22
Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7 % MWSt Rusteberg 1646 In dieser Ausgabe Quo vadis, Eichsfeld? Gedanken zu Sinn und Chancen eines vereinten Eichsfeldes

Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013

57. Jahrgang H 11859

Einzelpreis 2,50 EURincl. 7 % MWSt

Rusteberg 1646

In dieser Ausgabe Quo vadis, Eichsfeld? Gedanken zu Sinn und Chancen eines vereinten Eichsfeldes

Page 2: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Zum Löwenmarktstraße 30

37115 DuderstadtTelefon (0 55 27) 8 49 00-0

Telefax (0 55 27) 84 90 08 49

Mit einem Geschenk-Abo der Eichsfelder Heimatzeitschrift

für Verwandte, Freunde und Bekannte verschenken SieMonat für Monat ein Stück Eichsfelder Kultur.Ihren Bestell-Coupon finden Sie auf der letzten Seite dieser Ausgabe.

www.meckedruck.de/eichsfeld

Page 3: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Wie das Obereichsfeld zu Thüringen kam Zeitgeschichtliche Anmerkungen1

von Torsten W. Müller

Mehr als 1.000 Jahre gehörte das Eichs-feld politisch wie auch kirchlich zu Mainz. Nach der Auflösung des Kurfürstentums Mainz 1802 kam das Obereichsfeld – wie auch die Stadt Erfurt – zu Preußen, wo es bis 1945 verblieb. Dort gehörte es ab 1816 zur Provinz Sachsen im Regierungsbezirk Erfurt und hatte wenige Berührungspunk-te mit den thüringischen Kleinstaaten bzw. dem 1920 gegründeten „Freistaat Thürin-gen“ und seiner Hauptstadt Weimar. So waren die preußischen Gebiete (Eichsfeld, Erfurt usw.) damals nicht dazu zu bewegen gewesen, diesem neuen „Kleinthüringen“ beizutreten.2 Das ist auch nicht weiter ver-wunderlich, denn zu Thüringen hatte das Eichsfeld nie wirtschaftliche oder kulturelle Beziehungen: „Das Gesicht des Eichsfeldes war immer nach Westen und Norden gerich-tet, nach Westfalen, Hessen und Hannover. Die vielen Wanderarbeiter und Handelsleute kamen kaum nach Thüringen, ebensowenig besuchten die Eichsfelder Studierenden die thüringische Landesuniversität Jena.“3

Hinzu traten die besonders stark ausgepräg-ten parteipolitischen und konfessionellen Eigenarten des „katholischen Eichsfeldes“

inmitten eines pro-testantischen Um-feldes, die hier nicht näher erläutert wer-den können. Diese Eigenheiten produ-zierten aber nicht nur auf Seiten der Eichs-felder, sondern auch bei den Thüringern Abwehrhaltungen, die der Würzburger B ischof Mat th ias Ehrenfried 1948 wie folgt zusammenfass-te: „So menschlich liebenswürdig und freundlich der thüringische Menschenschlag von Natur aus in den Din-gen des Lebens und des Verkehrs ist, dem Katholischen gegenüber macht er selten den Versuch des Verständnisses. Ja, man muß leider aus der Erfahrung heraus sagen, der Thüringer steht der katholischen Kirche ab-lehnend gegenüber.“4

Unter Hitlers „Muster-Gauleiter“ Fritz Sauckel (1894-1946) war seit 1925 der NSDAP-Gau Thüringen entstanden, zu dem neben dem Freistaat Thüringen auch der Regierungs-bezirk Erfurt und der Kreis Schmalkalden (Regierungsbezirk Kassel) gehörten.5 Par-teipolitisch war also nun eine Angliederung des Eichsfeldes an den „Trutzgau Thüringen“ durchgesetzt worden, die wegweisend für die spätere administrative Zuordnung wer-den sollte. Als es zu Beschwerden über die-sen Anschluss kam, erklärte Sauckel: „Das Eichsfeld kommt erst dann wieder von Thü-ringen los, wenn es wie wir zum Nationalsozi-alismus steht! “6 Sauckel verlangte aber nicht nur auf Parteiebene nach einem „Großthü-ringen“; er versuchte – zunächst vergeblich – die alten Verwaltungsgliederungen zu zer-schlagen und einen „Reichsgau Thüringen“ zu gründen. Auch wenn dies formal nicht gelang, bildeten sich dennoch während der

Abb. 1: NSDAP-Gau-leiter Fritz Sauckel, der das Obereichsfeld erstmals an Thüringen band.

Zu verkaufen/zu vermieten

Sichere Kapitalanlage, Eigennutz, Vermietungen,Ferien- oder Zweitwohnung.

Heilbad Heiligenstadt • Kur- u. Kreisstadtim Eichsfeld/Thüringen • Mitte Deutschland

1 ½ Single-Appartement/Studio2 ½ Zi.-Wohnung exklusiv für 2. Pers.

modernes 3 ½ Zimmer-Duplex-Atelier – individuelle Whg.(kl. ETW/E.) 1A Lage u. Qualität, energetisch,

Barrierefreiheit, altersgerecht, Fahrstuhl, CarportZentral, ruhig, Infrastruktur + Iberg fußläufigPR. PS. VT. Zuschriften unter Chiffre 101/13

Eigentumswohnungen

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 121

Page 4: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

NS-Zeit in wirtschaftlicher und institutioneller Hinsicht übergreifende Strukturen zwischen Thüringen und dem Regierungsbezirk Erfurt heraus. Beispielsweise fusionierten 1941 die beiden Staatspolizeistellen Erfurt und Wei-mar.7 Schließlich verfügte ein Führererlass am 1. April 1944 die Aufteilung der preu-ßischen Provinz Sachsen, wobei Sauckel die Befugnisse eines Oberpräsidenten im Bereich des Regierungsbezirkes Erfurt zu-fielen.8 „Noch ein Jahr durfte sich Sauckel nun gänzlich als Herr ‚Großthüringens’ fühlen, wenngleich die preußischen Territorien bis zum Ende des Dritten Reiches nie förmlich mit dem Land Thüringen verschmolzen wur-den. Dies mag sich der ‚Gaufürst’ für die Zeit nach dem ‚Endsieg’ erhofft haben.“9

Nach der Zerschlagung des „Tausendjäh-rigen Reiches“ 1945 kam es zu einschnei-denden Gebietsreformen, in deren Verlauf die Auflösung Preußens durch den Alliierten Kontrollrat beschlossen und der Weg für völ-lig neue Staatsgebilde frei gemacht wurde. So erfolgte auch in Thüringen 1945 der letzte Schritt zum staatlichen Zusammenschluss, wobei man die preußischen Territorien (Eichsfeld, Erfurt, Schmalkalden) von ihren

angestammten Regionen löste und der neu gebildeten „Provinz Thüringen“ zuteilte, die nun in etwa alle Gebiete des heutigen Frei-staates umfasste.10

Dazu genehmigte bereits im Mai 1945 die US-amerikanische Besatzungsmacht den Aufbau einer einheitlichen Verwaltung im ehemaligen Gaugebiet Thüringens. Feder-führend dabei war der Sozialdemokrat und spätere Regierungspräsident Dr. Hermann L. Brill (1895-1959), der mit dieser Neuorgani-sation beauftragt wurde. Er war es auch, der nun geschickt die Gunst der Stunde nutzte und u. a. den Regierungsbezirk Erfurt sowie den Kreis Schmalkalden der neuen Provinz Thüringen einverleibte. Diesen Plan hegte er bereits 1920, scheiterte aber am Widerstand Preußens. Seither gehört das Obereichsfeld in administrativer Hinsicht zu Thüringen; eine Beteiligung der Bevölkerung an dieser Aktion erfolgte nicht.11

Beim feierlichen Akt der Regierungsbildung am 9. Juni 1945 wurde aber die angestrebte endgültige territoriale Arrondierung Thürin-gens ausdrücklich einer späteren Entschei-dung überlassen.12 Diese erfolgte mit der

Abb. 2: Thüringen vereint seit 1945 den ehemaligen Freistaat Thüringen – 1920 entstanden aus einer stark zersplitterten Kleinstaatenwelt – sowie ehemals preußische Gebiete, zu denen auch das Obereichsfeld zählte. Grafik: Dr. Ulrich Wieler, 2011.

122 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 5: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Einrichtung einer Länderstruktur durch die Siegermächte am 6. Juli 1945, in de-ren Folge auch das „Land Thüringen“ entstand. Zunächst autor is ier ten d ie Vertreter der sow-jetischen Militärbe-hörden die Tätigkeit der Regierung der „Provinz Thüringen“, sodass die Aufbau-arbeit ungehindert fortgesetzt werden konnte. Aber am 16.7.1945 wurde diese Re-gierung unter Dr. Brill abgesetzt, und die SMAD installierte eine von ihr abhängige Landesverwaltung. Die unter den Amerika-nern konstituierte Provinz Thüringen ver-schwand; an ihre Stelle trat das Land Thü-ringen in der SBZ.13 Dieses Staatsgebilde wurde aber 1952 durch die SED-Regierung zerschlagen und in Bezirke aufgeteilt.14

Infolge der Ereignisse des Jahres 1989 er-lebte „Thüringen“ eine Wiedergeburt seiner staatlichen Existenz: Mit dem Verfassungs-gesetz über die Bildung von Ländern in der DDR vom 22. Juli 1990 wurde in Abkehr vom zentralistischen Einheitsstaat DDR u. a. auch

das Land Thürin-gen wieder gegrün-det. Kurz zuvor gab es allerdings im Obereichsfeld star-ke Bestrebungen, sich Niedersach-sen anzuschließen, was auch von der dortigen Landesre-gierung gefördert wurde.15 Schließlich kam es aber nicht zu einer solchen Angliederung, so-dass Landrat Dr. Werner Henning am 17.7.1990 an

den Minister für Regionale und Kommuna-le Angelegenheiten schrieb: „Im Vorfeld der Volkskammerwahlen wurde von uns aus Sor-ge vor einer möglichen sozialistischen Re-gierung der Gedanke verfolgt, das Eichsfeld insgesamt im Land Niedersachsen zu verei-nen. Aus heutiger Sicht ist eine Verfolgung dieses Gedankens gewiß in vielerlei Hinsicht problematisch, so daß wir das Fernziel einer Vereinigung des Gesamteichsfeldes in mit-tel- und langfristige Schritte unterteilen müß-ten.“16 Letztlich konstituierte sich mit dem 3. Oktober 1990 Thüringen – inklusive des Obereichsfeldes – als Bundesland und da-mit als gleichberechtigter Teil der föderalen Bundesrepublik Deutschland.17

Anmerkungen1 Diese Randbemerkungen wollen zur Versachlichung

der Debatte um eine beabsichtigte Gebietsreform in Thüringen beitragen, die nicht immer vorurteils-frei und dem Thema angemessen geführt wurde. Einen fundierten Überblick über die verschiede-nen politisch-administrativen Zugehörigkeiten des Eichsfeldes bekommt man bei Hussong, Ulrich: Das Eichsfeld – eine historische Landschaft zwischen Thüringen und Niedersachsen. In: Eichsfeld-Jahr-buch 12 (2004), S. 5-35.

2 Verständlicherweise weigerte sich Preußen, das Territorium abzutreten. Vgl. Raßloff, Steffen: Ge-schichte Thüringens. München 2010, S. 79.

3 Siebert, Heinz: Das Eichsfeld unterm Hakenkreuz. Fulda 1982, S. 3.

4 Lautenschläger, Gabriele: Der Kirchenkampf in Weimar 1933-1945. In: Ehrlich, Lothar u. a. (Hg.): Das Dritte Weimar. Klassik und Kultur im National-sozialismus. Köln/Weimar/Wien 1999, S. 293-310, hier S. 295. – Festzuhalten bleibt dennoch, dass es stets ein Wagnis ist, ein Allgemeinurteil über die religiös-kirchliche Struktur einer Volksgruppe oder einer Landschaft zu geben. Zudem verlief die Dis-kussion auf diesem Gebiet bisher zum größten Teil außerhalb der Wissenschaft.

5 Vgl. Fleischhauer, Markus: Der NS-Gau Thüringen 1939-1945. Eine Struktur- und Funktionsgeschichte. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe 28), Köln/Weimar/Wien 2010, S. 63 f. Sauckel war hingegen erst 1927 Gau-leiter geworden.

6 Siebert: Eichsfeld (Anm. 3), S. 3.7 Vgl. Gräfe, Marlis u. a. (Hg.): Die Geheime Staatspo-

lizei im NS-Gau Thüringen 1933-1945. I. Halbband (Quellen zur Geschichte Thüringens), 2. Aufl., Erfurt 2005, S. 37.

Abb. 3: Der erste Nach-kriegs-Regierungs-präsident Hermann L. Brill gliederte das Obereichsfeld 1945 an Thüringen an.

Abb. 4: Wappen des Freistaates Thüringen. Die acht Sterne erinnern an die sieben 1920 ver-einigten thüringischen Kleinstaaten und die 1945 angeschlossenen preußischen Gebiete.

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 123

Page 6: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

8 Vgl. Raßloff, Steffen: Fritz Sauckel. Hitlers „Muster-Gauleiter“ und „Sklavenhalter“. 3. Aufl., Erfurt 2008, S. 76; Fleischhauer: Thüringen (Anm. 5), S. 225-231.

9 Raßloff: Sauckel (Anm. 8), S. 76.10 Vgl. Raßloff, Steffen: Geschichte Thüringens. Mün-

chen 2010, S. 95 f.11 Vgl. Beer, Günther: Die Besetzung Thüringens und

des Eichsfeldes im Jahre 1945. In: EHZ 51 (2007), S. 121-126, hier S. 125.

12 Vgl. Overesch, Manfred: Hermann Brill in Thüringen (1895-1946). Ein Kämpfer gegen Hitler und Ulbricht. (Politik- und Gesellschaftsgeschichte 29), Bonn 1992, S. 322 f., 327.

13 Vgl. Wahl, Volker: Thüringen unter amerikanischer Besatzung (April bis Juli 1945). Blätter zur Landes-

kunde. 4. Aufl., Erfurt 2001; Neumann, Thomas: Thüringen 1945. Erfurt 2010, S. 47.

14 Vgl. zur Nachkriegszeit speziell im Obereichsfeld Siebert, Heinz: Das Eichsfeld unter dem Sowjet-stern. Duderstadt 1992.

15 Vgl. Rebitschek, Immo (Hg.): Die Thüringer Landes-gründung. Der Weg zum Freistaat über Wunsch, Programm und Reform 1989-1993. (Quellen zur Geschichte Thüringens 35), Erfurt 2010, S. 79, 121 f., 130 f., 162-168.

16 Ebd. S. 162.17 Vgl. Rommelfanger, Ulrich: Das Werden des Frei-

staates Thüringen. In: Schmitt, Karl (Hg.): Thüringen. Eine politische Landeskunde. (Jenaer Beiträge zur Politikwissenschaft 4), 2. Aufl., Baden-Baden 2011, S. 32-48.

Kreisreform im Raum Göttingen 1965-1972von Dieter Wagner

Bis 1815 hatte die Verwaltung in den deut-schen Bundesstaaten ihre Form gefunden, Änderungen waren fortan vor allem bei der territorialen Gliederung notwendig.

Die durchschnittliche Größe der Landkreise in der BRD lag vor der Gebietsreform 1965 bei unter 100.000 Einwohnern, zu wenig, um eine hinreichend differenzierte Verwaltung zu tragen.1

In allen Flächenländern der ehemaligen BR Deutschland wurde eine Neuordnung der kommunalen Struktur durchgeführt. Durch diese Reformen fielen die Räte von ca. 16.000 Gemeinden weg, was durchaus als eine Entdemokratisierung der örtlichen Gemeinschaft gewertet werden kann.2 In Niedersachsen entstanden im Zuge der ter-ritorialen Neuordnung aus 4 062 selbständi-gen Gemeinden 415 neue Verwaltungsein-heiten. Es existieren 2013 in Niedersachsen auf kommunaler Ebene ein Zweckverband Großraum Hannover, 38 Landkreise, neun kreisfreie Städte, 1 031 Gemeinden, davon 276 Einheitsgemeinden.3

Der Landkreis Duderstadt wurde im Zuge der preußischen Kreisreform in den neu ge-wonnenen Provinzen 1885 aus dem früheren Amt Gieboldehausen und der selbständigen Stadt Duderstadt gebildet. Seit 1867 hatte die

Stadt Duderstadt zusammen mit den Ämtern Gieboldehausen, Herzberg und Osterode so-wie der selbständigen Stadt Osterode dem (Steuer)-Kreis Osterode angehört.

Im März 1965 berief das Niedersächsische Landesministerium eine Kommission („We-ber-Kommission“) unter der Leitung des Göt-tinger Juristen und Staatsrechtlers Prof. Wer-ner Weber mit dem Auftrag, ein Gutachten über eine Gebiets- und Verwaltungsreform in Niedersachsen zu erstellen. Mit ihr sollte v. a. die Verwaltung, die teilweise noch in den Grenzen frühneuzeitlicher Verwaltungsstruk-turen handelte, den modernen Anforderun-gen angepasst werden. Konkret bedeutete dies die Auflösung von vielen Kreisen und Gemeinden und ihre Eingliederung in größe-re Strukturen. So erging es auch dem Kreis Duderstadt.

Am 20. November 1972 verabschiedete das Plenum des Niedersächsischen Landtages, in dem die SPD - wie heute - mit einer Stim-me Mehrheit gegenüber der CDU(74 Sitze) die Regierung unter dem Ministerpräsidenten Georg Diederichs aus Northeim stellte, das Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Göttingen in 2. und 3. Lesung. Damit hatte die Todesstunde des Kreises Duder-stadt geschlagen! Besonders bitter für das Eichsfeld war die Tatsache, dass ein Bürger

124 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 7: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

dieses Kreises, der Abgeordnete Hans-Günther Fessel aus Lindau (SPD), mit seiner Stimme das Schicksal seines Heimatkreises und darüber hinaus seiner Heimatgemeinde Lindau besiegelte, die als einzige Gemeinde des Kreises Duderstadt nicht in den Land-kreis Göttingen, sondern den Landkreis Northeim integriert werden sollte. Fessel be-zeichnete die Auflösung des Kreises Duder-stadt und seine Eingliederung in den neuen Landkreis Göttingen als die „beste Lösung“ für die Einwohner des Kreises Duderstadt.

Für ein Weiterbestehen des Landkreises Du-derstadt kämpfte in dieser Landtagssitzung der Eichsfelder Abgeordnete und Landrat Willi Döring (CDU) aus Gieboldehausen. In einer leidenschaftlichen Rede hielt er der SPD vor, den Kreis Duderstadt wegen seiner politischen Orientierung zerschlagen zu wol-len. Bei der Zerschlagung des Kreises werde der Wille der mehrheitlich katholischen Bevöl-kerung missachtet, wodurch die Demokratie Schaden erleide. Insgesamt habe die SPD dem Eichsfeld einen schlechten Dienst erwie-sen. Dann verwies er auf die Zonengrenze, die das Eichsfeld zerschnitt, und fragte, war-um man nicht auf die Wiedervereinigung war-te, bevor man endgültige Regelungen treffe.4

Erbitterten Widerstand gegen die Eingliede-rung des Kreises in den Großkreis Göttingen hatte vor allem die heimische CDU geleistet, die ja auch am meisten dadurch verlor. SPD und FDP orientierten sich an ihren Mutterpar-teien. Beide Parteien sahen wohl im Groß-kreis die Aussicht auf einen eigenen Macht-zuwachs, denn aller Voraussicht nach würde dieser Kreis eine Dominanz dieser Parteien aufweisen. Die CDU würde mit der Auflösung ihren einzigen Pfeiler in Südniedersachsen verlieren.

Es ist daher nicht überraschend, dass die CDU des Kreises Duderstadt und ihre Re-präsentanten in der Kreisverwaltung alles versuchten, um die Eingliederung in den Kreis Göttingen zu verhindern. Dafür war man sogar bereit, mit dem Kreis Osterode zu fusionieren. Zwei arme Kreise verbinden sich zu einem reichen Kreis? Völlig unrealis-tisch - wie wir heute wissen!

Die Gebietsreform hat mit der Jahreswende 1972/73 in Südniedersachsen einschneiden-de Veränderungen gebracht. Die ehemaligen Landkreise Duderstadt und Münden wurden mit dem Landkreis und der Stadt Göttingen5

zu einem Großkreis mit über 250 000 Ein-wohnern – davon ca. die Hälfte in der Stadt Göttingen – vereinigt.

Aus 139 Gemeinden wurden 12 leistungsfähi-ge Großgemeinden geschaffen, und zwar so-wohl Einheits- (u. a. Göttingen, Duderstadt, Hann. Münden, Staufenberg, Bovenden, Rosdorf, Friedland, Gleichen, Adelebsen) wie Samtgemeinden (Gieboldehausen, Radolfs-hausen, Dransfeld). Am 31.12.1974 wohnten im Kreis Göttingen 255 139 Einwohner, da-von 122 428 in Göttingen. In der Stadt Du-derstadt lebten 23 315, in der SG Giebolde-hausen 13 723 und in Radolfshausen 6 475.

Nach 40 Jahren lässt sich sagen, dass sich die Bevölkerung des ehemaligen Kreises Du-derstadt mit dem Leben im Landkreis Göt-tingen nach anfänglicher Ablehnung mehr als arrangiert hat. Man ist sich durchaus der Tatsache bewusst, dass viele Leistungen und die positive ökonomische Entwicklung des Untereichsfeldes ohne die Hilfe des größe-ren Landkreises niemals möglich gewesen wären. Kurz gesagt: Man lebt gerne im Land-kreis Göttingen und hofft, dass es nach der erneuten Kreisreform auch so bleibt.

Anmerkungen1 Thieme, Werner: Vorschläge und Maßnahmen zur

Verwaltungsreform. In: Jeserich; Pohl; von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte. Band 5, Stuttgart 1987, S. 1037-1042.

2 Ebd., S. 1033.3 Ebd., S. 256.4 Die Goldene Mark 24. (1973), Heft 1, S. 16 und

Eichsfelder Heimatstimmen Nr. 12/1972, S. 387 f.5 Im Altkreis Göttingen waren bereits 1963 und 1964

Gebietsreformen durchgeführt worden, durch wel-che Herberhausen, Weende, Grone, Geismar und Nikolausberg Teil der Stadt Göttingen wurden. Durch diese Reform verlor die Stadt 1964 („Göt-tingen-Gesetz“) formal ihre Selbstständigkeit und wurde mit Sonderstatus Teil des Kreises Göttingen. Obwohl die Stadt Göttingen Aufgaben wie eine selbstständige Stadt erfüllt, ist sie offiziell Teil des Landkreises (Busch, Kurt: Göttingen - Oberzentrum in einem neugeordneten Raum. In: Der Landkreis Göttingen. Oldenburg 1974, S. 16.

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 125

Page 8: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Höchste Zeit für eine Volksbefragung im Eichsfeld!von Stefan Koch

Grenzen lassen sich in Europa heute leicht überwinden. Sie bilden keine Barrieren mehr für Menschen, die in anderen EU-Staaten leben und arbeiten wollen. Grenzen spielen aber sehr wohl eine große Rolle, wenn es um das Alltagsleben geht. So zählt es in Deutsch-land zur Hoheit der Bundesländer, über Fra-gen von Bildung und Kultur zu entscheiden.In einer Zeit, in der Kontinente dank neuer Kommunikationswege auf die Größe von Dörfern zu schrumpfen scheinen, kommt re-gionaler Identität wachsende Bedeutung bei. Global denken, lokal handeln – das gilt auch für kleine, aber geschichtsträchtige Landschaf-ten. Das Eichsfeld mit seinen 140000 Einwoh-nern ist so ein Beispiel. An die ungewöhnliche Geschichte dieses Landstrichs erinnerte nicht zuletzt Papst Benedikt XVI. mit seinem Besuch der Wallfahrtskapelle Etzelsbach.Über Jahrhunderte spielte die frühere Exklave des Fürstbistums Mainz eine kirchliche und staatliche Sonderrolle im Spannungsfeld zwischen Hannover und Erfurt-Weimar. Für die Menschen aus Duderstadt, Heiligenstadt und Worbis war es gleichwohl eine Selbstver-ständlichkeit, zum Broterwerb in die Fremde zu ziehen, aber daheim auf dem Eichsfeld die eigenen Wurzeln zu pflegen.Staatliche Willkür riss vor 200 Jahren diese Einheit auseinander. Und später sollte der Eiserne Vorhang dieser Teilung einen Ewig-keitscharakter verleihen. Die Grenze quer durch das Eichsfeld wurde zum Symbol für eine menschenverachtende Obrigkeit.Mit dem Fall der Mauer wurde dieses Unrecht über Nacht beendet. Angesichts des Glücks-falls der deutschen Wiedervereinigung über-sah die neue Obrigkeit allerdings das kleine Unrecht. Die Eichsfelder diesseits und jenseits der vermeintlich zwingenden Landesgrenze wurden nicht gefragt. Die alte Ost-Diktatur brach zusammen, und die neuen West-Ver-ordnungen erwiesen sich als so behäbig, dass kulturelle Besonderheiten mit einem Feder-strich zur Seite geschoben wurden.Aus Sicht der Erfurter Landesregierung ist es natürlich nachvollziehbar, dass das ohnehin

kleine Bundesland Thüringen auf die etwa 100 000 Eichsfelder im Nordwesten nicht verzichten will. Sie befürchtet eine Kettenre-aktion, da es auch in Richtung Bayern Ab-spaltungstendenzen gibt. Eine Rolle spielen zudem die Finanzen: Die Haushaltslage im Landkreis Eichsfeld ist stabil.

Dass trotz dieser Einwände Grenzverschie-bungen zwischen Bundesländern möglich sind, bewiesen die Gemeinden des Amtes Neuhaus an der Elbe: Da es sich um Ort-schaften handelte, die historisch zu Hanno-ver gehörten, schlossen Mecklenburg-Vor-pommern und Niedersachsen 1993 – nach zähen Verhandlungen – einen Staatsvertrag. Entscheidend war, dass die betroffenen Ge-meinden sich einstimmig für den Wechsel aussprachen. Ob das auch im Eichsfeld denkbar ist? Die Gebietsreformdebatten in Niedersachsen und Thüringen bieten eine neue Chance, diese Frage endlich zu klären.

Worum geht es dabei? In Zeiten knapper öf-fentlicher Kassen gerät die Pflege der regi-onalen Kultur schnell unter die Räder. Dem kleinen Untereichsfeld droht in einem neuen südniedersächsischen Großkreis die Bedeu-tungslosigkeit. Ähnliches deutet sich für das Oberreichsfeld an, das nach dem Willen der Erfurter Landesregierung ebenfalls mit den Nachbarkreisen fusionieren soll.

Vor diesem Hintergrund stößt Heiligenstadts Landrat Werner Henning (CDU) eine wichti-ge Debatte an. Warum werden die Bürger, die in den historischen Grenzen des Eichs-feldes leben, nicht gefragt, wo und wie sie leben wollen? Es wird höchste Zeit für eine Volksbefragung!

Verwaltungsverordnungen und Ländergren-zen haben nicht zuerst der Politik, sondern den Menschen zu dienen.

Der Autor dieses Beitrages ist gebürtiger Lan-genhagener und USA-Korrespondent des Mad-sack-Verlags, zu dem das Eichsfelder Tageblatt gehört. Er berichtete für das Tageblatt seit 1985 aus dem Obereichsfeld, zwischen 1990 bis 1993 war er Leiter der Tageblatt-Redaktionsstandorte Leinefelde und Heiligenstadt.

126 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 9: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Das Eichsfeld. Karte im Eichsfelder Heimatmuseum Heiligenstadt von Heinz Heinlein (1917-2005). Grafisch bearbeitet von Oliver Ziesing 1990.

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 127

Page 10: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Vereinigtes Eichsfeld?Mögen doch die Eichsfelder selbst entscheiden!

von Helmut Mecke

Als Herausgeber der „Eichsfelder Heimatzeit-schrift“ versteht es sich von selbst, dass ein vereintes Eichsfeld meinem Ideal entspräche. Die „Eichsfelder Heimatzeitschrift“ ist monat-liches Sprachrohr des gesamten Eichsfel-des sowie für die Eichsfelder in der Fremde. Bei allem Wunschdenken bin ich allerdings Realist genug und sehe auch die mit einer Zusammenführung verbundenen Probleme. Seit der Wende setze ich mich intensiv dafür ein, das Kulturgut und die Traditionen des gesamten Eichsfeldes zu fördern und zu be-wahren. Zudem habe ich familiäre Wurzeln im Unter- wie auch im Obereichsfeld.

Vor 1116 Jahren, im Jahre 897, wurde das Eichsfeld erstmals urkundlich erwähnt. 1022 kam es unter mainzische Herrschaft. Durch territoriale Zukäufe der Mainzer Kurfürsten wurde das Eichsfeld im Laufe der folgenden Jahrhunderte geografisch immer weiter aus-gedehnt, und es entwickelte sich in dieser Mainzer Exklave eine fast 800 Jahre lang gewachsene gemeinsame Kultur, die stark durch die katholische Obrigkeit geprägt wur-de. Aus dieser Zeit stammt der überlieferte Ausspruch „Unterm Krummstab ist gut le-ben“. Dieser Ausspruch ist aus meiner Sicht besonders interessant vor dem Hintergrund, dass durch das Eichsfeld eine Sprach-linie verläuft. Während die Mundart der Obereichsfelder ein hochdeutscher Dialekt ist, sprechen die Untereichsfelder das nie-derdeutsche Platt. Es gibt aber nicht nur Un-terschiede im sprachlichen Bereich, sondern demzufolge auch in der Mentalität, sodass man das gesamte Eichsfeld nicht zwingend einem der heutigen Bundesländer Thüringen, Niedersachsen oder Hessen eindeutig zuord-nen kann.

Infolge des Wiener Kongresses kam es 1815 zu einer Teilung des Eichsfeldes. Der größere Teil um Heiligenstadt fiel an das Königreich Preußen. Der kleinere Teil um Duderstadt wurde dem Königreich Hannover zugeschla-gen. In der daraus bis heute resultierenden

fast 200-jährigen politischen Trennung haben sich natürlich die Teile des Eichsfeldes un-terschiedlich unter den jeweiligen Gegeben-heiten entwickelt. Besonders schmerzlich hat die Eichsfelder die vier Jahrzehnte andauern-de unmenschliche Trennung durch die ehe-malige DDR getroffen. Dennoch konnten die familiären und landsmannschaftlichen Bande nicht zerschnitten werden. Das Zusammen-gehörigkeitsgefühl der Eichsfelder habe ich bei vielen Besuchen in der damaligen DDR und ganz besonders 1989 nach der Grenz-öffnung bis heute in überwältigender Weise erlebt.

Bedingt durch die außergewöhnliche histo-rische Entwicklung und seine Kultur hat das Eichsfeld eine ungewöhnlich große Dichte an regionaler Literatur vorzuweisen, an der un-ser seit über 100 Jahren bestehender Verlag einen nicht unwesentlichen Anteil hat. Es ist mir ein persönliches Anliegen, die vielfältige Eichsfelder Kultur, Traditionen und Identität zu bewahren und zu fördern. Daher ist eine Einheit des Eichsfeldes für mich erstrebens-wert.

Die Diskussion um ein vereinigtes Eichsfeld ist jetzt allerdings letztendlich wegen mögli-cher finanzieller Zwänge in Thüringen wie-der angestoßen worden und kommt - soweit ich es erkennen kann - nicht direkt aus der Eichsfelder Bevölkerung, die sich heute über fünf Landkreise aufteilt. So wurde bisher das Schicksal der Eichsfelder immer politisch be-stimmt - ohne Mitspracherecht der Beteilig-ten. Nun ergäbe sich theoretisch die Mög-lichkeit, das Eichsfeld im Bundesland Nie-dersachsen zu vereinen. Darüber hinaus sind sicher auch noch andere Varianten denkbar. Könnte dies nicht ein Anlass für eine Befra-gung und Abstimmung der Eichsfelder sein, ob das Eichsfeld in Zukunft nur als geografi-scher Begriff für eine Region weiter genannt werden oder aber - wie bereits jahrhunderte-lang unter Kurmainz - eine politisch ungeteilte Einheit bilden soll?

128 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 11: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Quo vadis, Eichsfeld?Gedanken zu Sinn und Chancen eines vereinten Eichsfeldes

Seit einigen Wochen veröffentlichen Tages-zeitungen z. T. recht umfangreiche Beiträge über eine beabsichtigte Kreisgebietsreform im Freistaat Thüringen, in denen - wie auch in beigefügten Lesermeinungen und Stel-lungnahmen von Amtsträgern sowie Vertre-tern verschiedener Parteien und Gruppierun-gen - das Thema recht kontrovers diskutiert wird.

Die „Eichsfelder Heimatzeitschrift“, die sich als „Monatsschrift für alle Eichsfelder“ sieht, möchte in diesem Fall nicht weiter nur Be-richterstatter über Vollendetes, unwiderruflich Festgelegtes sein, sondern mit Blick auf die Zukunft des Eichsfeldes über die Vielgestal-tigkeit der Betrachtungsweisen, Meinungen und Chancen informieren, auch wenn derzeit

von einer „Bestandsgarantie“ für den Land-kreis Eichsfeld die Rede ist.

Unter dem Titel „Quo vadis, Eichsfeld?“ wol-len wir uns mit dem Sinn einer Gebietsverän-derung, deren Notwendigkeit oder Unterlas-sung, den Möglichkeiten einer historischen Zäsur durch Herstellung einer eichsfeldi-schen Einheit und relevanten Details befas-sen und baten deshalb eine Reihe von Eichs-feldern, aus dem Eichsfeld Stammende oder mit diesem Verbundene, uns ihre Meinung zu diesem Thema schriftlich mitzuteilen, um diese im Wortlaut veröffentlichen zu können.

Auf den folgenden Seiten können Sie, liebe Leser, die ersten Stellungnahmen lesen, aber uns auch - in möglichst kurzer Fassung - Ihre Ansichten übermitteln.

Abb. 1: „Charta von dem Eichsfeld so Chur-Meinzische Hoheit nebst dem Mühlhäuser Gebiete“ vom Kartografen Johann Georg Schreiber, gedruckt 1749 in Leipzig. In: Hüther, Karl J.: Das Eichsfeld im Bild alter und neuer Karten. Duderstadt 1997, S. 35.

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 129

Page 12: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Die Redaktion hat z. T. die Überschriften so-wie bei außerhalb des Eichsfeldes Wohnen-den deren Herkunftsort hinzugefügt.

Sinnvoll: Vereinigung von Ober- und Untereichsfeld

Für mich wäre eine Gebietsreform nur sinn-voll, wenn die beiden Teile des Eichsfeldes durch eine Gebietsreform wieder vereinigt würden, was aber an der Ländergrenze scheitern wird.

Nur eine Vereinigung des [Alt]Kreises Du-derstadt mit dem Kreis Eichsfeld würde den Besonderheiten des Eichsfeldes gerecht.

Prof. Dr. Burghard von Westernhagen, Teis-tungen

Zusammenhalt des Eichsfeldes und seiner Bewohner

über alle Grenzen hinweg „Der innere Zusammenhalt einer Gesellschaft wird immer durch kulturelle Überzeugungen gestiftet. Märkte, Geld und Politik halten eine Gesellschaft nicht zusammen“, stellte unser Bundestagspräsident Norbert Lammert ein-mal fest. Er wird sich kaum mit dem Eichsfeld befasst haben, dabei ist die Geschichte des Eichsfeldes zu allen Zeiten der beste Beweis für seine Aussage. Dessen Zusammenhalt bewirkten nach meiner Überzeugung das Elend des Dreißigjährigen Krieges und die anschließende Politik des Kurfürsten Johann Philipp Schönborn († 1673).

Die Teilnehmer am Wiener Kongress 1815 haben bei der Neuordnung Europas nur ihre eigenen Einfluss- und Machtbereiche gese-hen und nicht geprüft, was zusammengehört. Sie waren an Einwohnerzahlen, nicht aber an den Menschen interessiert. So entstand vor 200 Jahren die Grenze durch das Eichs-feld, die leider nach 1945 zum „Eisernen Vorhang“ wurde. Bei der Verwaltungsreform in Niedersachsen 1972 wurden die Grund-sätze der „Weberkommission“ im Falle des Eichsfeldes mit Füßen getreten, denn danach hätte man auf alte Kulturgrenzen Rücksicht nehmen müssen. Aber es passte nicht ins politische Kalkül. Dem Obereichsfeld ging es

in der DDR nicht anders. Die Zuordnung aller Eichsfelddörfer zu einer der eichsfeldischen Städte oder Zentren war weder hüben noch drüben gewollt.

Ich glaube nicht daran, dass in absehbarer Zukunft die Märkte, das Geld oder die Politik ein Interesse daran haben, die Einheit des Eichsfeldes wiederherzustellen. Selbst die katholische Kirche wird damit Probleme ha-ben, denn was wäre das Bistum Erfurt ohne das Obereichsfeld? Auch die Neugründung der Diözese Hildesheim 1824 wäre ohne das Untereichsfeld undenkbar gewesen. Doch zum Glück ist Glaube nicht an politische und kirchliche Grenzen gebunden.

Lasst uns also - trotz des Versagens von Märkten, Geld und Politik - im Blick auf die Gesellschaft als gute Staatsbürger und Christen am Zusammenhalt des Eichsfeldes und seiner Bewohner arbeiten – über alle Grenzen hinweg!

Wolfgang Damm, Bischöfl. Kommissar des Untereichsfeldes i. R., Duderstadt

Eichsfeld mit Prägekraft in ThüringenIch kam als Heimatvertriebener nach vielen Umwegen ins Eichsfeld. Hier fand ich die Heimat meiner Frau, unserer Kinder und schließlich meine Heimat. Als ich hier ankam, gehörte das Eichsfeld einesteils zum Bezirk Erfurt und andernteils zur Bundesrepublik Deutschland. Für mich spielte das keine Rolle. Die Menschen hier mit ihrer konkreten Prägung waren bedeutsam für mich. Und die Kultur unserer Dörfer, die Kultur unserer Kir-chengemeinden, die Quellen dieser Kultur, das besitzt für mich einen unschätzbaren Wert.

Dass es heute den Eichsfeldkreis mit dem Obereichsfeld gibt, ist das Geschenk einer großen geschichtlichen Stunde. Das Eichs-feld besitzt das „Zeug“, ein eigenständiger Kreis zu sein und zu bleiben. Das muss nicht mehr bewiesen werden, das ist gelungene Wirklichkeit.

Es wäre für den Freistaat Thüringen und die Diözese Erfurt ein schwerer Verlust, würde

130 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 13: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

- Montag Ruhetag -

(warme Verarbeitung)

Wir empfehlen Ihnen aus eigener Herstellung unsere Dosenwurst: Leberwurst, Mettwurst, Sülze, Eisbein, Rotwurst, Weckewurst und Schwartenwurst

Unsere weiteren Spezialitäten: Stracke, Feldgieker, Krumme

Fleischerei Weber – Eichsfelder Wurstspezialitäten GmbH37308 Heiligenstadt, Richteberg 20, Tel. 0 3606 / 613193Filiale: Langer Rain, 37308 Reinholterode, Tel. 03 6085 / 4 0316

Versand durch: Fleischerei Weber, HeiligenstadtRichteberg 20Tel. 0 36 06 / 61 31 93

Original Eichsfelder Wurstwaren

man diesen Eichsfeldkreis fortstreichen oder gar fortziehen lassen. Und für das Eichsfeld gilt dasselbe. Ich kann keinen Unterschied darin sehen, ob der Eichsfeldkreis als „Ge-winnmasse“ in Thüringen oder in Nieder-sachsen seine Selbstständigkeit verliert und damit untergeht.

Ich werde mich immer dafür einsetzen, dass der Eichsfeldkreis politische und kulturelle Prägekraft im Freistaat Thüringen bleiben kann. Der Papstbesuch hat andererseits wieder gezeigt, dass das Unter- und das Obereichsfeld zwar politisch unterschiedlich eingebunden sein kann, in seinem Wesen aber dennoch untrennbar zusammenge-hört. Es ist ein Ganzes, weil Heimat immer ein Ganzes ist und politische Grenzen daran nichts ändern.

Johann Freitag, Diakon i.R., Heiligenstadt

Landkreise Göttingen, Northeim, Osterode und Eichsfeld

zusammenschließenDie Gedankenspiele aus dem Landkreis Eichsfeld, sich nach Niedersachsen zu orien-tieren, sind Anlass für mich, über die realis-tischen, aber auch visionären Möglichkeiten nachzudenken. Ich bin der älteste Sohn des langjährigen Oberkreisdirektors Dr. Matthias

Gleitze und erinnere mich noch gut an die Pläne der Landesregierung in der Mitte der 1960er Jahre, die kleinen Kreise aufzulösen und größeren Einheiten zuzuschlagen. Mein Vater war damals ein Verfechter des Erhalts des Landkreises Duderstadt mit dem Ar-gument, dass bei einer Vereinigung beider Deutschlands die Option, einen gemeinsa-men Kreis Eichsfeld (Unter- und Obereichs-feld) aus historischen Gründen zu schaffen, offen bleiben müsse.

Ich sehe die Plakate noch vor mir: „Hände weg vom Eichsfeld“. Mein Vater wurde Ende 1967 nach fast 20 Jahren als Oberkreisdi-rektor (heute Landrat) pensioniert, und 1972 ging der Landkreis Duderstadt in den Land-kreis Göttingen, und Lindau ging an den Landkreis Northeim.

Die neuen Gedankenspiele, den Landkreis Eichsfeld aus Thüringen herauszulösen und Niedersachsen zuzuschlagen, sind meines Erachtens unrealistisch.

Trotzdem will ich diesen Gedanken einmal zur Grundlage machen, inwiefern das Eichs-feld politisch vereint werden könnte. Hierzu müsste meines Erachtens der ganz große Wurf getätigt werden, da es sicher von den Untereichsfeldern nicht gewollt ist, Heiligen-stadt zur Landkreishauptstadt auch für das

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 131

Page 14: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Untereichsfeld werden zu lassen, und die Obereichsfelder würden sicher nicht Duder-stadt als Landkreishauptstadt des Großkrei-ses Eichsfeld akzeptieren.

Göttingen ist nun mal das wirtschaftliche und auch verkehrsmäßige Zentrum Südnieder-sachsens und Nordthüringens. Daraus fol-gert, dass eine Vereinigung von Ober- und Untereichsfeld nur innerhalb einer größeren Gebietskörperschaft machbar wäre. Hierzu würde sich anbieten, die Landkreise Göt-tingen, Northeim, Osterode und Eichsfeld zusammenzuschließen. Damit käme auch Lindau wieder in eine politische Einheit mit dem übrigen Eichsfeld. Die Frage, ob diese Gebietskörperschaft zu groß wäre (immerhin 576.000 Einwohner und 3.960 km²), ist durch Beispiele zu widerlegen. Die Region Hanno-ver hat mehr als 1,1 Millionen Einwohner und der Landkreis Mecklenburgische Seenplat-te 5.468 km². Die Region Hannover, in der ich in der Stadt Springe wohne, wird effektiv verwaltet und hat z. B. die Probleme der be-ruflichen Bildung (hier kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, da ich bis vor Kurzem Oberstudiendirektor einer Berufsbildenden Schule mit 3.100 Schülerinnen und Schülern in Hannover war) und des öffentlichen Ver-kehrssektors hervorragend gelöst, gerade weil es sich um eine recht große Gebiets-körperschaft handelt.

Der möglicherweise aufkommenden Kritik bezüglich der Entfernungen zum politischen Zentrum Göttingen kann dadurch entgegen-getreten werden, dass es Verlagerungen von öffentlichen Aufgaben, die vor Ort besser zu lösen sind, auf die Städte und Gemeinden geben müsste, wobei es natürlich auch be-treffs der Verteilung der öffentlichen Gelder zwischen Landkreis, Städten und Gemein-den eine gerechte Lösung geben müsste. Die Vision einer Vereinigung des Ober- und Untereichsfeldes ist für mich von außen be-trachtet nur auf dem oben beschriebenen Weg möglich.

Dr. Matthias Gleitze, Oberstudiendirektor a. D., Springe [Duderstadt]

Zusammengehörigkeitsgefühl erwächst nicht aus Verwaltungsstrukturen

Meine Meinung ist sehr klar. Ich halte nichts davon, im Rahmen der Gebietsreform in Thüringen einen neuen Kreis zu bilden, der das Ober- und Untereichsfeld vereinigen könnte.

Meine Begründung: Seit 1802 hat es keine gemeinsame Verwaltung für das gesamte Eichsfeld gegeben. Warum sollten daher jetzt neue Strukturen geschaffen werden, die seit über 200 Jahren so nicht mehr existiert ha-ben. Bei einem solchen neuen Kreis müss-ten viele Probleme gelöst werden. Welche Gemeinden müssten aus den angrenzenden Kreisen in Niedersachsen, Hessen und Thü-ringen eingegliedert werden? Fühlen sich die wenigen überwiegend protestantischen Ort-schaften wohl in einem Eichsfeldkreis?

Meines Wissens gibt es auch Bestrebungen in Ost- und Südthüringen, eine Eingliederung nach Sachsen bzw. Bayern vorzunehmen. Was soll dann aus dem Bundesland Thürin-gen werden, das sich seit der Wende eine gewisse Identität erworben hat?

Ein Wechsel von einem zum anderen Bun-desland ist auch von der Verfassung her mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Eichs-felder und ihre Identifizierung mit dem geo-grafischen Gebiet ist nicht aus Verwaltungs-strukturen erwachsen, sondern hat ihren Ursprung und ihre Quelle in der Konfession. Über Jahrhunderte hinweg mussten sich die katholischen Eichsfelder gegen ihre protes-tantische Umgebung behaupten.

Auch gegen die Anfeindungen während des Kulturkampfes von 1874 bis ca. 1885 von Seiten des preußischen Staates und gegen die Unterdrückung durch das DDR-Regime von 1949 bis 1990 haben sich die Eichsfel-der gemeinsam und entschlossen zur Wehr gesetzt.

Diese von vielen Menschen in Deutschland bewunderte Haltung ist bis heute die Grund-lage für das ausgeprägte Gemeinschaftsge-fühl der Eichsfelder, das mit neuen Verwal-

132 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 15: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

tungsstrukturen keine Aufwertung erfahren würde.

Leo Engelhardt, Oberstudienrat i. R., Nord-horn [Nesselröden]

Nach der Kreisgebietsreform ist vor der Kreisgebietsreform

Mit dem Ziel der Schaffung von Synergie- und Einspareffekten im Verwaltungsapparat werden gegenwärtig verschiedene Fusi-onsmodelle einer Gebietsreform diskutiert, von einzelnen Beteiligten bereits favorisiert oder sogar – ohne Sanierungskonzepte und Schuldenausgleich in Form von landesseiti-gen Ausfallbürgschaften für hochverschulde-te Landkreise – zu Recht abgelehnt.

Dazu sei angemerkt, die Zusammenlegung von Landkreisen ist die logische Konsequenz aus einem langjährigen Prozess, dessen Ur-sachen dem Bevölkerungsrück-gang sowie der gegenwärtigen und der für die Zukunft prog-nostizierten Finanzsituation des Bundeslandes Thüringen und seiner Kommunen geschuldet sind. Doch was hat man gegen die Ursachen dieses Prozesses, der 1994 mit dem Abschluss der letzten Kreisgebietsreform be-gann, getan? Welche Konzep-te wurden seitdem erarbeitet? Welche mittel- und langfristig wirksamen Maßnahmen wurden eingeleitet?

Ich wünschte mir, die Vertreter aus Landes- und Kommunal-politik hätten diese Probleme innerhalb der vergangenen 19 Jahre genauso intensiv in den Medien diskutiert. Denn ohne Beseitigung der Ursachen, d. h. ohne die Umkehr des de-mografischen Wandels durch verstärkte Zuwanderung, ohne die Verminderung der Abwan-derung junger Menschen, ohne Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ohne die

Verbesserung der Haushaltssituation einzel-ner Landkreise wird die kommende Gebiets-reform nicht nachhaltig sein. Folglich würde man in 20 Jahren die nächste Reform disku-tieren: Nach der Kreisgebietsreform ist vor der Kreisgebietsreform.

Dr. Andreas Degenhardt, staatl. geprüfter Lebensmittelchemiker, Erftstadt [Wüstheu-terode]

Einheit von Lindau bis Wendehausen

Zur Jahreshauptversammlung des Eichsfel-der Heimatvereins Hülfensberg und Werratal am 14. März 1993 in Geismar stimmten alle Mitglieder einer Resolution zu, in der wir die damaligen Pläne der Thüringer Landesregie-rung zu einer Kommunalreform begrüßten, aber forderten, dass weitere Verhandlungen folgen müssten, um alle Eichsfeldorte des

Abb. 2: Ansichtspostkarte des Verlags Hugo Wetzel, Dingel-städt, um 1905. Sammlung Verlag Mecke, Duderstadt.

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 133

Page 16: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Kreises Mühlhausen und alle Orte des Un-tereichsfeldes im neuen Eichsfeldkreis zu vereinigen.

Wir sahen eine historische Chance für das Eichsfeld, die bestehende geistige Einheit auch administrativ zu verwirklichen, und die Pflicht, uns nachdrücklich für diese Einheit einzusetzen.

Ich stehe auch heute noch zu meinen da-maligen persönlichen Aussagen und zu den Forderungen der Resolution von 1993.

Albert Kohl, Vorsitzender des Eichsfelder Heimatvereins Hülfensberg und Werratal i. R., Eschwege [Großtöpfer/Geismar]

Eine Frage der Staatsräson?Die derzeitige Debatte basiert auf finanziel-len Erwägungen. Das wird oft kritisiert. Aber genau darum geht es. Es sollen Verwaltungs-räume geschaffen werden, die langfristig über einen investitionsfähigen und soliden Haushalt verfügen, um eine effiziente Selbst-verwaltung zu gewähren.

So hat der Landkreis Eichsfeld eine gute Haushaltslage. Er hat demnach in den letz-ten Jahren und Jahrzehnten vieles richtig ge-macht. Im Umkehrschluss heißt das, dass in Thüringer Nachbarkreisen einiges versäumt wurde. Es ist daher verständlich, dass der LK Eichsfeld diese Versäumnisse durch eine Schuldenbeteiligung nicht mittragen will. In Zeiten demografischer und fiskalischer Schieflagen kann man aber nicht geltend machen, einen historischen Kulturraum in Deckungsgleichheit mit Landesgrenzen zu bringen.

Daher gilt: Der Landkreis muss eine gewisse „Staatsräson“ zu Thüringen zeigen. Gerade jetzt, da Thüringen Einwohner und Wirt-schaftskraft einbüßt und die Verschuldung steigt. So wie Eichsfelder darauf vertrauten, Investitionen und Subventionen aus Erfurt bzw. dem Länderfinanzausgleich zu erhal-ten, müssen auch andere Thüringer Gebiete darauf bauen können, dass das wirtschaftlich stabile Eichsfeld solidarisch hilft – auch wenn es wehtut. Es lässt bei anderen Thüringern

berechtigten Argwohn entstehen, wenn man sich mit Niedersachsen ein „Filetstück her-auspicken“ will.

Es wird ferner etwas diskutiert, das ohnehin wegen zu hoher rechtlicher Hürden nicht realisierbar ist. Bei der kommunalen Zuge-hörigkeit steht dem Kreis keine Hoheit im Sinne eines „Wünsch-dir-was“ zu. Es würde des Öfteren ein In-Frage-Stellen der Lan-deszugehörigkeit seitens anderer Gebiete resultieren, wenn man es dem Eichsfeld als Präzedenzfall erlaubt, aus fiskalischen Grün-den zu wechseln. Auch andere Kreise haben historische oder monetäre Begehrlichkeiten, in ein Nachbarland zu wechseln. Müsste man das dann nicht auch gestatten? Ist ein Land dann noch dauerhaft regierbar?

Mathias Degenhardt, Gymnasiallehrer, Ha-meln [Wüstheuterode]

Landkreis Eichsfeld als Kreisgebiet für alle Eichsfeldorte

Die Kreisgebietsreform wird kein Wunsch-konzert sein. Die Entscheidungsträger wer-den gesetzlichen Vorlagen folgen müssen und durch übergeordnete Zwänge eine Än-derung herbeiführen oder auch nicht. Ich möchte hier meine Meinung äußern, wobei meine Gedanken mehr dem Wunschdenken und einer spontanen Eingebung folgen.

Durch meinen Geburtsort Neuendorf, wo ich auch meine Kindheit und Jugend verbrach-te, bin ich dem Sprach- und Milieukreis des Untereichsfeldes verwachsen. Wer bei uns über die „grüne Grenze“ die ehemalige DDR verließ, floh ins Hannoversche. Denn die Orte um Duderstadt waren durch den Wiener Kon-gress dem Königreich Hannover zugeordnet worden. Wir auf der östlichen Seite gehörten zum preußischen Eichsfeldteil.

Denke ich an die angestrebte Verwaltungsre-form im Freistaat Thüringen, so wünschte ich mir zunächst die Zugehörigkeit der Eichsfelder Dörfer aus dem jetzigen Unstrut-Hainich-Kreis zum Landkreis Eichsfeld. Damit verbindet sich auch die Hoffnung, dass unser Landkreis ei-genständig bleibt. Als eine nachfolgende Er-

134 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 17: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

weiterung würde ich dafür plädieren, dass die Eichsfeldorte des Altkreises Duderstadt auch zum Landkreis Eichsfeld kommen würden. So würde sich der Wunsch erfüllen, dass die Eichsfelder Orte unter einem Landkreis zu-sammengeführt würden. Das wäre ein Vorteil für Presse und Tourismus, für die Pflege der geprägten Kirchenlandschaft mit den Traditi-onen und Wallfahrten.

Diese Zusammenführung aller Eichsfelder Orte könnte auch die Eigenständigkeit des Landkreises für die Zukunft sichern. Ich den-ke auch, dass nicht nur eine Gebietsreform, d. h. Neuordnung des Territoriums, sondern auch die funktionale Neuordnung der Verwal-tung diskutiert werden sollte. So stellt sich die Frage: Was sollte besser vor Ort und in der Region entschieden werden? Was wäre klüger in der globalisierten Welt auf Bundes-ebene, ja sogar Europaebene zu regeln?

Je weltoffener und bunter sich die Gesell-schaft entwickelt, desto größere Bedeutung kommt der jeweiligen Region als Heimat und Kulturlandschaft zu.

So spreche ich mich aus für den Erhalt des Landkreises Eichsfeld als Kreisgebiet für alle Eichsfelder Orte und für die Zugehörigkeit zum Freistaat Thüringen. Das Letztere wäre mir aus geschichtlicher Entwicklung wichtig und wertvoll.

Franz Konradi, Pfarrer i. R., Uder

Mit Ausdauer und Mut rufen: „Wir sind ein Eichsfeld!“

Mein Denken ist sehr realitätsbezogen. Auf-grund meiner Erfahrungswelten innerhalb der DDR habe ich nie mit einer Öffnung der innerdeutschen Grenze gerechnet. Schließ-lich habe ich, Gott sei dank, erfahren, dass diejenigen recht hatten, die ich zuvor als re-alitätsferne Fantasten abgetan hatte.

Nun bin ich offener für Zukunftsvisionen ge-worden und ich frage mich: „Warum nicht?“ Warum nicht ein Eichsfeldkreis, in dem alle Eichsfeldorte und auch einige mehr vereinigt wären. Richtig verstanden werden wir weder in Erfurt noch in Hannover. In einem gesamt-

eichsfeldischen Landkreis hätten unsere Ideen und Lebensentwürfe aber mehr Ge-wicht. Warum soll die vom Wiener Kongress willkürlich gezogene Linie für alle Ewigkeiten bestehen bleiben? Ein erster Schritt wäre erreicht, wenn die überwiegende Mehrheit der Eichsfelder einen gemeinsamen Kreis Eichsfeld wünschte. Wenn wir uns einig wä-ren: „Wir sind ein Eichsfeld!“ Ja, genau das sollten wir tun, mit Ausdauer und Mut rufen: „Wir sind ein Eichsfeld!“ Vielleicht eröffnet sich dann auch ein politischer Weg.

Peter Anhalt, Vorsitzender des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde, Steinbach

Bestandsgarantie für den Landkreis Eichsfeld

Der Landkreis Eichsfeld dürfte sicher eine der besten Entwicklungen in den Nachwen-dejahren für sich behaupten. Dafür stehen hohe Investitions- und Beschäftigungsquo-ten, überschaubare Sozialkosten und nicht zuletzt sehr gute kaufmännische Zahlen in den öffentlichen Haushalten. Der Landkreis selbst hat keine Kassenkredite und finanziert sich mit einer der geringsten Kreisumlagen in Thüringen.

All dieses schien in dem sogenannten „Ex-pertengutachten“, welches zur Verfasstheit des Freistaates Thüringen von der Landes-regierung in Auftrag gegeben worden war, überhaupt keine Rolle zu spielen. Nach die-sem sollen die Landkreise halbiert werden, was für uns einen Zusammenschluss mit dem Landkreis Nordhausen nach sich zie-hen würde. In der Substanz bliebe hiernach für die Landkreise wesentlich nur noch die Finanzierungsverantwortung über gemeind-liche Umlagen übrig – die Aufgaben würden sich rein staatlich verdichten und zu einem Verschiebebahnhof für nicht mehr handhab-bare Verantwortungsbereiche des Landes in Aufgaben und Personal werden.

Diese Perspektive habe ich mit einem Zurück zur DDR-geprägten staatlichen Rechtsträger-schaft von Gemeindebelangen beschrieben und die Sorge geäußert, dass damit der we-sentliche Wendegewinn – nämlich die Ein-

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 135

Page 18: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

führung der kommunalen Selbstverwaltung – verloren gehen könnte.

In einem Interview mit dem MDR Thüringen erinnerte ich an historische Erfahrungen, dass das heute thüringische Eichsfeld immer wieder seinen Blick nach Duderstadt gerich-tet hat, wenn sich die eigene Situation durch politische Restriktionen zu verschlechtern drohte. So war es 1918, als es um ein „Groß-thüringen“ ging, und so war es auch im Ja-nuar 1990, als die Sorge vor einer Restaura-tion der DDR die Runde machte. Die Medien griffen dieses Thema auf eigene Weise auf.

Mit der am 16. März 2013 auf dem Jahres-treffen der Eichsfelder Mittelstandsvereini-gung von der Thüringer Ministerpräsidentin ausgesprochenen „Bestandsgarantie“ für den Landkreis Eichsfeld ist nunmehr hoffent-lich die Klarheit eingetreten, die wir gesucht haben und auch brauchen.

Dr. Werner Henning, Landrat des Landkrei-ses Eichsfeld

Redaktion des Gesamtbeitrags: Josef Keppler (Wird fortgesetzt.)

Die Obereichsfelder Kleinbahn nahm vor 100 Jahren ihren Betrieb auf

von Paul Lauerwald

Am 13. April 1913 wurde die Obereichsfel-der Kleinbahn Silberhausen-Hüpstedt mit der Eröffnung für den Personenverkehr feierlich eingeweiht. Diesem Tag war nicht nur die schon ab 17. Januar 1913 erfolgte Nutzung für den Güterverkehr auf allerdings noch behelfsmäßig errichteten Anlagen voraus-gegangen, sondern ein nahezu 16-jähriges Ringen um den Bau einer solchen Eisen-bahn. Bereits am 20. Dezember 1897 wandte sich ein aus Beberstedter und Mühlhäuser Bürgern bestehendes Komitee an den Re-gierungspräsidenten des Regierungsbezirks Erfurt der preußischen Provinz Sachsen und bat in einer Petition um den Bau einer Bahn von Ebeleben über Keula und Beberstedt nach Silberhausen oder Leinefelde. Ziel die-ser Bemühungen war die Überwindung der zunehmenden wirtschaftlichen und verkehrli-chen Isolierung der abseits der bestehenden Eisenbahnlinien liegenden Orte.

Dass das zu diesem Zeitpunkt erfolgte, hat auch etwas mit dem Erlass des preußischen Kleinbahngesetzes im Jahre 18921 zu tun. Mit diesem Gesetz sollte insbesondere ein Beitrag zur Strukturförderung des ländlichen Raums geleistet werden, in dem sowohl der Bau weniger kostenaufwendiger Bahnen „niedriger Ordnung“ ermöglicht und deren Rechtsstatus verbessert werden sollte. Für

diese Bahnen wurde wegen der beschränk-ten Geschwindigkeits- und Lastverhältnisse und der zu erwartenden geringeren Frequen-tierung ein niedrigeres technisches Ausstat-tungsniveau gefordert, wodurch ein kosten-günstigerer und wirtschaftlicherer Bau und Betrieb solcher Eisenbahnen ermöglicht wer-den konnte.2 Dieses Gesetz belebte auch auf dem Eichsfeld den Eisenbahngedanken aufs Neue und führte zu vielfältigen Initiativen hin-sichtlich der Schaffung neuer Bahnstrecken und der Verdichtung des Zugangsnetzes zu den Eisenbahnen.

Im Jahre 1900 wurde von einem Komitee in Beberstedt erneut die Forderung nach ei-nem Bahnanschluss aufgemacht. Als 1901 die Greußen-Ebeleben-Keulaer Eisenbahn (GEKE) auf der Gesamtstrecke den Betrieb aufnahm, schien deren Verlängerung über Zaunröden-Hüpstedt und Beberstedt nach Silberhausen mit Übergang auf die Staats-bahnstrecke Gotha-Leinefelde nur eine Frage der Zeit. Im Dezember 1905 bildete sich in Hüpstedt ein Ausschuss, der dieses bewir-ken wollte. Er blieb jedoch ohne Erfolg. Der Erbauer und Betreiber der GEKE, Herrmann Bachstein, hatte bereits 1901 eine Verlänge-rung seiner Bahn bis Silberhausen erwogen, verfolgte diese Überlegungen jedoch wegen der zu erwartenden Verluste nicht weiter.

136 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 19: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Eichsfelder Heimatzeitschrift-Abo zum Abo-Vorzugspreis von nur 25,-- €Ê incl. 7 % MWSt. im Jahr, inklu-sive Versandkosten. Für das laufende Jahr zahle ich nur noch den anteiligen Preis ab dem ersten Bezugsmonat. Das Abonnement ist jederzeit zum Jahresende kündbar. Kündige ich nicht, besteht das Abo für das nächste Kalenderjahr fort. Ja, ich möchte die Eichsfelder Heimatzeitschrift abonnieren. Schicken Sie mir die Eichsfelder Heimatzeit-

schrift monatlich ab Heft /Monat .................................... an die unten angegebene Adresse.

Eichsfelder Heimatzeitschrift-Geschenk-Abo Ja, ich möchte ein Eichsfelder Heimatzeitschrift-Abo verschenken. Zu den gleichen günstigen Zahlungskonditionen

wie beim normalen Abo. Zur Überreichung an die beschenkte Person erhalte ich persönlich eine Geschenk-Urkunde. Das Geschenk-Abo soll gelten (Zutreffendes ankreuzen) bis Ablauf des Jahres 20 .........

zunächst ohne zeitliche Begrenzung, aber mit jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit zum Jahresende.

Bitte schicken Sie die Eichsfelder Heimatzeitschrift monatlich ab Heft /Monat ................................... an:

Name und Anschrift der beschenkten Person (bitte in BLOCKSCHRIFT ausfüllen)

..............................................................................................................................................................................

..............................................................................................................................................................................Adresse des Bestellers: (Bitte in BLOCKSCHRIFT ausfüllen)

..............................................................................................................................................................................Name, Vorname Straße, Nr.

..............................................................................................................................................................................PLZ, Ort Tel.

Ich bezahle durch Überweisung Ich spare 1,50 Euro und zahle sicher und bequem per Bankeinzug

.......................................................................................................................................................................................................Kreditinstitut Konto-Nr. BLZ

__________________________________________________________Datum, Unterschrift

Eichsfelder Heimatzeitschrift-Bestellcoupon

Bitte senden an Verlag Mecke · Postfach 1420 · 37107 Duderstadt (Eichsfeld) · Fax 0 55 27/98 19 39

Vorname Name ggfs. Geburtsname

Alter

Ein besonderer Service für unsere Leser

Ihre kostenlose private Kleinanzeige für die Rubrik PersonalienVeröffentlichung ohne Gewähr – für Druckfehler keine Haftung.

Aus Platzgründen können nur Eintragungen bis max. zwei Zeilen erfolgen. Veröffentlichungen in dieser Rubrik werden nur schriftlich und nur für die nächstfolgende Ausgabe beim Verlag entgegengenommen. Eine telefonische Übermittlung und Übermittlung per E-Mail können nicht bearbeitet werden. Eine redaktionelle Bearbeitung behält sich der Verlag vor. Redaktionsschluss ist der 10. des Vormonats.

Anzeige hier abtrennen und per Post oder Fax senden anMecke Druck und Verlag · Postfach 1420 · 37107 Duderstadt (Eichsfeld) · Fax 0 55 27/98 19 39

Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen!

Wir gratulieren zum Geburtstag zur silbernen Hochzeit

zur goldenen Hochzeit zur diamantenen Hochzeit

Verstorben Eintrag aufnehmen unter Ort

Datum und Unterschrift

---------------------------------------------------------------------------------------------------------

Hiermit ermächtige(n) ich (wir) Sie, die Bezugsge-bühren der Eichsfelder Heimatzeitschrift von meinem (unserem) Bankkonto durch Lastschrift einzuziehen.

Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 163

Page 20: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

Herausgeber: Helmut Mecke, 37115 Duderstadt (Eichsfeld)

Eichsfelder Heimatzeitschrift - Die Monatsschrift für alle EichsfelderInternet: www.meckedruck.de/eichsfeld

Redaktionsadresse: Eichsfelder Heimatzeitschrift Postfach 1420, 37107 Duderstadt (Eichsfeld), Fax (05527) 98 19 39Christian-Blank-Str. 3, 37115 Duderstadt

Manuskripte und Fotos senden Sie bitte ausschließlich an die Redaktion. Eine Ver-öffentlichung kann nur honorarfrei erfolgen. Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie uns zu einem Ausdruck auch Ihre Text-Datei auf Datenträger oder über eine E-Mail zur Verfügung stellen würden. Für unaufgefordert zugesandte Unterlagen wird keine Gewähr übernommen. Eingangsbestätigungen erfolgen nicht. Eine persönliche Abgabe von Manuskripten ist im Verlagsbüro Mecke Druck, Christian-Blank-Str. 3, 37115 Duderstadt (Eichsfeld), zur Weiterleitung an die Redaktion möglich. Die Ver-öffentlichung von Beiträgen kann nur vorgenommen werden, wenn diese eindeutig mit dem Namen und der Adresse des Autors bezeichnet sind. Manuskripte, die von der Redaktion nicht verwendet werden, können nur zurückgesandt werden, wenn der Einsender einen ausreichend frankierten Rücksendebriefumschlag beilegt. Eine Stellungnahme erfolgt nicht.Die Redaktion behält sich eine Kürzung der Beiträge vor. Aufsätze und Beiträge geben ausschließlich die Meinung und den Kenntnisstand des Verfassers wieder. Redaktionsschluss ist am 10. eines jeden Monats.

Verlag, Herstellung und Anzeigenannahme:Mecke Druck und Verlag, Inh. Nils Mecke e.K.Postfach 1420, 37107 Duderstadt (Eichsfeld)

Telefon Vertrieb: (05527) 981922E-Mail: [email protected]ür Mitteilungen an die Vertriebsabteilung Eichsfelder HeimatzeitschriftTelefon Anzeigenberatung:(05527) 98 19 20, Fax (05527) 98 19 39RG Göttingen HRA 101158Anzeigenschluss am 20. eines jeden MonatsAdressenänderungen werden vom Verlag nur schriftlich entgegengenommen.

Kündigungen sind nur zum Jahresende möglich.

Zahlungen für die »Eichsfelder Heimatzeitschrift«Verlag Mecke Druck DuderstadtSparkasse Duderstadt Konto-Nr. 380 (BLZ 26051260)Bitte geben Sie bei Zahlungen oder Adressenänderungen immer Ihre Kundennummer an.Abonnement incl. Postzustellung und 7 % MWSt. jährlich 25,00 €Ausland 36,00 €, Einzelpreis 2,50 € + Porto, incl. 7 % MWSt.Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages oder in Fällen höherer Gewalt keine Entschädigung.Die Eichsfelder Heimatzeitschrift erscheint jeweils am Monats-anfang.

Redaktion: Gerhard Germeshausen, Josef Keppler, Helmut Mecke, Edgar Rademacher

E-Mail-Adresse für Beiträge u. redaktionelle Mitteilungen:[email protected]

Beirat: Bernhard Berkhahn, Worbis, Wolfgang Friese,Heilbad Heiligenstadt, Ewald Holbein, Dingelstädt, Bertram Kieler, Struth, Paul Lauerwald, Nordhausen, Dr. Gerd Leuckefeld, Leinefelde, Herbert Pfeiffer, Duderstadt, Heribert Reinhardt, Duderstadt, Gerhard Rexhausen, Gieboldehausen, Anne Hey, Heilbad Heiligenstadt, Gerold Wucherpfennig, Seulingen

ISSN 1611-1648

Inhaltsverzeichnis

Titelbild: Historische Ansicht des Rustebergs, Sitz des kurmainzischen Vicedominus bzw. Oberamtmanns für das Eichsfeld zwischen 1123 und 1540. Zeichnung des Uderaner Pfarrers Johannes Flucke 1646 für Matthäus Merians „Topographia …“ sowie Wappen des Mainzer Kurstaates an der Mariensäule in der Duderstädter Marktstraße (1711).

Torsten W. Müller: Wie das Obereichsfeld zu Thüringen kam 121

Dieter Wagner: Kreisreform im Raum Göttingen 1965-1972 124

Stefan Koch: Höchste Zeit für eine Volks-befragung im Eichsfeld! 126

Helmut Mecke: Vereinigtes Eichsfeld? Mögen doch die Eichsfelder selbst entscheiden! 128

Quo vadis, Eichsfeld? Gedanken zu Sinn und Chancen eines vereinten Eichsfeldes 129

Paul Lauerwald: Die Obereichsfelder Kleinbahn nahm vor 100 Jahren ihren Betrieb auf 136

Johann Freitag: Spiegel unserer Seele – was uns prägt und was uns trägt. IV. Den Wegweisern trauen 141

Das historische Eichsfeldfoto 142

Wir gratulieren Josef Keppler: Dr. Helmut Godehardt 143 G.L.: Prof. Dr. Dr. Josef Koch 144

Berichte aus dem Eichsfeld 145

Kirche, Kultur und Traditionen 150

Aus den Eichsfelder Vereinen 150

Kennen Sie das Eichsfeld? 153

Kinderseite 153

Mundart 155

Fundsache 157

Buchvorstellungen 157

Veranstaltungen 159

Personalien 159

164 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder

Page 21: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7

180

181

NEUERSCHEINUNGJetzt besonders aktuell

Der 23. September 2011 ist für die Geschichte des Eichsfeldes ein herausragender Tag: Papst Benedikt XVI. besuchte den Wallfahrtsort Etzels-bach im Landkreis Eichsfeld und feierte dort mit mehr als 90.000 Pilgern eine Marianische Vesper.

Die Erinnerung an das einzigartige Ereignis bleibt durch diesen repräsentativen Bildband erhalten, der durch viele beeindruckende Fotos besticht und Texte enthält, die Erlebnisse erzählen und sehr per-sönliche Gedanken, tiefe Gefühle und unvergessli-che Eindrücke mitteilen.

Etwa 100 Bild- und Textautoren führen auf die Büh-nen und hinter den Vorhang des Geschehens; sie zeigen und beschreiben das Eindrucksvolle und Besondere, das an jenem Septemberfreitag den kleinen Wallfahrtsort Etzelsbach dauerhaft in eine historische Stätte verwandeln half.

Herausgeber und Redaktion übergeben ein an-schauliches Werk zu würdiger Erinnerung für Zeitzeugen und ein geschichtliches Dokument von bleibendem Wert für künftige Generationen.

Das Buch kann bezogen werden über alle Buchhandlungen und beim Verlag Mecke Druck, Postfach 1420, 37107 Duderstadt, Tel. 0 55 27 - 98 19 22, Fax 0 55 27 - 98 19 39 oder eMail [email protected]

Weitere Informationen mit Libreka-Leseprobe: www.meckedruck.de/9783869440620

56

57

EinleitungIm Mittelpunkt Deutschlands, im Eichsfeld,

zehn Kilometer von Heilbad Heiligenstadt und

1,5 km von Steinbach entfernt, liegt ein klei-

ner Marienwallfahrtsort. Einst gehörte er zum

Zisterzienserinnenkloster Beuren, seit dem 16.

Jahrhundert zur Pfarrei „St. Mauritius“ Stein-

bach. Die Wallfahrtskirche liegt in einem weiten

Wie sental. Hier stand vor Jahrhunderten ein

kleines Dorf. Wer sich Etzelsbach heute nähert,

sieht zunächst ein Lindenwäldchen, aus dem

eine Turmspitze herausschaut. Dann leuchtet

das Rot eines neugotischen Klinkerbaus aus

dem Grün der Blätter hervor. Die Kapelle birgt

ein Gnadenbild, eine Darstellung der Schmerz-

haften Muttergottes. Dieses Bildnis wird hier

seit Jahrhunderten verehrt. Besonders die Bau-

ern hatten es für sich entdeckt. Seit der ersten

Hälfte des 17. Jahrhunderts ist verbürgt, dass sie

ihre Pferde um die Kapelle führten. Der Segen

des Gnadenortes sollte auch auf die Tiere über-

gehen.Besonders zu den Wallfahrten, aber auch

wäh rend des ganzen Jahres, wird die Kapelle

mit ihrem Gnadenbild heute noch von vie-

len Menschen besucht. Der stille Ort ist den

Eichsfeldern ans Herz gewachsen. Es kommt

selten vor, dass hier keine Kerzen brennen. Der kleine Marienwallfahrtsort Etzelsbach

stand schlagartig im Mittelpunkt des Interesses,

als im Februar 2011 bekannt wurde, dass Papst

Benedikt XVI. im Rahmen seines Deutsch-

landbesuches hierher kommen würde. Schließlich feierten hier am 23. September 2011

über 90.000 Pilger zusammen mit dem Papst

eine Marianische Vesper.Zur Geschichte von EtzelsbachUm 1200

Im Leinetal wird das Zisterzienserinnenkloster

Beuren gegründet, das Mutterkloster aller wei-

teren eichsfeldischen Zisterzienserinnenklöster.

Das Kloster hat umfangreichen Besitz, u. a. auch

in Etzelsbach. Die dortige Kirche gehört eben-

falls dem Kloster. Ihr Marienpatrozinium deutet

auf den Einfl uss der Zisterzienserinnen hin.1Um 1400 Wahrscheinlich in dieser Zeit wird das Dorf

Etzelsbach aufgegeben, die ehemalige Dorf-

kirche bleibt bestehen. Nur mittelalterliche

Scherbenfunde künden von der einstigen

Sied lungsstätte.21525Im Bauernkrieg fi ndet „unßer liben frauwen Ker-

chen zcu Etzelßpache und des Bruders huße doran“

erstmals Erwähnung.3 Kirche und Haus wer-

den ein Opfer der Flammen, die Glocke wird

abtransportiert. Das Gotteshaus bleibt wüst

und wird zunächst nicht wieder aufgebaut.4Interessant ist, dass 1525 neben der Marienkir-

che ein Bruder wohnt. Es kann angenommen

werden, dass er sich auch um Pilger geküm-

mert hat. 1555 Im Eichsfeld wütet die Pest. Die Äbtissin des

Zisterzienserinnenklosters Beuren, Barba-

ra von Knorr, stirbt; das klösterliche Leben

kommt zum Erliegen. Etzelsbach ist Wüstung.

Um 1550 wird die Pfarrei Steinbach gegrün-

det. Später wird der Wallfahrtsort von Stein-

bach aus betreut.51 Die umfangreichste Publikation über das Kloster Beuren ist:

Dölle, Adalbert: Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Beu-

ren im Eichsfeld. Duderstadt 1998. Die aktuellste Darstellung

bietet: Egler, Anna: Beuren. In: Germania Benedictina IV: Die

Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und

Thüringen. Bd. IV-1, Sankt Ottilien 2011, S. 225-265.

2 Beim Bau eines Entwässerungsgrabens konnten Scherben ge-

funden werden. 3 Adalbert Dölle führt die Schadensliste vom 1. Juli 1525 komplett

auf. Sie liegt im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden, Loc.

9135, Bl 12 f. Dölle; Beuren (Anm. 1), S. 118-120.

4 Knieb, Philipp: Der Bauernkrieg auf dem Eichsfelde. In: Unser

Eichsfeld 7 (1912) S. 142.5 Anhalt, Peter: Steinbach. Beiträge zur Ortsgeschichte und Hei-

matkunde, Teil 1. Steinbach 1997, S. 24-25.

Etzelsbach in Geschichte und GegenwartPeter AnhaltEtzelsbach - ein eichsfeldischer Wallfahrtsort

Litanei zur Gottesmutter von EtzelsbachVorbeter: Mutter Gottes, wir rufen zu dir!

Alle: Mutter Gottes, wir rufen zu dir!V. Wir kommen, o Mutter der Schmer zen, zu dir heut' mit angstvollen Herzen!

A. Maria, wir rufen zu dir!V. Dein Gnadenbild, Fürstin der Frauen,erfüll uns mit tiefem Vertrauen. Bei dir sind wir alle geborgen mit unseren Ängsten und Sorgen. Denn du bist mit Herz und Gemüte ein Abglanz der ewigen Güte.V. Mutter Gottes, wir rufen zu dir!

A. Mutter Gottes, wir rufen zu dir!V. Zu dir hat seit uralten Tagendas Eichsfeld sein Herzleid getragen. Wer hat in notschweren Stunden hier Gnade und Tröstung gefunden? Auch hast du lieblich erhöret und uns deine Hilfe gewähret. Du hast uns in kriegsschweren Jahren gerettet aus allen Gefahren. Drum wollen mit dankbaren Weisen wir heute dich ehren und preisen.V. Mutter Gottes, wir rufen zu dir! A. Mutter Gottes, wir rufen zu dir!V. Du wirst auch in kommenden Tagenuns nie deine Hilfe versagen.So heile die Wunden, die bluten,und wend' unser Unglück zum Guten. Und woll' aus der Welt, aus der weiten, nach Haus uns're Lieben geleiten. Und die in Fremde verschieden, die führe zum ewigen Frieden. Uns all aber wolle bewahren vor Unheil und neuen Gefahren. O here Patronin, behüte dein Eichsfeld in sorgender Güte.

V. Mutter Gottes, wir rufen zu dir! A. Mutter Gottes, wir rufen zu dir!

Das Gnadenbild von Etzelsbach wird seit Jahrhunderten ver-

ehrt. Es ist das Herzstück der Wallfahrtsstätte. Viele Eichs-

felder waren besonders erfreut, dass Papst Benedikt XVI.

über dieses Gnadenbild meditierte und zum Ausgangspunkt

seiner Predigt wählte.

Die Herzen sind einander zugewandt

Papst Benedikt XVI. im Eichsfeld

Herausgegeben wird der Bildband von der Stiftung der Kreissparkasse Eichsfeld, Schriftleitung in der Verantwortung des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde e. V. (Redaktion: P. Anhalt, J. Keppler, J. Freitag, Dr. A. Beck, H. Mecke, T. Müller, T. W. Müller). Format 22 x 29 cm, 212 Seiten, be druckter Vor- und Nachsatz, Festeinband, 10 s/w- und 286 z.T. großformatige Farbabb. ISBN 978-3-86944-062-0

19,95 €

Im Eichsfeld wütet die Pest. Die Äbtissin des

Zisterzienserinnenklosters Beuren, Barba-

ra von Knorr, stirbt; das klösterliche Leben

kommt zum Erliegen. Etzelsbach ist Wüstung.

Um 1550 wird die Pfarrei Steinbach gegrün-

det. Später wird der Wallfahrtsort von Stein- Die umfangreichste Publikation über das Kloster Beuren ist:

Dölle, Adalbert: Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Beu-

ren im Eichsfeld. Duderstadt 1998. Die aktuellste Darstellung

bietet: Egler, Anna: Beuren. In: Germania Benedictina IV: Die

Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und

Thüringen. Bd. IV-1, Sankt Ottilien 2011, S. 225-265.

Beim Bau eines Entwässerungsgrabens konnten Scherben ge-

Adalbert Dölle führt die Schadensliste vom 1. Juli 1525 komplett

auf. Sie liegt im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden, Loc.

Knieb, Philipp: Der Bauernkrieg auf dem Eichsfelde. In: Unser

Anhalt, Peter: Steinbach. Beiträge zur Ortsgeschichte und Hei-

Das Gnadenbild von Etzelsbach wird seit Jahrhunderten ver-

ehrt. Es ist das Herzstück der Wallfahrtsstätte. Viele Eichs-

felder waren besonders erfreut, dass Papst Benedikt XVI.

über dieses Gnadenbild meditierte und zum Ausgangspunkt

rend des ganzen Jahres, wird die Kapelle

mit ihrem Gnadenbild heute noch von vie-

len Menschen besucht. Der stille Ort ist den

Eichsfeldern ans Herz gewachsen. Es kommt

A. Mutter Gottes, wir rufen zu dir!

154

155

28

29

Klemens Nodewald

Geschenk des Himmels

„Der Papst kommt! Zu uns! Nach Etzelsbach.

Wirklich, es ist kein Scherz!“ – die Stimme

meiner Schwester am Telefon jubelte und

überschlug sich fast. Irgendwie musste sie die

Sätze noch ein paar Mal wiederholen, wohl um

es am Ende endlich wirklich selbst zu glauben.

Ein „wunderbares Geschenk des Himmels“

kam mir so als einer der ersten Gedanken, ohne

schon länger über die Bedeutung des angekün-

digten Ereignisses nachgedacht zu haben. An

den Worten meiner Schwester zu zweifeln,

kam mir nicht im Geringsten in den Sinn, zu-

mal ich Papst Benedikt, wie ich ihn in früheren

Begegnungen kennengelernt hatte, eine solche

Tat bedenkenlos zutraute. Unser Papst war

schon ein bekannter Professor, ich ein kleiner

Student, als wir das erste Mal aufeinandertrafen

.

Ein Mann mit großem theologischen Wissen

und dennoch sehr bescheiden, das war der Ein-

druck, den ich von ihm gewonnen hatte. Sein

Plan, nicht nur in Großstädten und berühm-

ten Wallfahrtsorten aufzutreten, passte für mich

ganz zu seinem Charakter, so wie ich ihn erlebt

hatte.

Ein „Geschenk des Himmels“, dieser Gedan-

ke schlich sich immer neu bei mir ein, sobald

ich in der folgenden Zeit an das bevorstehende

Ereignis des Etzelsbach-Besuches durch den

Papst dachte. „Geschenk des Himmels“ – die-

ses Stichwort ließ mich nicht mehr los, und es

beschäftigt mich bis auf den heutigen Tag.

Ich glaube, dass Gott zu allen Zeiten zu uns

spricht: Durch Menschen, Situationen, Ereig-

nisse. Und so frage ich mich bis heute: Welche

Botschaft, welcher Anruf, welcher Hinweis,

welche Anregungen sollten uns durch dieses

außergewöhnliche, eigentlich nicht zu erwar-

tende Ereignis eines Papstbesuchs in Etzelsbach

vermittelt werden? Mir wäre es weitaus und

wirklich wesentlich zu wenig, dieses fast nicht

denkbare Ereignis lediglich als einen glückli-

chen Zufall zu bewerten. Der Papstbesuch in

Das Pilgerfeld in Etzelsbach füllt sich.

Page 22: Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April ... · Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 4 · April 2013 57. Jahrgang H 11859 Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7