37
20 39 66 EB NAVI Wege zur Weiterbildung Januar 2015 – #2 LEUTE Selfie: Sich selbst ins Bild nehmen hat eine lustvolle Tradition. Zehn Seiten voller Beispiele SERVICE Jobsuche: Sich digital präsentieren und mit ein paar Klicks den richtigen Job finden. PQ (( digital überall THEMA Weltklasse Zürich: Digi- tale Spitzenleistungen auf dem Nährboden der Schweizer Industrie- geschichte.

EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

Embed Size (px)

DESCRIPTION

digital überall

Citation preview

Page 1: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

20 39 66

EBNAVIWege zur Weiterbildung

Januar 2015 – #2

LEUTESelfie: Sich selbst ins Bild nehmen hat eine lustvolle Tradition. Zehn Seiten voller Beispiele

SERVICEJobsuche: Sich digital präsentieren und mit ein paar Klicks den richtigen Job finden. PQ

((

digital überall

THEMAWeltklasse Zürich: Digi-tale Spitzenleistungen auf dem Nährboden der Schweizer Industrie-geschichte.

Page 2: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

DIGITAL ÜBERALL 3

PQKantonale Berufsschule für WeiterbildungBildungszentrum für Erwachsene BiZERiesbachstrasse 118090 ZürichTelefon 0842 843 [email protected]

Herausgeber EB Zürich, Kantonale Berufsschule für Weiterbildung, Serge Schwarzenbach

Redaktion Christian Kaiser, Fritz Keller (verantwortlich für diese Nummer), Guido Stalder

Mitarbeit an dieser Nummer Marc Bodmer, Hazel Brugger, Erich Rebstein, Susanne Wagner

Bilder Christine Bärlocher, Miriam Künzli, Reto Schlatter, Fabian Stürtz, zVg

Illustrationen Eva Kläui, Jan Zablonier

Infografik (Seiten 58–60) Daniel Röttele

Generative Gestaltung (Seiten 28–29) Hanna Züllig

Gestaltung Giorgio Chiappa

Auflage 27 000 Exemplare

Druck FO-Fotorotar, Egg

ISSN 2297-2307

Titelbild Regula Michell: Digital I-Ging (# 1-1-2-3), Tusche auf Karo-Papier

Abonnierung EB Navi: [email protected]

neutralDrucksache

No. 01-14-492898 – www.myclimate.org© myclimate – The Climate Protection Partnership

PERFORMANCE

IMPRESSUM

EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser

Ich hatte sie belächelt, die CD, als sie Ende 1982 auf den Markt kam: keine ernste Konkurrenz für Plattenliebhaber. Schlechte Tonqualität, zu kleines Cover. Immerhin: Sony-Vizechef Norio Ohga wollte, dass mindestens Beethovens 9. auf die Scheibe passt – und zwar nicht in der Einspielung von Karajan (66 Minuten), sondern in der von Wilhelm Furtwängler (74 Minuten).

Ziemlich bald hörte ich auf, die CD zu belächeln, sie verdrängte die Analogplatte fast vollständig. Aber auch die CD scheint nur ein Übergangsformat zu sein. Die Frage, ob nun CD oder Schallplatte besser sei, stellt sich nicht mehr. Mit der Digitalisierung ist Musik nicht mehr an ein Medium gebunden, sie lässt sich aus den Wolken runterladen.

Die Digitalisierung verändert nicht nur unseren Zugang zum Musik-hören. Sie verändert unseren ganzen Alltag. Bis uns Drohnen Pakete nach Hause bringen, scheint es nicht mehr allzu lange zu dauern (➝ Seite 20). Lernen wird ortsunabhängiger, das eröffnet neue Möglichkeiten (➝ Seite 54). Und für Bewerbungen erstellt man schon heute am besten ein Online-Dossier (➝ Seite 66). Aber wem gehören die Daten, die zum Beispiel der Staat über uns erhebt? Nationalrat Balthasar Glättli und der Webunternehmer Hannes Gassert haben für uns diese Frage diskutiert (➝ Seite 12).

Die Digitalisierung beschleunigt unseren Alltag. Mit unserem Magazin EB Navi #2 laden wir Sie ein, kurz innezuhalten und über Folgen und Konsequenzen nachzudenken.

Dabei wünsche ich Ihnen viel Vergnügen.

Serge Schwarzenbach, Herausgeber

Page 3: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

4 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 5

Portfolio

Wussten Sie, was ein «Ussie» ist? Eine Bilderspur rund ums Selfi e ab Seite

39

(Von oben links im Uhrzeigersinn)

Tamara Möschinger, 20, Zürich «Selfi es sind schnell, schnelllebig und einfach herzustellen.»

Mona Bill, 22, Kloten «Selfi es sind für mich eine Gelegenheit, geniale Momente festzuhalten.»

Shilan Turan, 19, Zürich «Es ist immer wieder lustig, Selfi es zu machen.»

Patrizia Wyler, 18, Wetzikon «Selfi es tun dem Ego gut.»

Thema: digital überall

8Blick zurück

Schon vor hundert Jahren schufen Phantasien technologische Wunderwelten

12Open Data

Daten seien das Öl des 21. Jahrhunderts, so wird gesagt. Wem gehört es?

Nationalrat Balthasar Glättli und Webunter-nehmer Hannes Gassert im Gespräch

20Digitale Zukunft

Von Drohnen, die Pakete nach Hause bringen, und von Dingen, die sich digital verständigen

54Lernen 2.0

Vom Blended Learning zu den Massive Open Online Courses: mit der Digitalisierung eröff nen

sich für das Lernen völlig neue Möglichkeiten

58Die digitale Welt auf einen Blick

Infografi k: Wo wir digital stehen und wo es digital hingeht

Leute

6Am Anfang war eine Online-Party

Kursleiterin Madam Monorom kommunizierte schon immer gern übers Netz

52Fortsetzung im Netz

Schriftsteller Jens Steiner, Gewinner des Schweizer Buchpreises 2013, stellte zu seinem

Buch «Carambole» ein Zusatzkapitel auf seine Website

Service

18Serious Games

Was man beim Spielen lernen kann

26Im Schaufenster

Neue 3D-Welten, geschaff en im Bildungsgang «3D-Visualisierung und -Animation»

30Rahmenbilder ade

Wie sich analoge Dias ins digitale Zeitalter retten lassen

32Selber verlegen

Ein eBook selber schreiben, publizieren und vermarkten

64Sag es deinem Tagebuch

Neben Moleskine gibt es Tagebücher-Apps für Handy oder Tablet

66Digital Jobhunting

Stellensuche im Netz: schnell und effi zient

Inspiration

35Phishing for Compliments

Spielend erraten, wie gut Sie Ihren Partner, Ihre Partnerin kennen

61Auch SMS schreiben ist schreibenSlam-Poetry-Meisterin Hazel Brugger

ist froh, dass Jugendiche wenigstens Kurzbotschaften verfassen

70Wer hat das gesagt?

Quiz mit Zitaten von Prominenten

INHALT

Page 4: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

6 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 7

Klick – die beiden Computer sind über Skype ver-bunden, das Gespräch kann beginnen.

«Mein Einstieg in die digitale Kommunikation fand im Jahr 1998 statt», beginnt Monorom zu erzählen. «Da bestellte ich mir mein erste Mailadresse: gabrie-la@ access.ch. Die funktioniert heute nicht mehr.» Das Internet als solches fand sie eher langweilig, einfach nur Infos abzuholen, das war nicht ihr Ding. Aber noch im gleichen Jahr organisierte sie eine Online-Party mit DJ Viola auf einem Chat namens «Palace». An dieser Party konnte man mit einem Avatar teilnehmen, also einem Stellvertreter der eigenen Person, den man nach eigenen Wünschen gestalten konnte. «Diese Form der Kommunikation fand ich auf Anhieb passend zu mir», sagt Monorom. Der quirligen Frau mit den roten Haaren glaubt man das sofort.

Analoge und digitale SchaufensterAls ihr die Künstlergruppe etoy, bei der sie bis heute aktiv ist, eine Domain schenkte, auf der sie ihre ei-gene Website publizieren konnte, gab es für sie kein Halten mehr. «Ich wollte wissen, welche Möglichkei-ten sich da auftun und wie ich mich einbringen kann.» In einem Kurs an der EB Zürich lernte sie die Grund-

Geteiltes Lernen ist doppeltes Lernen

Gabriela von Wyl alias Madam Monorom schlägt vor, das Gespräch über Skype zu führen.

Die Kursleiterin aus dem Bereich Web-Publishing hat viel zu tun.

Und sie kennt sich aus mit modernen Tools. Als Quereinsteigerin verbindet

sie Erfahrungen aus der analogen und der digitalen Zeit.

Text Fritz Keller

tion› erlebt ein Revival, ‹Flat Design› ist angesagt, möglichst minimalistische Gestaltung.» Zeitgemässe Websites müssten auf verschiedenen Endgeräten gut lesbar sein. «Und ausserdem navigieren wir immer mehr mit Gesten, das spielt auch eine grosse Rolle.»

Es klingelt. Monorom fragt, ob sie auf den Handy-anruf reagieren könne. Nach kurzer Zeit sitzt sie wieder vor dem Bildschirm. «Was mich nach wie vor fasziniert in der digitalisierten Welt, ist die Möglich-keit, mich zu vernetzen und mein Wissen mit anderen zu teilen. Teilen gehört für mich unabdingbar zum Lernen.» Dass der Sharing-Gedanke so wichtig sei, habe auch damit zu tun, dass sich die Technologie heute so schnell entwickle. «Auf sich allein gestellt, steht man auf verlorenem Posten.» So holt sie sich gerne zum Beispiel auf code-cademy.com nützliche Informationen, lädt gleichzeitig Erfahrungsberichte auf ihre Website intensivstation.ch, wo sie al-len Interessierten zugänglich sind. «Ge-ben und Nehmen gehört zum Lernen.»

Work in Progress statt PerfektionDer Umgang mit Wissen ist in der digita-len Welt ein anderer geworden. Davon ist Monorom überzeugt, mindestens für

Web-Design mit CSS: GrundlagenElegantes Design mit Cascading Style SheetsHTML5, CSS3 und Responsive DesignInnovatives und zukunftssicheres WebdesignBildungsgang «Web-Publisher EB Zürich»Websites von Grund auf konzipieren und produzieren

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

AUF KURS BLEIBEN

ihren Bereich. «Der Schreiner investiert viele Jahre, bis er perfekt mit verschiedenen Hölzern umgehen kann. Wenn sich das Wissen von heute auf morgen ändert, dann kann Perfektion nicht das Ziel sein.» Vielmehr müsse man schnell darauf reagieren, was auf einen zukomme. «Mir gefällt das, so sind wir nah am Leben», sagt sie. Ihr Blick geht zur Uhr. «Reicht das für den Moment?», fragt sie mit einem Lächeln. Es reicht für den Moment.

Klick – die Computer sind getrennt, die Aufzeich-nung beginnt. n

lagen. Schnell erkannte Monorom, dass sie ihre bis-herigen Berufserfahrungen in der Modebranche gut einbringen konnte. «Ich hatte immer auch Schau-fenster gestaltet. Dieses Wissen über Farben und For-men konnte ich bei der Entwicklung von Websites gut umsetzen: Das sind die modernen Schaufenster.»

Heute ist Madam Monorom selbstständige Web-designerin. Dabei versteht sie sich in erster Linie als Frontend-Developer, das heisst, «ich bin für die vi-suelle Umsetzung und die Benutzerfreundlichkeit zuständig, dafür, wie sich eine Website auf dem Bildschirm präsentiert. Nutzerinnen und Nutzern sollen die gewünschten Informationen möglichst schnell finden. Das verlangt nach einer klaren Struk-tur der aufbereiteten Daten.» Wie diese Daten tech-nisch an Datenbanken angebunden werden, das übernimmt das sogenannte Backend-Team. «Web-design ist immer auf gutes Teamwork angewiesen.»

Modetrends im WebdesignWas sind die Trends im Webdesign? Monorom schwenkt ihren Schal in den Bildschirm. «Immer wie-der entwickeln sich globale (Mode-)Strömungen im Web, die man als Designer nicht ignorieren darf: Flash-Intros, Blogs, Web 2.0 und Social Media sind Beispie-le. Zurzeit wird die Welt flacher. ‹Form follows func-

PORTRÄT

Page 5: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

8 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 9

Vor 100 Jahren prognostizierte man et-was Wunderbares: Das Mobiltelefon. Da-mit würden dann nicht nur Kanzler und Monarchen ihre Geschäfte aus der Ferne erledigen können, sondern mit ihm wür-de auch die Glückszeit der Liebe eintre-ten – denn forthin wüssten die Ehepaare stets, was der Partner gerade tut. Die Technikprognosen vergangener Zeiten verhiessen noch manch anderes Phantas-tisches: Lehrmaschinen ersetzen Päda-gogen, Farbfaxgeräte und Bildtelefone finden sich in jeder Wohnung und Haus-haltsroboter erledigen den Abwasch und servieren Kaffeee. Nur das Web, E-Com-merce, Suchmaschinen, SMS, Spielkon-solen, Blogs, Ebay, Fotohandys . . . also all die Segnungen des Informationszeital-ters scheint praktisch niemand vorherge-sehen zu haben. Oder doch?

Mobile Antenne am HutVor gut hundert Jahren wurde es populär, sich das Jahr 2000 recht phantasievoll auszumalen – zum Beispiel auf bunten Sammelbildern, die als Werbemittel für Kaufhäuser oder teure Genussmittel dienten, oder auf Postkarten, die auf der Pariser Weltausstellung von 1900 zu ha-ben waren. Es handelte sich dabei um meist eher naive Karikaturen, die dem Betrachter wundersame zukünftige Flug-geräte, merkwürdige Sportarten oder die Mechanisierung aller möglichen Tätig-keiten vor Augen führten.

Natürlich spielten auch neuere tech-nische Errungenschaften wie die Elektri-zität, die Funktelegraphie, das Grammo-phon und das Telefon in diesen Zukunfts-phantasien eine grosse Rolle. So entstand beispielsweise nicht nur ein Büro-Dik-

tiergerät für den Direktor, sondern auch das «Cinema-Phono-Telescope», eine Mischung aus Bildtelefon und Virtual-Reality-Einrichtung, das von einem Operateur zu bedienen war und offenbar Videokonferenzen ermöglichen sollte (➝ Abb. 1).

Die wundersame Verwendung der drahtlosen Telegraphie im Zukunftsalltag wurde 1906 in einer Karikatur nett und spöttisch so dargestellt: Ein Mann und eine Frau im Park, die ihren persönlichen

Science-Fiction der Vergangenheit:

Prof. Dr. Friedemann Mattern, Leiter

des Departements Informatik der

ETH Zürich, hat die technischen

Phantasien vor hundert Jahren

zusammengetragen (in «Die Informa-

tisierung des Alltags»). Hier einige

Leckerbissen, garniert mit zeitgenös-

sischen Illustrationen.

Text Friedemann Mattern

Die Zukunft vor hundert

Jahren

Abbildung 1

TROUVAILLE

Page 6: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

10 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 11

portabeln und drahtlosen Telgraphen-apparat (mit mobiler Antenne am Hut) etwa so nutzen, wie man heute seine SMS-Nachrichten liest. Die beiden kom-munizieren übrigens nicht miteinander – sie empfängt gerade mit verzücktem Gesicht eine Nachricht von ihrem weit entfernten Liebsten, während er ge-

spannt die Ergebnisse des Pferderennens verfolgt (➝ Abb. 2). Eine weitere Karikatur zeigt die damalige Vorstellung des Tele-shopping (➝ Abb. 3).

Glückszeit der LiebeIm Jahre 1910 erschien ein aus heutiger Sicht bemerkenswertes Buch mit dem Titel «Die Welt in 100 Jahren». Es heisst dort: «Es wird jedermann sein eigenes Taschentelephon haben, durch welches er sich, mit wem er will, wird verbinden können, einerlei, wo er auch ist, ob auf der See, ob in den Bergen, dem durch die Luft gleitenden Aeroplan oder dem in der Tiefe der See dahinfahrenden Untersee-boot.» Das Taschentelephon würde trotz seiner Kompliziertheit ein Wunder der Kleinmechanik sein, nicht grösser als eine Pillenschachtel.

Weiter heisst es: «Auch auf die Ehe und die Liebe wird der Einfluss der draht-losen Telgraphie ein ausserordentlicher sein. Künftighin wird sich die leibliche Gattin stets davon überzeugen können, was ihr Herr Gemahl treibt; aber auch der Herr Gemahl wird ganz genau wissen, wie und ob seine Gattin nur an ihn denkt. Liebespaare und Ehepaare werden nie

voneinenader getrennt sein, selbst wenn sie Hundert und Tausende Meilen von-einander entfernt sind. Sie werden sich immer sehen, immer sprechen, kurzum, es wird die Glückszeit der Liebe angebro-chen sein.»

Die Vision des Autors zum drahtlos umsorgten Menschen der Zukunft geht aber noch weiter: «Auf seinem Wege ins Geschäft wird er sich nur mit der gespro-chenen Zeitung in Verbindung zu setzen brauchen, und er wird alle Tagesneuig-keiten, alle politischen Ereignisse und alle Kurse erfahren, nach denen er ver-langt.» Eines jedenfalls schien gewiss: Wenn schliesslich auch der «gewöhnli-che Sterbliche» einen solchen Apparat nutzt, «dann werden dessen Lebensge-wohnheiten dadurch noch weit mehr beeinflusst werden, als sie dies schon jetzt durch die Einführung unseres ge-wöhnlichen Telephones geworden sind.» (➝ Abb. 4)

Die Stimme von irgendwoDer britische Physiker Edward Ayrton schrieb 1889: «Einst wird kommen der Tag, da wird das Menschenkind, das mit dem Freund zu sprechen wünscht und

nicht weiss, wo er sich befindet, mit elek-trischer Stimme rufen, die allein nur jener hört, der das gleichgestimmte elektrische Ohr besitzt. Er wird rufen: ‹Wo bist Du?› und die Antwort wird erklingen in sein Ohr: ‹Ich bin in der Tiefe des Bergwerks, auf dem Gipfel der Anden oder auf dem weiten Ozean›. Oder vielleicht wird auch keine Stimme antworten, und dann weiss er: Sein Freund ist tot.»

Einen der ersten Versuche, nicht rein spekulativ, sondern auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Zukunft zu blicken, stellt das 1927 erschie-nene Buch «Technik und Mensch im Jahre 2000» des Ingenieurs Anton Lübke dar. Zeitungen gibt es für ihn in Zukunft nicht mehr: «Die Verleger haben sich längst geholfen mit dem elektrischen Fernseher, den sie an ihre Abonnenten verleihen. Ein kleines Pult, das eine Michglasscheibe bedeckt, erstrahlt im Licht. Man sieht Buchstaben, das Neueste vom Tage, Leit-artikel, Feuilletons in reicher Auswahl, vielleicht auch bewegliche Bilder im Texte verstreut.» Informationen von allgemei-nem Interesse werden darüber hinaus auf öffentlichen Gross-Videowänden darge-stellt (➝ Abb. 5). n

Friedemann Mattern (Hrsg.)Die Informatisierung des Alltags – Leben in smarten UmgebungenSpringer-Verlag, Berlin, 2007

Arthur Brehmer (Hrsg.)Die Welt in 100 JahrenOlms-Verlag, Hildesheim, 2010

BUCHTIPPS

Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4 Abbildung 5

Page 7: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

12 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 13

Balthasar Glättli, als Nationalrat der Grünen Partei gehören Sie zum Kernteam der parlamentarischen Gruppe für digitale Nachhaltigkeit. Was heisst digitale Nachhaltigkeit?Glättli: Ein grundlegendes Nachhaltigkeitsprinzip besagt, dass die Bedürfnisse aller und auch der kom-menden Generationen berücksichtig werden müssen. Das versuchen wir, auf die Ebene der IT zu übertra-gen. Dabei geht es um die Frage, wie Wissen in Form von Daten auch in Zukunft verfügbar ist. Dafür braucht es drei Dinge. Erstens: Open Standards; sie stellen sicher, dass Daten später wieder gelesen werden können. Zweitens: Open Source; also die Offenlegung von Programmen. Drittens: Open Data; das heisst, die vom Staat erhobenen Daten müssen frei zugänglich sein.

Hannes Gassert, Sie haben Informatik und Medien­wissenschaften studiert. Heute sind Sie Unternehmer mit verschiedenen Startups im Webbereich, ausserdem Vizepräsident von opendata.ch. Einer Ihrer Leitsätze lautet: Technologie ist Kultur. Was meinen Sie damit?Gassert: Wir dürfen technologische Entwicklungen nicht unabhängig davon denken, was in der Gesell-schaft, in der Kultur passiert. Technologie kommt nicht einfach aus einem luftleeren Raum, es wirken immer gesellschaftliche, wirtschaftliche und kultu-relle Strömungen zusammen. Im Silicon Valley trafen zum Beispiel die Nasa und die Hippie-Bewegung aufeinander; der Freiheitsgedanke und die Vorstel-lung von einer Zukunft mit verlockenden techni-schen Möglichkeiten prägen bis heute die Situation, in der wir uns befinden.

Wie beeinflusst die Kultur die Technologie konkret?Gassert: Hätten zum Beispiel die Chinesen den Computer erfunden, dann hätten wir keine Tastatur, weil man das chinesische Alphabet mit seinen vielen tausend Zeichen gar nicht auf eine Tastatur kriegt. Die Chinesen hätten wohl von Anfang an einen Stift für die Eingabe entwickelt. – Ob Hardware oder Software, das sind kulturelle Artefakte. Deshalb ist es auch wichtig, Fragen rund um die technologische Entwicklung interdisziplinär zu diskutieren.

Für Sie beide ist Open Data ein wichtiges Thema. Was genau muss man darunter verstehen? Glättli: Open Data beruht auf der Idee, dass Wissen zu den wenigen Errungenschaften zählt, die mehr werden und nicht weniger, wenn man sie teilt. Wis-

Wissen teilen, statt monopolisieren

Mehr Markt oder mehr Regulierung, mehr Speed oder weniger Tempo, mehr Risiko

oder mehr Sicherheit? Nationalrat Balthasar Glättli und der Webunternehmer Hannes Gassert

sind sich im Gespräch nicht immer einig, in welche Richtung es gehen soll. Gemeinsam

aber plädieren sie dafür, dass die vom Staat erhobenen Daten frei zugänglich sein müssen.

Moderation Fritz Keller, Christian Kaiser Bilder Christine Bärlocher

sen hat einen Nutzen für alle, Wissen sollte deshalb kein Privateigentum sein. Einen materiellen Gegen-stand kann man nur einmal haben, derjenige der ihn besitzt, der profitiert davon. Heute versucht man über Patentgesetze und Gesetze zum geistigen Eigentum, Wissen zu privatisieren und unter das Dispositiv der Knappheit zu zwängen. Das ist der fal-sche Weg. Gassert: Unser Staat, der Bund, besitzt grosse Da-tensammlungen von herausragender Qualität, die er aber unter Verschluss hält. Das widerspricht dem Prinzip von Open Data. Einerseits aus der Perspekti-ve einer Zivilgesellschaft, die wissen will, wofür ihre Steuern verwendet werden. Da geht es um Transpa-renz. Dann steckt in diesen Datensammlungen auch ein Potenzial an Wertschöpfung: Wenn man es wirt-

DIGITAL ÜBERALL

Page 8: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

14 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 15

schaftlich nicht nutzt, dann verfällt es. Wenn hinge-gen mit diesen Daten gearbeitet werden kann, dann führt das zu einem Innovationsschub, weil neue Pro-dukte entstehen.Glättli: Ganz wichtig: Open Data heisst keinesfalls, dass der Staat alle privaten Daten, die er über uns gesammelt hat, veröffentlichen muss. Wenn wir Open Data sagen, dann geht es um anonyme Daten, die einen Nutzen haben, sei das kulturell, wirt-schaftlich oder für die Innovationsförderung.

Schaut man sich Ihre Publikationen an, geht es nicht nur um ökonomische Dinge, Sie wollen auch die Welt verbessern? Wie? Gassert: Selbstverständlich muss man die Welt ver-bessern (lacht). Dafür muss man sie beschleunigen. Glättli: Ich bin für verlangsamen. Gassert: Die technologische Entwicklung kann man nicht aufhalten. Sich ihr in den Weg zu stellen, ist einfach nicht produktiv. Klar ist nicht alles gut, was machbar ist. Dass Technologie nicht nur viele Ar-beitsplätze in Industrie und Produktion «aufgefres-sen» hat, sondern dies auch im Dienstleistungssek-tor tun wird, steht uns fraglos bevor. Das ist Teil der Beschleunigung. Aber dafür können wir uns auf die wirklich wichtigen Sachen konzentrieren. Dass der Produktionsgewinn nicht einfach dazu führt, dass wir alle arbeitslos sind, das muss das Ziel sein. Auch müssen wir uns dafür einsetzen, dass der Produkti-vitätsgewinn nicht noch mehr Raubbau an Mensch und Natur ist.

Aber wenn man heute von der «economy of speed» spricht, laufen wir da nicht in eine Überforderung des Menschen hinein? Gassert: Der Mensch muss mitkommen, darauf müssen wir achten. Dass man nicht einfach den Menschen zum Instrument und zum Sklaven der

Maschine machen soll, da sind wir uns einig. So humanistisch sind wir alle eingestellt. Aber zu sagen, wir sind gefangen in einer sich immer beschleuni-genden Wirtschaft und Technologie und wir müssen einen Schraubenschlüssel ins Zahnwerk der Techno-logie werfen, um stopp zu sagen, das ist keine Lö-sung.

Das Stichwort Silicon Valley ist gefallen. 2013 hat der Stadtrat beschlossen, Zürich soll bis ins Jahr 2025 zum neuen Silicon Valley werden. Kann das funktio­nieren? Gassert: Ein zweites Silicon Valley wird es nie und nirgends geben. Alle, die dieses Phänomen nachah-men wollen, sind auf dem falschen Weg, sie müssen etwas Neues erfinden. Was wir in Zürich dem Silicon Valley voraushaben, das ist die Kultur. Silicon Valley ist ein kulturloser Ort, verglichen mit hier. In Zürich ist all das, was in der Kreativwirtschaft in der Ver-gangenheit geschaffen wurde, ganz wichtig für die Zukunft. Da müssen wir anknüpfen. Wenn wir etwas vom Silicon Valley lernen können, dann ist es die Risikokultur, die dort gelebt wird. Das ist aber noch-mals was ganz anderes.

Sie denken an die Gründermentalität. Gassert: Das gehört sicher dazu, ja. Glättli: Bei uns herrscht eher eine Risikoaversion. Man finanziert gerne Dinge, von denen man weiss, dass sie eh erfolgreich sind. In diesem Zusammen-hang finde ich das Buch «Kapital des Staates» von Mariana Mazzucato zentral, das die Frage stellt, wie Innovation funktioniert und welche Rolle der Staat hat. Ich glaube, der Staat muss die Grundlagen schaffen, gewissermassen das Biotop anlegen, auf dem Innovationen wachsen können. Das kann der Staat, weil er fähig ist, andere Risiken zu tragen als private Investoren.

Gassert: Mazzucato fokussiert stark auf die wissenschaftliche Seite der langfristi-gen Investitionen. Gerade in der Schweiz haben wir natürlich eine ausgeprägte wissenschaftliche Community, aber wir haben auch die kulturelle Community, und da kann auch viel an Wertschöpfung erzielt werden. Glättli: Ich finde es korrekt, dass du den ökonomischen Nutzen erwähnst. Aber man sollte nicht alles darauf reduzieren, dass es am Schluss auch noch eine gute Rendite abwirft, sonst verpasst man et-was ganz Wesentliches. Gassert: Ja, aber sich dem Markt kom-plett zu entziehen, das führt zu seltsamen Konstella-tionen. Ich habe kürzlich einen Künstler kennen ge-lernt, der Unternehmer geworden ist, und er sagt im-mer: «Wir dürfen den Kapitalismus nicht den Ban-ken überlassen.» Das ist ein absolut wichtiger Punkt: Wir müssen das Kapital produktiv machen, das wir haben.

Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass die wertvollen Daten, die Sie zugänglich machen wollen, mit Steuergeldern erhoben worden sind. Wenn man diese Daten Internet­Unternehmern wie Herrn Gassert als Rohstoff zur Verfügung stellt, resultiert eine private Rendite. Wer profitiert von Open Data? Und in welcher Form fliesst der Gewinn zurück? Gassert: Ich gebe ein Beispiel, wie es in der Schweiz funktioniert. Nehmen wir die Daten von den SBB. Offiziell kommt niemand an diese Daten heran. Wer hat zuerst vor Jahren diese Daten bekommen? Google. Weil nur Google die Macht hatte, um überall zu weibeln, überall zu zahlen. Das System funktio-niert offenbar so, dass der Mächtigste den Zugang bekommt.

Wie soll sich das ändern? Gassert: Der Staat soll nicht Datenhändler sein. Er muss das Gemeingut, die Daten, die er erhebt, öffent-lich machen, damit alle damit arbeiten können. Eine auf dem Allmend-Gedanken beruhende Lösung ist viel wirksamer als das Einbunkern der Daten. Ziel muss sein: produktiv machen, die Dinge ankurbeln und beschleunigen, Steuereinnahmen generieren, die dann wieder verteilt werden können. Glättli: Diese volkswirtschaftliche Sicht meint eben das Gegenteil von dem, was man im New Public Ma-nagement praktizierte. Dort hatte man gesagt, jede einzelne staatliche Abteilung ist auch eine Art kleines Unternehmen, das versuchen muss, seine Produkte möglichst teuer zu verkaufen. Aber wenn man die Bürgerinnen und Bürger nur als Kunden sieht, und bei den Daten nur an potenzielle Konsumenten denkt, dann ist das falsches Schubladen denken.

Was sagen Sie denn dem Logistiker, wenn es ihn voraus­sichtlich schon in fünf, zehn Jahren nicht mehr braucht? Glättli: Eine Vision nicht nur des Sozialismus, son-dern schon der alten Griechen war es, den Menschen

Hannes Gassert, 33, studierte Informa-tik und Medienwissenschaften. Heute ist er als Unternehmer an der Schnitt-stelle zwischen Medien, Kultur und Technologie tätig. Als Mitgründer und Verwaltungsrat von Liip oder in Start-ups wie skim.com oder wemakeit.com ebenso wie als Strategieberater oder

Vorstand von Opendata.ch und /ch/open setzt er sich für neue Technologien und langfristiges Denken ein. Open Govern-ment Data, Open Source und offene Standards sind für Gassert Treiber nachhaltiger Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Auf tagelangen Wan-derungen ist er auch gerne mal offline.

Balthasar Glättli, 42, studierte Philo-sophie und Germanistik. Seit 1992 ist er Mitglied der Grünen und war von 1998 bis zu seiner Wahl in den Natio-nalrat Gemeinderat in Zürich und von 1998 bis 2004 dort Fraktionschef der Grünen. Von 2004 bis 2008 war Glättli Ko-Präsident der Grünen Kanton Zü-

rich. Er verfügt über vielfältige Berufs-erfahrungen im IT-Bereich und arbeite-te unter anderem als Geschäftsführer von Solidarité sans frontières und als Kampagnenleiter beim Verband öffent-liche Dienste VPOD. Luxus sind für Glättli die Momente, in denen er auf den Mailcheck verzichtet.

Auch als Politiker muss ich mir doch die Frage stellen: Welche Technologien sind demokratiefähig und geeignet, mit den Ideen der menschlichen Freiheit in Deckung gebracht zu werden? balthasar glättli

Page 9: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

16 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 17

von der Arbeit zu befreien. Befreiung von der Arbeit hat aber heute oft ein anderes Gesicht: das der Frei-stellung in die Arbeitslosigkeit. Das zeigt sich auch in der Debatte rund um das garantierte Grundeinkom-men. Auf der einen Seite ist da die unterstützenswer-te Vision, allen Menschen ein Leben in Würde zu erlauben, weil sie materiell abgesichert sind. Aus einer anderen Perspektive kann man kritisieren: Da werden die Leute einfach ruhig gestellt.

Haben Sie eine Vision, was mit der Digitalisierung noch alles auf uns zukommen könnte? Gassert: Ich bin ziemlich sicher, dass der PC, vor dem wir sitzen, in dieser Form verschwinden wird. Dass man vor einem Gerät sitzt, auf welches der gan-ze Arbeitsplatz genau ausgerichtet ist – ergonomisch in Anführungszeichen –, damit ich mich genau auf die Maschine konzentrieren kann, das ist vorbei. Glättli: Das ist jetzt aber eine kleine Vision ... Gassert: Ja sicher, aber irgendwo muss man anfangen Selbstverständlich kann es weitergehen. Ich kenne innovative For-scher, die direkt im Hirn arbeiten, um für Leute mit Behinderungen Fortschritte zu erzielen, dass sie wieder hören können, wieder reden, sich wieder bewegen. Das sind Visionen, wie man Technologie und

Mensch näher zusammenbringen kann, und zwar so, dass der Mensch im Zentrum steht. Glättli: Für mich wird die Auseinandersetzung dar-über, was wir wollen, noch nicht richtig geführt, aus-ser vielleicht von ein paar Technikphilosophen. Aber die Kultur, die hat sich diesem Thema noch gar nicht richtig angenommen. Sie hat noch nicht ge-fragt: Wohin geht die Reise, was hat das für Folgen. Auch als Politiker muss ich mir doch die Frage stel-len, welche Technologien sind demokratiefähig und geeignet, mit den Ideen der menschlichen Freiheit in Deckung gebracht zu werden? Einerseits ist die Politik als kleines Subsystem noch nicht auf der Höhe der Zeit und als etwas grösseres Subsystem auch die Kultur noch nicht.

Gassert: Wenn wir diese Debatte führen, werden wir über kurz oder lang zu neuen Ideen kommen. Zum Beispiel könnte es in Zukunft möglich werden, dass ich bei Wahlen meine Stimme nach Sachgebie-ten vergebe und nicht einfach eine Person mit einem Blankocheck ausstatte. Solche Systeme wären viel-leicht komplizierter als das jetzige, aber sie würden den Weg zu einer direkteren Demokratie öffnen. Glättli: Das sind sicher spannende Möglichkeiten. Mir ist wichtig hinzuzufügen, dass in Zeiten von Big Data auch dem Querdenken eine wichtige Schlüsselfunktion zukommt. Die Technik entwickelt sich und doch braucht es das Menschliche darin, das Unerwartete, das Unwahrscheinlich, das Schräge.

Kommen wir nochmals zurück auf den Allmend­Ge­danken, den Sie immer wieder ins Spiel bringen, also den gemeinsamen Besitz von Daten und Wissen und de­ren Verwertung. Ist das ein Ziel, das erreichbar ist?Glättli: Für mich ist das Problem im Moment, dass wir zwar eine Plattform-Ökonomie, eine Sharing-Ökonomie anstreben und aufbauen, die Allmend jedoch meist jemandem Privatem gehört. So gesehen ist das keine Allmend, sondern nur ein verlogenes Versprechen.

Vorhin sagten Sie, der Staat könne helfen. Glättli: Mindestens braucht es jemand, der das re-guliert. Natürlich kommt der Politiker immer damit,

das ist etwas vom wenigen was er kann, er kann re-gulieren und er kann verbieten. Aber er kann eventuell auch selber machen, und das ist vielleicht das, was heute zu kurz kommt. Entweder selber machen, oder es muss reguliert sein. Es kann doch nicht sein, dass Google als ein Hauptzugang auf extrem viel Wissen am Schluss einfach sagen kann: «Jetzt zensurieren wir ein bisschen oder stellen die Quelle XY ganz ab.» Gassert: Die Alternative zum blossen Regulieren ist das gemeinschaftliche Unternehmertum. Momen-tan sind zum Beispiel Datengenossenschaften am Entstehen. Die verwalten ihre Daten selber nach gewissen Prinzipien. Das ist ein Modell, bei dem die Partizipation einen hohen Stellenwert hat. Glättli: Stimmt, da ist nicht das Verwertungsinter-esse des Investors im Zentrum, sondern alle haben eine Stimme.Gassert: Ja, das sind grundlegende Demokratiegedan-ken die da reinkommen, da braucht es an vielen Stellen ein Umdenken. Und vor allem auch ein neues Tun. Glättli: Das fände ich eine spannende Idee: Wir schreiben jetzt das Datenschutzgesetz so um, dass niemand die Daten eines andern bearbeiten darf, ausser der Betroffene mache in einer Form als Mit-eigner mit, gewissermassen als Zwangsaktionär. Das wäre doch eine Vision. n

Die technologische Entwicklung kann man nicht aufhalten. Sich ihr in den Weg zu stellen, ist einfach nicht produktiv. Klar ist nicht alles gut, was machbar ist. hannes gassert

Page 10: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

18 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 19

Schöne neue WeltVideospiele sind das erste rein digitale Unterhaltungsmedium und prägen

das Bild der Zukunft mit. Marc Bodmer, Experte für digitale Medienkompetenz und Kursleiter

an der EB Zürich, präsentiert eine spezielle Auswahl.

Games – virtuelle Welten, fremde WeltenWie nützlich oder gefährlich Video-Games sindRound Table: Gamen – Spass oder SuchtErfahrungsaustausch für BerufsbildendeMobiles Lernen in der ErwachsenenbildungMit Smartphones und Tablets unterrichtenSoziale Medien gezielt nutzenIndividuelles Lernen mit Social Media

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

AUF KURS BLEIBEN

Marc Bodmer ist Jurist, Journalist und Experte für digitale Medienkompetenz. Unter anderem berät er Schulen, Eltern und Behörden im Umgang mit digitalen Medien. An der EB Zürich zeigt er im Kurs «Games – virtuelle Welten, fremde Welten» die Chancen und Gefahren für Ausbildende und Erziehende. Bodmer ist verheiratet und Vater eines zehnjährigen Sohnes.

Klassiker wird futuristischInteraktives Buch oder Game? Jules Vernes Klassiker «In 80 Tagen um die Welt» wird neu in eine Steampunk-Welt ver-setzt. Da treffen Roboter, futuristische Fliegapparte und ein viktorianisches Gesellschaftsmodell aufeinander. Als Passepartout stehen einem ein paar tau-send Britische Pfund Reisebudget zur Verfügung. Fortzu gilt es, die Reise und Routen zu planen, die das ungleiche Paar rund um den Globus bringt. Dabei muss man vielerlei im Auge behalten wie die Gesundheit von Phileas Fogg oder unbe-rechenbare neue Bekanntschaften.➝ 80 Days. iOS

Das digitale Herz der StadtIn fünf bis zehn Jahren werden «smarte» Städte ein zentrales Betriebssystem haben: «Es ist der effizienteste Weg», sagt Thomas Geffroyd, verantwortlich für den Inhalt des Actions-spiels «Watch Dogs». Man schlüpft in die Rolle eines rabiaten Hackers, der die vernetzte Stadt zu seinen Gunsten nutzt und auch als Waffe einsetzt. Drei Jahre Forschung und Zusammen-arbeit mit Sicherheitsexperten von Firmen wie Kapersky sorgen für eine bedrohliche Vision und zeichnen Schattenseiten der Digitalisierung.➝ Watch Dogs. PlayStation 4, PlayStation 3, Xbox One, Wii U, Xbox 360,

Windows

Überwachungsstaat purWillkommen in Arstotzka – oder wohl eher doch nicht. Nach sechs Jahren Krieg «öffnet» die kommunistische Diktatur ihre Grenzen für rückkehrende Bürger. Als Immigrationsbeamter muss man die vorgelegten Dokumente überprüfen. Bezahlt wird man im Akkord, aber Fehler können fatal sein – für einen selber oder die Familie. «Papers, please» ist eine zynische Vision, in der staatliche Kontrolle keine Grenzen kennt. Das Game ist in einer nostalgischen Pixelgrafik gehalten und wartet mit zwanzig verschiedenen Enden auf. Lucas Pope wurde dafür international mehrfach preisgekrönt.➝ Papers, Please. Windows, Mac und Linux

Jenseits von TamagotchiTomodachi ist das japanische Wort für Freunde. In «Tomodachi Life» sind diese virtueller Natur, leben auf einer Insel und heissen Miis. Man kann sie von Grund auf und mit einer Porträtfotografie kre-ieren, mit eigenen Stimmen und Bedürf-nissen wie Essen oder Sichkleiden. Je mehr Miis das Eiland bevölkern, desto interessanter und unberechenbarer wer-den ihre Interaktionen. Man agiert als eine Art Social Coach – mit beschränktem Einfluss. Das Ganze entwickelt eine un-terhaltsame Eigendynamik, die zu ziem-lich eigenwilligen Situationen führt.➝ Tomodachi Life. Nintendo 3DS

SERIOUS GAMES

Page 11: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

DIGITAL ÜBERALL 2120 EB NAVI #2

Zürich-Oerlikon ist ein Hotspot der Schweizer Industriegeschichte – und dürfte bald wieder international abheben. Unzählige Arbeiter stellten am Eisen-bahn-Knotenpunkt Oerlikon während Generationen «Swiss Quality» her: Maschinen, Lokomotiven, Werkzeuge. Die legendäre «Krokodil»-Lokomotive stammte von hier, auf der benachbarten SBB-Strecke fanden wegweisende Versu-che zur Elektrifizierung der Bahn statt. Inzwischen sind die Industriehallen grösstenteils abgebrochen. Im Frühling 2012 gab es beim Bahnhof Oerlikon eine spektakuläre Aktion. Das grosse ehema-lige Verwaltungsgebäude der Maschinen-fabrik Oerlikon MFO wurde um sechzig Meter verschoben, live übertragen vom Fernsehen. Das ist doppelt symbolträch-tig: Das Gebäude war längst umgenutzt und bloss noch ein Zeuge der einst stol-zen Industrie. Und Platz machen musste es für zusätzliche Bahngleise.

Kleine Flugobjekte ganz grossJetzt bauen einige Schritte weiter wieder Top-Entwickler an einer Technik der Zukunft. Sie entwickeln Drohnen, die selbstständig starten, fliegen, landen und sogar «sehen» können. Das Team von Uni-Professor Davide Scaramuzza arbei-

tet in einem unscheinbaren Bürogebäude gleich neben der SBB-Linie. Der lange Korridor im dritten Stock ist auf beiden Seiten zugepflastert mit grossen Schau-rahmen, die von wuselndem Forscher-geist zeugen. Arbeiten über Navigations-systeme sind dargestellt, Aspekte der Flugsteuerung, mit vielen grafischen Darstellungen. Dazwischen stolz eine Ur-kunde: Drei Mitglieder der Forschungs-gruppe haben kürzlich einen Innovations-preis für Roboter-Technologie in München gewonnen. Davide Scaramuzza selber erhielt den «early carreer award» des in-ternationalen Berufsverbandes IEEE.

Ganze 170 Gramm leicht sind die preisgekrönten Drohnen, ihr Durchmes-ser ist 18 Zentimeter. «Sehen» können sie dank Kameras, mit denen sie ihre Umge-bung selber erkunden, eigene Karten er-stellen und sich orientieren. Damit sind sie unabhängig vom Navigationssystem GPS und können auch im Innern von Gebäuden funktionieren. «Das ist ent-scheidend, wenn sie in einem Katastro-phengebiet arbeiten», sagt der 32-jährige Professor. Die cleveren Drohnen können aus der Luft einem Bagger Befehle geben, wo er welche Hindernisse wegräumen oder umfahren soll.

Zürich und Winterthur

erfinden die digitale

ZukunftDie Zukunft liegt vor unserer Haustüre:

An der Uni Zürich entwickelt ein Forschungs-

team die neusten Drohnen – Amazon ist

sehr interessiert. In Winterthur ist ein junges

Unternehmen daran, die Dinge digital mit-

einander reden zu lassen. und verblüfft die

internationale Fachwelt. Und nochmals in

Zürich befassen sich Künstler und Denker

damit, wie wir diese Veränderungen gesell-

schaftlich aufnehmen werden. Ein regionaler

Rundgang durch die Zukunft.

Text Guido Stalder

Uni-Professor Davide Scaramuzza mit einer Drohne auf Testflug. Seine Entwicklungen werden weltweit beachtet.

DIGITAL ÜBERALL

Page 12: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

22 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 23

Professor Scaramuzza hält sein Smart-phone in die Höhe. «Ohne das hier», sagt er, «wären unsere Drohnen gar nicht möglich.» Die Smartphone-Industrie hat exakt diejenigen Teile kleiner, billiger und schneller gemacht, die Scaramuzza braucht: Mikrochips, Bewegungssenso-ren, Kameras und Batterien. Und die Ent-wicklung läuft weiter.

Amazon was hereIm Aufenthaltsraum liegt die Fachzeit-schrift «Robotics & Automation» auf – aktuelle Titelgeschichte ist die Arbeit des Teams Scaramuzza. In einem Wandregal lagern Teile von humanoiden Robotern, wie ein Ersatzteillager von «Toy Story». Es sind die Überreste der zweiten Top-Forschergruppe der Universität Zürich, die bis vor wenigen Monaten hier war: Rolf Pfeifers Team, berühmt geworden durch den Roboter «Roboy». Professor Pfeifer ist inzwischen pensioniert und nach Asien ausgewandert, sein «Roboy» nach Deutschland. An Pfeifers ehe-maligem Büro hängt noch immer sein Namensschild.

Praktische Anwendungen für die Drohnen aus Zürich-Oerlikon werden konkret: Die internationale Atomenergie-behörde in Wien pfüft, ob man damit in den Katastrophen-Atomkraftwerken Fukushima oder Tschernobyl gefahrlos Radioaktivität messen könnte. Kantonale Polizeikorps überlegen sich ihren Einsatz genauso wie die schweizerische Rettungs-flugwacht Rega.

In den letzten Monaten erhielt das Drohnen-Team mehrfach speziellen Be-such. Vertreter von Amazon waren gleich dreimal hier, um sich über die neusten Entwicklungen zu informieren. Amazon und Google konkurrieren darum, wer schneller so weit ist, Pakete aus der Luft zu verteilen. Diese Pläne seien sehr seriös, sagt Scaramuzza, und würden bald Reali-tät. Die Amazon-Leute waren so angetan von der Arbeit der Zürcher Forscher, dass sie einen von ihnen gleich mitnahmen. Er arbeitet jetzt für sie.

Dinge werden wie ButlerZweiter Hotspot: Winterthur, Sulzer-Stadt. Die Firma «Dizmo», die Digitalge-schichte schreiben könnte, befindet sich aber nicht im ehemaligen Sulzer-Areal, sondern etwas ausserhalb des Stadt-zentrums in Museumsumgebung. Ein beschauliches Wohnquartier, mit schmiedeisernen Gartengittern, Stein-mäuerchen und Efeuranken. Der «Dizmo»-Sitz selber gäbe mit seinem Backstein- und Riegelgebäude mitsamt englischem Garten eine perfekte Kulisse für einen barocken Kostümfilm.

«Dizmo» ist eine Wortschöpfung aus «gizmo» (englisch für Ding) und digital, also ein «digitales Ding». Diese «digitalen Dinge» können alles sein, was man im Alltag braucht: einfache Notizzettel, Fernbedienungen, die eigene Facebook-Seite, Wikipedia, Waschma-schine, Kühlschrank, Heizung, Lampen, Agenda, Telefon. Gründer und Ge-schäftsleiter Matthias Aebi hat mit seinen vier Mitarbeitern eine Computer-Ober-fläche geschaffen, auf der die «Dizmos» abgebildet sind und behandelt werden können wie reale Gegenstände. Man kann sie verschieben, drehen, stapeln, aneinanderkoppeln. Und vor allem: miteinander verbinden und auf eigene Wünsche einstellen. Eine Lampe im Wohnzimmer meldet dann mit einer an-deren Farbe, wenn die Wäsche fertig ist. Oder die Heizung im Werkraum schaltet tiefer, sobald sich eine Viertelstunde lang niemand mehr darin aufhält. Wenn man Inches in Meter umrechnen will oder englische Pfund in Schweizer Franken: Das Umrechner-«Dizmo» ans Zahlen-dokument-«Dizmo» schieben, und schon arbeiten die beiden miteinander. Die Anwendungen sind unbegrenzt. Matthias Aebi: «Die Geräte sollen sein wie ein Butler. Sie kennen meine Vorlieben, han-deln von sich aus und vorausschauend.» Gleichzeitig behält man jederzeit die Kontrolle: «Unsere Umgebung soll smart sein, aber nicht überschlau.»

Es funktioniert auf allen erdenkli-chen Oberflächen, auf Computer-Bild-

schirmen, Tablet, Smartphone. Möglich sind verschiedenste Eingabe-Techniken: Touch-Screen, Kontroll-Stift, auch Gesten und Sprachsteuerung. Sogar mit der «old fashioned» Computer-Maus geht es, sagt das Werbe-Video. Und man kann von je-der Oberfläche auf jede andere wechseln. Die einzelnen «Dizmos» entwickeln freie Entwickler oder die Geräteherstel-ler selber (eine einfache Sache, sagt Aebi), den Rest übernimmt die Software.

Schon oft VorreiterMatthias Aebi ist kein Computer-Freak, der sich in unrealistische Träume verirrt, sondern ein Vordenker der Szene. Schon vor zwanzig Jahren lancierte er mit Inter-net Access den ersten kommerziellen In-ternetprovider der Schweiz. Er verkaufte ihn an DiAx, die heutige Sunrise. Fast gleichzeitig präsentierte er eine Webmail-Lösung, die aber am Markt nicht ankam. Und bereits 2003 entwickelte er ein Tool, um online Fotos zu verwalten und zu tei-len. Aebis Problem: Er war der Zeit voraus, den Profit machten nachher Andere wie Hotmail oder Flickr. Wer zu früh kommt, den bestraft manchmal das Leben.

Die Fachwelt interessiert sich sehr für «Dizmo», und sie lässt es sich auch etwas kosten. Schon eine Aktion über den weltweit grössten Crowdfunding-Anbie-ter «Kickstarter» brachte innert kurzer Zeit mehr ein als erhofft. Und im in den letzten 18 Monaten investierten drei Schweizer Investoren gut zwei Millionen in die Winterthurer Entwicklung. Inzwi-schen ist «Dizmo» auf dem Markt, die praktischen Anwendungen vermehren sich laufend. Beim offiziellen Start Mitte Oktober waren die ersten hundert freien Lizenzen in wenigen Stunden weg. Hun-derte von Benutzern rund um den Globus haben «Dizmo» inzwischen herunterge-laden. Offensichtlich, so Matthias Aebi, kämen sie auf Anhieb sehr gut damit zu-recht: «Technologie ist für uns dann am besten, wenn man sie ohne Lernaufwand nutzen kann.»

Wenn es funktioniert, kommt dann der goldene Verkauf an einen Grossen der Branche? Matthias Aebi: «Ich werde ‹Dizmo› sicher nicht leiten, bis ich siebzig bin.» Er verweist auf Klaus Wellershoff, den langjährigen Chef-Ökonomen der UBS und heutigen Inhaber eines eigenen Beratungsunternehmens. Die kleinen

Digital-Entwickler Matthias Aebi (rechts) demonstriert einem Kunden seine Benutzeroberfläche, Sie verbindet Gegenstände digital miteinander.

Page 13: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

24 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 25

Firmen, so Wellershoff , sollten die Inno-vationen liefern, und die Grossen nach-her konstante Qualität und günstige Preise für alle garantieren. Falls das mit «Dizmo» so funktioniert, können wir uns darauf freuen, von Matthias Aebi in einigen Jahren wieder mit etwas Bahn-brechendem überrascht zu werden.

Wie man das mental hinkriegtLetzte Station unseres Rundgangs: wie-der in Zürich, Museum Bärengasse. Gleich hinter dem Paradeplatz, Inbegriff des Finanzplatzes Schweiz. Die Banken, sagen verschiedene Zukunftsprognosen, werden viele Stellen abbauen, weil ihre Dienstleistungen durch digitale Services ersetzt werden. Algorithmen überneh-men Beratungsgespräche.

Vor dem Museum Bärengasse wartet eine kleine Gruppe auf die Führung durch die Ausstellung «Die Zukunft ist unser». Sie beschäftigt sich damit, wie wir künftig essen, arbeiten, wohnen, alt werden. Der Think Tank W.I.R.E. (an dem ETH und Universität Zürich be-teiligt sind) stellt dabei eher Fragen, als fertige Prognosen zu stellen. Man habe immer mehr Möglichkeiten, sein Leben zu gestalten, sagt Kuratorin Senem Wicki. Die Hauptfrage sei oft: «Will ich das oder will ich das nicht?». Man solle die Zukunft aktiv gestalten, statt sie einfach hinzu-nehmen.

Als Willkommensdrink gibt es einen Fruchtsaft – in einem Reagenzglas, das man aus einem Laborhalter nehmen kann. Die Zukunft der Nahrung lässt

grüssen. Und die Hauptfrage schwingt gleich mit: Will ich das, aus einem Rea-genzglas trinken?

Unabhängig, funktional, lustvollKünstlich gegen natürlich, funktional gegen lustvoll: Diese Gegensätze ziehen sich durch die ganze Ausstellung. Und was ist denn eigentlich Lebensqualität? Dank fortgeschrittener Technik autonom sein, Nahrungsmittel selber anbauen, seine Dinge aus dem eigenen 3D-Drucker produzieren? Oder sich einen Liebesro-boter halten, den man bequem auf sich selber programmieren kann? Eine absur-de Vorstellung? Mehr als ein Drittel der Schweizer Erwachsenen kann sich eine emotionale Beziehung zwischen Mensch und Maschine vorstellen. Das zeigt eine Umfrage im Juni 2014 unter Leitung des Luzerner Zukunftsforschers Georges T. Roos. Bei den Unter-Dreissigjährigen ist es beinahe die Hälfte.

In der Begleitpublikation zur Aus-stellung (➝ Buchtipp) ist ein exemplari-scher Lebenslauf dargestellt, durchaus provokant. Danach verliebt man sich tatsächlich zwischen zehn und zwanzig Jahren erstmals in eine künstliche Intelli-genz. Das erste Kind wird nach fünfzig geboren, das zweite nach achtzig (in künstlichen Gebärmüttern). So gegen hundert wird das Gehirn transplantiert, wegen zunehmender Demenz. Und mit hundertzwanzig gibt es das Lebensab-schiedsfest, gefolgt vom Download der Erinnerungen auf eine digitale Gedenk-stätte für die Angehörigen.

Kann man die Zukunft eigentlich trainieren? In gewisser Weise schon, sagt Kuratorin Senem Wicki. Das Hauptprob-lem sei ja, dass man in der Flut der Mög-lichkeiten unterzugehen drohe. Wicki: «Man braucht einen guten Filter, womit man sich auseinandersetzen will.» Man könne sich Refl exionsräume schaff en – Zeiten, in denen man sich zurückzieht. Und sich überlegt, wie man die Zukunft aktiv gestalten will. n

W.I.R.E. (Hsg.)Die Zukunft ist unser – Szenarien für den Alltag von übermorgenZeitschrift Abstrakt No 13Verlag NZZ, Zürich, 2014

BUCHTIPP

AUTOMATION IN AUTOMOTION

Page 14: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

26 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 27

Steiachervon Monica Lopez, 31,

Hochbauzeichnerin

«Meine 3D-Diplomarbeit ist eine Archi-tektur-Visualisierung: Ich habe die Wohnbausiedlung ‹Steiacher› in Mumpf (Kanton Argau) ausgewählt, an der ich als Hochbauzeichnerin und Projektleiterin selber beteiligt bin. Im 3D-Bildungsgang habe ich natürlich verschiedenste Anima-tionen ausprobiert und bin dann doch bei meinem Stammthema geblieben. Möglicherweise kauft mir der Investor der Siedlung die Arbeit ab, um sie für die Vermarktung der Wohnungen zu verwenden. Die Ausbildung war sehr lehrreich, aber auch anspruchsvoll. Andere Teilnehmer haben dafür das Arbeitspensum reduziert. Das lag bei meinem Arbeitgeber nicht drin.»

Delta Towervon Thomas Redecker, 39,

Kunststofftechnologe

«Ich pendle beruflich zwischen Kunst-stofftechnologie, Foto-/Bildbearbeitung, 3D-Druck und jetzt eben auch noch 3D-Visualisierung und -Animation. Für meine Diplomarbeit habe ich etwas daraus gewählt, den 3D-Drucker ‹Delta Tower›. Bei mir steht natürlich auch einer davon, und der arbeitet hochpräzise – beste Schweizer Qualität. Die zweijährige Aus-bildung brauchte viel Disziplin und Durch-haltevermögen, und Murphys Gesetz stimmt schon: ‹Alles was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.› Aber irgendwie ging es immer weiter. Gehol-fen haben dabei die Dozenten genauso wie die Kolleginnen und Kollegen.»

Supersortvon Roland Weidmann, 36,

Geomatiker

«Ich war schon erstaunt zu sehen, dass man mit 3D-Technik fast alles machen kann. Aber so lange am PC zu sitzen, bin ich mir nicht gewohnt: Ich arbeite als Geomatiker, da bin ich die Hälfte der Arbeitszeit draussen, mache Messun-gen und kümmere mich um Maschinen. ‹Supersort› ist die Maschine, die in der Deponie in Lufingen bei Kloten im Ein-satz ist. In meiner Diplomarbeit habe ich Drohnen-Aufnahmen der Deponie verwendet, und auf der anderen Seite auch das Innenleben der Maschine ani-miert. Wir waren an der EB Zürich eine super Gruppe, ich habe mich immer auf den Freitagnachmittag gefreut.»

The Rabbitvon Patrizia Wittmer, 30,

Grafikerin Print / Web

«Ich fand ‹Wenn schon, denn schon› und versuchte mich an einer Charakter-Animation. Dass ich mir damit nicht ge-rade die leichteste Aufgabe gestellt ha-be, war mir schon im Vorhinein klar. Um die Renderzeit etwas in Grenzen zu hal-ten, habe ich mich für einen trickfilmar-tigen Stil entschieden. Und trotzdem hat mein Rechner zwischendurch nicht mehr mithalten können. Aber es hat rie-sigen Spass gemacht, meinen Figuren Leben einzuhauchen. Die zwei Jahre an der EB Zürich waren extrem schnell vor-bei – schade eigentlich! Aber ich habe bereits die nächste Weiterbildung in Angriff genommen: Kommunikations- und Interaction-Design an der Höheren Fachschule in Bern.»

Draumurvon Jasmin Schierle, 22,

Hochbauzeichnerin, Tanzlehrerin

«Mich hat ‹Kosmonaut› sofort gepackt, eine Charakter-Animation aus einem früheren Bildungsgang. Ich sagte mir: Das will ich auch können. In ‹Draumur› erzähle ich die Geschichte eines träu-menden isländischen Malers. Dafür ha-be ich monatelang am Computer model-liert und animiert – und erst am Schluss gesehen, dass es wirklich passt. Die Ausbildung an der EB Zürich war sehr vielseitig, man hat einen Überblick über die vielen Techniken erhalten. Jetzt will ich noch einen Schritt weitergehen: Inzwischen wohne ich in Berlin, suche mir einen Job in der 3D-Branche und bereite mich auf die nächste Weiterbil-dung vor.»

3D-Grundlagen Einstieg/ Aufbau / BeratungEinfache 3D-Bilder und -Filme erstellen3D Figuren animieren /Architektur visualisierenKonkrete Anwendungen realisierenBildungsgang 3D-Visualisierung und -AnimationUmfassende Ausbildung mit neusten 3D-Werkzeugen

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

Visualisiert und animiertIn unserer Rubrik «Schaufenster» stellen wir Kursteilnehmende der EB Zürich mit Werken aus

ihren Ausbildungen vor. Den Start machen Diplomarbeiten aus dem Bildungsgang 3D-Visualisierung

und -Animation. Zu sehen sind die Videos unter eb-zuerich.ch/blog/abschlussarbeiten.

Fightopusvon Fabian Amstalden, 35,

Grafikdesigner, Mikrotechnik-Ingenieur

«Das Schönste ist, wenn die Leute an den richtigen Stellen lachen. Dann weiss man, dass die Charakter-Animati-on funktioniert hat. In maximal drei Se-kunden muss die Figur klar sein und der entscheidende Funken springen. Auch die Dramaturgie muss stimmen, damit die Story wirklich lustig wird. Das frisst sehr viel Zeit, der man irgendwann eine Deadline setzen muss – auch wenn man alles noch schöner, noch emotio-naler machen könnte. Im Bildungsgang haben wir viele Programme und Techni-ken kennen gelernt. Das kann ich per-fekt auf meine berufliche Situation übertragen und den Weg vom Techniker zum Grafiker weitergehen.»

AUF KURS BLEIBEN

SCHAUFENSTER

Page 15: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2
Page 16: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

30 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 31

Die Frage nach dem Wegschmeissen Ihrer Diasammlung kann ich erst nach einer persönlichen Sichtung Ihrer Sammlung seriös beantworten. Aber ich denke, dass Ihnen allein die Ferienerinnerungen wert sind, die Dias in die digitale Welt zu retten. Doch bevor Sie planlos irgendwie zu digitalisieren beginnen, können Sie sich ein paar relevante Gedanken zu diesem Vorhaben machen:

Sollen Sie die Arbeit selber machen oder dafür eine Dienstleistungs-firma beauftragen?

Entscheiden Sie sich, dies in Auftrag zu geben, empfehle ich Ihnen, zuerst wenige ausgesuchte Dias zu Testzwecken einscannen zu lassen, da Qualität und Preis sehr unterschiedlich ausfallen können.

Scannen Sie die Dias selbst, wird es richtig spannend! Die Auswahl an brauchbaren Scannern ist heute eher gering. Legen Sie Wert auf hohe Qualität, nehmen Sie besser Abstand von Flachbett-Scannern. Dia-Scanner bieten höhere Auflösungen, Schärfe und Dynamikumfang (mehr Details in dunklen und hellen Stellen), wie auch ein integriertes Colormanagement. Achten Sie unbedingt darauf, dass beim Scannen gleich Staub und Kratzer automatisch entfernt werden – dies erspart später viel Zeit und Ärger. Zur Auswahl stehen auch Scanner, die ein ganzes Magazin unbeaufsichtigt einscannen.

Was ist der Verwendungszweck (Bildschirm-Ausgabe, Fotoabzüge, Posterdruck) nach der Digitalisierung?

Einmal digitalisiert, stellt sich die Frage, wie Sie die Bilder weiter-verwenden und diese im Computer sinnvoll ablegen. Dafür empfehle ich Ihnen, ein Programme mit integrierter Datenbank zu verwenden. Bewährt hat sich das preiswerte Photoshop Lightroom von Adobe. Entwickelt für Fotografen, ist es ein ideales Werkzeug für Ihr Projekt. Stichwörter, Zeitstempel und Alben sind nur einige Organisations-mittel. Und nicht zuletzt können Sie, je nach Lust und Laune, damit Ihre digitalisierten Bilder drucken, mit einer lustvollen Diashow prä-sentieren, als Fotobuch ausgeben und bei Bedarf die Fotos noch weiter optimieren.

Jedes Mal wenn ich den Kasten in der Abstellkammer öffne, springen sie mich wie ein Vorwurf an: 32 Schachteln mit je 100 Dias aus der Zeit, als ich noch jung war. Hin und wieder nehme ich eines raus und halte es ans Licht und erinnere mich dann an meine ersten Ferien in Portugal. Schön, aber die Farben verblasst. Einen Projektor habe ich schon lange nicht mehr. Deshalb die Frage: Soll ich die Dias weg­schmeissen oder gibt es einen ver­nünftigen Weg, sie in die Gegenwart hinüberzuretten?

Nicole S., Baden

Von Rahmenbildern und Handy-Fotos

Analoge Daten ins digitale Zeitalter hinüberzuretten, ist nicht immer einfach. Der Spezialist

Erich Rebstein weiss Rat, wenn er darum geht, Bilder nachzubearbeiten und zu archivieren.

BERATUNG

Erich Rebstein ist Mitarbeiter der IT-Dienste der EB Zürich. Daneben vermittelt er sein profundes Wissen in Kursen rund um die Fotografie. Im vergangenen Sommer fotografierte er die Natur in Finnland.

Photoshop LightroomBilder verwalten und in Präsentationen einbauenFine Art PrintingMuseumstaugliche Bilder druckenBeratung «Digitales Bild»Individuelle Beratung vom Fachmann

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

AUF KURS BLEIBEN

Mein Handy­Kamera hat eine hohe Auflösung, ich kann die Bilder auch gleich bearbeiten. Warum soll ich überhaupt noch ein Bild­bearbeitungsprogramm auf dem PC benutzen?

Toni B., Seuzach

In der Tat, Handys, heute auch Smartphones genannt, haben sich in vielen Bereichen zu echten PC-Ersatzgeräten entwickelt. Staunend stel-le ich fest, dass diese Dinger qualitativ hochstehende Bilder erlauben. So stellt sich auch mir die Frage, welches Gerät für welche Aufgabe am besten geeignet ist.

Smartphones finden locker in jeder Tasche Platz, sind einfach in der Handhabung, bieten viele automatische Funktionen und Spezialef-fekte. Aufnehmen und Publizieren gehen locker Hand in Hand. Dabei denke ich an Instagramm, Twitter, Facebook und Co.

Die Arbeit an einem PC drängt sich auf, wenn Fotos retuschiert und dann mit einem Layoutprogramm wie InDesign weiterverarbeitet werden. Auch das Verwalten und Archivieren von grösseren Bildbestän-den ist auf dem PC um einiges einfacher. So toll die hohen Auflösungen der Smartphones heute auch sind – ein entspanntes, längeres Arbeiten ist damit aber kaum möglich.

Page 17: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

32 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 33

1. Das eigene Nutzungsverhalten reflektieren

Gute Anwenderkenntnisse erleichtern den Start: – Kenne und nutze ich selber bereits eBooks? Lese

ich auf einem mobilen Gerät? – Was spricht mich dabei an, welche formalen und

ästhetischen Vorlieben habe ich? – In welchen Programmen verwalte ich meine digi-

talen Produkte? (iBooks, Kindle, Calibre, Adobe Digital Editions)

– Kenne ich Bibliotheken wie iBooks, KindleforMac? Nutze ich .mobi- oder .epub-Produkte?

– Kenne ich Leute, die digitale Publikationen her-stellen? Oder Programme, die dafür nötig sind? (z.B. eMagStudio, iBooksAuthor)

2. Die Idee für die digitale Publikation klären

Grundsatzfragen weisen den Weg: – Welches Produkt möchte ich herstellen? Ein

eBook, ein Online-Magazin, einen Newsletter? – Ist meine Idee für ein digitales Produkt ausgereift? – Welche Zielgruppe habe ich vor Augen? – Welchen Nutzen soll mein Produkt erfüllen? – Wen soll mein Produkt wie erreichen? – Habe ich zeitliche Ressourcen fürs Schreiben,

Gestalten, Veröffentlichen? – Welche Inhalte möchte ich publizieren, was habe

ich bereits verfügbar? – Welchem Genre ist die Publikation zuzuordnen:

Belletristik, Kochbuch, Kinderbuch, Biografie, Erlebnisbericht und Abenteuer, Fachbuch, Comic, interaktive App …

– Ist das Produkt einmalig? Soll es Fortsetzungen haben?

– Schreibe ich unter dem echten Namen oder unter Pseudonym?

– Soll man die Publikation auch als echtes Buch kaufen können?

– Bin ich selber ein Verlag? Will ich mehrere Publi-kationen machen?

– Gibt es eine Geschäftsidee dafür, wie komme ich zu Inhalten auch von anderen Personen?

3. Sich mit den Eigenheiten von eBooks befassen

Für die Umsetzung braucht es spezifisches Know-how: – Welche Nutzungsmöglichkeiten muss ein Nutzer

haben: markieren, kommentieren, kopieren, ver-senden, ausdrucken?

– Welche Interaktivität muss möglich sein: variabler Textfluss, Zoomfunktionen, Volltextsuche?

– Hat mein Produkt interaktive Elemente? Verknüp-fungen, Musik, Filme, 3D-Objekte, interaktive Spiele?

– Reicht für meine Zwecke allenfalls ein interaktives PDF?

– Welches Endformat ist sinnvoll, wenn ich mein Produkt als Hardcover, Broschur und eBook aus einer einzigen Datei erstellen lassen will?

– Was eignet sich mehr für meine Zwecke: ein prop-rietäres Format (.iBooks, .mobi, .azw) oder ein all-gemeiner Standard (.pdf, .epub)?

– Kenne ich die Abläufe, um eine Publikation herzu-stellen?

– Kenne ich die Funktionen in einem Layoutpro-gramm, um eBooks herzustellen?

– Muss ich mir erst technisches Wissen aneignen? Woher? Bei wem?

4. Mögliche Unterstützung und Fremdleistungen prüfen

Experten beiziehen und Dienstleistungen auslagern führt schneller zum Ziel:

– Kenne ich jemanden, der bereits ein eBook publi-ziert hat? Mit welchen Erfahrungen?

– Brauche ich Unterstützung bei der Herstellung des Dokuments?

– Kann ich auf Angebote oder Personen zurückgrei-fen, die mir bestimmte Dinge erklären?

– Reichen mir Tutorials im Netz oder brauche ich eine Weiterbildung von Angesicht zu Angesicht?

– Möchte ich alles selber machen oder bestimmte Teile auswärts geben?

– Kenne ich fremde Dienstleister? Fachleute für Lek-torat, Gestaltung, Distribution?

– Ist es sinnvoll, mit einem Dienstleister zusammen-zuspannen?

– Was kosten verschiedene Publikationspakete? – Kenne ich Anbieter, Dienstleister, Verlage und

deren Angebote, Bedingungen, Kosten? – Mit welcher Plattform will ich publizieren?

Bei Amazon, bei Apple, bei andern Anbietern? – Kenne ich Alternativen für das eigene Publizieren:

www.tao.de (Körper, Geist, Seele), www.bookrix.de (Belletristik, Fantasy, Kinder- und Jugendbuch),

Digitale Publikationen und eBooks

eBooks überholen gedruckte Bücher auch in den Bestsellerlisten. Autorinnen und Autoren

bieten sich neue Chancen: Ein Laptop genügt, um eBooks im Alleingang herzustellen

und in einem Internetverlag zu publizieren. Für angehende eBook-Produzentinnen und -Produzenten

hier eine Checkliste in 6 Schritten: zusammengestellt vom Büchermacher und Verleger

Fritz Franz Vogel, der an der EB Zürich Kurse für die Produktion von eBooks erteilt.

Elektronisch publizieren: Ein ÜberblickBeurteilen, was es für ein eigenes eBook brauchtiBooks-Author – in Eigenregie zum eBookEin eigenes eBook erstellen und veröffentlichen mit iBooks AuthorInDesign: GrundlagenDrucksachen gestalten und für den Druck vorbereitenAtelier oder Beratung «Drucksachen gestalten»Technische und gestalterische Hürden mit Unterstützung überwindenPDF und PräsentationenDaten für den Druck und für Präsentationen aufbereiten

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

www.bod.de (Belletristik, Kochbücher u.a.), www.blurb.de (Fotobücher, Bild-bände, Kunst), www.tigercreate.com (animierte Kinderbücher)

– Kenne ich Alternativen für ganze Verlagslösungen: www.tredition.de, www.openpublishing.com, www.readbox.net, www.winterwork.de, www.feiyr.com

– Brauche ich Informationen zum digita-len Publizieren: www.ebookboss.de

SERVICE

AUF KURS BLEIBEN

Page 18: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

34 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 35

5. Gestaltung festlegen

Eine attraktive Aufmachung ist mindestens so wich-tig wie der Inhalt:

– Schwebt mir eine bestimmt Form vor? – Welche Schriften wähle ich? Was ist eine gute

Gestaltung? – Wie kann ich die Darstellung bei einem eBook

überhaupt beeinflussen? – Wie umfangreich ist das Buch? – Kenne ich den sinnvollen Buchaufbau? Titelseite,

Impressum, Inhaltsverzeichnis, Index? – Welchen Anteil Bilder und/oder Grafik hat die

Datei? – In welchem Format liegen die Bilder vor? Muss ich

diese bearbeiten? – Muss ich Bildmaterial herstellen lassen? – Kenne ich die Rechtslage, falls ich Fremdbilder aus

dem Internet nutze? – Ist der Text fertig und korrigiert? Wer übernimmt

das Lektorat? – Welche formalen Qualitäten muss mein eBook

aufweisen? Umfang, Auflösung etc.? – Welches Format soll meine Publikation haben?

.pdf, .mobi, .epub, .azw? – Soll mein Inhaltsverzeichnis interaktiv sein,

sodass man auf Anker springen kann? – Mit welchem Programm arbeite ich? Word,

InDesign, einem andern Texteditor wie Scrivener oder Jutoh (englisch)?

6. Geschäftsmässiges und Vertrieb durchdenken

Wie das Endprodukt zum Leser findet – und umge-kehrt:

– Sollen meine Produkte etwas kosten? Wenn ja wie viel?

– Bin ich besser bedient mit einem billigen oder einem teuren Buch?

– Wer soll mein Buch kaufen? Wo soll es gelistet sein?

– Gibt es Werbemöglichkeiten? Was kann ich selber tun?

– Gebe ich mit meinem Buch die Rechte an den Verlag ab?

– Was ist eine ISBN? Wer besorgt mir diese? Zu welchen Kosten?

– Brauche ich überhaupt eine ISBN? Brauche ich einen Barcode? Was ist eine ASIN?

– Brauche ich ein Impressum und was steht da drin? – Wer stellt mein Endprodukt auf die verschiedenen

Vertriebsplattformen? – Wo muss man zwingend vertreten sein? Genügt

Amazon? – In welcher Sprache erscheint die Publikation?

In welchen Ländern soll sie erhältlich sein? – Wer macht Werbung? Wie, über welche Kanäle? – Wer schreibt einen guten Klappentext? – Wie findet man meinen Titel, meine Verlags-

produkte? – Welche Suchstrategien sind nützlich? Welche

wende ich selbst an? – Sollen Lesungen stattfinden? Buchpräsentationen? – Lohnt sich das Verhältnis zwischen Aufwand und

Ertrag?

Spielumfang: 18 Karten mit je 2 Sicherheitsfragen (Karten ausschneiden). 2 Jokerkarten, womit Sie spontan eigene (beantwortbare) Fragen formulieren dürfen. Wenn Sie möchten, dürfen Sie zusätzlich einen Telefonjoker (Freunde, Verwandte) vereinbaren, den Sie bei Unsicherheit zweimal anrufen dürfen.

Karten ausschneidenEine Siegprämie (z.B. angenehme Offline-Aktivitäten) aushandelnZwei Spielfiguren an der Start setzenKarten mischen und auf einen Stapel in die Mitte legenDer Spieler / die Spielerin, die weniger Zeit online verbringt, beginnt; hebt die oberste Karte ab, wählt eine Frage aus und schreibt die korrekte Antwort auf einen Zettel.Er oder sie liest die Frage seinem Gegenüber vor, dieses muss die Frage beantwortenIst die Antwort richtig (bitte nicht pingelig sein!), so darf der Antwortende seine Spielfigur ein Feld vorziehen und bekommtdie nächste Frage gestelltIst die Antwort falsch, ist der andere mit Antworten am Zug; er bekommt eine Frage auf der nächsten Karte gestelltAnekdoten rund um richtige und falsche Antworten erzählen erwünschtBei Jokerkarten zählt die richtige Antwort doppelt (2 Felder)Wer als Erster seine Figur ins Ziel rücken kann, hat den Zugang geknackt und darf die Siegprämie einheimsen.

Wie gut kennen Sie Ihren Partner? Gut genug, um auch seine Zugangsdatenzu knacken? Wir haben einige der

gängigsten Sicherheitsfragen im Internet ausgewählt unddaraus ein Partnerspiel gebastelt.

Das Ziel: Wer die Antworten des anderen besser kennt, erhält als erster Zugang zum Account, sprich eine vorher zu vereinbarende Siegprämie. Ganz nebenbei werden Sie dabei einiges erfahren, was Sie noch nicht über Ihren Partner oder Ihre Partnerin gewusst haben. Bei «Phishing» geht’s ja nicht um Fisch, sondern um den Versuch, an persönliche Informationen zu gelangen. Und vielleicht können Sie sogar Komplimente einheimsen für das, was Sie alles über sie / ihn wissen.

36 Phishing-Fragen

So wird gespielt

Page 19: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

36 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 37

Wie hiess Ihr bester Freund, als Sie Teenager waren?

Wie hiess Ihr erstes Haustier?

Was war das erste Gericht, als Sie kochen lernten?

Was war der erste Film, den Sie sich im Kino anschauten?

Was war das Ziel Ihrer ersten Flugreise?

Wie hiess Ihr Lieblingslehrer in der Grundschule?

Was ist Ihr Traumberuf?

Was ist Ihr Lieblingskinderbuch?

Was war das Modell Ihres ersten Motorfahrzeugs?

Welchen Spitznamen trugen Sie als Kind?

Wer war Ihr Lieblingsfilmstar, als Sie zur Schule gingen?

Wie hiess Ihre Lieblingsband oder Ihr Lieblingssänger zur Schulzeit?

Wo haben sich Ihre Eltern kennengelernt?

Wie hiess Ihr erster Vorgesetzter?

In welcher Strasse sind Sie aufgewachsen?

Wie heisst der erste Strand, den Sie jemals gesehen haben?

Was war das erste Musikalbum, das Sie kauften?

Wie heisst Ihre Lieblingssportmannschaft?

Wie lautet der Geburtsname der Mutter?

Wie hiess Ihre Lieblingsband oder Ihr Lieblingssänger zur Schulzeit?

Ihr Lieblingsfilm?

Wie heisst Ihr Haustier?

Wie lautet der Vorname der Person, die Sie als erste geküsst haben?

Wie lautet der Name des Lehrers, der Ihnen die erste ungenügende Note gegeben hat?

Wie heisst der Ort, an dem Ihre Hochzeit stattfand?

Wie heisst die Stadt, in der Sie geboren wurden?

Was war die Marke und das Modell Ihres ersten Autos?

Wie lautet der Vorname Ihres Grossvaters mütterlicherseits?

Wo wohnt jener Geschwisterteil, der am nächsten von Ihnen wohnt?

Wie hiess Ihre erste Puppe oder Ihr erstes Sofftier oder Ihre erste Actionfigur?

Zu welcher Tageszeit sind Sie geboren?

Was war Ihr Lieblingsplatz als Kind?

Was wäre das Land für Ihren absoluten Traumurlaub?

Wie hiess Ihr Lieblingslehrer?

Was ist Ihre Augenfarbe?

Was ist Ihr Lieblingssport?

JOKER

Page 20: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

38 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 39

«Selfi e» kommt von «Es-sich-selber-ma-chen»: In den 70ern war damit im um-gangssprachlichen Englisch noch die körperliche Selbstbefriedigung gemeint, heute (nur noch) die mediale. 2013 hat der Ausdruck Eingang in den Oxford English Dictionary gehalten: «Ein Photo, das jemand von sich selbst macht, typi-scherweise mit einem Handy oder einer Webcam, und über soziale Medien ver-teilt.» Und im November 2013 hat der Oxford Dictionary das Selfi e sogar zum «Wort des Jahres 2013» gekürt.

Längst ist das Selfi e zum narzissti-schen Massenphänomen geworden. Es lässt Menschen vor der Linse die wunder-

Selfi es: Neckisches Spiel mit sich selbst

Selbstbespiegelung auf Armlänge. Eigentlich ist das Selfi e nur die Fortsetzung von

etwas Uraltem mit neuen technischen Mitteln; dem Hang des Menschen zur Selbstdarstellung.

Die fotografi schen Vorläufer hiessen Spiegelselbstporträt, Sofortbild oder Automatenfoto.

EB Navi ist dem Phänomen nachgegangen.

Text Christian Kaiser, Fritz Franz Vogel Bildrecherche Fritz Franz Vogel

samsten Dinge tun. Heute ist das Selfi e auch nicht mehr nur ein Selfi e, sondern es hat schon die absurdesten Kinder geboren: Suglie (das hässlichste Selfi e), Dronie (ein mit einer fl iegenden Droh-ne geschossenes Selfi e) oder das Ussie (ein Gruppen-Selbstporträt) heissen einige der neusten Wortschöpfungen. Die Selfi e-App Instagram, die es auch ermöglicht Selfi es via soziale Netzwer-ke wie Flickr, Twitter oder Facebook zu verbreiten, soll inzwischen weit über 150 Millionen Nutzer haben, die jeden Tag 20 Millionen neue Bilder in den digitalen Orbit schicken.

PORTFOLIO

Page 21: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

40 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 41

Selfie, Belfie oder Shelfie?Die Schamgrenzen scheinen sich dabei im Nirgendwo aufzulösen, wie ein Blick auf einige der beliebtesten Selfie-Trends 2014 zeigt: Dazu gehören etwa das After-SexSelfie, das Belfie (der eigene Hintern im Spiegel, von engl. butt), das Bifie (ein Selfie im Bikini) oder das Shower-Selfie (unter der Dusche). Letzteres darf nicht verwechselt werden mit dem Shelfie (von engl. shelf, dem Regal), denn dieses bezeichnet die Selbstdarstellung anhand von Objekten auf Bücherregalen, Fens-tersimsen oder Bürotischen.

Auch ist heute niemand mehr davor sicher, dass seine DuringSex- oder Nackt-Selfies auf irgend einem Computer oder einem Handy gehackt und crossmedial verbreitet werden, wie das kürzlich eini-gen Vertreterinnen und Vertretern der amerikanischen Prominenz passiert ist.

Früher war das ziemlich anders: Die Sofortbildkamera SX 70 von Polaroid, man beachte den Namen, war eigens dafür entwickelt worden, dass niemand die Selbst-Fotos aus dem Schlafzimmer oder von heiklen Körperpartien zu Ge-sicht bekam. Dank Sofortentwicklung des Polaroid-Bildes ersparte man sich den Gang ins Fotogeschäft und peinliche Situationen: Weder der Fotoladenbesitzer um die Ecke noch sein Laborant sollte sich ein Bild davon machen können, was da in den eigenen vier Wänden ablief.

Pola-Effekte für DigitalbilderUnd trotzdem ist das Polaroid-Foto natür-lich ein analoger Vorläufer des digitalen Selfies: Pola-Kamera auf Armlänge vors Gesicht halten und Klick. Dann die zwi-schen Daumen und Zeigefinger einge-klemmte Aufnahme etwas durch die Luft schwenken, bis die Entwicklerflüssigkeit unter der Schutzschicht allmählich erste Konturen und Farben zu Tage fördert – und fertig war das (analoge) Selfie der 70er und 80er.

Das waren noch Zeiten, als die Entste-hung eines Selbstporträts eine sinnliche Erfahrung war! Ja, die Sinnlichkeit – man versucht sie im Zeitalter digitaler Perfek-

Kein Wunder also, dass bei Instagram dafür zahlreiche Filter zur Verfügung stehen und dass sich auch das quadrati-sche Format der Bilder bei Instagram an den analogen Kameravorbildern Pola-roid und Kodak Instamatic orientiert.

Fotografische Selbstaufnahmen gibts also nicht erst, seit jeder ständig sein drittes Auge in Form von Handy mit Vor- und Rückseitenlinse, Digitalkamera oder Webcam dabei hat. Das digitale Selfie setzt nur eine lange Tradition fort. Eine der ersten Fotografien überhaupt war ein Selfie: 1840 stellte sich Hippolyte Bayard als aus der Seine gezogener Ertrunkener dar, nachdem er erfahren hatte, dass die Erfindung der Fotografie seinem Konkur-renten Daguerre zugesprochen wurde statt ihm. Und davor? Das Bedürfnis, sich selber abzubilden und sich anhand des eigenen Bildnisses wahrzunehmen und zu zeigen, dürfte fast so alt sein wie die Menschheit selbst (siehe Höhlenmalerei).

Selbstbespiegelung durch die LinseVor der Erfindung des Selbstauslösers musste dafür allerdings ein Spiegel her-halten (oder eine Wasseroberfläche). Das Spiegelselbstporträt schummelt nicht: Es beweist quer durch die Fotogra-fiegeschichte, dass die abbildende und die abgebildete Person identisch sind. Das Spiegelbild ist die Rückversicherung, dass man just in diesem Moment exis-tiert. Auch heute noch werden viele digi-tale Selfies vor dem Spiegel produziert. Denn das Spiegelselbstporträt hat noch weitere Vorteile: Im Gegensatz zum «normalen» Selfie ist die Perspektive auf einen selber nicht auf eine Armlänge reduziert – und es setzt den fotografi-schen Akt selbst mit ins Bild.

Eine weitere technische Möglichkeit für das analoge Selfie boten die Fotoauto-maten: Sie waren für viele Schülerinnen und Schüler, die in den 80er oder 90er Jahren zur Schule gingen, vergnüglicher Zeitvertreib schulfreier Nachmittage. Spannend daran war das Überraschungs-moment: Bis man den säuerlich riechen-den, von warmem Föhnwind getrockne-

ten Fotostreifen anfassen und begutach-ten durfte, dauerte es immer einige Mi-nuten.

Jeder (s)ein MeisterDas Selfie taugt also gut als Sinnbild da-für, dass die Digitalisierung einfach eine Entwicklung fortschreibt, welche schon früher angelegt war. Neu daran ist nur das Massenphänomen: dank neuer Tech-nologie und unglaublicher Verbreitungs-macht der sozialen Medien. Die mensch-lichen Sehnsüchte und Bedürfnisse da-hinter sind dieselben geblieben. Wer es sich leisten konnte, liess sich schon bei den alten Griechen in Stein meisseln oder in der Renaissance von einem Meister in Öl auf Leinwand bannen. Schon damals hat das Medium die Realität gern etwas beschönigt. n

tion von x Megapixeln wieder künstlich herzustellen. Mit Verfremdungstechni-ken, welche die neuen Bilder auf alt, weichgezeichnet oder überbelichtet ma-chen. Apps wie Hipstamatic machen es möglich: Lichteinfall, Farbfehler, Aus-bleichen, ausfransende Ränder – alles kein Problem.

So alt wie die FotografieSolche für alte Sofortbild- und Kompakt-kameras typischen Effekte bringen uns auch etwas von der Wärme und der Imperfektion der analogen Zeit zurück.

Porträt-Fotografie mit der DigitalkameraTechnik, Stimmungen, Bildwirkung für Porträt-AufnahmenDigitale Fotografie: Einstieg und AufbauDie Vorteile der digitalen Fotografie ausloten und nutzenIch und die FotografieDie eigene Bildsprache entwickeln und anwendenAtelier BildkommunikationMit einer Fachperson fotografische Projekte planen und umsetzen

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

AUF KURS BLEIBEN

Das Fotokonzept: Sich selbst ins Bild setzen – analog und digital

Die preisgekrönte Zürcher Fotografin Miriam Künzli hat für die Bildstrecke im EB Navi ihr Netzwerk mobilisiert: Sie hat Freunde und Bekannte darum gebeten, sich fotografisch selbst darzustellen und etwas über ihren persön-lichen Bezug zum Selfie auszusagen. Sowohl mittels digitaler Technik als auch mit analogen Mitteln. Einige ihrer Fotografenfreunde haben sich im Spiegel mit einer analogen Hasselblad-Mittelformatkamera selbst porträ-tiert (➝ Seite 46), andere haben sich für ein klassisches Sofortbild entschie-den, wobei es mittlerweile nicht ganz einfach ist, für eine Polaroidkame-ra überhaupt noch (qualitativ gute) Filme zu bekommen (➝ Seite 44–45).

Nach wie vor 1-a-Qualität in Schwarzweiss liefert der analoge Foto-automat am Zürcher Goldbrunnenplatz, der seit einer halben Ewigkeit dort steht – und das Shooting im Kasten scheint immer noch Spass zu machen (➝ Seite 42–43). Die grosse Mehrheit entschied sich jedoch – ganz in der Tradition des vordigitalen Zeitalters – für ein digitales Spiegelbild, wobei einige nicht auf die attraktiven Verfremdungs- oder Solarisationseffekte alter Kameras oder abgelaufenen Filmmaterials verzichten wollten. Aber dafür gibts ja heute Apps (➝ Seite 47–50).

Miriam Künzli selbst fährt auf Purikura ab: Das sind digitale Fotoautoma-ten in Japan, die einen auf verschiedenste Art und Weise verschönern und verschnörkeln können. «Purikura macht süchtig», sagt sie. Hightech-Bildbearbeitungstechnik lädt dabei zu Spielereien ein: Man kann sich die Haare ondulieren, eine Brille aufsetzen und von Facelifting über Nasen- und Augenveränderungen jede erdenkliche Schönheitsoperation durch-führen (➝ Seite 51).

Typisches Selfie um 1930: Selbstporträt im Spiegel (anonym, Sammlung Krause, Berlin)

Page 22: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

4342 EB NAVI #2

Florian Trepp, 32, Zürich (mit Mila 1) «Streifen aus dem Photoautomat sind eine Erinnerung auf die Hand. Ich habe nur vier Möglichkeiten

und nicht so unendlich viele, die ich wieder lösche.»

Jasmin Eggenberger, 21, Zürich, und Kadi Nekkaz, 22, Zürich

«Die Passfotostreifen sind eine handfeste Erinnerung, die man teilen kann.»

Anna Wälli, 33, Zürich, und Sara Birchler, 32, Zürich «Die Fotos halten

einen gemeinsamen Moment fest,

sie begleiten einen ein Leben lang und erinnern an unsere Teeniezeiten.»

Jasmine Wasmer, 16, Wetzikon, und Persefoni Blantas 16, Opfi kon «Für uns sind

diese Art von Selbstporträts speziell, weil es schwarzweiss und so alt ist und nicht so 0815.»

Saskia Röthlisberger, 35, Zürich «Unvergessliche Photoautomatenporträts

zu machen, war in der Teeniezeit Mittwochnachmittagprogramm.»

(von links nach rechts) Frank Hüber, 34, Zürich «Taking an image, freezing a moment, reveals

how rich reality truly is.» (Zitat Anonymous) Daniel Münderlein, 35,

Osnabrück «A photograph is the pause button on life.» (Zitat von Ty Holland)

Amir Bittner, 34, Ulm «The whole point of taking pictures is so that you

don’t have to explain things in words.» (Zitat von Elliott Erwitt)

Susanne Völlm, 40, mit Beda 4, Zürich «Die alten Passfotos erinnern

mich an meine Teeniezeit. Man konnte kleine Geschichten machen

auf einem Serienbogen. Gegenseitig sammelten wir die Bilder und es ging

darum, von möglichst vielen Leuten ein Passfoto zu haben; so ein bisschen

der lustige und freche Vorgänger von Facebook, nur analog.»

Page 23: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

44 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 45

Amede Berli, 23, Zürich «Bei Porträts mit einer Polaroid-kamera nimmt man sich mehr Zeit, es wird nicht einfach draufl os geknipst.»

Laila Borghi (links), 19, Zürich «Die Zeit, die es braucht, bis das Polaroid fertig entwickelt ist, macht diese Art von Spassfotografi e sehr spannend und es ist lustig zu sehen, was dabei herauskommt.»Andrina Caduff (rechts), 18, Zürich «Polaroids haben und vermitteln eine ganz eigene Stimmung.»

Ati Akkan, 21, Ennenda, und Olivier Maurer, 21, Richterswil «Polaroids von sich zu machen, ist eine coole Idee, um sich an einem speziellen Ort zu zeigen.»

Hossain Vered, 32, Zürich «Polaroids machen ist lustig, es ist alt und neu zugleich.»

Rocco Picuccio, 53, Wädenswil «Porträts mit Polaroid-material machen einfach Spass.»

Zoë Bürgi, 19, Eglisau «Polaroidkameras sind etwas Nostal-gisches, und die Art und Weise, wie man einen Moment fest-halten kann, ist lustig.»

Page 24: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

46 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 47

Andreas Eggenberger, 42, Fällanden «Bei zig Porträts, die man als Fotograf macht, erzählt man seinem Gegenüber,

wie einfach es sei vor der Kamera. Wenn ich mich dann selber inszeniere, merke ich, wie schwierig diese Herausforderung tatsächlich ist.»

Roberto Crevatin, 41, Winterthur «Ich nutze Selbstporträts weniger zur Selbst darstellung, sondern mehr als eine Möglichkeit, ein entdecktes Motiv durch meine Einbindung spannender zu gestalten. Oft wären die Bilder ohne Spiegelung meiner selbst auch völlig uninteressant. Seit ich aus spielerischem Reiz damit begonnen habe, hat sich der Blick auf geeignete Situationen und Motive geschärft, was mir generell in meinem fotografi schen Schaffen Mehr-

wert bringt. Auch das Ver-ständnis und die Vorstellung, was ein Model vor der Kamera liefern kann, ist gewachsen, da gute Selbstportäts aus der Hand mitunter gar nicht so ein-fach zu bewerkstelligen sind. Ich arbeite bevorzugt mit Spie-gelungen aller Art und auch mit Eigenschattenmotiven».

Page 25: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

48 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 49

Frederik Linke, 38, Zürich «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.»

Florian Streit, 39, Zürich «Spieglein, Spieglein an der Wand. Es ist interessant zu experimentieren.»

Tom Walder, 24, Wallisellen «Ich pumpe täglich und zeige meinen Freunden auf FB gerne, wie toll in Form ich bin.»

Samuel Künzli, 69, Zürich «Ein Selfi e ist für mich die Möglich-keit, situationsgebunden ein Foto zu machen ohne Qualitäts-ansprüche und für den Augenblick, wenn ich keine andere Kamera zur Hand habe.»

Johanna Bossart, 37, Zürich «Selfi es mache ich, um mich später besser an meine Stimmung an diesem Ort in diesem Moment zu erinnern.»

Linda Wyss, 26, Bern «Bei einem Selbst-porträt im Spiegel denke ich an die unzähligen Personen, die vorher in den gleichen Spiegel geschaut haben. Spannend ist die Veränderung des Gesichts durch die Oberfl äche des Spiegels.»

Ueli Christoffel, 37, Zürich «Das coole am Sich-selbstporträtieren ist, dass man sich dabei mit niemandem als sich selbst unterhalten muss.»

Iwan Schauwecker, 34, Zürich «Im Selfi e spiegelt sich nicht nur unser Antlitz, sondern auch das Zeitalter des über-schätzten Ichs.»

Markus Forte, 37, Zürich «Selbstporträts sind nicht leicht, ich stehe lieber hinter der Kamera.»

Page 26: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

50 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 51

Miriam Künzli, 38, Zürich «Purikura macht süchtig.» Otto Künzli, 66, München «Man kann die Porträts mit Stempeln und Texten ausstatten, die Hintergründe wechseln, sich die Haare

ondulieren, eine Brille aufsetzen und von Facelifting über Nasen- und Augenveränderungen jede erdenkliche Schönheitsoperation durchführen.

So richtig Spass macht mir dies nur mit meiner Tochter Miriam.»

Dominique Baumann (links), 19, Uster „Mit Selfi es kann man sich selbst ironisieren.“Pia Böhme (rechts), 18, Männedorf „ Wenn ich nicht den richtigen Smiley habe, schicke ich ein Selfi e.“

Fatime Ajrov, 26, Zürich «Ich mache ständig Fotos – und Selfi es sind einfach super.»

Julian Lindt, 26, Zürich «Selfi es sind für mich lustige Momentaufnahmen, um sie zu verschicken und wieder zu vergessen; ich lade sie nie auf meinen Computer.»

Larissa Di Feo, 18, Uster «ich fi nde Selfi es super und benutze sie für Snapchat.»

Page 27: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

52 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 53

Es war wie ein kleines Wunder. Meine heutige Verle-gerin Sabine Dörlemann kam vor fünf Jahren an der Frankfurter Buchmesse auf mich zu und fragte mich, ob sie mein Manuskript lesen dürfe. Es war die ideale Situation, die man eigentlich nie erlebt als Autor. Ich versuchte, so cool wie möglich zu tun, aber innerlich bebte ich. Wir hatten eigentlich gar keine Ruhe, wir standen mitten im Gewusel der rie-sigen Messehalle 4 und konnten uns zwischen den Leuten, die an uns vorbeihetzten, gerade so verstän-digen. Ich sagte, ja, das Manuskript gebe es, und sie dürfe es selbstverständlich lesen. Das war vor fünf Jahren, und in der Zwischenzeit habe ich zwei Bücher im Dörlemann Verlag herausgegeben. Im nächsten Frühling wird das dritte erscheinen.

Kurz vor jenem Gespräch hatte ich für einen Text einen Förderbeitrag des Kantons Zürich be-kommen. Sabine Dörlemann hatte davon erfahren und war neugierig auf meinen Text. Es ist etwas vom Schwierigsten als Autor, den Fuss in der Türe zu haben, den Sprung zu einer Publikation zu schaffen. Nachher ist es viel einfacher. Es braucht auch Glück, aber sicher nicht nur. Ich hatte schon länger auf eine Buchpublikation hingear-beitet und versucht, mein Manuskript bei anderen Verlagen unterzubringen – leider ohne Erfolg. Ausgerechnet beim Dörlemann Verlag hatte ich es nicht ver-sucht, da dieser Verlag bis anhin kaum Schweizer Autoren verlegte. Ich hatte

nicht gewusst, dass der Verlag in jenen Tagen be-schloss, vermehrt Bücher aus der Schweiz zu publi-zieren.

Zuvor war ich unter anderem als Lektor in ver-schiedenen Zürcher Verlagen tätig und unterrichtete an Schulen Deutsch. Geschrieben habe ich eigent-lich immer, schon während des Germanistikstudi-ums. In den Neunzigerjahren hatte ich an der Lese-reihe Holozän der ETH Zürich eine erste Lesung vor Publikum. Dann schrieb ich viele Jahre lang für mich, aber nie in der grossen Hoffnung auf eine Pub-likation. Es war gut, dass ich mir die Zeit liess und nicht direkt auf die Veröffentlichung schielte. In jener Zeit konnte ich ganz viele Sachen ausprobieren und wieder verwerfen – das Verwerfen ist sehr wich-tig für einen Autor. Es braucht einfach Jahre, das habe ich offenbar verinnerlicht. Einen Roman traute ich mir damals noch nicht zu; ich arbeitete vor allem an kürzeren Prosastücken. Es gibt im ersten Buch

Teile, die schon recht früh ent-standen sind und die man archäo-logisch zurückverfolgen könnte.

Ich brauchte einige Zeit, um mich wie selbstverständlich Au-tor zu nennen. Bei jenem ersten Gespräch mit der Verlegerin hatte ich plötzlich die Gewissheit, dass das, was ich schreibe, etwas wert ist. Nie vergessen werde ich auch die 15 Sekunden, als mir klar wur-de, dass ich 2013 den Schweizer Buchpreis gewonnen hatte – für mein Buch Carambole. Ich ging relativ ruhig dorthin, weil ich dachte, jemand anderer sei der Favorit. Als ich dort in der ersten Reihe des Basler Theaters sass, mein Name fiel und ich sekundenlang vom Blitzlicht der Fotografen geblendet wurde, war es ein extrem surrealer Moment. Es hat meinen Alltag als Autor komfortabler gemacht, dass ich die-sen Preis gewonnen habe. Es ist einfacher geworden, mich dem Schreiben zu widmen.

Am Anfang ging ich beim Schreiben vor allem von der Sprache aus, doch immer mehr faszinieren mich Situationen, die man zu einer Geschichte machen kann. Ich betreibe eine eigene Website und einen Blog, auf dem ich mit Textformen spiele und auch spannende Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern erhalte. Das verändert meinen Blick auf meine Texte oft noch zusätzlich. Zu meinem letzten

Roman habe ich einen Nachtrag geschrieben, auf die Website gestellt und das Buch auf diese Weise medi-al ins Internet verlängert. Ab und zu nehme ich mir auch die Freiheit heraus, meine bereits gedruckten Texte während Lesungen oder für die Audioversion auf dem Internet abzuändern. Auch wenn es ziem-lich anstrengend ist, eine Geschichte voranzutrei-ben, ist es doch der Teil der Arbeit, der mich am meisten interessiert. Ich habe noch so viele Ideen, teils im Kopf, teils auf Entwurfsblättern. Ich möchte in Zukunft neben den Romanen noch ganz verschie-dene Textsorten umsetzen. Ich arbeite an einem Kinderbuch, es würde mich reizen, ein Theaterstück zu schreiben, und vor kurzem ist mein erstes Hör-spiel am Radio gesendet worden. n

Jens Steiner, geboren 1975 in Zürich. Er studierte Germanistik und Philosophie, arbeitete später

sechs Jahre lang als Lehrer und als Lektor. Heute lebt er als Autor. 2013 erhielt Steiner den Schwei-

zerischen Buchpreis für sein Buch «Carambole», dem die Jury « grosse poetische Kraft» attestierte. Steiners Beschreibungen von Schuld und Scham in

einer Dorfgemeinschaft klängen ungerührt und berührten gerade dadurch. Jens Steiner wirkte

auch schon als Gastreferent im Bildungsgang «Literarisches Schreiben» an der EB Zürich.

Seine Bücher

Hasenleben (2011) und Carambole (2013), beide erschienen im Doerlemann Verlag.

www.jenssteiner.ch

Zu meinem letzten Roman habe ich einen Nachtrag geschrieben, auf die Website gestellt und das Buch auf diese Weise medial ins Internet verlängert.

15 MINUTEN, DIE MEIN LEBEN VERÄNDERTEN

Jens Steiner: Das Verwerfen

ist wichtigAufgezeichnet von Susanne Wagner

Bild Reto Schlatter

Page 28: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

54 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 55

Zum Abschluss des ersten Kurstages er-halten die Teilnehmenden des Kurses «Attraktiv und verständlich schreiben» eine Hausaufgabe. Sie sollen bis in einer Woche eine Zusammenfassung eines Zei-tungsartikels über die touristische Ent-wicklung in den Berggebieten schreiben und diesen danach auf die Lernplattform «Moodle» hochladen. Sie haben jederzeit Zugang auf diese webbasierte Plattform, wenn sie über eine Internetverbindung verfügen. In den zwei Wochen , die bis zum nächsten Kurstag in Präsenz noch bleibt, sollen die Teilnehmenden dann je drei Kolleginnen und Kollegen eine Rückmeldung auf deren Lösung geben – ein sogenanntes Peer-Review-Verfahren. Am zweiten Kurstag, werden im Plenum die Texte und Rückmeldungen bespro-chen. Daraus entsteht eine Checkliste, was in einer guten Zusammenfassung stehen muss.

Analog und DigitalBlended Learning wird dieses Lernsetting genannt, bei dem sich Präsenzveranstal-tung mit Onlinephasen abwechseln und verbinden. Diese Form des Lernens wird heute vielerorts praktiziert, weil sich in ihr bewährte Lehrszenarien mit neuen Ele-menten des vernetzten Lernens verbin-den lassen. In den Präsenzphasen ist der unmittelbare soziale Austausch möglich, die Lernenden lernen einander kennen, trinken in der Pause miteinander Kaffee, diskutieren im Kurs intensiv über Fach-fragen. So entsteht ein Vertrauen, ohne das gemeinsames Lernen kaum möglich zu sein scheint. Wenn die Teilnehmenden

dann online an ihrem Computer lernen, haben sie ein Bild von den andern und sind mit diesen verbunden. Gleichzeitig profitieren sie vom Vorteil des Onlineler-nens und können ihre Aufgaben dann er-ledigen, wenn sie dafür Zeit haben.

Vielfältige Lernformen möglichLernplattformen gibt es verschiedene: kommerzielle Produkte von kommerziel-len Softwarefirmen oder eben «Moodle», ein weit verbreitetes Open-Source-Pro-dukt. All diese Lernplattformen bieten weit mehr Möglichkeiten, als eingangs skizziert wurde. «Es braucht einiges an didaktischem Wissen, um all diese Formen sinnvoll in einen Kurs einzubin-den», sagt Miriam Fischer, die an der EB Zürich für die Entwicklung des elekt-ronisch unterstützen Lernens verantwort-lich ist. «Technisch ist vieles möglich. Zentral für den Erfolg einer Blended-Learning-Veranstaltung aber ist eine gute Moderation.»

Dieselbe Ansicht vertritt auch Ricarda T.D. Reimer, Leiterin der Fachstelle Digi-tales Lehren und Lernen in der Hoch-schule an der Pädagogischen Hochschule Fachhochschule Nordwestschweiz. «Nur weil ein Tool zur Kommunikation online zur Verfügung steht, ist ein Diskurs noch nicht angeregt..» Der Erfolg oder Misser-folg einer bestimmten Intervention lässt sich auch in Zahlen ablesen. Ein Proto-koll kann Aktivitäten der Teilnehmenden festhalten, «so kann man erfahren , wel-che Intervention positive Lernanstren-gungen auslöst», so Reimer. Professionell umgesetzte Blended-Learning-Veranstal-tungen sind nur mit einem beschränkten Teilnehmendenkreis möglich, da sie für die Präsenzphasen ein genügend grosser Raum benötigt wird.

Bildung für alleEinen physischen Raum brauchen die so-genannten MOOCs nicht. Diese Massive Open Online Courses sind unter ande-rem auch dadurch entstanden, weil die Hörsäle in Universitäten und Hochschu-len ständig überfüllt waren. Kurzfristig übertrug man eine Vorlesung mit Video in einen zweiten Raum. Aber schnell kam die Idee auf, die Aufnahmen solcher Lehrveranstaltungen einem noch grösse-ren Publikum zugänglich zu machen und sie ins Netz zu stellen. So vermittelte Inhalte konnte plötzlich unabhängig von Ort und Zeit aufgesogen und angeeignet werden.

Einer der Pioniere in Sachen MOOC ist der deutsche Professor Sebastian Thrun, der an der Stanford University in

Digitales Versprechen:

Lernen wird einfacher

Text Fritz Keller

Blended Learning mit MoodleLernszenarien mit Moodle planen und umsetzenLerncoaching professionell gestaltenLernende beim Selberlernen unterstützenBeratung «Blended Learning»Individuelle Tipps von der Fachfrau

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

Mit der digitalen Vernetzung werden neue Lernformen möglich: Mobile Learning,

Blended Learning, MOOCs. Machen sie das Lernen einfacher, intensiver, nachhaltiger?

Während sich einige dieser Formen schon bewährt haben, stossen andere eher auf Skepsis.

Ein Überblick.

DIGITAL ÜBERALL

AUF KURS BLEIBEN

Page 29: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

56 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 57

den USA lehrte. Thrun bot Ende 2011 sei-ne «Einführung in die Künstliche Intelli-genz» als MOOC an. 160 000 Teilneh-mende meldeten sich an, 23 000 von ih-nen nahmen an einem Online-Abschluss-examen teil. Nach diesem ersten grossen Erfolg kündigte Thrun darauf seine Pro-fessur und gründete zusammen mit wei-teren Professoren die Online-Akademie Udacity. Inzwischen gibt es verschiedene solcher MOOC-Plattformen, neben Uda-city sind das zum Beispiel Coursera, EdX, OpenMooc oder im deutschen Raum iversity.

Zu hohe Erwartungen?Die Euphorie für MOOCs scheint aller-dings schon wieder etwas gebrochen. Ri-carda T.D. Reimer spricht von einem Hype, der sich nicht aufrecht halten las-

se, weil die Erwartungen an diese Art von Lernveranstaltungen viel zu hoch (gewesen) seien.

Kritik wurde und wird vor allem an der mangelnden Betreuung der Teilneh-menden geäussert. Das verhindere ein nachhaltiges Lernen. Auch Thrun räumte im Frühling dieses Jahres in einem Inter-view mit «Zeit online» ein, dass die Er-folgsquoten bei näherem Hinsehen nur bei etwas drei bis zehn Prozent liege. «Es hat sich herausgestellt, dass die erste Version, der MOOC 1.0, einfach noch nicht gut genug ist.»

Nunmehr zeigt sich vielmehr eine Ausdifferenzierung von Umsetzungssze-narien – überall wird an neuen Formen von MOOCs gearbeitet. Als grosse Unter-scheidung gibt es die xMOOCs (das x steht für extension), die einen Stoff ver-

mitteln; am Schluss können die Teilneh-menden meistens mit Multiple-Choice-Tests überprüfen, ob sie den Stoff ver-standen haben. Moderner sind die cMOOCs (das c steht für connectivism), die eine Vernetzung der Teilnehmende in Gruppen vorsehen und auch eine Betreu-ung durch Tutorinnen und Tutoren zur Verfügung stellen. Dass das Geld braucht, versteht sich von selbst – insofern sind viele dieser neueren MOOCs nicht mehr kostenlos. Damit geht das Ideal der frei zugänglichen Bildung ein Stück weit ver-loren, aber die Irritation des Bildungs-systems durch diese Veranstaltungsform wird sicher weiterwirken.

Offene Fragen, spannende AntwortenEin immer wiederkehrendes Thema in Zusammenhang mit MOOCs sind die Fragen nach dem Datenschutz. Was über digitale Kanäle läuft, kann später exakt nachvollzogen und überprüft werden. So können die Lehrenden Einsicht in die Aktivitäten der Teilnehmenden auf der Lernplattform bekommen, wissen, wer wann was gemacht hat. Aber auch die Py-ramide hoch ist Kontrolle denkbar. Wenn eine Schulleitung wissen will, wie oft ihr Lehrbeauftragter seine Mentorentätig-keit wahrgenommen hat, das ist über-prüfbar. Da ist unbedingt Transparenz nötig, damit der Druck für alle Beteilig-ten nicht zu gross wird.

In diesem Spannungsfeld organisier-te die Fachhochschule Potsdam im letz-ten Jahr einen MOOC zum Thema «The Future of Storytelling». Dieser MOOC

gehörte zu den Preisgewinnern eines Wettbewerbs, den die deutsche MOOC-Plattform iversity zusammen mit dem Stifterverband ausgeschrieben hatte. Die besten zehn Projekte wurden mit 25 000 Euro für die Produktion unter-stützt. 93 000 Interessierte schrieben sich für diesen MOOC «Storytelling» ein. «Das war eine riesige Überraschung für uns», sagt die Dozentin Christina Maria Schollerer, «aber natürlich soll sich Erfolg nicht nur an einer Zahl mes-sen.» Auch inhaltlich seien unheimlich viele gute Ideen zusammengekommen, gerade auch weil Interessierte aus ver-schiedenen Ländern teilgenommen hätten und ihren speziellen Hintergrund mit eingebracht hätten.

Miriam Fischer hat vor kurzem am MOOC «Designing New Learning Envi-ronments» der Stanford University teil-genommen. Auch sie streicht hervor, dass sie von diesem internationalen Aus-tausch profitiert habe. Dazu gehörte der Einblick in andere (Lern-)Realitäten. «In meiner Untergruppe war ich mit einem pakistanischen Lehrer zusammen. Um endlich an einem Computer online zu sein, musste er etliche Hindernisse über-winden», sagt Miriam Fischer. Und dann weist sie noch auf eine Problematik hin: «Wer an einem MOOC teilnehmen will, muss vielfach Englisch sprechen.» Trotz dieser Einschränkung glaubt Miriam Fi-scher an die Zukunft der MOOCs. «Die MOOCs werden sich sicher noch entwi-ckeln und sich den Bedürfnissen der Ler-nenden anpassen. Spannend ist diese Art des vernetzten Lernens allemal.» n

Stichworte zum digitalen Lernen

Blended Learning: Mischung aus Präsenzveranstaltungen und Onlinephasen, wodurch die bekannten Lernformen durch neue Möglichkeiten ergänzt werden. Klassisches Sze-nario: Auftaktveranstaltung vor Ort, anschliessend koope-rative oder kollaborativ ausgerichtete, Onlinephasen mit Anteilen des Selbstlernens, kombiniert etwa mit Chats oder Foren-Kommunikationen, dann wieder Präsenztage etc.

Computer Based Training (CBT) oder Web Based Training (WBT): Auf Datenträgern oder direkt im Internet werden Lernsequenzen zur Verfügung gestellt. Lernende können dann einen Test absolvieren und bekommen eine Rückmel-dung auf ihre Lernleistung. Gelten als eher veraltete Lern-formen.

Flipped Classroom (umgekehrter Unterricht): Wenn sich die Lernenden anhand von geeigneten Unterlagen – auch Videos und Podcasts – das Wissen selber aneignen, bleibt in der Präsenzphase mehr Zeit für die Diskussion und die Anwendung des erarbeiteten Stoffs.

E-Learning: Oberbegriff für verschiedene Formen des Ler-nens mit Unterstützung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien.

Gamification (Gamifizierung): Bezeichnet die Anwendung von Spielen zum Beispiel im Lernumfeld (➝ Beitrag Serious Games auf Seite 18). Spielerische Elemente sollen die Lern-motivation unterstützen; Erfolgsmeldungen und Ranglisten gehören mit dazu.

Learning Management System (LMS): Gemeint sind damit Lernplattformen wie Moodle, OLAT, ILIAS. Lernplattformen erlauben es, Lernenden Inhalte in verschiedenster Form (Text, Audio-Datei, Video-Datei, Spiele/Games) zu vermit-teln und als einen gemeinsamen Lernprozess zu initiieren.

Massive Open Online Course (MOOC): Online-Kurse für eine grosse Zahl von Teilnehmenden, die in der Urform für alle offen und frei zugänglich sind und auch nichts kosten. Aktu-ell gibt es verschiedene Formen von MOOCs, tendenziell wird die Betreuung der Teilnehmenden ausgebaut, dafür werden gewisse Gebühren verlangt.

SERVICE

Page 30: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

58 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 59

0 1 3 5 7 92 4 6 8 10

Mobiles Internet

Automatisierung von anspruchsvollen Aufgaben

Internet der Dinge

Cloud-Technologie

Fortgeschrittene Robotik

Autonome Fahrzeuge

Gentechnologie der nächsten Generation

Speicherung von Energie

3D-Drucken

Fortschrittliche Materialien

Neue Ausbeutungsmethoden zur Förderung von Öl und Gas

Erneuerbare Energien

Szenario niedrige ökonomische Auswirkung Szenario hohe ökonomische Auswirkung

85%

80%

76%

74%

60%

58%

54%

32%

Private Nutzung sozialer Netzwerke am Arbeitsplatz nimmt zu

Smileys und Abkürzungen halten stärker Einzug in die Kommunikation

Übergang von beruflichen und privaten Kontakten wird fliessender

Beschäftigung mit dem Smartphone in Sitzungen nimmt zu

Respekt vor Privatsphäre geht schneller verloren

Umgangston wird insgesamt lockerer

Konzentrationsfähigkeit nimmt ab

Persönliche Kommunikation in Arbeitspausen nimmt stark ab

6 Digitale Technologien an der Spitze: Diese zwölf Bereiche sollen die Welt und

Wirtschaft von morgen grundlegend verändernEine McKinsey-Studie schätzt das ökonomische Potenzial von 12 neuen Technologien für das Jahr 2025 in Szenarien ab. Lesebeispiel: Die Wertschöpfung des mobilen Internets wird zwischen 3,7 und 10,8 Billionen Dollar pro Jahr betragen.

4 Die Digitalisierung verändert auch das Verhalten am Arbeitsplatz

Anteil an Experten der Online-Branche, die folgenden Aussagen zustimmen:

5 Wichtige Fakten zu Internet, Smartphone und Co.

87% der Schweizer Bevölkerung ab 14 Jahren nutzen das Internet. Im weltweiten

Vergleich steht die Schweiz damit an 18. Stelle.

72% der Smartphone- und Handy-Besitzer spüren hin und wieder ein «Phantomvibrieren».

69% der Schweizer* haben heute ein Smartphone. Vor zwei Jahren waren es erst 48%.

66% der Online-Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind der

Ansicht, dass Facebook in der Arbeitswelt nicht sinnvoll ist.

61% der Smartphone-Besitzer schützen ihr Gerät nicht mit einem individuellen Passwort.

39% der Schweizer Bevölkerung* besitzen ein Tablet. Vor zwei Jahren waren es erst 14%.

* im Alter von 15 bis 74 Jahren Quellen: BVDW/IAB Austria/IAB Switzerland (1, 2), BfS (3, 5), ibi research an der Universität Regensburg (4, 5), Comparis/Marktforschungsinstitut Link (5), International Telecommunication Union (5), McKinsey Global Institute (6)

75%

74%

67%

64%

64%

56%

47%

44%

Mit Freunden/Bekannten in Kontakt bleiben

Das aktuelle Tagesgeschehen verfolgen

Bestellen/Kauf von Produkten

Informationen und Services von Behörden nutzen

Buchen von Reisen/Ferien

Verwalten von Finanzen

Sich über Gesundheitsthemen informieren

Sich auf Veränderungen im Leben vorbereiten

Computer

Fernseher

Smartphone

Tageszeitung

Radio

Zeitschriften

Tablet

Mediennutzungin %

Mediennutzungin Minuten

88% 179

146

100

33

33

149

96

61%

59%

51%

50%

39%

36%

1,6 Abos 65,7 Abos1992 2012

Die digitale Welt von heute und morgenSchneller, vernetzter, mobiler – so krempeln digitale Technologien unser Privat- und Wirtschaftsleben um.Text Christian Kaiser Infografi k Daniel Röttele

1 Welche Medien nutzt die Schweizer Bevölkerung und wie lange?

Anteil an Schweizer Internetnutzern, die folgende Medien unter der Woche nutzen sowie die Dauer pro Tag:

3 Mobiltelefone sind heute überall

Anzahl Handy-Abos auf 50 Einwohner in der Schweiz

2Wofür nutzt die Schweizer Bevölkerung das Internet?

Anteil an Schweizer Internetnutzern, die folgende Tätigkeiten im Internet als für sich sehr wichtig einstufen:

* im Alter von 15 bis 74 Jahren Quellen: BVDW/IAB Austria/IAB Switzerland (1, 2), BfS (3, 5), ibi research an der Universität Regensburg (4, 5), Comparis/Marktforschungsinstitut Link (5), International Telecommunication Union (5), McKinsey Global Institute (6)

Page 31: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

60 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 61

94%

85%

81%

80%

79%

68%

66%

61%

Schutz vor kriminellen Übergriffen auf digitale Daten

Besserer Schutz persönlicher Daten und Fotos

Schutz vor Werbung im Internet

Strafrechtliche Verfolgung bei Angriffen auf digitale Identität

Mehr Kontrolle bei Veröffentlichung von Bildern/Fotos

Internat. Gesetze zur Nutzung und Überwachung des Netzes

Kostenloses Kopieren/Herunterladen soll erlaubt sein

Gratis Internet überall

2012

2011

2013

2014

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80% 76% Gratiszeitungen

54% TV

52% Radio, 52% Newsseiten

37% Facebook

23% Tageszeitungen

18% andere soziale Netzwerke

55% News-Apps

2012

2011

2013

2014

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

80% Internet allgemein

51% Blogs, Chats, Dating-Plattformen, WhatsApp/iO/Threema

44% Fernsehen mit einem TV-Gerät

43% YouTube, Fernsehen/Filme anschauen mit dem Computer

25% Facebook

16% Gamen

246

36

364 45 5 5 56 6

Die kommende Generation …

1… chattet immer mehr und kehrt Facebook den Rücken

Anteil an Schweizer Jugendlichen, die folgende Medien an einem durchschnittlichen Tag eine bis zwei Stunden privat nutzen

Die 16- bis 25-Jährigen sind die kommende Generation im Berufsleben. Ihr Umgang mit Medien und ihre Forde-rungen an die Politik sind wegweisend für die digitale Entwicklung.

2… nutzt vor allem Gratiszeitungen und News-Apps, um sich zu informieren

Anteil an Schweizer Jugendlichen, die sich über folgende Medien-kanäle über das Tagesgeschehen informieren (die acht wichtigsten)

3… verlangt von der Politik besseren Schutz im Internet

Anteil an Schweizer Jugendlichen, die sich folgende Massnahmen/Gesetze von der Politik wünschen (die acht wichtigsten)

Quelle: gfs.bern, Credit-Suisse-Jugendbarometer Schweiz 2014

Zu gerne wäre ich dabei gewesen, als der Buchdruck unter die Leute kam, hätte mit Freude erlebt, was scharfe gegne-rische Zungen über ihn sagten und wie die schwarzmaleri-schen Prognosen klangen, die der Jugend das Geschichten-erzählen für immer abschreiben und sie als hoff nungslos und unrettbar darstellen wollten. Dann hätte ich den Schwarzmalern von damals sagen können, dass alles noch viel schlimmer wird.

Steht man selbst in einer technologischen Revolution, ist es immer sehr schwierig, zuzuordnen, was denn nun wie relevant ist. Frei nach dem Motto: Später ist man immer klüger – es sei denn, man stirbt, dann hat das Ganze wohl nicht geholfen. Ein bisschen ist das Dabeisein also so, wie wenn man im IMAX-3D-Kino in der ersten Reihe sitzt, mittendrin statt nur dabei, und die Doku über Wald und Bäume nicht verstehen kann, weil man vor lauter Rinde den Ast nicht mehr sieht. Zukunftsprognosen in Sachen Techno-logie und allgemein sind also nicht nur sehr schwierig, oft bringen sie auch einfach nichts. Was hilft ist, einen Schritt zurückzuwagen und sich zuerst einmal die Bauweise des Kinos anzuschauen, ganz ohne 3D-Brille, bevor man sich auf einen Sitzplatz festlegt. Oder zu warten, bis der Film auf DVD rauskommt, sich dann die Bilder ganz in Ruhe und mit der Stopptaste in der Hand zuhause anzuschauen.

Dass der Buchdruck schädlich ist und der Jugend die Freude am Wort nimmt, würde heute hoff entlich niemand mehr behaupten. Erschlägt eine Frau ihren Hund mit einem Ham-mer, würde schliesslich niemand (oder genauer: niemand Nicht-Amerikanisches) den Hammer vor Gericht zerren, sondern man ist sich einig, dass die Täterin der Mensch ist.

Die Slam-Poetin Hazel Brugger aus Winter-thur hat für EB Navi diesen Essay rund um Digitalisierung ge-schrieben, obwohl sie von sich selbst sagt, dass sie auf diesem Gebiet eine «richtige Niete» sei, das müsse aber ja niemand wis-sen: «Ich hasse es, wenn ich sehr viel Zeit in etwas investiere, in dem sehr viele Leute sehr viel besser sind als ich.» Sie engagiere dafür lieber Leute, die es wirklich können. Ab und zu sieht sie vor lauter Digitalisierung die Zeichen nicht mehr, vor allem, wenn sie übermüdet und überarbeitet ist oder wenn sie wegen einer Nebenhöhlenentzün-dung ihren Computer mit ins Bett nimmt. Dann braucht es et-was mehr Zeit, und es entstehen Texte wie dieser: analytischer und weniger erzähle-risch als man es von ihr gewohnt ist.

Die Rebellen und die RevolutionText Hazel Brugger

Page 32: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

62 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 63

ten, nein, ich könnte sogar schwören, die Arme der Schüler und Schülerinnen werden auf fast schon pränatal flexible Weise in den Torso zurückgesaugt, damit auch ja niemand auf die Idee kommt, jemand hier könnte in seiner Freizeit schreiben. Ich erweitere die Frage dann immer kompro-missbereit auf ein: «Na, wer schreibt denn in seiner Freizeit beispielsweise SMS?» und der Saal explodiert. Die Händ-chen schnellen in die Höh’ und es wird laut erleichtert geat-met. Erleichtert darüber, dass nicht geurteilt wird über das Wie, sondern nur über das Was, das klar im Vordergrund stehen sollte. Es gibt also durchaus Gründe, der Jugend in Zeiten der fremdverschuldeten Unbändigkeit ein gewisses Mass an Grundvertrauen entgegenzubringen – und Buch-druck hin oder her, ein schlechtes Buch ist immer noch schlecht, da braucht es keine Kompromisse. Ob es nun ins LED-Licht gestanzt oder mühsam von mönchischer Handarbeit in ausgewalzte Schweinehaut geritzt wurde, ist piepsegal. Und wer vor lauter Jetztkritik die schönen Dinge verpasst, der möge wenigstens Spass daran haben, die Gegenwart zu verdammen. Denn auf irgendeine ent-fernte Art ist Kommunikation doch immer noch Kommuni-kation. Solange nur der Augenkontakt bitte nie komplett verloren geht, denn schade ist es schon, wenn man den Wald vor lauter Bildschirm nicht sieht.

Hazel Brugger war 2013 Schweizer Meisterin im Poetry Slam und lebt in Winterthur. Sie ist eine konsequente Fragenstellerin, die sich nicht ziert, auch bissige Antworten zu servieren – kein Wunder hat sie sich nach der Matur für ein

Philosophiestudium an der Uni Zürich entschie-den. Seit sie vor drei Jahren, damals noch Schülerin an der Kanti Bülach, angefangen hat, ihre Texte auf Bühnen vorzutragen, hat sie zahl-reiche Preise im In- und Ausland eingeheimst. Einen Eindruck von ihren Performances liefert Youtube. Zur Digitalisierung hat sie ein ambiva-lentes Verhältnis: «Es ist nicht so, dass ich abso-lut hilflos bin am Computer. Ich kann auch Filme schneiden und Fotos bearbeiten, aber einen Computer zu programmieren liegt nicht drin, und das obwohl die in der Schule (war im mathema-tisch-naturwissenschaftlichen Gymi) versucht haben, uns das reinzuprügeln.»

Genau so ist es mit der wachsenden Digitalisierung und der vermeintlich bösen, abgestumpften, dummen und unk-reativen Jugend von heute. Dabei ist das Problem an der Jugend nie nur die Jugend an sich, logisch. So wie das Was-ser nicht schuld daran ist, wenn die sonnenverbrannte Haut unter der Dusche schmerzt. Das Problem an der Jugend ist immer nur die ihr fehlende Zeit, die sie noch jugendlich sein lässt, und der allgemeine Zeitgeist, der ihr gleichzeitig sagt, dass sie bald nicht mehr jung sein wird. Der Touch-screen ersetzt oftmals die Berührung, der bunte Smiley ein ehrliches Lachen und ganze Sätze werden lieblos zu Akro-nymen verwurstet. Natürlich sind Handschriften aussage-kräftiger als Times New Roman oder Comic Sans, und klar ist das Blättern im Buch ein haptisch viel wertvolleres Erlebnis als der müde Wisch über den matten Bildschirm. Schallplatten verursachen Störgeräusche nicht zuletzt, weil das Leben selbst ein einziges Störgeräusch ist – aber was nicht vergessen werden darf, ist, dass das Alte nie komplett verloren geht, es bietet nur Podestraum für das Neue, das stetig hinzukommen will.

Manchmal gehe ich in Schulen, sekundar und gymnasial, und beschäftige mich ein paar Lektionen lang mit Schüle-rinnen und Schülern. Wir schreiben gemeinsam und üben dann, wie man die selbst geschriebenen Worte danach wohl am besten vorträgt. So, dass es nicht langweilig und nicht aufgesetzt wirkt, dass es einen selber interessiert und die anderen zumindest nicht langweilt. Auf den ersten Blick also eine sehr einseitig-kommunikative Übung, bei der hauptsächlich beschallt wird, sowohl im Prozess als auch in der Durchführung später. So weit, so gut, das ist an sich extrem normal und hat mit Zeitgeist oder Generation-XY-Schiessmichtot überhaupt nichts zu tun, denn Monologe gibt es schon seit jeher und das Zuhören ist nichts, das mit dem neuen Millennium per se verlernt wurde. Im Gegen-teil, das Zuhören wurde revolutioniert, es ist eher das ge-naue Hinhören, das bei so vielen ablenkenden Kanälen schwerer fällt. Immer, wenn ich vor der Schulklasse frage, wer denn in seiner Freizeit schreibt, sind keine Hände im Raum zu sehen. Nicht nur werden keine Hände hochgehal-

Foto

Fab

ian

Stür

tz

Page 33: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

64 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 65

TagebuchEine interessante Möglichkeit bietet Tagebuch: Mit einem Link können You-Tube-Videos einge-bunden werden. Statt schreibend den Tag zusammenzufassen, setzt man sich also am Abend hin und überlegt sich, welcher Song denn nun zum vergangenen Tag am besten passt. Etwa «It’s a beautiful day», eine Komposition der gleichnamigen Hippy-Band aus Kalifornien. Oder mit «Mau-vaise journée» zu leiden mit dem grossen Daniel Darc, der leider viel zu früh gestorben ist. Tage-buch lässt diese Höhen und Tie-fen zu, die Zahl der Einträge ist limitiert, wer mehr will muss als In-App die Vollversion kaufen.➝ Für Android / IOs,

Grundversion gratis

RemembaryHat ihren Preis, diese App, bringt auch Leistung, vor allem in der Vernetzung mit Social Media. Wer täglich auf Facebook oder Twitter mitteilungsmässig unterwegs ist, und das gerne in seinem Tagebuch integriert hätte, fährt mit Remembary nicht schlecht. Vom Design her nicht gerade grossartig, immerhin hat man die Auswahl zwischen fünf Ober-fl ächen. Nicht immer funktioniert alles auf Anhieb, auch der Austausch von Daten zwischen iPad und iPhone ist nicht einfach. Hinter Rembary stehen aber off enbar freundliche Kanadier, die über ihre Website guten Support leisten➝ Für iOS, 10 Franken

MoleskineNein, das ist keine App. Das ist ein reales Tagebuch, geleimt und geheftet, aus der Serie Moleskine. Es ist systemunabhängig und steht überall zur Verfü-gung, wenn man es bei sich hat, dazu braucht es na-türlich einen Stift. Der grosse Vorteil ist, dass man kein Passwort eingeben muss, wer denn will, kann das Schloss betätigen, vor Hackern dürtfte das keine Sicherheit bieten. Aufs Design legt man sich schon beim Kauf fest, dieses später zu verändern ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, Fotos muss man von Hand einkleben. Sicher ist aber: Die Daten werden auch in hundert Jahren von den Ururenkeln noch zu lesen sein.➝ Systemunabhängig, ca. 30 Franken

Mein TagebuchEinfach gehaltene Tagebuch-App, die aber das We-sentliche möglich macht: Texteinträge selbstver-ständlich, der Import von Bildern und Audiodateien. Dazu ein bisschen Schnickschnack wie einfache Icons, die wohl kaum jemand braucht. Dann aber wieder nützlichere Funktion wie der Export einzel-ner Tage oder des ganzen Tagebuchs über iTunes Filesharing. Auch der Export zu Dropbox funktio-niert gut. Mein Tagebuch stellt verschiedene Ober-fl ächen zur Verfügung: eine klassische, eine speziell für Reisen und eine für das Baby-Tagebuch. Also ideal für die Hochzeitsreise.➝ Für iOS, Grundversion gratis

Tagebuch: Meine Geheimnisse

Text Fritz Keller

DiarioAuf Amazon bringt es dieses kostenlose Tagebuch-App auf immerhin viereinhalb Sterne. «Das Tagebuch bietet alles, was man braucht. Für eine kostenlose App ausreichend Features vor-handen. Auch Bilder kann man ohne grosse Probleme einbin-den», schreibt zum Beispiel TDunzweiler. Tatsächlich ist Diario solide gemacht, sehr gut sind die vielen eingebauten Filter, nach denen sich Inhalte suchen lassen. Das ist umso hilfreicher, desto umfangreicher das Tage-buch wird. Noch etwas: Diario kann man online in einem Brow-ser bedienen und nachher wieder mit dem Handy syncen. ➝ Für Android, Grundversion gratis

Ein Tagebuch geschrieben, das hätten sie in der Pubertät gemacht. Das sagen viele. Sich im Zimmer eingesperrt und dann unlinierten, linierten oder karierten Seiten die geheims-ten Geheimnisse anvertraut. Wehe, wenn das Tagebuch dann mal in falsche Hände gelangt ist. Nun gut, tempi passati für viele. Aber warum nicht in reiferen Jahren noch Tagebuch schreiben, sich in einem ruhigen Moment zu vergewissern,

was am Tag gelaufen ist, schriftlich festzuhalten, was wich-tig war. Digitale Tagebücher lassen noch viel mehr zu und lassen sich auch einfach zum Lerntagebuch ausbauen. Sie können mit Fotos, Videos oder Audio-Dateien bereichert werden, einige kann man auch auf Facebook teilen. Wem das zu wenig Intimität bietet, kann immer noch auf das anologe Tagebuch zurückgreifen.

APPS

Page 34: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

Einführung zum digitalen ArbeitsmarktDas Internet bietet keinen Anfang, kein Ende und keine Grenze. Du kannst dich monatelang darin beschäftigen, unterhalten und verlaufen. Viele Stellensuchende, die meinem Digital Jobhunting Workshop besucht haben, hat eine Mischung Ohnmacht und schlechtem Gewissen geplagt, weil sie immer noch mehr hätten tun und noch weitersuchen können. Die entscheidende Information hinter der nächsten Abzweigung im digitalen Raum vermutend. Praktisch alle TeilnehmerInnen verbrachten mehr als eine Stunde pro Tag mit digitaler Jobsuche – einige über 5 Stunden und mehr. Ich möchte dir Mut machen, es mit 15 Minuten am Tag zur digitalen Arbeitssuche bewenden zu lassen. Wenn du mehr Zeit auf den Netz verbringen magst, nur zu, einfach nicht unter dem Vorwand, das wäre Notwendig, um eine Stelle zu finden. Sicher ist: der Zugang zum und die Spielregeln des Arbeitsmarkts verändern sich. Das schafft Unsicherheiten, bei Stellensuchenden und Recruitern gleichermassen. Der Trend Report «Online-Recruiting» vom Mai 2014 zeigt für die Schweiz, dass die Kanäle zur Stellenausschreibung und Stellensuche sich weg von Print und hin zum Digitalen entwickeln. Überrascht hat mich der starke Bedeutungs-Anstieg von Social Networks.

Welche Kanäle nutzen Sie zur Stellenausschreibung/-suche?

© Trend Report 2014, Prospective Media Services AG, Zürich, www.trendreport.prospective.ch, www.prospective.ch

100%

80%

60%

40%

20%

0%2010 2011 2012 2013 2014

Online-Stellenbörse Suche

Online-Stellenbörse Angebot

Print Suche

Print Angebot

Firmen-Webseite Suche

Firmen-Webseite Angebot

Social Networks Suche

Social Networks Angebot

Wer als Arbeitssuchende vor 20 Jahren unterwegs war, verbrachten ihre Zeit damit, einen perfekten CV auf hochwertiges Briefpapier zu bringen. Nicht unüblich war es, die Bewerbungsmappe im Deux-Piece direkt beim Wunscharbeitgeber vorbei zu bringen und auf den Anruf zum alles entscheidenden Interview zu warten.

copyright by Dr. Joachim Maier, Zollikon (CH)! ! ! ! ! ! ! ! ! Seite 4

Der durchdachte CV und ein souveränes Jobinterview sind unverändert Schlüsselerfolgsfaktoren. Nichts ist einfacher geworden. Nur der Suchprozess, das Jobhunting hat sich grundlegend verändert und ist dabei, sich vollständig virtuell im digitalen Raum ab zu spielen. Wer leibhaftig beim Wunscharbeitgeber einmarschiert, begeht heute ein echtes «No-No». Die Jobsuche beginnt heute in fast jedem Fall online. Und auch der Kontakt mit dem Arbeitnehmer in Spe läuft zunehmend und fast nur noch digital.

Welche Bewerbungsarten lassen Sie zu? (Arbeitgeber)

Soziale Netzwerke(Prolbewerbung)

Formularbewerbung(standardisiertes Formular)

Online-Stellenplattform(CV-Datenbank)

Papier

E-Mail

20102011201220132014

20102011201220132014

20102011201220132014

20102011201220132014

20102011201220132014

nicht zugelassen

unbeliebt

gerne

k.A.

17.7%

12.8%

14.2%

14.3%

9.5%

18.1%

13.6%

8.4%

11.6%

28.6%21.7%

24.5%37.4%

26.9%

24.2%26.7%

31.8%

14.8 43.2

61.3%35.5%

89.0%9.0%

13.6% 53.7%

22.7%27.3%24.9%

44.3%42.8%46.7%

11% 37.4%

12.9% 42.9%

27.9% 69.4%

89.1%10.2%

17.2%13.4%

15.9%

50.2%56.1%

57.7%

50.5%39.6%

39.8%

41.8%44.9%

43.3%

82.1%79.1%

74.1%

14.3%13.9%

19.4%6.5

18.7% 58.7%

32%

38.5%30.5%

41.3%

27.7

18.4%

23.4%26%28.4%

33.5%

30.6%

24.2%24.6%26.4%

6.213.316.9%

11%

© Trend Report 2014, Prospective Media Services AG, Zürich, www.trendreport.prospective.ch, www.prospective.ch

Die gute Nachricht: der digitale Raum folgt eigenen Regeln und bietet neue Werkzeuge. Die Kulturtechnik der digitalen Jobjagt verändert sich, in Amerika etwas schneller als in der Schweiz. Ein Blick auf die Infographiken auf meiner Webseite zeigen Dir im Blick über den Atlantik, in welche Richtung es gehen wird. Nimm dir 5 Minuten Zeit, verschaff dir einen Überblick der wichtigsten Arbeitsmarkt-Trends in den letzten Jahre und versuche zu reflektieren, welche der beschriebenen Phänomene dir vertraut vorkommen. Welche Entwicklungen begrüsst du und wo regen sich innere Widerstände?Die Online-Jobsuche ist für viele ein zeitintensiver, mühsamer und vielfach entmutigender Prozess. Es gibt tausende scheinbar relevante Quellen. Die richtige Jobausschreibung scheint immer gerade dort zu lauern, wo du gerade noch nicht gesucht hast: auf Firmenwebseiten, Karriereseiten, in Zeitungsannoncen oder Nischenwebseiten für bestimmte Industrien oder Berufsgruppen. Wo sollst du nur mit der Suche einsteigen? Meine Empfehlung: überleg dir genau, was du eigentlich suchst, bevor du überhaupt mit der Suche beginnst. (Quelle: http://www.collegeaftermath.com/jobs-careers-after-college/digital-age-job-hunting-the-ugly-truth/)

copyright by Dr. Joachim Maier, Zollikon (CH)! ! ! ! ! ! ! ! ! Seite 5

Der durchdachte CV und ein souveränes Jobinterview sind unverändert Schlüsselerfolgsfaktoren. Nichts ist einfacher geworden. Nur der Suchprozess, das Jobhunting hat sich grundlegend verändert und ist dabei, sich vollständig virtuell im digitalen Raum ab zu spielen. Wer leibhaftig beim Wunscharbeitgeber einmarschiert, begeht heute ein echtes «No-No». Die Jobsuche beginnt heute in fast jedem Fall online. Und auch der Kontakt mit dem Arbeitnehmer in Spe läuft zunehmend und fast nur noch digital.

Welche Bewerbungsarten lassen Sie zu? (Arbeitgeber)

Soziale Netzwerke(Prolbewerbung)

Formularbewerbung(standardisiertes Formular)

Online-Stellenplattform(CV-Datenbank)

Papier

E-Mail

20102011201220132014

20102011201220132014

20102011201220132014

20102011201220132014

20102011201220132014

nicht zugelassen

unbeliebt

gerne

k.A.

17.7%

12.8%

14.2%

14.3%

9.5%

18.1%

13.6%

8.4%

11.6%

28.6%21.7%

24.5%37.4%

26.9%

24.2%26.7%

31.8%

14.8 43.2

61.3%35.5%

89.0%9.0%

13.6% 53.7%

22.7%27.3%24.9%

44.3%42.8%46.7%

11% 37.4%

12.9% 42.9%

27.9% 69.4%

89.1%10.2%

17.2%13.4%

15.9%

50.2%56.1%

57.7%

50.5%39.6%

39.8%

41.8%44.9%

43.3%

82.1%79.1%

74.1%

14.3%13.9%

19.4%6.5

18.7% 58.7%

32%

38.5%30.5%

41.3%

27.7

18.4%

23.4%26%28.4%

33.5%

30.6%

24.2%24.6%26.4%

6.213.316.9%

11%

© Trend Report 2014, Prospective Media Services AG, Zürich, www.trendreport.prospective.ch, www.prospective.ch

Die gute Nachricht: der digitale Raum folgt eigenen Regeln und bietet neue Werkzeuge. Die Kulturtechnik der digitalen Jobjagt verändert sich, in Amerika etwas schneller als in der Schweiz. Ein Blick auf die Infographiken auf meiner Webseite zeigen Dir im Blick über den Atlantik, in welche Richtung es gehen wird. Nimm dir 5 Minuten Zeit, verschaff dir einen Überblick der wichtigsten Arbeitsmarkt-Trends in den letzten Jahre und versuche zu reflektieren, welche der beschriebenen Phänomene dir vertraut vorkommen. Welche Entwicklungen begrüsst du und wo regen sich innere Widerstände?Die Online-Jobsuche ist für viele ein zeitintensiver, mühsamer und vielfach entmutigender Prozess. Es gibt tausende scheinbar relevante Quellen. Die richtige Jobausschreibung scheint immer gerade dort zu lauern, wo du gerade noch nicht gesucht hast: auf Firmenwebseiten, Karriereseiten, in Zeitungsannoncen oder Nischenwebseiten für bestimmte Industrien oder Berufsgruppen. Wo sollst du nur mit der Suche einsteigen? Meine Empfehlung: überleg dir genau, was du eigentlich suchst, bevor du überhaupt mit der Suche beginnst. (Quelle: http://www.collegeaftermath.com/jobs-careers-after-college/digital-age-job-hunting-the-ugly-truth/)

copyright by Dr. Joachim Maier, Zollikon (CH)! ! ! ! ! ! ! ! ! Seite 5

66 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 67

talen Flut an Jobangeboten verlieren. Es gibt Tausende scheinbar relevante Quellen. Die Online-Jobsuche ist darum für viele ein zeitintensiver, mühsamer und vielfach entmutigender Prozess. Die rich-tige Jobausschreibung scheint immer ge-rade dort zu lauern, wo man gerade noch nicht gesucht hat: auf Firmenwebsites, Karriereseiten, in Zeitungsannoncen oder Nischenwebsites für bestimmte Industrien oder Berufsgruppen. Praktisch alle Teil-nehmenden meiner Workshops verbrach-ten mehr als eine Stunde pro Tag mit der Jobsuche im digitalen Raum – einige sogar fünf Stunden und mehr. Doch: Wer nicht rechtzeitig aufhört zu suchen, verschwendet nur seine Zeit. Und wer am falschen Ort sucht, ebenfalls.

Die richtigen Keywords als SchlüsselMeine Empfehlung lautet: Mit der richti-gen Suchstrategie reichen 15 Minuten pro Tag vollkommen. Dafür muss man sich allerdings vorab die wesentlichen Fragen stellen. Als ersten Schritt gilt es, sich genau zu überlegen, was man eigent-lich sucht. Das Was bestimmt das Wo. Das Mantra der digitalen Welt lautet: «Du wirst bekommen, wonach du suchst – aber wenn du nach allem suchst, wirst du am Ende mit nichts dastehen.» Nur wer weiss, wonach er sucht, kann die passenden Suchwörter kennen und jene Karrierewebsites finden, die geeignete Job-Profile ausschreiben.

Um seine Suchbegriffe zu finden, kann es hilfreich sein, in Szenarien zu denken. Die Ausgangsfrage dafür lautet: Wie sieht meine berufliche Situation in einem halben Jahr aus? Die vier mögli-chen Szenarien heissen:1. Alles beim Alten: «same as it ever was» 2. Alles wird gut: «best case» 3. Es kommt schlimmer, als man denkt:

«worst case» 4. Traumjob: «dreams come true»

Diese vier Szenarien kann man in allen Details vor seinem inneren Auge vorbei-ziehen lassen, am besten mit seinem Lieblingslied aus den Kopfhörern in den Ohren – und gleich darauf auf Papier festhalten, was man gesehen hat. Jedes Szenario erhält einen Jobtitel oder eine passende Überschrift, darunter wird der Berufsalltag festgehalten: Wie verbringe ich die Tage? Womit bin ich beschäftigt? Was begeistert mich? Welche besonderen

Welche Kanäle nutzen Sie zur Stellenausschreibung/-suche

Grafik 2 © Trend Report 2014

Grafik 1 © Trend Report 2014

Welche Bewerbungsarten lassen Sie zu? (Arbeitgeber)

Einen attraktiven Bewerbungsbrief schreiben, einen möglichst perfekten Lebenslauf auf hochwertiges Briefpapier drucken und beides im Deux-Piece oder im Anzug mit Krawatte beim Wunsch-arbeitgeber vorbei bringen – die Zeiten sind längst passé. Wer heute leibhaftig beim Wunscharbeitgeber einmarschiert, begeht heute ein echtes «No-Go». Im vir-tuellen Zeitalter kommt man fast nur noch digital zu einem realen Job: Die Jobsuche beginnt online und auch der Kontakt zum Arbeitnehmer in spe läuft praktisch ausschliesslich über Datenleitungen.

Fangen wir mit dem wenigen an, was gleich geblieben ist: Ein durchdach-tes CV und ein souveränes Interview sind unverändert Schlüsselerfolgsfaktoren, um zur Wunschstelle zu kommen. Aber selbst die Darstellung des CVs hat sich den digitalen Gepflogenheiten angepasst – und auch da sollten Stellenbewerberinnen und -bewerber zeigen, dass sie up-to-date

sind (➝ Kasten Seite 68). Für den Rest gilt: nichts ist wirklich einfacher gewor-den, aber vieles ganz anders. Sowohl auf Seiten der Bewerber als auch in den Per-sonalabteilungen.

Zeitfresser AngebotsflutDenn: Wenn die Recruiter offene Stellen immer häufiger nur noch auf der eigenen Website, in einer Online-Stellenbörse oder in Social-Networks ausschreiben, dann muss man auch dort danach suchen (➝ Grafik 1). Gemäss dem Trend-Report Online-Recruiting ist eine Bewerbung auf Papier bereits bei 60 Prozent der Arbeitgeber nicht mehr zugelassen oder unbeliebt. Rund die Hälfte aller Arbeit-geber nutzt heute bereits Social-Networks, um Stellen auszuschreiben. Am belieb-testen sind nach wie vor Bewerbungen per E-Mail oder via ein standardisiertes For-mular auf der Firmenwebsite (➝ Grafik 2).

Sicher ist: Man kann sich in der digi-

Clever unterwegsbei der digitalen

JobsucheDigitale Medien haben den ganzen Suchprozess nach einer neuen Stelle grundlegend verändert.

Die gute Nachricht: Der digitale Raum bietet auch neue Werkzeuge, um den passenden Steckbrief

im Datenhaufen zu finden. Kursleiter Joachim Maier gibt Tipps, wie die digitale Jobjagd mit über-

schaubarem Aufwand zum Erfolg führt.

DIGITAL ÜBERALL

Page 35: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

68 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 69

Digital JobhuntingDigitale Jobsuche mit allen wesentlichen Stationen in 15 Minuten pro TagMit E-Portfolio potenzielle Arbeitgeber überzeugenMithilfe eines E-Portfolios seine Kompetenzen überzeugend kommunizieren Beratung BewerbungsdossierDas Bewerbungsdossier digital oder in Papierform auf den neusten Stand bringen.Gelungene Rekrutierung – gelungene LehrzeitEignung und Persönlichkeit einschätzen für Lehrbetriebe

Anmelden: eb-zuerich.ch/digital

AUF KURS BLEIBEN

Ein gutes Online-Dossier überzeugt auf allen Ebenen, die Spreu vom Weizen ge-trennt wird aber schon beim ersten Ein-druck. Deshalb gilt es, da keine Fehler zu machen.

Sich selbst ein Profil gebenHeute noch viel mehr als früher gilt: Kürze gibt Würze. Die digitalen Leitfor-mate SMS und Twitter mit ihren Be-schränkungen auf Kurznachrichten ha-ben unsere Lese- und Sehgewohnheiten verändert: Wir sind vielfach nicht mehr bereit, ein briefähnliches E-Mail oder ei-nen ausführlichen Cover-Letter zu lesen. Ein kurzes, knackiges Profil auf der ers-ten Seite des Dossiers bringt gleich auf den Punkt, worauf es ankommt. In den USA hat es sich schon eingebürgert, dem Dossier ein Deckblatt voranzustellen, dass ungefähr einem Twitter-Profil ent-spricht: maximal 200 Zeichen, plus ein ansprechendes Bild sowie die Koordina-ten das Bewerbers.

Digitale VisitenkarteWichtig ist auch die Einsicht, dass die Personalverantwortlichen ein Dossier zu jedem Zeitpunkt beiseite legen und den Namen einer Bewerberin oder eines Bewerbers in eine Suchmaschine, auf Facebook oder in ein berufliches Netz-werk wie LinkedIn eingeben können. Vielleicht sogar in der Hoffnung, sich einen schnelleren oder leichter verdauli-chen Eindruck zu verschaffen, als ihn die

Bewerbungsunterlagen bieten. Ein Profil im Netz, das einen schiefen ersten Ein-druck vermittelt, kann einen darum in jeder Phase des Bewerbungsprozesses aus dem Rennen werfen.

Zum Beispiel dann, wenn auf der LinkedIn-Seite nichts von den geforder-ten Kompetenzen steht oder aus den Einträgen auf Twitter hervorgeht, dass sich die oder der Stellensuchende nicht wirklich für die Themen interessiert, die mit seiner neuen Position verbunden wären – oder weil er oder sie offensicht-lich kein zum Job passendes Netzwerk mitbringt. HR-Profis sowie zukünftige Kolleginnen und Kollegen beziehen den digitalen Auftritt immer ins Gesamtbild mit ein. Jede Jobhunterin und jeder Job-hunter sollte darum mindestens über ein gut gepflegtes LinkedIn- (oder Xing-) und Twitter-Profil verfügen. Und man sollte seinen digitalen Fingerabdruck unbedingt regelmässig überprüfen und aktualisieren. n

Fertigkeiten kann ich einsetzen? Mit wem arbeite ich zusammen: Wer sind meine Kolleginnen und Kollegen, Chefs, Kundinnen?

Auf das Richtige fokussierenWenn diese Arbeit einmal gemacht ist, dürfte es nicht mehr schwer fallen, zu jedem Szenario fünf bis acht relevante Suchbegriffe zu definieren. Ob die erhal-tene Kombination an Suchbegriffen wirk-lich zu brauchbaren Resultaten führt, sollte man allerdings im Reality-Check testen. Dafür empfehle ich die Plattform indeed.ch. Indeed ist die wichtigste Kar-riereseite in den USA und funktioniert auch in der Schweizer Version hervor-ragend als Datenkrake; sie liefert i.d.R. sehr viele Suchergebnisse. Wer seine Suchbegriffe kombiniert bei Indeed ein-gibt, erhält dort eine erste Antwort auf die Frage, wie brauchbar der gewählte Suchfokus ist. Meine Faustregel: Mehr als 150 Suchresultate pro Anfrage deuten auf einen zu weiten, weniger als fünf Resultate auf einen zu engen Fokus hin.

Nach allfälligen Anpassungen bei den Keywords bietet Indeed in den meis-ten Fällen ein gutes Grundrauschen: ein Grundbild an passenden Stellenaus-schreibungen. Zumindest zwei bis drei viel versprechende Stellenausschreibun-gen sollten sich mit Indeed finden lassen. Zum Ziel führen können neben solchen Mega-Job-Plattformen aber auch Nischen-websites, welche es für praktisch jede Berufsgruppe oder Branche gibt: z.B. für Jobs im pädagogischen Bereich, bei der Stadtverwaltung oder für Management-Trainer.

Die Perspektive der HR-ProfisSolche spezifischen Job-Portale lassen sich auf einfache Weise ausfindig ma-chen: Stellentitel, Arbeitsort und allen-falls weitere Informationen aus einer der bereits auf Indeed gefundenen, pas-

senden Annoncen in Google eingeben – um herauszufinden, wo die Anzeige noch publiziert worden ist. Wie nützlich die so ausfindig gemachten Karriereplattfor-men für die eigenen Zwecke sind, lässt sich dann dort mit der entsprechenden Keywordsuche überprüfen. So sollten sich mindestens zwei Nischenwebsites finden lassen, die gut zum eigenen Suchfokus passen und bessere, mehr oder schlicht andere Stellenausschreibungen liefern.

Wer sich online auf ein Jobangebot be-wirbt, sollte die Perspektive wechseln und sich erst einmal mit dem befassen, worauf die Recruiter achten. Jeder HR-Profi wird sein Augenmerk auf vier Punkte richten:1. Macht der Kandidat einen guten ers-

ten Eindruck? 2. Bringt er die passenden Kompetenzen

und Erfahrungen mit? 3. Ist der Kandidat motiviert und bereit,

sich zu engagieren? 4. Stimmen die Vorstellungen übers

Gehalt überein?

International und übersichtlich: der CV von Europass

Neben einem Kurzprofil auf dem Deckblatt von der Länge eines LinkedIn-Profils (140 bis 200 Zeichen) setzen sich allmählich auch die Richtlinien der EU-nahen Organisation Europass für die Darstellung eines guten CV durch:– Länge: Maximal 2 Seiten– Mit dem CV belegen Sie Ihre Kompetenzen – die bisherigen Berufs-

stationen aufzuzählen ist nicht genug – Beschreiben Sie Funktionen und Verantwortlichkeiten in früheren

Karrierestationen– Belegen Sie, wie in den USA schon lange üblich, das, was Sie alles

erreicht haben mit Zahlen. Bsp.: «Ich habe das Thema x mit einem Budget von y verantwortet, die Kundenzufriedenheit um 30 Prozent erhöht und wurde als drittbester von 20 Mitarbeitern beurteilt.»

Vorlage und Leitfaden zum Europass CV finden sich im Netz: www.europass.cedefop.europa.eu

SERVICE

Joachim Maier gibt an der EB Zürich Kurse rund ums «Digital Jobhunting». Kürzlich hat er zu dieser Thematik bei Amazon ein E-Book publiziert. Er ist Diplom-Betriebswirt und

Dr. der Humanwissenschaften und widmet sich als Trainer und Coach seit Jahren der Vermittlung von digitalen Kompetenzen. In seiner Firma «Filmreif Beraten» nutzt er das Medium Film zur Team-, Organisations- & Führungsentwicklung.

Page 36: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

70 EB NAVI #2 DIGITAL ÜBERALL 71

VORSCHAU

Das Sinn-find-Ding«Also, nun kommt der Sinn des Lebens. Nun, es ist wirklich nichts Besonderes. Versuch einfach nett zu den Leuten zu sein, vermeide fettes Essen, lese ab und zu ein gutes Buch, lass dich mal be-suchen, und versuch mit allen Rassen und Nationen in Frieden und Harmonie zu leben.» Monty Python: The meaning of life

Ist das wirklich alles oder gäbe es da al-lenfalls noch mehr? Und worin bestün-de eigentlich der Sinn der Arbeit, wenn es einen gäbe? Und wie lässt sich der Sinn finden?

Solchen und anderen Fragen widmet sich EB Navi #3.

Quaibrücke

Bahnhofstrasse

Klosbachstra

sse

Forchstrasse

Asylstrasse

Theaterstrasse

rasse

Steinwiesstr.

Münsterbr.

Rathausbr.

Rämist

rasse

matquai

Zeltweg

Kant

onss

chu

Dolderstr.

Bhf. Stadelhofen

Kunsthaus

Minervastrasse

Höschgasse

Dufourstrasse M

ühlebachstassse.

Zollikerstrasse

Fröhlich

strass

e

Feldeggstr.

Riesbachstrasse

Bellerivestrasse

Utoquai

Pfauen KunsthausTram 3, 5, 8, 9,Bus 31

Kreuzplatz Klusplatz

Quaibrücke

Seefeldstrasse

Kreuzstrasse

Paradeplatz

Bellevue

PZürichsee

1511

24

2

4

11

58

915

24

33

Bus 33 bis Höschgasse

Tram 2/4 bis Feldeggstrasse

EB ZürichKantonale Berufsschule für WeiterbildungBildungszentrum für Erwachsene BiZERiesbachstrasse 118090 Zürich

So erreichen Sie unsTram Nummer 2/4 bis FeldeggstrasseBus 33 bis Höschgasse

So kontaktieren Sie [email protected] 0842 843 844

So finden Sie uns im Netzwww.eb-zuerich.chwww.facebook.com/EBZuerichwww.plus.google.com/+ebzürichwww.twitter.com/ebzuerich

EB Zürich Wege zur WeiterbildungDie EB Zürich ist die grösste Weiterbildungsinstitution

der Schweiz, die von der öffentlichen Hand getragen wird.

Virginia Romett

Chefin IBM 2014

Bill GatesChef

Microsoft 1995

Chris AndersonInternet- Experte

2014

Petra JennersChefin

Microsoft Schweiz

2014

Mary SommervilleLeiterin BBC

Bildungs-radio 1948

Thomas Watson

Chef IBM 1948

Ian SharpSharp

Associates 1979

Rutherford B. Hayes

US-Präsident 1876

Yvonne HofstetterBig-Data- Expertin

2014

Homer Simpson

Staff AKW Springfield

2009

Kate DarlingForscherin MIT Boston

2014

QUIZ

Wer hat das gesagt?Ordnen Sie den Prominenten die Aussagen zu und tragen Sie den entsprechenden Buchstaben in die Kreise ein.

Schicken Sie das Lösungwort an [email protected]. Einsendeschluss ist 20. Februar 2015. Die Lösung findet sich ab dem 23. Februar 2015 auf www.eb-zuerich.ch/blog. Unter den richtigen Einsendungen werden

drei Bildungsgutscheine im Wert von je 100 Franken verlost.

«Das Internet ist nur ein Hype.»

«Die Schweiz ist das Silicon Valley der Robotik.»

«Man kann Menschen nicht kontrollieren.»

«Das Fernsehen hat keine Zukunft. Es ist nur ein Strohfeuer.»

«Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.»

«E-Mail ist ein absolut unverkäufliches Produkt.»

«Das Telefon ist eine erstaunliche Erfindung.» Aber wer sollte sie je benutzen wollen?

«Den Menschen ist nicht klar,

was hinter dem Bildschirm passiert.»

«Das Internet? Gibts diesen Blödsinn immer noch?»

«Die Robotik wird in den nächsten zehn Jahren verstärkt Einzug halten in unseren Häusern

und unseren Leben.»

«Wir sollten Daten als die neuen Rohstoffe ansehen.»

Page 37: EBNavi - Magazin der EB Zürich Nr. 2

Deutsche Sprache und Text

FremdsprachenInformatik / Publishing

WeiterbildungDigitale MedienManagementSoftwareentwicklungKommunikationDeutsch als ZweitspracheSelbstorganisationBerufs-/Erwachsenenbildung

Kantonale Berufsschule für Weiterbildung wRiesbachstrasse 11, 8008 ZürichTelefon 0842 843 844, www.eb-zuerich.ch