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L KXIV 5 57 Heft 3 J Deutsche Ornithologische Gesellschaft. AIIgemeine Sitzung im November 1925. Verhandelt Berlin, Montag, den 2. November, abends 8 Ohr im Aquarium des Zoologischen Gartens. Anwesend die l~erren: yon Lucanus, Ohnesorgo, Steinmetz, Sohalow, Frei- herr von Berlepseh, Heck sen., Neumann, Kranz, G. Schulz, yon Stralondorff~ Sievert, yon Cramon, Meifsel, Arndt, Wolf, Sehiermann, Steinbaoher, Ffillhaase, Spannagel, Munkwitz, ~Iayr, Kattinger, Haua, Spatz, Gottschlag, BShme, Stresemann, sowie Friiulein Beele; ferner 9 Giiste. Vorsitzender: Herr v. LucAsvs, Schriftftlbrer : Herr OZNESOX~(~r: Herr yon LucA~us legte das Buch yon BE~GT-BEI~a: Mein Freund, der Regenpfeifer vor und hob bei der Bespreehung unter anderem die Beobaehtung des Verfassers hervor, dal's nut das Miinnchen des Mornellregenpfeifers briitet, und dais die VSgel aufserordentlich zutrkulich sind, so dafs es BE~OT-BERa gelang, sogar einen briitenden Vogel in die Hand zu nehmen, we er ruhig welter bratete. H e r r SCHALOW wies darauf bin, dafs es schon frfiher gelungen sei, zahme VSgel (z. B. Zeisige, Stieglitze) dahin zu bringen, dais sie in der Hand brtiteten. Herr STRESEMAN~ besprach an neu eingegangenen Schriften die Festgabe der siichsischen Ornithologen und des ¥ereins schlesischer Ornithologen zur Feier des 75jiihrigen Bestehens der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Herr E. MAyR hielt seinen angektindigten Vortrag fiber ,,die Ausbreitung des Girlitz", der ausfiihrlieh im Journal fiir Ornithologie erscheinen soil. Bei der hussprache bezweifelte Herr vo~ Luc~NUS aus bio- logisehen Griinden, dafs der wilde Kanarienvogel und tier Girlitz demselben Formenkreis angehSrten. Er ffihrte ferner aus, dafs bei der Frage, warum ein Vogel sein Gebiet ausbreite, nicht so sehr iiufsere Ursachen, als der jedem Tier innewohnende Trieb nach Ausdehnung seines Gebietes mafsgebend seien. Herr STar~SE~N~ wies demgegenfiber auf die Bedeutung tier Meeresstrafsen als Ausbreitungshindernis for viele VSgel hin, insbesondere des Aermelkanals, tier eine Anzahl yon SingvSgeln verhindert, nach England zu gelangen, er hob ferner hervor, dais AngehSrige eines Formenkreises sich in ihrer Stimme erheb- lich unterscheiden kSnnten, wie dies bei dem Weidenlaubsiinger der siidlichen iberischen Halbinsel und bei unserem Weidenlaub- siinger tier Fall sei, und dafs der wilde Kanarien'~ogel aus zoogeographischen Erwiigungen als lange isolierter AngehSriger des Formenkreises der Girlitze zu betraehten sei. Herr ScnuLz hat den wilden Kanarienvogel gehiirt und seine Stimme als girlitz- ~ihnlich empfunden. Ohnetorge.

Deutsche Ornithologische Gesellschaft

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Page 1: Deutsche Ornithologische Gesellschaft

L KXIV 5 5 7 Heft 3 J

Deutsche Ornithologische Gesellschaft.

AIIgemeine Sitzung im November 1925.

Verhandelt Berlin, Montag, den 2. November, abends 8 Ohr im Aquarium des Zoologischen Gartens.

Anwesend die l~erren: yon Lucanus, Ohnesorgo, Steinmetz, Sohalow, Frei- herr von Berlepseh, Heck sen., Neumann, Kranz, G. Schulz, yon Stralondorff~ Sievert, yon Cramon, Meifsel, Arndt, Wolf, Sehiermann, Steinbaoher, Ffillhaase, Spannagel, Munkwitz, ~Iayr, Kattinger, Haua, Spatz, Gottschlag, BShme, Stresemann, sowie Friiulein Beele; ferner 9 Giiste.

Vorsitzender: Herr v. LucAsvs, Schriftftlbrer : Herr OZNESOX~(~r:

Herr yon LucA~us legte das Buch yon BE~GT-BEI~a: Mein Freund, der Regenpfeifer vor und hob bei der Bespreehung unter anderem die Beobaehtung des Verfassers hervor, dal's nut das Miinnchen des Mornellregenpfeifers briitet, und dais die VSgel aufserordentlich zutrkulich sind, so dafs es BE~OT-BERa gelang, sogar einen briitenden Vogel in die Hand zu nehmen, we er ruhig welter bratete. Herr SCHALOW wies darauf bin, dafs es schon frfiher gelungen sei, zahme VSgel (z. B. Zeisige, Stieglitze) dahin zu bringen, dais sie in der Hand brtiteten.

Herr STRESEMAN~ besprach an neu eingegangenen Schriften die Festgabe der siichsischen Ornithologen und des ¥ereins schlesischer Ornithologen zur Feier des 75jiihrigen Bestehens der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft.

Herr E. MAyR hielt seinen angektindigten Vortrag fiber ,,die A u s b r e i t u n g des G i r l i t z " , der ausfiihrlieh im Journal fiir Ornithologie erscheinen soil.

Bei der hussprache bezweifelte Herr vo~ Luc~NUS aus bio- logisehen Griinden, dafs der wilde Kanarienvogel und tier Girlitz demselben Formenkreis angehSrten. Er ffihrte ferner aus, dafs bei der Frage, warum ein Vogel sein Gebiet ausbreite, nicht so sehr iiufsere Ursachen, als der jedem Tier innewohnende Trieb nach Ausdehnung seines Gebietes mafsgebend seien.

Herr STar~SE~N~ wies demgegenfiber auf die Bedeutung tier Meeresstrafsen als Ausbreitungshindernis for viele VSgel hin, insbesondere des Aermelkanals, tier eine Anzahl yon SingvSgeln verhindert, nach England zu gelangen, er hob ferner hervor, dais AngehSrige eines Formenkreises sich in ihrer Stimme erheb- lich unterscheiden kSnnten, wie dies bei dem Weidenlaubsiinger der siidlichen iberischen Halbinsel und bei unserem Weidenlaub- siinger tier Fall sei, und dafs der wilde Kanarien'~ogel aus zoogeographischen Erwiigungen als lange isolierter AngehSriger des Formenkreises der Girlitze zu betraehten sei. Herr ScnuLz hat den wilden Kanarienvogel gehiirt und seine Stimme als girlitz- ~ihnlich empfunden. Ohnetorge.

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/ . l . f .o. 558 Fachsitzung im November 1925. L I926

Fachsitzung im November 1925.

Verbandelt Berlin, Montag den 9. November, abends 8 Uhr im Aqt~arium des Zoologischen Gartens.

Anwesencl die Herren: v. Lucanus, Stresemann, Steinmetz sen.~ Schuster, v. Stralendorff, Strehlke, Brafs, Hauchecorne, yon Roy, Spatz~ Steinbacher, Mayr, Kattinger, Rensch, G~rnitz, Deiohler, Fiillhaase, Sauerbrei, G. Schulz, Haun, v. Berlepsch, sowie die Damon: Spannagel, Bgele, Schwarz.

Vorsitzender : Herr v. L~JcAi~cs, Schriftffihrer: Herr STEINBACHER.

Herr STRESE~ANN legt die neue Literatur vor and zeigt aufser- dem die Erstausgaben zweier yon ihm kfirzlich im J. f. O. 1925, p. 594 ft. besprochener Werke: v. G0Cn~AVSENS Notabilia ven/~toris yon 1710 und des Freiherrn vo~ PnaNAV Unterricht usw. yon 1702.

Herr v. LvcANvs spricht fiber die Zucht yon Wel[ensittichen, besonders fiber die yon Franzosen und Belgiern betriebene Zucht blauer Sittiche. Diese haben sich bisher nicht fortgepfianzt, sondern mfissen jedesmal wieder yon sogenannten blaublfitigen Eitern erzeugt werden. Einem deutschen Zfichter soU es nun gelungen sein, yon einem kobaltblauen Pa~r eine ganze Brat ebenso ge- fiirbter Jungen zu erhalten. Herr REi~scra h~tlt des umso eher ffir mSglich, als nur der Gelbfaktor fortgezfichtet zu werden braucht. Die Tiere sind auf jeden Fall degeneriert, sollten abet im Haushalt des Menschen genau so ziichtbar sein wie die meisten Rassen anderer Haustiere.

Herr v. Lvc~I~cs legt eine vor l~ngerer Zeit erschienene Schrift yon Lees: der Uhu in BShmen, vor und ftibrt eine hus- sprache darfiber herbei, aus welchen Ursachen, abgesehen yon Abschufs und Nestraub, des Yerschwinden des Uhus za erkl~iren sei. Herr SCnUSTEr~ weist darauf hin, dais faule Eier bei Eulen und Weihen besonders h{iufig sind. Herr HAVCn~:COR~E hat Nachricht, dais der Uhu in Wfirttemberg wohl auch schon ver- schwundeu ist, und ffigt noch hinzu, dafs Eulen die Nistgeschwister, so ziemlich regelmiifsig des jfingste, auffressen. Herr MA~R ffigt hinzu, dais in tier Siichsisehen Sehweiz 1906 der letzte Uhu ge- tStet worden ist; erst 1925 sind wieder judge Uhus in der Niihe der Grenze beobachtet worden. Die Meinung, dais in der Ge- fangenschaft gehaltene Uhus daran eingehen, dais ihnen auf der Hfittenjagd erlegte VSgel und damit des darinsteckende Scbrot verfiittert werde, weist Herr v. BEI~LEPSCn zuriick. Seine Uhus haben bei solcher Ffitterung ein Alter his zu 34 Jahren erlebt; die gefaDgenen Uhus kamen aber durch Ueberfiitterung oft zn schnellem Ende.

Dann berichtet Herr ST~NBAC~Et~ fiber RIVlZRES hrbeit in British Birds 1923: Homing pigeons and pigeon-races, wozu Herr v. LvcA~tTs bemerkt, dafs die veto Verfasser fiber Zucht und Leistungen tier Brieftauben gemachten Angaben sich auch ~hnlich in der deutschen Literatur finden.

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LXXIV 1 Heft 3 j Fachsitzung im November 1925. 559

Herr I~ENSCR iibergibt die Glfickwunschadresse der finnischen Ornithologen zur 75-Jahrfeier der Geselischaft und ]egt weitere Literatur vor.

Herr STRESEMAN~ legt in drei B~ilgen (0 ~, Q, iuv.) den wunder- vollen weifsen 5tar Leucopsar rothschildi Stres. vor, welcher 1925 dutch Baran VICTOR VoN PLESSEN erneut auf Bali aufgefunden wurde und demonstriert in diesem Zusammenhang einige weitere Stararten des Indo-malayischen Gebietes yon isolierter Stellung: Goodfellowia miranda, Ampeliceps coronatus, .E~wdes erythrophrys~ ~cissirostrum dubium usw.

lm Anschlufs daran weist Herr K.~TTIN~ER auf die MSglichkeit hin, einige andere abseits stehende Gattungen mit den Staten in Beziehung zu setzen. Durch Vermittlung yon lParamythia lfifst sich eine Verbindung zu Bombycilla herstellen, wenn man die nordamerikanischen Gattungen Phainoptila, :Phainopepla, _Ptilo- gonys und Myiadestes mit heranzieht. Sie bilden nach der Hand- schwingenzahl und nach der Laufbeschilderung einen Uebergang zwischen tJaramyl]~ia und l~ombycilla. Er gibt v~eiter tier Ver- mutung husdruck, dafs die Zosteropiden mit den Mniotiltiden verwandt sein kSnnten. Als Erg~inzu~g zu dem Vortrag von Herrn MAYR in der letzten allgemeinen Sitzung tr~tgt er noch nach, dafs Serinus pusillus nach GefiedertSnung und Kopff~trbung mit der englischen Zuchtrasse der Lizards unter den Kanarien tibereinstimme, wodurch wohl auch seine Verwandtschaft zu ca~aria ausgedriickt sei. F. atelnba©her.

AIIgemeine Sitzung im Dezember 1925. Verhandelt Berlin, Montag, 7. Dezember, abends 8 Uhr im

Aquarium des Zoologischen Gartens. Anwesend die Herren: Heiuroth, v. Lueanus~ Stresemann, Ohnesorge,

v. Stralendorff, Beckel~ Wolf, Kranz~ Rensch~ Wegener~ Sellien, NSller~ Arndt~ Fiillhaase, Steinbacher~ Spannage]~ Schwarz, v. Boxberger~ Schuster, Schiermann, Eisentraut, Brafs, sowie die Damen: Beele~ Heinroth, v. Bruchhausen~ Riihl; ferner 6 Gtiste.

Vorsitzender: Herr v. LUCANUS, Schriftftihrer: Herr 0n~ESOR~E. Herr NOLLEa hielt einen Vortrag ,,U n t e r s u c h u n g e n t i b e r

K r ~ h e n k r a n k h e i t e u in R o s s i t t e n " , der im Jourual f(ir Ornithologie gedruckt werden sell. Ohnesorge.

AIIgemeine Sitzung im Januar 1926, Verhandelt Berlin, Montag, den 4. Januar, abends 8 Ohr im

Aquarium des Zoologischen Gartens. Anwesend die Herren: Heinroth, yon Lucanus~ Ohnesorge~ Stresemann,

Heck sen., yon Riesenthal, Renseh, Lutz Hock, Ahrens~ Kranz, Mell, Preufs, Hilzheimer, Georg Schulz, yon Boxberger, Schuster, Grote, Beekel, Wegener, Steinbaeher, Ffillhaase, Gottschlag, Haun, Spatz, Brafs~ SehSniehen, NSller, yon Roy, Olasewald, Brfi~ing, Klietz, Neumann, und die Damon: Hoinroth, von Bruchhausen und BooIo~ sowie 14 Giiste.

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[ J'. f.O. 560 Allgemeine Sitzung im ~'anuar 1926. L 1926

Vorsitzender: Herr vo~ LveA~vs, Schriftffihrer: Herr OS~ESO~. Zu Ehren des verstorbenen Herrn Professor H~RMA~ SCnALOW

fand eine G e d i ~ c h t n i s f e i e r statt. Die Herren yon Lvc.~us, S~RESEMA~ und HXI~ROTH gedachten in warmen Worten des Toten, wtirdigten seine Verdienste um die ornithologische Wissenschaft wie um die Deutsche Ornithologische Geseilschaft, der er seine kostbare und reichhaltige Bibliothek ornithologischer Werke und 8chriften vermacht hat, und fcierten die vornehme und liebenswtirdige PersSnlichkeit des Verstorbenen, der nicht nur ein feines Verst~ndnis fiir seine Lieblingswissenschaft, sondern auch ftir deren fiihrende PersSnlichkeiten besafs. 0hao,r~o.

Fachsitzung im Januar t926.

Verhandelt Berlin, Montag, 11. Januar, abends 8 Uhr im Aquarium des Zoologischen Gartens.

hawesend die Herren: tteinroth~ Stresemann~ 0hnesorg% Briining, NSller~ v. Roy, Klietz, Nyncke, Sehulz, Haun, Kranz, Skopnik, Glasowald, Neunzig~ Steinbaeher, Fiillhaase, Steinkopf, Meifsel, Mayr Kattinger, Rensch, Brafs, sowie die Damen: Riihl, Chodziesnor, Beele, Spannagel, Hoinroth.

Vorsitzender: Herr tt~Im~0TH, Schrift[ilhrer: Herr On~so~o~. Herr STR~:SEMA~ legte eine grSfsere Reihe yon Copsychus-

B/tlgen aus dem Sihanaka-Wald (NO Madagaskar) vor, in we[cher alle Ueberg~tnge yon der schwarzb/~uchigen Phase (albospecularis) zur weifsbiiuchigen Phase (pica) vertreten waren. Er legte sodann die neu eingegangene Literatur vor und gab eine Mitteilung Dr. H~RTE~S bekannt des Inhalts, dafs k e i n e Ciconia ciconia yon BoYD ALeXAnDeR in Westafrika gesammelt wurde und dafs die Behauptung dieses Forschers (J. f. O. 1925 pp. 8, 334) veto Brtiten des Weifsen Storches an der Goldkfiste s. E. ohne Zweifel auf einem Beobachtungsfehler beruhe; dort brtite Abdimia abdimii und Dissoura microsceli% der yon unten gesehen es vielleicht war, den AL~XA~DEa ffir Cico~ia ciconia hielt. Herr BR0~IN~ be- sprach dann die Zusammensetzung eines in neuester Zeit stark angepriesenen ,,Allheilmittels" ffir StubenvSgel, des Venecin, dessen chemische Analyse eine Zusammensetzung aus Calciumsulphat, schwefiiger S~ure und Spuren von Eisen ergab. Es sei im wesentlichen Gipswasser, das zwar nicht sch~tdlich, aber auch schwerlich ntitzlich sei. Sodar.n gab Herr STEINB&CHER auf Grund des Studiums russischer Quellen eine Darstellung des Lebens des russischen Ornithologen S~RUDNY und eine Wih'digung seiner Werke. Ohnesorge.

hloemeine Sitzuno im Februar 1926. Verhandelt Berlin, Montag den 1. Februar, abends 8 Uhr

im Aquarium des Zoologischen Gartens. Anwesend die Herren: Heinroth~ Stresemann~ v, Lucanu% Berger, Neumann,

Steiubaeher, Most, Ludwig Heck, Lutz Hock, Kiihn% Preuf% v. Riesentha 4

Page 5: Deutsche Ornithologische Gesellschaft

LXXIV Heft 3 ] Allgemeine Sitzung im Februar 1926. 561

Mosler, Steinkopff~ Sohuster, 8ellien, Arndt, Wolf, Meissel, Kothe, Sohiermann, Kranz, Minkwitz, Scholz, l~Sller, v. Sohuokmann, 6ottsohlag, Miihlke, Brafs, Quenstedt, Mayr, Haper, sowio die Damon: Heinroth, v. Bruchhausen, Beole, Rtihl, Spannagel; aufserdem 17 Giiste.

Vorsitzender: Herr v. LtlcXNVS, Schriftffihrer: Herr STEINBACHER. Herr H~l~aoTs legt neue Literatur vor. Dann halt Herr Most seinen Vortrag fiber d a s P r o b l e m

d e r B r i e f t a u b e . Er legt dabei seine Erfahrungen mit den Militiirbrieftauben zu grunde und geht besonders auf die strittigen Punkte ein. Die gewShnliche Dressur auf den festen Schlag, welche die Anhitnglichkeit an die Heimat als Futter- und Nistplatz ausnutzt, ist nach zwei Richtungen hin erweitert worden. Einmal ist der feste Schlag durch einen fahrbaren ersetzt worden, was scbon HAGER seit 1896 versucht hat. Man dressiert die Tauben nicht auf Schlag plus Umgebung, sondern die letztere wird dutch hiiufigen Standortswechsel, und zwar yon der friihesten Jugend des Tieres an, wegdressiert. Wird der Standort nicht immerfort gewechselt, so versagt die Dressur, weil die Tauben sich an die Umgebung gewShnen. Die hierbei zulitssigen Ent- fernungen entsprechen etwa dem Radius des Gebietes, das die wilde Taube auf der Nahrungsuche veto Nistplatz aus durchstreift, das sind ungefAhr 8 km. Ob man eine Taube yon einem Schlag auf einen anderen umgewShnen kann, wird bestritten. Zweitens ist die Dressur auf Hin- und Rtickflug vorgenommen worden, also auf den Flug zwischen einem Nistraum und einem Futteraum. Sie ist in Deutschland zwischen Hauuover und Hildesheim, das sind 30 kin, durebgeftihrt worden. Als Leistungsgrenze wird fiir die Milit/irbrieftauben, bei denen es ganz besonders auf Zuver- l/tssigkeit ankommt, eine Entfernung yon 300 km angesetzt. Die Orientierung geschieht durch den Gesichtssinn; ob auch ein Richtungssinn in Frage kommt, ist dem Vortragenden zweifelhaft. Er erw/ihnt noch, dais w/ihrend des Krieges eine Schwalbe yon Libau nach Ltittich, woher sie stammte, geflogen ist.

In der Aussprache ftihrt Herr H~i~r~o~u die Erscheinung des ,,Ueberfliegens" an, wonach eine etwa auf eiuen 1O0 km-Flug dressierte Taube, die man auf einer ktirzeren Strecke fliegen l~fst, das Ziel um soviel tiberfliegt, dafs der Gesamtfiug 100 kin betr~tgt. Diese Erscheinung ist noch unerkl~irt, obwohl man dafiir einen Zeitsinn verantwortlich machen wollte, huch die an anderen Tieren gemachten Erfahrungen zieht Herr IIEI~nOTH heran; er betont noch einmal, die die berlihmto Schwalbo yon Cempi~gne wegen der Mfingel des Yersuches ausscheiden tours, und erinnert an die Versuche yon KELLER in Halle mit Rauchschwalben, nach denen die Tiere nur kurze Entfernungen in langer Zeit (20 km in 47 Minuten, 75 km in 3 Tagen 7 Stunden, 175 km fiberhaupt nicht mehr) zuriicklegten, trotzdem sie sofort die passende Richtung einschlugen. Einen gewissen Richtungssinn besitze tibrigens auch der Mensch bei Bewegungen auf dem Lande.

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562 Aligemeine Sitzu~g ~m Febraar 1926. [ J" f" O. I92b

Besonders lebhaft wird die Diskussion bei der ErSrterung der Frage nach den Leistungen der Brieftauben im Kriege. Hieran beteiligen sich die Herren v. LucANus, [tAoER, V. ~IESE~THAL und MosT. ES geht schiefslich daraus hervor, das die Tauben ihre hufgabe im allgemeinen zufriedenstellend gelSst haben. Als Fehlerquellen erwhhnt Herr HAOER unsachgem~ifse Behandlung durch das Wiirterpersonal und das Versagen infolge unerkannter Krankheiten, insbesondere Coecidiose.

Zum Schlufs fragt Herr STRESEMA~ nach den Grundsiitzen ftir die Herausztichtung guter St~tmme. hus den hntworten der Herren H~ER, PFU~QS% Lu~z HECK, LUCANvS und Mos~ ergibt sich, dafs zwar eine Quaiithtsauslese erstrebt wird, abet die Zucht im grofsen und ganzen doch ziem]icb laienhaft erfo]gt.

L Stelnbacher.

Fa©hsitzung im Februar 1926.

Verhandelt Berlin, Montag, den 8. Februar, abends 8 Uhr im Aquarium des Zoologischen Gartens.

hnwesend die ]~erren: Heinroth, Schuster, Kattinger, Haun, Strehlke, Spatz, Dr. Diehm, Schulz, Neumann, ]~eifsel, Steinbaoher, Baetge, Sauerbrei, Schwarz, Spannage]~ GSrnitz, Rensch, Ohnesorge mit die Damon Heinroth~ Riih 4 Beele.

Vorsitzender: Herr HEI~ROTH, Schriftfiihrer: Herr OU~ES0R(~E. Herr HEmaOTB teilte mit, dafs ein lan~jiihriges Mitglied tier

Gesellschaft, Herr Generalmajor ADOLF STn)~HL, am 25. Januar 1926 verstorben sei. Die Anwesenden ehrten das hndenken des Ver- storbenen durch Erheben yon ihren Sitzen.

Herr I-]EI~ROT~ legte hierauf die neueingegangenen Bticher und Zeitschriften vor und sprach dann tiber die Fufsbaltung des fiiegenden Kranichs bei Kiilte. Die Fufshaltung im Fluge ist bei derselben ¥ogelart nicht immer die gleiche. Manehe YSgel, wie Lachmiiven, Kampfschnepfen nehmen bei starker E~ilte ihre Fiffse nach vorn ins Brustgefieder. Das Gleiche beobachtete HEI~ROTa bei seinen Kranichen, die bei etwa 100 Kiilte zuniichst ihre Beine nach hinten hielten, dann aber nach vorn nahmen, sodafs ein eigenartiges Flugbild entstand. Danach erscheint die Fufshaltung nicht allein mechanisch erkl~rbar. Bei hnatiden konnte flE~NaOTH ein derartiges Verhalten nicht feststellen. - - Herr ST~SE~ANN sprach unter Vorlegung yon B~ilgen fiber Farbenmutationen bei Centropus ater.albus und ftihrte aus, dafs die dunkle F~irbung die ursprtingliche und die weifse F~rbung der vorderen KSrperhiilfte nach seiner hnsicht mutativ erworben sei. Herr ScnwxRz regte hierbei die Frage an, ob die regionale Verteilung der mutativen Entf~rbung mit anatomischen Merkmalen, insbesondere mit dem Verhtuf der Nervenbahnen zusammenhiinge, was Herr HEINROTH bezweifelte. Herr R~scrl wies darauf bin, dafs z. B. die Ammer- zeichnung bei Sperlingskiipfen vielleicht mit Hautspannungen und

Page 7: Deutsche Ornithologische Gesellschaft

LXXIV] Fachsitzung im Febrnar 1926. 563 Heft 3

tier dadurch verhinderten Einwanderung von Farbstoffen in Zusammenhang gebracht werden kSnnten, und dafs bisher ein Zusammenhang zwischen der Zeicbnungsverteilung und dem Ver- lauf der iWervenbahnen nicht bat festgestellt werden kSnnen.

Herr tiEINROTH machte auf die rote F~trbung aufmerksam, welche die dunige Basis der Federn yon Otis [arda auszeichnet und hob horror, dafs diese rote Farbe unter der Einwirkung des Liehtes aufserordentlich schnell verschwinde. Die Trappe besitzt zwar eine Btirzeldrtise, bedient sich ihrer aber selten; sie badet als Steppenvogel nicht, pudert jedoch sehr deutlicb, ohne Puder- dunen zu besitzen. Bei der hussprache bieriiber sprach Herr I ~ s c n die MSgliehkeit aus, dafs es sich bier um Farbstoffe handele, die nicht in der Hornsubstanz eingebettet seien, sondern in fliichtigen Fetten ge[Sst die Federoberfl~iche iiberzSgen und durch Licbteinwirkung sichtbar werden odor verschwinden kSnnten.

Herr ~cnwA~z legte Photographien seltener Vogelarten des Frankfurter Zoolog. Gartens vor, so der Schleiereule yon Sumatra Phodilus badius, die zwar yon den hnatomen nicht zu den Schleier- eulen gereehuet wird, nach ihrem ganzen Habitus und Benehmen aber eine echte Schleiereule ist, terner eines alten (2 yon Spi- za~tos alboniger, der seine langen Haubenfedern senkrecht auf- richtet. Ohnesorge.

Allflemeine Sitzung im Milrz 1926. Verhandelt Berlin, Montag, den 1. M~trz 1926, im Aquarium

des Zoologisehen Gartens. Vorsitzender : Herr yon I~vc.~-vs~ Schriftfiihrer : Herr 0~:so~GJ,:. hnwesend die Herren: yon Lueanus, Heinroth, Steinmetz, Ohnesorge,

Stresemann, Ffillhaase, Steinbaeher, Diehm, Frh. v. Borlepsch, Hock sr., Mosler, Arndt, Kranz, Strehlke, Haun, Friedlfinder, BShme, yon Schuekmann, S~.ivern~ Oottsehlag, Wegner, Moll, Klietz, Schumann, Glasewald, Eisentraut, Kattinger, Mayr, Scholz, Buchheim, Brafs, Wolf, Berger, Schuster, Ramme, Meifsel, yon Boxberger, Sehiermann, Georg Schulz, Probst, Kothe, Sehwarz, Spannagel, Sauerbrei, ttennemann, Ferdinand Fax (Breslau), F. G. Meyer, Steinkopff, Martia Schlott (Breslau), yon Roy, sowie die Damon: Heiuroth, Friedrichs, Beele, Schmidt Kunow, Riihl, Spannagel und yon Bruehhausen, ferner 32 G~iste.

Herr -con LvcA~vs begriifste die yon ausw~trts ersehienenen Mitglieder Frh. v. I~E~L~PSCH und P,~x, wies unter kurzer Dar- stellung der Entwicklungsgesehichte der Vogelwarte Rossitten auf deren 25j~thriges Jubil~tum bin und verlas das an sic gerichtete Gltiekwunschtelegramm.

Herr HE~NRO+R legte neue Literatur vor. Hierauf bespraeh Freiherr v. 15~:RLEPSCa das Bueh des Herrn v. Lvca~trs: ,,Das Leben der VSgel" und betonte die Vorztige dieses Buches be- senders in denjenigen Teilen, die der Verfasser auf Grund eigener Beobachtung niedergeschrieben hat. Herr I-IEmaO~H erkannte die Vorziige des Buches, die nach ibm besonders in der klaren Ein- teilung des Stoffes und tier Darstellung liegen, an, warnte jedoch vor einigen in dem Buch entbaltenen Yerallgemeinerungen und

Journ. f. orn. LXXIVo Jabxg. Juli 1926. 37

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564 Allgemeine Sitzung im M~rz 1926. I-J" f" O. L z926

stellte eine Anzahl yon Irrtfimern richtig. Hierauf hielt Herr STE~BACH~ seiD en angekii ndigten Vortrag: A n m e r k u n g e n z u m Y o g e l z u g e in S i b i r i e n , der im Journal ffir Ornithologie erscheinen wird.

Herr STRESEM~ zeigte einen Bastard zwischen Moor-Schnee- huhn und Birkhuhn, sowie Salanganennester yon Java. Hierauf erstattete Herr HE~UOTU Bericht fiber seine Vogelbeobacbtungea an der Riviera. Ohnesorge.

Faohsitzung im Miirz 1926.

Verbandelt Berlin, Montag, den 8. Miirz 1926, im Aquarium des Zoologischen Gartens.

Vorsitzender: Herr v. Lvc.~vs, Schriftftihrer: Herr OH~'ES0RGE. Anwesend die Herren: Heinroth, v. Lucanus, Ohnesorgo, Rensch, Meirsel,

"Mayr, Meise, Els~isser, Spatz, Grund, Neunzig, Steinkopff, Klietz, Diehm~ Stein- motz, Schuster, G-. Schulz, Kranz, Sfeinbacher, Schiermann, ~e]l, Glasewald~ Haun, Nyncke, Strehlke, Hauchecorne, GSmitz, Stresemann~ P. G. Meyer, Brafs, sowie die Damon: Hoinroth, Riihl, Spannagel, Wewetzer~ Beele und J~aier.

Die Herren HEI~I~OTH und RENSCH legten die neu eingegangene Literatur vet.

Herr -~o~ Luc~Nvs widmete dem verst.orbenen Professor PAuL M~TSCmE einen warmen Nachruf. Er wandte sich sodann in l~ingerer Ausffihrung gegen die Kritik, die Herr LvDwm SCHUSTER in der Zeitschrift ,,Beitriige zur Fortpflanzungsbiologie der VOgel" an seinem Buch ,,Das Leben der VSgel" geiibt hat. l~ach gtitlicher Beilegung eines sich an diese Ausffihrungen knfipfenden Zwischenfalles sprach Herr KR.~NZ fiber l~istgewohnheiten yon Elstern, die er in der bTeumark beobachtet hatte.

hnschliefsend berichtete Herr GLASEW~LD fiber seine Melanin- Untersuchungen an Hfihnerembryonen (siehe S. 541--49) sowie Herr Go~'~i~z fiber die Entstehnng yon Tropfenflecken und Rand- zeichnungen bei Singvogelfedern (diese Arbeit wird im Journal ~rscheinen). Aus beiden ¥ortriigen ging hervor, dafs zwischen Eu- und Phaeomelanin keine Ueberg~nge vorkommen. Bei der Diskussion legte Herr I~SCR die Arbeit yon W. G~Tz ,,Ueber die Pigmentfarben der ¥ogelfedern" (Verhand]. d. Ornithol. Gesellsch. in Bayern, Bd. XVI, p. 193--225) vet und betonte, dafs auch

dieser Autor keine Uebergiinge zwisehen den beiden Melanin- arten konstatieren konnte (vergl. Ornithol. Monatsber. Bd. 34, 1 ). 91--92). Ohnesorge.

Fa©hsitzung im April 1926.

Verhandelt Berlin, Montag den 12. April 1926, abends 8 Uhr im Aquarium des Zoologischen Gartens.

Anwesend die Herren: Steinmetzjun,, Sehiermann, Klietz, Strehlke, Brafs, :Sohulz, Wolf, Hager, Neunzig~ Steinbaoher, Deichler~ ~Fiillhaase, Mayr~ Elsiifser~

Page 9: Deutsche Ornithologische Gesellschaft

LXXIV Heft 3 ] Fachsitzung im April 1926. 565

Rensch, 0hnesorge, yon Lucanus, Schuster, Kranz, Neumann~ Heinroth, sowie die Damen: Beele, Heinroth, Spannagel und Friedrich.

Vorsitzender: Herr vo~ LucA~vs, Schriftftihrer: Herr OS~ESOR~E.

Die Herren HE~Nn0TH und RENSCH besprachen die neu ein- gegangene Literatur. Herr HEI:C~OTH legte Gewiille des Hauben- tauchers und des WachtelkSnigs vor. Die Taucher fressen die Federn und werfen sie wieder als Gewiille aus, wiihrend sich im Kot keine Federn befinden ; dagegen werden Fischreste, wie GrRten, nicht mit dem Gewiille wieder ausgewflrgt, sondern yon den Magens~tften verdaut. Herr yon Lvc~-vs zeigte Aufnahmen von balzenden Auerh~hnen und yore Steinadler, die in der Zeitschrift ,,Les Alpes" enthalten sind; er berichtete sodann fiber Beob- achtungen an einem Molukken-Kakadu, dessen zun~tchst rein vceifses Gefieder zum Frfihjahr einen wachsfarbenen Anflug ohne jede Mauserung erhalten habe. Hieran schlofs sich eine Aussprache fiber die Veritnderung yon Farben an Vogelfedern. Herr BE~XSCH vertrat die Ansicbt, dafs es sich bet derartigen Umfiirbungen tier Federn miiglicherweise um Farbstoffe handele, die der Feder auf- gelagert sind und erst bet Oxydation sichtbar werden. Herr ~CC~aULZ spraeh fiber die Blauf~trbung der Kehle bet Blaukehlehen, die nieht dutch eine teilweise Mauser der Kehlfarben, sondern dutch Ab- nutzung der grauen Federr~inder bedingt wfirde. Herr v. LucAxus erwRhnte, dafs die RotfRrbung des Bluthiinfiings dureh Wegfall der grau gefiirbten Radii und st~irkeres Hervortreten der blur. roten Rami hervorgerufen wtirde. Herr MOST beriehtete, dais in Nordamerika Brieftauben durch Anbriugen yon Triilerpfeifen auf den Steuerfedern gegen RaubvSgel geschfitzt wfirden, und stellte eine Anfrage, ob Kunstdilnger den Tauben sch~tdlich werden kSnnte. Herr BR~INO verneinte dies, meinte abet, dais moderne Saatgut- beizen infolge Queeksilbersalzgehaltes vielleieht Sehaden anrichten kiSnnten. Sodann regte Herr STEI~BAC~Ea die Frage fiber die Be- deutung der roten Oelkugeln in den Augen der VSgel und Schild- kriiten an und bezweifelte die Richtigkeit der physikalischen Er- kl/trung, die Dr. HEN~I~ gegeben habe. Die Aussprache hierfiber ftihrte zu keinem klaren Ergebnis. 0hnesorge.

AIIgemeine Sitzung im Mai 1926.

Verhandelt Berlin, Montag, den 3. Mat 1926, abends 8 Uhr im Aquarium des Zoologisehen Gartens.

Auwesend die Herren: Steinmetz~ yon Lueanus, 0hnesorge, Neumann, Strehlke, Berger, Heinroth, Stresemann~ yon Schuckmann, Wegner~ B~ihme, Preufs, Kothe, Haun, Kranz, Sauerbrei, Schwarz, Meifse], Glasewald, Wagner,. Fiillhaase, Nyncke~ Kanthaek, Scholz, Klietz, Sehiermann, Pohl, Sperling, Probst,.. Renseh, Kattinger~ Mayr, Meise, Eisentraut, Quenstedt, Briining, yon Roy, Brafs, ferner die Damen: Heinroth~ Riihl, yon Bruchhausen~ Maier und Beele, sowie 23 Gtiste.

¥0rsitzender : Herr vo~ Lvcx~vs, Schriftftihrer: Herr 0r~NXSOaeE: 37*

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566 Allgemeine Sitzung im Mai 1926. fJ" f" O. L I926

Herr S~RESE~A~N gab das Programm des Internationalen Ornithologenkongresses in Kopenhagen bekannt und verlas den Gltickwunsch der Sibirischen Ornithologischen Gesellschaft aus Tomsk zur 75-Jahrfeier der Deutschen Ornithologischen Gesell- schaft.

Herr HEI~ROTH hielt dann seinen angektindigten Vortrag f ibe r , ,das F r e i f l i e g e n l a s s e n z a h m e r V S g e l " . Dies kann nach ihm zu verschiedenen Zwecken erfolgen. So sind zum Zwecke der Einbtirgerung SonnenvSgel (Leiothrix) in den huwaldungen bei Kassel dutch Freiherrn vo~ BERLEPSCH ausgesetzt worden, haben deft auch gebrtitet, sind aber zum Herbst verschwunden. Erfolgreicher waren die Versuche yon FALz-F~IN mit der Ansiedelung des Sprossers in Askania-Nova. Mehr oder weniger sind nach PFEIFER die Ansiedelungsversuche des Uhus in der Rauhen Alb gegltickt. Voraussetzung ftir derartige Einbtirgerungsversuche ist es, nicht zahme VSgel zu w~hlen, da zahme VSgel keine Scheu vor Menschen zeigen, eingefangen oder getStet werden. Aller- dings kSnnen auch zahme Tiere angesiedelt werden, um sie zahm zu halten. So hatte vo~ Prosc~ auf seinem I,andgrundsttick MSnchsittiche angesiedelt, die abet grofsen Flurschaden anrichteten, indem sic Obstbaumzweige als Nistmaterial verwendeten. Auch im Berliner Zoologischen Garten werden MSnchsittiche mit Erfolg frei gebalten, hehnliche Yersuche sind yon Dr. vo~ WISSEL mit roten Kardin/~lefi gemacht, die sich aber im Herbst leicht verfliegen, ferner mit KanarienvSgeln, die im Herbst durchziehenden Sperbern leicht zur Beute fallen. Bekannt ist die erfolgreiche Wiederein- biirgertmg der Havelschw/tne, die w/ihrend des Krieges vernichtet waren; sie sind zum grofsen Tell freifliegend, s~imtlich beringt, verstreicben sich nicht und haben sich auf der Havel zu deren Zierde wieder eingebiirgert. Sehr viele halbzahme VSgel und deren Junge haben der Herzog yon BEDFORD and FALz-FEIN fliegen lassen. Es hat sich gezeigt, dafs sich die VSgel leicht verstreichen, wenn die Umgebung zu giinstig ffir sie ist. Will man sie halten, so mufs die weitere Umgebung far ihre Verbreitung ungtinstig sein. Interessant ist, dafs die Kanadagans (Branta canadensis) jetzt in ganz England und Schottland vorkommt. Bekannt sind feraer die Versuche des Berliner Zoologischen Gartens mit der Brautente und der Mandarinenente. Die erstere hat sich nicht gehalten, da die Eier z. T. unbefruchtet blieben, z. T. im Keim abstarben, im Ganzen auch zu klein blieben. Eine Art Unfracht- barker hat Platz gegriffen; vielleicht auch Tuberkulose. Im Gegensatz dazu hat sich die Mandarinenente recht gut gehalten, sogar die Kriegsjahre fiberstanden. Gtinstige Erfolge sind auch mit anderen Entenarten, wie Kolbenenten, chilenischen Pfeifenten and deren Mischlingen erzielt worden, wenn man sich um sie ktimmert. Eigenartig ist die schlechte Erfahrung, die man mit australischen Viigeln gemacht hat; so sind freigelassene Wellen-

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sittiche weggeblieben, schwarze Schw~ine haben sich stets ver- strichen. Gute Erfolge haben F .~Lz-F~ und der Berliner Zoologische Garten mit dem Freihalten yon Fasanenarten gehabt, aber aueh nur bei Beobaehtung gewisser Vorsichtsmafsregeln; so mtissen Kragen- und Silberfasane im ersten Friihling eingesperrt werden, sonst wandern sie aus. Yon Tauben sind im Londoner and Berliner Zoologischen Garten die australische Sehopftaube (Ocyphaps lophotes), deren Tauber durch seinen klirrenden Balz- flug - - die 3. Schwinge ist die Sehallsehwinge - - ausgezeichnet ist, freigehalten worden, dagegen sind Turteltauben abgewandert.

Tiere, die an einem bestimmten Or t gehalten werden sollen, miissen alert auch ausgebrtitet sein, da die Brutheimat sie h~lt. Im Berliner Zoologischen Garten sind auch Graug~nse frei gehalten worden, die durch G~nse aufgezogen waren. Bedeutungsvoll ist auch die Bindung aufgezogener VOgel an den Mensehen. Es geht nicht immer, VOgel aufzuziehen and sie dann fliegen zu lasssen; es besteht dana die Gefahr, dafs solehe Tiere den Oft nicht finden, we es die fib. sie passende ~ahrung gibt. Sehon B~cHsT~ hat dies erkannt und dartiber geschrieben, wie Tiere an den Freiflug zu gew0hnen sind. So flog eine zahm aufgezogene Meise zun~tchst im Berliner Zoo herum und setzte sich einem Besucher auf die Gabel; ebenso flog ein zahmer Kleinspeeht einem Herrn an und suchte ihn nach Nahrung ab. Diese Tiere sind eben gewohnt, in dem Menschen ihre Futterquelle zu sehen.

Versuche im Berliner Zoo mit fliegengelassenen Graug~nsen zeigten, dafs diese VOgel zwar ebenso wie Kolkraben Driihte geschickt zu vermeiden wissen und bei ihrem Pfleger gegen Wind einzufallen versuchen, ihnen dies abet bei der Enge des Raumes nicht immer gelingt und sie sich dann leicht verfliegen; am zweckm~fsigsten ist, sie auf einen Teich einzugewOhnen, was nicht leicht ist, da sie abgebissen werden. Bei Kolkraben besteht die Gefahr, dais sie Menschen verletzen und alles Geniefsbare planm~fsig aufsuchen und verschlingen kOnnen. Bei den yon Herrn HEI~o~E aufgezogene.n Kranichen zeigte sich das Weibehon flugttichtiger als das Miinnehen; sie verflogen sieh einigemale uud mufsen zuriickgeholt werden, aueh sic mufsten erst die Er- fahrung machen, dafs sie aufserhalb des Zoologischen Gartens niehts zu suchen hgtten. Bei ihnen waren auch eigenttimlieho 2qeigungen ~ je nach den Jahreszeiten ~ in der Wahl ihres Einfallsortes im Zoo zu erkennen; in der einen Jahreszeit blieben

sic in der N~ihe ihres Geheges, zu anderen Jahreszeiten fielen sie an anderen Stellen des Gartens ein. Besondere 8ehwierigkeit macht bei freifliegengelassenen VOgeln aueh die Ver~nderung der gewohnten Umgebung. Raben, Kraniche, G~nse ftlrchtea sich vor den kleinsten Ver~nderungen. Interessant waren die Er- fahrungen, welehen Eindruck frisch gefallener Schnee auf die freifliegengelassenen VOgel maehte: die Kolkraben fielen mit Freude auf die schneebedeekten Fl~ichen ein, ebenso Kraniche

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und G~inse, dagegen verflog sich ein Austernfischer, der auf einen Teich eingewShnt war, bei frisch gefailenem 8chnee sofort.

Herr H~OTH zeigte dana junge Tannenh~her, die aus dem Harz stammten. Die Jungen sind im Gegensatz zu den nackten.. Jungen der Elstern und Hiiher ursprtinglich bedaunt, jedoch nicht~ so stark, da£s man yon K~ilteschutz reden kann; sie haben roten Sperrrachen und sind ungemein stifle VSgel, die nur ganz leise zirpen und sp~iter als junge Eichelhiiher und Elstern das bTest verlassen. 0haHorge.