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Albert-Ludwigs-Universitt Freiburg Fakultt fr Forst- und Umweltwissenschaften

Vermehrungsstrategien von Wildkakaoam oberen Flusslauf des Rio Purrus (Brasilien)

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades: Diplom-Forstwirt Vorgelegt von: Benjamin Beck Matrikelnummer: 1518107 im Juli 2009

Referent: Prof. Dr. Jrgen Bauhus Koreferent: Prof. Dr. Siegfried Fink

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DanksagungMein Dank gilt der HACHEZ Chokolade GmbH, dem Regenwaldinstitut Freiburg und der GTZ fr die grozgige Finanzierung und die Ermglichung dieser Arbeit. Besonders danken mchte ich Herrn Prof. Dr. Jrgen Bauhus fr die berlassung der Arbeit und Herrn Prof. Dr. Siegfried Fink fr die bernahme der Zweitkorrektur. Ebenso danke ich den Mitarbeitern des Waldbau Instituts der Uni Freiburg fr die fachliche Untersttzung sowie fr die anregenden und motivierenden Diskussionen. Ein ganz besonderer Dank richtet sich an diejenigen Menschen, die fr mich da waren, als ich sie gebraucht habe, die mir mit ihrer Kritik Anregungen gegeben haben und mit Rat und Tat zur Seite standen.

Freiburg im Breisgau, 14.07.2009

Benjamin Beck

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Inhaltsverzeichnis

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EINLEITUNG ................................................................................................................................................... 1 1.1 1.2 EINFHRUNG IN DAS PROBLEM ................................................................................................................... 1 ZIEL DER ARBEIT ........................................................................................................................................ 2

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STAND DES WISSENS .................................................................................................................................... 4 2.1 2.2 2.2.1 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.4 URSPRUNG DES KAKAOS ............................................................................................................................ 4 VERBREITUNG UND ANBAUGEBIETE ........................................................................................................... 5 Klima, Standort und Standraum............................................................................................................ 5 BOTANIK UND MORPHOLOGIE .................................................................................................................... 6 Wurzel ................................................................................................................................................... 6 Stamm und ste ..................................................................................................................................... 6 Bltter.................................................................................................................................................... 7 Blte ...................................................................................................................................................... 7 Frucht.................................................................................................................................................... 8 Samen .................................................................................................................................................... 9 VERMEHRUNG ............................................................................................................................................ 9

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MATERIALIEN UND METHODEN............................................................................................................ 12 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 INSTITUTIONELLER RAHMEN .................................................................................................................... 12 REGION ..................................................................................................................................................... 13 INVENTUR ................................................................................................................................................. 14 Auswahl der Versuchsflchen ............................................................................................................. 14 Aufnahmemethode ............................................................................................................................... 15 Kriterien zur Beurteilung der Vermehrungsstrategien........................................................................ 16 PFLANZBEET ............................................................................................................................................. 19 ste...................................................................................................................................................... 19 Wurzeln ............................................................................................................................................... 20 Samen .................................................................................................................................................. 20 Frchte ................................................................................................................................................ 21 BEFRAGUNG ............................................................................................................................................. 23 Semistrukturiertes Interview ............................................................................................................... 23 Auswahl der Interviewpartner............................................................................................................. 23

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ERGEBNISSE ................................................................................................................................................. 25 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 INVENTUR ................................................................................................................................................. 25 PFLANZBEET ............................................................................................................................................. 26 ste...................................................................................................................................................... 26 Wurzeln ............................................................................................................................................... 28 Samen .................................................................................................................................................. 29 Frchte ................................................................................................................................................ 32 BEFRAGUNG ............................................................................................................................................. 33 Ergebnisse des Experteninterviews ..................................................................................................... 35 Unterscheidung local knowledge und scientific knowledge ................................................................ 38 ZUSAMMENFASSENDES ERGEBNIS ............................................................................................................ 39

II5 DISKUSSION .................................................................................................................................................. 40 5.1 5.2 5.3 5.4 6 WIE VERMEHRT SICH WILDER KAKAO IN SEINEM NATRLICHEN HABITAT? ............................................. 40 BESTEHT EIN NATRLICHES VERMEHRUNGSPOTENTIAL? ......................................................................... 43 BESTEHT EIN UNTERSCHIED ZWISCHEN LOKALEM UND WISSENSCHAFTLICHEM KENNTNISSTAND?.......... 45 EMPFEHLUNGEN UND SCHLUSSFOLGERUNG ............................................................................................. 47

LITERATURVERZEICHNIS ....................................................................................................................... 54 6.1 6.2 6.3 BCHER .................................................................................................................................................... 54 ARTIKEL, ARBEITEN UND ANDERE QUELLEN ............................................................................................ 55 INTERNETQUELLEN ................................................................................................................................... 56

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS..................................................................................................................... 58 TABELLENVERZEICHNIS ......................................................................................................................... 58 ANHANG ......................................................................................................................................................... 59

Einleitung

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Einleitung

Kakao erfhrt seit Jahrtausenden eine hohe Wertschtzung durch den Menschen. Die Geschichte belegt Verwendungen als Zahlungsmittel, als Nahrungsquelle und letztlich als Genussmittel in aller Munde.

1.1 Einfhrung in das ProblemHeute gehrt Kakao zu den bedeutendsten Nichtholzwaldprodukten auf dem globalen Markt. Nichtholzwaldprodukte sind Produkte aus dem Wald, welche gesammelt und genutzt oder kommerziell vertrieben werden. Sie dienen als Nahrung (z.B. Frchte), haben kulturelle, spirituelle oder Identifikationsstiftende Bedeutung (z.B. Schmuck) und generieren Einkommen durch regionale oder globale Vermarktung. Zum Teil werden die Nichtholzwaldprodukte direkt (z.B. Rattan) oder in Form von weiterverarbeiteten Produkten (wie z.B. Kakao, Kaffee oder Palml) vertrieben. Gerade in den Tropen kann eine Verwertung der Nichtholzwaldprodukte eine sichere oder zustzliche Einkommensquelle fr die lokale Bevlkerung darstellen (BIH 2006). Eine angepasste Nutzung der Nichtholzwaldprodukte kann einer Zerstrung des Regenwaldes entgegenwirken und ist oftmals Grundlage nachhaltiger Ressourcenentnahme (GTZ 2009). Da jedoch Regenwaldflchen schrumpfen, aber gleichzeitig dort die menschlichen Populationen wachsen, die Mrkte sich verndern und traditionelle Management-Institutionen ihre Autoritten verlieren, ist die nachhaltige Produktion vieler Nichtholzwaldprodukte nicht mehr lnger gewhrleistet. Der steigende Flchenbedarf fr gro angelegte Plantagen, die einzelne Nichtholzwaldprodukte begnstigen, das Abschpfen von vorhandenen Ressourcen, die daraus resultierende bernutzung, Zerstrung der Biodiversitt und soziale Ungerechtigkeiten sind Faktoren, die einer nachhaltigen Ressourcennutzung im Wege stehen (CIFOR 2009). Die Verbraucher fordern jedoch immer hufiger nachhaltig erzeugte Produkte. Auch durch die aktuelle Wirtschaftskrise konnte dieser Trend und ein gestiegenes kologisches Konsumentenbewusstsein nicht vermindert werden. Eher das Gegenteil macht sich bemerkbar. Die Menschen wollen trotz steigender Preise, auch in Bezug auf den Klimawandel, sich und der Umwelt etwas Gutes tun (ECO-NEWS 2009). Fairer Handel, kologisch vertrgliche und gesicherte nachhaltige Nutzung sind wichtige Eckpunkte der globalen Marktwirtschaft geworden, die in Zukunft wahrscheinlich noch bedeutender werden (ZYBER 2006).

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Kakao wird zur kommerziellen Nutzung hauptschlich in Plantagen angebaut (YOUNG 2007). Wildkakao erlangt allerdings in den letzten Jahren eine immer grer werdende Bedeutung auf dem globalen Markt. Er unterscheidet sich geschmacklich durch eine bittere Note von angepflanztem Kakao (LINS 2009, ARTE_ plus7, 2005). Des Weiteren liefert er krankheitsresistentes Material fr die Zchtung und neue Variationen fr Kreuzungsversuche (MOTOMAYOR et.al. 2002). Der Genpool wilder Sorten variiert strker als bei gezchteten Pflanzen (LACHENAUD et al.2007). Auch gilt das Etikett Wild als Erfolg versprechend fr die Vermarktung von Kakao- Produkten. Damit wird dem Verbraucher auch eine nachhaltige Nutzung suggeriert. In der Praxis ist im Gegensatz zu den kommerziell genutzten gezchteten Plantagenarten bisher wenig an wildem Kakao geforscht worden. Heutzutage ist die Vermehrung von wildem Kakao ein relevantes Forschungsfeld mit direktem Nutzen fr Unternehmen, die nachhaltig mit Wildkakao arbeiten mchten. Erst wenn ausreichend geklrt ist, wie und in welchem Umfang sich Kakao in seiner ursprnglichen Form vermehrt, knnen Aussagen ber nachhaltige Ernteverfahren und -mengen getroffen werden. 1.2 Ziel der Arbeit Diese Arbeit befasst sich mit der natrlichen Reproduktionsstrategie und dem natrlichem Vermehrungspotential von Wildkakao am Flusslauf des Rio Purus im Bundesstaat Amazonien in Brasilien. Die Bremer HACHEZ Chokolade GmbH bezieht aus diesem Gebiet einen Wildkakao, der eine Produktion von exklusiver Schokolade mit hochwertigem Geschmack erlaubt. Im unternehmerischen Interesse von HACHEZ liegt es, eine Steigerung der Produktionsmenge zu erlangen, um eine grere Menge dieses Produktes zu produzieren. Im Rahmen einer nachhaltigen Nutzung soll trotz potentieller Steigerung der Erntemenge einer mglichen bernutzung und dem damit verbundenen Ausbleiben neuer Kakaopflanzen vorgebeugt werden. Aus diesem Grunde besteht das Interesse von Seiten HACHEZ dieses Feld zu erforschen und wichtige Produktionsbedingungen zu erarbeiten. HACHEZ ist nicht die einzige Firma, die Interesse an Wildkakao bekundet. Auch andere Unternehmen erschlieen sich diese Produktpalette um Konkurrenzfhig zu bleiben. Ein weiteres Interesse an Wildkakao besteht von Seiten der Wissenschaft. Es gibt viele Quellen und Literatur ber Plantagenkakao, die Forschung an Wildkakao hingegen beschrnkte sich zum Zeitpunkt dieser Arbeit hauptschlich auf genetische Aspekte wie

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der Steigerung der Produktivitt, so z.B. an Kreuzungsversuchen zur Strkung gegen Resistenzen oder zur Bestimmung des Ursprunges an sich. Zur Biologie und der Vermehrung im Speziellen gibt es wenig Forschung. Das lckenhafte Wissen um die Vermehrungsstrategien und das Vermehrungspotential von wildem Kakao bilden die Motivation dieser Forschung. Es soll versucht werden, auch unter Einbeziehung lokaler Bevlkerung folgende Forschungsfragen zu beantworten, damit eine nachhaltige Nutzung von Wildkakao trotz steigender Nachfrage mglich bleibt. Wie vermehrt sich wilder Kakao in seinem natrlichen Habitat? Welches sind die hufigsten Vermehrungsstrategien von wildem Kakao ohne menschlichen Einfluss? Besteht in Bezug auf die ersten Forschungsfragen ein Unterschied zwischen lokalem und wissenschaftlichem Kenntnisstand?

Stand des Wissens 2 Stand des Wissens

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Dieses Kapitel fhrt von einem kurzen berblick des natrlichen Ursprungs von Kakao in die Anbaugebiete, die Standort- und Klimaansprche werden genannt, bis hin zur botanischen Beschreibung. Die Beschreibungen finden anhand des kultivierten Kakaos statt, da dieser viele parallelen zu Wildkakao aufweit. Verhlt es sich anders, wird separat auf Wildkakao eingegangen.

2.1 Ursprung des KakaosEs wird in der Literatur von vielen Autoren angenommen, dass Theobroma Cacao seinen Ursprung im oberen Amazonasbecken und am Orinoko hat. Wie diese Autoren anhand von verschiedenen Quellen aufzeigen, wurde Kakao bereits vor 2000 Jahren angebaut und in Mexiko und Zentralamerika durch den Menschen eingefhrt (SCHULTES 1984). Daneben existiert auch die Theorie, dass die zentralamerikanische und die sdamerikanische Variante des Kakao durch den Panama Isthmus sich unabhngig voneinander entwickelten und als zwei Subspecies betrachtet werden knnen

(CUATRECASAS 1964). Heute unterscheidet man drei Haupt-Morphogeospecies von Kakao. Den Forastero, T.cacao L.ssp sphaeraocarpum aus dem Amazonasbecken (MOTOMAYOR et al. 2002), den Criollo, T.cacao L. ssp. Cacao, aus Zentralamerika, und den T.cacao L. Trinitario einem Hybrid aus beiden, der zur erstgenannten Unterart gehrt. Das L verdeutlicht die Namensgebung nach Linne. (FRANKE 1994). In dieser Arbeit wird allgemein von Theobroma cacao, T.cacao oder einfach Kakao gesprochen, sofern eine Unterscheidung der Unterarten nicht notwendig ist. Die lange Geschichte der Kultivierung des Kakaos lsst es fraglich erscheinen, ob die wilde Form des Kakaos berhaupt noch existiert oder ob die vermeintlichen Wildformen aus alten Pflanzgrten der Ureinwohner stammen (MOTOMAYOR et al. 2002). Daher ist es nicht einfach, ursprnglichen wilden Kakao aufzufinden und als solchen zu erkennen (YOUNG 2007). Es wird vermutet, dass zuerst die Mayas den Kakao als Nutzpflanze entdeckten, und diesen bereits vor 2000 Jahren auch kultivierten. Es gibt Belege, die auch eine Kultivierung von Kakao der Azteken und Inkas nahe legen. (BRTELS 1989, 2002).

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2.2 Verbreitung und AnbaugebieteTheobroma Cacao ist eine Pflanze neotropischen Ursprungs der grnen und immergrnen Tiefland-Tropen (REHM et al. 1996). Seine natrlichen Verbreitungsgebiete sind innerhalb der feuchten Tropen Sdamerikas, jeweils bis zum 9. Breitengrad beidseits des quators. In Bolivien, Peru, Brasilien, Kolumbien, Venezuela, Guinea, Guatemala, Panama und Mexiko (LANAUD, C. et al. 2003) kommt Kakao ursprnglich vor. Erste Dokumentationen des Plantagenanbaus durch Bestrebungen von Seiten der Europer lassen sich in Brasilien dokumentieren (FRANCKE 1991). Bereits im 17. Jahrhundert wurden Versuche unternommen, Kakao auch auerhalb seines ursprnglichen Wuchsraumes zu etablieren. In Kulturen ist sein Anbau bis 20 n rdlich und sdlich sogar bis 24 mglich. In den 80-er Jahren wurde Kakao noch berwiegend in Afrika angebaut, eine Verschiebung nach Asien als strkstes Anbaugebiet hat sich seither abgezeichnet. Der quantitative Anteil der Kakaoernte Sdamerikas ging mit der Intensivierung in den neuen Anbaugebieten stark zurck. Erst in den letzten Jahren gewinnt Sdamerika als Produktionsort wieder langsam an Bedeutung (FRANKE 1994). Vor allem wachsen der Absatz und das Interesse an Wildkakao. Letzteres ist auch bedingt durch die Suche nach Krankheitsresistenten Arten und dem Einzug von Wildkakao in der Schokoladenindustrie zur Herstellung von exklusiven Edelkakaoprodukten (ARTE_ plus7, 2005).

2.2.1 Klima, Standort und Standraum Sein Temperaturoptimum hat Kakao zwischen 20 - 30 C. Sinkt die Nachttemperatur unter 15 C kann es zu Wachstumsschden kommen ( BRCKER 1977). Ein gleichmig ausgewogenes Niederschlagsniveau um die 2000 mm pro Jahr und hohe Luftfeuchtigkeit begnstigen das Wachstum von Kakao (REHM et al.1996), lngere Trockenzeiten dagegen hemmen das Wachstum (SCHRDER 1991). Starke Sonneneinstrahlung bedingt vermehrtes Wachstum, fhrt jedoch nach wenigen Jahren zu einer Reduktion des Fruchtbesatzes und einer Verkrzung der Lebenszeit (YOUNG 2007). Kakao bevorzugt tiefgrndige, drainierte Bden mit ausreichender Wasserkapazitt und einem schwach sauren ph - Wert von 4 - 7,5 (REHM et al.1996). Die besten Wachstumsbedingungen bieten Bden mit einem hohen Anteil an organischer Substanz, sowie Verwitterungsbden aus kristallinem Urgestein, vulkanische Aschen, und alluviale

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Schwemmlandflchen in groen Flusstlern, wie dem Amazonasbecken (SCHRDER 1991). Diese Schwemmflchen werden auch als Terra Vrzea bezeichnet (GAMA et al. 2005). Die Subspezies Criollo hat in geringen Meereshhen bis ca. 400 m NN ihr Optimum. Der Forastero kann dagegen bis ca. 700m NN wachsen, mit Ausnahmen kann er sogar im kolumbianischen Hochland noch in einer Hhe von bis zu 1000 m vorkommen (SCHRDER 1991). Kakao ist eine Schattenbaumart und gedeiht am besten unter einem dichten Kronenschirm wo er vor direkter Sonnenbestrahlung und starkem Wind geschtzt ist (BRCKER 1977). In Wildbestnden wchst Kakao geklumpt oder in Gruppen von Individuen, die derselben Population angehren (YOUNG 2007).

2.3 Botanik und MorphologieTheobroma cacao s. gehrt zur Familie der Malvengewchse (Malvaceae) Unterfamilie der Sterkuliengewchse (Sterculiacea). Es lassen sich sechs Sektionen mit 22 Arten innerhalb dieser Familie unterscheiden (FRANKE 1994). Theobroma Cacao ist die in Europa bekannteste Art. T.cacao ist eine diploide Pflanze mit 2n = 20 Chromosomen (LACHENAUD et al.1993). Innerhalb einer Population ist der Genfluss gering, auerhalb kann er auf kleinem Raum stark variieren (LACHENAUD et al.2008). 2.3.1 Wurzel Kakao hat eine Pfahlwurzel, die sich in greren Tiefen zwei- bis dreimal verzweigt. Nhrwurzeln, die als Seitenwurzeln am Wurzelhals entspringen, finden sich im oberen Bodenbereich bis 30 cm. Diese entwickeln Faserwurzeln, die in die Bodenstreu vordringen (FRANKE 1994). Wildkakao hat in ursprnglichem Zustand ein sehr ausgeprgtes System von Mykorrhiza. Auf den Boden gefallene ste werden zum Beispiel zuerst von der Mykorrhiza besiedelt, bevor sich vegetativ neue Wurzeln entwickeln. In Plantagen findet sich die Mykorrhiza erst spter ein und ist dort dann auch nicht flchig, sondern nur geklumpt bei manchen Bumen zu finden (YOUNG 2007). 2.3.2 Stamm und ste Kakao bildet ortotrophe (vertikale) und plagiotrophe (horizontale) Zweige (SCHRDER 1991) und wird in seiner Wildform zwischen 15 - 21 m hoch (HECHT 2008). In den ersten 14 - 18 Monaten wchst der Stamm ortotroph (REHM et al. 1996). Ab einem Hhen-

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wachstum von 1 - 1,5 m teilt sich die Terminalknospe nach einer Wuchspause in drei bis fnf Meristeme, die drei bis fnf plagiotrophe Triebe hervorbringen. An diesen knnen wiederum nach einer Wuchspause ortotrophe Triebe entstehen, die ein weiteres Hhenwachstum ermglichen (SCHRDER 1991). Diese ortotrophen ste werden chupons genannt, von denen einer direkt unterhalb des Vergabelungspunktes (Jorquette) aus einer axilliaren Knospe entsteht. Dadurch entstehen im natrlichen Zustand stockwertartig angeordnete Verzweigungen (FRANKE 1994). Die plagiotrophe Wuchsform bedingt Durchmesser von bis zu 25 cm vor der ersten Verzweigung des Stammes, oftmals in einer Bodenhhe von weniger als 1,50 m (SCHRDER 1991). Wildkakao in geschlossenen Waldgebieten hat eine sprliche ungleichmige Krone, deren Bltter in den oberen Astbereichen sind. Wildkakao auf offenen Flchen, wie zum Beispiel an Flussufern, hat eine dichtere, symmetrischere Krone, deren Kronenansatz bereits nur wenige Meter ber dem Boden sein kann (YOUNG 2007). 2.3.3 Bltter Alle ortotrophen Triebe haben eine spiralige, alle plagiotrophen Triebe horizontale, zweizeilig wechselstndige Blattstellung. Die gestielten Bltter sind 15 - 50 cm lang und 5 - 15 cm breit (FRANKE 1994). Sie sind glattrandig, lederartig und beidseits kahl. Am Ende haben sie eine Trufelspitze, die das Regenwasser ableiten soll. Eine minimale Ausrichtung jeden Blattes zum optimalen Lichteinfall ist gegeben (SCHRDER 1991). Ausgewachsene Bltter sind dunkelgrn, junge Bltter rtlichgelb gefrbt. Im jungen Zustand haben sie noch keine volle Photosyntheserate. Deswegen bentigen sie Assimilate von ausgewachsenen Blttern. Sobald die Bltter krftig und ausgewachsen sind und dadurch auch eine hohe spezifische Blattmasse haben, erhht sich die Photosyntheserate. Je hher die spezifische Blattmasse ist, desto grer ist auch die Ertragsrate (BALASHIMA et al. 1987). Ein Trieb bildet innerhalb eines Jahres drei bis sechs Bltter. Kakao verliert ganzjhrig alte Bltter (FRANKE 1994). 2.3.4 Blte Eine Besonderheit des Kakaos ist seine Kauliflorie (Ansatz von Blten am Stamm) und Ramiflorie (Ansatz von Blten am Ast) (FRANKE 1994). Die Blten bilden sich in den Blattachseln am 2-3 Jahre alten Holz (REHM et al. 1996). Viele kleine Blten, die 1 2 cm gro sind, bedecken in Bscheln den Stamm und dickere Zweige. Blten entstehen nur auf einem Bltenpolster. Wird dieses nicht beschdigt, knnen immer wieder neue

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Blten darauf entstehen (FRANKE 1994). In einem Jahr wurden an einem Kakaobaum bis zu 70 000 Blten gezhlt (SCHRDER 1991). Bei wildem Kakao finden sich generell weniger Blten, die teilweise auch ohne die typische Kauliflorie entstehen (YOUNG 2007). Der Bltenkelch besteht aus fnf weien oder rosafarbenen Kelchblttern. Die fnf kapuzenfrmigen Bltenbltter sind wei bis gelblichwei. Fnf der insgesamt zehn am Grunde zu einem Becher verwachsenen Staubbltter bilden keine fruchtbaren Pollen aus. Eine Selbstbefruchtung ist durch die Lage der Antheren unmglich (REHM et. al. 1996). Die Blten ffnen sich am spten Nachmittag und erreichen am nchsten Morgen ihre hchste Fruchtbarkeit (YOUNG 2007). Sie mssen dann innerhalb weniger Stunden nach dem aufblhen bereits befruchtet werden, da sie sonst unbefruchtet verblhen (BRCKER 1977). Dies bedingt eine zeitliche und rumliche Koinzidenz von Befruchter und Blten. Befruchter sind kleine Insekten wie Mcken der Gattung Forcipomia aber auch Ameisen und Thripsen und Aphiden, die den groben klebrigen Pollen transportieren (FRANKE 1994). Beinahe alle Arten von Kakao sind selbststeril (LACHENAUD et al.2008). Deswegen spielen Ameisen Thripsen und Aphiden nur eine untergeordnete Rolle bei der Befruchtung da diese hauptschlich Pollen derselben Pflanze an sich tragen (REHM et al.1996). Kakao hat eine geringe Befruchtungsrate. Bei 500 Blten entsteht im Durchschnitt nur eine reife Frucht (BRCKER 1977). Zwar blht Kakao ganzjhrig, jedoch hemmt ein starker Fruchtbesatz oder Witterungsschwankungen das Blhen (SCHRDER 1991), so dass meist nur zwei Haupternteperioden zu verzeichnen sind (FRANKE 1994). Kakao blht etwa ab dem dritten Lebensjahr, seine grte Fertilitt weist Kakao zwischen dem 10. bis etwa zum 40. Lebensjahr auf. Danach lsst die Produktivitt nach, allerdings tragen die Bume bis ins hohe Alter Blten, die auch noch befruchtet werden knnen (YOUNG 2007). 2.3.5 Frucht Nach der Befruchtung entwickelt sich zunchst das Endosperm. Nach 40 50 Tagen entwickelt sich die Eizelle (FRANKE 1994). Je nach Standort und Witterung liegt zwischen der Blte und der Reife der Frucht ein Zeitraum von 5 - 7 Monaten. In den ersten Monaten fallen viele Frchte durch eine Wachstumseinstellung aus. Sie verfrben sich,

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verwelken am Baum, fallen aber nicht ab. Dieses Welken wird auch Cherellewelke genannt (Cherelle = junge Frucht). Diese ist verursacht durch Nhrstoffentzug durch ltere Frchte, Fruchtausdnnung oder Wuchsstoffmangel (SCHRDER 1991). Die Frucht von Kakao ist je nach ssp. verschieden. Allgemein ist sie kurzgestielt, ellipsenfrmig und 300 500 g schwer (FRANKE 1991). Sie kann 12 - 30 cm lang sein, einen Durchmesser von 5 10 cm und eine zehnrippige grne, rote, gelbe, braune oder purpurn gefrbte harte Schale haben (BRTELS 1989). Je nach Reifestadium und Spezies variiert die Farbe. Die Frchte, botanisch korrekt als Beeren bezeichnet, werden auch als Schoten betitelt (REHM et al. 1996). 2.3.6 Samen Die Samen werden in den Frchten gebildet. Sie liegen eingebettet in der weilichen oder rtlichen Pulpa, dem Fruchtmus, das von der Fruchthhle umschlossen ist. Bei Reifen Frchten haben sich die Scheidewnde aufgelst, die bei unreifen Frchten noch deutlich in fnffchriger Form angelegt sind. Reife Frchte haben je nach Art 30 60 Samen, die jeweils ca. 1,5 cm gro sind (FRANKE 1991). Die Samen bestehen im Wesentlichen aus zwei stark gefalteten Kotyledonen, einem kleinen Embryo und zwei ledrigen ineinander gefalteten Keimblttern, der so genannten Testa (FRANKE1994). Die gespeicherte Energie, in den groen Samen ermglicht eine Keimung in den ersten Wochen (YOUNG 2007). Allerdings sind sie, wenn sie kein Bodensubstrat erreichen, kurzlebig und knnen sich nicht in ihrem natrlichen feuchten Urwaldhabitat am Leben behaupten (BRCKER 1977). Die Samen keimen bereits in der Frucht. Diese fllt von selbst nicht zu Boden, sondern ist auf die Aktivitt von Tieren angewiesen. Sofern kein Tier die Frucht vom Baum lst, oder aufbricht um an das Fruchtmark heranzukommen, verdrren die Smlinge und die Frucht vermodert am Baum verbleibend (LACHENAUD 2008). 2.4 Vermehrung ber die Vermehrungsstrategie und das vermehrungspotential von Wildkakao ist wenig bekannt. ALLEN sagt 1982, dass wilder Kakao in geschlossenen Waldflchen mit relativ vorhersagbaren Umweltenflssen immer an den gegebenen Mikrostandort angepasst ist. Er fand bei seinen Untersuchungen in verschiedenen Gebieten des Amazonasbeckens unterschiedliche Strategien der Vermehrung (YOUNG 2007). Wildkakao kann sich

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generativ, aus Samen heraus und vegetativ aus sten und Wurzeln fortpflanzen (LACHENAUD

et al. 2008). Tendenziell wird von einer vegetativen Vermehrung aus sten

ausgegangen, da die Anzahl der Blten, die zu Frchten werden relativ gering ist. Dies kann jedoch von Baum zu Baum variieren (ALLEN 1982). Zu Boden gefallene ste, Aststcke und umgefallene Stmme entwickeln neue Triebe. Viele, oft dutzende Triebe entstehen an dem Stammansatz alter Individuen (YOUNG 2007). Eine weitere Mglichkeit der vegetativen Vermehrung ist das entwickeln von Sekundrwurzeln, welche ein Wurzelband vom Stamm weg bilden, bis sich dann in Entfernungen zwischen 1 6 m ein neuer Spross entwickelt. Auch das Ausbilden von Senkerwurzeln, die aus Hhen von ber einem Meter noch auf den Boden treffen und einen neuen Trieb bilden ist eine vegetative Vermehrungsstrategie (LACHENAUD et al.2008). Verbreitung der Samen Da die Frchte von Kakao am Baum verbleiben und eine sehr harte Schale haben, besteht keine Mglichkeit, dass Kakao seine Samen alleine verbreiten kann. (JULIOT et al. 1992). Dies bedingt das Einwirken von Sugern, hauptschlich Affen (JANSON 1983), aber auch Nagern (JANZEN 1971) oder greren Vgeln, die die Frucht zum Verzehr ffnen und die Samen dann verbreiten (SMYTHE 1970). Verteilung Durch die Tatsache, dass T.cacao fr generative Vermehrung auf Tiere angewiesen ist, resultiert das Vorkommen des Kakaos interessanterweise in geklumpter Form (YOUNG 2007). Tiere, die wegen dem bitteren Geschmack der Samen, diese wieder ausspucken hinterlassen die Samen einer Frucht meist an einem Ort (LACHENAUD et al. 2008).Aber auch die vegetative Vermehrung fhrt zu geklumpten vorkommen, da die Sprosse sich aus bereits bestehenden Stmmen, sten und Wurzeln entwickeln und nicht weit transportiert werden (YOUNG 2007). Vermehrungsstrategie Beide Beobachtungen, in Zusammenhang mit der niedrigen Anzahl von befruchteten Blten bei wildem Kakao lassen Biologen von einer konservativen Vermehrungsstrategie sprechen. Eine konservative Vermehrungsstrategie meint, dass die Pflanze verhltnismig wenig Energie in die Produktion von Blten, Samen und Frchten investiert.

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Dahingegen investiert sie deutlich mehr Energie in vegetative Vermehrungsprozesse. Dies ist mit einer hohen Lebensspanne und dem optimalen Schutz gegen Prdatoren und Pathogene kombiniert, welcher durch die Anreicherung von Alkaloiden und anderen Pestiziden in den Blttern, den Blten dem Holz und den Samen von Kakao erreicht wird (YOUNG 2007).

Materialien und Methoden 3 Materialien und Methoden

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Mit dieser Arbeit soll versucht werden, einen Beitrag zum besseren Verstndnis von Vermehrungspotential und Vermehrungsstrategien von wildem Kakao zu leisten. In diesem Kapitel werden der institutionelle Rahmen, das Forschungsgebiet, die Auswahl der Aufnahmeflchen, die angewandten Verfahren, sowie die verwendeten Materialien beschrieben. Um herauszufinden, welches die erfolgreichste Vermehrungsstrategie von Wildkakao ist, wurden drei verschiedene Versuche gemacht. Zum einen wurde im Freiland eine Inventur zu den Vermehrungsstrategien natrlicher Verjngung durchgefhrt. Zum anderen wurden Aststcke, Wurzelstcke und Samen aus natrlichen Vorkommen in ein Pflanzbeet eingesetzt. Zur Verifizierung der Ergebnisse fand eine Befragung von lokalen Personen mit Erfahrungswissen ber wilden Kakao statt.

3.1 Institutioneller RahmenDiese Arbeit ist in enger Zusammenarbeit mit der COOPERAR (Cooperativa Agroextrativista do Mapi e Mdio Purus) und der UFAC (Univesidade Federal do Acre) entstanden. Die UFAC beteiligt sich in einem dreijhrigen Forschungsprojekt mit insgesamt sechs Projekten an der Erforschung des Wildkakaos am Rio Purus. In verschiedenen Schritten sollen Forschungsgrundlagen zu Wild-Kakao generell und dem soziokulturellem Umfeld am Rio Purus untersucht werden. Die Projekte sind Teil eines internationalen Forschungsprogramms. Die Albert-Ludwigs-Universitt Freiburg, das Regenwaldinstitut Freiburg, HACHEZ Chokolade GmbH, die GTZ (Gesellschaft fr technische Zusammenarbeit und Entwicklung), sowie die UFV (Universidade Federal de Viosa) sind weitere Partner dieser Forschung. Die COOPERAR hat eine groe Bedeutung in diesen Projekten, da sie direkt mit der Ernte, Lagerung, Produktion und Vermarktung des Kakaos und anderen Nichtholzwaldprodukten, sowie den Menschen vor Ort arbeitet, um diesen fachliches Know-how zu vermitteln. Finanziert wurde diese Arbeit durch HACHEZ, das Regenwald-Institut Freiburg und die GTZ.

Materialien und Methoden

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3.2 RegionDie Region des Aufnahmegebietes befindet sich in Brasilien im Bundesstaat Amazonas, etwa 9 sdlich des quators, auf dem 67 30 Breite ngrad west (encarta.msn 2009). Die einzelnen Aufnahmegebiete sind ca. 40 km flussabwrts von Boca do Acre gelegen, einer kleinen Stadt an der Mndung des Rio Acre in den Rio Purus. Das Gebiet liegt in den immerfeuchten Tropen (YOUNG 2007). Die Jahresdurchschnittstemperatur in Rio Branco, der nchst greren Stadt, liegt bei 31 C am Tag und 21 C in der Nacht. Die monatliche Schwankung kann bis zu 3 C im Monat smittel liegen (ITEN 2009). Der jhrliche Niederschlag betrgt ca.1800 - 2200 mm (GOULDING et al., 2003). Das Gebiet ist teilweise bis zu sieben Monaten im Jahr berflutet (COOPERAR 2009). Die jhrlichen Wasserstandsunterschiede des Rio Purrus liegen bei 12 - 15 m, der gemessene Rekord sogar bei 24,5 m (GOULDING et al., 2003). Die geographische Lage und die Klimadaten entsprechen nach Schrder (1991) den Ansprchen von wildem Kakao an das natrliche Wuchsgebiet. Der im Versuchsgebiet aufgefundene Kakao gehrt zu dem T.cacao L. Forastero -Stamm (SILVA 2003).

Abbildung 1: Lage des Untersuchungsgebiets im Amazonas, Quelle:(encarta.msn 2009)

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3.3 Inventur3.3.1 Auswahl der Versuchsflchen Die Kommune Santo Elias diente als Ausgangsbasis fr die Forschungsfahrten. Eine Communidade ist eine dorfhnliche Ansammlung von Husern. Am Oberlauf des Rio Purrus sind diese hauptschlich entlang des Flusses angesiedelt. Santo Elias befindet sich auf dem Lngengrad 08 2252,5 und dem Breite ngrad 67 2170,0. Es liegt 112 m ber dem Meeresspiegel auf der Terra Vrzea, der Flussaue, die zu den Regenzeiten berflutet ist. In der Communidade wohnen ca. 100 Menschen. Die Haupteinkommensquelle der Riberinhios, wie die Dorfbewohner genannt werden, ist der Fischfang. Seit 2002 hat die COOPERAR mit den Menschen vor Ort Infrastrukturen zum Fermentieren, Trocknen und Lagern von Kakao geschaffen. Seitdem ist die Arbeit mit wildem Kakao eine wichtige Einkommensquelle der dortigen Einwohner. Die neuen Infrastrukturen und der direkte Bezug der Frderer dieser Arbeit zu dem Gebiet waren ideal, um an dieser Stelle das Forschungscamp zu errichten, und die Aufnahmeflchen in der Nhe von Santo Elias auszuwhlen. Die COOPERAR stellte ortskundige Bootsfhrer, welche die Forschungsfahrten begleiteten und die Kakaovorkommen vor Ort kannten. Die verschiedenen Aufnahmeflchen befanden sich mehrheitlich in der Nhe von anderen Gemeinden, welche jeweils nur per Boot zu erreichen waren. Insgesamt wurden im Umkreis von 30 km auf 11 bzw. 12 verschiedenen Flchen (an einem Ort wurden 2 Flchen aufgenommen) Vorkommen von wildem Kakao aufgenommen. Zu diesem Zweck wurden Flchen gewhlt, auf denen Kakao sicher vorkam. Die Aufnahmen entsprachen einer Vollaufnahme aller auf dieser Flche wachsenden wilden Kakaopflanzen. Die Orte hatten sehr hnliche Standorteigenschaften. Sie lagen auf einem Meeresniveau zwischen 110 113 m (NN). Sieben der Flchen befanden sich im Sekundrwald, vier Flchen im Primrwald. Neun der Flchen waren bereits einer Behandlung zur Erhhung der Produktionsrate des Kakaos unterworfen. Parameter, die Unterschiede der Flchen aufzeigen, wie z.B. Bodentyp, Exposition, Klimadaten, Behandlungsstrke oder Strke des Eingriffes wurden nicht aufgenommen.

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Abbildung 2: Lage der einzelnen Aufnahmeflchen, Quelle: (encarta.msn 2009)

3.3.2 Aufnahmemethode Durch Ausgraben der Naturverjngung wurde eine visuelle Bestimmung des Keimursprungs vorgenommen. Als Naturverjngung galten hierbei Kakaobume mit einem Durchmesser bis 4 cm. Aufgrund des vorkommenden plagiotrophen Wuchses wurde der Durchmesser nicht in der blichen Brusthhe 1,3 m, sondern in der Entfernung 1,3 m vom Stammfu aufgenommen. Falls oberirdisch keine Astabbruchstellen, Senkerwurzeln oder Wurzelbnder zu sehen waren, wurden mittels einer Schaufel oder Hacke die Stammfe und Wurzelanstze freigelegt. Kleine Keimlinge unter 2 m Oberhhe konnten von Hand herausgezogen werden. Da auf den Flchen kaum Naturverjngung zu finden war, wurde bei adulten Bumen ebenfalls eine visuelle Bestimmung vorgenommen, wenn notwendig auch mittels Graben am Stammfu und am Wurzelansatz. Der Ursprung war bei greren Durchmessern immer noch sehr gut zu sehen. In der zu Rate gezogenen Literatur waren keine Angaben zu einer solchen oder hnlichen Datenaufnahme beschrieben worden. Um ein einheitliches Inventurdesign zu gewhrleis-

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ten, wurden folgende Kriterien definiert. Sie klassifizierten die jeweilige Vermehrungsstrategie anhand von subjektiven Beobachtungen: 3.3.3 Kriterien zur Beurteilung der Vermehrungsstrategien Astabbrche:

Abbruchstellen an sten, die direkt auf Bruchstellen an benachbarten Individuen passten, wurden als vegetativ aus sten vermehrt klassifiziert. Oft wurden an Bumen Stellen gefunden, an denen ein Ast abgebrochen war. Wenige Meter entfernt wuchs in diesen Fllen dann ein sichtlich jngerer Baum, der im Bereich des Stammfues eine Bruchstelle aufwies, die genau auf die Bruchstelle des lteren Individuums passte (Abbildung 3, Skizze 1). Bei umgefallenen Kakaobumen entwickelten sich am Stamm oder an einzelnen am Boden liegenden sten an mehreren Stellen gleichzeitig neue Triebe. Diese lieen sich mit einem etablierten Wurzelwerk und eigenem Stamm bzw. Stmmen auch als neue Individuen klassifizieren (Abbildung 3, Skizze 2). ste, die noch mit dem Mutterbaum verbunden sind:

ste, die vor Jahren durch Fremdeinwirkung auf den Boden gedrckt worden waren, bildeten neue Triebe, die sich im Laufe der Jahre zu eigenstndigen Bumen entwickelten oder noch als kleine, aber bereits eigenstndige Individuen zu erkennen waren (Abbildung 3, Skizze 3). Vermehrung aus Wurzeln:

Plagiotroph wachsende ste der Kakaopflanzen entwickelten aus Hhen von bis zu 2 m ber dem Bodenniveau Senker- bzw. Luftwurzeln. Sobald diese Wurzeln den Boden erreicht hatten, konnte sich daraus ein neuer Trieb entwickeln. Diese Triebe wurden als aus Wurzeln entstanden klassifiziert, da letztlich die Verankerung der Luftwurzel mit dem Boden fr den Austrieb des neuen Keimes verantwortlich war. Der Trieb war nicht mehr auf den Mutterbaum angewiesen. Der ursprngliche Ast zeigte dann hufig Zersetzungserscheinungen am Ansatz der Senkerwurzel (Abbildung 3, Skizze 4). Bume, die aus Wurzeln lterer Individuen entstanden waren, konnten an einem Wurzelband, das sich im Bereich der oberen 10 30 cm des Bodens befand, erkannt wer-

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den. Dieses Wurzelband war meist in einer geraden Linie von Baum zu Baum zu verfolgen (Abbildung 3, Skizze 5). Bume, die geklumpt aus einem Wurzelursprung entstanden waren, wurden als ein Individuum gewertet (Abbildung 3, Skizze 6). Vermehrung aus Samen:

Kakaobume, die solitr standen, die in keiner - zumindest optisch auszumachenden Verbindung zu anderen Individuen standen und die keine Bruchstellen aufwiesen, wurden als aus Samen entstandene Individuen klassifiziert (Abbildung 3, Skizze 7). Einige der gefundenen Kakaopflanzen konnten keiner dieser beschriebenen Vermehrungsstrategien sicher zugeordnet werden. Sie wurden in eine extra Kategorie als nicht bestimmbare Verjngungsstrategie aufgenommen. Auswertung Die Resultate der Inventur wurden mit einer relativen Wahrscheinlichkeitsrechnung ausgewertet. Die Mittelwerte, Minimal- und Maximalwerte mit Excel ausgerechnet und tabellarisch dargestellt.

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Skizze 1

Skizze 2

Skizze 3

Skizze 4

Skizze 5

Skizze 6

Skizze 7

Abbildung 3: Kriterien zur Bestimmung der Vermehrungsstrategien

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3.4 PflanzbeetIn der Communidade Santo Elias wurde auf dem Boden einer ansonsten agro-forstlich genutzten Flche ein Pflanzbeet errichtet. Es hatte eine Gre von 3 x 4 m. ber das Beet wurde ein Schattennetz mit einem Schattierwert von 65 % installiert. Dadurch kamen nur 35 % des im Freiland ankommenden Lichtes durch das Netz. Dies wurde als Notwendig angesehen, um die Pflanzproben vor direkter Sonneneinstrahlung zu schtzen. Der Schattierwert wurde so gewhlt, da eine zu starke Beschattung die Photosynthese der Stecklinge und Keimlinge reduziert htte (FRANKE 1994). Zuviel Licht htte nicht mehr den natrlichen Lichtverhltnissen entsprochen. Auf der nach Westen gerichteten Seite wurde ein Bretterzaun mit waagrechten Latten in einem maximalen Lattenabstand von ca. 5 cm angebracht, ebenfalls um das Beet vor der flach stehenden Abendsonne zu beschatten. Die anderen drei Seiten waren offen. Aus stlicher Himmelsrichtung konnte wegen der in der Nhe wachsenden Bume keine direkte Sonne einstrahlen. Von der Sdseite gelangte nur knapp eine Stunde direkte Sonneneinstrahlung auf einen kleinen Bereich des Versuchs. Regen konnte ungehindert durch das Schattennetz auf die Versuchsflche gelangen. Bei regenfreier Witterung wurde gegossen. Das Pflanzbeet hatte ein Bodensubstrat aus dem an dieser Stelle natrlich vorkommenden Boden gemischt mit Flusssand einer geringen Krnung. Dies wurde in Anlehnung an FRANKE (1994) so gewhlt, der dieses Verfahren fr die Stecklingsvermehrung in Plantagen beschrieben hatte. So waren eine gute Bodendurchlftung und eine angemessene Wasserspeicherkapazitt gewhrleistet. In dem Pflanzbeet wurde Vermehrungsgut aus vier Populationen von Wildkakao im Umkreis von 20 km um Santo Elias getestet. Quantitativ und Qualitativ wurden von allen Orten dieselbe Anzahl Proben gesammelt. Das Vermehrungsgut bestand aus sten, Wurzeln, Samen und ganzen Frchten. In den folgenden Abschnitten werden diese Arten von Vermehrungsgut genauer beschrieben. 3.4.1 ste Mit einer Machete wurden ca. 15 cm lange ste von den Kakaopflanzen abgeschnitten. Diese Lnge entspricht derjenigen, von in Plantagen hufig angewandten Pflanzgutsammlungen zur Stecklingszchtung (FRANKE 1994). Durchschnittlich waren die Astst-

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cke 1 - 3 cm dick. Insgesamt wurden 24 Aststcke ohne Bltter und 20 Aststcke mit Blttern eingepflanzt. Die Bltter wurden zur Senkung der Verdunstungsrate auf 1/3 der Gesamtgre gekrzt (FRANKE 1994). Die Proben der ste stammten von den so genannten Chupones, den neuen Trieben, die am Stamm und an den sten entstehen. Die Aststcke wurden waagrecht in etwa 3 cm Tiefe in den Boden eingepflanzt, damit ein mgliches Austreiben, unabhngig davon, an welcher Stelle des Astes, mglichst schnell beobachtet werden konnte. Bei allen Aststcken wurden Keimzeit, Wachstumsfortschritt, Mortalitt und Vitalitt untersucht. 3.4.2 Wurzeln Da in der Literatur auch als relevante Vermehrungsstrategie das Bilden von Senkerund Sekundrwurzeln beschrieben wird (YOUNG 2007), wurde auch Wurzelmaterial in den Versuch aufgenommen um zu prfen, inwiefern Kakao sich auch durch Wurzelbrut vermehren kann. Da es keine Versuchsvorlage gab, die sich mit dem Beproben von Wurzelmaterial bei Kakao befasst, wurde in Anlehnung an FRANKE (1994) das Verfahren der ste auf die Wurzeln bertragen. Es handelte sich um Teile der Senkerwurzeln, der Pfahlwurzeln und Seitenwurzeln, die gesammelt und in das Pflanzbeet gesetzt wurden. 20 Wurzelstcke dieser Art wurden eingepflanzt. Die Wurzelstcke waren im Durchschnitt ebenfalls 15 cm lang, vier Stck bis zu 35 cm. Von acht Individuen wurde die gesamte Pfahlwurzel senkrecht eingegraben, nachdem der grne Trieb abgehackt worden war. Die Dicken des Wurzelmaterials aller Wurzelarten variierten zwischen 0,5 4 cm. Auerdem wurden 10 Stck Feinwurzel unter 2 mm Dicke aus der oberen Humusschicht gesammelt und eingepflanzt. Die Wurzelstcke wurden ebenfalls waagrecht in den Boden eingegraben, um einen mglichen Austrieb schnell beobachten zu knnen. 3.4.3 Samen Es wurden 500 Samen ausgebracht. Davon sind 150 Samen von dem umgebenden Fruchtmark mittels Waschen in Regenwasser gereinigt worden. Die restlichen Samen verblieben ungesubert. 200 Samen wurden lose auf den Boden aufgelegt, davon waren 75 Stck gesubert. Das subern von dem Fruchtmark sollte das Fressen des gesamten Fruchtmarkes durch mgliche Vektoren simulieren. Die Nichtgesuberten Samen sollten das auf den Boden fallen nachstellen, bevor ein Tier das ganze Fruchtmark gefressen hat. Ebenfalls 200, auch davon 75 gesuberte, waren etwa 2 cm tief in den

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Boden gest worden. Dies sollte eine natrliche Sedimentation nachahmen. 100 Samen wurden in einen Eimer mit Flussschlamm und Wasser eingelegt. Dieser Versuch sollte eine stndige berflutung simulieren. 3.4.4 Frchte Ganze Frchte wurden halbiert, gedrittelt oder mit einer Machete an der Schale beschdigt, so dass offene Stellen entstanden sind, durch welche die Samen zu sehen waren. Diese, sowie auch ganze, unversehrte Frchte wurden eingepflanzt bzw. mit Erde bedeckt. Insgesamt 8 halbierte, 9 gedrittelte, 10 beschdigte und 10 unversehrte Frchte sind in den Versuch eingegangen. Mit den beschdigten Frchten sollte ein auf den Boden fallen nach dem ffnen durch ein Tier nachgeahmt werden. Die ganzen Frchte sollten ein zu Boden fallen ohne voriges ffnen darstellen. Beobachtet wurden bei allem Probematerial die Keimzeit, die Keimfhigkeit, die Vitalitt und die Mortalitt.

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YYYY XXXXXXXXXX YYYY XXXXXXXXXXI = Ast

FFFFFFFF ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: ::::::::::::::::::: :::::::::::::::::::

= Ast mit Bltter X= Wurzel Y= Pfahlwurzel F= Feinwurzel ::= Samen aufgelegt :: = Samen eingest

IIIIII IIIIII IIIIII IIIIII

= halbe Frucht 1/3 = gedrittelte Frucht O= ganze Frucht

1/3 1/3 1/3 1/3 1/3 1/3 1/3 1/3 1/3

= ganze Frucht beschdigt= Eimer mit 150 Samen

Abbildung 4: Schematische Darstellung des Pflanzbeetes

Auswertung Die Auswertung erfolgt deskriptiv. Die Daten der vier verschiedenen Samen- Varianten werden statistisch ausgewertet. Vom Stichprobenumfang werden der Mittelwert und die Standardabweichung berechnet. Darauf wird ein Kruskal-Wallis Test durchgefhrt mit der Nullhypothese: Ho = die vier Gruppen unterscheiden sich nicht, da sie zur gleichen Grundgesamtheit gehren. Sollte diese verworfen werden wird in einem Paarweisen Einzelvergleich mit dem Mann-Witney-U-Test weitergetestet.

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3.5 BefragungDie Befragung sollte zum einen die gewonnenen Ergebnisse berprfen. Zum anderen galt sie als Grundbaustein, um die Frage zu beantworten, ob und inwiefern sich lokales Wissen von wissenschaftlichen Erkenntnissen ber die Vermehrung von Kakao unterscheidet. 3.5.1 Semistrukturiertes Interview Die Befragung erfolgte in Form eines teilstandardisierten Interviews, auch semistrukturiertes- oder Leitfadeninterview genannt (CHRISTOF 2009). Hierfr wurde zuerst ein Leitfaden-Fragenkatalog entwickelt. Die Fragen werden im Ergebnisteil S.34 (Tabelle 2) vor den Antworten aufgelistet. Im Rahmen einer vertraulichen Gesprchssituation wurden die Befragten anhand dieser Fragen zu ihrem Wissen ber Vermehrungsstrategien und Vermehrungspotentiale von wildem Kakao befragt (GLSER et al 2006). Die Fragen waren bewusst offen und neutral gehalten. Sie sollten keine vorgegebene Antwort enthalten und keine Beantwortungstendenzen suggerieren (BGAG 2006) 3.5.2 Auswahl der Interviewpartner Nach GLSER et al (2006) wurde die Personenauswahl auf Probanden mit mglichem Vorwissen fr die Interviews eingegrenzt: Es sollten nur Personen, die direkt oder indirekt mit Kakao zu tun haben, befragt werden. Diese Personen sollten aus verschiedenen Milieus kommen, d.h. unterschiedliche Bildungshintergrnde reprsentieren, um einen Vergleich des local knowledge mit scientific knowledge zu ermglichen. Die Befragten wurden in folgende Gruppen eingeteilt um eine gewisse Standardisierung der Probanden zu gewhrleisten. Scientific knowledge Befragte, die so genanntes wissenschaftliches Wissen haben, sind Professoren, Wissenschaftler und Studenten, die zum Thema Kakao Forschung betreiben. Diese sollten befragt werden, da sie einen wissenschaftlichen Hintergrund zu dem Thema haben und mglicherweise selbst schon Beobachtungen in Bezug auf die natrlichen Vermehrungsstrategien oder auch das Vermehrungspotential von wildem Kakao bei ihren Forschungen gemacht haben. Nahe liegend schien es daher, alle an dem Forschungsprojekt Beteiligten der UFAC zu befragen.

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Kakaoplantagenbesitzer galten als interessante Interviewpartner, da sie mglicherweise selbst Kakao vermehren oder diesen gegen Krankheiten resistent machen mchten. Daher wurde angenommen, dass sie auch eigene Bestrebungen verfolgen, sich ber die natrlichen Vermehrungsstrategien, als auch die mglichen Vermehrungspotentiale zu informieren. Angestellte der COOPERAR, welche administrativ, logistisch, oder auch verarbeitend mit der Produktionskette Wildkakao vertraut waren, galten als eine weitere interessante Befragungsgruppe, da es wahrscheinlich schien, dass sie sich selbst auch mit der Vermehrung von Wildkakao auskennen. Local knowledge: Die Beschftigten der COOPERAR ohne akademischen Bildungsabschluss, sowie alle anderen Befragten prsentierten die Gruppe der Menschen mit local knowledge Kakaosammler, die bereits mehrere Jahre mit Kakao arbeiteten, schienen eine angemessene Befragungsgruppe zu sein, da sie nicht nur zur Erntezeit mit wilden Kakao in Berhrung kommen, sondern sich auch oft auerhalb der zwei Haupterntezeiten in den Wldern bewegen, um zu jagen oder andere Nichtholzwaldprodukte zu sammeln. Dorflteste galten als eine weitere interessante Befragungsgruppe, da sie bereits seit Jahrzehnten in der Region leben und durch ihren Erfahrungsschatz auch altes, traditionelles Wissen gepaart mit Beobachtungen haben knnten. Indios, so wurde vorausgesetzt, kennen den Wald und seine kologie sehr gut. Sie haben ber viele Generationen hinweg ein holistisches, traditionell wissenschaftliches Wissen ber ihr Land, natrliche Ressourcen und ihre Umwelt entwickelt (UN- GENERAL ASSEMBLY 1999). Darum galten sie als eine sehr geeignete Befragungsgruppe. Farmbesitzer leben ebenso in dieser Region. Sie galten als gute Befragungsgruppe, das sie die Flchen kultivieren oder beweiden, und zumindest eine Nhe zum Regenwald haben. Auswertung Die Auswertung der Befragung sollte je nach Umfang der Befragung statistisch (wenn die Probandenzahl gro genug ausfiel) oder rein deskriptiv (bei einem kleinen Umfang der Befragten) erfolgen.

Ergebnisse 4 Ergebnisse

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In diesem Kapitel werden zuerst die Ergebnisse der Inventur gezeigt. Darauf folgt die Auswertung des Pflanzbeetversuches. Die Auswertung der Befragung gibt abrundend einen Einblick, ob das local knowledge sich von dem hard knowledge der Wissenschaft unterscheidet. Abgeschlossen wird dieses Kapitel durch eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse.

4.1 InventurInsgesamt wurden 1358 Bume aufgenommen. Die hufigste Art der natrlichen Vermehrung lie sich mit 32 % der aufgenommenen Individuen als vegetativ aus sten entstanden bestimmen. Die Kakaobume, deren Ursprnge nicht genau bestimmbar waren, machten 30 % aus. Aus Wurzeln entstanden waren 23 % der aufgenommenen Pflanzen. Die restlichen 15 % der Bume waren aus Samen hervorgegangen Die in Tabelle 1 dargestellten Ergebnisse zeigen die Mittelwerte, die Maximal- und die Minimalwerte aller untersuchten Orte der unterschiedlichen Vermehrungsstrategien zusammengefasst.Tabelle 1: Vermehrungsstrategien, Mittel-, Maximal- und Minimalwerte der inventarisierten 1358 Bume

Vermehrungsstrategie Ast Wurzel Same Nicht Bestimmbar

MW 39,4 27,9 18,2 38

MAX 57 49 33 73

MIN 19 7 3 15

Die Orte hatten unterschiedliche Aufnahmegren. Die Anzahl aller aufgenommenen Individuen auf den einzelnen Flchen (Anhang Tab. 3) belief sich von 53 195 Individuen. Die prozentuale Verteilung der inventarisierten Vermehrungsstrategien variierte auf den einzelnen Flchen nur sehr gering.

Ergebnisse

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Die Verjngungsstrategien waren bei den bestimmbaren Bumen durch eindeutige Merkmale leicht zu erkennen. Die entwickelten Kriterien zu Bestimmung der Vermehrungsstrategie lieen sich optimal anwenden. Es wurde z.B. von einem dicken Stamm aus ein Wurzelband auf der Bodenoberflche gefunden, dass in einer geraden Linie bis zum Nachbar in 3 m Entfernung, von dort bis zum nchsten Nachbar in 5 m Entfernung etc. verlief. Sehr starke Klumpungen von Stammanstzen auf kleiner Flche lieen keinen Zweifel an einem gemeinsamen Wurzelursprung. An Senkerwurzeln, die den Boden erreicht hatten befanden sich die ursprnglichen ste schon in einem fortgeschrittenerem Zersetzungsstadium. Astabbrche die Passgenau auf andere passten waren keine Seltenheit. Umgefallene Kakaobume, die an mehreren Stellen neue Chupones entwickelt hatten, sowie auf den Boden gedrckte ste lieen eine Bestimmung zu.

4.2 Pflanzbeet4.2.1 ste Austrieb Austrieb meint hier, ein sichtbares hervortreten einer Knospe zu einem bestimmten Tag nach Versuchsbeginn. An den Aststcken entwickelten sich ein, zwei oder drei Triebe, an deren Ende eine Knospe entstand. Nur einmal wurde beobachtet, dass sich eine Knospe ohne vorangehenden Trieb entwickelte. Die Lnge des Triebes variierte zwischen 1 cm 8 cm, bevor die Knospe sich ffnete. Das Entstehen eines grnen Triebes, bis zum ffnen der Knospe dauerte maximal 2 Tage. Nach dem ffnen traten vier kleine Bltter hervor. In deren Mitte wuchs ein kleiner Ast, der erneute Bltter hervorbrachte.

Abbildung 5. kumulative Austriebszeitpunkte der Aststcke im Pflanzbeetversuch

Ergebnisse

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Am 21 Tag war der erste Austrieb bei einem Aststck ohne Bltter zu verzeichnen. Am darauf folgenden Tag trieben zwei Aststcke ohne Bltter und ein Aststck mit Blttern aus. Im Laufe der nchsten 2 Wochen wurden Austriebe in unregelmigen Abstnden in beiden Versuchsgruppen erfasst. Im Beobachtungszeitraum trieben nur neun der insgesamt 24 Aststcke ohne Bltter und sieben der 20 Aststcke mit Blttern aus. Wachstum Nach dem Austreiben wurden die Lngen der Sprosse regelmig gemessen. Die Triebe wuchsen unabhngig von der Variante gleich schnell, sobald sie ausgetrieben waren. Schon zwei Tage nach dem ffnen der Knospe waren die Sprosse 1 cm lang. Fnf Tage nach dem Austreiben waren sie bereits 11 cm lang. Abbildung 6 zeigt exemplarisch die Lnge der Triebe ber der Zeit in Tagen dargestellt an einem Trieb. Die in der zweiten Woche nach Versuchsbeginn ausgetriebenen Aststcke erreichten im Beobachtungszeitraum diese Lnge nicht mehr. Die Wachstumsfortschritte bis dahin verliefen jedoch gleich.

Abbildung 6: Wachstum eines Triebes von einem Aststck in cm ber die Zeit

Wurzelbildung Beim vorsichtigen Herausheben der keimenden Triebe aus dem Pflanzbeet konnte an den Aststcken bereits zum Keimungszeitpunkt ein Feinwurzelwerk ausgemacht werden, das an mehreren Stellen des Aststckes seinen Ursprung hatte, oder das

Ergebnisse

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ganze Aststck berzogen hatte. Da Mykorrhiza bei wildem Kakao nicht selten ist, kann es sich bei der gezeigten Erscheinung auch um ein Pilzmyzel handeln. Besonderheiten Es war zu beobachten, dass Aststcke mit einem Quirl schneller austrieben als Aststcke ohne Quirl. 12 der bis dahin insgesamt 16 gekeimten Aststcke waren aus Quirlen mit mindestens einer Vergabelung entstanden. Das Keimungsprozent lag nach 40 Tagen bei 36 % des Probenmaterials. Unklar war zu diesem Zeitpunkt die Ausfallrate bzw. eine gesicherte Angabe ber die Mortalitt. 4.2.2 Wurzeln Austrieb Austrieb meint hier das Entstehen eines Triebes oder einer Knospe aus dem Wurzelstck. Bei den Pfahlwurzeln bildete sich ein Trieb, hnlich wie bei den sten, der an seinem Ende eine Knospe hatte. Die Wurzelstcke zeigten zum Austriebszeitpunkt ein Trieb mit Knospe an der Erdoberflche, die sich bereits ffnete. Im Beobachtungszeitraum von 40 Tagen konnte nur bei zwei von den acht Pfahlwurzeln und einem der 20 Wurzelstcke eine Keimung ausgemacht werden. Die Feinwurzeln, Senkerwurzeln und Seitenwurzeln die in den Versuch eingegangen waren entwickelten im Beobachtungszeitraum keine Triebe oder Knospen. Ein neu entstandenes Wurzelwerk konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Pfahlwurzel mit einem Durchmesser von 4 cm bildete nach 25 Tagen vier Triebe aus. Eine andere Pfahlwurzel, von einer naturverjngten einjhrigen Pflanze mit einem Durchmesser von 1,3 cm bildete nach 26 Tagen direkt unterhalb der Schnittstelle des ursprnglichen Triebes einen neuen Trieb. Ein Wurzelstck mittleren Durchmessers, welches vertikal eingepflanzt war, zeigte ebenfalls nach 25 Tagen einen ersten Trieb. Wachstum Die entstandenen Triebe vergrerten sich schnell und kontinuierlich. Zwischen dem unterschiedlichen Probenmaterial, das eine Entwicklung zeigte, lieen sich nur geringe Unterschiede beobachten. Die Triebe erreichten jeweils am zweiten Tag nach dem Austreiben eine Lnge von 1 cm. Der Trieb der Pfahlwurzel zeigte zwischen-

Ergebnisse

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durch ein schnelleres Wachstum als die anderen beiden Proben. Das austreibende Wurzelstck war bei Abschluss der Versuchsbeobachtungen um zwei bzw. einen cm krzer geblieben als die zwei Pfahlwurzelproben. 4.2.3 Samen Keimung Keimung meint bei den lose aufgelegten Samen, dass die Samen eine Keimwurzel entwickelten, die sich horizontal am Boden entlang streckte. Keimzeitpunkt ist der Tag, an welchem eine Keimung nach Anlage des Versuches zu beobachten war. Die Keimung konnte bei den eingegrabenen Samen nicht beobachtete werden. Der Keimzeitpunkt ist in diesem Falle der Zeitpunkt, an welchem der Keimling aus dem Boden heraustritt, dies ist nicht der tatschliche Keimzeitpunkt. Er wurde so fr die Auswertung definiert. Die Prozentzahl der Individuen der gesuberten und der mit Fruchtmark verbleibenden Samen werden in Abbildung 7 kumulativ mit deren Keimzeitpunkt ber die Anzahl von Tagen nach dem Versuchsbeginn gezeigt. Von den lose aufgelegten Samen, die von dem Fruchtmark gesubert waren, keimten die ersten bereits am zweiten Tag nach der Ausbringung. Die Nichtgesuberten am dritten Tag. Die gesuberten Samen, die in die Erde gest wurden, bentigten 10 - 13 Tage, die ungesuberten 11 - 14 Tage, bis sie der obenstehenden Definition nach keimten.

Abbildung 7: Keimzeitpunkt der Samen im Pflanzbeet

Ergebnisse Wachstum

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Ein bis zwei Tage nach dem Keimzeitpunkt verankerten sich die Keimwurzeln der lose aufgelegten Samen bereits in der Erde. Bereits einen Tag nach der Keimung waren alle vier Varianten bereits um das doppelte gewachsen. Im Vergleich zu den Keimlingen aus nicht eingegrabenen Samen waren die Keimlinge der eingegrabenen Samen krftiger und vitaler. Der Stiel der Keime war bis zu zwei Millimeter dicker als diejenigen, die nicht eingegraben wurden. Sie wuchsen im Verhltnis zu den nur aufgelegten Samen schneller. Die eingegrabenen Samen holten den Wachstumsvorsprung der nur aufgelegten Samen auf, und behielten die krftigere Wuchsform bei. Die Abbildung 8 zeigt das kumulative Erreichen der Hhe von 10 cm ber die Anzahl der Tage nach dem Aussen. Angaben zur Mortalitt konnten fr diese Auswertung noch keine getroffen werden, da alle ausgesten Samen gekeimt und vital waren. Das Aufstellen und Verhrten der Bltter der Keimlinge war bei den lose aufgelegten Samen bei einer Hhe von ca. 12 cm, bei den eingegrabenen schon bei ca. 10 cm zu beobachten.

Abbildung 8: Hhe 10 cm der gekeimten Samen im Pflanzbeet

Statistische Auswertung Untersucht wurde der Keimzeitpunkt der lose aufgelegten Samen und der eingegrabenen Samen, jeweils in der gesuberten und ungesuberten Variante. Der Mittelwert, die Standardabweichung und der Stichprobenumfang wurden fr jede Gruppe dargestellt. Daraufhin wurde die Nullhypothese, dass sich die vier Gruppen nicht unterscheiden, mit

Ergebnisse

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dem Kruskal- Wallis- Test verworfen. Die Wahrscheinlichkeit betrug 0,05. Der daraufhin durchgefhrte Mann- Whitney- U- Test zeigte dass sich alle Varianten, bis auf die Variante V1= lose aufgelegte Samen mit Fruchtmark und die Variante V2 = lose aufgelegte Samen gesubert im Keimzeitpunkt signifikant voneinander unterschieden. Folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse

Tabelle 1: Die Tabelle zeigt die Mittelwerte (MW) und Standardabweichungen (SA) fr die Behandlungsvarianten V1 = lose aufgelegte Samen mit Fruchtmark; V2= lose aufgelegte Samen gesubert, V3 = eingegrabene Samen mit Fruchtmark; und V4 = lose aufgelegte Samen gesubert zum Keimungszeitpunkt, dem Erreichen von 3, 5 und 10 cm nach Versuchsbeginn, die Wahrscheinlichkeitswerte p des Globalen Test mit Kruskal-Wallis (KW); Die Ergebnisse Paarvergleiche mit Mann-Whitney-U-Test. zeigen signifikante Unterschiede, diese wurden mit unterschiedlichen Buchstaben ( ) gekennzeichnet, gleiche Buchstaben zeigen keinen Signifikanten Unterschied V1 MW n Keimzeitpunkt (d) drei cm (d) fnf cm (d) zehn cm (d) 150 2,85 9,28a b

V2 SA MW 75 0,67 0,84 1,16 1,28 2,93 7,39a

V3 SA MW 150 0,73 0,89 1,05 1,02 12,39b

V4 SA MW 75 0,87 1,07 1,06 1,10 11,25 13,81 15,43 21,35c

SA p fr KW 0,74 1,42 1,29 1,17 > 0,00 > 0,00 > 0,00 > 0,00

a

b

14,67 17,36 23,57

c

d

13,20

a

10,22 21,70

b

c

d

24,24

a

b

c

d

Die signifikanten Unterschiede zwischen den Varianten belegen, dass eine Keimung und das darauf folgende Wachstum von externen Faktoren wie verbleiben des Fruchtmarkes oder Keimen im Boden abhngig sind. berflutete Samen Der Versuch 100 Samen in einem mit Flussschlamm und Wasser gefllten Eimer, welcher eine stndige berschwemmung simulieren sollte, zeigte drei Tage nach Anlage des Versuches bereits an allen Samen Keimwurzeln. Diese waren bei allen gleichermaen ausgebildet. Bei ca. 35 % der Samen trat jedoch schon zwei Tage nach der Keimung ein Absterben auf. Weitere 17 % der Samen verfaulten noch vor dem sechs-

Ergebnisse

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ten Tag. Die verbleibenden 48 % entwickelten Triebe, diese starben allerdings bis zum 15.Tag alle ab. Die Mortalitt dieses Versuches betrgt 100 %. 4.2.4 Frchte Halbierte und gedrittelte Frchte Unter Keimung und Keimzeitpunkt wird hier der Moment beschrieben, an dem ein Keimling aus dem Erdboden hervortritt. Die Samen aller halbierten und gedrittelten Fruchtstcke keimten zwischen dem fnften und siebten Tag. Spter keimten keine Samen mehr. Insgesamt keimten 137 Samen. Die Stiele der Keimlinge waren bei einer Hhe von 5 cm noch keinen Millimeter dick. Bereits 19 Tage nach Versuchanlage hatten die letzten Keimlinge eine Hhe von 10 cm. Die Bltter stellten sich bereits am neunten Tag auf. Es wurde beobachtet, dass die Keimlinge in groer Konkurrenz zueinander standen, was sich durch eine groe Dichte, schnelles Hhenwachstum und ein frhes Aufstellen der Bltter zeigte. Angaben zur Mortalitt und dem Keimungsprozent lieen sich aufgrund der hohen Dichte und der Ungewissheit, wie viel Samen tatschlich in der Frucht eingebettet waren, nicht machen. Unterschiede zwischen den halbierten und gedrittelten Frchten lieen sich keine feststellen. Ganze beschdigte Frchte Sechs der zehn ganzen, aber beschdigten Frchte zeigten eine Germination nach sechs bis zehn Tagen. Bei vier der zehn Frchte wurden keine Keimungen beobachtet. Die ersten Keimlinge, die an den beschdigten Stellen der einzelnen Frchte heraustraten, wurden von nachfolgenden Keimen nach auen gedrngt und starben dann nach ein bis zwei Tagen ab. Beobachtet wurde das Absterben von ungefhr 120 Keimlingen innerhalb der ersten drei Tage. Daraufhin zeigten sich dicht gedrngt die Keimlinge, die sich behaupteten. Bei einer Frucht waren zum Beispiel nach zehn Tagen 43 Keimlinge auf einer Flche von 20 cm mit einer Hhe von ca. 15 cm zu sehen. Durch die hohe Dichte konnten nicht alle Keimungserfolge und Hhen erfasst werden. Die Sprosse, die sich behaupten konnten, wurden stabil und erreichten Hhen von bis zu 25 cm zum Zeitpunkt des Beobachtungsstopps. Angaben zur Mortalitt lieen sich auch hier wegen dem nicht bekannten Gesamtumfang der Samen in den einzelnen Frchten nicht machen.

Ergebnisse

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Die Schalen zeigten im Vergleich zu den halbierten oder gedrittelten Fruchtschalen eine strkere Zersetzung. Aus oben genannten Grnden konnten auch hier keine Angaben ber die Mortalitt gemacht werden. Die unversehrten Frchte zeigten keinerlei Anzeichen einer Germination auerhalb der Schale. Beim ffnen einer unversehrten Frucht nach 23 Tagen kamen bereits alle Keimlinge abgestorben zutage.

4.3 BefragungIn diesem Kapitel werden die Ergebnisse des Experteninterviews dargestellt. Die Fragen befinden sich in Tabelle 2. Zur Vereinfachung der Auswertung wurden die gegebenen Antworten standardisiert, nach Personengruppen gegliedert. Diese standardisierten Antworten werden in Tabelle 3 dargestellt. Besonderheiten und eine umfassendere Beschreibung der Antworten folgen darauf.Tabelle 2: Leitfragen des Experteninterviews:

Frage 1 Frage 2

Wie entsteht eine Kakaopflanze? Gibt es Ihrer Meinung nach noch andere Mglichkeiten, wie Kakao entstehen kann? Welche? Wie werden Samen von Kakao verbreitet? Gibt es viel jungen Kakao

Frage 3 Frage 4 Frage 5

ErgebnisseTabelle 3: Ergebnisse des Experteninterviews

34

Frage 1

Frage 2

Frage 3

Frage 4 Sonstige Antworten

Frage 5 Keine Angabe 10 1 -

Sonstige Antwort

Grosse Vgel

Samen

Samen

Wurzel

Wurzel

Affen

Nicht Best.

Nein

Scientific knowledge

Wissenschaftler /13

9

4

-

-

13

-

4

9

1

-

13

13

-

-

1

2

Plantagenbesitzer 1 /1 COOPERAR ad4 ministrativ / 4 COOPEREAR Angestellte / 3 3 4 -

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3 24 3 5 -

3 24 3 5 -

3 24 3 5 -

3 24 3 5 1

2 24 3 3 -

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Local knowledge

Sammler / 24 Dorflteste / 3 Indios / 5 Farmbesitzer/ 1

Nein

Ast

Ast

Ja

Ja

Befragte / Anzahl der Befragten

Nager

Ergebnisse 4.3.1 Ergebnisse des Experteninterviews Scientific knowledge

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Die Angestellten der Universitt waren der Ansicht, dass Kakao sich auf natrlichem Wege sowohl aus sten als auch aus Samen vermehren wrde. Die hauptschliche Vermehrungsstrategie, so meinten die meisten Akademiker, sei aus sten. Zwei Studenten, ein Wissenschaftler und ein Professor sahen die Hauptstrategie in der generativen Vermehrung. Einer der vier Professoren (RODRIGUEZ) erwhnte einen Versuch, den er begleitete, bei welchem eine mit Kakao bestandene Flche von ungefhr 40 m ausgegraben worden sei, um das Wurzelsystem zu betrachten. Dabei seien die Forscher auf Wurzelbnder zwischen einzelnen Stmmen gestoen. Dies besttige eine vegetative Wurzelvermehrung. Die brigen schlossen diese Mglichkeit der Vermehrungsstrategie nicht aus, konnten allerdings keine verifizierten Belege oder eigene Erfahrungen aufweisen, um diese These zu sttzen. Alle Personen innerhalb dieser Befragungsgruppe waren der Ansicht, dass die Rate der Reproduktion von wildem Kakao gering sei, jedoch Kakao ohne menschliches zutun durchaus Potential habe, sich auf gleich bleibendem Niveau selbst zu vermehren. Sie vertraten alle die Meinung, dass sofern sich Kakao aus Samen vermehre, grere Tiere, wie Affen, oder Papageien bentigt wrden, um die Frucht zu ffnen und die Samen zu verbreiten. Die berlebenschance von aus Samen naturverjngten Individuen wurde gemeinhin als gering betrachtet. Die Angestellten der COOPERAR, die administrativ mit dem Kakao arbeiteten, zwei davon mit Hochschulabschluss, die anderen beiden mit einem Schulabschluss und diversen Weiterbildungen, sahen als hauptschliche Strategie der Vermehrung von wildem Kakao ebenfalls die vegetative Vermehrung aus sten. Samen wurde zwar als Vermehrungsstrategie mit Bedeutung betrachtet. Gewichten konnten sie diese allerdings nicht. Nur einer der zwei COOPERAR Akademiker erwog Wurzelbrut als eine sehr hufige Vermehrungsstrategie. Er kannte allerdings auch den oben genannten Versuch der Forscher, die Kakao ausgegraben hatten. Bei generativer Vermehrung stimmten deren Aussagen berein, dass groe Tiere als Vektoren bentigt wrden, die in der Lage seien, die harten Schalen der Beeren aufzubrechen. Das Potential fr natrliche Vermehrung sahen sie als gegeben. Eine mgliche Produktionssteigerung nur durch natrliche Vermehrung schlossen sie aus.

Ergebnisse Local knowlegde

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Die logistisch oder auch verarbeitend mit der Produktionskette vertrauten Personen der COOPERAR, vertraten die Ansicht, dass ein bedeutender Teil der Kakaopflanzen sich natrlich aus seinen sten vermehren wrde. Die Vermehrung aus Samen hielten sie fr gegeben aber nicht relevant, da offenbar die meisten gesehenen Individuen aus sten, Astbruchstcken oder gefallenen Stmmen entstanden seien. Konsens bestand, dass nur wenig naturverjngter Kakao aus Samen entstehe. Folgendes sinngemes Zitat eines Bootsfhrers belegt dies: in den ersten Jahren nach der Keimung sei der hohe Konkurrenzdruck und das fehlende Licht verantwortlich dafr, dass die Triebe absterben wrden. Sollte jedoch ein Baum aus einem Samen entstanden sein, so wrde dieser bereits frher Frchte tragen und auch stabiler sein. Eine mgliche Vermehrung des Kakaos durch Wurzeln zogen die beiden Bootsfhrer erst nach Begleitung der Inventur in Erwgung. Als Verbreiter der Samen wurden hier Affen, Papageien, andere groe Vgel und kletternde Nagetiere genannt. Bei 20 der insgesamt 24 befragten Kakaosammler galt die Meinung, dass die Entstehung von Kakao in den Samen lge. Erst bei genauerem Hinterfragen, ob und wie Kakao sich sonst noch vermehren knne, rumten noch vier Personen ein, dass sie auch schon beobachtet htten, dass Kakao an abgebrochenen sten oder umgefallenen Bumen neue Triebe bilden knnte. Aus diesen wrden dann auch neue Bume entstehen. Die vier anderen befragten Sammler, schlossen eine Vermehrung durch Samen nicht aus, waren sich aber sicher, dass die meisten Kakaobume die sie im Wald gesehen htten, eindeutig aus abgebrochenen sten entstanden seien. Einer dieser vier erwhnte, dass er schon mal berlegt habe, ob Kakao auch Wurzeln bilden wrde, aus denen neue Bume entstehen knnten. Somit wurde Wurzelvermehrung innerhalb der Befragtengruppe Kakaosammler einmal als natrliche Vermehrungsstrategie genannt. Die Meinung aller war, dass Affen, Nagetiere, grere Suger, Papageien und andere groe Vgel von Nten seien, um die harten Schalen zu ffnen, damit sich Kakao generativ vermehren knne. Sobald Keimlinge aus Samen sich etablieren knnten, wrden sie einen hheren Fruchtbesatz haben und auch einen stabileren Stamm haben, als Kakaobume, die aus sten entstanden seien. Zwei der Sammler merkten an, dass in den letzten Jahren, seit der Mobilisierung des Kakaosammelns durch die COOPERAR vermehrt junge Kakaopflanzen an den Erntewegen und Pfaden entlang von den Sammelflchen zum Fluss oder den Kommunen gefunden wrden. Dies sprche ja eindeu-

Ergebnisse

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tig fr eine natrliche Vermehrung durch den Kakaosammler. Die Verbreitung erfolge, indem die Sammler das Fruchtmark einiger Frchte essen um sich auf dem Rckweg zu strken und die Samen dann ausspucken wrden. Ob es ein Potential einer natrlichen Vermehrung gbe, war eine Frage, die von den Sammlern nicht nachvollziehbar war, so sagten sie teilweise wrtlich: Kakao sei schon immer da, wrde darum auch immer da sein. Die interviewten Dorfltesten vertraten die Ansicht, dass Kakao sich auf natrlichem Wege hauptschlich aus sten und Samen entwickeln wrde. Alle drei gaben an, dass der Ursprung natrlich im Samen liege. Ein Baum knne sich aber auch aus abgebrochenen sten heraus vermehren. Einer dieser drei sagte, dass sich neue Kakaobume auch aus Wurzeln, die irgendwann wieder an die Oberflche kmen entwickeln knnten. Bei den Verantwortlichen fr eine natrliche Vermehrung gaben sie auch Affen, Nager, Papageien und andere groe Vgel an. Das Potential einer natrlichen Vermehrung zweifelte keiner der Dorfltesten an. Die fnf befragten Indios machten alle die gleichen Angaben. Ihre Meinung war, dass sich Kakao auf natrlichem Wege aus Samen entwickeln wrde. Erst durch das Einwirken von Umwelteinflssen, wie Hochwasser, Sturm oder dem Abbrechen von sten durch andere Art, wrde wilder Kakao die Strategie wechseln. Selbst aus Wurzeln knne der Baum noch Kraft schpfen, um zu berleben. Die Samen wrden Hilfe von groen Tieren oder Menschen, brauchen um auf den Boden zu gelangen und zu keimen. ber das Vermehrungspotential machten sich nur zwei der fnf Gedanken. Sie hielten es durchaus fr mglich, dass bei einer weiteren Nutzung irgendwann die Naturverjngung ausbleiben knne. Die anderen drei sahen es als von Gott gegeben, dass Kakao existiere, und deswegen weiter existieren wrde. Der Farmbesitzer, sagte, dass er beim Roden von einigen Waldstcken beobachtet habe, dass Kakao auch aus abgesgten Stmpfen oder in deren Nhe ausgetrieben wre. Eine natrliche Vermehrung wrde er eigentlich aus Samen vermuten, seit seiner Beobachtung hielte er auch eine Entstehung von Kakao aus Wurzeln fr mglich. Der Kakaoplantagenbesitzer vertrat die Meinung, dass Kakao sich aus Samen, sten oder Wurzeln gleichermaen vermehren knne. Er verwies darauf, dass in der Zchtung eigentlich nur Samen und Pflanzmaterialien aus sten verwendet wrden. Anga-

Ergebnisse

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ben zu einer hauptschlichen natrlichen Strategie konnte er keine machen. Das natrliche Vermehrungspotential sah er nicht gefhrdet. Zusammenfassung Werden die Ergebnisse der Befragung zusammengetragen, dominiert die Meinung, dass Kakao sich aus abgebrochenen sten oder umgestrzten Bumen vermehre. Die bessere Vitalitt und hhere, frhere Fruktifikation wrde nach den Befragten allerdings den Keimlingen zugesprochen, die aus Samen entstanden seien und sich etablieren konnten. Individuen, welche aus sten entstanden, fruktifizieren dagegen erst ab dem fnften bis sechsten Jahr. Konsens gibt es in der Annahme, dass nur Affen, Papageien, und andere groe Vgel oder grere Nagetiere in der Lage seien die Schale der Kakaobeere zu ffnen. Dementsprechend glten sie als Hauptverbreiter von Kakao, sofern von einer generativen Vermehrung ausgegangen werden knne. Eine weitere hufig genannte Meinung der Befragten war, dass Kakaopflanzen zwar schnell wachsen wrden, sofern sie aus Samen entstanden seien, aber bereits nach dem ersten oder zweiten Jahr gbe es Ausflle, da der Lichtgenuss oder die Nhrstoffe zu knapp fr die Pflanzen werden wrden. Unter Betrachtung der Ergebnisse im Hinblick auf die Unterschiede zwischen lokalem und wissenschaftlichem Wissen, unterscheidet sich dieses in folgenden Punkten. 4.3.2 Unterscheidung local knowledge und scientific knowledge Die Befragten mit akademischer Ausbildung und wenige Personen der anderen Befragungsgruppen schlssen eine Vermehrung durch Wurzeln nicht aus, oder belegten diese sogar durch Beobachtungen. Eine groe Bedeutung wrde der Strategie der vegetativen Wurzelvermehrung nicht eingerumt. Die Menschen mit lokalem Wissen zogen zu einem groen Teil eine Vermehrung durch Wurzeln nicht in Erwgung. Auch eine vegetative Vermehrungsstrategie durch ste erschien den meisten aus dieser zusammengefassten Gruppe eher unwahrscheinlich. Doch war hier der Unterschied der beiden Richtungen nicht ganz so gro. Einige Interviewpartner aus der Gruppe mit lokalem Wissen vertraten dieselbe Meinung wie die Befragtengruppe mit wissenschaftlichem Hintergrund. Sie gaben eine Vermehrung aus sten sogar als hufig an. Die Befragten waren derselben Meinung, dass eine Notwendigkeit von groen Tieren bestehe, damit Samen verbreitet wrden. Hier waren die Menschen mit lokalem Wis-

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sen in der Angabe, um welche Tiere es sich handelt deutlich prziser. Es wurden sogar Beobachtungen geschildert, wie welches Tier im Einzelnen die Schalen ffne. Bei den Aussagen zu einem natrlichen Vermehrungspotential konnten keine bemerkbaren Unterschiede zwischen den Befragungsgruppen festgemacht werden.

4.4 Zusammenfassendes ErgebnisWerden die einzelnen Ergebnisse der drei Methoden und der Literatur miteinander verglichen, liegt nahe, dass das Potential natrlicher Vermehrung besteht (ALLEN 1982, BRCKNER 1977, LACHENAUD et al. 2008, YOUNG 2007, et al.), wenn auch zu dem Zeitpunkt der Inventur nicht viel Naturverjngung gefunden wurde. Die hauptschliche Vermehrungsstrategie von wildem Kakao liegt in der vegetativen Vermehrung durch ste. Zwar keimen und wachsen die Samen schneller als Astbruchstcke, sie sind allerdings auf Vektoren angewiesen. Auerdem belegten die Befragten anschaulich, dass junge Keimlinge die ersten Jahre gut wachsen, dann aber durch Konkurrenz, Licht- und Nhrstoffmangel eingehen und somit den aus den abgebrochenen sten entstandenen Bumen in Wachstum und Menge unterlegen sind. Die Beobachtungen zeigen, dass auch eine vegetative Vermehrung durch Wurzeln stattfindet. Die Wurzelbrut als solche wurde bisher nicht ausfhrlich in der Literatur beschrieben. Die Ergebnisse beantworten die Forschungsfragen.

Diskussion

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5 Diskussion In diesem Kapitel wird dargestellt, inwiefern die Forschungsfragen beantwortet werden konnten. Die angewandten Methoden und die gewonnenen Ergebnisse werden kritisch hinterfragt. Die Ergebnisse werden nach Reliabilitt sowie Reprsentativitt bewertet, mgliche Fehler werden diskutiert. Ergebnisse werden mit der einschlgigen Literatur verglichen. Eine etwas weiter gefasste Diskussion mit Fakten der verschiedenen Wissensrichtungen bezieht sich nochmals auf die Thesen der Einleitung. Dabei wird errtert, wie weit eine nachhaltige Bewirtschaftung von wildem Kakao berhaupt mglich ist.

5.1 Wie vermehrt sich wilder Kakao in seinem natrlichen Habitat?Inventur Die anfngliche Bestrebung, bei der Inventur nur Naturverjngung (d > 4 cm in 1,3 m Entfernung vom Stammfu) aufzunehmen, konnte aufgrund des geringen Vorkommens keine ausreichenden Ergebnisse liefern. Bei den Aufnahmen war eine Beschrnkung auf die Naturverjngung hinfllig, da auch bei adulten Bumen der Entstehungsursprung festgestellt werden konnte. Die entwickelten Kriterien fr das visuelle Verfahren zur Bestimmung der Vermehrungsstrategien lieferten daher bei Naturverjngung und adulten Bumen zuverlssige Ergebnisse. Die Einteilung in die Kriterien war anhand von Erfahrungswerten hergeleitet worden. LACHENAUD et al. (1993) vertreten die Meinung, dass eine genaue Differenzierung der einzelnen Individuen schwierig sei, da oftmals die ste und Stmme aus einem Ursprung kommen. Die Kriterien der Einschtzung, welche Vermehrungsstrategie jeweils vorliegt und wann ein neues Individuum als solches aufzunehmen ist, wurde auch von den Kakaosammlern sowie den Bootsfhrern, die ebenfalls auf den Flchen waren, besttigt. Indem das Inventurverfahren auf alle vorgefundenen Kakaobume in den Aufnahmeflchen ausgedehnt wurde, konnten ausreichend Daten zur Beantwortung der 1. Forschungsfrage aufgenommen werden. Probleme bei der Datenaufnahme Aufgrund des hohen Wasserpegels in Teilen der Untersuchungsgebiete konnten nicht alle gefundenen Individuen an den Stammanstzen auf Bruchstellen oder Wurzelbnder untersucht werden. Einige Flchen wurden nur partiell begangen. In diesen Fllen waren die Bume zwar zu sehen, aber nicht zu erreichen. Dennoch wurden sie quanti-

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tativ erfasst. Die Vermutung liegt nahe, dass die Verjngungsstrategien innerhalb dieser Aufnahmeeinheiten grundstzlich hnlich wie auf den begehbaren Flchen sind und durch die Ergebnisse widergespiegelt werden. Aufnahmeflchen Ein Flchenbezug der aufgenommenen Bume wurde nicht hergestellt. Darum lie sich keine Aussage ber die Stckzahl pro Hektar oder andere Verteilungen, wie zum Beispiel die hufigste Vermehrungsstrategie pro Flcheneinheit ableiten. Wie Beobachtungen im Freiland und die Recherche der Literatur besttigten [HECHT (2008), YOUNG (2007), LACHENAUD et al. (1993)] kommt Kakao geklumpt vor, ein Flchenbezug vor dem Hintergrund dieser Forschungsfrage ist daher mglicherweise sogar irrelevant. Ob verschiedene Vermehrungsstrategien von Faktoren wie Flche, Boden, Klima, Standraum Behandlung, Exposition und Umwelteinflssen beeinflusst werden, wurde durch die angewandten Methoden nicht beantwortet. Es wurde auf eine vergleichende Darstellung der untersuchten Flchen verzichtet. Die Prozentuale Verteilung der einzelnen Vermehrungsstrategien variierte von Ort zu Ort so gering, dass die gewonnen Ergebnisse als im Aufnahmegebiet gltig angenommen werden knnen. Generative Vermehrung Wie beobachtet wurde, vermehrt sich Kakao in seinem natrlichen Habitat nur zu einem kleinen Prozentteil generativ. Die generative Vermehrung erfordert, wie in der Befragung und der Literaturrecherche deutlich wurde, das Zusammentreffen mehrerer gnstiger Umstnde. Dies beginnt bei der Selbststerilitt der meisten Kakaoarten und der rumlichen und zeitlichen Koinzidenz von Bestuber und Blte. Die hohe Anzahl der Blten pro Baum und die daraus entstehende geringe Anzahl von Frchten (BRCKER 1977) lassen auf einen K-Strategen schlieen. Dies beinhaltet, dass wenig Energie in eine Massenvermehrung gesetzt wird. Die Energie wird stattdessen genutzt um die Qualitt der Nachkommen zu sichern. Dies wrde den Keimlingserfolg aus dem Pflanzbeet rechtfertigen. Da allerdings bei der Inventur sehr wenige Kakaoindividuen sicher als aus Samen entstanden aufgenommen wurden, liegt hier ein Widerspruch vor. Dieser ist in der Verbreitung der Samen begrndet. Nur wenn Tiere oder Menschen die Schale der Beere ffnen bevor die Samen darin verdrrt sind, kann ein Same sich zu einem lebensfhigen Keimling entwickeln (YOUNG 2007). Der Vektor, welcher die Frucht ffnet, muss die Samen unbeschdigt an einem Ort zu Boden fallen lassen, an dem der

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Same ein geeignetes Milieu vorfindet. Zudem muss er sich an diesem Ort nach der Keimung gegen Konkurrenz behaupten knnen. Wenn die ueren Einflussfaktoren wie Licht, Wasser, Boden etc. gnstig sind, der Keimling nicht verbissen wird und sonst keine Fremdeinwirkungen stattfinden, kann sich ein fruktifiziernder Baum etablieren. Diese Kausalkette veranschaulicht deutlich, warum Kakao im Laufe der Evolution seine Strategie verndert haben knnte. Nach YOUNG (2007) verfolgt Theobroma Cacao eine konservative Vermehrungsstrategie. Das bedeutet, dass die Energie nicht in das Entwickeln von Samen investiert wird, sondern die Pflanze sich auf vegetative Vermehrungsprozesse spezialisiert hat. Vegetative Vermehrung Wie die Inventur gezeigt hat, kann vegetative Vermehrung bei Kakao aus sten und Wurzeln erfolgen. Ein Teil der Befragten hielt die vegetative Vermehrung aus sten fr bedeutend. Die in der Abbildung 3 gezeigten Skizzen 1 4 der Entstehungsarten waren hufig zu finden. Im Einzelnen wurde nicht explizit auf die Unterschiede innerhalb dieser Kategorie eingegangen. Dadurch lassen sich auch keine Rckschlsse herleiten, ob nun eine Art der vegetativen Astvermehrung vor einer anderen derselben Kategorie dominiert. Die vegetative Vermehrungsstrategie aus den Wurzeln konnte bei der Inventur gnzlich, im Pflanzbeet nur bedingt besttigt werden. In der verwendeten Literatur wurden fast ausschlielich nur Angaben zu vegetativer Vermehrung aus sten (z.B. FRANCKE 1991) und nur selten zur vegetativen Vermehrungsstrategie aus Luft-, bzw. Senkerwurzeln gemacht (LACHENAUD et al.2008). Jedoch besttigte der Ausgrabungsversuch des brasilianischen Forscherteams (RODRIGUEZ et al. k.A.) die bei der Inventur gemachten Beobachtungen, dass Kakao sich entlang von Wurzelbndern vermehren kann (Abbildung 3 Skizze 5). Dieses Ergebnis zeigt auch, dass mit Hinblick auf den wilden Kakao noch Forschungslcken bestehen (siehe auch YOUNG 2007). Hufigste Vermehrungsstrategie Die vegetative Vermehrung aus sten ist vermutlich die hufigste Vermehrungsstrategie von Theobroma Cacao L. Die vegetative Vermehrung aus Wurzeln spielt bei wildem Kakao aber eine grere Rolle, als bisher angenommen wurde. Young (2007) und Allen (1982) beschreiben, dass wild gewachsener Kakao eine andere Biologie als gepflanzter Kakao aufweist. Mglicherweise findet bei Plantagenkakao keine Wurzelbrut statt, da die Pflanzabstnde nicht ausreichend Platz bieten, um ein sich vegetativ vermehrendes

Diskussion

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Wurzelsystem zu etablieren. Dementsprechend gibt es auch keine Beobachtungen dazu. Die Untersuchungen an wildem Kakao knnen die Forschungsfrage wie sich wilder Kakao vermehrt erfolgreich beantworten.

5.2 Besteht ein natrliches Vermehrungspotential?Naturverjngung Die durchgefhrten Untersuchungen liefern lediglich eine qualitative Beantwortung dieser Frage. Weder die Literaturauswertung, die Befragungen vor Ort noch die Ergebnisse der Inventur konnten quantitative Ergebnisse liefern. Die geringe Anzahl gefundener Naturverjngung auf den Aufnahmeflchen lsst keine Rckschlsse auf ein Vermehrungsprozent pro Hektar zu. Es wurden Flchen mit keiner bis geringer Naturverjngung gefunden. Dies kann auch in Abhngigkeit zu produktiven Jahren stehen. Bei den Auenaufnahmen kamen Flchen vor, auf denen zehn Bume insgesamt fnf Frchte trugen, im Vorjahr seien laut dem dort ansssigem Kakaosammler pro Baum ber 100 Frchte geerntet worden. Dies lsst vermuten, dass es einen Wechsel von produktiven und weniger Produktiven Jahren gibt. Wenn zwei schlechte Jahre aufeinander folgen, ist es gut mglich, dass die Kakaoverjngung ausbleibt, und Jungpflanzen aus dem Vorjahr nach zwei Jahren schon so gro sind, dass sie nicht mehr als Naturverjngung aufgenommen werden. Verjngungsstrategie Eine weitere Annahme, warum es nur eine geringe Anzahl naturverjngtem Kakao auf der Flche gibt, kann die Vermehrungsstrategie an sich sein. Kakao wird im ersten Teil dieses Kapitels als K-Stratege bezeichnet. YOUNG (2007) geht noch weiter und spricht von einer konservativen Vermehrungsstrategie. Bei beiden Strategien wird nur dann viel Energie in Vermehrungsprozesse investiert, wenn die Population die natrlichen Kapazitten des Wuchsraumes noch nicht erreicht hat und auch nicht beraltert ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kakaobume auf den aufgenommenen Flchen gerade eben ihren Wuchsraum optimal erschlossen haben.

Diskussion Pflanzbeet

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Unter einem lngeren Beobachtungszeitraum htte der Pflanzbeetversuch vermutlich einen Hinweis zum Vermehrungspotential des Kakaos geben knnen. Zwar sollte das Experiment die natrlichen Wachstumsbedingungen einigermaen widerspiegeln dennoch kann es die rtlichen Gegebenheiten in der Realitt nur ansatzweise, niemals vollstndig wiedergeben. Ob diese Ergebnisse aussagekrftig wren, ist nicht gewhrleistet. Etwa knnte das Bodensubstrat im Pflanzbeet von den natrlichen Bodenverhltnissen abweichen. Auch ist denkbar dass die Witterungseinflsse sich von den realen Begebenheiten unterscheiden. Zudem knnte eine Beschattung mit einem Schattierwert von 65% unrealistische Modellbedingungen bewirken, da unter natrlichen Verhltnissen oft deutlich weniger und nur selten mehr Licht auf die Flchen eintritt. Hierzu meint Beispielswiese YOUNG (2007), der Kakao sei eine Schattbaumart der unteren Kronenschichten des Regenwaldes und knne Schatten daher gut ertragen. Dagegen stellt FRANCKE (1994) bei der Beschreibung von Vermehrungsversuchen in Plantagen fest, dass zu starke Beschattung die Photosyntheserate der Stecklinge reduziere, zu wenig Beschattung wiederum wrde die Photosyntheserate ungnstig nach oben verschieben. REHM et al (1996) schreiben, dass Kakao, sobald er Kronenschluss erreicht habe auch gut in direkter Sonne gedeihe, sofern der Nhrstoff- und Wasserhaushalt ausgeglichen sei. Keimlingserfolg Den Aussagen der Kakaosammler zufolge sterben viele generativ erwachsene Keime im Wald bereits im ersten Jahr nach der Germination wegen Licht- und Nhrstoffmangel wieder ab. Ob dies die wirklichen Ursachen sind, kann nicht besttigt werden. Dass wenige Individuen eindeutig als aus Samen entstanden klassifiziert wurden, ist dagegen sicher. Dementsprechend ist die 100%- ige Keimlingsrate bei den Samen im Pflanzbeet zwar der Beleg, dass die Germination von Kakaosamen sehr erfolgreich ist, aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraumes und den knstlichen Bedingungen allerdings nicht aussagekrfti