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Aus dem pathologischen Institut der K~Snigl. Universit~ts- Frauenklinik zu Berlin. Die Plazentargefitsse als Kennzeichen fiir die Entstehung der Placenta marginata s. extra- chorialis. "Yon Prof. Dr. Robert Meyer. (Nit 3 Textfiguren.) Sehon in einer friiheren Arbeit (Dieses Archly, Bd. 89, It. 3) habe ieh reich mit diesem Gegenstande beschgftigt und bin auf Grund der Untersuehung eines FaUes yon ,~Plaeenta marginata ~, welche ich im Uterus in situ bei Graviditgt im vierten Mortar land, zu folgenden Befunden und Schtiissen gekommen: Als ~Plaeenta marginata ~* ist naoh dem Urheber des Namens, K~511iker, eine Plazenta zu bezeichnen, bei welcher Chorion laeve mit Decidua eapsularis nicht, wie es der Norm entspricht, am •usseren Rande des Mutterkuehens, sondern welter zentralw~rts ab- gehen; die Chorionhaut bedeekt also den zentrMen Teil der Plazentar- zotten, w/~hrend die periphere Zone frei davon ist. Diese ~extra- ehoriale ~ periphere Plazentarzone ist moist sehmal, 2--3 cm, zuweilen aber aueh sehr breit, sodass nut der kleinste Toil der Plazenta yore Chorion bekleidet ist. Die extraehoriale Zone kann einzelno Streoken der Plazentarperipherie odor den ganzen Umfang ringsum einnehmen. Die Bildung einer extrachorialen Zone bedeutet einen Naeh- wuehs yon Plazentarzotten fiber die ursprtingliehe ehoriMe Plazentar- anlage hinaus in die Peripherie, n/tmlieh in die Deeidua parietalis (s. vera), nnd tr~ge dem Nahrungsbediirfnisse des Fetus Reehnung. Die nieht genfigend umfangreiohe ehoriale Plazentarbildung kann ausgegliehen werden dutch Kapsularisplazentarbildung, dureh be- sonders starkes Tiefenwaehstum der Zo~ten in die Decidua basalis und die ihr anliegende Muskulatur~ also Plazentarverdickung und drittens dureh Fl~chenausdehnung der Zotten in der Peripherie tier

Die Plazentargefässe als Kennzeichen für die Entstehung der Placenta marginata s. extrachorialis

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Aus dem pathologischen Institut der K~Snigl. Universit~ts- Frauenklinik zu Berlin.

Die Plazentargefitsse als Kennzeichen fiir die Entstehung der Placenta marginata s. extra-

chorialis.

"Yon

Prof. Dr. Robert Meyer. (Nit 3 Textfiguren.)

Sehon in einer friiheren Arbeit (Dieses Archly, Bd. 89, It. 3) habe ieh reich mit diesem Gegenstande beschgftigt und bin auf Grund der Untersuehung eines FaUes yon ,~Plaeenta marginata ~, welche ich im Uterus in situ bei Graviditgt im vierten Mortar land, zu folgenden Befunden und Schtiissen gekommen:

Als ~Plaeenta marginata ~* ist naoh dem Urheber des Namens, K~511iker, eine Plazenta zu bezeichnen, bei welcher Chorion laeve mit Decidua eapsularis nicht, wie es der Norm entspricht, am •usseren Rande des Mutterkuehens, sondern welter zentralw~rts ab- gehen; die Chorionhaut bedeekt also den zentrMen Teil der Plazentar- zotten, w/~hrend die periphere Zone frei davon ist. Diese ~extra- ehoriale ~ periphere Plazentarzone ist moist sehmal, 2--3 cm, zuweilen aber aueh sehr breit, sodass nut der kleinste Toil der Plazenta yore Chorion bekleidet ist. Die extraehoriale Zone kann einzelno Streoken der Plazentarperipherie odor den ganzen Umfang ringsum einnehmen.

Die Bildung einer extrachorialen Zone bedeutet einen Naeh- wuehs yon Plazentarzotten fiber die ursprtingliehe ehoriMe Plazentar- anlage hinaus in die Peripherie, n/tmlieh in die Deeidua parietalis (s. vera), nnd tr~ge dem Nahrungsbediirfnisse des Fetus Reehnung. Die nieht genfigend umfangreiohe ehoriale Plazentarbildung kann ausgegliehen werden dutch Kapsularisplazentarbildung, dureh be- sonders starkes Tiefenwaehstum der Zo~ten in die Decidua basalis und die ihr anliegende Muskulatur~ also Plazentarverdickung und drittens dureh Fl~chenausdehnung der Zotten in der Peripherie tier

49z~ Meyer, Die Entstehung der Placenta marginata s. extraehorialis.

ehorialen Plazentaranlage; letzteres~ die ,extrachoriale Plazentar- bildung" geht genau ebenso wie das Tiefenwaehstum der Zotten vor sieh auf Kosten des mfitterlichen Gewebes, also dutch In- anspruehnahme der in der Peripherie der chorialen Plazentaranlage gelegenen ioarietalen Dezidua~ m6glieherweise gelegentlieh aueh der Muskularis. I)er periphere Ausbreitungsiorozess ist ebenfalls der gleiehe~ wie beim Tiefenwaehstum der Plazenta; die Zotten waehsen urspr~inglieh in den Gefb;ssr~umen der Decidua parietalis weiter, haften zum Teil an den W~nden der sinuSs erweiterten Gef~sse fest, das Chorionepithel dringg yon hier in die GeNsswand und in das Bindegewebe ein und ftthrt einerseits zur reaktiven dezidualen Wueherung, anderseits zur fibrinoiden Gerinnung, Koa- gulationsnekrose. An sieh ist also die extrachoriale Plazentar- ausbreitung nieht versehieden yon dem Tiefenwaehstum; nut die Waehstumsriehtung ist eine andere und bezeichnenderweise kommen beide Prozesse oft genug gleiehzeitig vor; gew6hnlieh ist dann die Fl~chenausdehnung im ganzen unbedeutend und besonders dann, wenn die choriale Zone selbst auff/~llig klein ist; die Plazenta ist dann nmso dicker. Die versehiedene Waehstumsriehtung der beiden Formen ~ussert sich in einer ttinsieht sehr bedeutsam; in der intraparietalen Peripherie finden die Zotten ein oberflXehlieh noeh ganz intaktes Gewebe vor und k6nnen hier naeh allen Rich- tungen~ aueh nach der Oberfl~iehe zu sich ausdehnen, in der Tat ist in meinem Falle die intraparietale Z ottenausbreitung in einem Frt~hstadium zu sehen und sic erfolg~ inmitten der Deeidua parie- talis (s. vera)~ sodass sowohl fiber als nnter der extraehorialen Zottenlage eine betr~ehtliehe Dezidualschieht~ also eine obere de- ziduale Deeksehieht und eine tiefere Basalsehieht verbleibt. Das weitere Waehstum der extrachorialen Zone ist nun nieht nur ein peripher geriehtetes, sondern erfolgt in allen verfiigbaren Gef~ssen, also aueh auf Kosten der dezidualen Deckschieht und Basalschieht, welehe in gewohnter Weise der t]brinoiden Gerinnung anheimfallen. Es kann dureh anf/inglieh reaktives Waehstum der Dezidua eine Randverdickung entstehen, welehe noch dureh Fibrinniederschl/~ge aus dem Blute verst~trkt wird, well die Zotten yon den GefXssen bis zur Oberfl~ehe Besitz ergreifen k6nnen, sodass sic naeh aussen mt~nden. Die Blutfibrinniedersehl~ge bilden den sogenannten Annulus fibrosus, also eine sekund~re Bildung yon durehaus nebens~chlieher Bedeutung. Die glatten Eih~ute mit tier Deeidua eaiosularis gehen nunmehr nach Bildung der extrachorialen peripheren Zone, wie

lgeyer, Die Entstehung der Plgcenta mgrging~ca s. ex~rachorialis. 495

oben gesagt, mehr einw~rts am inneren Umfange des Margo ab und nicht wie in der Norm yon dem peripheren Plazentarrande. Das also ist das wesentliche Xennzeichen der Placenta marginata, s. extraehorialis; der Ansatz der Eih~ute zeig~ die Grenze an zwischen u r s p r i i n g l i c h e r ~ehor i a l e r ~ P l a z e n t a r a n l a g e und der n a c h t r ~ g l i c h d u t c h i n t r a p a r i e t a l e A u s d e h n u n g h inzu- e r o b e r t e n 7~extrachorialen ~ Zone. Wenn nun die glatten Ei- h~iute mit zunehmender Fruchtsackgr6sse sich fest an die Uterus- wand anlegen, so verklebt die Decidua eapsularis bekanntlich mit der Decidua parietalis und ebenso verklebt sic mit der extra- chorialen Plazentarzone. Es bedecken also die glatten Eih~ute den 5Iargo, kSnnen abet yen ibm trotz der durch die fibrinoide Gerinnung besonders innigen gerklebung mit einiger Vorsieht ab- gezogen warden, sodass der l~and frei zutage liegt. Erst wenn man den Margo freigelegt hat~ leisten die Eih~ute dem Zuge Wider- stand und lassen sich im chorialen Teile der Plazenta nut unter sichtbarer Anspannung und Abreissung der Zottenst~mme abheben. Diese Beobaehtung ist alt (K~l l iker) und ebenso die Auffassung der Placenta marginata als einer Plazenta mit extrachorialem gande. Ieh erw~ihne das noehmals, um den Namen 7~Plaeenta marginata" zu sichern gegen seine Anwendung auf etwaige andere Begriffe als auf den der ~extrachorialen Plazenta*'; dies ist das gesentliche, w~hrend der Fibrinring das Nebens~chliche ist 7 jedoch dureh seine augenfgllige Erseheinung die Aufmerksamkeit der Untersucher oftmals abgelenkt hat yon dem Wesen der Saehe.

Placenta eircumvallata ist niehts anderes als Placenta marginata, deren aufgeworfener Fibrinwall sich nach innen umlegt unter Ein- falzung des Chorion laeve und Amnion.

So viel fiber die formale Entstehung der Placenta marginata und circumvallata; die Ursache wurde bereits angedeutet. Die extraehoriale Plazentarvergr~isserung trggt dem Nahrungsbediirfnis Reehnung; darin ]iegt die Annahme begriindet~ dass die ehoriale Plazenta zu klein war. Piir letzteren Umstand ist urspr~nglieh zu beriieksichtigen~ dass die Plazentation zwei wesentliehe Stadien durchmaeht; das erste ist die Eieinnistung und das expansive Wachstum des Chorion auf Kosten des miitterlichen Gewebes. Im zweiten Stadium ist das Wachstum der Plazenta ein interstitielles i die Fl~chenausdehnung wXchst konform mit derUteruswand. Im ersten Stadiam kann die ehoriale Expansion zu klein sein~ im zweiten kann die Ausdehnungsf&higkeit der Uteruswand stellenweise oder

Archiv far Gyng, kologie. Bd. 98. lt. 3. ~3

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ringsum behindert sein. Die ]]inzelheiten dieser urs~tehlichen M/Sglich- keiten zu wiederholen~ sehe ich reich nicht veranlasst, da sic mit unserer heutigen Frage nicht im nb;heren Zusammenhange stehen.

Meine Aufgabe ist vielmehr~ zu zeigen~ wie man an der fertigen Placenta marginata erkennt~ dass sic ebenso wie mein frilher ge- schildertes Frtihstadium auf extrachorialem Wachstum beruht. Wenden wir uns also der fertigen Plazenta zu.

I-Iistologiseh l~ss~ sich der Beweis nicht erbringen 7 weil die deziduale Decksehicht der extrachorialen Zone verbraucht wird und wenn jemand behaupten m6ehte, die Fibrinausseheidung trenne die Chorionhaut yon den Chorionzotten ab~ so lXsst sich t(/511iker's Beobachtung nicht verwerten.

Bet der Betrachtung der Placenta marginata fS;llt auf, dass die GeNsst/~mme~ welche an der fetalen Oberl]~tche der Plazenta verlaufen~ an der Innenseite des Randes plStzlich verschwinden. A uf der gew6hnlichen Plazentaroberfl/tche sieht man die grSsseren CTef~ssst~tmme einze]n his nahe an die Peripherie ziehen~ oder wenigstens ihre feineren u ringsum his an den//usseren Rand ziehen. Selbst bet stark entleerten Gef~ssen und feinkalibriger Verzweigung erkennt man bet geringer Aufmerksamkeit und be- senders leicht nach Entfernung des Amnion feine weisse Streifen baumartig verzweigt dureh die Chorionhaut durchschimmern, deren Sammel~tste man in die grossen GefS, sse verfolgen kann. Dieses gew/Shnliche Verhal~en trifft f/it alle bekannten J_%rmanomalien ebenfalls zu; ich babe Placenta suceenturiata, bipartita~ multiloba~ capsnlaris~ solche mit marginalem und velament6sem Nabelschnnr- ansatz daraufhin oft betrachtet und immer wieder finder sich der gleiche Yerlauf der Gefgsse an der Oberflgche bis zur Peripherie; nm so merkwttrdiger ist es nun, dass bet Placenta marginata die Gefgsse an der Innenseite des Randes wie abgeschnit~en erscheinen, and zwar alle siehtbaren oberflachlichen GefXsse jeden Kalibers; und wenn im extremsten Falle der innnere Teil nicht viel mehr als fiinfmarkstiickgross ist und der l~Iargo handbreie 7 so sehneiden die Gef~;sse g//nzlich ab und der breite Rand ist oberflgchlieh ggnzlieh fret yon sichtbaren Gef~;ssen.

Diese Erscheinung habe ieh nun bet allen daraufhin nnLer- suchten ca. 300 Exemplaren yon Placenta marginata 1) stets ge-

l) Den gr5ssten Teil dieser Fglle hat Herr I~ollege Stabsarzt B e r t k a u in derFrauenklinik der Charit6 gesammelt~ fiber welche erin den Charit~annalen 1912 beriehtet hak

l~{eyer, Die Enl, s~,ehung tier Placenta margina'Ga s. extrachorialis. 497

schen and kann mir kaum vorstellen, dass sic nieht anderen Beobachtern schon aufgefallen sein sollte, doch finder man wader in den Lehrbtiohern~ noah in neueren Spozialarbeiten, ausser bei Bayer~ eine Erwghnung der Tatsache. Eine Ausnahme machen ferner KSl l ike r und Grosse r in seinem bekannten Lehrbuehe der vergleichenden Plazentation~ der indessen glaubt~ dass die Ge- fgsse verdeckt wtirden durch die eingelagerte and mit dam Margo verklebte Deeidna eapsularis and die glatten EiMute. Diese u mutung liegt ja nahe, aber sic trifft nicht zu, vielmehr kann man sich ]eicht iiberzeugen~ wenn man die verklebten Eih/~ute van der Peripherie bis zum inneren Umfange des Margo abhebt~ und den etwa noah anfliegenden Fibrinwall entfernt 7 dass nirgends Ober- flgohengef/isse vorhanden sind.

Auffglliger noah wird diese Erseheinung~ im Gegensatz zur normalen P]azenta, durci~ Injektion der Blutgefgsse, die ich mit Zinnober und Berliner Blau in Gelatine ausgeffihrt habe. Arterien and Venen verhalten sich dabei gleich; grosse wie kleine Aeste verschwinden spurlos am inneren Umfange des Margo.

Ich babe van den injizierten Plazenten Lumi~rebilder her- gestellt and zum Vergleiehe damit RSntgenbilder verwendet, deren Aufnahme ieh der Freundlichkeit des Herrn Kollegen E. R a n g e in der Charit6-Pranenklinik verdanke.

Die hier beigegebenen sehematisehen kbbildungen sind nach den Originalaufnahmen angefertigt und da die RSntgenaufnahme nur die mit Zinnober gef~illten Arterien wiedergeben~ so habe ich aach van den Lumi~re-Bildern nur die Arterien zeichnen lassen. - - Bei 6 auf diese Weise nntersuchten Dillen van Placenta marginata war das gesultat das gleiehe; die oberflgchlichen grSsscren Gef~tssstgmme hSren night am [lande tier ehorialen Zone iolStzlich auf, sondern verzweigen sigh, wie sieh das aueh yon vornherein erwarten liess~ in der extrachorialen Zone unter der Oberflgehe waiter peripherwSzts.

Fig. 1 stellt die injizierten oberflb:ehlichen hrterien einer Placenta marginata mit sehmalem Nargo dar; die weisse Linie, welche den Scheitd des Fibrinringes bedeutet, babe ich als ge- striehelte Linie nach Darchpausung einzeiehnen lassen in die Ab- bildung (Fig. 2) einer RSntgenaufnahme. Man erkennt ohne weiteres, class die "Gefgssst~imm% welche in Fig. 1 noah zentralw~irts van der weissen Linie plStzlich aufhSren, in Fig. 2 sich noah fiber die Linie hinaus verzweigen.

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Ich habe dann auch noeh die Plazenta, nach der S p M t e h o l z - sehen Methode aufgehellt, ab~er durehsiehtig sind sic nieht zu nennen, well die injizierten Kapillaren zu dieht liegen; die gr~sseren Gef/~sse allein zu injizieren, gelingt nicht leieht; doeh kann man an den

Pigur 1.

Figur 2.

aufgehellten Plazenten erkennen, dass die Kapillaren in den extra- ehorialen Randpartien ebenso reiehlich sind~ wie in der normalen Peripherie aueh diehe unter der Oberfl~,ehe keine gr~Ssseren GefS~ss- ~s~e vorhanden sin&

M e y e r , Die Entstehung der Placenta marginata s. cxtraehorialis. 499

Die Placenta marginata ]st also, um gs~kurz zu fassen, nicht bezeichnet dutch den Fibrinring, sondern dureh eine yon siehtbaren GeNssst/tmmen an der Oberfl/iche vSllig freie Randzone, an deren innerem Umfange die glatten Eihs abgehen. Wendet man diesen beiden Punkten das Augenmerk zu~ So begegnet man einer iiber- raschend grossen Zahl yon Placentae marginatae, und besonders oft der partiellen gandbildung. Der Rand kann partiell oder rings- um eine Breite yon mehreren Zentimetern einnehmen~ ohne dass sieh ein oberfls Fibrinniedersehlag bildet~ oder dieser kann so gering sein, dass er nieht das Bild besonders charakterisiert.

In allen F~illen ohne jede Ausnahme fand ich die yon den glatten Eih~uten tiberdeekten Randpartien oberfl/i~ehlieh ohne slob t- bare Gef~sse; die grSssten und kleinsten Oberfl5chengef~sse schneiden am inneren Umfang6 des Margo stets ab.

So einfach dieses Resultat~ so bezeiehnend is~ es far alas Wesen der Placenta marginata; es bedeutet zungchst, dass die Zottenentwicklung in dem Randteile in anderer Weise vor sich geht, als im Zentralteile tier Placenta marginata und als in allen iibrigen Plazentarformen einschliesslieh der Placenta capsularis. Wenn wit nun yon meiner ersterwXhnten Beobachtung einer jungen Placenta marginata in situ ausgehen, so erkl~rt sich der Unterschied sehr einfaeh; wit sahen die extrachoriale Zot~enausbreitung in den Ge- f~;ssen der Decidua parietalis und zwar nieht unmittelbar an deren Oberfl~ch% sondern mitten drinn. Die Ursache hierfiir wird wohl in dem miitterlichen Gef~isssystem selbst liegen, welches in der Tiefe zuggnglichere gr/3ssere Gefgsse hat, als dicht unte'r der Ober- flgehe. Von hier aus breiten sieh dann die Zotten nach der Tiefe und nach der Oberflgche in der extrachorialen Zone aus und so kommt es, dass die Sammelgef~;sse als die gltesten mitten drin liegen anstatt an der Oberfl~tehe.

Es bedarf wohl keiner Beweis% dass die gr6ssten Gef/isse die gltesten sind; das ist im ganzen K/Srper so und nicht nur bei Blu{gefgssen, sondern bei allen verzweigten auch epithelialen Kanalsystemen; dabei kommt uns zum Bewusstsein, dass bei der gew6hnlichen Plazentation die gr6ssten Gefgsse, also die gltesten, immer an der fetalen Oberflgehe ]iegen und aueh das versteht sieh yon selbst, da die Blutgef~tsse vom Embryonalk6rper her in das Chorion eindringen. Bemerkenswert ist, dass auch an der Kapsu- laris die Choriongefgsse sigh in gleieher Weise anlegen. A u e h sei nebenbei auf die bekannte, oder doch wenigstens in allen

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guten Plazentarabbildungen richtig wiedergegebene Tatsache er- innert~ dass die Arterien oberfliichlicher liegen als die Venen; es fragt sich also, ob die Arterien als die zuftihrenden Gef~sse etwas friiher gebildet werden und die Oberfl~iche bese~zen~ sodass die Venen nur unter ihnen sich ausbrdten k6nnen; dieses nur nebenb@ da es mit unserer Frage niohts zu schaffen hat.

Ich entnehme also aus meinem regelm~;ssigen und bisher aus- nahmslosen Befunde der oberfl~&lichen Gefitsslosigkeit des Margo die Ansicht~ dass die Placenta marginata regdm~issig in gleicher Wdse entsteht 7 wie das yon mir geschilderte Jugendstadium~ also durch extrachoriale Zottenausbreitung. Ich habe bisher nichts ge- funden, was dieser Annahme widersprgehe~ und sehe aueh die obrigen Eigenttimlichkeiten der Placenta marginata in Ueberein- stimmung befindlich mit dieser Entstehungsart; so zunitchst die Tatsaehe~ dass der zentrale oder choriale Tell oft k r e i s - rund ist oder doch eine leidlich regelm~;ssige ovale oder elliptische Form hat, wghrend der Margo zwar auch gelegentlich parallele gonturen zeigt~ aber doch racist ganz unregelmgssig ist; schon die partielle also exzentrische Margination erlaubt keine solche Regel- mgssigkeit des Aussenkonturs und gar nicht selten finder man mehrere einzelne Randzungen. Durch alle solchen UnregdmXssig- keiten des ~'Iargo wird indes die choriale Innenzone nicht beein- flusst, sondern kann trotz aller Exzentrizit/tten des Margo ihre Kreisform bewahren. Die choriale Innenzone ist eben ein Tell des annghernd kugelf6rmigen Eies, wel&es aus der Uterusoberfl~iehe herausragt; ein gugelsektor ist kreisfOrmig. Die extrachoriale Zone irides wird nut dann parallelen, also ebenfalls kreisf6rmigen Aussenkontur haben, wenn die Gelegenheit einer ringsum gleieh- mgssigen intraparietalen Zottenausbreitung gegeben ist. Dass dieses nicht oft der Fall sein wird, ist begreiflieh; die Exzentrizit~tten, die extrachoriale Zungenbildung, die einseitige Bildung breiter Rand- partien~ erkl~irt sich aus den Unregelm~;ssigkeiten der Umgebung. Nach den Tubenostien hin~ nach dem Isthmus uteri bin und an pathologiseh vergnderten Stellen wird die intraparietale Zottenaus- breitung erschwert sein. B e r t k a u hebt deshalb mit Recht seine Beobachtung hervor~ dass bei lateraler Placenta praevia die extra- choriale Zone dem Isthmus uteri abgekehrt ist, also am unteren Rande fehlt. Betrachten wir yon dem Gesichtspunkte der mechanisch gegebenen Ausbreitungsm6glichkeit. aus die extraehoriale Plazentar- entwicMung~ so wird uns keine noch so bedeutende Unregelmgssig-

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kei~ des ~usseren Umfanges erstaunen. So crkl~rt sieh also auf einfaehe Weise die sonst unverst~ndliehe Tatsaehe, dass tier innere Umfang des Margo trotz der Formabsonderliehkeiten des gusseren Umfanges ann/ihernd kreisf6rmig bleibt~ aus dem Untersehiede zwisehen chorialer and extraehorialer Plazentarbildung. Die Ab-

weiehnngen yon der Kreisform ergeben sieh aus dem gelegentlieh ungleichen interstitiellen Waehstum der Uteraswand; sic sind jeden- lalls selten and geringftigig im Y ergleiehe mit den Unregelm/issig- keiten der ~usseren Umrandung.

Aueh die Bildung eines Fibrinringes~ dieses vielbesproehenen Nebenbefundes an tier Placenta marginata wird dnrch die extra- choriale gandbildung dem' Verst~ndnis zug~nglieh. Die Zotten breiten sieh in der extraehorialen Zone aus den mittleren Dezidua- sehichten nach der Tiefe and Oberfl~ehe aus; es kann dabei leieht zu einer Er~Sffnung der Blutgef~sse naeh der Oberfl~tche zu kommen. W~hrend nun im ehorialen Plazentarteile die Chorionhaut einen sicheren Sehutz gegen Blutgerinnung in der synzytialen Zellbekleidung gewXhrt~ so fehlt in der extrachorialen Zone jeglieher Sehutz, be- senders so lange sic noch nioht mit der Decidua eapsularis ver- klebt ist; erst dann kann tier Binnendruek des Eies einen, wenn auch unvollkommenen, mechanisehen Sehutz gegen die Blutung leisten. So bitdet sieh denn an den ~ltesten Stellen der extra- chorialen Zone am ehesten ein Fibnnniedersehlag aus dem Blare, also zunaehst am inneren Umfange des Margo und yon hier aus nimmt er gegen die sparer entstehende besser gesehiitzte Peripherie bin ab odor fehlt dor~. Individuelle Unterschiede des Fibrinstreifens werden abet wohl nieht nut in zeifliehen Versehiedenheiten der extraehorialen Randbildung begrt~ndee sein, sondern aueh in der dezidualen reaktiven Wueherung~ und in Unterschieden der Zotten- ausbreitung and im Verhalten der Chorionepithelien u. a. Jeden- falls habe ieh mit tterrn Kollegen B e r t k a a mieh des gReren /iberzeugen kSnnen~ dass die i~largobildung aueh in ansehnlieher Breite yon mehreren Zentimetern ohne jede makroskopiseh auffXllige Fibrinumwallung vet sich gehen kann and dass letztere in ein nnd demselben Falle his zur ~iussersten Willk/irliehkeit lokale Yer- sehiedenheiten darbietet, ganz unabhXngig yon der Breite der extra- ehorialen Randzonen, also keinesfalls ~tiologisehe Bedeutnng bean' spruchen darf. Ebenso haben wir fast in jedem Falle yon so- genannter Placenta eireumvallata feststellen k6nnen, dass kein nennenswer~er Untersehied yon der Marginata herrseht~ class viel-

502 l~{eyer, Die En%~ehung der Placenta marging~a s. extraehorialis.

mehr die Einfalzung des Amnions unter den Fibrinring nur stellen- weise besteht nnd zwar immer dort, we des Fibrinwall die gr6sste H6he erreicht. We er niedriger ist, falzt sich nut alas Chorion ein~ und we er noch niedriger wird, ziehen die EihS~ute glatt fiber ihn hinfort~ selbst wenn er eine gute Breite hat. Also nut yon der tl0he des Fibrinwalles h~tngt die Einfalzung einer oder beider Eih/~ute ab. Der Schluss liegt nahe, dass der h6here Toil des Fibrinwalles dutch intraamnio~ischon Druck leichter naeh innen umgelegt wird.

Ich glaube~ die Eigentt~mlichkeiten des Fibrinringes, welcher in der dezidualen Ran&one aueh der normalen Plazenta seine Analogie hat~ macht uns keinerlei Sch~ierigkeiten, sondern erfb;hrt eine ungezwungene Auslegung dutch die Besonderheit der Zot~en- ausbreitung in der ungeschfitzten dezidualen Umgebung der chorialen Plazenta.

Sehliesslieh mag noeh einer Besonderheit Erw~hnung gesehehen~ welehe in deutlicher Weise zeigt, dass die Verklebung der flatten Eih~ute mit tier extrachorialen Zone wirklieh ein sekund/irer Vet- gang ist; sonsr k0nnke man vielleieht meinen~ es handle sich um eine sekund/~re pathologische L6sung der Chorionhaut yon den Zotten, e~wa dutch Fibrinausseheidung. Wird diese Annahme sehon dadurch hinf/illig, dass der yon der Chorionhaug normal gedeckte Tell kreisf0rmig ist und dass der fibrinoide Gerinnungsprozess offenbar am inneren Umfange des 3Iargo beginnt und iiberdies~ wie gesagt~ ganz fehlen kann~ so wird sie ganz unhaltbar angesiehts yon drei FXllen yon Zwillingsplazenta, die ieh kurz erw~hnen will. Gs handelt sich im ersten I?alle um eine zweieiige Zwillingsfrueht yon 8 Monaten; beide Plazenten sind dieht benaehbart~ abet dureh eine etwa fingerbreite Streeke ganz yon einander getrennt. Trotz- dem sind natfirlich die glatten Eih~ute beider Fruehtsgeke A und B fest mit einander verklebt~ was der Uebersiehtliehkeit wegen in Figur 3 nieht zum Ausdruek gebraeht wurde. Das Besondere des Falles liegt nun darin~ dass die eine Plazenta A einen der anderen Plazenta B zugekehrten Margo C besi~zt~ der~ wie gesagt~ yon Plazenta B einen fingerbreiten Abstand h~lt; die verklebten EihXu~e beider Fruehts~;eke, also die Seheidewand, geht nun nieht etwa zwischen beiden Plazenten ab~ sondern sie setzt am inneren Um- fange des ]~{argo an, so d ass tier Nargo der Plazenta A nieht yon den eigenen flatten Eihguten~ sondern yon denen des Fraeh[- saekes B bedeek~ wird~ und zwar so glatt~ als ob beide zusammen-

~[eyer, Die Entstehung der Placen~ marginata s. extraehorialis. 503

geh6rten. Dieser einfaehe Tgtbestand , weleher gar nicht in die Augen f~llf~, sondern nur entdeckt wird, wenn man ihn sich yon der mti~terliche, n und fetalen Seite der Fruchts~cke zugleich, also bimanuell Mar maeht~ ist sicher der Beachtung wert; denn er zeigt, dass das Aufliegen der glatten Eih~ute auf dem gargo und die Verklebung beider ein sekund/~rer Vorgang ist. Es warde also nur noch zu fragen sein, ob der Fruchtsack B sich bedeutender ausdehnte und dadurch den extrachorialen Margo yon A zur Deckung brachte: oder ob in relativ- sp~iter Zeit der Nargo ent- stand: als bereits die glatten Eih/iute yon B tier Uteruswand an- lagen. Das le~ztere wird zutreffen~ doch das rut nichts zur Sache selbst, und das gesentliche bleibt~ dass es sich wirklich nut um

Figur 3.

C

eine sekundS~re Verklebung der glatten Eihgute mit dem Nargo handelt, welche mie deh t~ihguten des fremden Fruch~sackes in ganz gleicher Weise vor sich gehen kann, wie mit den eigenen. Der zweiCe und dritte Fall betreffen eine ausgetragene Zwillings- sehwangerschaft mit ganz gleichen Verhgltnissen. Der 5Iargo tr~igt sogar einen Fibrinring.

S c h l u s s .

Was ieh im Obigen bemiiht war, genauer auszufiihren~ weil noeh heutigen Tages die Ansiehten iiber die Placenta marginata weir vom Ziele einer Verst~indigung erscheinen~ 15sst sich kurz sagem Bezeichnend ffir die ~Plaeenta marginata ~ isfc der Abgang tier glatten Eih~tute und das Aufh6ren der oberfl~tehlieh siehtbaren Gefxsse am inneren Umfange des Margo. Hierdureh unterscheidet

50zi 5leyer, Die E~tstehung der Placenta marginata s. extrachorialis.

sich dis Placenta marginata stets yon allen anderen Plazentar- formen. Die Gef~;sse setzen sich in den Margo unter der Ober- fl~che unsiehtbar fort; dies erkl~rt sich aus der extraehorialen Plazentarausbreitung~ welehe in den mittleren Schichten des um- gebenden Dezidualgewebes beginnt~ wie wit es in einem Frtihfalle yon Placenta marginata gelernt haben. Dieser Entstehungsmodus ist also typisch zu nennen.

Die iibrigen Eigentiimlichkeiten der Placenta marginata sind weniger belangreieh und zuverlS~ssig; der Fibrinring kann g~nz- Itch fehlen, er kann an einem Pr~parate [stellenweise fehlen, an anderen Stellen breit oder hoch sein~ mit und ohne Einfalzung der Eih~iute (eircumvallata partialis) mit allen Ueberggngen. Er ist seknnd~r und erkl~irt sieh aus der Blutgerinnung: weil die er- i~ffneten Gef~tsse ober~lgchlich keine Schutzdecke haben. Der Nargo selbst kann partiell oder total oder an mehreren Stellen vorhanden sein, so dass der choriale Teil mehr oder weniger stark exzentrisch liegt, immer bleibt der ehoriale Teil ann~ihernd kreisf6rmig~ well er als der prim~ir angelegte Teil urspriingtieh einen gugelsektor darstellt, w~ihrend das extrachoriale intraparietale gachstum der Zotten mechanisch abhgngig ist yon den verschiedenen Ausbreitungs- m/Sglichkeiten in der uterinen i~lazentarumgebnng.

Die glatten Eih~ute werden erst sekund~ir mit dem Margo verklebt, ebenso wie mit der Deeidua parietalis (s. vera), wie drei F/~lle yon Zwillingsplazenta lehren, bet welehen die glatten gih~ute des einen Fruchtsaekes mit d em Margo der zweiten Plazenta be- deekt nnd verklebC sind, genau als w~re es der eigene.

Alle diese Erseheinungen lehren, dass die Placenta marginata stets auf extrachorialer Zottenentwicklung beruht; am deutlichsten beweisen dies der Abgang tier glatten Eih/iute und das Aufh~ren der oberil~;chlichen chorialen Gefgsse am inneren Umfange des 5Iargo, beides Zeichen~ welche bisher in keinem Falle vermisst wurden. Wie kiSnnCe eine andere Theorie diese Erseheinungen er- kl~iren ?