologischen Gesellschaft (WtG) durchgeführt? Dieser Punkt ist für Laien nicht ganz einfach zu prüfen. Man kann aber explizit darauf achten, ob die atmosphärische Grenz-schicht im Windkanal modelliert wurde. Auch ein verklei-nertes Gebäudemodell, typischerweise im Maßstab 1 : 40 bis 1 : 100, sollte Bestandteil der Windkanaluntersuchungen gewesen sein. Das Bild oben zeigt ein typisches Gebäudemo-dell mit Photovoltaikanlage im großen I.F.I.-Grenzschicht-windkanal. Im Bild ist das modellierte Photovoltaikfeld ver-größert dargestellt.

7. Windkanaluntersuchungen in Automobilwindkanälen ohne Turbulenz sind unzulässig. Genauso sind Windkanalunter-suchungen an originalgroßen Photovoltaikmodulen ungeeig-net, da selbst in Windkanälen mit großen Querschnitten nur sehr kleine Felder ohne Gebäude untersucht werden können. Auch die Verwendung von Ergebnissen numerischer Strö-mungssimulationen (englisch: CFD = Computational Fluid Dynamics) ist nach dem Merkblatt der WtG unzulässig.

8. Wurde der Böenstaudruck qp, der nach DIN EN 1991-1-4 auch als Spitzengeschwindigkeitsdruck bezeichnet wird, korrekt ermittelt? Ein in der Praxis häufig anzutreffender Fall ist, dass die Geländekategorie III für städtische Bebau-ung angesetzt wird, obwohl normativ eine Anströmung über freie Felder mit wenigen Hindernissen entsprechend Geländekategorie II anzusetzen wäre. Der Ansatz einer zu günstigen Geländekategorie führt zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Lasten von etwa zehn Prozent. Des Weite-ren muss geprüft werden, ob die angesetzte Windzone und die angesetzte Dachhöhe (inklusive Attika) korrekt gewählt wurden. Auch Topographie kann eine Rolle spielen. Wel-ches Wiederkehrintervall liegt dem berechneten Böenstau-druck qp zugrunde? Photovoltaikanlagen werden häufig für Lebensdauern von ungefähr 25 Jahren errichtet.

9. Wurde ein sinnvoller Ansatz für den Haftreibungsbeiwert getroffen? Auf Bitumen-Dachbahnen ist häufig ein Wert von 0,5 realistisch. Auf Foliendächern sind aber in der Regel niedrigere Werte von 0,3 oder 0,4 anzutreffen. Lediglich bei speziellen Reibkombinationen sind Haftreibungsbeiwerte größer als 0,6 gerechtfertigt. Idealerweise sollte der jeweilige Systemhersteller die Reibkombination seiner Unterkonst-ruktion samt Bautenschutzmatten und der Dachbahn unter Laborbedingungen im trockenen und nassen Zustand getes-tet haben.

10. Bestehen nach der Überprüfung der Punkte 1 bis 9 weiterhin Zweifel an der Richtigkeit einer Ballastberechnung, sollte ein spezialisierter Windingenieur zurate gezogen werden.

Ballast gegen VerschiebenZone

Parameter Einheit gelb blau rot grauγ_q Sicherheitsbeiwert [-] 1,5 1,5 1,5 1,5γ_g Sicherheitsbeiwert [-] 0,9 0,9 0,9 0,9Eigengewicht [kg] 37,51 37,51 37,51 37,51ca,dyn (Kraftbeiwert) [-] - 0,28 - 0,22 - 0,18 - 0,13cw,dyn (Kraftbeiwert) [-] 0,021 0,02 0,02 0,02Modulanstellwinkel [°] 15 15 15 15qp (Böenstaudruck) [kN/m²] 0,58 0,58 0,58 0,58Modulfäche [m²] 1,65 1,65 1,65 1,65Reibbeiwert [-] 0,51 0,51 0,51 0,51

Von Hersteller (3) berechneter Ballast

[kg] 50,2 32,4 20,9 6,6

Von I.F.I. berechneter Ballast [kg] 66,9 46,8 33,8 17,5Unterschied Hersteller (3) zu I.F.I. [%] - 25 - 30,7 - 38,1 - 62,3

Tabelle 2: Ballast gegen Verschieben basierend auf den Angaben des Montagesystemherstellers (3) im Vergleich zu einer Nachrechnung seitens I.F.I. (Zur Erklärung der Zonen siehe Tabelle 1.)

Der Autor

Thorsten Kray leitet seit dem Jahr 2010 die Abteilung für Aerodynamik und Pho-tovoltaik-Windlasten des I.F.I. Institut für Industrieaerodynamik in Aachen. Er berät heute schwerpunktmäßig Hersteller von Photovoltaik-Montagesystemen hinsicht-lich aerodynamischer Fragestellungen. Kontakt: [email protected]

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Ballastierung

Peter Grass wollte es ganz genau wissen. Besser, der Geschäfts-führer des Montagesystemherstellers PMT wollte einem Bau-herrn gegenüber begründen, dass nicht nur er mit mehr Ballast planen würde als ein Mitbewerber. Dieser hat auf dem zweistö-ckigen Industriegebäude eine Photovoltaikanlage errichtet, die nur mit 2,98 Kilogramm Ballast pro Quadratmeter festgehal-ten wird. Dem Bauherrn kamen nach einem Jahr Betrieb und leichten Verschiebungen der Anlage auf dem Dach Zweifel, ob das genug ist, und er hat PMT mit einer zweiten Planung beauf-tragt. „Wir kommen auf 12,48 Kilogramm“, sagt Grass.

Er ließ daraufhin über Partnerfirmen Auslegungen bei anderen Anbietern anfragen. Das Ergebnis hat es in sich. Eine Gruppe Anbieter rechnet mit ähnlich viel Ballast wie PMT, eine andere Gruppe mit einem Fünftel bis zu einem Zwanzigs-tel desselben.

Es stellt sich die Frage: Liegt es daran, dass die Systeme so unterschiedlich aufgebaut sind? Also daran, dass die wenig bal-lastierten Systeme auch mit weniger Gewicht auf dem Dach halten? Oder liegt es daran, dass es einen grundsätzlichen Unterschied in der Berechnung des notwendigen Ballasts gibt, und wenn ja, ist dieser ein diskussionswürdiger Ansatz oder schlicht ein Fehler?

pv magazine: Was sieht man in Grafik 2?

Peter Grass: Wir sehen in dem Ballastvergleich einen ther-misch vom Rest des Modulfeldes getrennten Block mit drei Doppelmodulen längs und sechs Doppelmodulen in Quer-richtung. Wir von PMT kommen auf eine Eckbereichsballas-tierung von 90 Kilogramm in allen vier Ecken und auf nach

innen geringer werdende Ballastwerte mit dem geringsten Innenbereichsballast von 21 Kilogramm. Mitbewerber A und B haben die gleiche Systematik. Bei Mitbewerber D sehen wir einen ähnlichen Ansatz, aber mit deutlich weniger Ballast. Bei drei Mitbewerbern haben wir nicht nur deutlich weniger Bal-last im Eckbereich, sondern auch ein abweichendes Schema. Sie verteilen den Ballast ringförmig über das gesamte Modul-feld und nicht ringförmig über den in der Grafik betrachteten Ausschnitt. Mitbewerber F betrachtet sogar das gesamte Dach als einen großen Einflussflächenblock und hält es nur bei den ersten zehn Modulen, die nahe am Rand des Dachs liegen, für nötig, sie überhaupt mit Zusatzgewicht zu belegen.

Warum führen die unterschiedlichen Annahmen zum Ein-flussflächenblock zu unterschiedlichen Ballastierungen?

Der Ballast für die Lagesicherung ist vom statischen Ver-bund der Module untereinander abhängig. Das nennt man die Lasteinflussfläche. Aerodynamische Systeme funktionieren, weil eine lokale Böe, die auf eine Ecke anströmt, nicht gleich-zeitig überall sein kann. Das potenzielle Abheben eines ein-zelnen Moduls wird dadurch begrenzt, dass es eine gegensei-tige mechanische Verbindung innerhalb der Blöcke gibt. Die nicht durch die Böe aktivierten Module wirken durch die sta-tische Steifheit des Systems der Bewegung der Böe entgegen. Das heißt aber auch, dass nur mechanisch ausreichend steif verbundene Module helfen, Böen zu widerstehen. Wenn ich fälschlich das ganze Dach als einen großen Block betrachte, obwohl die Modulfläche mechanisch voneinander getrennte Blöcke enthält, kommen natürlich unglaublich niedrige Werte

Die Steifigkeit ist entscheidendBallastvergleich: Peter Grass, Geschäftsführer von PMT, hat verschiedene Unternehmen den Ballast für die gleiche Dachanlage ausrechnen lassen. Das Ergeb-nis lässt staunen, so unterschiedlich sind die Gewichte, mit denen die Module auf dem Dach gehalten werden sollen.

Peter Grass.

Foto: PMT

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Ballastierung

für die Ballastierung heraus. Dies gilt besonders für den Last-fall 1 „Abheben“, aber auch für den Lastfall 2 „Verschieben mit abhebenden Lasten“. Diese falsche Herangehensweise zeigt sich dann auch bei dem für das gesamte Projekt benötigten sehr niedrigen Gesamtballast (siehe Tabelle). Wir benötigen zum Beispiel für diese Gesamtanordnung 32 Tonnen, der Mitbe-werber A 25 Tonnen, der Mitbewerber B 35 Tonnen und die von mir beschriebenen Mitbewerber C, D, E und F 7 Tonnen, 2,8 Tonnen, 1,4 und 1,7 Tonnen. Sinnvolle Ballastwerte werden hier teilweise mehr als 20-fach unterschritten. Diese niedrige Ballastierung wird Böen, die auftreten können und in der Anla-gennutzungszeit auftreten werden, nicht standhalten. Das Sys-tem wird sich durch nur mäßigen Wind verschieben und beim nächsten nennenswerten Sturm abheben!

Wenn es unterschiedliche Einflusssphärenzonen gibt, kann es sein, dass die Systeme verschieden aufgebaut wurden und die unterschiedlichen Annahmen somit gerechtfertigt sind?

Am Schluss unterliegen alle Systeme der Aerodynamik und der Physik. Das ist ja keine Raketenwissenschaft. Was charak-terisiert ein aerodynamisches System? Es ist die Neigung des Moduls, aus der sich die Gesamthöhe ergibt, es ist der Drauf-spalt, der sich zwischen Dachhaut und Unterkante Modul ein-stellt, es ist der Firstspalt, der sich bei einem Ost-West-System zwischen den Moduloberseiten einstellt, und es ist das Sprung-maß, das ist das Maß zwischen Ost-West-Anordnung zu Ost-West-Anordnung. Wenn diese Maße relativ nahe beieinan-

derliegen, sollte die Ballastierung ähnlich sein, solange auch die Haftreibungsbeiwerte, Windzone, Geländekategorie, Wie-derkehrintervalle, Zuverlässigkeitsklasse und Sicherheitsbei-werte nach Eurocode gleich oder ähnlich angenommen wer-den. Dies sollte bei den betrachteten Systemen aber der Fall sein. Da auch Faktoren wie Systemgewicht und Modulgewicht keine maßgeblichen Unterschiede aufzeigen, bleiben nur zwei Faktoren. Entweder komplett falsche, veraltete oder nicht der WtG-Richtlinie entsprechende Windkanalversuche oder fal-sche oder schlicht fehlende Bewertungen der Lasteinflussflä-chen und die daraus resultierende falsche Interpretation der Windkanalergebnisse.

Und wie lassen sich diese Lasteinflussflächen für ein System abschätzen?

Dabei ist eine Vielzahl von Einflüssen zu betrachten: Wie steif ist das System bei Verschieben des Verbundes in die Modulrich-tung oder gegen die Modulrichtung? Wie lastübertragend ist die Eckausbildung gegen Abheben? Wie verhält sich das System bei Aktivierung im Randbereich? Was passiert mit dem Ver-bund im Innenbereich unter Last und wie groß ist die aktivierte Fläche dann und so weiter? Die Ermittlung des maximalen Sys-temverbundes, also der Lasteinflussfläche für alle Einzelberei-che eines Systems, kann rechnerisch mit validierenden Versu-chen oder eben gleich über Versuche erfolgen.

Das heißt, Sie haben untersucht, wie groß Sie eine Einheit annehmen können?

Ja, das muss man zusätzlich zu dem Windkanalversuch tun. Wir haben ein System in Ost-West- und auch Südausrichtung in maximaler Größe aufgebaut, mit Modulen, Ballaststeinen und allem Drum und Dran – praxisgerecht eben. Nun wurde dieser Verbund mittels Saugnäpfen, Zugwaage und Hebezeug auf den Moduloberflächen belastet und zum Beispiel an einer Ecke angehoben, um Windeinfluss zu simulieren. Dabei hebt sich auch die zweite, dritte und vierte Reihe und deren Nach-barmodule mit an. Die Reihen hängen dabei wie ein Seil im Gesamtverband und man kann die Aktivierungsflächen defi-nieren und erkennt die Versagenspunkte. Bei den zuvor getä-tigten Bauteilverbundprüfungen im Labor kommt zum Beispiel heraus, dass unsere Mittelklemme erst bei rund 600  Kilo-gramm Belastung abreißt. Die Klemme schert aber im Groß-versuch bei Querbelastung und durch die Hebelwirkung des Moduls schon bei 120 bis 130 Kilogramm Belastung auf das Modul ab. Im Feldversuch kommt über die Anhebung der Ecke oder bei Verschiebeversuchen mit Gegenlager heraus, dass Ein-zelteile früher als gedacht versagen oder sich anders verhalten als gedacht. Nur wenn man solche Versuche macht, kennt man die Systemgrenzen und die anzusetzenden Lasteinflussflächen und kann die Windkanalversuche richtig interpretieren und daraus Praxisballastpläne entwickeln.

Das heißt, nur weil man ein Aerodynamikinstitut konsul-tiert hat und das einen Stempel unter die Berechnung setzt, bedeutet das nicht, dass die Ballastierung richtig ist?

Grafik 1: Der Detailvergleich, wie unterschiedlich Firmen Modulfel-der ballastieren, bezieht sich auf den rot umrandeten Ausschnitt des Modulfeldes mit 18 Modulen. Das Gebäude ist 14 Meter hoch und hat eine Dachneigung von zwei Grad. Darauf wurde eine Ost-West-Anlage mit insgesamt 1.440 Modulen und 381,60 Kilowattpeak Leistung instal-liert. Den Firmen wurde das Layout vorgegeben.

Quelle: PMT

Grafiken: pv magazine/Harald Schütt

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Ballastierung

∑ = 1005 kg ∑ = 812 kg ∑ = 1050 kg ∑ = 107 kg ∑ = 160 kg ∑ = 60 kg ∑ = 7 kg

Premium Mounting Technologies A B C D E F

Ballast auf Doppelmodul / kg 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150

Quell

e: PM

T

Genau. Zuerst muss natürlich das richtige Windkanalinsti-tut beauftragt werden. Die Untersuchung, Messung und Aus-wertung hat nach WtG-Richtlinie und Eurocode in einem Grenzschichtwindkanal zu erfolgen. Hierbei untersucht das Institut an einem 1 : 40-Modell und Dach mit Messsonden die Anströmung aus allen Richtungen mit unterschiedlichen Anströmungsoberflächen. Aus den gewonnenen Daten wer-den Kraftbeiwerte für das System ermittelt. Diese sind aber in Abhängigkeit des Böenstaudrucks vor Ort, der Feld- und Dachzone und natürlich der Lasteinflussfläche in Ballast zu übertragen.

Das heißt, die Steifigkeit untersucht der Windkanalgutach-ter gar nicht?

Nein, das kann und soll eine solche Untersuchung gar nicht leisten. Die Untersuchung der Lasteinflussflächen ist normativ auch nicht geregelt, es gibt also keine Vorgabe, wie die Unter-suchung auszusehen hat oder die gewonnenen Ergebnisse zu interpretieren oder zu beurteilen sind. Hier wäre meines Erach-tens das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) gefordert. Aber diesbezüglichen Vorschlägen unsererseits im Rahmen unserer bauaufsichtlichen Zulassung wurde bisher eine Absage erteilt. Das DIBt sieht seine Aufgabe im Bereich aerodynami-scher Flachdachsysteme nur im Nachweis der einzelnen Ver-

bindungen im System. Die für den Einsatz als Gesamtprodukt aber essentiell wichtige Funktionsweise des Bauproduktver-bundes und damit die tatsächliche Praxisanwendung sei nicht sein Zuständigkeitsbereich. Hier wird leider die Chance ver-passt, eine einheitliche Vorgehensweise aller im Markt zu schaffen und eine große Lücke zu schließen.

Halten Sie es für möglich, dass die Systeme, bei denen höhere Lasteinflussflächen angenommen wurden, einfach steifer sind?

In dem Praxisbeispiel wurde ja die Ballastierung für einen Anlagenteilbereich verglichen, bei dem der betrachtete Bereich vom Rest der Anlage thermisch getrennt ist. Die Möglichkeit, dass die Lasteinflussfläche über diesen kleinen Teilbereich hin-ausgehen könnte, gibt es gar nicht. Und wenn man den Mate-rialeinsatz der nahezu ballastfreien Systeme aus Kunststoff, Aluminiumleichtbauprofilen und dünnwandigem Stahl im Vergleich zu den höher ballastierten Systemen ansieht, halte ich eine höhere Systemsteifigkeit und damit gerechtfertigt geringe-ren Ballast für ausgeschlossen. Den Beweis des Gegenteils sollte man von den Herstellerfirmen solcher Systeme einfordern. Es obliegt dem Kunden, die Glaubwürdigkeit zu bewerten und danach eine Kaufentscheidung zu treffen. Das Gespräch führte Michael Fuhs.

Planungsdaten PMT 1 System A System B System C System D System E System F PMT 2 PMT 3

Wiederkehrintervall/Jahre 50 50 50 50 50 25 50 50 25

Geländekategorie III III II III III III III II II

Gesamtballast (kg) 32.070 25.914 35.557 7.760 3.816 1.425 1.771 45.795 39.285

Systemgewicht inkl. Module (kg) 32.901 29.269 31.577 31.377 31.137 33.174 29.947 32.927 32.707

Last auf Dachfläche pro Fläche (kg/m2)

12,56 10,68 12,46 7,57 6,76 6,69 6,14 15,32 13,94

Eckbereichsballast (kg) 90,0 94,5 132,0 11,1 24,0 7,5 7,0 127,5 120,0

Die Daten zu den Ballastwerten, die verschiedene Unternehmen für die gleiche Anlage berechnet haben. PMT 1: die Planung, die dem System D entspricht, für das sich der Bauherr zunächst entschieden hat. Eigentlich müsste das System für die Geländekategorie II ausgelegt werden, sagt Peter Grass. Daher hat er die Auslegung in Spalte PMT 2 für diese Geländekategorie wiederholt. Es ist unter bestimmten Bedingungen möglich, Systeme für geringere Windlast auszulegen, die einem Windereignis entspricht, das nicht einmal in 50 Jahren, sondern einmal in 25 Jahren statt-findet. Bei Systemen C bis F kommen die Anbieter auf deutlich weniger Ballast.

Grafik 2: Das in Grafik 1 rot umrandete Modulfeld im Detailvergleich. PMT hat zur besseren Vergleichbarkeit aus den von den Firmen berechneten Werten für den Bereich eine Verteilung der Gewichte pro Doppelmodul in Kilogramm errechnet. Darunter ist der Ballast in Summe für diesen Block angegeben.

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