52
Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung POLITIK & UNTERRICHT E 4542 ISSN 0344-3531 Südliches Afrika Bilder und Realitäten Von der Landnahme der Weißen bis zur Apartheid Probleme und Chancen heute Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg 1/2003

E 4542 1/2003 POLITIK & der politischen …Zeitschrift für die Praxis POLITIK & der politischen BildungUNTERRICHT E 4542 ISSN 0344-3531 Südliches Afrika Bilder und Realitäten Von

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Zeitschrift für die Praxisder politischen Bildung

PO

LITI

K&

UN

TER

RIC

HT

E 4542

ISSN 0344-3531

Südliches Afrika

Bilder und Realitäten

Von der Landnahme der Weißen bis zur Apartheid

Probleme und Chancen heute

Landeszentralefür politische BildungBaden-Württemberg

1/2003

1/20031. Quartal 29. Jahrgang

POLITIK & UNTERRICHT wird von der Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberg herausgegeben.

Herausgeber und Chefredakteur:Dr. h. c. Siegfried Schiele, Direktor der Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberg

Redaktionsteam:Otto Bauschert, M.A., Oberregierungsrat, Landeszentrale fürpolitische Bildung, Stuttgart (geschäftsführender Redakteur)Ernst-Reinhard Beck, MdB, Oberstudiendirektor a. D., PfullingenJudith Ernst-Schmidt, Studienrätin, Werner-Siemens-Schule(Gewerbliche Schule für Elektrotechnik), StuttgartUlrich Manz, Rektor der Schiller-Schule Esslingen(Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule)Horst Neumann, Ministerialrat, Ministerium für Umwelt undVerkehr Baden-Württemberg, StuttgartAngelika Schober-Penz, Studienassessorin, Ministerium fürUmwelt und Verkehr Baden-Württemberg, StuttgartKarin Schröer, Reallehrerin, Eichendorff-RealschuleReutlingen

Anschrift der Redaktion:70184 Stuttgart, Stafflenbergstraße 38Tel. (0711) 16 40 99-42/45, Fax (0711) 16 40 99-77

E-Mails der Redaktion:[email protected]@lpb.bwl.de

POLITIK & UNTERRICHT erscheint vierteljährlich

Preis dieser Nummer: € 2,80

Jahresbezugspreis € 11,20.Unregelmäßig erscheinende Sonderhefte werden zusätzlichmit je € 2,80 in Rechnung gestellt.

Verlag: Neckar-Verlag GmbH78050 Villingen-Schwenningen, Klosterring 1

Druck: Baur-Offset GmbH & Co.78056 Villingen-Schwenningen, Lichtensteinstraße 76

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt dieMeinung des Herausgebers und der Redaktion wieder.

Nachdruck oder Vervielfältigung aufelektronischen Datenträgern sowie Einspeisung inDatennetze nur mit Genehmigung der Redaktion.

UN

TER

RIC

HT

PO

LITI

K&

I N H A L T

Südliches Afrika

Vorwort des Herausgebers __________________ 1

Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport ________________ 2

Autor dieses Heftes __________________________ 2

Unterrichtsvorschläge

Einleitung __________________________________ 3

Baustein ABilder und Realitäten ________________________ 5

Baustein BVon der Landnahme der Weißenbis zur Apartheid ____________________________ 9

Baustein CProbleme und Chancen heute ______________ 13

Literaturhinweise __________________________ 16

(Alle Bausteine: Wolfgang Keller)

Internet: http://www.lpb.bwue.de/publikat.htm

Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler ________ 17–47

AV-Medien zum Thema ____________________ 48

1

VorwortdesHerausgebers

In der Reihe POLITIK & UNTERRICHT haben wir immer wieder den Blicküber die eigenen Grenzen gewagt. Wir haben uns mit der Entwicklungspoli-tik und der Bevölkerungsentwicklung befasst sowie einzelne Regionen oderStaaten behandelt – zum Beispiel Asien, Peru, Ecuador, die Sowjetunion, dieUSA, Polen und Frankreich. Im 29. Jahrgang der Zeitschrift blicken wir jetztnach Afrika – jenem Kontinent, der oft als vergessen oder gar verloren gilt.Wenn wir dabei das Südliche Afrika auswählen, so hat das auch damit zutun, dass – von Spanien abgesehen – alle europäischen Mächte in der Ko-lonialzeit dort ihre Spuren hinterlassen haben. Die Begegnung mit Afrika istdeshalb auch Erinnerung an die europäische, sogar an die deutsche Ge-schichte.

Diese Ausgabe beginnt mit der Vergegenwärtigung der Bilder, die wir in un-seren Köpfen haben und ihrer Prüfung an der Wirklichkeit. Es folgt ein knap-per historischer Abriss, der hier allerdings die lebendige Geschichte Afrikasvor der Zeit der weißen Landnahme ausklammert. Die Herausforderungen,die sich für die Republik Südafrika nach dem Ende der Apartheid stellen,stehen im Mittelpunkt des dritten Bausteins. Südafrika haben wir ausge-wählt, weil sich in diesem Staat fast alle Probleme der heutigen Welt wie ineinem Mikrokosmos studieren lassen: der Gegensatz zwischen Reich undArm, das Zusammenleben verschiedener Völker und Rassen und nicht zu-letzt die Frage, auf welche Weise sich Konflikte weitgehend friedlich lösenlassen. Nicht umsonst sind Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk fürihr Versöhnungswerk mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Es bietet sich an, das Thema dieses Heftes bei fächerverbindenden Projek-ten oder in Seminarkursen aufzugreifen. Darüber hinaus sind weite Teile derMaterialien bei einer sinnvollen Auswahl im Geschichts-, Erdkunde-, Ethik-und Gemeinschaftskunde-Unterricht sowie in der außerschulischen politi-schen Bildung einzusetzen. In jedem Falle bitten wir die Kolleginnen undKollegen zu prüfen, wem von den verwandten Fächern sie eine Ausgabeweitergeben können. Bei Interesse senden wir Ihnen gerne weitere Exem-plare zu.

Dr. h. c. Siegfried SchieleDirektor der Landeszentrale für politische BildungBaden-Württemberg

Bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg ist die

Geschäftsführung der Redaktion von POLITIK & UNTERRICHTzum 1. September 2003 neu zu besetzen. Die Stelle ist in Besoldungsgruppe A 13 / A 14 ausgewiesen.Vorzustellen brauchen wir Ihnen unsere Zeitschrift hier nicht, weil Ihnen die Reihe von Lektüre und Nut-zung her vertraut ist.

Aufgabe der Geschäftsführung ist die redaktionelle und organisatorische Betreuung der laufenden Heft-projekte von der Planung bis zum fertigen Produkt – in Zusammenarbeit mit Herausgeber und Chef-redaktion, einem ehrenamtlichen Redaktionsteam, Autorinnen und Autoren sowie dem Verlag. Neben derGeschäftsführung der Zeitschrift sollen noch weitere publizistische Aufgaben übernommen werden. In derSachbearbeitung werden Sie von einer Teilzeitkraft unterstützt.

Sie haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium, möglichst Politikwissenschaft und Pädagogik, ein-schlägige Unterrichtspraxis, Erfahrungen im Umgang mit Printmedien und suchen eine neue Heraus-forderung. Dann bewerben Sie sich bis spätestens 15. April 2003 beim Chefredakteur, Herrn Direktor Dr. h. c. Siegfried Schiele, Landeszentrale für politische Bildung, Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart.

Generell gilt: Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Bewerbungen vonFrauen sind ausdrücklich erwünscht.

2

Afrika ist uns fremd; vielleicht ist es der Kontinent, der uns am fremdesten ist.Wir wissen wenig, zu wenig über diesen Erdteil. Wir wissen fast nichts überdie Geschichte und Kultur der afrikanischen Länder, erst recht nicht über dieZeit vor der europäischen Kolonialherrschaft. Wir sehen Afrika selten in derVielfalt seiner über fünfzig Staaten und seiner über tausend Sprachen, son-dern vielmehr als monolithischen Block. Wir blicken nach Afrika und sehenChaos, Hunger, Krieg, Seuchen und Dürre. Nur selten wird aus Afrika berich-tet, und wenn berichtet wird, dann sorgen Schlagzeilen über das Scheiternder UNO in Somalia, über den grausamen Völkermord in Ruanda oder überdie rasante Ausbreitung von Aids für Entsetzen. Gleichzeitig stellt sich dieFrage, ob unsere Afrika-Bilder nicht auch noch vom Rassismus vergangenerJahrhunderte geprägt sind, als die Schwarzen als minderwertig betrachtetwurden und man sie vor allem deshalb schätzte, weil sie die europäischeÜberlegenheit beweisen sollten. Beispiele für die andauernde Wirksamkeitdieser Einstellung ließen sich vermutlich in vielen Stammtischgesprächen fin-den. Andererseits hat auch die idealistische Sichtweise, die die Schwarzen inder Tradition Rousseaus als die edlen Wilden verehrt, die sich ein ursprüngli-ches Verhältnis zueinander und zur Natur bewahrt haben, ihre Spuren hinter-lassen. Zahlreiche Spielfilme führen immer wieder dieses exotische, romanti-sche Afrika vor. Wann aber sehen wir afrikanische Filme, die uns authentischvermitteln könnten, wie die Menschen in Afrika leben?

„Positive Bilder dringend gesucht“, heißt es im vorliegenden Heft der Lan-deszentrale für politische Bildung, das den Problemen und Chancen des süd-lichen Afrika nachgeht. Und es gibt sie, die positiven Bilder, trotz aller Ein-schränkungen und Rückschritte. So zeigt sich gerade das Südliche Afrika alsHoffnungsträger. Einige Staaten sind hier auf dem Weg zu freien demokrati-schen Gesellschaften sehr weit vorangekommen. Beispielhaft ist vor allemder Reformprozess in der Republik Südafrika. Ob die Hoffnung berechtigt ist,dass sich von hier aus Demokratie und Menschenrechte in ganz Afrika ver-breiten, wird erst die Zukunft zeigen. Noch liegt das Ziel, Frieden und politi-sche und wirtschaftliche Stabilität für den ganzen Kontinent zu erreichen, inweiter Ferne.

Das Kultusministerium begrüßt es, dass mit dem vorliegenden Heft der Blickin die Welt jenseits der westlich geprägten Welt eröffnet wird, so dass dieSchülerinnen und Schüler durch die Beschäftigung mit Afrika ihren Horizonterweitern, indem sie ihr eigenes Afrikabild prüfen, neue Kenntnisse gewinnenund Antworten auf die Fragen suchen, welchen Anteil Afrika selbst und wel-chen Anteil Europa an der heutigen Situation hat. Vielleicht wächst dann auchdas Interesse, sich in einem kleinen Kino einen afrikanischen Film anzusehenoder das Buch eines afrikanischen Autors zu lesen.

Johanna SeebacherMinisterium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg

Geleitwortdes Ministeriumsfür Kultus, Jugendund Sport

Autor dieses Heftes Prof. Wolfgang Keller, Fachberater am StaatlichenSeminar für Schulpädagogik (Gymnasien) Karlsruhe

3

Südliches Afrika

Einleitung

„Wer Entwicklungsländern helfen will, ... ohne dabeiauch eigene Interessen zum Teil zu opfern, derbleibt ein Anhänger theoretischer Nächstenliebe.“

Helmut Schmidt, deutscher Bundeskanzler (1974–1982)

Wenn die Weltbank oder der Internationale Wäh-rungsfonds (IWF) Programme zur Entwicklungspoli-tik auflegen, so folgen diese meist der Maxime, denGesetzen der Marktwirtschaft auch dort zum Durch-bruch zu verhelfen, wo diese bisher kaum eine Rollespielten. Auch für die bilateralen Beziehungen gel-ten oft die gleichen Grundsätze. Solche Programmetreffen zum Beispiel in Schwarzafrika auf anders or-ganisierte Volkswirtschaften, zerstören sie unterUmständen und führen zu großen sozialen Verwer-fungen, ohne die erwünschten positiven Effekte zuerzeugen. Nach den Anklagen kritischer Beobachterund Teilen der Weltöffentlichkeit hat bei den interna-tionalen Organisationen und allemal im Bundesmi-nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung ein Umdenken eingesetzt. Viele Nicht-regierungsorganisationen sowie soziale und kirchli-che Gruppen auf der ganzen Welt fordern denSchuldenerlass für arme Länder und zu deren Fi-nanzierung die Einführung der so genannten Tobin-Steuer (einer Steuer auf Devisentransaktionen).

Die neuen Lehrpläne für Gemeinschaftskunde undWirtschaft, zumindest für die Neigungskurse imGymnasium, geben dafür innerhalb des Themas„Globalisierung“ Raum. Themen im fächerverbin-denden Seminarkurs – mit seiner starken Betonungvon Schülerselbsttätigkeit und -kooperation könnenleicht gefunden werden. Aber auch in anderenSchultypen sind Projekte mit Experten und Erkun-dungen organisierbar. Es gilt, unseren auf Europaoder gar nur auf Deutschland zentrierten Blick zuweiten und für Alternativen zu schärfen.

Im Heft 32/1981 der Zeitschrift „Geschichte in Wis-senschaft und Unterricht“ (GWU), stellen zwei Histo-riker, Hans-Heinrich Nolte und Wolfram Fischer, zweiganz unterschiedliche Sichtweisen zur Beurteilungder Beziehungen zwischen Europa und der so ge-nannten Dritten Welt (in Afrika, Asien, Lateinamerika)vor.

• Die eine lautet: Wie Europa reich und die DritteWelt arm wurde (zum Beispiel wegen des Koloni-alismus und der anhaltenden ungleichen Tausch-beziehungen).

• Die andere Sicht: Wie Europa reich wurde und dieDritte Welt arm blieb (das eine wegen seiner Leis-

tungsfähigkeit, die andere wegen ihrer Leistungs-schwächen).

Am Ende einer Unterrichtseinheit zum Südlichen Af-rika können beide Sichtweisen auch von den Schü-lerinnen und Schülern solide diskutiert werden.

Das Südliche Afrika

Dieses Heft verweilt jedoch nicht bei den Grund-satzfragen des Verhältnisses von Erster und DritterWelt. Es lenkt den Blick auf Schwarzafrika und – exemplarisch – auf das Südliche Afrika. Schwarz-afrika wird mit den Augen der westlichen Welt zur-zeit fast nur negativ oder kritisch betrachtet (sieheBaustein A). Auch aus dem Südlichen Afrika gibt esSchreckensmeldungen: Flut- und Dürrekatastro-phen (in Mosambik und Sambia), wirtschaftlichenNiedergang und Hunger sowie einen von Mugabegelenkten „schwarzen Terror“ gegen weiße Farmerin Simbabwe, die Auseinandersetzung zwischeneinzelnen Warlords in Angola und die Ausbreitungvon Aids mit Millionen von Infizierten und Toten.

Dennoch ist das Südliche Afrika der Hoffnungsträ-ger des Kontinents. Nur von dort gehen die wichti-gen Impulse für mehr Kooperation, Demokratie undRechtsstaatlichkeit sowie Wirtschaftswachstum inganz Afrika aus. Auch für die staatliche Wirtschafts-hilfe und Schuldenerlasse sowie für privat angesam-melte Gelder und für den Personaleinsatz der Nicht-regierungsorganisationen (NGOs) besteht dort diebeste Gewähr für eine nachhaltige Entwicklung.

Die Konzeption und die Bausteine

Wer das Thema angemessen behandeln will, wirdsich nicht auf eine einzige fachliche Perspektive be-

Zeichnung: Mester

4

schränken dürfen. Deshalb sind die Unterthemen,Materialien und Aufgabenvorschläge auch so gehal-ten, dass das Heft nicht nur in Geschichte, Gemein-schaftskunde und Erdkunde genutzt werden kann.Auch in den Fächern Evangelische und KatholischeReligion, in Ethik und in der Ökonomischen Bildungsind wichtige Bereiche und Fragestellungen berührt.

Vieles zum Südlichen Afrika und zu Südafrika istnicht ohne eine Weitwinkelperspektive, die sich aufganz Schwarzafrika (das Afrika südlich der Sahara)richtet, zu verstehen. Dies will Baustein A mit eini-gen „Blitzlichtern“ vermitteln. Sie beleuchten einwenig die „Bilder in unseren Köpfen“ und stellendiesen einige harte negative Fakten und einige Vo-raussetzungen für eine positive Entwicklung gegen-über. Die Schuldfrage wird gestellt, das Problem derSühne wird hier und im Baustein C angesprochen.Den Schülern wird eine kleine Auswahl von realenBildern aus dem Südlichen Afrika angeboten; siedokumentieren die Vielfalt unterschiedlicherAspekte aus Vergangenheit und Gegenwart und sol-len nicht nur touristische Neugierde wecken, son-dern auch auf Problemstellungen aufmerksam ma-chen, zum Beispiel: Wüste, Wüstenbildung(Desertifikation) und Nahrungsmittelproduktion,Boom damals und heute, Moderne im Tourismusund Auflösung von Traditionen, Krieg und Wirt-schaftsentwicklung. Satirisch und ernst zugleichpräsentiert sich zum Abschluss die Frage: KannAfrika sich allein aus dem Sumpf ziehen?

Baustein B richtet den Blick auf das Südliche Afrikaund fokussiert ihn im Wesentlichen auf Südafrika.Ein Überblick über die lange Geschichte des Südli-chen Afrika kann nur in der Zeittafel geboten wer-den. Die Materialien setzen zu der Zeit ein, als dieRegion schon von der ständigen Anwesenheit derWeißen geprägt ist (also über zwölf Generationenzurückreichend). Allerdings verweist die Zeittafeldarauf, dass die Vorstellung, man habe dort ein lee-res Land betreten und besiedelt, eine Selbsttäu-schung oder Selbstbeschwichtigung der Weißenwar. Das Schwergewicht des Bausteins liegt auf der

Apartheidpolitik in Südafrika, die eine Verlängerungimperialistisch-kolonialistischer Praxis bis fast ansEnde des 20. Jahrhunderts darstellt. Die Materialiendokumentieren, wie schwer sich diejenigen, die ge-gen dieses Regime Widerstand leisteten – v. a. derAfrican National Congress (ANC) – mit dem Einsatzvon Gewalt getan haben, wie lange es dauerte, biszu diesem letzten Mittel gegriffen wurde. Sie zeigenauch, mit welcher Brutalität – gerade noch in denAchtzigerjahren – das Regime seinen Erhalt sichernwollte. Das Leiden an den verkrusteten Strukturenund das Wirken einiger eigenständiger Persönlich-keiten sorgten dann für Tauwetter und Aufbruch inSüdafrika und in der gesamten Region.

In einem Rundblick versucht schließlich Baustein Cdie durch den Umschwung von 1990 bis 1994 her-beigeführten Erfolge und Zukunftschancen sowieHemmnisse und Gefahren für Südafrika und überdieses hinaus – zumindest an wichtigen Beispielen –vorzuführen. Dabei stehen, die Realität keineswegsbeschönigend, die positiven Entwicklungslinien und-möglichkeiten im Vordergrund. Die gewaltigen Pro-bleme wie Hunger, Arbeitslosigkeit, Wohnsituation,Kriminalität und natürlich Aids werden aber nichtvernachlässigt.

Eine hoffnungsvolle Perspektive

Mit der Fokussierung auf das Südliche Afrika kanngezeigt werden, dass Afrika kein „verlorener“, aberein immer wieder von Gefahren bedrohter Kontinentist. Der weitgehend unblutige Wechsel vom Süd-afrika der Apartheid zum Südafrika von heute kannals ein Wunder angesehen werden. Mit ErzbischofTutu und seiner Wahrheits- und Versöhnungsarbeitsowie mit Staatspräsident Mandela und seiner rea-litätsbewussten und moralischen Haltung, mit Mi-riam Makeba werden Vorbilder vorgestellt, die aufganz Afrika und die übrigen Länder des globalenSüdens positiv einwirken können.

Für unsere Schülerinnen und Schüler enthalten sieeine aufbauende Botschaft und Identifikationsange-bote. Unterricht hat ja auch eine erzieherische Kom-ponente. So könnte es sein, dass Schüler nach derBeschäftigung mit dem Thema eine Veränderungder „Terms of Trade“ zu unseren Ungunsten ebensoakzeptieren könnten wie eine Verlagerung von Ar-beitsplätzen in das Südliche Afrika, wo nicht neunoder zehn, sondern mehr als vierzig Prozent arbeits-los sind. Es kann sein, dass sie sich mehr für das„Teilen“ als für das „Haben“ (Erich Fromm) entschei-den. Aber es geht nicht allein um die emotionale,wertgeprägte Seite von Unterricht; die Beschäfti-gung mit dem Südlichen Afrika ist für junge Men-schen und für die Lehrerinnen und Lehrer deshalbbesonders interessant, weil zugleich rationales He-rangehen gefragt ist und viele aktuelle offene Kon-flikte (im Sinne des Politikdidaktikers Hermann Giesecke) bestehen, die im Unterricht mit Struk-turierungen und Differenzierungen begleitet werdenkönnen.

Wolfgang Keller

Nelson Mandela wirbt mit dem Abdruck seiner Hand für dieZukunft Südafrikas – eine Anti-Aids-Aktion vom Februar2003 Bild: AP

Saupe
Keine Rechte

5

Bilder im Kopf und die Wirklichkeit

„Eine Entwicklung im Sinne nachhaltiger Armutsre-duzierung wird für die meisten Länder Afrikas auchin den nächsten 30 bis 50 Jahren nicht möglichsein.“

So lautet das Fast-Todesurteil namhafter deutscherAfrika-Wissenschaftler aus dem Jahre 2000. Undviele europäische Wissenschaftler und Journalistenhaben Afrika in den letzen Jahren zum Beispiel ei-nen „verlorenen Kontinent“, „einen von der Globali-sierung abgeschnittenen Kontinent“, einen „verges-senen Kontinent“, einen „Kontinent am Tropf derKatastrophenhilfe“, einen Kontinent, in dem dieKreativität gestorben sei oder einen „Black-out-Kontinent“ genannt. Sie haben von einem Ausver-kauf der afrikanischen Reichtümer an die ent-wickelte Welt geschrieben. Mit Afrika ist hierübrigens immer das Afrika südlich der Sahara ge-meint, üblicherweise „Schwarzafrika“ genannt, dasSüdliche Afrika – auch Südafrika – eingeschlossen.Natürlich gab es dazu auch Widerspruch, aber mitnicht allzu lauter Stimme: Da wird dann meist auf dieDemokratieansätze in den letzten Jahren verwiesen,auf die Tatsache, dass gegen die Kindersterblichkeitund gegen den Analphabetismus einiges getan wor-den sei – und auf einige Erfolge oder fehlende Hor-rorgeschichten aus dem Südlichen Afrika.

Auch Schülerinnen und Schüler tragen eine Mixturaus Bildern, Vorurteilen, Halbwissen und Wissen mitsich herum (A 2a). Diese diffusen Einstellungen kön-nen mit Vortests ans Licht gebracht werden, bevoreine Unterrichtseinheit zum Südlichen Afrika oder zuSüdafrika beginnt. Es bieten sich dafür mehrereMöglichkeiten an:

1. Um herauszufinden, welches Wissen und wel-che Wissensdefizite vorhanden sind, kann eineinfaches Kreuzworträtsel oder ein Silbenrätselmit einem möglichst positiv besetzten Lösungs-wort (Mandela; Regenbogennation) vom Leh-rer entworfen und von den Schülern gelöst wer-den.

2. Um die Vorurteile deutlicher werden zu lassen,können in Baustein A abgedruckte Karikaturenden Schülern zur spontanen Meinungsäußerungvorgelegt werden (A 1, A 2).

3. Ein Vortest, bei dem es um Voreinstellungengeht, kann unvollständige Sätze aufweisen, diezu komplettieren sind, etwa nach dem Muster:„Wenn ich an Schwarzafrika denke, ...“ – „Eigentlich würde ich gerne nach Südafrika rei-sen, aber...“ – „Wenn ich von der Zahl der HIV-Neuinfektionen im Südlichen Afrika höre, ...“

BAUSTEIN A

Bilder und Realität

Im Baustein A geraten die Bilder, die wir uns vonAfrika machen und die Afrika bietet, ins Blickfeld.Sie sind wie Facetten sehr unterschiedlich (A 2, A 3;auch C 1), aber sie sind meist nicht zum Besten.Wenn Afrikaner positive Bilder zu Afrika von uns er-warten, muss solches natürlich im Einklang mit derFaktenlage stehen (A 4 contra A 9).

Realistische und positive Bilder dringend gesucht

Das ist ein Anliegen junger Menschen. Über die An-sätze der Hoffnung in diesem Baustein hinaus, diesich bei der Fokussierung auf das Südliche Afrikaund auf Südafrika in den folgenden Bausteinendeutlich verstärken werden (B 19, B 27 bis B 29,C 11 bis C 18, C 23b, C 25, C 26, C 27, C 29, C 30),kann je nach persönlichen Präferenzen der faire Ein-kauf („Fair-Kauf“) oder gar die Mithilfe in einemDritte-Welt-Laden, der Besuch eines Konzerts mitafrikanischen Musikern oder die Mitarbeit bei „Am-nesty international“ Zuversicht oder Zuneigung be-wirken. In die entgegengesetzte Richtung wirkenhandlungsorientierte Unterrichtsangebote wie etwaein Rollenpiel, das die Arbeitsverhältnisse, ökologi-sche Situationen und Machtfragen in einem weltweitoperierenden Früchte- oder Blumenkonzern vor Ortin Afrika simuliert. Situations- und Rollenkartendafür sind leicht herstellbar. Dabei soll nicht etwaMutlosigkeit, Trauer oder Wut erzeugt werden, son-dern der Wechsel der Perspektive geübt werden,der uns die auf unseren Märkten so „preiswerten“Produkte in einem ganz anderen Blickwinkel sehenund beurteilen lässt.

Bevölkerungswachstum als Belastung

Zusätzlich zu den Aussagen in Material A 2 b sei aufdie in vielen Geschichtsbüchern enthaltenen Schau-bilder zur Bevölkerungsentwicklung in England undin Deutschland vor und während der Industriellen Re-volution und die darauf bezogenen Phasenmodellesowie auf die in vielen Geographiebüchern oder inPraxis Geographie 12/1991 oder in Politik & Unter-richt 4/1998 (Weltbevölkerung und Welternährung)enthaltenen Vergleichsstatistiken für einzelne Regio-nen der Erde sowie Kurven zum Wachstum der Erd-bevölkerung in den letzten Jahrtausenden verwiesen.Sie sollten den Schülern, um die Dramatik der Bevöl-kerungsentwicklung in Afrika selbst einschätzen zukönnen, zum Vergleich vorliegen. Cord Jacobeit (DerBürger im Staat 3-4/1996, S. 156/7) hat eine Reihevon Gründen für die weiterhin so hohe Geburtenratein Schwarzafrika zusammengestellt; ähnliche Ergeb-nisse könnten als Folien- oder Tafelanschrieb heraus-gearbeitet werden.

Der Problemfall Afrika

Die Bilder und die Bilanz (A 3, A 4) erlauben nochkeine weitreichende Multiperspektivität der Beurtei-lung. Die Statistiken können durch weitere Informa-tionen bei den Institutionen und Organisationen aufAnforderung und aus dem Internet (Weltbank, IWF,UNICEF, UNAIDS, FAO, Social Watch, Deutsche

6

Welthungerhilfe, Amnesty international, Attac, Terredes hommes, SADCC, Ministerium für wirtschaftli-che Zusammenarbeit und Entwicklung sowie unterSuchbegriffen wie „Welternährung“, „Anti-Aids“,„Globalisierungsgegner“, „Afrikanische Einheit“) im-mer aktuell ergänzt werden. Doch Suchen und Fin-den allein genügen nicht. Die Schüler sollten dannaufzeigen, ob die neu gefundenen Informationenebenfalls einen „verlorenen Kontinent“ charakteri-sieren.

Afrikaner als Migranten

Die Aussagen und Bilder in A 5 können Einstieg underste Grundlage einer bei Schülern beliebten Dis-kussion „im amerikanischen Stil“ sein, zum Beispielin Religionslehre oder Ethik. Ergänzend kann derBBC-Film „Der Marsch“ eingesetzt werden, damitSchüler darüber reden, ob die von der Verelendungheimgesuchten afrikanischen Massen vor unsererHaustür oder in unseren Häusern zu Recht Hilfe er-warten oder ob wir die „Festung Europa“ – wie beider letzten EU-Tagung beschlossen – gerade ge-genüber Eindringlingen aus Afrika sicherer machensollen. Dies wird dann in eine Auseinandersetzung

Bevölkerungswachstum in Afrika

1. Es gibt weniger Säuglings- und Kindersterblichkeitdurch den inzwischen verfügbaren hygienischen undmedizinisch-technischen Fortschritt.

2. Der Altersaufbau der Gesellschaft wird noch für län-gere Zeit von besonders breiten geburtenstarken Jahr-gängen geprägt.

3. Eine hohe Kinderzahl entspricht immer noch einem ra-tionalen Verhalten der Menschen und ist nachvollzieh-bar, weil

• im überwiegend ländlich geprägten Afrika die Zahlder Arbeitskräfte zum entscheidenden Faktor wird,

• eine hohe Kinderzahl für die Überlebenssicherungwie für die Ausweitung der Anbaufläche wichtig ist,

• es keine oder nur unzureichende soziale Siche-rungssysteme gibt, sodass die Eltern im Alter oderbei Krankheit auf die Versorgung durch eine mög-lichst große Familie angewiesen sind,

• im traditionellen Wertesystem Fruchtbarkeit undeine hohe Zahl von Kindern den sozialen Status derFrau, der Familie und der Großgruppe bestimmen,

• das Überleben der traditionellen Gesellschaft ange-sichts von Krankheiten, Naturkatastrophen undStammeskriegen eine hohe Kinderzahl erforderte,

• alte und neue religiöse Normen eher pronatalistischwirken (die katholische Kirche wie einige islamischeGruppierungen sind gegen Verhütungsmittel),

• traditionelle Faktoren, die den Bevölkerungszu-wachs begrenzt haben (Mindestalter für die Heirat,Mindestabstände zwischen Geburten) durch sozialeUmwälzungen oder nachlassende soziale Kontrolleinnerhalb der Großfamilien und Clans abge-schwächt werden.

Cord Jakubeit: Problem Bevölkerungsentwicklung; in: DerBürger im Staat 3–4/1996, S. 156 f.

darüber münden: Wollen wir eine multinationale Ge-sellschaft, ein globales Dorf oder nicht? Aber siewird durch die Veränderung der Perspektive neu ge-stellt: Was für uns Gewinn sein kann (Fußballspieler,Ärzte, Krankenschwestern), ist für Schwarzafrika einschmerzlicher Verlust. Ähnliches kann auch mit ei-ner Diskussion zu einer anderen Frage erreicht wer-den: Hätten wir zu Gunsten von Südafrika auf dieFußballweltmeisterschaft verzichten sollen?

Schuldfragen

Wenn es um die historische Schuld Europas geht,kann eine Beschäftigung mit der Karikatur und demText aus Le Goffs Buch (A 6) schon weit führen, vorallem wenn die Schüler zu bewerten versuchen, obhier übertrieben wird, und dazu historische Untersu-chungen anstellen. Wenn nach der Schuld Afrikasgefragt wird, kann eine Beschreibung und Interpre-tation der Karikatur (A 2 c) am Anfang einer Stundestehen. Die Auseinandersetzung mit Kofi AnnansBewertung (A 7) kann mit einer Zusammenstellungder Vorwürfe in den Mittelpunkt dieser Stunderücken. Der folgende Text kann möglicherweisegleichzeitig mit dem von Annan von einer Gruppebearbeitet werden.

Vielleicht fügt der Lehrer noch die Aussage hinzu,dass es für den normalen Afrikaner auf dasselbehinausläuft, ob der Mercedes „weiß oder schwarz“ist, eine sarkastische Symbolisierung dafür, dassauch nach der Unabhängigkeit die Kluft zwischenden armen Abhängigen und den reichen Eliten er-halten blieb, ja sich sogar vergrößerte. Wer den Nie-dergang Afrikas unter schwarzer statt weißer Herr-schaft noch deutlicher berichtet haben will, kann zuPeter Scholl-Latours Buch „Afrikanische Toten-klage“ greifen, wer es zynisch-satirisch verträgt,kann Patricia Highsmiths Erzählung über „Nabuti:Dem UN–Komitee ein herzliches Willkommen“ (Dio-genes Verlag 1988) lesen. Um ausgewogener be-werten zu können, bietet sich Ursachenerforschungan. Peter von Zahn hält schon 1960 in seinem „Be-richt aus der farbigen Welt“ eine Erklärung bereit:„Die jungen Eliten Afrikas sind... aufgeklärt, abererst seit heute morgen... Es ist, als wollte man dieStahlwerker um Duisburg mit den Hintersassen undFronbauern der Herzöge von Franken eine Organi-sation bilden lassen. Wo Menschen zugleich nebendem Atomreaktor und vor der Erfindung des Radesleben, versagen unsere Spielregeln.“ Ist es also die„Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ (Ludwig Dehio), die Afrika so viel zu schaffen macht?

Die Schüler werden fragen, wo denn unser ganzesGeld an staatlicher und privater Hilfe für die einzel-nen schwarzafrikanischen Länder geblieben ist undwarum Verschuldungen wie in Sambia von 180 %,in Angola von 280 %, in Mosambik von über 400 %des Bruttosozialprodukts überhaupt in den letztenJahren anwachsen konnten. Dann muss multiper-spektivisch und fair diskutiert werden. Um die unter-schiedlichen Sichtweisen zu strukturieren, könntenzwei vereinfachte Schaubilder eingesetzt werden.

geringeProduktivität

mangelnde Ausbildung

geringeProduktion

geringeProduktion

geringeInvestition

geringerKonsum

geringeErsparnis

geringeLeistung

Krankheit

wenigNahrung

geringesEinkommen

geringes Wachstum

ARMUT

7

1. Schaubild 1 von Hafez Sabet (Die Schuld desNordens, Horizonte Verlag, Frankfurt a.M., 2.Aufl.1992, S. 67), das folgende Position darstellt:„Man geht davon aus, dass das jeweilige Ent-wicklungsland durch schuldhafte Verhaltenswei-sen seine Situation selbst verursacht hat und beientsprechender Disziplin auch selbst in der Lagesein muss, sich aus dem Teufelskreis der Armutund der Auslandsschulden zu befreien.“

2. Schaubild 2 von Rudolf Strahm (Warum sie soarm sind. Arbeitsbuch, Hammer Verlag, Wupper-tal, ab 1985), das die Ursachen im Wesentlichenexogen, bei den vom Westen geprägten und be-herrschten Wirtschaftsbeziehungen und Institu-tionen, bei der Politik der Industriestaaten siehtund damit die Verantwortung uns zurechnet.

Möglicherweise lassen sich mithilfe des Schaubil-des 3, das sich wiederum bei Sabet, S. 16, findet,auf ausgewogenere Weise die externen und inter-nen Ursachen hier zugespitzt auf die Schuldenkrisedarstellen.

Neue Diskriminierung

„Unabhängigkeit bedeutet in vielen Ländern unseresKontinents nichts anderes, als dass die Fremdherrschaftdurch die Eingeborenendiktatur ersetzt wurde. Es handeltsich hier nicht um eine Diskriminierung der Afrikanerdurch die verdammten weißen Siedler oder Kolonialisten,sondern um die Diskriminierung der Afrikaner durch dieAfrikaner, eine Diskriminierung durch den Städter imschwarzen Anzug, eine Diskriminierung durch den Gebil-deten an der Macht gegenüber seinem Landsmann – ge-genüber seinem eigenen Volk auf den Dörfern. UnsereUniversitäten und Schulen sind Nester, in denen schwar-ze Ausbeuter ausgebrütet und aufgezogen werden.

Der ugandische Schriftsteller Okot p’bitek, in: WalterMichler: Weißbuch Afrika, (Dietz-Verlag) Berlin 1989, S. 104

Schaubild 1:Teufelskreis der Armut

Schaubild 2: Die Schuldenspirale

Schaubild 3:Einflussfaktoren der Schuldenkrise der Dritten Welt

Lehrreich ist der selten geführte Vergleich zwischender Initiative für eine Entschuldung der ärmsten,hochverschuldeten Länder (HIPC) und der Entschul-dung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg.

Lehrreich ist auch, was Walter Michler durch denVergleich des tatsächlichen Transfers für Schwarz-afrika und für Ostdeutschland verdeutlichen kann.Im Jahr 1993 sollte mit 23 US-Dollar pro Kopf derBevölkerung von Seiten aller Geber in Schwarzafrikadie Wende herbeigeführt werden. Dem standen al-lein von Seiten Westdeutschlands 6300 US-Dollarpro Kopf der Bevölkerung für Ostdeutschland ge-genüber (Der Bürger im Staat 3–4/1996, S. 187).Wenn dennoch ganze Regionen in Ostdeutschland

Ölpreisschocks

Zinsenlast und Anstieg des

Weltzinsniveaus

Verschlechterungder Terms of Trade

Sinkende Rohstoffpreise

Protektionismusder Industrieländer

Fehler in der Wirtschaftspolitik

ÜbersteigerteRüstungsausgaben

KorruptionElitenverhalten

Kapitalflucht

Braindrain

Verwendung von Auslandskrediten

SCHULDEN-KRISE DERDRITTEN

WELT

© Strahm; Peter Hammer Verlag

8

von der Entwicklung abgehängt blieben, darf manfragen: Welche Folgen dürfen wir dann für Afrika er-warten? Die Zuspitzung der Frage auf einen „Schul-denerlass“ ist logisch und für die Schüler Anlass zueiner weiteren Diskussionsrunde.

Alte oder neue Antworten

Die Karikaturen unter A 12 stellen provokativ denIst-Stand dar. Auch für Schüler ist es zwingend,dass darüber hinaus gegangen werden muss. Wennman vom Potenzial ausgeht (A 9, für Südafrika C 17)dürfte es keine Frage sein, dass es Afrika gelingt,durch eigene Leistungsfähigkeit und Zusammenar-beit bei der Globalisierung nicht zu den größten Ver-lierern zu gehören. Die Katastrophenszenarien, diefür heute und die kommenden Jahrzehnte fürSchwarzafrika aufgestellt werden (z.B. Ulrich Men-zel: Der Zerfall der postkolonialen Staaten, in: AusPolitik und Zeitgeschichte 18–9/2001), müssen nichtWirklichkeit werden. Sie könnten „ausgehebelt“werden, wenn man an die „Lernfähigkeit der Men-schen“ und an die „Gestaltungskraft der Politik“glaubt (Franz Nuscheler in: Die Weltwoche, Mille-nium-Ausgabe).

Die Materialien A 11, die mit zwei von Südafrikamaßgeblich getragenen Initiativen einen Aufbruchbezeichnen können, sollten im Unterricht analysiertwerden. Da es auch schon einige hoffnungsvolleAnsätze für Afrika gegeben hat, die danach korrum-piert und pervertiert wurden, sollten NEPAD und AUweiter verfolgt werden. Vieles wird davon abhängen,ob Südafrika seinen auf Afrika gerichteten Kurs hal-

Ein Vergleich von Entschuldungskonzeptionen

Das [für die Entschuldung Deutschlands] geschlosseneLondoner Schuldenabkommen regelte die deutschenVorkriegsschulden aus der Zeit der Weimarer Republik[v.a. Reparationsverpflichtungen...] und die Nachkriegs-schulden der Bundesrepublik (im Wesentlichen aus derNachkriegs-Wirtschaftshilfe des Marshall-Plans). DasLondoner Schuldenabkommen gewährte Westdeutsch-land deutlich großzügigere Entschuldungsbedingungenals die HIPC-Initiative dies heute gegenüber den ärmstenLändern tut. So wies es zum Beispiel nur eine sehrschwache Konditionalität [Auflagen] auf und reduzierteden Schuldenstand auf die Hälfte. Während für die HIPCsheute ein Schuldendienst von bis zu 15 Prozent ihrer Ex-porteinnahmen als zumutbar angesehen wird, lag dieserWert... für die junge Bundesrepublik bei unter vier Pro-zent... Bei der Erfüllung der westdeutschen Zahlungsver-pflichtungen waren die unvergleichlich besseren weltwirt-schaftlichen Rahmenbedingungen während desNachkriegsbooms sehr zuträglich... Der überwiegendeTeil der Schulden war bereits vor 1980 zurückbezahlt...Der Vergleich... darf sicherlich wegen der völlig anderenweltwirtschaftlichen und weltpolitischen Lage („KalterKrieg“) nicht überstrapaziert werden. Dennoch verweist erauf einen größeren Spielraum für heutige Entschuldungs-initiativen.

Schlussbericht der Enquete-Kommission „Globalisierungder Weltwirtschaft“, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Leske + Budrich, Opladen, 2002, S. 111

ten kann oder ob es zu sehr mit sich selbst be-schäftigt sein wird oder gar selbst den Gefahren der„Afrikanisierung“ erliegt (siehe Baustein C).

Anregungen über das Heft hinaus

Zu drei Bereichen enthält dieses Heft zwar einzelneAspekte, aber für eine Einzeluntersuchung wäreweiteres Material nötig.

Kinder. „Es ist, als lebten auf diesem Kontinent nurKinder“, hat ein Reisender seine Beobachtungen inder Öffentlichkeit zusammengefasst. Tatsächlich istmehr als die Hälfte der afrikanischen Bevölkerungjünger als 18 Jahre, und diese leben meist in wenigkind- und jugendgerechten Situationen (Aids-Wai-sen, Kinderarbeit, Straßenkinder, Kindersklaverei,Kindersoldaten). Eine zusammenfassende, an-schauliche und inhaltsorientierte Powerpoint-Prä-sentation dieser Situation wäre ein anspruchsvollerArbeitsauftrag.

Schule. In vielen Ländern Afrikas gibt es nach demUN-Bericht des Jahres 2001 über die Weltentwick-lung gar keinen Unterricht für Mädchen, oder diesekommen nicht einmal bis zur 5. Klasse. Straßenkin-der in Kapstadt äußern als sehnlichsten Wunsch, indie Schule gehen zu dürfen. In Township-Schulenunterrichten in einem Raum vier Lehrer dichtge-drängt vier Klassen. Eine amerikanische Initiativedes Jahres 2002, mit der 400 000 Lehrer, über vierMillionen Schulbücher, und 250 000 Stipendien fürMädchen bezahlt werden sollen, ist da eine großeHilfe. Vergleiche mit der eigenen Schulbiografie undden hier vorzufindenden Verhältnissen lassen fürSchüler dann die eigenen Probleme relativ werden.

Frauen. Ihre Kraft und ihre erweiterte Gleichberech-tigung braucht Afrika, um im 21. Jahrhundert erfolg-reicher zu sein als im 20. Jahrhundert. Natürlich sinddie meisten Frauen in der Landwirtschaft tätig; sieerzeugen 80 Prozent der agrarischen Produkte, be-sitzen aber nur 10 Prozent des Bodens. Die hier ab-gedruckte anschauliche Darstellung lädt dazu ein,sie zu interpretieren und einzelnen Aspekten ge-nauer nachzugehen.

Saupe
Keine Rechte

9

Der Raum

Um welche Region handelt es sich, wenn wir vomSüdlichen Afrika sprechen? Peter Meyns hat sichum eine Festlegung bemüht. Sie wird in diesem Heftgeteilt – bis auf die Zuordnung Tansanias.

BAUSTEIN B

Von der Landnahme derWeißen bis zur Apartheid

Die Region

Ziehen wir die doppelte Prägung des Südlichen Afrika inhistorischer Perspektive durch sozioökonomische Inter-dependenzen sowie durch die politische Konfliktkonstel-lation in Betracht, dann erscheint es gerechtfertigt, fol-gende elf Länder als Region des Südlichen Afrika zudefinieren: Angola, Botswana, Lesotho, Malawi, Mosam-bik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika, Swazilandund Tansania... Auch wenn Tansania geographisch in Ost-afrika liegt, wird es jedoch aufgrund seines politischenEngagements während der Befreiungskämpfe im Südli-chen Afrika... als Teil der Region definiert.

Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im SüdlichenAfrika, Leske + Budrich, Opladen 2000, S. 18

Die aus dem Buch von Meyns stammende verein-fachte Karte (B 1) kann nur eine erste Informationsein. Wandkarte und Atlas sollten den Unterricht be-gleiten.

Afrikanische Geschichte – afrikanische Kulturen

„Was wir eigentlich unter Afrika verstehen, das istdas Geschichtslose“, so Hegel in seinen BerlinerVorlesungen 1830. Vielleicht konnte er es noch nichtbesser wissen, aber was ist davon zu halten, wennder bekannteste Afrikaforscher der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, Frobenius, folgendes formuliert:„Eine merkwürdige Rasse, diese Neger. Ohne aktiveEnergie, ohne positive Schaffenskraft, von allen Völ-kern, mit denen sie zusammenkamen, geknechtetund zu Sklaven gemacht“ (Gesellschaft für Christ-lich-Jüdische Zusammenarbeit: 100 Jahre deut-scher Rassismus, Köln 1988, S.213). Natürlichschreibt er für ein europazentrisches, durch die im-perialistischen Erfolge immer neu seine Überlegen-heit bestätigt findendes Bürgertum. Was blieb dannvon den Besiegten des „dunklen“ Erdteils? Auf denWeltausstellungen, bei Hagenbeck und in anderenTierparks der europäischen Weltstädte (bis 1929), inPanoptiken oder als Show, die von Ort zu Ort zog,wurden „Menschen anderer Rassen... in sogenann-ten Völkerschauen vorgeführt... Die Menschen fer-ner Länder und ihre dargestellte Kultur dienten alsBeweisstücke europäischer Überlegenheit und als

Einst und jetzt Von Winrich Kühne

Das Abendland hat in seiner Geschichte Ereignisse undPhasen erlebt, die nicht weniger brutal waren als das, wasgegenwärtig in Afrika vor sich geht. Drei Prozesse sind esvor allem, die Europa in einer Zeit von gut neun Jahrhun-derten erlebte, Afrika jedoch auf einmal bewältigen muss:Das Stichwort zum ersten Prozess lautet „Aids“. Die Aus-weitung dieser Pandemie in Afrika in den vergangenenJahren entspricht in ihren dramatischen Auswirkungendem, was Europa in der Mitte des 14. Jahrhunderts mitder Pest erlebte. Der „Schwarze Tod“ führte erst zu einemweitgehenden Zusammenbruch und dann zur Verände-rung der Gesundheits- wie auch der Sozial-, Wirtschafts-und Politiksysteme...

Der zweite grundlegende Umbruch in Afrika lässt sich mitder Überschrift „Dreißigjähriger Krieg“ versehen. Seit demVölkermord in Ruanda 1994... sind weite Teile Zentralafri-kas von Staatszerfall, Gewalt und Vertreibung gekenn-zeichnet... Die Übereinstimmung zwischen dem Dreißig-jährigen Krieg (in Mitteleuropa) und dem, wasgegenwärtig in Zentralafrika passiert, ist erstaunlich:...Zonen und Phasen der Gewalt wechseln mit denen relati-ver Ruhe; fremde Armeen ziehen plündernd und brand-schatzend durch das Land. Die Zivilbevölkerung lebt inständiger Furcht vor Raub, Vertreibung und Vernichtung –wie im 17. Jahrhundert vor dem Treiben der schwedi-schen Armee und ihrer Söldner... Warlords, Politiker, Un-ternehmer und Verbrecher zugleich, gab es damalsebenso wie heute in Kongo... Gewalt und Krieg dientendamals wie heute vor allem der persönlichen Bereiche-rung. Selbst Kindersoldaten, eine der bedrückendstenBegleiterscheinungen des Zusammenbruchs von Staatenund Gesellschaften in Afrika, waren im DreißigjährigenKrieg nicht unbekannt...

Die dritte Parallele zwischen dem Europa von einst undAfrika sind die Kriege, in denen sich im 19. Jahrhundertdie europäischen Staaten gebildet haben. Der Satz Bis-marcks, dass „Nationen aus Blut und Eisen geschmiedet“werden, wird in tragischer Weise abermals wahr. Dabeischien es Anfang der Sechzigerjahre so, als ob dem Kon-tinent diese blutige Erfahrung erspart bleiben könnte... Inder Kairo-Deklaration von 1964 beschlossen [die Führerder damals unabhängig gewordenen Staaten] die aus derKolonialzeit stammenden, willkürlich gezogenen Grenzennicht zu ändern... Heute scheint sich diese weise Einsichtin Afrika ebenso wenig zu halten wie seinerzeit in Europa.Die Grenzen der Staaten sind in ihrer friedenssicherndenRolle nicht mehr unumstritten..., das riesige Kongo ist ge-genwärtig in drei Einflusszonen geteilt. Ob die Befriedungdes Landes von der Größe Westeuropas unter einer Zen-tralregierung... jemals wieder möglich sein wird, ist zwei-felhaft.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.6.2002

Rechtfertigung kolonialen Sendungsbewusstseins“(Institut für Auslandsbeziehungen / Württ. Kunstver-ein: Exotische Welten. Europäische Phantasien,Stuttgart, 1987, S.22). Mit einem entsprechendenTest lässt sich leicht herausfinden, ob Schüler auchim Wesentlichen wegen des exotischen Reizes sichmit dem Südlichen Afrika beschäftigen wollen. EineUnterrichtseinheit, die von anderen Voraussetzun-gen geprägt ist – Neugierde, Abbau von Vorurteilen

10

durch Informationsschübe – bedarf einer grundsätz-lichen Vorarbeit.

Zur Analyse mit den Schülern empfiehlt sich ein dif-ferenzierter Vergleich zwischen Afrika und Europa(siehe Text von Winrich Kühne im Kasten, S.9). Zuerörtern ist, ob derartige Vergleiche zulässig sind.Wenn ja, wo liegen ihre Stärken, ihre Schwächen?Dies genau könnte die Fragestellung einer Diskus-sion im Unterricht sein.

Zu der langen Geschichte Afrikas und zu den afrika-nischen Lebenssituationen und Kulturen können indiesem Heft kaum Materialien angeboten werden.Wo dafür ein fachspezifisches oder fächerübergrei-fendes Projekt stattfinden kann, geht es natürlichauch um handlungsorientiertes Arbeiten. Dazu istzum Beispiel der Besuch eines Völkerkundemu-seums in der näheren oder weiteren Region derSchule möglich (in Mannheim, Heidelberg, Freiburg,Stuttgart, Basel, Zürich, Saarbrücken oder Mün-chen, auf Studienfahrten auch in Paris, Brüssel undBerlin). Die Schüler können nicht nur der fremdenKultur begegnen, sondern sie können selbst ent-decken, wie heute moderne ethnologische Samm-lungen das Leben und die Kunst außereuropäischerKulturen präsentieren, und sie können vielleichtauch ein Gespräch mit den Verantwortlichen führen.

Händler, Bauern, Missionare

Um die Einwirkungen der Europäer und afrikanischeReaktionen geht es in diesem Abschnitt. Was für dieEuropäer ganz verschiedene und von verschiede-nen Ländern und deren Menschen zu verantwor-tende Vorgänge im Südlichen Afrika sein mögen, er-scheint aus schwarzer und farbiger Sicht als Einheitmit verschiedenen Facetten. Nur wenige Vorgängehaben gute Erinnerungen, viele haben traumatischeErfahrungen hinterlassen.

B 2 a und B 2 b laden zum Vergleich ein. Die beidenMaterialien zur christlichen Mission sind kontroversausgesucht. Arbeitsaufgaben wie der Vergleich derIntentionen und die Beurteilung der Wirkung auf dieverschiedenen Stämme und deren Einzelpersonenbieten sich an. Für die Multiperspektivität kann dafürin einer Einheit in Religion oder Ethik noch mehr ge-tan werden. Da haben einerseits die Missionare inSüdwestafrika in den blutigen Auseinandersetzun-gen zwischen Hottentotten und Herero immer wie-der mildernd gewirkt und viel für die Erforschungder verschiedenen Sprachen getan, andererseitsgibt es genügend Beispiele, in denen die Mission anvorderster Front bei der Zerstörung der Identitätstand. Ein Schriftsteller aus Kamerun, Mongo Beti,hat eine hervorstechende Rolle von Missionaren un-nachahmlich charakterisiert (siehe Kasten).

Buren und Engländer

Die Buren sind für die deutschen Schüler von heutemit Sicherheit kein Identifikationsobjekt, wie sie esteilweise für ihre Vorgänger um 1900 waren. Jedochwird es heutigen Schülern leicht fallen, die in B 5

Erfahrungen eines MissionarsEine Beschreibung von Mongo Beti

„Ich fand hier eine Bevölkerung vor, die bereit war, mir zu-zuhören... Ich gab mich meinem Bekehrungseifer hin. Ichstellte mir keine Fragen... Keinen Augenblick lang war mirbewusst, dass ich mich in einem kolonialisierten Land be-fand, und ebenso wenig, dass kolonialisierte Bevölkerun-gen gewisse besondere Verhaltensweisen zeigen könn-ten. Ich lebte ständig mit Leuten, die auf meinen kleinstenFingerzeig hin gehorchten. Ich begann den Willkürherr-scher zu spielen. Ich gab Befehle, sie führten aus. Ich er-baute Schulen, Kirchen, Häuser, fast eine ganze Stadt...Das wäre übrigens lange so weitergegangen, wenn ichnicht plötzlich bei ihnen so etwas wie... eine Kehrtwen-dung bemerkt hätte... Es waren nicht mehr dieselbenMenschen. Ich erkannte sie nicht wieder. Ich begriff nicht,dass sie sich nach sorgfältiger Beratung ein Urteil übermich gebildet hatten, nämlich, dass ich sie hintergangenhätte.“

Lesebuch Dritte Welt, Bd. 2, hrsg. von Karsten Garschau.a., Düsseldorf, 1984,S.42 f.

und B 8 vorgestellten Vorgänge und Einstellungenmit jenen bei der Eroberung des „Wilden Westen“ inden USA zu vergleichen, vor allem wenn man dieHeroisierung in „Edel-Western“ heranzieht. Wo dieBeschäftigung im Geschichtsunterricht mit demThema „Imperialismus“ Anschauung benötigt, ist B 6 nützlich; man findet dort Hinweise zu einer Dis-kussion, ob Imperialismus und moderner Krieg Ge-schwister sind. B 5 und B 6, B 9 bis B 13 könnenauch Anlass sein, die Schüler einem Perspektiven-wechsel auszusetzen: Sie sollen versuchen, die Vor-gänge und Gegebenheiten aus Sicht der Buren, ausSicht der Engländer, aus Sicht der Schwarzen undFarbigen zu beschreiben, zu bewerten und in Rol-lenspielen darzustellen.

Apartheid: Ideologie und Realität

„Wir sind ein weißer Stamm, der eine überholte Vi-sion von westlicher Zivilisation verfolgt“, sagtBreyten Breytenbach, ein weißer, gegenüber derApartheid kritisch eingestellter südafrikanischerSchriftsteller. Seit der Konkretisierung der burischenIdeologie im „Großen Treck“ und danach hat esmehr als 150 Jahre gedauert, bis eine Mehrheit derWeißen in Südafrika dieser Aussage Breytenbachsuneingeschränkt zustimmen würde. Für Schülerkann man das Zitat in einer Klausur an das Ende vonBaustein B stellen und es dann mit dem erarbeitetenWissen erörtern lassen.

Die Materialien B 8 und B 9 zeigen uns schon vieleFacetten einer geschlossenen Weltanschauung, diefür die Herrschaftsausweitung und den Überlebens-kampf der Buren im 19. Jahrhundert sehr nützlichwar und sich nicht von den nationalistischen undrassistischen Parolen aus anderen imperialistischgeprägten Gesellschaften dieser Zeit unterschied.Das 20. und das beginnende 21. Jahrhundert sinddann keineswegs davon freigeblieben. Anachronis-

11

Ab 7–8 Millionen Jahre v. Chr.Erste Vormenschen (nach Funden im Tschad), Menschenab 1–2 Millionen Jahre (nach Funden in Ost- und Süd-afrika); Afrika ist die „Wiege der Menschheit“

Ab 70 000 v. Chr.Herausbildung des Homo sapiens und dessen Auswande-rung nach Europa, ab 25 000 v. Chr. Felsmalereien im Sü-den und Südwesten Afrikas

Ab 12. Jh. n. Chr.Wanderbewegungen von Bantustämmen aus Zentralafrikanach Süden, bis gegen 1750, z.T. Verdrängung der San (Jä-ger und Sammler) und der Khoikhoi = Hottentotten (Vieh-züchter)

Ab 1440Suche der portugiesischen Seefahrer nach einem Seewegnach Indien; 1486–88 geht Diaz im Süden Afrikas mehrfachan Land

Ab ca. 1570Beginn des Sklavenhandels von Stützpunkten der Portu-giesen an der Küste; dessen Ausweitung v.a. im 18. Jh. mit-hilfe afrikanischer Stämme, die Sklavenjagden betrieben;im 19. Jh. illegal durch Europäer weitergeführt, danachdurch Araber bis ins 20. Jh.; in anderen Formen (Kinder-,Frauenhandel) bis heute

1652Aufbau einer Versorgungsstation für Schiffe der Hollän-disch-Ostindischen Kompanie durch Jan van Riebeeck inder Tafelbucht; schon nach wenigen Jahren größere An-siedlung (das spätere Kapstadt) durch Einwanderung vonHolländern und Deutschen; danach erster Sklavenimportaus Westafrika und aus Südostasien

1690Erste Trecks der Buren nach Osten; dabei Verdrängung,Unterwerfung und Ausrottung von Khoikhoi-Stämmen

Ab Anfang des 18. Jhs.Missionare im Südlichen Afrika

Ab 1779Für ein Jahrhundert kriegerische Auseinandersetzung derSiedler mit dem mächtigen Stamm der Xhosa

1806Übernahme der Kap-Provinz durch Großbritannien, 1814endgültige Abtretung

Ab 1834Nach dem Verbot der Sklaverei durch das Brit. Parlament1836 „Großer Treck“ der Buren nach Osten und nach Nor-den; 1838 siegreiche Schlacht am „Blutfluss“ gegen dieZulu; Gründung der Burenrepubliken Natal 1839 (bald wie-der englisch), Transvaal (1852) und Oranje-Freistaat (1854)

Ab 1860Import von Arbeitskräften aus Indien in die Kapkolonie

1867Eröffnung der Diamantenminen bei Kimberley

1877Annexion Transvaals durch Großbritannien, 1879 Erobe-rung des Zulu-Reiches durch die Briten; 1881 Rückgewin-nung von Transvaal durch einen Sieg der Buren

1884/85Kongo-Konferenz in Berlin: Recht auf Inbesitznahme „her-renloser“ afrikanischer Gebiete; danach fast vollständigeAufteilung Afrikas

1886Eröffnung der ersten Goldminen am Witwatersrand (Regionvon Johannesburg)

1899–1902Krieg zwischen den Buren und Großbritannien; Sieg derBriten

1906–13Gandhis Kampagnen des passiven Widerstandes

1910Vereinigung zur Südafrikanischen Union mit starkem Ein-fluss der Buren; von da an Ausbau der Apartheid

1912Gründung des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC)

Ab 1941Ausbeutung der Uranvorkommen im Südlichen Afrika

1948Sieg der Nationalpartei in den Wahlen; von da an verstärk-ter Ausbau der Apartheid bis in die Achtzigerjahre, z.T. auchin Südwestafrika (Mandat)

Ab 1952Verstärkter Widerstand durch den ANC

1960Nach dem Massaker der Polizei in Sharpeville Verbot desANC und anderer Gruppierungen; danach deren Arbeit imUntergrund und gewalttätige Aktionen; Nelson Mandelawird wegen Sabotage 1964 mit anderen zu lebenslängli-cher Haft verurteilt

1960Friedensnobelpreis für den Vorsitzenden des ANC AlbertLuthuli

1960Unabhängigkeit vieler afrikanischer Staaten

Ab 1965Militärputsche in vielen Staaten Afrikas; ab 1970 verstärk-ter Einbezug Afrikas und seiner Unabhängigkeitsbewegun-gen im Süden in den Ost-West-Konflikt (Stellvertreter-kriege)

1976Schülerdemonstration in Soweto (Südafrika), die mit vielenToten von der Polizei beendet wird

1980Unabhängigkeit von Simbabwe, das sich schon 1965 alsRhodesien unter einer weißen Regierung einseitig für unab-hängig erklärt hatte

Ab 1980Festigung der Apartheid (P.W. Botha) durch gesetzliche Zugeständnisse und zugleich intensivierte Apartheidspra-xis

1984Friedensnobelpreis für Bischof Tutu

1990Unabhängigkeit Namibias

1990Wende in Südafrika durch de Klerk: Freilassung Mandelas,Abschaffung der Apartheidsgesetze; 1993 Friedensnobel-preis für de Klerk und Mandela; bis 1994 starke Spannun-gen und bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen zwi-schen Anhängern des ANC und der Inkatha Buthelezis;auch Attentate durch rechtsradikale Weiße, aber keine Ab-trennung eines weißen Teilstaates und kein Militärputsch;Vernichtung der südafrikanischen Atombomben

1994Wahlen, der ANC bildet mit der Nationalpartei und der In-katha eine Koalitionsregierung, Mandela wird Staatspräsi-dent

1999Mbeki neuer Präsident in Südafrika; Wahlerfolg des ANC;Koalitionsregierung u.a. mit der Inkatha Freiheitspartei

Ab 2000Verstärkter Druck auf die weißen Farmer in Simbabwe;2002 Wiederwahl Mugabes als Staats- und Regierungs-chef

2001/02Führungsrolle Südafrikas bei vielen gesamtafrikanischenInitiativen

Zeittafel zur Geschichte des Südlichen Afrika

12

tisch war in Südafrika wie in den USA der Fünfziger-und Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts lediglichdie Praxis, die sich aus einer solchen Ideologie er-gab. Gegen diese erhob sich hier wie dort auch derWiderstand, lange in gewaltfreien Formen. Lehrreichist es, die Weltanschauung der Apartheid mit derdes Nationalsozialismus zu vergleichen. Aber reiz-voll wäre es auch, zum Beispiel in Zusammenarbeitmit dem Englisch-Unterricht, die Bürgerrechtsbewe-gung und ihre Träger in den USA mit den Etappendes Kampfes gegen die Apartheid in Südafrika be-sonders von Seiten des ANC zu vergleichen (MartinLuther King und Steve Biko; Stokely Carmichael undMiriam Makeba). Walter Michler (Weißbuch Afrika, S. 218) hat, was er in B 8 zur Apartheid ausführt undwas in B 10 bis B 17 verdeutlicht ist, in einem de-tailreichen Schaubild zusammengestellt, das fürSchüler einen guten Überblick zur Sicherung des Er-arbeiteten bietet (Schaubild 4).

Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft„Gewöhnlich wird das Apartheid-System als altmo-disches Relikt eines sterbenden Kolonialismus an-gesehen; möglicherweise verkörpert es jedoch ei-nes der effektivsten Muster oligarchischerHerrschaft“, meint Heribert Adam (Südafrika. Sozio-logie einer Rassengesellschaft, Frankfurt a. M. 1969,S. 20). Am Ende waren es vielleicht 2 000 Gesetzeund Verordnungen, mit denen die Apartheid geregeltund zementiert wurde (B 11 bis B 14, B 17). Konse-

quent und einfallsreich wurde die weiße Vorherr-schaft abgesichert. Als sich durch die Entkoloniali-sierungswelle die ideologischen und realen Bedin-gungen dafür verschlechterten, versuchte maneigene „Entkolonialisierung“ zu betreiben, indemman die einzelnen Stämme in die ihnen zugedach-ten „Homelands“ entließ und umsiedelte. Die Home-lands sollten sogar „unabhängige“ Staaten seinoder werden. Mit dieser Politik wären rund 87 Pro-zent des südafrikanischen Bodens (teilweise vonbester Qualität) für etwa 13 Prozent der Bevölke-rung, nämlich die Weißen, reserviert worden – undzwar „schwarzenfrei“. Auf der anderen Seite hätten13 Prozent des Bodens (zum Teil von schlechterQualität) den rund 75 Prozent Schwarzen zur Verfü-gung stehen sollen. Die Möglichkeit, sich so einständiges billiges Arbeitskräftepotenzial außerhalbdes eigenen Staatsgebiets zu halten, erschienäußerst reizvoll. Unter veränderten Bedingungen istdies mit Lesotho und anderen Staaten heute weiter-hin der Fall (B 15 und C 27).

Mit B 10 bis B 12 und B 14 bis B 17 wird auf multi-perspektivische Weise die von der Apartheid ge-prägte „Normalität“ von Förderung und Verelendungsowie rassenbestimmter Rechtsprechung sichtbar.Gerade für Schüler sind folgende Zahlen interessantund aufschlussreich: 1988 betrug die Schüler-Leh-rer-Relation bei Weißen 18 zu 1, bei Indern 21 zu 1,bei Farbigen 23 zu 1, aber bei Schwarzen 40 zu 1.79 Prozent der weißen, aber nur 19 Prozent der

Phase 11652–1830

Buren lernen sich durchzuset-zen gegen:

– Einheimische– fremde Umwelt– Kapverwaltung

In dieser Epoche entwederAusrottung oder Versklavungder ansässigen Buschmännerund Hottentotten

Phase 3um 1900

Burenkriege (1899–1901) ge-gen die englische Kolonialherr-schaft; Buren wollen unabhän-gig sein; 460 000 Mann starkeArmee gegen die Buren, erbit-terte Kämpfe

Phase 41910–1948

Nach Gründung der Südafrika-nischen Union Durchsetzunggegen englische Vorherrschaft

↓„Die Früchte der Mühen(17.–19. Jh.) ernten!“

↓Burische Nationalpartei (NP)übernimmt 1948 die Macht;seitdem absolute Mehrheit.

Phase 5ab 1948

Die Konsolidierung der Machtin:

– Politik– Wirtschaft– Verwaltung

↓der Weg dazu: Auf- und Aus-bau der Apartheid; Perfektio-nierung der Rassentrennungerst nach dem 2. Weltkrieg

Die Religion als Triebfeder und Legitimationsfaktor: „Wir Buren sind eine christliche Nation!“Glaube an die eigene Auserwähltheit; Schwarze sind „Verworfene“: Mit den von Gott Verworfe-nen dürfen sich die Erwählten nicht vermischen, deshalb Apartheid. Calvinismus: Bewährung imDiesseits; also beweisen, dass man auserwählt ist; daher das Land erobern und sich durchset-zen gegen die „Verworfenen“. Erst 1996 erklärt die Kirche der Buren: Apartheid ist mit der Bibelnicht vereinbar. Neben die gemeinsame Geschichte und Religion tritt die Sprache (Afrikaans) alsdritte Säule der burischen Identität.

Anspruch etabliert:

„Wir sind die Herren!“

„Ex unitate vires“ – „Wir könnengegen jede Übermacht beste-hen, wenn wir einig sind“

Überlegenheitsgefühl undSelbstüberschätzung

Nach 300 Jahren: „Wir besit-zen dieses Land und werdenunser Eigentum gegen alle An-griffe von innen und außen ver-teidigen.“

Gegenwart: „Adapt or die – wirmüssen gewisse Anpassungen(kosmetische Korrekturen) vor-nehmen, um unsere Vorherr-schaft abzusichern und zu be-wahren.“

BURISCHER NATIONALISMUS↓

Veränderung und Gleichberechtigung der Schwarzen„bedeuten“ den Untergang der burischen Nation

Schaubild 4: Die historische Entwicklung des burischen Nationalismus

Phase 2ab 1834

Der „Große Treck“ 1835–43 (Auszug aus der Kapprovinz)

– Konflikt um– englische Oberhoheit– Sklavenbesitzverbot

– Kämpfe gegen die zah-lenmäßig überlegenenschwarzen Volksgruppen:Sieg der Buren

– Überwindung der Natur

Trotz militärischer Niederlage„politisch“ nicht besiegt, somitBewährung des burischen Na-tionalismus – die Identität istgeschmiedet: „Wir sind eine eigene Nation und müssen unsals solche behaupten.“

13

BAUSTEIN C

Probleme und Chancenheute

Belastungen

Noch immer ist es Ziel der Welternährungsorganisa-tion FAO, die Zahl der Hungernden von derzeit 800Millionen bis 2015 zu halbieren. Dafür wären jährlichrund 24 Milliarden Dollar nötig. Blickt man Jahr fürJahr auf die globale Ernährungslage, dann stelltman fest, dass es besonders Afrika nicht gelingt,seine Bevölkerung mit dem dort Erzeugten zuernähren. Defizite von mehr als der Hälfte derbenötigten Nahrung sind keine Seltenheit; vor allemGetreide und Fleisch fehlen in der afrikanischenSpeisekammer. Erschreckend ist weiter, dass dieKammer eher leerer als voller wird – und dies beiwachsender Zahl der daraus zu Ernährenden. Umdie Lage für 2002/03 im Südlichen Afrika (C 2) rich-tig einschätzen zu können, wäre es günstig, Spezi-alberichte und weltweite Überblicke zu Hunger undUnterernährung, von der FAO, der Weltbank odervon alternativen Organisationen heranzuziehen.

Die Schüler müssen dabei verallgemeinern und dif-ferenzieren lernen. So stieg der Anteil der Unter-ernährten in Afrika zumeist dann, wenn sozialistischorientierte Staaten in die Krise gerieten und nachder Umorientierung auf den Markt IWF und Welt-bank darauf drängten, zur Stärkung der Eigeninitia-tive die Grundversorgung ihrer Bevölkerung mit bil-ligen Lebensmitteln einzustellen. So stieg der Anteilan Unterernährten besonders dann, wenn mehrereFaktoren zusammen kamen: große Teile der Bevöl-kerung waren an die Versorgung in den Lagern undanderswo gewöhnt („Afrika wird totgefüttert“), dieProduktion von einheimischen Nahrungsmitteln(etwa Hirse) wurde nicht gefördert, die Abhängigkeitvom Weltmarkt verstärkt (Weizen als Saatgut) unddas betreffende Land dann vergessen, weil geradeandere Katastrophen das Augenmerk der Weltöf-fentlichkeit auf sich zogen. Dass selbst die Be-richterstattung über menschliche Katastrophen Konjunkturen unterliegt, ist für die Schüler er-schreckend, schärft aber ihren Blick für die Ge-wohnheiten von Massenmedien.

Zum Thema „Aids“ wurden drei aufschlussreicheMaterialen (C 3 bis C 5) ausgewählt. Das Thema istimmer von neuem in den Medien präsent; vonSchülern können Zeitungsausschnitte gesammeltoder Internetseiten abgerufen werden. Folgende Ar-beitsschritte für die Analyse und Interpretation bie-ten sich an:

1. Konfrontation mit dem Umfang und der Härte derAids-Epidemie im Südlichen Afrika,

schwarzen Kinder eines Jahrgangs absolvierten die10. Klasse erfolgreich (nach: Jörn Rüsen u. a.:Afrika, Centaurus, Pfaffenweiler, 1992, S. 175).

Gegenwehr

Die gesteigerte Inszenierung der Apartheid bedingteauch einen Wandel in den Formen, wie man ihr Wi-derstand entgegensetzte. Von der Gewaltfreiheit (wiebei Gandhi, dessen südafrikanischer Anteil in demFilm von David Attenborough schön zu sehen ist)über Aufruhr, Gewalt gegen Sachen, nationalen Be-freiungskampf von außen bis hin zum Bombenterrorim Land haben sich Gruppen innerhalb des ANC be-wegt. Das letzte Stadium erreichten sie nach siebzigJahren. Die verschiedenen Etappen des Wider-stands, der Forderungen und der Reaktionen desStaates (B 18 bis B 26 und Zeittafel) können von ein-zelnen Arbeitsgruppen auf Plakaten dargestellt wer-den. Besondere Anschauung und einen persönli-chen Bezug gewinnen Schüler, wenn sie einen derSpielfilme („Zwei Welten“ oder „Schrei nach Frei-heit“) und die Lebensgeschichte von Nelson Man-dela, eines der Jugendbücher oder einen Roman(siehe Literaturverzeichnis) kennen lernen. Vielleichtist hier sogar eine Ganzschriftlektüre im Geschichts-oder Gemeinschaftskundeunterricht möglich.

Die Materialien B 26 a und B 26 b sind geeignet,über das auch in Zukunft immer wieder aktuelleThema „Terror und Staatsterror“ nachzudenken. B 26 a provoziert wie einige Biografien aus dem„Dritten Reich“ das Nachdenken darüber, ob man eshier mit einem Sadisten oder einem überzeugtenAnhänger des Systems oder einem pflichteifrigenStaatsdiener zu tun hat, oder mit einer Mischungaus allem. Gerade im Religions-, Ethik- oder Philo-sophieunterricht können die in B 26 b enthaltenenÄußerungen Ausgangspunkt einer Diskussion umWerte und Verantwortung sein.

Umdenken und Neuorientierung

Der Baustein B endet, der geschichtlichen Entwick-lung folgend, mit einem sehr positiv zu bewertendenSzenario. Südafrika ist es gelungen, eine grundsätz-liche Veränderung und Verbesserung des Systems(nicht bloß einen Machtwechsel) herbeizuführen,ohne dass eine Revolution mit extrem negativen Be-gleiterscheinungen stattfand. Es hätte nicht so aus-gehen müssen. Henning Mankell zeigt davon eini-ges in seinem (auch verfilmten) Thriller „Die weißeLöwin“. Buch und Film sind für Schüler lesens- odersehenswert.

In B 27 können die Schüler die verschiedenen Argu-mentationsebenen herausarbeiten. Die Darstellun-gen des Umbruchs in B 28, aber auch in C 11 bis C 13, sollten auf ihre jeweilige Kernaussage verkürztwerden und dann die jeweiligen Blickwinkel einan-der gegenübergestellt werden. Die in B 29 beschrie-benen und gewürdigten Haltungen der Akteure kön-nen in einem Schülerreferat des NeigungsfachesGemeinschaftskunde mit Max Webers Vorstellungvon „Politik als Beruf“ verglichen werden.

14

umph für die Demokratie, für die Freiheit, für Süd-afrika. Es gibt wirklich keine Verlierer.“

Staatspräsident Mandela bei seiner Amtseinführung:„Wir schließen ein Abkommen, dass wir eine Gesell-schaft aufbauen werden, in der alle Südafrikaner,schwarz und weiß, aufrecht gehen können... – eineRegenbogennation im Frieden mit sich und derWelt.“

Eine sehr reizvolle Aufgabe ist es, diesen Neuanfang(C 11 bis C 13) in Südafrika (auch in solchen Er-klärungen) mit der „Wende“, der „friedlichen Revolu-tion“ in Ostdeutschland 1989/90 zu vergleichen. Einschönes Thema für ein Referat!

Versöhnung

• „Ich habe Angst vor den grauenhaften Geschich-ten, die wir anhören müssen.“

• „Wir möchten, dass alle Menschen wissen, dasswir einen hohen Preis bezahlt haben, dafür, dasswir heute frei sind.“

• „Vielleicht ist es am wichtigsten, dass wir uns er-innern.“

Das sind einige der vielen Aussagen von ErzbischofTutu zur Tätigkeit der Wahrheits- und Versöhnungs-kommission (C 14 bis C 16). Dies Sätze könnte manam Anfang einer Stunde an die Tafel schreiben. Wei-tergehenderes Material findet sich im Bericht überdie Kommission (Das Schweigen gebrochen, Bran-des & Apsel, Frankfurt a. M. 2000), in Desmond Tu-tus Buch darüber (Keine Zukunft ohne Versöhnung,Patmos, München, 2001) und in Gillian Slovos Ro-man „Roter Staub“ (dort auch Kritisches) sowie imInternet (auch zu der Anhörung von Frau Mandela).

Eine gut vorbereitete Podiumsdiskussion derSchüler zu Grundfragen von Wahrheit – Versöhnung– Schuld – Sühne – Entschädigung wäre dem Ge-genstand angemessen. Der Unterricht in Religion,Ethik oder Geschichte kann eigentlich nicht an die-sem großen Beispiel vorübergehen. Ein Vergleichmit der Vergangenheitsbewältigung in Deutschlandoder in Frankreich kann Schüler dafür aufmerksammachen, ob der südafrikanische Weg geeignet ist,„den Dreck in der Seele und im Kopf... wegzuschaf-fen“ (Wolf Biermann) und sowohl Bestrafung der Tä-ter wie Versöhnung der Gesellschaft zustande zubringen.

Das südafrikanische Potenzial

Die mit C 17 und C 18, aber auch in C 26 bereitge-stellten Daten zeigen als Mutmacher viel von dempositiven Potenzial. Freilich gibt es auch andere Da-ten: Hunderttausende bis Millionen illegaler Siedlerhausen in den wuchernden Anhängseln von Town-ships; in den offiziellen Townships lebt die Hälfte un-ter der Armutsgrenze; die Arbeitslosigkeit im weißenBevölkerungsteil liegt bei vier Prozent und bei 40 bis50 Prozent im schwarzen; die Umverteilung desLandes geht nur sehr schleppend voran; dazu eineerschreckende Armut und Menschen, die von ihremerfolgreichen Kampf gegen die Apartheid gestern

2. Untersuchung der für diese Region spezifischenUrsachen der massenhaften Ausbreitung,

3. Diskussion über die für das Südliche Afrika not-wendigen und leistbaren Maßnahmen vonPrävention und Krankheitslinderung,

4. Foliengestütztes Referat über die Entwicklungvon Aids im Südlichen Afrika,

5. Am Welt-Aids-Tag einen Stand in der Schule mitMaterialien, besonders zum Südlichen Afrika.

Die unter C 6 aufgeführten Daten für Entwicklungund Unterentwicklung können besonders im Erd-kundeunterricht mit anderen dort eingeführten Indi-katoren auf ihre Aussagekraft hin verglichen werden.Ungeachtet der Qualitäten, die solche Datensamm-lungen haben, ist dort auch der Platz, um daran zuerinnern, dass jedes Land für sich genau untersuchtwerden muss, wenn man ein richtiges Bild von denLebensverhältnissen gewinnen will.

Simbabwe und Namibia

Von den Staaten der Region werden Simbabwe undNamibia mit einigen Materialien (C 7 bis C 10) vor-gestellt, weil sie sich zum Vergleich anbieten. Siegelten im Südlichen Afrika als Vorläufer einer Ent-wicklung zu Rechtsstaat und Demokratie. Anderer-seits zeigt das Beispiel Simbabwe auch Gefahrenauf: die Entwicklung vom Hoffnungsträger zum per-sonenbezogenen autoritären Staat.

Didaktisch-methodische Hinweise

1. Bei einer Internetrecherche kann die Selbstdar-stellung dieser Länder (aber auch anderer in die-ser Region) mit kritischen Aussagen verglichenwerden. Dabei sollte – mithilfe des Lehrers – derWahrheitsgehalt der Informationen geprüft wer-den.

2. Die Materialien C 7 b und C 7 c reizen dazu, dasssie arbeitsteilig analysiert werden, dass die Er-gebnisse mit dem Tageslichtprojektor präsentiertwerden und dann im Plenumsgespräch heraus-gearbeitet wird, wie die beiden Standpunkte zuerklären sind.

3. Nujomas Kritik am „Imperialismus der so genann-ten Menschenrechte“ (C 9) ist nicht isoliert, son-dern findet sich auch in Erklärungen von Politi-kern aus Südostasien und der VolksrepublikChina. Ausgehend von diesem Text können sichSchüler in einem Essay oder in anderer kreativer,schriftlicher Form mit dieser Kritik auseinander-setzen.

Neuanfang in Südafrika

Erzbischof Tutu: „Nach der ersten freien Wahl... sindwir immer noch im siebenten Himmel... Es war so,als würde man sich verlieben: Die Sonne schien hel-ler, und die Südafrikaner sahen auf einmal viel schö-ner aus, sie lächelten und gingen aufrechter... Vorunseren Augen ist ein Wunder geschehen. EinTraum ist wahr geworden. Es ist ein ungeheurer Tri-

15

Mögliche Aufgaben

1. Die hier wiedergegebenen Daten können Jahr umJahr mit Hilfe des „Fischer Weltalmanach“ undanderer Nachschlagemöglichkeiten aktualisiertwerden.

2. Die Schüler können eine Diskussion darüberführen, welche Chancen und Risiken, welche Vor-und Nachteile eine „Regenbogennation“ bietet.

Leistungen und Hemmnisse auf dem Weg

Bei einem Vorgang wie der Geburt, dem Wachsenund Älterwerden des neuen Südafrika gibt es ganznatürliche Phasen. Die LiteraturnobelpreisträgerinNadine Gordimer hat vier Etappen in Interviews be-nannt:

1. Euphorie mit Brüderlichkeit und Schwesterlich-keit,

2. Realismus, besonders mit Bezug auf Wirtschaftund Soziales,

3. Diskussion darüber, wer die Früchte des Neuan-fangs geerntet hat,

4. Hoffnung auf die gut ausgebildete neue Genera-tion.

und von ihrem aussichtslos scheinenden Kampfums Überleben heute berichten.

Neville Alexander, ein Bildungspolitiker und Pädago-gikprofessor aus Kapstadt, gehört zu den entschie-densten Kritikern, wenn Südafrika heute einen neo-liberalen Weg in der Wirtschafts- und Ge-sellschaftspolitik geht. In einem Interview im Jahr2000 gab er der Befürchtung Ausdruck, dass Süd-afrika ein Land wie Brasilien werden könnte, wo 60Prozent der Bevölkerung für die kapitalistische Wirt-schaft eigentlich überflüssig sind und in er-schreckender Armut leben. So weit ist es in Süd-afrika (noch?) nicht.

Die hier wiedergegebene Tabelle (aus einer Internet-Seite der Katholischen Studierenden Jugend) er-fasst einige sprechende Details; sie können von denSchülern mit entsprechenden Daten für die Bundes-republik verglichen werden.

Ärmste 40% Reichste 20%

Personen pro Raum 2,0 0,5

Prozentsatz der Haushalte mit Strom 21,4 97,5

Wasserleitung im Haus 27,5 97,6

Spülklosett oder verbesserte Latrine 18,4 97,5

Holz als wichtigster Brennstoff zum Kochen 47,6 0,2

Tabelle:„Apartheid“ im Alltag Südafrikas

Nach www.kjs.de/internat/suedafri.htm

Eine solche Abfolge ist möglicherweise auch ausden Materialen C 11 bis 13 und C 19 bis 27 zu er-kennen. Die Texte C 20, C 22 und C 25 demonstrie-ren, wie unterschiedlich das weiße Potenzial für denweiteren Entwicklungsweg Südafrikas anzusehen ist(siehe auch B 27, C 7 und C 9).

Die Aussagen „Wann reist du ab, Weißer Mann?“(Rolf Italiaander, schon 1954) und „Das SüdlicheAfrika ist nicht nur schwarz, sondern auch weiß“könnten am Anfang und Ende einer Stunde zu die-sem Thema stehen.

Es ist auch möglich, die unterschiedlichen Teilas-pekte (C 20 bis C 27) unter Positiva und Negativa ineinem Tafelbild zu ordnen und zu gewichten. Eineanspruchsvolle Aufgabe könnte darin bestehen, dieKarikatur (C 19) vergrößert für eine Plakatcollage zuverwenden, bei der die Schüler die Wegstrecke aufden nächsten Berg mit einzelnen Stationen verse-hen.

Macht, Moral und Hoffnung

Der Rapper Lesego Rampolokeng: „Ich habe keineLust, mit Samthandschuhen angefasst zu werden,nur weil ich in Soweto geboren bin und schon durchmeine Herkunft ein Opfer des großen UngeheuersApartheid sein muss.“ (Aus: Afrikanissimo, PeterHammer Verlag, Wuppertal 1997/98) Das ist dieStimme eines radikalen, schwarzen literarischenProvokateurs, der aber auch Wunden immer wiederaufreißt, die in Südafrika falsch zuheilen wollen.Beide Haltungen seiner Generation sind ein großesPotenzial, dann, wenn „Political correctness“ ausSüdafrika keine heilige Kuh in der Welt mehr zu ma-chen gewillt ist.

Die in C 28 bis C 30 aufgeführten Beispiele, in de-nen es auch für Südafrika um Macht und Moralgeht, können von den Schülern untersucht werden,und es werden neue Beispiele folgen, wenn Süd-afrika die ihm zugedachte und von ihm selbst ge-wollte Rolle einer Vormacht im Südlichen Afrika(vielleicht in ganz Afrika) noch stärker übernimmt.

Methodische Anregungen zum Abschluss

1. Eine Zeitreise, bei der an bestimmten histori-schen Stationen der Entwicklung Südafrikas Haltgemacht wird und wie bei einem Lernzirkel ver-schiedenartige Aufgaben zu lösen sind.

2. Ein Schlusstest mit Fragen zu Kenntnissen undEinstellungen, zum Beispiel angefangene Sätzeweiterführen, wie: „Wenn ich an die herrlichenTiersafaris denke,...“ – „Wegen der Kriminalität inSüdafrika...“ – „Ich verstehe die Regierung vonSimbabwe, wenn sie...“ – „Seit kurzem gibt esdas Angebot, in den Townships zu übernach-ten...“

3. Einen Zeitstrahl (im Klassenzimmer, in einem lan-gen Gang des Schulhauses oder auf dem Schul-hof) mit den wichtigsten Daten aus der hier abge-druckten Zeittafel anlegen und gestalten.

16

LiteraturhinweiseDie Auswahl konzentriert sich auf Literatur, mit der man sicheinen Überblick zu Schwarzafrika und zum Südlichen Afrikaverschaffen kann, sowie im Wesentlichen auf Titel zu Süd-afrika.

Alexander, Neville: Südafrika. Der Weg von der Apartheid zurDemokratie, München (Beck) 2001

Andersen, Uwe u.a.: Afrika – verlorener Kontinent oder Hoff-nung auf Renaissance? (Politische Bildung 2/2002)Schwalbach (Wochenschau)

Ansprenger, Franz: Politische Geschichte Afrikas im 20. Jahr-hundert, München (Beck) 3. Aufl. 1999

Ansprenger, Franz: Geschichte Afrikas, München (Beck)2002

Bertaux, Pierre: (Fischer Weltgeschichte, Bd. 32) Frankfurt a. M. 2000 (erstmals 1966)

Breytenbach, Breyten: Mischlingsherz. Eine Rückkehr nachAfrika, Roman, München (Hanser) 1999

Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (Hrsg.): Aus Po-litik und Zeitgeschichte 8/1990, 50/1990, 27/1999,18–19/2001 und 13–14/2002

Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (Hrsg.): Infor-mationen zur politischen Bildung 264 und 272 (Afrika Iund II), 1999 und 2001

Bussiek, Christel und Hendrik: Mandelas Erben. Notizen ausdem neuen Südafrika, Bonn (Dietz Tb) 1999

Gordon, Sheila: Warten auf den Regen. Ein Leben in Süd-afrika, München (dtv junior) 2.Aufl.1994

Große-Ötringhaus, Hans-Martin: Wird Feuer ausbrechen?Dokumentarischer Roman über einen Schüleraufstand inSüdafrika, Reinbek (Rowohlt Tb) 1986 (zuerst 1980)

Hagemann, Albrecht: Kleine Geschichte Südafrikas, Mün-chen (Beck) 2001

Holland, Heidi: ANC. Nelson Mandela und die Geschichtedes African National Congress, Braunschweig (Wester-mann) 1990

Iliffe, John: Geschichte Afrikas, München (Beck) 2000

Kaiser, Andrea / Müller, Thomas O.H.: Das neue Südafrika.Politische Porträts, Bonn (Dietz) 1993

Ki-Zerbo, Joseph: Die Geschichte Schwarz-Afrikas, Frank-furt a. M. (Fischer) 1990

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg,Stuttgart (Hrsg.): Der Bürger im Staat 3–4/1996 (Afrika imAbseits)

Mabe, Jacob E. (Hg.): Das kleine Afrika-Lexikon, Wuppertal-Stuttgart (Hammer-Metzler) 2002 und: Das Afrika-Lexi-kon, Wuppertal-Stuttgart 2001

Malan, Riaan: Mein Verräterherz, Reinbek (Rowohlt) 1990

Mandela, Nelson: Der lange Weg zur Freiheit, Autobiogra-phie, Frankfurt a. M., (S. Fischer) 1994 und Frankfurt a. M. (Fischer Tb) 1997

Meyns, Peter: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika,Opladen (Leske + Budrich) 2000

Michler, Walter: Weißbuch Afrika, Berlin-Bonn (Dietz) 1988, 2. Aufl. 1991

Nicol, Mike: Plötzlich ein freies Gefühl. Südafrikas Aufbruchin die Gegenwart, Roman, Reinbek (Rowohlt) 1995

Plate, Christoph / Sommer,Theo (Hrsg.): Der bunte Kontinent– Ein neuer Blick auf Afrika, München (Deutsche Verlags-anstalt) 2001

Ropp, Klaus Freiherr von der: Südafrikas dorniger Weg aufder Suche nach Frieden, Aufsätze 1975–1995, Baden-Baden (Nomos) 1996

Rüsen, Jörn / Vörös-Rademacher, Hildegard: Südafrika.Apartheid und Menschenrechte in Geschichte und Ge-genwart, Pfaffenweiler (Centaurus) 1992

Sampson, Anthony: Nelson Mandela. Die Biographie, Mün-chen (Deutsche Verlagsanstalt) 1999

Scholl-Latour, Peter: Afrikanische Totenklage. Der Ausver-kauf des schwarzen Kontinents, München (C. Bertels-mann) 2001

Wicomb, Zoe: In Kapstadt kannst du nicht untergehen, Er-zählungen, Göttingen (Lamuv) 1997

4. Um synoptisches Erkennen einzuüben, kann einZeitstrahl für die europäische und für die chinesi-sche Geschichte ergänzt werden.

Das Interesse an Südafrika sollte auch über den Un-terricht hinausreichen – etwa mit der Begründung,die der weiße südafrikanische Schriftsteller AllisterParks, Nachrichtenchef bei South African Broadca-sting Corporation und Autor des Buches „Morgenist ein anderes Land“ (Berlin Verlag, Berlin 1999),gegeben hat (siehe Kasten).

Ein Pionier im sozialen Labor Von Allister Parks

„Ich glaube, dass wir eine bemerkenswerte und sehrsymbolische Aufgabe zu erfüllen haben, nämlich die Zu-sammenführung der ersten und der dritten Welt... Süd-afrika ist die Welt in einem Mikrokosmos. Zwei Drittel derWeltbewohner haben eine dunkle Hautfarbe, sind armund unterentwickelt. Und ihre Beziehung zur ersten Weltist sehr ähnlich den Beziehungen der Rassen währendder Apartheid, mit Passgesetzen und anderen Restriktio-nen gegen Gastarbeiter, die auf die Wohlstandsinsel kom-men wollen genauso, wie Schwarze seinerzeit in dieweißen Wohlstandsgebiete kommen wollten. Mit diesenersten und dritten Welten müssen wir zu Rande kommen.Südafrika ist ein Pionier darin und eine Art soziales Labor.Und deshalb sollte die Welt daran größeres Interesse zei-gen.

Zitiert nach www.ksj.de/internat/suedafri.htm

So erreichen Sie die Redaktion von POLITIK & UNTERRICHT

per E-Mail:[email protected] (Sekretariat)[email protected] (Geschäftsführung)[email protected] (Chefredakteur)per Fax: (0711) 16 40 99-77per Post: Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart

Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler 119Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Neckar-Verlag GmbH aus: POLITIK & UNTERRICHT

78050 Villingen-Schwenningen Zeitschrift für die Praxis derKlosterring 1 politischen BildungPostfach 1820 Heft 1/2003

SÜDLICHES AFRIKABAUSTEIN A Bilder und RealitätenA 1 bis A 3 Bilder im Kopf und die WirklichkeitA 4 und A 5 Der Problemfall AfrikaA 6 und A 7 SchuldfragenA 8 bis A 10 PotenzialA 11 und A 12 Alte und neue Antworten

BAUSTEIN B Von der Landnahme der Weißenzur Apartheid

B 1 Der RaumB 2 bis B 4 Händler, Bauern, MissionareB 5 bis B 7 Buren und EngländerB 8 bis B 12 Apartheid: Ideologie und RealitätB 13 bis B 17 Folgen für Gesellschaft und WirtschaftB 18 bis B 24 GegenwehrB 25 und B 26 Zuspitzung des KonfliktsB 27 bis B 29 Neuorientierung in Südafrika

BAUSTEIN C Probleme und Chancen heuteC 1 SchlagzeilenC 2 bis C 6 BelastungenC 7 bis C 10 Simbabwe und Namibia zum VergleichC 11 bis C 16 Neuanfang und Versöhnung in SüdafrikaC 17 und C 18 Das südafrikanische PotenzialC 19 bis C 27 Leistungen und Hemmnisse auf dem WegC 28 bis C 30 Macht, Moral und Hoffnung

b

a

c

18 Bilder im Kopf und die WirklichkeitA

A 1 – A 12 Bilder und Realitäten

A 2 Unsere Bilder

A 1 Zuweilen im Blickpunkt

An der Otto-Wels-Grundschule in Berlin wurden dieSchüler innerhalb eines Projekts gefragt: Was weißtdu über Afrika? Hier ein Beispiel:

Zum Film „The helping hand” (von John Taylor / ZlatkoPaolinic), in: Der Überblick, hrsg. im Auftrag desEvangelischen Entwicklungsdienstes und von „Brot für dieWelt“, Hamburg

Wissen über Afrika

Bevölkerungswachstum und Seuchen

http://home.snafu.de/ottowels/Projekte/Afrika

Bild: Martin, 6b; Text: Fatih, 5a

Es hat bisher in der Menschheitsgeschichte nochniemals eine auch nur annähernd so hoheWachstumsrate der Bevölkerung gegeben wie der-zeit in Afrika südlich der Sahara. Während in denheute hoch entwickelten Industriestaaten West-europas auch in der Phase der raschen Bevöl-kerungszunahme im 19. Jahrhundert die jährlicheZunahme nur kurz über ein Prozent lag, wächst dieBevölkerung Afrikas noch heute um rund dreiProzent im Jahr. In allen anderen Erdteilen ist diejährliche Zuwachsrate der Bevölkerung seit 1950rückläufig; in Afrika hat sie sich dagegen von 1950(2,2 Prozent) bis heute weiter erhöht...

An den Stammtischen der Industrieländer wird mitkaum getarntem Zynismus... auf ein... „Selbstregu-lativ“ gehofft, welches das Bevölkerungswachstumin Afrika stoppen könnte: die Zunahme vonSeuchen, insbesondere die Ausbreitung vonAidserkrankungen... Richtig ist, dass Afrika... bis-lang am stärksten von der Aids-Epidemie betroffenwird... In Afrika südlich der Sahara sterben jedochimmer noch mehr Menschen, vor allem Kinder, ananderen Krankheiten: Masern, Durchfallerkrankun-gen, Malaria, Atemwegsinfektionen, Bilharzioseusw., ohne dass deshalb bei den Bevölkerungspro-gnosen Änderungen vorgenommen werden müss-ten... Weder „lösen“ Seuchen und Aids das Bevöl-kerungsproblem, noch führt das verminderteBevölkerungswachstum zu einer Verbesserung derGesamtsituation. Da von Aids vor allem die jungenund ökonomisch aktiven Erwachsenen betroffensind, sinken die Möglichkeiten der afrikanischenGesellschaften, den vielfältigen ökonomischen,sozialen und ökologischen Problemen adäquat zubegegnen.Cord Jakubeit: Problem Bevölkerungsentwicklung, in: Afrika(= Der Bürger im Staat), hrsg. von der LpB Baden-Württemberg, Stuttgart 1996, S. 155ff.)

Zeichnung: Informationszentrum Dritte Welt. Spiele zuSüdafrika, Hannover 2/1977

Im Afrika sind Kinder krank und da sind keine Ärzte. DieMänner gehen zum See und suchen Nahrung. Im Afrika sindSchildkröten und Schlangen im Wald. Die Leute, die inDeutschland leben, müssen den Leuten helfen, die in Afrikaleben. Die Leute, die in Afrika leben, haben kein Geld. Dieafrikanische Fußballspieler kriegen Geld und können Geldnach Afrika schicken.

Bilder im Kopf und die Wirklichkeit 19A

A 3 Ansichten aus dem südlichen Afrika

Dead Vlei in der Namib Bild: Claudia Auer, Okaukuejo

Safari in einem privaten südafrikanischen Tierreservat

Bild aus dem Katalog Ikarus Tours, Ferne Welten 2003,Königstein i.T., S. 197

Traditionelles Dorf der Ovambo im Norden Namibias

Bild: Karl-Günther Schneider; aus: Ders. / Bernd Wiese:Namibia und Botswana, Köln (Dumont) 2.A.1990, S.132

Am Ende eines zwanzigjährigen Krieges inAngola Bild: AP

The Big Hole in Kimberley. Von 1871 bis 1914 warenauf dem Farmgelände der Brüder de Beer bis zu 25000Diamantenschürfer gleichzeitig tätig, zunächst imTagebau bis 400 Meter Tiefe, danach mit Fördertürmenund Untertagebau bis 800 Meter. Das Loch hat einenUmfang von 1,5 km; 22,5 Millionen Tonnen Gesteinund Erde wurden abgetragen, Rohdiamanten von 14,5Millionen Karat wurden gefunden.

Bild aus: Ulla Ackermann: Südafrika, München ( Limes)1997, S. 266

Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte

20 Bilder im Kopf und die WirklichkeitA

Die Geisterstadt Kolmanskop in Namibia war zwischen 1908und 1930 ein Zentrum des Diamantenfiebers – in dieser Zeitein fortschrittlicher Ort mit Geschäften, mit Limonaden-,Sodawasser- und Eisfabrik, mit einer Salzwasserfernleitungfür die Mine und das Schwimmbad, Süßwassertransportenmit Schiff und Eisenbahn, mit Postamt, Grundschule,Polizeistation, Theater und Krankenhaus mit einerRöntgenabteilung (auch um Diamantenschmuggler durch-leuchten zu können).

Anthony Sampson: Auf Sand gebaut, in: GEO 3/1979, S. 9

Frau und Kind vom Stamm der Himba, einem Hirtenvolk inNordwestnamibia, im Supermarkt

Bild: Tony Pupkewitz, Windhoek

Die Kuka-Shops in Namibia sind Ansätze zur Selbstständigkeitdurch den Verkauf von Artikeln des täglichen Bedarfs, meistNahrungsmitteln

Bild: Deutsche Welthungerhilfe (Hrsg.): Welternährung 2/2002

Die Victoria & Alfred-Waterfront ist ein seit 1990 renoviertes Hafenviertel in Kapstadt. Fast keiner der Millionen Besucher hat jemals eineder Townships von Kapstadt gesehen. Bild aus: Ulla Ackermann: Südafrika, München (Limes) 1997, S. 54f.

Saupe
Keine Rechte

Bilder im Kopf und die Wirklichkeit / Der Problemfall Afrika 21A

A 4 Negativbilanz

Township bei Kapstadt. Kaum einer der Bewohner hat bisheute die Victoria & Alfred-Waterfront gesehen.

Bild: Pansegrau

A 5 Migranten

Noch 1980 wurden in Afrika zwei Prozent des weltweitenBruttosozialprodukts erwirtschaftet. Heute ist es nur nochrund ein Prozent. Der Anteil afrikanischer Länder amWelthandel fiel binnen zwanzig Jahren von rund fünf aufunter zwei Prozent. Besonders schlimm für die Länder, diefast ausschließlich Rohstoffe exportieren: die sogenanntenTerms of trade sind auf einen historischen Tiefstand gefallen.Im Vergleich zu den 50er Jahren muss Afrika heute mehr alsdoppelt so viel Rohstoffe verkaufen, um mit dem Erlös einegleichbleibende Menge importierter Industriegüter bezahlenzu können... Die Rahmenbedingungen für die künftige wirt-schaftliche Entwicklung verschlechtern sich. Insbesonderefällt Afrika informations- und verkehrstechnisch immer weiterzurück. Nirgendwo gibt es weniger Telefone, Computer oderInternet-Anschlüsse pro Einwohner. Südlich der Sahara sindnur 15 Prozent aller Straßen asphaltiert; zum Vergleich: InLateinamerika oder Südostasien ist über die Hälfte derStraßen geteert. Zugleich ist Afrika der einzige Kontinent, aufdem die Zahl der Armen weiter ansteigt. Betroffen sind vorallem die Länder südlich der Sahara.

Deutsche Welthungerhilfe: Graphikdienst, Bonn 2000

Selbst kulturell und sportlich hat sich Afrika alsStandort verabschiedet, nicht aber als Impulsgeber:Sobald Schriftsteller aus Nigeria, Musiker aus Malioder Modemacher aus Senegal einigermaßen Erfolghaben, wandern sie ab nach Europa oder in dieUSA. Von den afrikanischen Fußballteams, die beider WM dabei waren, spielt fast der gesamte Kaderim Westen. Die Ursache für diese Abwanderung istimmer die gleiche: Wer will in einem Umfeld tiefsterArmut leben? Christoph Link, Stuttgarter Zeitung, 28.6.2002

Neben den Leichtathleten vor allem auf mittleren und langenStrecken wie etwa Wilson Boit Kipketer, der seit 1998 fürDänemark startet, finden wir mehr und mehr Fußballer ausAfrika in Europa:

b Die Unerwünschten

a Die Erfolgreichen

Zeichnung: Plantu, Terre des hommes

Rigobert Song aus Kamerun, zurzeitSpieler bei West Ham United, aus-geliehen vom 1. FC Köln, hat wegenseiner Defensivqualitäten, seinerZuverlässigkeit und seiner hohenEffektivität in der Abwehr bei denMitspielern den Namen „DerDeutsche“. Bilder: dpa

Samuel Kuffour aus Ghana, zurzeit Spieler beim FC BayernMünchen. In seiner Heimat Ghana ist Kuffour hoch angese-hen. Zweimal wurde er bereits zu Ghanas „Fußballer desJahres“ gewählt.

Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte

A 6 Schuld der Europäer

A 7 Die Schuld Afrikas

A 8 Realistische Bilder dringend gesucht

A 9 Der Reichtum Afrikas

Das kolonisierte AfrikaZeichnung: Charley Case, 1997

Das größte Opfer der Kolonialisierung war Afrika...Europa muss sich daran erinnern, sich bemühen,diesen Schandfleck seiner Geschichte zu beseiti-gen, und aufhören, die unabhängig gewordenenehemaligen Kolonien weiterhin wirtschaftlich auszu-beuten. Es muss auch aufhören, korrupte und auto-ritäre afrikanische Regierungen zu unterstützen, diedas Verhalten der ehemaligen Kolonialmächte über-nommen haben.Jacques Le Goff erzählt die Geschichte Europas, Frankfurt/New York (Campus) 1997, S. 76f.

Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat derGeneralsekretär der Vereinten Nationen, Annan, diePolitik afrikanischer Staatschefs kritisiert: „Wirhaben uns jahrzehntelang nur schlecht um unsereAngelegenheiten gekümmert, und jetzt leiden wirunter den Auswirkungen“, sagte der gebürtigeGhanaer auf dem Gipfeltreffen der OrganisationAfrikanischer Einheit... Die Bevölkerung Afrikasleide, weil die Afrikaner selbst es versäumt hätten,eine wachstumsorientierte und friedenserhaltendePolitik zu betreiben, sagte Annan... Vor allem dieBodenschätze, über die Afrika im Überfluss verfügt,seien mittlerweile zum Fluch des Kontinents gewor-den... Annan ließ keinen Zweifel daran, dass dieafrikanischen Staatschefs verantwortlich dafürseien, dass ausländische Hilfe ausbleibe undKriminalität zu einer regelrechten Landplage gewor-den sei. „Das ist nicht etwas, was uns angetanwurde. Das haben wir uns selbst angetan“, sagteAnnan.Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.7.2000

Der Kinderbuchautor Idrissa Keita aus Mali in einemGespräch über seinen Roman „Djemas Traum vomgroßen Auftritt“

Ich war kein reiches Kind, ich war kein bitterarmesKind. Kindheit in Afrika wird... oft extrem einseitigdargestellt. Entweder sind die Kinder sehr arm, mitHungerbäuchen, oder sehr reich. Aber es gibt nochein breiteres Spektrum, dazu gehört auch meineFamilie. Ich möchte nicht beschönigen, nichtschwarz malen, sondern eine... Normalität darstel-len. Das Buch... wendet sich auch gegen dieschlechten Nachrichten... über Afrika...: Aids inAfrika, Hunger in Afrika, Diktatur in Afrika. DasPositive – die Gelassenheit, die afrikanischeWeisheit, der Glaube und die Bedeutung der Natur –ist kaum bekannt.

Deutsche Welthungerhilfe (Hrsg.) : Welternährung 1/2000

Text und Grafik: Die Zeit, 26.3.1998

Im Boden des Kontinents schlummern gewaltige Rohstoffmengen, zumBeispiel 92 Prozent der Weltvorräte an Diamanten, die Hälfte allerGoldvorkommen, 94 Prozent allen Chroms, 73 Prozent aller Platinmetalle,53 Prozent der globalen Kobaltreserven. Die Kohlevorkommen konzentrie-ren sich auf Südafrika, Simbabwe und Sambia. 1996 wurde vor der KüsteAngolas das vermutlich größte Ölfeld der Südhalbkugel entdeckt.Zwischen der Cunene-Mündung im Süden Angolas und der Elfenbeinküsteliegen so viele Ölfelder, dass die multinationalen Konzerne von einemzweiten Saudi-Arabien schwärmen.

22 Schuldfragen / PotenzialA

Die größte Schatzinsel der Welt

Potenzial / Alte und neue Antworten 23

A 10 Das große Erbe

Vor mehr als 70 000 Jahren hockte eine Gruppe afri-kanischer Jäger in einer Höhle nahe dem IndischenOzean und ritzte geometrische Muster in zuvorbearbeitete Ockerstücke... Auf einem Kontinent,der sonst nur wenig für positive Schlagzeilen sorgt,ein Anlass für Stolz und Freude... „Der Fund in derBlombos-Höhle lässt den Schluss zu, dass es inAfrika modernes menschliches Verhalten 35 000Jahre vor Europa gab“, meint ChristopherHenshilwood vom Iziko-Museum in Kapstadt...Bisher hatten die etwa 37 000 Jahre alten Malereienin europäischen Höhlen als frühester Beweis für dassymbolische Ausdrucksvermögen des Menschengegolten. „Die Bewohner der Blombos-Höhlewaren... modern zu einer Zeit, als die Neandertalernoch Europa durchstreiften und die ersten HomoSapiens von Afrika nach Europa wanderten“, meintHenshilwood.Ralf E. Krüger, Badische Neueste Nachrichten, 22.3.2002

A 12 Hilfe von außerhalb

Zeichnung: Gerhard Mester, http://www.fherrgen.de/Down/Karikaturen

Zeichnung: Plantu, http://www.entretemps.asso.fr/Sida/Plantu

A 11 Selbsthilfe

a Prinzipien und Regeln

Die G-8-Länder haben die reformwilligen afrikani-schen Staaten... beim Wort genommen. Die sechsMilliarden Dollar an zusätzlicher jährlicher Ent-wicklungshilfe werden an jene Staaten fließen, diesich an die Nepad-Prinzipien halten. Dazu gehörendemokratische und rechtsstaatliche Standards unddie Regeln der „guten Regierungsführung“, alsoetwa keine Korruption... In politischer Hinsichthaben die Nepad-Staaten einen Erfolg erzielt. DieG-8-Staaten haben ihre Rolle als Avantgarde unterden afrikanischen Staaten anerkannt... Die Hoffnungist, dass damit eine Sogwirkung entsteht, die sichauf den gesamten afrikanischen Kontinent auswir-ken wird.Marion Aberle, Frankfurter Allgemeine Zeitung 28.6. 2002

NEPAD ist eine maßgeblich vom südafrikanischenStaatspräsidenten Mbeki angestoßene Initiative von 15afrikanischen Staaten. Die G 8 (Gruppe der Acht) ist einTreffen der Regierungschefs der sieben führendenIndustriestaaten und Russlands ( 2001 in Genua, 2002 inKanada)

Mehr als 30 afrikanische Staatschefs sind… in diesüdafrikanische Hafenstadt Durban gekommen, umden Übergang von der Organisation für afrikanischeEinheit (OAU) zur Afrikanischen Union (AU) einzulei-ten. Der südafrikanische Präsident Mbeki sagte, dieOAU habe nach fast vier Jahrzehnten ihre Aufgabeerfüllt. Kolonialismus und Apartheid seien beseitigt.Nun müsse sich Afrika neuen Aufgaben wie der

b Von der OAU zur Afrikanischen Union (AU)

Armutsbekämpfung und der Einhaltung derMenschenrechte widmen... Die Afrikanische Union... unterscheidet sich... von ihrer Vorgängerin vorallem in dem ausdrücklichen Bekenntnis zu Demo-kratie und Menschenrechten und in der Abkehr vomPrinzip der „Nichteinmischung“ in anderen Staaten... Artikel 4(h) sieht ein Interventionsrecht unter„schwerwiegenden Umständen“ vor, das betrifftKriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechengegen die Menschlichkeit.

Kritiker verweisen darauf, dass der libyscheStaatschef Gaddafi ein geistiger Vater der Afrikani-schen Union (AU) ist, und dass bei den autoritärenStrukturen vieler Staaten keineswegs sicher sei,dass die AU nicht wieder ein „Club der Diktatoren“würde.Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom9.7.2002

A

24 Der Raum / Händler, Bauern, Missionare

B 2 Die Rolle der Missionare

a Wohltäter der Schwarzen?

Als der erste Missionar 1737 in Kapstadt ankam,war er nicht sonderlich begeistert von dessen Ein-wohnern. In einem Brief nach Deutschland schriebGeorg Schmidt: „Die Pietätlosigkeit ist sehr groß indiesem Land, es wird zügellos getrunken...“ Dieholländisch-reformierte Kirche hegte Misstrauen ge-genüber Missionaren. Das Taufen von Khoi-San(Buschmännern) war ihrer Meinung nach Zeitver-schwendung, gefährlich und subversiv. Trotz aller

b Helfershelfer der weißen Ausbeuter?

[Cecil Rhodes] träumte von einem britischen Koloni-alreich vom Kap bis Kairo – und von den Gewinnen,die für seine British South African Company (BSCA)auf dieser langen Strecke so nebenbei anfallen wür-den. In Zimbabwe jedenfalls erwartete Rhodes vorallem große Goldvorkommen. Um seine Erobe-rungspläne zu verwirklichen, sicherte Rhodes sichdie Dienste des Missionars Jean Moffet, Sohn desRobert Moffet, der als erster Missionar an denNdebele-Königshof gekommen war, aber keine nen-nenswerte Missionserfolge erzielen konnte... JeanMoffet war der Meinung, dass die Missionsarbeit„nicht erfolgreicher werden kann, wenn dieNdebele-Macht nicht gebrochen wird und man dasganze Regime auswechselt“. 1888 reiste Moffet imAuftrag Rhodes’ an den Hof von Lobengula (desKönigs der Ndebele). Er verhandelt mit ihm über ei-nen Vertrag mit der BSAC. Übersetzer ist der Mis-sionar Helm, der schon länger am königlichen Hoflebt und dem Lobengula vertraut. Helm steht aller-dings ebenfalls auf Rhodes’ Lohnliste. Gemeinsamüberreden die beiden Missionare den König zu ei-nem Vertrag, dessen wesentliche Inhalte sie ihmaber offenkundig vorenthalten. Laut Vertrag über-lässt er gegen eine minimale AusgleichszahlungRhodes alle Bodenschätze des Landes.

Wolfram Weiße: Asania Namibia Zimbabwe, Stuttgart (Ra-dius) 1979, S. 66

B

B 1 – B 29 Von der Landnahme der Weißen zur Apartheid

B 1 Die Region und ihre Fluss-Systeme

Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika,Opladen (Leske + Budrich) 2000, S. 142

Probleme gründete Schmidt eine primitive Mission...Bei seiner Ankunft standen die völlig verarmten Khoikurz vor dem Exodus ihres Volkes. Der Missionarlehrte seine kleine Gemeinde lesen und schreiben.Als er die ersten taufte, gingen die Geistlichen derholländisch-reformierten Kirche auf die Barrikaden...1744... musste er das Land verlassen. Erst 48 Jahrespäter, 1792, bekamen drei Missionare der Herrnhu-ter Brüdergemeinde die Erlaubnis, das WerkSchmidts fortzusetzen. Bei ihrer Ankunft wurden sievon einer alten, buckligen Frau begrüßt. Magdalena,so erfuhren sie, war von Schmidt getauft worden.Aus ihrem Kleid zog sie eine kleine Bibel, die in ei-nem Lederbeutel aufbewahrt war – ein Abschieds-geschenk von Georg Schmidt... Viele Farmer derUmgebung protestierten gegen die Mission, siewollten nicht, dass die Khoi eine christliche Erzie-hung genossen. Für sie waren MissionsstationenVerstecke von Mördern und Dieben. In Wirklichkeitwaren sie Zufluchtsorte für Arbeiter, die auf den Far-men misshandelt wurden.

Elke und Dieter Loßkarn: Kapstadt und die Kap-Provinz, Köln(Dumont)1997, S.148 f.

Händler, Bauern, Missionare / Buren und Engländer 25B

B 4 Siedlerklage

Mein Weizen, der vor zwei Monaten mehr versprachals irgendeine Ernte, die ich je in anderen Länderngesehen hatte, ist jetzt gemäht und liegt in Haufenzum Verbrennen bereit... Der Brand hat ihn vollkom-men vernichtet, nicht ein einziges Korn konnten wirretten. Meine Gerste ergab nach der Trockenheitund einer Larve, die den Halm angreift, kaum mehr,als ich gesät hatte. Meinem Mais setzten die Rau-pen sehr zu, Läuse vernichteten den Kohl, der hei-ße Wind versengte alle Bohnen... Durch den Mangelan Weide sind unsere Kühe alle trocken... Nichts alseine riesige Wildnis aus verdörrtem Gras. Am Sams-tag, als ich am Krankenbett meines lieben kleinenMädchens wachte (sie war, als sie ohne Schuhe undStrümpfe über das Feld lief, von einer Schlange ge-bissen worden), erschreckte mich der Ruf der Wild-hunde... Ehe ich sie vertreiben konnte, hatten siezwanzig Tiere meiner Herde geschlagen, die imganzen aus siebenundzwanzig bestand. Einen Au-genblick stand ich da und dachte an mein Unglück,mein sterbendes Kind, meine ruinierte Ernte,meine... vernichtete Herde. Gottes Wille geschehe.Brief Hauptmann Bullers, um 1820, nach: Baedeker: Süd-afrika, Ostfildern, 3. Aufl. 2000, S. 111

B 3 Die Europäer kommen

a

Idealisierte Darstellung der Begegnung Jan van Riebeecks mitschwarzen Einwohnern. Jan van Riebeeck ging im Auftrag derHolländisch-Ostindischen Kompanie 1652 in der Tafelbucht anLand. Er sollte lediglich eine durch eine Festung gesicherte Ver-sorgungsstation für die Ostindienfahrer errichten.

Heinrich Schiffers: Afrika, München (Bertelsmann) 1980, S. 28

b Bei den Hottentotten

Jan van Riebeeck... hatte genaue Weisungen der 17Direktoren der Kompanie erhalten,... ein Fort... alsWohnung für 80 Personen zu errichten. Außerdemsollte gutes Land für Gärten ausgesucht und einHospital für die Kranken gebaut werden. Im Tausch-handel mit den Eingeborenen sollten sie Vieh be-schaffen, es war ihnen aber verboten, dabei Gewaltanzuwenden... Die Hottentotten, mit denen die Eu-ropäer bei ihrer Ankunft zusammentrafen, waren nurSammler und Fischer, während die viehzüchtendenStämme erst im Frühsommer 1652 auf ihren Wan-derungen das Kap erreichten. Von diesen erhan-delte man 200 Stück Großvieh und 600 Schafe ge-gen Kupfer, Glasperlen und Tabak... Die 17Direktoren der Holländisch-Ostindischen Kompaniebeschlossen im Oktober 1655, dass sich entlasseneKompanieangestellte frei als Bauern im Kapland an-siedeln durften... Zwanzig Jahre nach Beginn derBesiedlung durch die Europäer wurde den Hotten-totten der Kapdistrikt... abgekauft. Auf Grund desVertrages... standen ihnen Waren im Werte von 800englischen Pfund zu. Der Hottentottenhäuptling...erhielt jedoch nur Waren im Gegenwert von 2Pfund... Wegen der steten Ausbreitung der Siedlerseit 1657 wuchsen die Feindseligkeiten mit den Hot-tentotten... Im Jahr 1673 begann ein Krieg zwischenden Europäern und den Cochoquas (einem Hotten-tottenstamm), den diese mit einem Überfall auf ei-nige Siedler eröffneten. Auf verschiedenen Strafex-peditionen wurden 1 600 Stück Großvieh und 4 900Schafe von den Hottentotten erbeutet. Werner Jopp, in: Ders. (Hrsg.): Peter Kolb: Unter Hottentot-ten, Tübingen (Erdmann) 1979, S. 9-16

B 5 Großer Treck und Wagenburg

Ochsengespanne der Buren an einem Pass in den Drakens-bergen

Heinrich Schiffers: Afrika, München (Bertelsmann) 1980, S. 65

b Schreckensbilanz

Nach seiner Opferbilanz, den materiellen Schäden,die er im Land anrichtete, und den enormen Kostenwar der Burenkrieg... der erste wirkliche Krieg des20. Jahrhunderts... Auf britischer Seite forderte derKonflikt gegen 100 000 Verletzte sowie 5 774 Tote;Krankheiten oder Spätfolgen von Verletzungen for-derten weitere 16 168 Opfer. Die Buren verloren umdie 7 000 Mann im Gefecht, hinzu kamen 28 000Frauen und Kinder, die in den so genannten Kon-zentrationslagern der Briten infolge von Unter-ernährung, fehlender Hygiene oder mangelnder me-dizinischer Versorgung ums Leben kamen... Rund12 000 schwarze Südafrikaner kamen bei denKampfhandlungen ums Leben oder verhungerten.

Werner Vogt: Ein blutiger Auftakt zum 20. Jahrhundert. DerBurenkrieg 1899–1902, Neue Züricher Zeitung Online1.6.2002

26 Buren und EngländerB

B 7 Das Voortrekker-Denkmal

B 6 Englischer Imperialismus und Burenkrieg

Am 16. Dezember 1949 wurde das Denkmal eingeweiht. Der16. Dezember war „Gelöbnistag“ der „Voortrekker“, wurde1961 Gründungstag des militanten Flügels des ANC und istheute als „Tag der Versöhnung“ Feiertag.

Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz

a Der Kriegsanlass

Innerhalb von zehn Jahren war Transvaal dank dergroßen Goldvorkommen zum reichsten und leis-tungsfähigsten Gebiet Südafrikas geworden... DieEngländer mussten befürchten, dass die beiden Bu-renrepubliken an Stelle Großbritanniens die Vorrang-stellung in ganz Südafrika erringen könnten... LordMilner, der seit 1897 britischer Hochkommissar derKapkolonie war, befürwortete eine militärische Lö-sung der Burenfrage. Ohm Krüger (der PräsidentTransvaals) kam einer britischen Initiative zuvor. DieBuren glaubten sich eines schnellen Sieges... sicherund vertrauten auf die Unterstützung des DeutschenReiches und anderer europäischer Mächte. Die

Seit 1806 ist die Kap-Provinz in englischem Besitz.Es kommen immer mehr englische Siedler ins Land.Entscheidender sind aber Maßnahmen der Liberali-sierung und der Durchsetzung der Menschenrechte,durch die sich die Buren als bisherige Siedler in ih-rer Auserwähltheit und ihrer Existenz (Arbeitskräfte)bedroht fühlen. Die Engländer führen eine Bodenre-form durch, erlauben den Schwarzen den Erwerbvon Grund und Boden. Nachdem schon 1809 dieZwangsarbeit aufgehoben wurde, wurde 1833 dieSklaverei verboten. Da entschieden sich die buri-schen Siedler die Kap-Provinz zu verlassen und zo-gen ab 1835 (besonders 1837/38 im „GroßenTreck“) in andauernden Kämpfen mit den dort an-sässigen Stämmen und deren z. T. mächtigen Herr-schaftsbildungen nach Norden und Nordosten inGebiete, in denen sie nach ihrer Fasson leben woll-ten, was allerdings ein gleichberechtigtes Leben derSchwarzen dort ausschloss. Sie gründeten schließ-lich den Oranjefreistaat und Transvaal.

Denkmal zur Erinnerung an die Schlacht am Blood River1838, in der etwa zehntausend Zulukrieger 464 in ihr Landeindringende Voortrekker angriffen. Über 3 000 Zulus star-ben, die Buren sollen in ihrer Wagenburg keine Verluste erlit-ten haben.

Peter Joyce: Südafrika, Köln, (Könemann) 1999, S. 14

wechselvollen Kämpfe dauerten bis 1902 und warensehr viel blutiger..., als beide Seiten angenommenhatten. Schließlich konnten die englischen TruppenTransvaal und den Oranje-Freistaat besetzen. Dieerwartete Intervention und Unterstützung europäi-scher Mächte war ausgeblieben.

David K. Fieldhouse: Die Kolonialreiche seit dem 18. Jahr-hundert, Frankfurt a.M. (Fischer TB), erstmals 1965, S. 199/200

Saupe
Keine Rechte

Apartheid: Ideologie und Realität 27B

B 8 Das auserwählte Volk

B 9 Ideologie der Apartheid

Die Buren sind glühende Anhänger eines calvinis-tisch geprägten Protestantismus. In einer theolo-gisch primitiven Interpretation des Alten Testamentssehen sie in den Schwarzen die Nachfahren des vonNoah verworfenen Sohnes. Diese Verworfenen...sollen einerseits den Nachkommen der anderenSöhne dienen, und andererseits dürfen sich die Er-wählten mit diesen Schwarzen nicht vermischen...Für das Selbstverständnis und die Identität der Bu-ren gedeiht der ,Große Treck’ zur historischen Her-ausforderung: Sie müssen sich bewähren, und erstdurch diese Bewährung können sie die völligeSelbstgewissheit erlangen, dass sie tatsächlich dasvon Gott erwählte Volk sind. Derart innerlich wieäußerlich motiviert, gelingt es ihnen tatsächlich, ge-gen eine lebensbedrohende Natur und eine Über-zahl von Feinden zu bestehen..., deren Unterwer-fung gilt von nun an als von Gott gewollt... Um dieJahrhundertwende... kommt es zum zweiten großenKampf der Buren... Ganze 450 000 Mann müssendie Engländer einsetzen, um die Buren niederzurin-gen. Obwohl geschlagen, können die Buren in der1910 gegründeten Südafrikanischen Union ihre Vor-stellungen durchsetzen. Es bleibt dabei: Die Einhei-mischen gelten auch fortan als Menschen zweiterKlasse. Schon jetzt beginnt ihre Abschiebung in Re-servate... Ihren eigentlichen Widersacher sehen dieBuren... in den Engländern, durch die sie sich derFrüchte ihres ,Großen Trecks’ beraubt sehen. Einjahrzehntelanger Emanzipationskampf... beginnt.1948 wird schließlich auch dieser Sieg errungen. DieNP, die burische Nationalpartei, übernimmt mit ab-soluter Mehrheit die Macht... Während sich die eu-ropäischen Mächte anschicken, den kolonialisiertenVölkern Afrikas Schritt um Schritt – oft nur über denWeg des bewaffneten Befreiungskampfes – ihreSelbstbestimmung und Unabhängigkeit „zuzuge-stehen“, praktizieren die weißen Herren am Kap eineentgegengesetzte Strategie. Sie nehmen denSchwarzen, Mischlingen und Asiaten die wenigenRechte, die sie noch besitzen. Kurzum: Sie begin-nen mit der Perfektionierung des Apartheidsystems!

Walter Michler: Weißbuch Afrika, Berlin (Dietz), 1988, S. 216 u. 219

Aus einem Bericht des Missionars und Senators fürSüdwestafrika in Kapstadt, Heinrich Vedder, von ei-nem Gespräch mit dem 1948 zum Premierministergewählten Daniel Malan

Die Apartheid ist zwischen Weiß und Schwarz wieein breiter Strom, der ein Gelände in zwei Teile zer-legt... Weil die Scheidelinie ein Strom ist, so habenbeide Teile ihren gleichen Nutzen davon, denn Was-ser ist ein wichtiger und doch oft rarer Artikel in

Afrika. Es muss aber dafür gesorgt werden, dassBrücken gebaut werden, breit und fest genug fürden Verkehr für alle, hüben und drüben. Die altenBrücken, die der Unverstand errichtet hatte, sindmorsch und haben viele Unglücksfälle hervorgeru-fen, die hätten vermieden werden können. Die Blut-vermischung zwischen Weiß und Schwarz hätte nieerlaubt sein sollen. Sie hat ein Problem geschaffen,das in Jahrhunderten kaum gelöst werden kann.

Die Brücke des Zusammenwohnens in Städten undDörfern bringt dauernd Zusammenstöße, sittlicheGefahren, Ärgernisse und Entfremdung auf beidenSeiten mit sich... Die Brücke gemeinsamer Wahlenhat gezeigt, dass der Kommunismus darauf ins Par-lament und in den Senat eindringt. Es liegt kein Un-recht darin, wenn gemeingefährliche Brücken abge-brochen werden... Dagegen muss die Brücke derArbeit breit und fest sein; denn der schwarze Arbei-ter kann nicht leben ohne den weißen Arbeitgeber,und der Weiße kann nicht vorwärts kommen ohneden schwarzen Arbeitnehmer.

Hans Jenny: Südwestafrika, Stuttgart (Kohlhammer), 3. Aufl.1968, S. 151 / 2

B 10 Apartheid augenfällig

An diesem Strand dürfen nur Weiße baden.

Bild: KEM/Schweizer, Evang. Missionswerk in: Bärbel vonWartenberg: Schwarz kann nicht ziehen, Stuttgart (Ev. Missi-onswerk), 1973, 2.1

B 11 Alles getrennt

Nach dem Population Registration Act (Meldegesetzvon 1950, das im Juni 1991 aufgehoben wurde) un-terlag jeder – ob Mann, Frau oder Kind – einer offizi-ellen Rassenzuordnung als „Afrikaner“, „Asiate“,„Farbiger“ (Mischling) oder „Weißer“... Mit Hilfe zahl-reicher Gesetze wurde versucht, die Rassen aufDauer voneinander zu trennen. Aufgrund des GroupAreas Act war jede der vier Rassen gezwungen, inbestimmten Wohngebieten zu leben, die ausschließ-

B 13 Homelands und Zwangsumsiedlungen

B 14 Kindheit unter der Apartheid

Walter Michler: Weißbuch Afrika, Berlin (Dietz) 1988, S.269

W a r n u n gDiese Straße führt durch Bantu-Land, über

das der Ausnahmezustand verhängt ist. JedePerson, die dieses Gebiet betritt, hat die

Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegenden Location-Regulation-Act der Stadt Johannesburg selbst zu verantworten.

Überlebensgroß sind die Schilder, auf denen in riesi-gen Lettern diese Mahnung geschrieben steht. Mantrifft sie an jeder Straße, die nach Alexandra führt,wo ich geboren und aufgewachsen bin... DieseSchilder sollen Weiße davon abhalten, die Welt derSchwarzen zu betreten. Die Folge davon ist, dass 90Prozent der weißen Bevölkerung Südafrikas durchsLeben gehen, ohne je direkt mit den unmenschli-chen Bedingungen in Berührung zu kommen, unterdenen die Schwarzen das ihre fristen... Jedem...Weißen, der – ob durch Warnschilder oder Schuld-

28 Apartheid: Ideologie und Realität / Folgen für Gesellschaft und WirtschaftB

B 12 In der Kirche

was hast du hier imgotteshaus ich fegezu suchen!? hier ausfragte der sagte derweiße schwarze

ach so sagte der weißeich dachte schon duwolltesthier beten.

Josef Reding: Fegen erlaubt, in: Almanach 6 für Literatur undTheologie, Wuppertal (P. Hammer),1972

lich den Angehörigen jeweils einer Rasse vorbehal-ten waren. Die Siedlungen der Schwarzen, „Town-ships“ genannt, wurden meist in möglichst großerEntfernung zu den Wohnvierteln der Weißen errich-tet; dazwischen ließ man „Pufferzonen“.

Um eine durchgängige Trennung der Wohngebietezu erreichen, siedelte die Regierung über 600 000Menschen von der „falschen“ Gegend, in der siewohnten, in die vorgesehene „richtige“ um... Ohneafrikanische Arbeitskräfte hätte die Wirtschaft kei-nen Tag lang funktionieren können, und so zielten...Passgesetze darauf ab, die Anzahl der Afrikaner inden Städten auf das von den weißen Unternehmernbenötigte Minimum zu beschränken. Landbesitz warden Afrikanern aufgrund der Land Acts nur in denzehn für sie vorgesehenen Homelands (Heimatlän-dern!) gestattet. Im übrigen Teil des Landes, der hierals „für die Weißen vorgesehenes“ oder „weißes“Gebiet bezeichnet wird, war es Schwarzen nicht er-laubt, Grund und Boden zu erwerben. Drei bis vierMillionen Afrikaner... wurden... aus dem für dieWeißen bestimmten Gebiet in die Homelands umge-siedelt...

Es gab fast keinen Lebensaspekt, der nicht von derApartheid beherrscht worden wäre. Als Schwarzerwachte man... in einer Schwarzensiedlung auf,schickte seine Kinder auf eine Schule für Schwarze,fuhr mit einem für Schwarze bestimmten Bus zumArbeitsplatz... Am Arbeitsplatz musste man andereToiletten und eine andere Kantine aufsuchen als dieWeißen, und bei einem Arbeitsunfall wurde man voneinem Krankenwagen für Schwarze in ein Kranken-haus für Schwarze gebracht. Das Fußballspiel amWochenende fand ebenfalls getrennt von denWeißen statt... Die Apartheid setzte sich selbst imTode noch fort: Die Friedhöfe waren ebenfalls nachRassen getrennt.

John Kane-Berman: Südafrikas verschwiegener Wandel,Zürich (Edition Interfrom) 1992, S. 8f.

Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft 29B

B 16 Bildung, Arbeit und Sozialleistungen

bewusstsein – davon abgehalten wird, ein Süd-afrika, wie ich es kenne, mit eigenen Augen zu be-trachten, möchte ich diese Welt, die einmal diemeine war, mit Worten nahe bringen...

Das Alexandra meiner Kindheit und Jugend war einSlumviertel... Die Straßen waren durchnummeriert...In der First Avenue, hinter ihren Krämerläden undWerkstätten, den Haupteinkaufszentren des Gettos,wohnten die Inder, von denen die ersten 1860...nach Südafrika gekommen waren, um auf denZuckerrohrfeldern des Natal zu arbeiten. Die Inderbildeten die Creme von Alexandras in Quarantänelebender „Gesellschaft“. In der zweiten, dritten undvierten Avenue hausten in erster Linie Farbige, Mu-latten – jene „Rasse“, die neun Monate, nachdem1652 die ersten weißen Siedler ohne Frauen nachSüdafrika gekommen waren... „geboren“ wurde. Aufden restlichen Straßen Alexandras sah man fastausschließlich in schwarze Gesichter... Das Ale-xandra meiner Kindheit und Jugend war einer der äl-testen Slums am Witwatersrand – dem Gebiet, indem schwarze Minenarbeiter Tag und Nacht schuf-teten, um dem Erdinnern jenes Gold zu entreißen,das dem weißen Mann in Südafrika einen der welt-weit höchsten Lebensstandards beschert... So kames, dass Alexandra Mitte der fünfziger Jahre eineBevölkerung von über einhunderttausend Schwar-zen, Farbigen und Indern zählte – auf einer einzigenQuadratmeile zusammengepfercht.

Mark Mathabane: Kaffern Boy. Ein Leben in der Apartheid,München (Ehrenwirth) 1986, S. 15-17

Den burischen Regierungen gebührt der Ruhm,mehr für eine angemessene Behausung, die ge-sundheitliche Betreuung und für die Hebung desSchulwesens aufzuwenden, als es je eine der soge-nannten liberalen Regierungen der Vergangenheitgetan hat. Jede dieser Maßnahmen macht parado-xerweise eine radikale Apartheid mehr und mehr un-möglich. Von einem schmutzigen Wilden kann ichmich wohl apart halten; aber einen wohlerzogenen,gebildeten Arbeitspartner, der sich von mir nurdurch die Hautfarbe unterscheidet, werde ich früheroder später als gleichberechtigt anerkennen müs-sen. Die fürsorgerischen Leistungen der [Südafrika-nischen] Union für die farbigen Bevölkerungsteileverdienen hohe Bewunderung. Das Geld dafürstammt... zum allergrößten Teil aus der Tasche derweißen Steuerzahler. Tatsächlich indessen gibt dieweiße Herrschaft mit diesem erstaunlichen Aufwandnur ein Teil dessen zurück, was sie den Farbigen mitden niedrigen Löhnen vorenthält. Wenn auch derAbstand zwischen „weißen“ und „schwarzen“ Löh-nen außerordentlich weit erscheint, so ist der dochnicht so weit wie in anderen Ländern Afrikas... Esließe sich auch sonst nicht erklären, warum weiter

B 15 Wanderarbeiter

Die vergleichende Statistik sagt einiges darüber, obdie Südafrikanische Union nach 1950 tatsächlich fürdie Schwarzen „ein gelobtes Land“ war, was dieDurchschnittseinkommen betrifft:

1. Durchschnittseinkommen 1950 der „Eingebore-nen“ in Belgisch Kongo / Indien / Südafrika wie10 : 20 : 23

2. Durchschnittseinkommen 1982 in SüdafrikaSchwarz / Weiß wie 3 : 13

3. Durchschnittseinkommen der achtziger Jahre imvon Südafrika verwalteten Südwestafrika in derSchwarzensiedlung Katatura / in der Farbigen-siedlung Khomasdal / im weißen Windhoek wie 4:11: 20.

Bis heute gibt es im Bergbau Südafrikas, aber auchin anderen Branchen Arbeiter aus anderen Staatender Region. Hier eine Momentaufnahme von1982/83.

Karten: Arnt Spandau: Südafrika und der Westen, Reutlingen(Harwalik),1983, S.30

B 19 Der verfassungsmäßigeKampf des ANC bis 1949

B 20 Forderungen des ANC

Aus Nelson Mandelas Verteidigungsrede im Rivonia-Prozess 1964

Der Afrikanische Nationalkongress [ANC] wurde1912 gegründet zur Verteidigung der Rechte derAfrikaner... Siebenunddreißig Jahre lang – bis 1949 –trat er strikt für einen verfassungsmäßigen Kampfein. Er legte Forderungen und Resolutionen vor; ersandte Delegationen zur Regierung im Glauben,dass den Beschwerden der Afrikaner durch friedli-che Verhandlungen Rechnung getragen würde unddass den Afrikanern allmählich volle politischeRechte zugestanden würden. Aber die weißen Re-gierungen ließen sich davon nicht beeindrucken...Um mit den Worten meines Vorsitzenden, Chief Lu-thuli, zu sprechen, der 1952 Präsident des ANC...wurde: „Wer wird leugnen, dass ich dreißig Jahremeines Lebens damit zugebracht habe, geduldig,zurückhaltend, bescheiden und letztlich vergebensan eine verschlossene und verriegelte Tür zu klop-fen? Was hat uns diese Zurückhaltung gebracht? Inden letzten dreißig Jahren sind unsere Rechte undunsere Entwicklungsmöglichkeiten durch mehr Ge-setze eingeschränkt worden als je zuvor, sodass wirheute ein Stadium erreicht haben, wo wir fast über-haupt keine Rechte mehr besitzen.“

Nelson Mandela: Der Kampf ist mein Leben, GesammelteReden und Schriften, Dortmund (Weltkreis) 1986, S.256

Aus den „African Claims“ X. B. Xumas, damals Prä-sident des ANC, vom Dezember 1943

1. Die Abschaffung politischer Diskriminierung ba-sierend auf Rasse...

2. Das Recht auf gleiche Rechtsprechung in denGerichten mitsamt der Nominierung von Schöf-fen und der Ernennung von Richtern, Magistra-ten und anderen Beamten

3. Freie Wahl des Wohnsitzes...4. Das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Ab-

schaffung der Passgesetze...

30 Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft / GegenwehrB

B 18 Gewaltfreier Widerstand, ziviler Ungehorsam

B 17 Rechtsprechung und Todesstrafe

Verurteilungen / Todesurteile wegen Vergewaltigung(1947 bis 1966)Schwarze 844 / 121 – Weiße 288 / 0

Verurteilungen / Hinrichtungen wegen Mord (Juni1982 bis Juni 1983)Schwarze 81 / 38 – Weiße: 21 / 0

Ländervergleich der Hinrichtungen (1987)Südafrika / USA wie 8: 1 bei einem Bevölkerungs-verhältnis von etwa 1: 8

Nach Jörn Rüsen u. a.: Südafrika Apartheid und Menschen-rechte in Geschichte und Gegenwart, Pfaffenweiler (Centau-rus) 1992, S. 184f.

8. Juni 1893: Auf dem Bahnhof von Pietermaritzburghält der Zug von Durban nach Pretoria, und aus demWaggon der 1. Klasse wird ein junger, vornehm ge-kleideter Mann mit Gewalt auf den Bahnsteig bug-siert... Er habe, so wird Mohandas KaramchadGandhi später berichten, die Gesetze der britischenKronkolonie Natal nicht beachtet, habe in einem Ab-teil Platz genommen, das zu betreten Nichtweißenstreng verboten war...

Das Ereignis in der Eisenbahn wurde für ihn zur Zä-sur. Der systematischen Unterdrückung standen, soerkannte er, seine Landsleute in Südafrika ebensowie die schwarze Bevölkerung des Landes ohn-mächtig gegenüber... Wie aber dagegen ange-hen?... So formulierte er sein Konzept des gewaltlo-sen, passiven Widerstandes und des zivilenUngehorsams... [und] rief... die indischen Einwande-rer zu gemeinsamen Aktionen gegen die Registrier-pflicht auf... Und Gandhi war erfolgreich: 1906 ho-ben die Briten die Registrierpflicht auf...

1911... etablierte die neue Regierung der Südafrika-nischen Union... viel drastischere Einschränkungender Rechte der nichtweißen Bevölkerung. Mehrfachwurde Gandhi während dieser Jahre verhaftet... Im-

im Norden die Eingeborenen mir oft genug von derUnion in schwärmerischen Tönen berichteten alsdem Lande, wo... man so viel Geld verdienen könne.Es ließe sich weiter nicht erklären, warum... die Zahlder Schwarzen, welche die Arbeit in der Union derArbeit in ihren heimatlichen Ländern vorziehen,...ständig weiter steigt.

A. E. Johann: Groß ist Afrika, Gütersloh (Bertelsmann) 7. Aufl.1957, S. 190

mer wieder legten Demonstrationen, Arbeitsnieder-legungen und Aktionen wie die öffentliche Verbren-nung von Personalausweisen das WirtschaftslebenDurbans und anderer Städte in Natal und Transvaallahm. 1914, nach 21-jährigem Wirken in Südafrika,kehrte Gandhi nach Indien zurück. Dort setzte er diebegonnene Arbeit fort.

Ulla Ackermann: Südafrika, München (Limes) 1997, S. 143f.

Gegenwehr 31B

B 21 Bannurteile als Reaktiondes Systems

Bannurteile werden ohne Anklage, ohne Verhör,ohne Gelegenheit zur Verteidigung ausgespro-chen... Bannung bedeutet in Südafrika, dass derGebannte

– nicht in seiner Wohnung besucht werden darf,außer von einem Arzt;

– nicht mit einem Nachbarn oder Freund über sei-nen Zaun hinweg sprechen darf;

– nicht mit irgendjemand sich verabreden kann; – nicht zur Kirche gehen kann;– nicht seine Kinder zur Schule oder Sonntags-

schule bringen oder abholen kann;– nicht mit Freunden zum Essen ausgehen kann; – nicht nach seiner Wahl Sport treiben darf (weil er

sich dabei... unterhalten könnte);– in den nächsten fünf Jahren mit seiner Familie

nicht in Urlaub kann;– kein Gebäude betreten darf, wo Vervielfältigun-

gen hergestellt werden;– von keiner Firma angestellt werden kann, wo die

Regierungspolitik diskutiert wird: das sind nichtnur alle Handels- und Industrie-Konzerne..., son-dern praktisch jedes Büro.

– Der Gebannte darf nicht unterrichten, nicht predi-gen und nicht publizieren.

Bärbel von Wartenberg: Schwarz kann nicht ziehen, Stutt-gart, 1973, 4.1

5. Freiheit der Presse6. Anerkennung der Unverletzlichkeit des Wohn-

raums als Recht jeder Familie...7. Das Recht, Land und anderen beweglichen und

unbeweglichen Besitz zu kaufen, leihen, bewoh-nen und besitzen...

8. Das Recht, sich in allen Formen gesetzlicher Be-schäftigung, in Handel und Berufen zu betätigenzu den gleichen Bedingungen wie andere Teileder Bevölkerung

9. Das Recht, zu den gleichen Bedingungen wieEuropäer Mitglied des öffentlichen Dienstes zuwerden

10. Das Recht jedes Kindes auf kostenlose Schul-pflicht und Zulassung zu Technischen Hoch-schulen, Universitäten und anderen Institutionender Weiterbildung

11. Gleichheit in der Behandlung mit anderen Teilender Bevölkerung in den staatlichen Sozialdiens-ten und Einbeziehung in jedes Wohlfahrtssys-tem zu den gleichen Bedingungen wie die Eu-ropäer

Jörn Rüsen u. a.: Südafrika..., Pfaffenweiler (Centaurus) 1992,S. 70f.

B 22 Gewalt als letztes Mittel

Nelson Mandela wurde im Rivonia-Prozess 1964 wiesieben andere Angeklagte der Sabotage für schuldigbefunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. DerText dokumentiert Auszüge aus seiner Verteidi-gungsrede.

Die Gewalt, zu der wir griffen, war kein Terrorismus...Wir wollten keinen Rassenkrieg... Vier Formen derGewalt waren möglich: Sabotage, Guerillakrieg, Ter-rorismus und offene Revolution. Wir entschiedenuns für die erste Möglichkeit und wollten sie vollausschöpfen, bevor wir einen anderen Beschlussfassten. Angesichts unseres politischen Hintergrun-des war es eine logische Entscheidung. Sabotage-akte forderten keine Menschenleben und boten da-her die besten Voraussetzungen für die zukünftigeEntwicklung der Rassenbeziehungen. Die Verbitte-rung könnte in engen Grenzen gehalten werden...Nach unserer Meinung war Südafrika weitgehendvon ausländischem Kapital und von Handelsbezie-hungen mit dem Ausland abhängig. Wir waren über-zeugt, dass die gezielte Zerstörung von Kraftwerkenund eine ständige Störung der Bahn- und Telefon-verbindungen das Kapital früher oder später von In-vestitionen im Land abschrecken... und auf langeSicht das Wirtschaftsleben so stark beeinträchtigenwürden, dass die Wähler des Landes gezwungenwären, ihre Position zu überdenken. Anschläge aufdie wirtschaftlichen Lebensadern des Landes soll-ten mit Sabotageakten an Regierungsgebäuden undanderen Symbolen der Apartheid verbunden wer-den... Die Weißen ließen jede Reaktion vermissen,die einen Wandel signalisiert hätte. Ihre Antwort aufunseren Aufstand bestand darin, den Geist der Wa-genburgen zu beschwören..., die Aussichten, einenBürgerkrieg zu vermeiden wurden geringer... DieKampfform, die für uns [nun] am aussichtsreichstenwar und auf beiden Seiten die wenigsten Men-schenleben gefährdete, war der Guerillakrieg.

Nelson Mandela: Der Kampf ist mein Leben, Dortmund (Welt-kreis) 1986, S.254-67

B 23

Waren-boykottvon außen

Bild aus: Jörn Rüsen u. a.: Südafrika Apartheid und Men-schenrechte..., Pfaffenweiler (Centaurus) 1992, S. 190

Etwas später als die Guerillatätigkeit des ANC be-gannen in Namibia, Angola, Mosambik und Rhode-sien bewaffnete Befreiungskämpfe. Der ANC fanddort und in inzwischen unabhängig gewordenenStaaten Afrikas Unterstützung. Die Auseinanderset-zungen wurden auch Teil des Ost-West-Konflikts,zumal als die Kolonialherrschaft in Angola und Mo-sambik und die weiße Siedlerherrschaft in Südrho-desien durch „schwarze Revolutionsregime“ ab-gelöst wurden.

32 Gegenwehr / Zuspitzung des KonfliktsB

B 25 Vom „Cordon sanitaire“ zur „totalen nationalen Strategie“

Bild aus: Reinhard Brückner: Südafrikas schwarze Zukunft,Frankfurt a. M. (Otto Lembeck) 1977 (Titelfoto)

Blutige Unruhen in Soweto Bild: AP

Südafrikas „Cordon sanitaire“ im Südlichen Afrika 1970

Karte: Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika, Op-laden (Leske + Budrich) 2000, S. 46

B 24 Schüleraufstand in Soweto Es begann am 17. 6.1976 mit einem friedlichen Pro-testmarsch von etwa 20 000 Schülern, meistens ausOber- und Mittelschulen, in Soweto gegen „Afri-kaans“ als verpflichtende Unterrichtssprache in denFächern Mathematik, Geschichte und Geographie.Die Schüler sangen und schwenkten Plakate. Esging weiter mit einzelnen Steinwürfen von Jugendli-chen, mit gezielten Schüssen der Polizisten, mit Ge-walttaten gegen Verwaltungseinrichtungen, Bierhal-len (die Väter sollten nicht mehr Vergessen imRausch suchen) und der Tötung zweier Weißer undendete mit der Tötung von ca. 500 Schwarzen inSoweto und von ca. 1000 im ganzen Land. Die Un-ruhen hielten über Wochen an, der Afrikaans-Erlasswurde zurückgenommen.

Saupe
Keine Rechte

Zuspitzung des Konflikts 33B

B 26 Die Eskalation des Terrors

a Staatsterror

b Der zweiundvierzigste Anschlag in sechs Monaten

Von 1981 bis 1991 entwickelten die als Forschungs-labors getarnten Giftküchen des Dr. Basson Spe-zialwaffen...: Spazierstöcke, die vergiftete Kugelnabschossen..., mit Milzbrandbakterien infizierte Zi-garetten und mit Unkrautvernichter versetzterWhisky. Bassons Auftrag lautete, nicht nachzuwei-sende Substanzen zur Ermordung schwarzer Befrei-ungskämpfer zu finden... Der Erforschung eines Mit-tels, das nur Schwarze unfruchtbar gemacht hätte,galt sein ganz besonderes Interesse... Die meistenOpfer der Giftcocktails... waren, so die Anklage, insüdafrikanische Gefangenschaft geratene Swapo-Kämpfer der Befreiungsbewegung für Südwest-afrika, dem heutigen Namibia.

Von seinen Vorgesetzten im Militärhauptquartier inPretoria beauftragt, die überfüllten Lager auszudün-nen, lieferte Basson muskellähmende Substanzen,die, in Überdosen verabreicht, zum Erstickenführen... Auch Nelson Mandela... stand auf der Listedes Arztes mit der Lizenz zum Töten. DemSchwarzenführer war ein schleichender Gesund-heitsverfall zugedacht. Seinen Medikamenten solltedas giftige Schwermetall Thallium beigemischt wer-den.

Birgit Schwarz: Dr. Mengele am Kap, in: Der Spiegel 40/1999

Vierzig Kilometer südlich des Stadtzentrums vonDurban liegt Amanzimtoti, ein hübscher Badeort fürWeiße. Während der Hochsaison sind hier alle Un-terkünfte ausgebucht, und das Sanlam-Einkaufs-zentrum... macht ein blendendes Geschäft. [Es war]kurz vor Weihnachten... 1985, als plötzlich eine oh-renbetäubende Explosion ein Dutzend oder mehrSchaufensterscheiben bersten ließ, Tausende tödli-cher Glasscherben in alle Himmelsrichtungenschleuderte... [Es] wurden ein Kleinkind, ein Junge,ein Mädchen und zwei Frauen getötet, siebzehnweiße Jungen und Männer, achtundzwanzig weißeFrauen und Mädchen, ein schwarzer Mann und zweischwarze Frauen verletzt...; in der Gegend von Dur-ban... war es der fünfzehnte Anschlag innerhalb derletzten sechs Monate, in Südafrika der zweiundvier-zigste ...

Heimi Smit, dessen achtjähriger Sohn bei demBombenanschlag ums Leben kam, erklärte : „DieRegierung muss Gespräche mit dem ANC führenund eine friedliche Lösung suchen. Ich bin der Über-zeugung, dass mein Sohn als Held für Südafrikastarb. Mir würde es genügen, wenn sein Tod und derTod der anderen vier Menschen zu einem besserenSüdafrika führen würde.“ In der katholischen Kirchevon Amanzimtoti sagte Pater John O’ Burne amWeihnachtstag: „Weiße trugen Verantwortung für dieSituation, die zu diesen furchtbaren Mordanschlä-gen geführt hat; sie sollten anfangen, etwas zur Ver-änderung der Situation zu unternehmen...“

Zwei Monate nach dem Bombenanschlag wurde einschmächtiger, neunzehnjähriger Jugendlicher inDurban vor Gericht gestellt. Sein Name war AndrewZondo...

(Zur Entlastung des Angeklagten rief die Verteidi-gung Prof. Fatima Meer, Soziologin an der Univer-sität von Durban, in den Zeugenstand.)

Verteidiger: Würden Sie bitte etwas zu den Kräftensagen, die den Angeklagten zu der Tat, die er be-gangen hat, veranlasst haben dürften.

Fatima Meer: Die Erfahrung des Rassismus, das Ge-fühl der Hoffnungslosigkeit, dass Mittel wie Boy-kotts die Situation nicht ändern können, die Enttäu-schung darüber, dass Organisationen oder Leute,die ihn am besten vertreten könnten, verboten, ge-bannt oder im Gefängnis sind.

(Das Gericht verurteilte Andrew Zondo zum Tode. Erwurde 1986 hingerichtet)

Zusammenstellung: W. K. nach Fatima Meer: Morgen werdensie mich hängen, Reinbek (Rowohlts Taschenbuchverlag)1989, S. 11-14, 114, 126/7

Südafrikas Bedrohungsanalyse führte Ende der sieb-ziger Jahre zu der Vorstellung eines Totalangriffs vonKommunismus und Terrorismus, dem nur mit einer„totalen Strategie“ nach außen und nach innen begegnet werden konnte. Deshalb wirkte Südafrikaauf eine Destabilisierung der Region hin, „durch dieUnterstützung von gegen missliebige Regierungengerichtete Widerstandsgruppen“ und „mit direktenAngriffen gegen die Nachbarstaaten, die immer mitder Abwehr bevorstehender Angriffe des African National Congress (ANC) oder anderer südafrikani-scher Befreiungsbewegungen... gerechtfertigt wur-den“.

Im Innern versuchte die Regierung das Apartheidre-gime durch Zugeständnisse an „Inder“ und „Farbige“und durch rücksichtslose Härte gegenüber Protestender „Schwarzen“ zu festigen. „Schließlich wurde...1985 der landesweite Notstand ausgerufen, der demstaatlichen Repressionsapparat praktisch uneinge-schränkte Befugnisse gab. Damit manövrierte sichSüdafrika aber in eine verstärkte Isolierung.“

Nach Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im SüdlichenAfrika, Opladen (Leske + Budrich) 2000, S. 54-66

Nelson Mandela: A life in Cartoons, nach: http://www.mandelacartoons.co.za

34 Neuorientierung in SüdafrikaB

B 28 De Klerk und Mandela:Umbruch in Südafrika

Nelson Mandela schildert einen „atemberaubendenAugenblick“

Im August 1989 verkündete P. W. Botha im landes-weiten Fernsehen seinen Rücktritt als Staatspräsi-dent... Am folgenden Tag wurde F. W. de Klerk alsamtierender Präsident vereidigt... Für uns war Mr. deKlerk eine unbekannte Größe... Nichts in seiner Ver-gangenheit deutete auf Reformgeist hin... Ich las alleseine Reden, hörte zu, was er sagte, und begann zusehen, dass er für eine wirkliche Abkehr von der Po-litik seines Vorgängers stand ... De Klerk leitete einesystematische Demontage vieler Bausteine derApartheid ein ... Am 2. Februar 1990 stand F. W. deKlerk vor dem Parlament, um die traditionelle Eröff-nungsrede zu halten... Auf dramatische Weise kün-digte Mr. de Klerk die Aufhebung des Verbots vonANC, PAC, South African Communist Party und 31anderen illegalen Organisationen, die Freilassung

B 27 Eine weiße Stimme der Vernunft

Anton Rupert, einer der erfolgreichsten IndustriellenSüdafrikas, heute Präsident des WWF Südafrikasund der Peace Park Foundation, plädiert in einerVeröffentlichung von 1982 für ein neues Selbstver-ständnis der Weißen.

Die Absicherung unserer Zukunft liegt darin, dass wiruns durch unsere Leistungen und Dienstbarkeit ander Südspitze des Kontinents unersetzlich machen...Wir sollten der Katalysator sein und Architekten einerpositiven Veränderung, aber nicht die Opfer... Wie einKatalysator in der Chemie, so sind die Weißen für diegeordnete Entwicklung dieses Subkontinents unent-behrlich...

Südafrikas weiße Bevölkerung ist zu klein, um genü-gend Führungspersonal für eine wachsende Wirt-schaft zur Verfügung stellen zu können. Wir müssenuns also auf die anderen Bevölkerungsgruppen ver-lassen... Für die Ausbildung der schwarzen Bevöl-kerung fehlt es an Klassenräumen, Lehrern undGeld... Die Schaffung von Erwerbsmöglichkeiten isteine primäre Notwendigkeit...Ein arbeitsloser Mannist ein verzweifelter Mensch... Einer kürzlich erfolg-ten vorsichtigen Schätzung zufolge müssen in dennoch ausstehenden 20 Jahren dieses Jahrhunderts1,6 Millionen Häuser für Schwarze in den weißenGebieten errichtet werden... Wenn unser Land in derLage wäre, diesen Bedürfnissen nachzukommen,könnte dies der Anfang eines neuen goldenen Zeit-alters sein...

Obwohl Südafrika nur 3,7 Prozent der gesamtenOberfläche Afrikas ausmacht, beträgt sein Bruttoso-zialprodukt fast 20 Prozent... In großen Teilen Afrikasherrschen Hungersnot, Dürreund Elend. Es sind die Folgendes krampfhaften Festhaltens anveralteten Wirtschaftsmethodenund der Mangel an industriellerEntwicklung und Arbeits-plätzen. Wir können nicht ruhigschlafen, wenn unsere Nachbarnnichts zu essen haben. Als weißeAfrikaner können wir uns der Ver-antwortung, Hüter unseres Bruderszu sein, nicht entziehen. Wir müs-sen unser Brot brechen und teilen,damit alle etwas zu essen bekom-men. Die Prinzipien, die ich mir alsGeschäftsmann auferlegt... habe,sind:

– dass derjenige, der alles behal-ten will, alles verliert;

– dass man nicht mit Armen Han-del treiben kann;

– man kein Wohlwollen und keinenWohlstand züchtet, durch einePolitik des Verschenkens;

– dass Wohlstand ansteckend ist...;– dass man sich selbst immer in die Lage des an-

deren versetzen muss...;– dass man nur Vertrauen gewinnen kann, wenn

man Vertrauen schenkt. Vertrauen ist ein Risiko,aber Misstrauen ist ein größeres Risiko, das gerade in Südafrika katastrophale Folgen habenkönnte.

Anton Rupert: Einheit in der Vielfalt, Stuttgart (Seewald)1982, Auszüge aus den Seiten 32-34, 39-41, 134-36

Neuorientierung in Südafrika 35B

Mandela und de Klerk erhalten 1993 den Friedensnobelpreis Bild: dpa

B 29 Mit Pragmatismus zum Erfolg

Die südafrikanische Einigung beruht zu einem ent-scheidenden Teil auf dem Pragmatismus der beidenHauptakteure Mandela und de Klerk... Sie wurdenimmer stärker zu Realpolitikern und begriffen Politikals Kunst des Möglichen. Maximalforderungen wieMinderheitenrechte für Weiße oder die Verstaatli-chung der Wirtschaft wurden vom Verhand-lungstisch auf den Kehrichthaufen der Geschichtegefegt... Pragmatismus stand an der Wiege desPost-Apartheid-Südafrika, so auch beim Kompro-miss in der Staatssymbolik... Zwei Wochen vor dem offiziellen Aufziehen der neuen Nationalflaggekonnte man sich auf Form, Farbe und Größe eini-gen..., ein seitlich gedrehtes Ypsilon, das ein afri-kanisches Muster und die Farben des ANC-Ban-ners sowie der früheren „weißen“ Flagge in sich ver-eint...

De Klerk war kein verträumter Visionär oder Idealist;seine Umkehr war die Folge eines Prozesses, der

wegen gewaltfreier Aktivitäten inhaftierter politischerGefangener, die Abschaffung der Todesstrafe... an...Es war ein atemberaubender Augenblick, denn so-zusagen im Schnellgang hatte er tatsächlich die Si-tuation in Südafrika normalisiert...

Am Tag meiner Entlassung wachte ich nach nur we-nigen Stunden Schlaf um halb fünf Uhr früh auf. Der11. Februar in Kapstadt war ein wolkenloser Herbst-tag... Ich trat hinaus auf den Balkon [des Rathausesvon Kapstadt] und erblickte eine unübersehbareMenschenmenge. Die Leute trugen Fahnen undBanner, jubelten, klatschten und lachten... [ZweiTage später] flogen wir per Hubschrauber zum FirstNational Bank Stadium in Soweto. Wir konnten ei-nen Rundflug über Soweto machen..., der einzigenHeimat, die ich als Mann je gekannt hatte, bevor ichins Gefängnis kam. Soweto war zwar gewachsenund prosperierte an einigen Stellen, doch die über-wältigende Mehrheit der Menschen war immer nochentsetzlich arm... und vegetierte auf eine Weise da-hin, die für eine so reiche Nation wie Südafrika be-schämend war. An vielen Orten war die Armut vielschlimmer als bei meiner Inhaftierung...

Das Stadion war so überfüllt, dass es aussah, alswerde es aus den Nähten platzen vor lauter Men-schen. Ich gab meiner Freude Ausdruck, wieder un-ter ihnen zu sein, doch dann warf ich den Leuten ei-nige der lähmenden Probleme städtischen schwar-zen Lebens vor. Die Schüler, sagte ich, müssten indie Schule zurückkehren. Das Verbrechen müssteunter Kontrolle gebracht werden; ich sagte ihnen,ich hätte von Kriminellen gehört, die sich als Frei-heitskämpfer verkleideten, unschuldige Menschen

belästigten und Fahrzeuge in Brand steckten; dieseGauner hätten keinen Platz in unserem Kampf. Frei-heit ohne Kultur, Freiheit ohne die Möglichkeit, inFrieden zu leben, sei keine wirkliche Freiheit.Nelson Mandela: Der lange Weg zur Freiheit, Frankfurt a. M.(S. Fischer) 1994, S. 732-763

ihn zu der Einschätzung kom-men ließ, dass die Apartheidnicht reformierbar war... unddass Südafrika nur eine Zu-kunft haben würde, wennWeiße und Schwarze ohneFeindschaft zusammenleben...Sachbezogen... war die Hal-tung des Inkatha-Führers But-helezi... Bei einem Zusammen-treffen von de Klerk, Mandelaund Buthelezi..., wenige Tagevor der Wahl, einigten sich diedrei bedeutendsten politischenAkteure auf eine Beteiligungder Inkatha an den Wahlen.Vorausgegangen war... eineÄnderung der vorläufigen Ver-fassung [dahingehend], dassdie Verfassung von Kwa-Zulu/Natal Vorkehrungen fürden Fortbestand „...einer tradi-tionellen Monarchie“, eben desZulukönigs, treffen kann.

Michael Behrens, Robert von Rim-scha: Gute Hoffnung am Kap? Dasneue Südafrika, Zürich (Edition In-terfrom) 2. Aufl.1995, S. 198-201

Saupe
Keine Rechte

C36 Schlagzeilen

C

C 1 Schlagzeilen

C 1 – C 30 Probleme und Chancen heute

Aus Tages- und Wochenzeitungen der Jahre 2000-2002

Belastungen 37C

C 3 Aids im Südlichen Afrika

C 2 Das Problem Nummer eins

Deutsche Welthungerhilfe: Grafikdienst, Bonn 2002

Mehr als 40 Millionen Menschen tragen das tödlicheVirus nach Angaben der Vereinten Nationen in sich.Mehr als 20 Millionen sind bereits daran gestorben,weitere 68 Millionen werden in den kommenden 20Jahren ebenfalls der Infektion erliegen... Heilung istnicht in Sicht. Stattdessen breitet sich die Immun-schwäche aus...

Das gilt besonders für Afrika, wo rund 30 Millionenbetroffen sind... In einigen Ländern dieses Konti-nents ist jeder Dritte infiziert. „Die Verbreitung vonHIV hat einen Umfang erreicht, der die schlimmstenVorhersagen übertrifft“, sagt Peter Piot, Direktor desUNO-Aidsbekämpfungsprogramms Unaids. Nacheinem Bericht seiner Organisation sind beispiels-weise in Botswana bereits 39 Prozent aller Erwach-senen mit dem Erreger infiziert. Dort und in anderenLändern des südlichen Afrika drohe die Hälfte allerjungen Mütter dem Virus zu erliegen. Denn Aids trifftdoppelt so viele junge Frauen und Mädchen wieMänner. Als Ursache nennen die UNO-Experten diesexuelle Ausbeutung und Diskriminierung vonFrauen.

Thilo Resenhoeft zur Welt-Aids-Konferenz in Barcelona, Ba-dische Neueste Nachrichten, 7.7.2002

C 4 Kampf gegen Aids

Aids-Aufklärung muss bereits in der Schule beginnen

Bild: Argus/Schytte

Im südlichen Afrika bahnt sich eine verheerendeHungerkatastrophe an. Quer durch den Kontinenterstrecken sich die 11 besonders betroffenen Län-der – von Angola bis Mosambik. Für die Ernährungvon rund 15 Millionen Menschen fehlen bis zumHerbst fast fünf Millionen Tonnen Getreide.

Abwechselnd Dürren und Überschwemmungen bis-her nicht gekannten Ausmaßes haben in diesem undim letzten Jahr große Teile der Ernte vernichtet. InSimbabwe hat die Einschüchterung und Vertreibungweißer Farmer die Ernährungskrise zusätzlich ver-schärft. Jetzt fehlen rund 1,8 Millionen Tonnen Ge-treide, rund 6 Millionen Menschen sind auf Nah-rungsmittelhilfe von außen angewiesen. DieRegierung hat den nationalen Notstand ausgerufen.

Auch in anderen Ländern haben Misswirtschaft undKorruption die Folgen der Naturkatastrophen nochverschlimmert. Dazu kommen die Auswirkungendes Bürgerkriegs im Kongo mit Flüchtlingsströmenund Rebellenüberfällen. So ist zum Beispiel in Bu-rundi die Sicherheitslage weiterhin äußerst ange-spannt, Verbindungen in manche Regionen prak-tisch abgeschnitten.

In den ländlichen Gebieten Angolas reicht die Erntekaum zur Versorgung der Bauern selbst. Für die Ver-sorgung der Städte ist Angola auf Hilfe angewiesen.Mindestens 1,4 Millionen Menschen sind akut vomHunger bedroht – wie überall sind vor allem die Kin-der betroffen. In Sambia und Lesotho hat die Regie-rung bereits im April den Notstand ausgerufen – derHunger wird allerdings erst im Herbst seinen Höhe-punkt erreichen.

Zu den Ernteausfällen kommen Krankheiten undSeuchen. Das südliche Afrika leidet unter der Ver-breitung von AIDS wie keine andere Region derErde. Weltweit ist die Lebenserwartung im vergan-genen Jahrzehnt in allen anderen Entwicklungslän-dern um etwa anderthalb Jahre gestiegen. Nur inden Ländern südlich der Sahara fiel sie von durch-schnittlich 50 auf unter 47 Jahre.

Die Nahrungskrise macht die Menschen immer an-fälliger gegen Seuchen. In manchen Ländern breitensich Choleraepidemien aus, immer mehr Menschensterben an Durchfällen und einfachen Infektionen.Neben Nahrungsmitteln fehlen auch Medikamenteund Impfstoffe. Die Deutsche Welthungerhilfe liefertbereits Nahrungsmittel nach Angola, Mosambik undSimbabwe.

Saupe
Keine Rechte

38 Belastungen / Simbabwe und NamibiaC

C 7 Farmbesetzungen in Simbabwe

C 6 Entwicklungsdaten des Südlichen Afrika

a Entwicklung des Bruttosozialprodukts pro Kopf in US-Dollar

1980 1999Angola (1990) 780 270Botswana 940 3240Lesotho 440 550Malawi 190 180Mosambik (1985) 140 220Namibia (1990) 1770 1890Sambia 630 330Simbabwe 760 530Südafrika 2300 3170Swaziland (1985) 260 1350

Das Bruttosozialprodukt Südafrikas ist etwa fünfmal so hochwie das der anderen Länder des Südlichen Afrika.

Nach Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im SüdlichenAfrika, Opladen (Leske + Budrich) 2000, S.11 und FischerWeltalmanach 2002, Frankfurt a. M. 2001

b Sozialindikatoren

HDI-Rang* Lebens- Kinder- Alphabeti-

erwartung sterblichkeit sierungsrate

(von 173) (Jahre) (von 1000 Geburten) (in Prozent)

Angola 161 45,2 172 (1970:180) 42

Botswana 126 40,3 74 (1970: 99) 77

Lesotho 132 45,7 134 83

Malawi 163 40,0 117 (1970: 189) 60

Mosambik 170 39,3 126 44

Namibia 122 44,7 56 (1970: 104) 82

Sambia 153 41,4 112 (1970: 109) 78

Simbabwe 128 42,9 73 89

Südafrika 107 52,1 55 (1970: 80) 89

Swaziland 125 44,4 101 79

Myanmar 127 56,0 78 (1970: 122) 84

Paraguay 90 70,1 26 (1970: 57) 93

Vietnam 109 68,2 30 (1970: 112) 93

Bundesrepublik Deutschland 17 77,7 5 (1970: 22) 99

* Seit Jahren wird die Aussagekraft der Kennziffer „Bruttoso-zialprodukt pro Kopf“ stark angezweifelt. Deshalb wurde derHuman Development Index (HDI) entwickelt; er bezieht ne-ben dem Pro-Kopf-Einkommen auch die Lebenserwartungbei Geburt, die Kindersterblichkeit und die Alphabetisie-rungsrate in die Bewertung ein. Auf den ersten Rängen desHDI-Index liegen Norwegen, Schweden und Kanada, auf denletzten Rängen Burundi, Niger und Sierra Leone.

Nach UNDP (United Nations Development Program) NewYork, http://hdr.undp.org/reports/2002

a

Kriegsveteranen gegen Landbesitzer – auch ein Modell odereine Gefahr für Südafrika? Bild: AP

C 5 Zukunftsperspektiven mit Aids

Die Todesrate durch Aids im Südlichen Afrika ist inden nächsten Jahren um ein Vielfaches höher als dieTodesrate durch Kriege in den vergangenen Jahren.Bis 2010 werden zwischen vier und sieben MillionenSüdafrikaner, meist Schwarze, an Aids sterben.

Reduzierung der Lebenserwartung in ausgewählten Ländernwegen Aids

Daten nach www.unaids.org/Zeichnung: P&U, NV

Staat

Jahre gerundet

Saupe
Keine Rechte

Simbabwe und Namibia 39C

b Gesteuerte Aktionen

Von Peter Godwin, weißer simbabwischer Filmema-cher

In zwanzig Jahren seiner Herrschaft hat der Präsi-dent [Mugabe] stets nur halbherzige Bemühungen inRichtung einer wirklichen Landreform unternom-men... Während die so genannten Kriegsveteranenheute über tausend Farmen besetzt halten, warten,sage und schreibe, eine Million Hektar freies Farm-land darauf verteilt zu werden... Die Gewalt, die überSimbabwe hereinbricht, wurde von der regierendenPartei gezielt gesteuert. Es war eine... wohl koordi-nierte Aktion zur Verhinderung der Demokratie – dasWerk eines 76 Jahre alten Mannes, der den Friedenseines Landes dafür opfert, dass er noch ein paarweitere Jahre an der Macht bleiben kann. Die so ge-nannten Kriegsveteranen wurden in Regierungswa-gen zur Besetzung auf die Farmen gekarrt. Viele vonihnen werden von der Regierungspartei bezahlt,manche von ihnen anscheinend auch mit Waffenversorgt. Es handelt sich also keineswegs, wie Mu-gabe immer wieder behauptet, um einen spontanenAufstand der landhungrigen, antiweißen Massen.

Die Woche 5.5.2000

c „Natürlich gäbe es andere Wege... “

Von Tsitsi Dangarembga, einer schwarzen simbab-wischen Schriftstellerin

Als mein Vater noch ein Junge war, wurde er mit sei-ner Familie gezwungen, das fruchtbare Land zu ver-lassen, auf dem sie damals lebten. Der britische Kö-nig hatte das Land einem Kriegsveteranen zumDank für dessen Verdienste um das Empire gege-ben. Unsere Familie bekam keinerlei Entschädi-gung. Sie zog sich nach Norden... zurück, wo esstatt satter roter Erde nur unfruchtbaren Sand gab.Um Geld zu verdienen, musste mein Großvater inden Goldminen Südafrikas arbeiten. Unsere Familiewurde zerrissen, noch heute leiden wir unter denFolgen. 80 Prozent von Simbabwes fruchtbaremLand gehören rund 6 000 weißen Farmern...

Natürlich gäbe es andere Wege als Farmbesetzun-gen, das Land den Schwarzen zurückzugeben...1980 war das Leben gut in Simbabwe. Für junge,kompetente Leute wie mich hätte es nicht bessersein können. Simbabwe! Wir konnten es auf unserenSchultern tragen. Es wie ein Baby großziehen. Wirhatten freie Schulbildung und freie Gesundheitsver-sorgung. Afrikaner konnten erstmals Geschäfte ma-chen, wo sie wollten, und wählen, was sie wollten.Die Wirtschaft war geschützt, der simbabwischeDollar nicht konvertierbar, Dinge wie Pampers gabes nicht zu kaufen...

Nach dem Fall des Sozialismus... öffnete sich diesimbabwische Wirtschaft. Der Simbabwe-Dollar fiel.Die Preise schossen in die Höhe. Die freie Schulbil-

d Simbabwes Lage heute

Die Großfarmen erwirtschafteten 85 Prozent derAgrarexporte und damit 40 Prozent der Devisenein-nahmen. Bei der schon seit Jahren herrschendenextremen Arbeitslosigkeit ist von der friedlichen Ko-existenz aus den Jahren nach der Unabhängigkeitvon 1980 nichts mehr zu spüren. Vielmehr fällt esMugabe leicht, auf der Klaviatur der Unzufriedenheitund des Neides zu spielen. Im Juni 2002 gab es fürdie Farmer ein Ultimatum, dass sie ihr Land nichtmehr bestellen durften; im August 2002 folgte einUltimatum, das sie zum Verlassen ihrer Farmenzwingt. Viele sind dem gefolgt, andere wurden dazugezwungen. Nach Angaben eines Wirtschaftsbera-ters von Simbabwe begann die Phase negativenWachstums 1998, erreichte 2001 minus 7,7 % undwird möglicherweise 2002 minus 12 % betragen.Vor Weihnachten 2002 steht Simbabwe bei denSammlungen von Hilfsorganisationen wegen dro-hender Hungersnot jetzt obenan.

Alltag in Simbabwe 2002: Schlangestehen für LebensmittelBild: Reuters

dung wurde gestoppt, ebenso die freie Gesund-heitsversorgung – auf Anraten der Weltbank und desInternationalen Währungsfonds (IWF). Diese Institu-tionen sagten uns, wir seien eine arme Nation undkönnten uns so etwas nicht leisten. Leisten solltenwir uns allerdings Pampers, eingelegte Heringe undall die schönen Sachen, die der Westen auf die nunoffenen Märkte warf. Alle waren glücklich – außerden zwölf Millionen schwarzen Simbabwern... DieMedizin des IWF: noch drastischere Maßnahmen,die die Simbabwer noch hungriger machten... Die zu80 Prozent bäuerliche Bevölkerung Simbabwes wirdRobert Mugabes Partei, die Zanu PF, wieder wählen.Denn die Intellektuellen, die schwarze Mittelschichtund die Weißen sind zahlenmäßig zu unbedeutend,um das zu verhindern. [Tatsächlich haben Zanu undMugabe die folgenden Wahlen bis zum Sommer2002 gewonnen.]

Die Woche, 5.5.2000

Saupe
Keine Rechte

40 Simbabwe und NamibiaC

C 9 Europäische Einmischungoder besser nicht?

Sam Nujoma, Präsident der Republik Namibia... istin die Schusslinie westlicher Menschenrechtsorga-nisationen geraten. Sogar die Europäische Union –mit aktiver Zustimmung Berlins – hat sich dieser Kri-tik angeschlossen, weil sich Namibia angeblich aufpolitische Intoleranz gegenüber Minderheiten zu be-wege... „Ich verabscheue die Art, wie Homosexuellesich unter Berufung auf die Menschenrechte beiihren Paraden wie Tiere benehmen“ (so Nujoma)...„Bleibt doch mit eurer Kultur in Europa, und bringtsie nicht nach Namibia! Wir wollen euch ja auchnicht unsere Kultur aufzwingen“, hatte er ge-schäumt. „Ich verwehre mich dagegen, dass eurewestlichen Gesetze uns Afrikanern auferlegt wer-den... Ihr Weißen habt uns hier mehr als hundertJahre lang geknechtet... Und so wollt ihr es noch im21. Jahrhundert weiter treiben. Wir Afrikaner sindnicht gewillt, eure Unterdrückung hinzunehmen, dieihr jetzt im Namen der sogenannten ,Menschen-rechte’ bei uns fortzusetzen sucht“... Präsident Nujoma hat mich zum Gespräch auf seineFarm „Etunda“ eingeladen... Meine erste Frage gilt

C 10 Wiedergutmachung für Namibia

Die ehemalige [namibische] stellvertretende Ministe-rin... Michaela Hübschle hat Deutschland an die „po-litische und moralische“ Verantwortung erinnert, diees als ehemalige Kolonialmacht gegenüber Namibiahabe. Aus dieser Verpflichtung leitet Hübschle denAnspruch ab, dass Deutschland finanziell zu derLandreform in Namibia beitragen sollte... In Anbe-tracht der deutschen Wiedergutmachung an Opferdes Holocaust müsse... die Frage geklärt werden, obdie Leidtragenden der Landnahme in Namibia nichtebenfalls Reparationen verdient hätten... Vor diesemHintergrund sei der Vorschlag der Ministerin für Län-dereien und Umsiedlung, Pendukeni Ithana, zu be-grüßen..., einen Fonds zum Ankauf von Grund undBoden einzurichten... Um einer... negativen Wahrneh-mung vorzubeugen, müsse der Fonds ebenso unab-hängig wie transparent verwaltet werden, dass even-tuelle Misswirtschaft ausgeschlossen ist. Des Weite-ren müsse gewährleistet werden, dass die Nutznießerder Landreform zu selbstständigen Farmern ausgebil-det werden, die ihr Land nachhaltig nutzen könnten.Marc Springer: Deutschland in der Pflicht, in: Allgemeine Zei-tung Namibias 29.8.2000

C 8 Parallelen in Namibia?

Namibia hatte mit der Politik Nujomas und derSWAPO einen guten, von vielen Seiten gelobtenStart. In den letzten Jahren hört man immer mehr kri-tische Stimmen. Die Befürchtungen nehmen zu, dass Namibia – daseinstige Musterland Afrikas – die gleiche Entwick-lung wie Zimbabwe durchmachen könnte. In denvergangenen Wochen häuften sich beunruhigendeZeichen – Missachtung des Obersten Gerichts durchdie Regierung, scharfe Äußerungen von Politikernder regierenden Partei Swapo gegen Kritiker, Aus-länder und Minderheiten sowie die Ankündigung,Swapo-Loyalität im öffentlichen Dienst durchsetzenzu wollen... In jüngster Zeit wurde die Absicht offen-kundig, Gewinne der Wirtschaft Beamten, Politikernund Militärs zugute kommen zu lassen... Begonnenhatte der zunächst schleichende, jetzt immer schnel-ler werdende Niedergang des einstigen Musterlan-des mit dem Kriegseintritt namibischer Truppen ander Seite des kongolesischen Diktators Kabila imMärz dieses Jahres [2000], den Nujoma verfügte,ohne das Parlament oder das Kabinett zu befragen...Etwa zur gleichen Zeit hatte er dank der für eine Ver-fassungsänderung ausreichenden Mehrheit derSwapo im Parlament eine dritte Amtszeit durchge-setzt, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeitendes Präsidenten vorsah. Seitdem nimmt das Macht-gehabe im Umfeld Nujomas zu... Straßennamen derHauptstadt werden nach amtierenden Politikern be-nannt wie Mugabe, Kabila oder Nujoma selbst.Robert von Lucius: Auch in Namibia gibt es nun eine Mu-gabe-Straße, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 8.12.2000

natürlich dem Schicksal der Deutschen, die weiter-hin auf seinem Territorium leben. „Für mich sinddiese Deutschen Namibier, wenn sie sich zu unse-rem afrikanischen Staat bekennen“, lautet die Ant-wort, „wir haben keine rassistischen Vorurteile... “Über 9 000 Hektar erstreckt sich die Farm FriedrichKastrups, und nur fünfhundert Kühe finden darauf innormalen Jahren ihre Nahrung. Üppig haben dieseKolonisten nie gelebt, und der grandiose Stil, den dieenglische Gentry in Kenia pflegte, war den Südwest-lern fremd. Zum Mittagessen wird uns schmackhaf-tes Kudu-Fleisch serviert. Die Jagd auf dieses weitverbreitete Großwild ist für die Familie Kastrup einezusätzliche Einkommensquelle geworden, denn je-des Jahr finden sich jetzt deutsche Feriengäste ein,...um zu jagen... Friedrich Kastrup sieht im demokra-tischen Pluralismus... keinen realen Vorteil für Nami-bia... Da sei das Übergewicht der Swapo wohl dasgeringere Übel, und die fest etablierte Autokratie desStaatschefs könne sich sogar ordnungsstiftend undvorteilhaft auswirken, wenn sie nicht zu despotischerWillkür verkomme... Die kleine Runde kommt über-ein, dass die wahren Probleme erst noch bevorste-hen, dass die beachtliche Duldsamkeit, die der na-mibische Staatschef bislang an den Tag legte, nichtewig dauern würde. „Die Verurteilung des Nujoma-Regimes durch den Europarat treibt diesen Mann indie Enge, löst bei dem alten Partisanenkämpfer un-kontrollierbare Reflexe der Wut und des Misstrauensaus“, meint Kastrup. „Wir Weiße von Südwest wer-den am Ende das Nachsehen haben bei der auslän-dischen Einmischung und Bevormundung“.Peter Scholl-Latour: Afrikanische Totenklage, München (Ber-telsmann) 2001, S. 326-343 (Auszüge)

Neuanfang und Versöhnung in Südafrika 41C

C 11

Erste allgemeine, freie und gleiche Wahlen

Am 27. April 1994 fanden inSüdafrika zum ersten Mal all-gemeine, freie und gleicheWahlen statt. Am Wahltagwarteten die Wahlberechtig-ten in langen Schlangen vorden Wahllokalen.

a

Bild: AP

b Nelson Mandela über die erste Wahl seines Lebens

Als ich zum Wahllokal ging, weilte mein Geist beiden Heroen, die gefallen waren, damit ich dort seinkonnte, wo ich an jenem Tag war... Ich dachte an un-sere großen afrikanischen Patrioten, die sich aufge-opfert hatten, damit an diesem Tag Millionen vonSüdafrikanern ihre Stimme abgeben konnten... Ichging... nicht allein in das Wahllokal; ich gab meineStimme gemeinsam mit ihnen allen ab... Ich machtemein X in das Kästchen bei den Buchstaben ANCund ließ dann meinen gefalteten Wahlzettel in einesimple Holzkiste fallen; ich hatte zum ersten Mal inmeinem Leben gewählt.

Die Bilder der Südafrikaner, die an jenem Tag zurWahlurne gingen, sind in mein Gedächtnis einge-brannt. Lange Schlangen von geduldigen Men-schen, ...alte Frauen, die ein halbes Jahrhundert ge-wartet hatten, ehe sie zum ersten Mal ihre Stimmenabgeben konnten, und die erklärten, zum ersten Malin ihrem Leben fühlten sie sich als Menschen, weißeMänner und Frauen, die erklärten, sie seien stolz,doch noch in einem freien Land zu leben. Die Stim-mung der Nation während jener Wahltage war erhe-bend. Gewalttätigkeiten und Bombenanschläge waren eingestellt, und es war, als ob die Nation neu-geboren wäre... Wir erzielten 62,6 Prozent* derStimmen... Einige ANC-Anhänger waren enttäuschtdarüber, dass wir die Zweidrittelmehrheit nicht er-reicht hatten, doch ich gehörte nicht zu den Ent-täuschten. Vielmehr war ich erleichtert, denn wennwir zwei Drittel der Stimmen auf uns vereinigt hättenund in der Lage gewesen wären, ohne Mitwirkunganderer eine Verfassung durchzusetzen, hätten die

* National Party 20,4; Inkatha 10,5%

C 12 Mandelas Lebensweg zum Staatspräsidenten

Die Stationen aus der Sicht des Karikaturisten: 1. Aufbruch, 2. Kampf, 3. Leiden, 4. Errungenschaft (Demokratie)

Zeichnung: Jonathan Shapiro, http://www.mandelacartoons.co.za

Leute argumentiert, wir hätten eine ANC-Verfassunggeschaffen und nicht eine südafrikanische. Ichwollte eine echte Regierung der nationalen Einheit.Nelson Mandela: Der lange Weg zur Freiheit, Frankfurt a. M.(S. Fischer) 1994, S.825-27

Saupe
Keine Rechte

42 Neuanfang und Versöhnung in SüdafrikaC

C 13

Freiheit undwas noch?

Aus der Cartoon-Serie „Madame and Eve“,http://www.mandelacartoons.co.za

C 14 Wahrheit und Versöhnung

C 15 Die Aufarbeitung der Vergangenheit

Von Erzbischof Desmond Tutu, Friedensnobel-preisträger 1984, Vorsitzender der Wahrheitskom-mission 1996

Versöhnung bezieht sich auf die Anerkennung vongeschehenem Unrecht. Wenn der Verursacher die-ses Unrecht anerkennt und bereut, ist es seine Auf-gabe zu sagen, dass es ihm leid tut. Ernsthaft vonVersöhnung zu reden heißt, Wiedergutmachung zuleisten. Man kann nicht von einer Person, der manetwas weggenommen hat, wünschen, dass sie sichmit einem wieder versöhnt, aber das Gestohlene be-halten. Aber auch das Opfer des Unrechts muss zurVergebung bereit sein und keine Vergeltung su-chen... Es darf nicht geschehen, dass wir vortäu-schen, die Wunden der Apartheid gäbe es nicht! DieWunden sind offen.

Zit. nach Andrea Kaiser-Thomas, O. H. Müller: Das neueSüdafrika, Bonn (Dietz) 1993, S. 165

Am 29.10.1998 übergibt die Kommission für Wahr-heitsfindung und Versöhnung TRC... PräsidentNelson Mandela ihren 3 500 Seiten umfassendenAbschlussbericht... In öffentlichen Anhörungen wur-den seit April 1996 die Aussagen von 21 000 Perso-nen erfasst und mehr als 2 500 Opfer und zahlreicheTäter vernommen... Die TRC bewertet die Apartheidan sich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit

und den Kampf der Befreiungsorganisationen alsgrundsätzlich legitim, wirft jedoch beiden Seitengrobe Menschenrechtsverletzungen vor. Die meis-ten Gräueltaten – wie Folter, Mord, ungerechtfertig-ter Einsatz von Gewalt und Justiz – lastet der Be-richt den Vertretern der Apartheidsregierung an...Der Bericht... stellt die persönliche Verantwortungdes früheren Ministerpräsidenten (1978-84) undStaatspräsidenten (1984-89) Pieter Willem Bothafür schwere Menschenrechtsverletzungen fest undempfiehlt deren juristische Verfolgung... Der Afrika-nische Nationalkongress (ANC), vor allem seine mi-litärischen Strukturen, hätten Folterungen... in sei-nen Lagern in Angola und Tansania begangen undzu der bürgerkriegsähnlichen Situation in den Townships von Johannesburg zwischen 1990 und1994 beigetragen... Auch die geschiedene Frau desPräsidenten, Winnie Madikizela-Mandela, wird fürschwere Vergehen, darunter mehrere Morde, per-sönlich verantwortlich gemacht...

Angehörige des ehemaligen Apartheidsregimes wer-fen der TRC Einseitigkeit vor, da die Übergriffe derGuerilla des ANC nicht genügend beachtet würden.Von der schwarzen Bevölkerung wird die Gewährungvon Amnestie kritisiert... Der ANC bezeichnet denBericht als „aus der Luft gegriffene Behauptungenund eklatante Unrichtigkeiten“. Die Nationale Partei(NP) lehnt den Bericht als „Hexenjagd auf die weißeMinderheit“ ab... Frederik de Klerk, dem die Mitwis-serschaft bei einem Bombenanschlag... vorgeworfenwird, kündigt eine Klage wegen Rufmordes an. DerTRC-Vorsitzende Desmond Tutu ließ auf Anraten sei-ner Anwälte die de Klerk betreffenden Passagen ausdem Bericht entfernen.

Fischer Weltalmanach 2000, Frankfurt a. M. (Fischer Tb)1999, Sp. 757f.

Neuanfang und Versöhnung / Südafrikanisches Potenzial / Leistungen und Hemmnisse auf dem Weg 43C

C 17 Das südafrikanische Potenzial

C 18 Die Regenbogennation

Rohstoff-Anteile an den Weltvorräten

Vanadium ungefähr 90%Platin 89% Chrom 84% Mangan 77%

Rangplätze in der Weltproduk-tion

Gold Platz 1Platin 1Diamanten 5Steinkohle 5Eisenerz 9Blei 9Uran 9

Bevölkerungs-anteile in Millionen

Schwarze 33,8Weiße 4,5Farbige 3,8Asiaten 1,1Sonstige 0,4

Von den elf Sprachen werden acht von mehr als einer MillionMenschen gesprochen.

Nach Katharine Murison (Ed.): Regional Surveys of the World.Africa South of the Sahara, London (Europe Publications)2002 und Birgit Albrecht u. a. (Hrsg.): Weltalmanach 2002,Frankfurt a. M. (Fischer Tb) 2001, S. 767

C 19 Erste Schritte und ein langer Weg

Zeichnung: Jonathan Shapiro, http://www.mandelacartoons.co.za

C 16 Entschädigung

Der Amnestieausschuss setzte in der Folgezeit seineArbeit fort. Wer geständig war und nachwies, dasser im Auftrag einer politischen Partei handelte, er-hielt Begnadigung. Pauschale Amnestieanträge wieder von 27 ANC-Führern, darunter Thabo Mbeki,wurden abgelehnt, da „das Amnestiegesetz keineStrafbefreiung von Gruppen vorsehe“. Im März 2002stellte die Wahrheits- und Versöhnungskommissionihre Arbeit ein. Die Frage einer Entschädigung ist bisjetzt ungelöst.

Ein Jahr verbrachte Thandi Shezi in einer Isolations-zelle... Im Jahr 1988 war es gewesen, als die Si-cherheitskräfte... ihr Haus durchsuchten. Sie warenauf der Suche nach Waffen und ihrem Lebenspart-ner, der Mitglied im militärischen Flügel des ANCwar. Sie fanden weder ihren Freund noch Waffen,deshalb nahmen sie sie mit... Sie schlugen sie,...vergewaltigten sie. Die Narben, die ihr am ganzenKörper geblieben sind, stammen von den Elek-troschocks... Thandi Shezi kann heute darüber spre-chen wie jemand, der mit einem Kapitel abge-schlossen hat...

Das „südafrikanische Wunder“ bestand darin, dassnach all den Grausamkeiten und der Unterdrückungwährend der Apartheid nach ihrem Ende kein Bür-gerkrieg ausbrach. Dass sich die Schwarzen nichtan ihren Peinigern rächten. Die... Wahrheits- undVersöhnungskommission hatte daran einen wichti-gen Anteil... In Südafrika ist der Prozess der Vergan-genheitsbewältigung noch lange nicht abgeschlos-sen. Aber es scheint, dass diePhase der behutsamen Aufar-beitung zu Ende geht. Die Un-geduld wächst. Seit vier Jahrenliegt der vorläufige Bericht derWahrheitskommission vor, derauch Vorschläge über Entschä-digungszahlungen macht, aberpassiert ist noch nichts... Deramerikanische Anwalt Ed Fa-gan... spielt eine zentrale Rollein den Sammelklagen, die süd-afrikanische Apartheid-Opfer...anstrengen wollen. In großenAnzeigen warb er um Mandan-ten... Die Deutsche Bank, dieDresdner Bank und die Com-merzbank hätten das Regimeentgegen den verhängten Sank-tionen mit 4,5 Milliarden Dol-lar unterstützt. Computerunter-nehmen wie IBM hätten vomSystem der Zwangsarbeit profi-tiert.

Marion Aberle: Jedes Opfer hat dasRecht auf einen Scheck, in: Frankfur-ter Allgemeine Zeitung 9.7.2002

44 Leistungen und Hemmnisse auf dem WegC

C 21 Kein Ende der Slums

Township Khayelitsha bei Kapstadt, für 30 000 Coloureds in der Apart-heid-Zeit geplant, jetzt wohnen dort mehr als 600 000 Menschen.

Bild: Elke Loßkarn

C 22 Wenig Bewegung bei der Landverteilung

Etwa 200 Wohnsitzlose haben in Khayelitsha beiKapstadt... der Provinz gehörendes Land besetzt.Die Gemeinde Kapstadt sagte, sie habe Verständnisfür die Not der Obdachlosen, werde aber illegaleLandbesetzungen nicht dulden. Sie ließ die beidenersten errichteten Hütten sofort niederreißen... Esmehren sich aber auch die Stimmen von Politikern,die den Bedarf an Land wichtiger einstufen alsrechtsstaatliches Vorgehen... Auch in der ProvinzGauteng um Johannesburg gibt es jährlich 24 000neue Haushalte von Personen, die vom Land in dieStadt ziehen, dort aber keine Behausung vorfinden.So kam es in den vergangenen Wochen auch in derUmgebung Johannesburgs zu Landbesetzungen,die mit heftiger Polizeigewalt beendet wurden...Mehr als 700 000 Südafrikaner wohnen in Well-blechhütten, von denen mehr als die Hälfte keinenZugang zu Trinkwasser oder Strom hat... Dem ANCwird vorgeworfen, nicht für jene Bevölkerungs-gruppe zu sorgen, die so arm ist, dass sie nicht ein-mal Gebühren für die Gemeindeverwaltung, fürWasser oder gar Strom zahlen kann. Überlegungenin der Regierung, den Ärmsten eine Sozialfürsorgeetwa in Form von Gutscheinen für den Bezug vonWasser und Strom zu geben, gibt es seit Jahren, sieblieben aber Pläne... Auch auf dem Land gibt esaber wie in Zimbabwe Unrast, die mit der Landver-teilung zusammenhängt. Das Farmland gehört über-wiegend Weißen... Die im Parlament vertretene Frei-heitsfront sagte, die Morde an den Landwirten seien

C 20 Weiterhin Rassismus

Der Rassismus spielt nach wie vor einegroße Rolle. Was abgeschafft wurde, wardie diskriminierende Gesetzgebung... DieEigentumsverhältnisse sind im Grundedie gleichen, auch wenn es stimmt, dassimmer mehr schwarze Unternehmer aufdem Wege der Gleichstellungspolitik be-ginnen, ihren Teil vom kapitalistischen Ku-chen zu sichern... Natürlich bewegen sichTeile der schwarzen Mittelklasse aus denTownships hinaus, in die ehemaligen„weißen“ Gebiete, schicken ihre Kinder invormals den Weißen vorbehaltene Schu-len. An der Oberfläche ändert sich alsoschon etwas. Aber für die große Mehrheitder Bevölkerung bleibt es so, wie es war.Sie leben in den Townships... und denländlichen Gebieten. Die Gettoisierung istnicht aufgehoben worden. Solange diesesoziale Ungleichheit aber weiterbesteht,werden rassistische Vorurteile immer wie-der von neuem geschürt werden. Dasmacht es sehr viel schwieriger, gegen diedamit verbundenen Stereotypen an-zukämpfen.

Aus einem Interview mit Prof. Neville Alexander,Universität Kapstadt, in der Sozialistischen Zei-tung 16.3.2000, http://www.vsp-vernetzt.de/soz.Alexander hatte vor 1990 gegen die Apartheidgekämpft.

a Gettos bleiben

b Überbleibsel des Rassismus

Sechs Jahre nachdem Südafrika zumindest in seinerVerfassung... eine nichtrassische Gesellschaft fest-geschrieben hat, ...kritisierte [der südafrikanischeStaatspräsident Mbeki] weiße Südafrikaner, die sichan „alte Haltungen“ klammerten... Auf dem Landedürften Überbleibsel des Rassismus stärker nochals in den Städten sein. Auf den Höfen häufen sichBerichte über brutale Angriffe weißer Landwirte aufihre Arbeiter, die mal verprügelt, mal auch mit Farbebeschmiert oder gar ermordet werden im Glauben,die Farmer stünden über dem Gesetz. Das scheintauch manchmal so, wenn weiße Polizisten, mit denTätern in kleinen ländlichen Gemeinschaften oft be-freundet oder verwandt, nicht ermitteln oder aberweiße Richter milde urteilen. Als ein Landwirt eineFrau erschoss, weil diese beim Überqueren seinesGeländes zu laut redete, erhielt dieser nur sechsJahre Haft auf Bewährung. Ein anderer Landwirtwurde freigesprochen nach drei Schüssen auf einenArbeiter, weil er behauptete, er habe geglaubt, aufeinen Hund zu schießen.

Robert von Lucius: Am Ende des Regenbogens, FrankfurterAllgemeine Zeitung 1.9.2000

Saupe
Keine Rechte

Leistungen und Hemmnisse auf dem Weg 45C

gesteuert und entwickelten sich zu einem „ethni-schen Massaker“. Seit Jahresbeginn wurden fast400 Höfe angegriffen... Seit 1991 wurden fast 1100Landwirte ermordet.

Robert von Lucius: Kritik an südafrikanischer Landpolitik,Frankfurter Allgemeine Zeitung 1.8.2001

C 23 Entwicklungschancen in Soweto

a

Soweto bei Johannesburg, Wohnort von schätzungsweisezwei Millionen Menschen

Bild aus Peter Joyce: Südafrika, Köln (Könemann) 1999, S.37

b Erfolg als Geschäftsfrau

Fanny Mokoena, die 50-Jährige..., ist so etwas wieeine Hoffnungsträgerin für Sowetos aufkommendenMittelstand. Nachdem sie jahrelang in einem Reise-büro gearbeitet hatte, entdeckte sie eines Tages,dass sie mit ihrem am Wochenende geöffneten She-been (Kneipe im Hinterhof oder im Wohnzimmer)mehr Geld verdienen konnte... Heute ist sie nicht nurstolze Besitzerin einer Tankstelle sowie eines Sou-venirshops, sondern auch einer florierenden She-been und eines der wenigen Esslokale in Soweto...Die erfolgreiche Unternehmerin hat sich mit anderenGeschäftsfrauen zusammengeschlossen und ver-sucht, Soweto als Ziel für Besucher zu etablieren...Zwar kommen mittlerweile gut tausend ausländi-sche Besucher pro Tag nach Soweto, doch derenBusse halten nur an bestimmten Sehenswürdigkei-ten wie dem ehemaligen Haus des früheren südafri-kanischen Präsidenten Nelson Mandela... „Ich fragemich oft, was die sich wohl in ihren Bussen denkenmögen. Ich wünsche mir, dass sie uns hier als echteMenschen erleben“, seufzt Fanny.

Ralf E. Krüger in: Badische Neueste Nachrichten 6.11.2002

C 24 Kampf gegen Kriminalität

Zum Jahreswechsel 1995/96 hatte der PolizeichefSüdafrikas vor einem Gangsterstaat gewarnt, indem Verbrecher die mühsam errungenen demokra-tischen Rechte mit Füßen träten. Drogen- und Waf-fenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressungenund Autodiebstähle häuften sich nach einem Berichtvon 2001 vor allem in den Townships.

Nach einigen erschreckenden Vorfällen in der letz-ten Zeit möchte endlich die Western Cape Regie-rung in die Sicherheit der unzähligen Townships inder Region investieren. Leonard Ramatlakane, derChef der Kapstädter Polizei, sagte..., dass die neuangeworbenen Polizisten verstärkt in den Town-ships eingesetzt werden sollen... Zwischen 1994und 2000 wurde das Budget der Polizei drastischzurückgeschraubt... Gleichzeitig wurde die Präsen-tation der Polizei in Innenstädten und in den touristi-schen Regionen verstärkt... In den Villenvororten derGroßstädte sorgen viele neugegründete Wachunter-nehmen für die Sicherheit der Anwohner, allerdingsin den Gegenden der ärmeren und armen Bewohnerist das Defizit bei der Polizei deutlich zu spüren.2001 wurde das Budget der Polizei wieder auf-gestockt, aber hier wurde zunächst erst einmal vielin die Kameraüberwachung der Innenstädte... in-vestiert. Die öffentlichen Kameras und die Über-wachungskameras der Geschäfte der Randregio-nen sollen nun zentral von der Polizei überwachtwerden, allerdings kann dies nur der erste Schrittsein. Denn in den Townships gibt es nur wenigeGeschäfte und Unternehmen, die sich eine Über-wachungskamera leisten können.

Nach Thoralf Teubner, Kapstadt News 18.1.2002,http://www.kapstadt-tour.de

C 25 Schwarze Geduld und weißer Schmerz

„Den Weißen ist eine Macht geblieben: sie könnenihr Kapital exportieren, und sie können auswandern– zumindest diejenigen, die Südafrika am meistenbraucht“ – sagte ein führendes ANC-Mitglied. DieseÜberlegungen führten zu dem Schluss, eine Verrin-gerung des Wohlstandsgefälles könne nicht durchUmverteilung, sondern nur durch zusätzlichesWachstum erfolgen. Ein Lastenausgleich nach deut-schem Vorbild wurde zwar geprüft, aber als untaug-lich für Südafrika befunden. Vielmehr wurde dieWirtschaftspolitik darauf ausgerichtet, Kapitalfluchtzu vermeiden und attraktive Bedingungen für Kapi-talimport zu schaffen. Der Staatshaushalt wurdekonsolidiert, die Privatisierung öffentlicher Unter-nehmen vorangetrieben...

Saupe
Keine Rechte

46 Leistungen und Hemmnisse auf dem Weg / Macht, Moral und HoffnungC

C 28 Südafrika und Lesotho

Dieses kleine und unbekannte Land in der Größevon Belgien... ist komplett umgeben von Südafrikaund wirtschaftlich völlig davon abhängig... Lesotho,der „Wasserturm“ des südlichen Afrikas wird imNordwesten durch die Drakensberge begrenzt. Hierentspringen die Quellen des Oranjeflusses und vieleQuellen des Caledonflusses. Das Land liegt auf ei-nem Hochplateau mit einer Durchschnittshöhe von2500 Metern... Die Haupteinnahmequelle... in denBergregionen stellen die Schafzucht und im Flach-land der Anbau von Mais, Soja und Weizen dar. Eingroßer Anteil der erwachsenen männlichen Bevölke-rung arbeitet als Gastarbeiter in den BergwerkenSüdafrikas. Durch die... Entlassung vieler Berg-werksarbeiter ist die Kriminalität in den größeren Or-ten drastisch angestiegen.

Gabi Draeger/Heidi Pflanzelt in: Badische Neueste Nachrich-ten, 27.10.2001

C 29 Südafrika und Mosambik

Der Zaun durchzieht wie ein eiserner Vorhang dieBuschlandschaft: Fünf dicke Kabel und ein dichtesNetz aus Maschendraht sind zwischen Pfosten auseinbetonierten Eisenbahnschienen gespannt. Erläuft an einer willkürlichen Kolonialgrenze entlang,

C 27 Selbstachtung durch Arbeit

Nelson Mandela würde das Hemd gefallen. Straußeschreiten majestätisch über die Vorderseite, aufdem Rücken verschränken Elefanten ihre Rüssel...In den Räumen des Sobambisana Community Cen-ter (in Crossroads, einem der ärmsten Vororte vonKapstadt) arbeitet Zandile Mayekiso schon wiederan einem neuen Stoffdruck... Währenddessen spie-len ihre Kinder im angegliederten Kindergarten.Alle... Frauen sind alleinerziehende Mütter, alle sindfarbig, keine von ihnen hat eine Berufsausbildung,keine von ihnen hatte Geld. „Und Hoffnung auf einebessere Zukunft auch nicht“, sagt Priscilla Mant-lana... „Nicht nur, dass ich jetzt Geld verdiene, ichkann auch andere Frauen ermutigen hierher zu kom-men“. Denn eines, fährt sie fort, sei noch wichtigerals der Erfolg der Stoffdruckerei: „Ich werde zum ersten Mal in meinem Leben mit Respekt behan-delt.“ Und Zandile ergänzt: „Ich weiß jetzt, was esbedeutet, Ehre zu haben. Sie tut so gut.“

Anna Roman in: Südafrika, Sonderveröffentlichung vonSouth African Tourism in der Frankfurter Allgemeinen Zei-tung, 27.11.2001

Die mit dieser Politik verbundenen Erwartungen aufAufschwung wurden freilich enttäuscht. Da dasWachstum auf etwa ein Prozent fiel, gab es nur we-nig zum Umverteilen. Die Arbeitslosenquote stiegauf 40 Prozent der Erwerbsbevölkerung. Dennochhielt die Regierung an ihrer strikten Konsolidie-rungspolitik fest...

Das Festhalten an ökonomischer Vernunft wird derRegierung erleichtert durch die Geduld derschwarzen Bevölkerung... Meinungsumfragen zu-folge ist diese zwar enttäuscht..., eine große Mehr-heit sieht aber ein, dass Hoffnungen auf eineschnelle und einschneidende Änderung der Lebens-verhältnisse wenig realistisch wären. Spürbare Ver-besserungen, insbesondere die Elektrifizierung dervon Schwarzen bewohnten Vorstädte und ländlicherGebiete, werden hingegen dankbar zur Kenntnis genommen... In bemerkenswertem Gegensatz zurGeduld der schwarzen Mehrheit steht der rascheAnstieg von Unzufriedenheit bei der weißen Minder-heit. Obwohl sich der Lebensstandard bei derweißen Ober- und Mittelschicht nicht merklich ver-schlechtert hat, schmerzt sie nun, mit einer Verzö-gerung von einigen Jahren, der Verlust ihrer politi-schen Macht.

Theodor Hanf: Friedlicher Übergang in einer zerklüfteten Ge-sellschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung 2.6.1999

C 26 Steigerung der Weinexporte

Der Export von südafrikanischem Wein in die Bun-desrepublik Deutschland hat sich von 1991 bisheute mehr als versechsfacht. Nach Großbritannienund den Niederlanden ist die Bundesrepublik derdrittgrößte Abnehmer. Die Tabelle zeigt die Entwick-lung der Gesamtexporte in Millionen Liter.

Nach Südafrika Weininformation, Cochem, http://www.suedafrika-wein.de und S A Wine Industry Information, Paarl, http://www.sawis.co.za

* Angaben geschätzt

Jahr Millionen Liter

1991 21,81992 20,71993 23,21994 48,41995 71,21996 98*1997 108,51998 116,81999 127,62000 138,42001 176*

Macht, Moral und Hoffnung 47C

Ein mosambikanischer Elefant begrüßt mit ausgestrecktemRüssel Neuankömmlinge aus Südafrika. Bild: dpa

C 30 Miriam Makeba – Symbol für Südafrika

zerteilt ein Ökosystem und blockiert uralte Wild-pfade. An diesem Donnerstag wird der Zaun jedochendgültig Geschichte... Vor etwas mehr als zehnJahren [traf] der Millionär Anton Rupert, eine der ein-flussreichsten Personen der südafrikanischen Wirt-schaft und zudem Präsident des WWF Südafrika,mit dem mosambikanischen Präsidenten Chissanozusammen... Zu der Zeit tobte in Mosambik nochder Bürgerkrieg... Auch der Wildbestand litt enormunter den Kriegshandlungen. „Es wurde auf allesgeschossen, was sich bewegte...“ Wenn ein Flussein Stück Zaun wegschwemmte, wechselten Elefan-ten vom Krügerpark auf die andere Seite, doch siekehrten noch in derselben Nacht zurück... Weil dieElefanten... ihre schlechten Erfahrungen jenseits derGrenze nicht so schnell vergessen und freiwillig„umziehen“ werden, hat man eine Umsiedlungsak-tion geplant, die in ihrem Umfang wohl bislang ein-malig ist. Insgesamt etwa tausend Elefanten sollenauf Lastwagen verladen und in Familienverbändenin das neue Gebiet gebracht werden... Die Kostenschätzt man auf 2000 bis 5000 Mark je Tier...

Naturschützer träumen von einem Naturschutzge-biet vom Kap bis Kairo. Wo Cecil Rhodes einst dieHerrschaft des britischen Weltreichs etablierenwollte, sollen sich miteinander verbundene Natur-schutzgebiete hinziehen... Kritiker sprechen von„ökologischem Imperialismus“, denn Natur- und Ar-tenschutz ist zunächst eine Sorge der reichen Be-völkerung im Norden, die ihre eigene Natur gezähmtund viele Arten ausgerottet hat... Warum sollteman... Tieren wertvolles Land zur Verfügung stellen?Schon seit einigen Jahren hat man deshalb in Afrika die Idee entwickelt, die Bevölkerung einzubin-den. Nur wenn sie Gewinn aus den Parks ziehenkann, wird sie die Projekte unterstützen. Fremden-verkehr, Ökotourismus und Jagdsafaris bieten zahl-reiche Möglichkeiten: Personal in Lodges, Ranger,Spurensucher bis hin zum Verkauf von Kunsthand-werk.

Marion Aberle, Frankfurter Allgemeine Zeitung 4.10.2001

Sie gilt als Stimme Afrikas und war lange Zeit dasSprachrohr der unterdrückten Schwarzen in Süd-afrika... Durch ihre Lieder und ihr gesellschaftspoliti-sches Engagement war sie wesentlich an der Äch-tung des Apartheid-Regimes beteiligt. In ihrenAuftritten und Reden setzte sie sich für die Gleich-behandlung aller Menschen unabhängig von ihrerHautfarbe ein. Im vergangen Jahr wurde sie als ers-te Frau mit der... Otto-Hahn-Friedensmedaille derDeutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationenausgezeichnet. Nun geht die 70-Jährige mit ihremaktuellen Album nochmals auf Tour... Auf „Home-land“ stellt Makeba musikalisch eindrucksvoll unterBeweis, dass sich ihr gesellschaftliches Engage-ment gelohnt hat.Was mit einer harten Kindheit in ei-nem Township... und der Erfahrung von Ausgren-zung und Unterdrückung begann, endet nun imHerbst ihres Lebens mit... Zuversicht. „Mama Af-rica“ ist angekommen.Kulturzentrum „Das Tollhaus“, Karlsruhe: Programm für dasZeltival 2002. Bild: dpa

Von Freude erfüllt

Miriam Makeba: „Jetzt, wo jene Tage Vergangen-heit sind, werde ich immer von Freude erfüllt sein.Eine lange Zeit hindurch habe ich geweint, dochnun werde ich stets die Kraft finden, die Tränenaus meinen Augen zu wischen.“

http://www.exil.de

Wir werden es schaffen

Miriam Makeba: „Wir sind eine junge Demokratie.Aber wir leben noch in Armut... Unsere Regierungtut ihr Bestes... Es ist aber ein langsamer Pro-zess. Das geht nicht an einem Tag, selbst in zehnoder fünfzehn Jahren nicht. Aber wir werden esschaffen.

http://www.folker.de

Saupe
Keine Rechte
Saupe
Keine Rechte

48

AV-Medien zum ThemaZusammengestellt von Hanns-Georg Helwerth

Landesmedienstelle Baden-Württemberg

Südafrika: Der Junge, der vom FliegenträumtVHS-Schulfernsehen, 15 min, f, 2000Adressaten: S1

Der zwölfjährige Arnold lebt in Khay-elitsha, einem Township am Rande vonKapstadt. Er besucht eine Schule in SeaPoint, die während des Apartheid-Regi-mes nur von weißen Kindern besuchtwerden konnte. Arnold und sein Freundgehören einem Kinderzirkus an. Sie träu-men von Glanz und Ruhm und von al-lem, was das Leben eines Trapezkünst-lers ausmacht. 42 84677

Reports in English: Southafrica(deutsch)VHS-Schulfernsehen, 15 min, f, 2001Adressaten: S1

Die Reihe dokumentiert die Entwicklungund die veränderten Wohn- und Lebens-bedingungen seit der Abschaffung derApartheid im Jahre 1993. Die Situation inden Cape Flats townships wird mit der indem früheren Mittelklasse-Vorort kon-trastiert. The Cape flats 42 84964

Fortress Newlands 42 84965

Südafrika: Die Politik der Apartheid1948-1977VHS-Videokassette, 19 min, f + sw, 1994Adressaten: S1, J, Q

1948 wird die Apartheid zum politischenProgramm der Buren. Die Schwarzafri-kaner werden zwangsumgesiedelt undin allen sozialen und wirtschaftlichen Be-reichen diskriminiert. Die Opposition, diesich zunehmend radikalisiert, wird vonden Weißen mit aller Härte unterdrückt.Der internationale Ruf Südafrikas istendgültig verspielt, als Regierungstrup-pen auf demonstrierende Frauen undKinder in Soweto schießen. 42 01845

Südafrika: Wege aus der Apartheid1977–1994VHS-Videokassette, 19 min, f, 1994Adressaten: S1, J, Q

In den Achtzigerjahren wächst der Wi-derstand gegen die Apartheid an allenFronten. Streiks, Aufstände schwarzerWiderstandsgruppen sowie die interna-tionale Isolation haben katastrophaleWirkungen für die Gesellschaft und Wirt-schaft Südafrikas. Sie zwingen die weißeRegierung, Nelson Mandela freizulassen

und schließlich auch die Schwarzen1994 an freien Wahlen zu beteiligen.

42 01846

Nelson Mandela privately(schwedisch mit englischen Untertiteln)VHS-Videokassette, 52 min, f + sw, 1999Adressaten: S2, Q

Ausgehend von seinem 80. Geburtstagund seiner Wiederverheiratung wird einPortrait des Privatmannes und PolitikersNelson Mandela gezeichnet. DerSchwerpunkt liegt auf den Ergebnissenseiner Regierungszeit und auf der Situa-tion Südafrikas im Jahre 1999.

42 66632

Freiheit für Nelson Mandela16mm Lichttonfilm, 45 min, f, 1986Adressaten: S2; J; Q; T

Ein Bericht über die Ziele und denKampf Nelson Mandelas sowie ein Ab-riss seines Lebens, das eingebettet ist indie Auseinandersetzung über die Apart-heid. Stand: 1985. 32 50635

Zwei Welten16mm Lichttonfilm, 113 min, f, 1988Adressaten: S1, S1, J, Q

Spielfilm zum Thema Apartheid. Die 13-jährige Molly leidet unter dem Kampf,den ihre Eltern gegen die Apartheidführen. Der Vater muss fliehen, die Mut-ter wird verhaftet. Erst ein Besuch in denTownships und eigene Erfahrungenwecken bei ihr das Verständnis für ihreEltern und sie engagiert sich für derenKampf. 32 54160

NEUES aus der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

• Weltpuzzle 2003. Das Lernspiel vermittelt spielerisch und anschaulich Grund-kenntnisse über die Staaten der Erde. Für alle Altersgruppen geeignet. Das Puzzlebesteht aus 139 Teilen und benötigt zusammengelegt eine Fläche von 190 x 120cm. Schutzgebühr 25,- EUR (außerhalb BW 35,- EUR).

• Kartenspiel Capisco: Politik umschreiben und verstehen. Bei diesem Kartenspiel gilt es, einen Begriff ohne die Verwen-dung von naheliegenden Stichworten zu erklären. 400 Politikbegriffe auf 200 Karten. Schutzgebühr 5,- EUR (außerhalb Ba-den-Württembergs 10,- EUR).

• Baden-Württemberg – Vielfalt und Stärke der Regionen. Offizieller Band zum 50-jährigen Landesjubiläum, 400 Seitenmit 713 farbigen Abbildungen. Broschierte Ausgabe, Schutzgebühr 15,- EUR (Versandkosten.5,50 EUR).

• Kommunalpolitik in den deutschen Ländern. Eine Einführung, Hrsg. von Andreas Kost und Hans-Georg Wehling, West-deutscher Verlag, Wiesbaden 2003, 356 Seiten, Schutzgebühr 2,50 EUR.

• Identität und politische Kultur. Hrsg. Andreas Dornheim und Sylvia Greiffenhagen, Hans-Georg Wehling zum Fünfund-sechzigsten, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2003, 395 Seiten, kostenlos.

• CD-ROM Publikationen 2002 mit den Ausgaben von Der Bürger im Staat, Deutschland & Europa, Politik & Unterricht sowieden „Bausteinen“ und „Dokumentationen“ von 2000 bis Jahresmitte 2002. Schutzgebühr 2,50 EUR.

Bestellen: Bei Sendungen über 1 kg Gewicht gehen die Versandkosten zu Lasten des Empfängers. Bestellungen bitte an dieLandeszentrale für politische Bildung, Marketing, Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fax (0711) 164099-77; E-Mail: [email protected]. Internet: www.lpb.bwue.de/publikat.htm.

___ Polen Heft 1/1990

___ Industrialisierung im deutschen SüdwestenHeft 1/1991

___ Osteuropa im Umbruch Heft 3/1991

___ Alt und Jung Heft 2/1993

___ Migration Heft 1/1994

___ PolitischerWiderstand gegen die NS-DiktaturHeft 2/1994

___ (Auto-)Mobilität Heft 3/1994

___ Jugend und Recht Heft 4/1994

___ Umweltkonflikte in der Geschichte Heft 4/1995

___ Zugänge Heft 2/1996

___ Frauen Heft 3/1996

___ Sicherheitspolitik Heft 4/1996

___ Mit Gegensätzen leben Heft 2/1997

___ Der Zerfall Jugoslawiens Heft 3/1997

___ Asien Heft 4/1997

___ Sprache und Politik Heft 1/1998

___ Ausserschulische Lernorte Heft 2/1998

___ Kein ich ohne wir Heft 3/1998

___ Weltbevölkerung und Welternährung Heft 4/1998

___ GG im Profil Heft 1/1999

___ Jüdisches Leben in Baden-WürttembergHeft 2/1999

___ Die sechziger Jahre Heft 3/1999

___ Agenda 21 Aspekte einer nachhaltigen EntwicklungHeft 4/1999

___ Berufsorientierung Heft 1/2000

___ Deutschland wächst zusammen Heft 2/2000

___ Türken in Deutschland Heft 3/2000

___ Mitmachen statt Zuschauen Heft 4/2000

___ Regionen in Baden-Württemberg Heft 1/2001

___ Das schönste Land ... Historische Lieder aus demdeutschen Südwesten (mit CD € 5,60) Heft 2/3/2001

___ Wirtschaft im Wandel Heft 4/2001

___ Medien Heft 1/2002

___ Wasser Heft 2/2002

___ Der Seminarkurs Heft 3/2002

___ Politische Denkmäler Heft 4/2002

ältere Hefte auf Anfrage

POLITIK & UNTERRICHTZeitschrift für die Praxisder politischen Bildung

Herausgeber: Siegfried Schiele,

Direktor der Landeszentrale für politischeBildung Baden-Württemberg

Erscheinungsweise:vierteljährlich, unregelmäßigerscheinende Sonderhefte (P&Uaktuell)

Einzelpreis: € 2,80Jahresbezugspreis: € 11,20(Sonderhefte zusätzlich je € 2,80)

Jede Ausgabe enthält:• Unterrichtsvorschläge zu einem

abgeschlossenen Thema • Texte und Materialien für Schüler

Landeszentrale fürpolitische BildungBaden-Württemberg

Neckar-Verlag GmbH • 78045 Villingen-SchwenningenTel. 0 77 21/ 89 87 - 49 (Fax - 50) • E-Mail: [email protected] • www.neckar-verlag.de

❒ Ich möchte folgende Einzelhefte von POLITIK & UNTERRICHTzum Einzelpreis von € 2,80 (außer 2/3/2001) zzgl. Versandkosten nachbestellen.

❒ Ich möchte POLITIK & UNTERRICHT ab Ausgabe ___________ abonnieren.Bitte senden Sie mir die Zeitschrift Politik und Unterricht zum Abonnementspreis von € 11,20 zzgl. Versandkosten (Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet) bis auf weiteres zu.

Datum und rechtsverbindliche Unterschrift

Meine Anschrift: Zahlungsweise:❒ nach Rechnungserhalt ❒ bequem und zeitsparend durch Bankabbuchung

❒ gilt für alle weiteren Aufträge ❒ gilt nur für diesen Auftrag

BLZ: _____________________ Kontonr.: ____________________

Geldinstitut: ________________________________

❒ mit Kreditkarte

❒ Mastercard ❒ Visacard

Karten-Nr.:

gültig bis ________________

Für Ihre Einzelheft-Bestellung

Für Ihre Abo-Bestellung

NECKAR-VERLAG GmbH · 78008 VILLINGEN-SCHWENNINGEN

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Anschriften

Hauptsitz in Stuttgart s. links

* 70178 Stuttgart, Paulinenstraße 44–46, Fax 0711/164099-55

Abteilung/Tagungsstätte Haus auf der Alb, Hanner Steige 1, 72574 Bad Urach, Tel. 07125/152-0, Fax -100

Außenstelle Freiburg, Friedrichring 29, 79098 Freiburg, Tel. 0761/20773-0, Fax -99

Außenstelle Heidelberg, Plöck 22, 69117 Heidelberg, Tel. 06221/6078-0, Fax -22

Außenstelle Stuttgart, Paulinenstraße 44–46, 70178 Stuttgart, Tel. 0711/164099-51, Fax -55

Außenstelle Tübingen, Herrenberger Straße 36, 72070 Tübingen, Tel. 07071/200-2996, Fax -2993

LpB-Shops/Publikationsausgaben

Bad Urach Tagungsstätte Haus auf der Alb, Hanner Steige 1, (Tel. 07125/152-0)Montag bis Freitag 8–16.30 Uhr

Freiburg Friedrichring 29 (Martina Plajer, Tel. 0761/20773-10)Dienstag und Donnerstag 9–15 Uhr

Heidelberg Plöck 22 (Maria Melnik, Tel. 06221/6078-11)Dienstag 9–15 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 13–17 Uhr

Stuttgart Stafflenbergstr. 38(Ulrike Weber, Tel. 0711/164099-66)Montag und Donnerstag 9–12, 14–17 Uhr, Dienstag 9–12 Uhr

Tübingen Herrenberger Straße 36 (Claudia Häbich/Sonja Danner, Tel. 07071/2002996)Mittwoch und Donnerstag 9.15–11.45 Uhr, Dienstag 9.15–15 Uhr

Nachfragen

Publikationen (außer Zeitschriften) Ulrike Weber, Telefon 0711/[email protected]

Der Bürger im StaatUlrike Hirsch, Telefon 0711/[email protected] & Europa und Politik & UnterrichtSylvia Rösch, Telefon 0711/[email protected]

Bestellungen

bitte schriftlich an die zuständigen Sachbearbeiterinnen (s.o.): Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fax 0711/164099-77,oder E-Mail: [email protected] online: http://www.lpb.bwue.de

Thema des nächsten Heftes:

Die Siebzigerjahrein Deutschland

Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart Telefax 0711/16 40 [email protected]://www.lpb.bwue.de

Telefon Stuttgart: 0711/16 40 99-0

DurchwahlnummernDirektor: Dr. h. c. Siegfried Schiele ........................................ -60Referentin des Direktors: Dr. Jeannette Behringer .................... -62Controlling: Christiane Windeck ............................................ -11Frauenvertreterin: Gordana Schumann .............. 07125/152-121

1 Querschnittsabteilung Zentraler Service11 Grundsatzfragen: Günter Georgi (Abteilungsleiter) ........ -1012 Haushalt und Organisation: Jörg Harms ...................... -1213 Personal: Gudrun Gebauer ........................................ -1314 Information und Kommunikation: Wolfgang Herterich .... -14

2 Querschnittsabteilung Marketing21 Marketing: Werner Fichter (Abteilungsleiter) ................ -6322 Öffentlichkeitsarbeit: Joachim Lauk .............................. -64

3 Abteilung Demokratisches Engagement31* Geschichte und Verantwortung:

Konrad Pflug (Abteilungsleiter) .................................... -3132 Frauen und Politik: Christine Herfel ... -32, Beate Dörr.... -7533* Freiwilliges Ökologisches Jahr: Steffen Vogel ................ -3534 Jugend und Politik: Wolfgang Berger .......................... -2235* Schülerwettbewerb des Landtags:

Reinhard Gaßmann ........ -25, Monika Greiner ........ -26

4 Abteilung Medien41 Neue Medien: Karl-Ulrich Templ (stv. Dir., Abt.leiter) .... -2042 Redaktionen Der Bürger im Staat/Didaktische Reihe:

Siegfried Frech .......................................................... -4443 Redaktion Deutschland und Europa:

Dr. Walter-Siegfried Kircher ........................................ -4344 Redaktion Politik und Unterricht: Otto Bauschert ............ -42

5 Abteilung Regionale Arbeit51 Außenstelle Freiburg:

Dr. Michael Wehner, Tel. 0761/207737752 Außenstelle Heidelberg:

Dr. Ernst Lüdemann (Abteilungsleiter), Tel. 06221/6078-1453* Außenstelle Stuttgart:

Dr. Iris Häuser, Tel. 0711/164099-52, Peter Trummer -5054 Außenstelle Tübingen:

Rolf Müller, Tel. 07071/2002996

6 Abteilung Haus auf der Alb Tel. 07125/152-061 Natur und Kultur: Dr. Markus Hug (Abteilungsleiter) .... -14662 Zukunft und Bildung: Robert Feil ................................ -139 63 Europa – Einheit und Vielfalt: Dr. Karlheinz Dürr ........ -147 64 Frieden und Entwicklung: Wolfgang Hesse ................ -14065 Landeskunde Baden-Württemberg:

Dr. Angelika Hauser-Hauswirth ................................ -134 66 Modernisierung in Staat und Wirtschaft:

Eugen Baacke ........................................................ -136 67 Bibliothek/Mediothek: Gordana Schumann ............ .... -12168 Hausmanagement: Erika Höhne ................................ -109