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Feirer 2016: JETZT

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Kerstin Feirer: „JETZT… wissend, dass die Vergangenheit genauso fantastisch wird, wie es dir Zukunft war!“ zur Reihe „Handfertigkeit und Poesie", www.kunstost.at/2016/03/feirer-jetzt/

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...wissend, dass die Vergangenheit

genauso fantastisch wird,wie es dir Zukunft war!

Kerstin Feirer

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Wo stehen wir im Moment? Haben wir einen Standpunkt? Wenn ja, wie steht es sich darauf? Im Jetzt und hier! Denn Jetzt ist der Moment den wir haben. Ein Standpunkt.

Vermutlich der einzige, den wir mit Gewissheit einnehmen können. Wir stehen im Jetzt, hinter uns liegt die Vergangen-heit und vor uns die Zukunft. Flüchtig. Nicht einzuholen. Nicht nachzuholen. Jetzt ist, was ist. War und Wird wird gedacht. Aus dem Jetzt heraus. Ohne zu wissen, wie es war und wird, selbst wenn wir es erlebt haben.

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...denken wir an Gestern. Mit dem Wissen von heute. Mit all dem, was zwischen jetzt und dem vergangenen Jetzt war, an das wir uns erinnern. Gefiltert, gefärbt und vergessen wird das Erinnern zur Geschichte. Zu einer Geschichte im Kopf, die mit dem Jetzt von damals nichts gemein hat, weil sie ge-dacht wird von einem, der damals nicht war. Der Selbe und doch ein anderer, verändert durch die vergangene Zeit, durch die eindrucksvollen Momente dazwischen, die ihm die mo-mentane Gestalt verleihen. Immer konstruiert aus den Frag-menten von Tatsachen, die beziffert und gemessen, abgelichtet, aufgemalt und beschrieben wurden, um dem Was War eine unauslöschliche Gestalt zu geben. Ohne Wie. Denn das „Wie es war“ kann nur erinnert, erahnt und somit erdacht werden. Aus dem Jetzt heraus konstruiert. Denn wer nachfühlt, nimmt es jetzt wahr!

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Geschichte ist konstruiert, ohne dabei Geschehenes zu be-zweifeln, selbst wenn das Glauben aus dem Jetzt das Wissen von damals ersetzt – jetzt wissend, dass es sich damals nur um Glauben handelte, auch wenn das Jetzt von damals den glaub-haften Eindruck von Wissen generierte. Wie es das Jetzt gera-de tut, immer schon getan hat und immer tun wird. Das ist das Wesen, das dem Moment innewohnt. Wissen um Jetzt. Das Glauben zu wissen um die Vergangenheit ist die Geschichts-konstruktion, die uns im Schlussfolgern hierher führt. Ins Jetzt, aus dem heraus wir Rückschlüsse ziehen, und als historische Konsequenz, als Muster verorten. Wir stellen „Deswegen-Be-ziehungen“ auf und lassen die Gleichzeitigkeit außer Acht, da die Gleich-zeitigkeit in ihrer Verbindungslosigkeit keine Konst-ruktion zulassen würde, die wir für unser Geschichtsverständ-nis brauchen. Wir unterstellen der Vergangenheit Entwicklung indem wir an Wirksamkeit glauben. Daran, dass sich etwas fortsetzt, indem es angestoßen wurde. Weil wir Zukunft den-ken, indem wir in der Lage sind, uns ein Dann vorzustellen. Wir glauben daran und suchen im Jetzt Beweise dafür. Wir gestalten Ausgangssituationen, um dem Dann eine Chance zur Verwirklichung zu geben. Wir suchen im zukünftigen Jetzt nach dem Beweis, der jetzt noch fehlt um dann von Entwicklungen zu fantasieren, indem wir wieder im Glauben an Wirksamkeit Kausalität unterstellen und Gleichzeitigkeit aus der Gleichung streichen, damit sie sich jetzt lösen lässt.

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Dem folgend denken wir Zukunft. Als Trend der sich fortsetzt, an Wirksam-keit glaubend, das Jetzt danach ausrich-tend. Morgen wird aus dem Jetzt, aus der Vergangenheit rückschließend ge-dacht. Würde ich im Jetzt nicht wissen, dass es ein Gestern gab, wie könnte ich an ein Morgen glauben?Unsere Vorstellung von Zukunft ist Denken in Trends, ein Fortsetzen von Wirkung. Gedachte Zukunft ist wie die Vergangenheit. Konstruiert als dann. Selbst wenn sie kommt, wie sie kommt, die Zukunft mit all ihrer Gleichzeitig-keit, wird sie als Jetzt passieren und wieder zur Vergangenheit, mit der wir, wie mit jedem vergangenen Jetzt, ver-fahren. Jetzt ist eine Standortbestim-mung. Ein Aussichtspunkt, aus dem he-raus sich der Blick auf Vergangenes wie auf Zukünftiges zu erklären versucht. Obwohl sich selbst der Moment, das Jetzt, nicht in Schranken weisen lässt. Was Jetzt ist, ist und bleibt unklar. Eine Annahme, die getroffen werden muss, um überhaupt gewahr sein zu können, dass man ist.

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In Kooperation mit Fokus Freiberg

Handfertigkeit und PoesieDas KulturGeviert|Aprilfestival 2016

„Würde ich im Jetzt nicht wissen, dass es ein Gestern gab, wie könnte ich an ein Morgen glauben?“

Mit ihrer Reflexion „Jetzt…“ führt uns Künstlerin Kerstin Feirer an eini-ge mögliche Fundamente unseres Handelns heran. Wir sind gerade auf dem Weg zum 2016er Kunstsymposion. Im Rahmen der Veranstaltungs-reihe „Handfertigkeit und Poesie“ fragen wir nach dem Zusammen-spiel leiblicher und geistiger Instanzen, wenn es darum geht, etwas zu erschaffen.

Feirer sucht nach dem Punkt, von dem aus Handeln möglich wird, von dem aus das Erschaffen beginnen kann. Sie stellt eine enorme Flüch-tigkeit solcher Punkte fest. Genau darin liegt einer der besten Grün-de, warum stets neu begonnen werden muß, egal, was andere schon zuwege gebracht haben.

Martin Krusche

Alle weiteren Details undlaufend Berichte im Internet

www.van.at/howl/kon/4/set01/hand.htm

Das KulturGeviert

Impressumkultur.at: verein für medienkulturFlorianiplatz 8, 8200 GleisdorfKoexistenz in Konvergenz 20162016, Redaktion: Martin Krusche